Beschluss vom Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt (3. Senat) - 3 M 311/12

Gründe

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Soweit die Beteiligten die Beschwerdeverfahren insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, als sich die Antragsgegnerin mit den Beschwerden gegen die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Vergabe von zwei Teilstudienplätzen durch Erstellung einer Rangliste im Wege eines Losverfahrens und nachfolgender vorläufiger Zulassung der auf den Listenplätzen 1 und 2 gelosten Antragsteller gewendet hat, sind die Beschwerdeverfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen und über die Verfahrenskosten gemäß § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Im vorliegenden Falle entspricht es billigem Ermessen, der Antragsgegnerin hinsichtlich des erledigten Teiles der Verfahren die Kosten aufzuerlegen. Der Senat sieht insoweit von einer weiteren Begründung ab und verweist auf die Begründung des Beschlusses vom 14. Mai 2013 zu den Verfahren 3 M 310/12 u. a..

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Im Übrigen haben die Beschwerden der Antragsteller und der Antragsgegnerin keinen Erfolg.

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Die Antragsteller begehren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin bei der Antragsgegnerin im 1. Fachsemester zum Wintersemester 2011/2012. Sie sind der Auffassung, die tatsächliche Aufnahmekapazität der Antragsgegnerin sei mit der in der Verordnung über die Festsetzung von Zulassungszahlen für Studienplätze im Wintersemester 2011/2012 und im Sommersemester 2012 (Zulassungszahlenverordnung 2011/2012) - ZZVO 2011/2012 - vom 14. Juni 2011 (GVBl. LSA S. 599) festgesetzten Zahl von 221 Studienanfängern nicht ausgeschöpft. Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass die Aufnahmekapazität bei 232,6078, gerundet 233 Studienplätzen liegt. Infolge einer Überbuchung seien 231 Studienplätze besetzt worden. Die verbleibenden zwei Studienplätze seien wegen der geringeren Aufnahmekapazität im klinischen Teil des Studiengangs als Teilstudienplätze im Wege eines Los- und Nachrückverfahrens zu vergeben. Die Antragsteller verfolgen ihr Begehren insofern weiter, als sie die Vergabe weiterer Teilstudienplätze begehren; die Antragsgegnerin wendet sich nach der Teilerledigungserklärung gegen die auf Kostenaufhebung lautende erstinstanzliche Kostenentscheidung.

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Die Beschwerden der Antragsteller und der Antragsgegnerin, deren Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO auf die von ihnen dargelegten Gründe beschränkt ist, sind nicht begründet, da die vorgebrachten Einwände nicht geeignet sind, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Frage zu stellen.

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Soweit die Antragsteller das von der Antragsgegnerin und dem Verwaltungsgericht berechnete Lehrangebot deshalb in Frage stellen, weil im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG und dem Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens - wie in einigen anderen Bundesländern - die Lehrverpflichtung für Hochschullehrer, Assistenten und für wissenschaftliche Mitarbeiter gegenüber den in § 4 Abs. 1 LVVO normativ geregelten Lehrdeputaten - fiktiv - anzuheben sei, greift dieser Einwand nicht durch.

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Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Lehrverpflichtung der einzelnen Lehrpersonen allein nach den in § 4 Abs. 1 LVVO normativ bestimmten Lehrdeputaten bestimmt. Auf die Festlegung einer höheren Lehrverpflichtung von Hochschullehrern und wissenschaftlichen Mitarbeitern in anderen Bundesländern kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Nach Art. 70 GG fällt die Regelung der Lehrverpflichtung des wissenschaftlichen Personals an den Hochschulen in die Kompetenz des jeweiligen Bundeslandes. Die Bundesländer haben daher das durch das Gebot der bundeseinheitlichen Kapazitätsfestsetzung nicht eingeschränkte Recht, den Umfang der Lehrverpflichtung ihres wissenschaftlichen Personals an ihren Hochschulen eigenständig zu regeln (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 25.03.2013 - NC 2 B 3/12 -, juris; OVG Lüneburg, Beschl. v. 12.08.2011 - 2 NB 439/10 - juris).Materiellrechtlich berührt die Regelung der Lehrverpflichtung den Schutzbereich des Grundrechts der Wissenschaftsfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 GG einerseits und des Grundrechts auf Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG andererseits. Es überschneiden sich damit zwei verfassungsrechtlich geschützte Interessen, nämlich die durch Dienstrecht und Wissenschaftsfreiheit bestimmte Rechtsposition des Lehrpersonals und die durch den verfassungsrechtlichen Zulassungsanspruch der Studienbewerber bestimmte Pflicht zur erschöpfenden Kapazitätsnutzung (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.09.2012 - 6 CN 1.11 -, juris zur Lehrverpflichtungsverordnung Schleswig-Holstein; VGH Mannheim, Urt. v. 23.05.2006 - 4 S 1957/04 -, juris). In diesem Spannungsverhältnis kommt keiner der beiden Rechtspositionen für sich genommen ein Vorrang zu. Es ist vielmehr Sache des Gesetz- oder Verordnungsgebers, im Sinne praktischer Konkordanz einen Ausgleich zu schaffen, der beiden Verfassungsgütern zu möglichst weitreichender Geltung verhilft. Dabei können Art. 5 Abs. 3 GG selbst keine starren Ober- oder Untergrenzen für den Umfang der Lehrverpflichtung entnommen werden. Das Grundrecht gebietet (lediglich), die Lehrverpflichtung nicht so hoch anzusetzen, dass kein ausreichender zeitlicher Freiraum für die Forschung verbleibt (VGH Mannheim, Urt. v. 23.05.2006, a. a. O.). Ebenso wenig lässt sich aus Art. 12 Abs. 1 GG eine Beschränkung des Spielraums des Verordnungsgebers solcher Art ableiten, dass nur eine ganz bestimmte Höhe der Lehrverpflichtung zulässigerweise festgesetzt werden könnte.

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Ein Anspruch auf Erhöhung der Lehrdeputate der Hochschullehrer lässt sich entgegen der Auffassung der Antragsteller nicht aus Art. 25 Abs. 1 VerfLSA ableiten. Art. 25 Abs. 1 VerfLSA begründet das Recht auf Ausbildung, welches landesverfassungsrechtlich ein subjektiv-öffentliches Recht auf Zugang zu den öffentlichen Ausbildungseinrichtungen eröffnet. Das Recht auf Ausbildung umfasst auch den Zugang zu den Hochschulen, weil die Ausbildung dem Wortsinn nach auf den Erwerb eines (ersten) berufsqualifizierenden Abschlusses gerichtet ist. Allerdings verbürgt Art. 25 Abs. 1 VerfLSA i. V. m. Art. 31 Abs. 1 VerfLSA als Einrichtungsgarantie nur, dass das Land Hochschulen als Ausbildungseinrichtungen vorhält. Das mit Art. 25 Abs. 1 VerfLSA zudem begründete Recht auf eine den Begabungen und der Befähigung entsprechenden Ausbildung vermittelt einen Anspruch auf Zugang zu den Ausbildungseinrichtungen als Teilhaberecht nur im Rahmen der vorhandenen Ausbildungskapazität. Steht knappen Ausbildungsressourcen ein Bewerberüberhang gegenüber, so geht die Verwirklichung des Rechts auf Ausbildung durch die zugelassenen Bewerber mit dem Ausschluss der weiteren Bewerber einher. Auch wenn Teilhaberechte nicht von vornherein auf die Teilhabe am Vorhandenen beschränkt sind, so stehen sie unter dem Vorbehalt des Möglichen im Sinne dessen, was der Einzelne vernünftigerweise von der Gesellschaft beanspruchen kann. Diese Frage hat in erster Linie der Gesetzgeber in eigener Verantwortung zu beurteilen, der bei seiner Haushaltswirtschaft auch andere Gemeinwohlbelange mit Verfassungsrang zu berücksichtigen hat (Urt. d. Senates v. 19.10.2011 - 3 K 330/11 -, juris).

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Entgegen der Auffassung der Antragsteller lässt sich aus dem Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens kein Anspruch ableiten, dass auch in Sachsen-Anhalt - entgegen der normativen Bestimmung in der Lehrverpflichtungsverordnung - die höheren Lehrdeputate aus anderen Bundesländern zugrunde zu legen sind. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist geklärt, dass sich aus dem in Art. 20 Abs. 1 GG verankerten Grundsatz der Bundesstaatlichkeit das verfassungsrechtliche Gebot des bundesfreundlichen Verhaltens ergibt. Es kann bestehende Rechte und Pflichten auch im Verhältnis der Länder untereinander moderieren, variieren oder durch Nebenpflichten ergänzen. Die auf diese Weise begründeten Nebenpflichten können insbesondere auf gegenseitige Abstimmung, Rücksichtnahme und Zusammenarbeit gerichtet sein (vgl. BVerfG, Beschl. v. 28.06.2005 - 1 BvR 1506/04 -, juris). Ein Verstoß gegen diesen Grundsatz liegt nur vor, wenn von der eingeräumten Kompetenz - hier zur Festlegung der Lehrdeputate des wissenschaftlichen Personals - missbräuchlich Gebrauch gemacht wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 31.03.2006 - 1 BvR 1771/01 -, juris). Für eine solche missbräuchliche Wahrnehmung der Regelungskompetenz durch den Verordnungsgeber in Sachsen-Anhalt sind keine Anhaltspunkte ersichtlich. Die Bundesländer haben mit Beschluss vom 12. Juni 2003 eine Vereinbarung über die Lehrverpflichtung an Hochschulen getroffen (veröffentlicht unter www.kmk.org). In Ziffer 1.1. der Vereinbarung haben sich die Länder verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Lehrverpflichtung in den Ländern nach der Maßgabe dieser Vereinbarung dienstrechtlich geregelt wird. Einzelne Länder haben zu bestimmten Regelungen Protokollerklärungen zu beabsichtigten Abweichungen abgegeben. Das Land Sachsen-Anhalt hat mit der Lehrverpflichtungsverordnung vom 6. April 2006 (GVBl. LSA S. 232) unter anderem die unter Ziffer 2.1. der KMK-Vereinbarung vom 12. Juni 2003 aufgeführten Lehrdeputate in Landesrecht umgesetzt, wobei die in der KMK-Vereinbarung genannten Regellehrverpflichtungen keine Mindestdeputate darstellen (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 23.05.2006, a. a. O.). Im Weiteren war es regelmäßig weder Intention noch Ergebnis der Erhöhung der Lehrdeputate in einzelnen Bundesländern, dass die jährliche Aufnahmekapazität in den jeweiligen Studiengängen erhöht wird. Wie auch mit der regelmäßig zeitgleich durchgeführten Anhebung der wöchentlichen Arbeitszeit von Beamten standen in erster Linie fiskalische Gründe im Vordergrund. Mit der Anhebung der Lehrdeputate für das wissenschaftliche Personal sollten durch bereits vorgenommene bzw. geplante Stellenstreichungen auftretende Einschränkungen des Lehrangebots (teilweise) kompensiert werden (vgl. exemplarisch zur Situation in Baden-Württemberg: VGH Mannheim, Urt. v. 23.05.2006, a. a. O.). Ferner war die Erhöhung der Lehrdeputate eine Reaktion auf die Umstellung der Studiengänge auf die gestufte Studiengangsstruktur (Bachelor- und Masterstudiengänge) und die damit verbundenen Änderungen der Betreuungsrelationen im Vergleich zu den bisherigen Diplom- und Masterstudiengängen (vgl. z.B.: Begründung der Fünften Verordnung zur Änderung der Lehrverpflichtungsverordnung vom 29. April 2008, Drucksache des Abgeordnetenhauses von Berlin 16/1442, Verordnung 16/101, Seite 4). Mit der zeitlich befristeten Erhöhung der Lehrdeputate der Professoren in Niedersachsen soll lediglich den niedersächsischen Schülern des doppelten Abiturjahrganges 2011 ein Studium in Niedersachsen ermöglicht werden (vgl. Niedersächsischer Landtag, 16. Wahlperiode, Protokoll der 84. Plenarsitzung v. 06.10.2010, S. 10570 f.), ohne dass eine dauerhafte und nachhaltige Erhöhung der Kapazitäten beabsichtigt war. Die Antragsteller legen somit bereits nicht dar, dass es allein wegen der Erhöhung der Lehrdeputate in anderen Ländern allgemein auch zu einer Erhöhung der jährlichen Aufnahmekapazitäten gekommen ist, wobei hinzukommt, dass in Sachsen-Anhalt die wöchentliche Arbeitszeit für Beamte nicht erhöht worden ist und auch die Problematik des doppelten Abiturjahrganges sich in Sachsen-Anhalt nur im Jahr 2007 stellte.

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Entgegen der Auffassung der Antragsteller ist auch der Ansatz von 4 Lehrveranstaltungsstunden (LVS) für die von der Juniorprofessorin Dr. Dr. G. seit dem 1. Juni 2010 besetzte W1-Stelle im Institut für Physiologie mit der Stellennummer 020109,0 nicht zu beanstanden. Mit der Regelung der Lehrverpflichtung für Juniorprofessoren in § 4 LVVO hat sich der Verordnungsgeber in Sachsen-Anhalt im Rahmen der Vereinbarungen gehalten, die die Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder über die Lehrverpflichtung an Hochschulen durch Beschluss vom 12. Juni 2003 getroffen hat. Danach haben sich die Länder für die Juniorprofessoren auf eine Regellehrverpflichtung von 4 LVS in der ersten Anstellungsphase (die ersten drei Jahre der Juniorprofessur) sowie 4 bis 6 LVS in der zweiten Anstellungsphase (4. Jahr der Juniorprofessur) verständigt. Ausweislich der Anlage 1 (Besoldungsgruppen W1 bis W3) zum Besoldungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt vom 8. Februar 2011 (GVBl. LSA S. 68) ist das Amt des Juniorprofessors der Besoldungsgruppe W1 zugeordnet. Der vormalige Stelleninhaber Privatdozent Dr. R., für welchen als Juniorprofessor in der zweiten Anstellungsphase die höhere Lehrverpflichtung von 6 LVS angesetzt worden war, ist ausweislich des von der Antragsgegnerin vorgelegten Arbeitsvertrages ab dem 1. Juli 2010 als nicht zur Lehre verpflichteter Drittmittelbeschäftigter in dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekt „Endotoxin-vermittelte Hemmung des kardialen Schrittmacherstroms If - Mechanismen und Auswirkungen auf Herzfrequenz/Herzfrequenzvariabilität sowie deren pathophysiologische Relevanz“ (Projektleiter Prof. Dr. G., www.medizin.uni-halle.de/index.php?id=2502; gepris.dfg.de/gepris/OCTOPUS/?module=gepris&task=showDetail&context=projekt&id=161842490) tätig. Er war ferner ausweislich der in dem Verfahren 3 M 189/12 vorgelegten eidesstattlichen Versicherung vom 5. Dezember 2012, welche dem Prozessbevollmächtigten der Antragsteller bekannt ist, weder im Wintersemester 2011/12 noch im Sommersemester 2012 als Dozent im Rahmen der Lehrveranstaltung „Physiologiepraktikum und Seminar II“ tätig.

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Soweit die Antragsteller generell die Deputatsermäßigungen für die sog. Funktionsstellen für Sicherheitsbeauftragte, Strahlenschutzbeauftragte, Beauftragte für Arbeitssicherheit, Beauftragte für die Wartung und Betreuung bestimmter technischer Großgeräte sowie den Studienfachberater beanstanden und eine - fiktive - Kürzung der Deputatsreduzierungen begehren, greift dieser Einwand nicht durch. Bei der Würdigung der Rechtmäßigkeit dieser Deputatsreduzierungen sind neben den Interessen der Studienbewerber auch andere verfassungsrechtlich geschützte Interessen betroffen. Hochschulen erfüllen vor allem auch die Funktion von Ausbildungsstätten für bestimmte Berufe und dienen so den in Art. 12 Abs. 1 GG garantierten Grundrechten der Studierenden. Zum anderen werden die Hochschulen, damit sie ihren Aufgaben in Lehre und Forschung nachkommen können, in ihrer Funktionsfähigkeit ihrerseits durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG geschützt. Die Hochschulen sind hiernach verpflichtet, diejenige Lehre anzubieten, die die Studierenden benötigen, um ihr Ausbildungsziel zu erreichen (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.09.2012, a. a. O.). Das Ausbildungsziel wird in § 1 Abs. 1 ÄApprO definiert, wonach Ziel der ärztlichen Ausbildung der wissenschaftlich und praktisch in der Medizin ausgebildete Arzt ist, der zur eigenverantwortlichen und selbständigen ärztlichen Berufsausübung, zur Weiterbildung und zu ständiger Fortbildung befähigt ist. Insofern haben die Hochschulen auch zu gewährleisten, dass das Studium nach den einschlägigen Bestimmungen zu Arbeitsicherheit, Strahlenschutz und Stoffsicherheit sicher absolviert werden kann und auch die Forschungseinrichtungen einen gesetzeskonformen Standard aufweisen. Insoweit greift auch der Einwand der Antragsteller nicht durch, dass hinsichtlich der vorklinischen Institute der Otto-von-Guericke-Universität (…) in wesentlich geringerem Umfang Deputatsreduzierungen angesetzt werden, da die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Lehrdeputatsermäßigungen eine einzelfallbezogene Betrachtung der sachlichen und personellen Ausstattung der jeweiligen Hochschule erfordert.

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Die von der Antragsgegnerin in Ansatz gebrachten Deputatsermäßigungen sind auch im Einzelnen nicht zu beanstanden. Dies gilt zunächst für die von der Antragsgegnerin vorgenommenen Deputatsermäßigungen für die Beauftragten für Arbeitssicherheit in den verschiedenen Instituten der vorklinischen Lehreinheit (Dr. N. S., Dr. K., Dr. Kl. und Dr. G.). Ein Arbeitgeber hat gemäß §§ 1 und 5 des Gesetzes über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit vom 12. Dezember 1973 - Arbeitssicherheitsgesetz - ASiG - (BGBl. I S. 1885, zuletzt geändert durch Artikel 3 Absatz 5 des Gesetzes vom 20.04.2013, BGBl. I S. 868) Fachkräfte für Arbeitssicherheit zu bestellen. Die Regelung des § 16 ASiG begründet weiter die Verpflichtung, in Verwaltungen und Betrieben des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts einen den Grundsätzen dieses Gesetzes gleichwertigen arbeitsmedizinischen und sicherheitstechnischen Arbeitsschutz zu gewährleisten. Durch die Gleichwertigkeitsklausel des § 16 ASiG sollen die öffentlichen Arbeitgeber verpflichtet werden, innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs jeweils einheitliche Regelungen unter Einbeziehung der Beamten zu schaffen. Dabei sollen den öffentlichen Arbeitgebern ausdrücklich die gleichen Verpflichtungen wie den privaten Arbeitgebern auferlegt werden (vgl. BAG, Urt. v. 15.12.2009 - 9 AZR 769/08 -, juris), wobei sich die konkreten Verpflichtungen aus den Unfallverhütungsvorschriften ergeben. Die Antragsgegnerin hat in den jeweiligen Stellenbeschreibungen plausibel dargelegt, dass der Umgang mit Gefahrstoffen und Betäubungsmitteln, Chemikalien und Lösungsmitteln in den Laboren und sonstigen Einrichtungen der vorklinischen Institute angesichts des gesetzlich bestimmten Aufgabenkreises der Beauftragten für Arbeitssicherheit einen Arbeitskraftaufwand erfordert, der (zumindest) die gewährte Deputatsermäßigung rechtfertigt.

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Auch die weitere Deputatsermäßigung für Frau Dr. N. S. als Beauftragte für Biologische Sicherheit im Institut für Anatomie und Zellbiologie gemäß § 16 Abs. 1 der Verordnung über die Sicherheitsstufen und Sicherheitsmaßnahmen bei gentechnischen Arbeiten in gentechnischen Anlagen - Gentechnik-Sicherheitsverordnung vom 14. März 1995 - (GenTSV, BGBl. I S. 297; zuletzt geändert durch Art. 4 der Verordnung v. 18.12.2008, BGBl. I S. 2768) ist rechtlich nicht zu beanstanden. Angesichts der in § 18 GenTSV aufgezählten Pflichten des Beauftragten für Biologische Sicherheit hat die Antragsgegnerin in der Stellenbeschreibung nachvollziehbar dargelegt, dass die gewährte Deputatsermäßigung auch im Umfang angemessen ist.

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Die von Dr. K., Prof. Dr. K., Dr. C., Dr. Kl. und Dr. L. übernommene Betreuung technischer Großgeräte (Patch clamp-Apparaturen, Gerätschaften für molekularbiologische Untersuchungen, Messplätze zur Elektrophysiologie, Betreuung des Computerpools CIP) kann nicht mehr zum normalen Aufgabenbereich eines in der Vorklinik tätigen Hochschullehrers gerechnet werden, die von dem für Forschung angesetzten Zeitanteil abgedeckt wäre (vgl. zur Deputatsermäßigung für die Betreuung technischer Großgeräte: BayVGH, Beschl. v. 28.09.2011 - 7 CE 11.10711 -, juris). Die Betreuung einer Patch clamp-Apparatur wird auch nicht in unzulässiger Weise doppelt berücksichtigt. Dr. K. betreut die Patch clamp-Apparatur am Institut für Anatomie und Zellbiologie, während Dr. Kl. diese Aufgabe am Institut für Physiologie wahrnimmt.

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Die Antragsgegnerin hat auch die Deputatsermäßigung für Prof. Dr. K. als Projektleiter für gentechnische Arbeiten am Institut für Physiologie nachvollziehbar begründet. Die Tätigkeit als Projektleiter setzt gemäß § 15 GenTSV besondere Sachkunde voraus, die über den Abschluss eines medizinischen oder naturwissenschaftlichen Studiums hinausgeht. Angesichts der in § 10 f. des Gentechnikgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Dezember 1993 (GenTG, BGBl. I S. 2066, zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 09.12.2010, BGBl. I S. 1934) gesetzlich umrissenen Aufgaben bei der Genehmigung und dem Betrieb von gentechnischen Anlagen ist in der Stellenbeschreibung plausibel dargelegt, dass es sich hierbei um einen besonderen Arbeitsaufwand handelt, der nicht von dem für Forschung angesetzten Arbeitskraftanteil abgedeckt werden kann.

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Auch die Tätigkeit von Frau Dr. F. als Strahlenschutzbeauftragte bzw. Isotopenbeauftragte nach § 31 der Strahlenschutzverordnung vom 20. Juli 2001 (StrlSchV, BGBl. I S. 1714, zuletzt geändert durch Artikel 5 Absatz 7 des Gesetzes vom 24.02.2012, BGBl. I S. 212) bzw. § 13 der Röntgenverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. April 2003 (RöV, BGBl. I S. 604, zuletzt geändert durch Artikel 2 der Verordnung vom 04.10.2011, BGBl. I S. 200) rechtfertigt angesichts des in der Stellenbeschreibung beschriebenen Aufgabenbereiches, welcher im Wesentlichen durch die gesetzlichen Regelungen des § 33 StrlSchV bzw. § 15 RöV vorgegeben ist, die gewährte Deputatsermäßigung (vgl. zur Deputatsreduzierung für Strahlenschutzbeauftragte: BayVGH, Beschl. v. 10.01.2012 - 7 ZB 11.783 -, juris).

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Der Fakultätsvorstand hat sich im Übrigen bei der Beschlussfassung ausdrücklich auf die ständige Rechtsprechung des Senats zur Höhe der Deputatsermäßigungen bei den sog. Funktionsstellen i. S. d. § 6 Abs. 5 LVVO bezogen und die Deputatsermäßigungen auf zwei Semesterwochenstunden begrenzt, auch wenn nach den Stellenbeschreibungen eine höhere Deputatsermäßigung vertretbar wäre. § 6 Abs. 5 LVVO ermöglicht auch eine Deputatsermäßigung für sog. Funktionsstellen (Beschl. d. Senates v. 16.07.2009 - 3 N 599/08 -, juris). Die Antragsgegnerin hat unter Beachtung der Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschl. v. 18.08.2009 - 3 M 18/09 u. a. -, juris) auch im Einzelnen dargelegt, warum die Wahrnehmung der dort genannten Aufgaben (weiterhin) nicht kapazitätsneutral etwa durch Drittmittelbeschäftigte oder technische Mitarbeiter erfolgen kann und daher eine Deputatsermäßigung gerechtfertigt ist. Anhaltspunkte dafür, dass eine kapazitätsrechtlich unzulässige Niveaupflege betrieben wird oder bei der Antragsgegnerin eine „Luxusgeräteausstattung“ vorliegt, sind nicht ersichtlich.

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Entgegen der Auffassung der Antragsteller waren im streitgegenständlichen Berechnungszeitraum bei der Ermittlung des unbereinigten Lehrangebotes keine weiteren Lehrauftragsstunden kapazitätserhöhend zu berücksichtigen. Gemäß § 10 Satz 1 KapVO LSA werden als Lehrauftragsstunden die Lehrveranstaltungsstunden in die Berechnung des Lehrangebots einbezogen, die der Lehreinheit für den Ausbildungsaufwand nach § 13 Abs. 1 KapVO LSA in den dem Berechnungsstichtag vorausgehenden zwei Semestern (hier: Wintersemester 2009/2010 und Sommersemester 2010) im Durchschnitt je Semester zur Verfügung standen und nicht auf einer Regellehrverpflichtung beruhen. Nach § 10 Satz 2 KapVO LSA gilt dies nicht, soweit die Lehrauftragsstunden aus Haushaltsmitteln für unbesetzte Stellen vergütet worden sind, da diese Stellen nach dem abstrakten Stellenprinzip i. S. d. § 8 KapVO LSA kapazitätserhöhend bereits beim unbereinigten Lehrangebot berücksichtigt werden (vgl. zum Zusammenhang zwischen Lehrauftrag und Vertretung bei der Vakanzverrechnung: OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 15.12.2009 - 5 NC 31.09 -, juris). Nach dem Sinn und Zweck des § 10 Satz 2 KapVO LSA ist es nicht erforderlich, dass mit dem Lehrauftrag gerade Leistungen einer konkreten unbesetzten Stelle im Fachbereich ersetzt werden sollen. Ausreichend ist ein finanzieller Zusammenhang zwischen der Stellenvakanz und dem Lehrangebot (VGH Mannheim, Urt. v. 22.03.1991 - NC 9 S 81/90 -, juris). Die an die im Ruhestand befindlichen Prof. Dr. S. und Dr. R. erteilten Lehraufträge am Institut für Anatomie und Zellbiologie wurden zum Ausgleich der in den Bezugssemestern vakanten 0,5-Planstelle einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin und der infolge von Mutterschutz und anschließender Elternzeit vakanten Stelle einer weiteren Stelle einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin sowie - bezogen auf das Sommersemester 2010 - für die Stelle des ausgeschiedenen Prof. Dr. P. eingesetzt. Die an die im Ruhestand befindlichen Prof. Dr. W. und Dr. B. erteilten Lehraufträge am Institut für Physiologie wurden zum Ausgleich der vakanten W2-Planstelle verwandt. Die an die im Ruhestand befindlichen Prof. Dr. L. und Dr. W. sowie an Herrn Dr. N. erteilten Lehraufträge am Institut für Physiologische Chemie dienten zum Ausgleich der Vakanz einer W3-Stelle. Die Angaben der Antragsgegnerin sind anhand der vorgelegten Stellenpläne und Anträge auf Genehmigung der Lehraufträge plausibel und nachvollziehbar. Der Senat hat auch keine Zweifel, dass die in den Anträgen auf Genehmigung der Lehraufträge genannten Stellen auch in den Bezugssemestern tatsächlich vakant waren. So ergibt sich aus allgemein zugänglichen Quellen (www.xing.com, www.anatomie.unibas.ch/members/members.html), dass PD Dr. L. G. seit Januar 2010 am Anatomischen Institut der Universität Basel tätig ist. Prof. Dr. F. P. hat zum Sommersemester 2010 den Lehrstuhl II am Institut für Anatomie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen übernommen(www.vision-research.eu/fileadmin/user_upload/researcher/p/paulsen-friedrich-cv_full.pdf). Der erforderliche Zusammenhang zwischen den erteilten Lehrauftragsstunden und einer Stellenvakanz in der Lehreinheit Vorklinische Medizin ist daher für die Bezugssemester nicht zweifelhaft.

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Entgegen der Auffassung der Antragsteller hat das Verwaltungsgericht auch den Dienstleistungsexport für den nicht zugeordneten Studiengang Zahnmedizin rechtsfehlerfrei ermittelt. Zwar ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urt. v. 17.10.1982 - 7 C 99, 102 und 103.81 -, juris) die Kapazitätsersparnis zu berücksichtigen, die durch Doppelstudenten eintritt, die die entsprechenden Lehrveranstaltungen in der einen Lehreinheit bereits belegt haben und die Lehrveranstaltungen in der anderen Lehreinheit daher nicht nachfragen. Einmal davon abgesehen, ob es - anders als an den meisten medizinischen Fakultäten im Bundesgebiet - bei der Antragsgegnerin nach der Immatrikulationsordnung und aufgrund der sich zeitlich überschneidenden Pflichtveranstaltungen in den beiden Studiengängen überhaupt möglich ist, ein Doppelstudium Humanmedizin/Zahnmedizin zu betreiben, würdigen die Antragsteller nicht den Umstand, dass die Antragsgegnerin nur die gesondert für die Studenten der Zahnmedizin vorgesehenen Praktika der Anatomie, Physiologie und der Physiologischen Chemie berücksichtigt hat. Die Vorlesungen in Anatomie, Physiologie und der Physiologischen Chemie, welche von den Studenten der Humanmedizin und der Zahnmedizin gemeinsam besucht werden, hat die Antragsgegnerin nicht zum Ansatz gebracht (Generalakte, Ordnungsnummer 16). Soweit die Antragsteller darauf verweisen, dass auch eine mögliche Kapazitätsersparnis durch Zweitstudenten, welche die für den Dienstleistungsexport in Ansatz gebrachten Lehrveranstaltungen bereits besucht hätten, zu berücksichtigen ist, ist dem nicht zu folgen. Da die Berücksichtigung der Zweitstudenten bei der Ermittlung des Dienstleistungsabzugs nach der Kapazitätsverordnung nicht ausdrücklich vorgesehen ist, legen die Antragsteller nicht dar, aus welchen (verfassungsrechtlichen) Gründen es als geboten erscheint, auch die Zweitstudenten, welche bei der Antragsgegnerin in den Studiengängen Humanmedizin oder Zahnmedizin immatrikuliert sind, zu berücksichtigen (ausdrücklich offen lassend: BVerwG, Beschl. v. 23.12.1985 - 7 B 104/85 u. a.-, juris, ablehnend: BayVGH, Beschl. v. 24.08.2010 - 7 CE 10.10210 -, juris). Die Antragsteller würdigen dabei nicht den Umstand, dass auch ein Zweitstudent Anspruch auf Teilnahme an der als Dienstleistung exportierten Veranstaltung hat, so dass bei ihm nicht generell von einer „ersparten“ Nachfrage ausgegangen werden. Im Übrigen haben die betreffenden Zweitstudenten regelmäßig die Möglichkeit, wegen der Anrechnung ihrer bereits erbrachten Studienleistungen sich sogleich in einem höheren Fachsemester immatrikulieren zu lassen und sind daher nicht bei der Berechnung des Dienstleistungsabzugs zu berücksichtigen. Entgegen der Auffassung der Antragsteller ist hinsichtlich der für einen der Lehreinheit nicht zugeordneten Studiengang erbrachten Dienstleistungen eine Schwundkorrektur nicht geboten (vgl. Beschl. d. Senates v. 02.08.2011 - 3 M 250/11 -, juris; SächsOVG, Beschl. v. 20.06.2013 - NC 2 B 505/12 -, juris; VGH Mannheim, Beschl. v. 13.06.2008 - NC 9 S 241/08 -, juris; BayVGH, Beschl. v. 30.04.2012 - 7 CE 12.10044 u. a. -, juris). Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des § 11 Abs. 2 KapVO LSA, der ausdrücklich anordnet, dass zur Berechnung des Bedarfs an Dienstleistungen die Studienanfängerzahlen anzusetzen sind.

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Das Verwaltungsgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass die Überbuchung von zwei Studienplätzen den Antragstellern rechtsfehlerfrei entgegen gehalten werden kann. Das Verwaltungsgericht ist im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats (Beschl. v. 18.08.2009 - 3 M 18/09 -, juris) davon ausgegangen, dass es keine Rechtsvorschrift gibt, die die Rechte eines auf Zuweisung eines „außerkapazitären“ Studienplatzes klagenden Bewerbers im Sinne des Beschwerdevorbringens schützt. Die Bindung der Hochschule an die Zulassungszahl dient - ausgehend davon, dass die Zulassungszahl entsprechend den Vorgaben der KapVO LSA und damit kapazitätserschöpfend festgesetzt ist - der Aufrechterhaltung eines funktionsfähigen Hochschulbetriebes, also dem Schutz der Rechte von Hochschule, Hochschullehrern und der bereits immatrikulierten Studenten. Deshalb verletzt die Besetzung von Studienplätzen jenseits der festgesetzten Kapazität keine Rechte der die Zulassung auf einen „außerkapazitären“ Studienplatz begehrenden Bewerber, wenn die Hochschule diese Plätze im Nachrückverfahren nach den vergaberechtlichen Kriterien vergibt. Allein der Umstand, dass die von der Antragsgegnerin angestellte Prognose bei der Bestimmung der Überbuchungsfaktoren sich bei einer nachträglichen Betrachtung als unzutreffend erweist, rechtfertigt nicht den Schluss einer willkürlichen Überbuchung. Die Antragsteller legen nicht dar, dass sich die Bestimmung der Überbuchungsfaktoren als gesetzlos und bewusst ohne Rücksicht auf die gesetzlichen Anforderungen darstellt. Die kapazitäts- und vergaberechtlichen Vorschriften gehen von dem Grundgedanken aus, dass bei pflichtgemäßer Kapazitätsermittlung alle vorhandenen Studienplätze in das Vergabeverfahren einbezogen werden, um in verfassungskonformer Weise zu gewährleisten, dass zum einen kein Studienplatz unbesetzt bleibt und zum anderen durch die Zugrundelegung einheitlicher und sachgerechter Auswahlkriterien und die Vergabe von Rangziffern eine im Sinne des Gleichheitssatzes möglichst gerechte Auswahl unter den grundsätzlich gleichberechtigten Bewerbern vorgenommen wird. Ausschließlich dann, wenn infolge unzureichender Kapazitätsermittlung vorhandene Studienplätze nicht in das Vergabeverfahren einbezogen worden sind und bei Einhaltung der normativ vorgegebenen Verteilungsmaßstäbe überhaupt ungenutzt blieben und unwiederbringlich verlorengingen, tritt die vorrangige Berücksichtigung berechtigter Studienbewerber zurück und ist, um ein mit Art. 12 GG unvereinbares Ergebnis zu vermeiden, einem gegen die Hochschule klagenden Bewerber ein freier Studienplatz unabhängig von seiner Rangziffer zuzuweisen (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 18.06.2008 - 1 N 1/07 -, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse v. 14.04.2009 - 5 NC 174.08 - und v. 01.06.2007 - 5 NC 1.07 -, juris).

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Auch die sinngemäß erhobene Rüge einer „rechtswidrigen Überbuchung der Ausländerquote“ greift daher nicht durch. Ob innerhalb der festgesetzten Kapazität die vorhandenen Studienplätze in jeder Hinsicht rechtmäßig vergeben wurden und etwa die Vorabquote des § 6 Abs. 1 Nr. 1 VVO Stiftung LSA eingehalten wurde, ist unerheblich. Denn auf die Einhaltung der Verfahrensvorschriften, die dem innerkapazitären Vergabeverfahren zugrunde liegen, haben Studienbewerber, die - wie die Antragsteller - einen Studienplatz außerhalb der Kapazität geltend machen, keinen Anspruch (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 17.01.2012 - NC 9 S 2775/10 -, juris m. w. N.).

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Den nur noch auf die Anfechtung der Kostenentscheidung beschränkten Beschwerden der Antragsgegnerin steht zwar nicht die Regelung des § 158 Abs. 1 VwGO entgegen, da aufgrund der zulässigen Beschwerden der Antragsteller das Beschwerdeverfahren zu einer Sachentscheidung führt (vgl. hierzu: Rennert in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2011, § 158 Rdnr. 4 m. w. N.). Die Beschwerden der Antragsgegnerin sind indes unbegründet. Der Senat gibt seine bisherige Rechtsprechung, wonach die Kosten nach Maßgabe der Loschance zu verteilen seien, auf (vgl. Beschl. d. Senates v. 21.03.2013 - 3 M 363/12 u. a. -). Ob mit der vom Verwaltungsgericht zitierten obergerichtlichen Rechtsprechung angenommen werden kann, dass in den Fällen der Anordnung eines gerichtlichen Vergabeverfahrens von außerkapazitären Studienplätzen im Regelfall eine Kostenaufhebung sachgerecht ist (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 12.05.2009 - NC 9 S 240/09 -, juris; SächsOVG, Beschl. v. 09.09.2009 - NC 2 B 180/09 -, juris und 22.01.2013 - NC 2 B 356/11 -, juris; BayVGH, Beschl. v. 29.06.2011 - 7 CE 11.10338 u.a. -, juris), kann dahinstehen.

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Immerhin haben die Antragsteller das mit dem Eilantrag verfolgte Ziel, die Zulassung zum Studium nach Maßgabe eines gerichtlichen Vergabeverfahrens insofern erreicht, als dass das Verwaltungsgericht wegen zwei zusätzlichen Studienplätzen ein Vergabeverfahren angeordnet hat. Dass sie aufgrund des Losverfahrens tatsächlich nicht zugelassen worden sind, stellt einen außerhalb des gerichtlichen Verfahrens liegenden Umstand dar. Das könnte für die Anwendbarkeit des § 154 Abs. 1 VwGO sprechen. Auch wenn man mit dem Verwaltungsgericht von der Anwendbarkeit des § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO ausgeht, können die Beschwerden keinen Erfolg haben.

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Gemäß § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen, wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt. Ob bei Vorliegen dieser Voraussetzungen das Gericht die Kosten verhältnismäßig verteilt oder gegeneinander aufhebt, steht in seinem Ermessen. Die Entscheidung ist nach den Gesamtumständen des Einzelfalles zu treffen. Wenn beide Beteiligte wie hier anwaltlich vertreten sind, ist in zulassungsrechtlichen Verfahren, in denen die Vergabe von außerkapazitären Studienplätzen im Wege eines Losverfahrens durch das Verwaltungsgericht angeordnet wird, jedenfalls eine Kostenaufhebung vorzusehen. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass die Kapazitätsberechnung der Hochschule fehlerhaft war und weitere Studienplätze (vorläufig) vergeben werden können und berücksichtigt andererseits, dass die fehlerhafte Kapazitätsberechnung bei Anordnung eines Losverfahrens nicht jedem Antragsteller zum Erfolg des Zulassungsantrages verhilft. Dagegen weist die Kostenverteilung anhand der Loschance den Nachteil auf, dass der damit maßgebliche Faktor, wie viele andere Studienplatzbewerber ebenfalls einen Antrag beim Verwaltungsgericht stellen, vom jeweiligen Antragsteller weder in irgendeiner Form beeinflusst noch vorhergesehen werden kann. Die Kostenverteilung wird damit von Zufälligkeiten abhängig, die nicht sachgerecht erscheinen. Dies zeigen auch die vorliegenden Verfahren, da bei einer an der Loschance orientierten Kostenentscheidung selbst eine hälftige Kostenteilung erst dann in Betracht käme, wenn mehr als 167 außerkapazitäre Studienplätze „aufgedeckt“ würden. Bei einer festgesetzten Kapazität von 221 Studienplätzen stellt dies jedoch nur eine allenfalls theoretische Möglichkeit dar.

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Die Kostenentscheidung für das jeweilige Beschwerdeverfahren folgt aus § 155 Abs. 1, 161 Abs. 2 VwGO.

25

Die Höhe des Streitwertes folgt aus §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG. Da die Antragsteller nur die Vergabe weiterer Teilstudienplätze begehren, war der Auffangstreitwert zu halbieren. Die Halbierung des Auffangstreitwerts im Fall der vorläufigen Zulassung auf einen Teilstudienplatz im Studiengang Humanmedizin ist dem Umstand geschuldet, dass das Teilstudium von vornherein auf den vorklinischen Abschnitt des Studiums beschränkt ist und weder mit dem Ablegen der ärztlichen Vorprüfung noch mit einem Bachelorabschluss vergleichbar ist, mithin nicht zu einem berufsqualifizierenden Abschluss führt (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 10.05.2012 - 2 OA 187/12 -, juris).

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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO sowie § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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