Beschluss vom Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt (3. Senat) - 3 O 24/12

Gründe

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Die statthafte Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg.

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Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung des Klägers im Klageverfahren keine hinreichende Aussicht auf Erfolg i.S.d. § 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO bietet.

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Zu Recht zeigt der Kläger zwar auf, dass nach den vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätzen, denen auch der beschließende Senat folgt (vgl. nur Beschl. v. 03.11.2011 - 3 O 227/11 -), eine hinreichende Aussicht auf Erfolg nur dann gegeben ist, wenn der klägerische Rechtsstandpunkt ohne Überspannung der Anforderungen zutreffend oder bei schwieriger Rechtslage zumindest vertretbar erscheint. Da das Gericht im Prozesskostenhilfeverfahren eine Prüfung der Sach- und Rechtslage auch nur vorläufig vorzunehmen hat und die Prüfung der Erfolgsaussicht nicht dazu dienen soll, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vor zu verlagern, genügt eine sich bei summarischer Überprüfung ergebende Offenheit des Erfolgs (BVerwG, Beschl. v. 08.03.1999 - 6 B 121/98 -, NVwZ-RR 1999, 587). Schwierige Tatsachen- oder noch nicht geklärte Rechtsfragen brauchen im Prozesskostenhilfeverfahren ebenfalls keiner Klärung zugeführt zu werden (so BVerfG, Beschl. v. 19.02.2008 - 1 BvR 1807/07 -; Beschl. v. 14.06.2006 - 2 BvR 626/06 -, jeweils zit. nach juris). Allerdings ist es erforderlich, dass mehr als eine nur theoretische Wahrscheinlichkeit für den Erfolg der Klage spricht.

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Auch in Anwendung dieser - vom Kläger mit Schriftsatz vom 2. November 2010 aufgezeigten - Maßstäbe hat das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluss zutreffend angenommen, dass der vom Kläger beabsichtigten Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 114 ZPO i. V. m. § 166 VwGO beigemessen werden kann, weil ihm bei der im vorliegenden Verfahren allein gebotenen summarischen Prüfung kein Anspruch auf Löschung der über ihn in der Verbunddatei „Gewalttäter Sport“ des Bundeskriminalamtes gespeicherten Daten gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 BKAG zusteht. Danach hat das Bundeskriminalamt die in Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig ist oder ihre Kenntnis für die Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich ist.

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Mit dem Verwaltungsgericht ist auch der Senat der Auffassung, dass die weitere Speicherung der streitgegenständlichen Daten des Klägers zulässig ist. Die von dem Kläger erhobene Beschwerde gibt keine Veranlassung zu einer anderen Einschätzung.

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Unzulässig im Sinne von § 32 Abs. 2 Satz 1 BKAG ist die Speicherung von Daten eines Beschuldigten nach § 8 Abs. 3 BKAG dann, wenn der Beschuldigte rechtskräftig freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn unanfechtbar abgelehnt oder das Verfahren nicht nur vorläufig eingestellt worden ist und sich aus den Gründen der Entscheidung ergibt, dass der Betroffene die Tat nicht oder nicht rechtswidrig begangen hat. Unstreitig ist das den vorliegenden Rechtsstreit auslösende Verfahren nicht nur vorübergehend gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden, so dass es maßgeblich darauf ankommt, ob sich aus den Gründen der Einstellungsverfügung positiv ergibt, dass der Betroffene die Tat nicht oder nicht rechtswidrig begangen hat; insbesondere stellt § 8 Abs. 3 BKAG nicht darauf ab, ob sich aus der Verfügung ergibt, dass Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass ein Restverdacht besteht.Ergibt sich aus den Gründen der Einstellungsverfügung nicht, dass die Einstellung deshalb erfolgt ist, weil der Kläger die Tat nicht oder nicht rechtswidrig begangen hat, so ist der Tatbestand des § 8 Abs. 3 BKAG nicht erfüllt (BVerwG, Urt. v. 09.06.2010 - BVerwG 6 C 5.09 -, juris).

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Zu Recht hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass sich aus den Gründen der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Magdeburg gemäß § 170 Abs. 2 StPO diese Feststellung, dass die Einstellung des Verfahrens deshalb erfolgt ist, weil der Kläger die Tat nicht oder nicht rechtswidrig begangen hat, nicht entnehmen lässt. Vielmehr ist die Einstellung des Verfahrens im September 2010 „mangels hinreichenden Tatverdachts“ erfolgt. Diese Formulierung lässt allerdings den von dem Kläger gezogenen positiven Schluss, „Mein Mandant (der Kläger) hatte keine Straftat begangen, war auch an keiner Straftat beteiligt. Er war nur zufällig im gleichen Zug wie andere Beschuldigte, gegen die ein Ermittlungsverfahren nicht eingestellt wurde“, gerade nicht zu.

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Soweit der Kläger weiter einwendet, aus der Verfahrenseinstellung mangels „hinreichenden Tatverdachts“ ergebe sich, dass er zu Unrecht beschuldigt worden sei, lässt dieser Einwand außer Betracht, dass eine Verfahrenseinstellung gemäß § 170 Abs. 2 StPO stets dann erfolgt, wenn die Ermittlungen keinen hinreichenden Verdacht für die Erhebung einer Anklage gemäß § 170 Abs. 1 StPO ergeben haben. Hierdurch wird jedoch nicht das Bestehen eines Anfangsverdachts ausgeräumt, der Anlass für die Einleitung des Ermittlungsverfahrens gewesen war. Insoweit ist entgegen der Auffassung des Klägers mit der Einstellung des Verfahrens ein Straftatverdacht nicht notwendigerweise ausgeräumt. Auch das Bundesverfassungsgericht hat in einem Nichtannahmebeschluss vom 16.05.2002 (- 1 BvR 2257/01 -, juris) festgestellt, dass die weitere Speicherung in strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gewonnener Daten zur Verhütung oder Verfolgung künftiger Straftaten der Unschuldsvermutung grundsätzlich auch dann nicht entgegensteht, wenn der Betroffene rechtskräftig freigesprochen worden ist, sofern die Verdachtsmomente dadurch nicht gänzlich ausgeräumt sind.

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Auch der Umstand, dass beim Kläger weder eine Wiederholungsgefahr noch die Notwendigkeit einer vorbeugenden Straftatenbekämpfung besteht, führt zu keiner anderen Würdigung der Sachlage, da die Prognose, der Kläger werde keine Straftaten begehen, die gegen den Kläger zunächst bestehenden Verdachtsmomente aufgrund des eingeleiteten Ermittlungsverfahrens 815 Js 80721/09 ebenfalls nicht gänzlich ausschließt.

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Ist mit der Verfahrenseinstellung gemäß § 170 Abs. 2 VwGO mithin nicht automatisch die Feststellung verbunden, der Kläger habe die Tat nicht oder nicht rechtswidrig begangen, war auch der ablehnende Bescheid des Beklagten vom 8. September 2010 nicht von vornherein rechtswidrig. Nach alledem ist der beabsichtigten Rechtsverfolgung nach derzeitigem Erkenntnisstand keine hinreichende Aussicht auf Erfolg beizumessen.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Außergerichtliche Kosten werden gem. § 166 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO nicht erstattet. Der Festsetzung eines Streitwertes bedarf es nicht, weil für die Beschwerde nach Ziffer 5502 der Anlage zu § 3 Abs. 2 GKG eine Festgebühr erhoben wird.

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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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