Beschluss vom Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt (3. Senat) - 3 O 255/18

Gründe

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Die gemäß §§ 165, 151, 146 Abs. 1, Abs. 3 VwGO statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere fristgerecht (vgl. § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) eingelegte Beschwerde ist unbegründet. Die durch das Verwaltungsgericht erfolgte Abänderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichtes Magdeburg begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

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Das Verwaltungsgericht hat auf die Erinnerung des Beklagten zu Recht festgestellt, dass die Kläger die Erstattung einer 0,3-Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV-RVG) für die Tätigkeit ihrer Prozessbevollmächtigten in dem Klageverfahren nicht beanspruchen können. Zutreffend hat das Gericht deswegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 19. Dezember 2017 entsprechend abgeändert. Die Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV-RVG setzt voraus, dass der Rechtsanwalt in derselben Angelegenheit von mehreren Auftraggebern beauftragt worden ist. Der Gegenstand der anwaltlichen Vertretung war vorliegend jedoch nicht derselbe.

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Vertritt ein Rechtsanwalt in demselben Verfahren mehrere Auftraggeber, entsteht ihm regelmäßig ein höherer Aufwand, als dies beim Tätigwerden für nur einen Mandanten der Fall wäre. Um diesen Mehraufwand zu vergüten, sieht das Kostenrecht zwei im Ansatz unterschiedliche Wege vor: Dies kann durch eine Erhöhung des Streit- bzw. Gegenstandswertes bei unverändertem Gebührensatz oder durch eine Erhöhung des Gebührensatzes bei unverändertem Streit- /Gegenstandswert geschehen. Auf welchem dieser Wege eine Vergütung des Mehraufwands des Rechtsanwalts erfolgt, hängt davon ab, ob seine Tätigkeit für mehrere Mandanten sich auf einen oder mehrere Verfahrensgegenstände bezieht. Ist die Vertretung mehrerer Personen zugleich mit mehreren Verfahrensgegenständen verbunden, sind nach § 22 Abs. 1 RVG die Werte dieser unterschiedlichen Verfahrensgegenstände zusammenzurechnen. Eine Erhöhung des Gebührensatzes erfolgt hingegen nicht, denn Nr. 1008 Abs. 1 VV-RVG sieht eine solche nur vor, soweit der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit für die mehreren Auftraggeber derselbe ist. Der erhöhte Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts ergibt sich in diesen Fällen - trotz gleichbleibenden Gebührensatzes - aus den nach § 13 RVG mit der Höhe des Streit-/Gegenstandswertes steigenden Gebühren. Werden hingegen mit Blick auf denselben Verfahrensgegenstand mehrere Personen vertreten, bleibt der Streit-/Gegenstandswert und mit ihm die Höhe der nach § 13 RVG berechneten einzelnen Gebühr unverändert. Um den durch die Tätigkeit für mehrere Mandanten erhöhten Aufwand des Rechtsanwaltes zu vergüten, sieht Nr. 1008 VV-RVG für diesen Fall eine Erhöhung des Gebührensatzes um 0,3 für jeden zusätzlichen Auftraggeber vor, wobei mehrere Erhöhungen zusammengenommen einen Gebührensatz von 2,0 nicht überschreiten dürfen. Das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz enthält keine Legaldefinition des Gegenstandes im gebührenrechtlichen Sinne. Ob die Tätigkeit eines Rechtsanwalts für mehrere Mandanten denselben oder unterschiedliche Verfahrensgegenstände betrifft, ist im Einzelfall anhand der konkret wahrgenommenen Angelegenheiten zu ermitteln. Ein einheitlicher Gegenstand im gebührenrechtlichen Sinne ist nur gegeben, wenn der Rechtsanwalt für seine mehreren Auftraggeber wegen desselben konkreten Rechtes oder Rechtsverhältnisses tätig geworden ist (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. März 2012 - 2 D 63/09.NE -, juris Rn. 4).Ist bei einem Verwaltungsakt jeder einzelne Auftraggeber nur in seinem persönlichen Recht betroffen, so handelt es sich um verschiedene Gegenstände (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 1. Juli 2010 - 2 O 154/09 -, juris).

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Vorliegend ist von selbstständigen Angriffen der Kläger zu 1. bis 9. auszugehen, weil sie nicht als notwendige Streitgenossen einer Rechtsgemeinschaft aufgetreten sind, sondern jeder für sich einen eigenen Anspruch geltend machen. Der Prozessbevollmächtigte der Kläger mag hier zwar „in derselben Angelegenheit“ tätig geworden sein. Insoweit genügt eine „gemeinschaftliche Beteiligung" am strittigen Anspruch (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. April 2000 - 6 C 3.99 -, juris). Die Kläger haben jedoch jeder für sich - und nicht etwa als Rechtsgemeinschaft - Klage erhoben. Gegenstand der Klage war die Frage, ob die Klägerin zu 1. als Trägerin der Grundschule B-Stadt sowie die Kläger zu 2. bis 9. als Schüler der Grundschule B-Stadt einen Anspruch auf Aufhebung der allein an die Klägerin zu 1. gerichteten Entscheidung des Beklagten auf Überweisung der Schülerinnen und Schüler der Grundschule B-Stadt ab dem Schuljahr 2015/2016 an die Grundschule E-Stadt haben. Zwar bestand insoweit eine Identität, als sich sämtliche Kläger mit der Aufhebung der an die Klägerin zu 1. gerichteten Verfügung gegen die Schließung der Grundschule B-Stadt wandten.Gleichwohl handelte es sich nicht um denselben Gegenstand im Sinn von Nr. 1008 VV-RVG, weil die einzelnen Kläger in jeweils unterschiedlicher Weise in ihren Rechten betroffen gewesen sind. Die Klägerin zu 1. rügte als Adressatin der Verfügung die Verletzung ihres kommunalen Selbstverwaltungsrechtes (vgl. Klageschrift vom 29. Juni 2015), wohingegen die Kläger zu 2. und 9. in der angefochtenen Verfügung eine Beeinträchtigung ihres - jeweiligen - Rechtes auf freie Wahl der Ausbildungsstätte aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 und Art. 2 Abs. 1 GG erblickten (vgl. Klageerweiterung vom 3. Juli 2015). Hiervon ausgehend hat nicht etwa das Gericht - wie die Kläger beschwerdebegründend vortragen - nachträglich eine eigene Begründung herangezogen, sondern die Kläger selbst in ihren jeweiligen Klagebegründungen aufgezeigt, dass sie nicht als Rechtsgemeinschaft auftreten.

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Diese mehrfache Prüfungsleistung des Prozessbevollmächtigten wurde in der Streitwertfestsetzung vom 21. Dezember 2015 gewürdigt, indem nicht nur der Auffangwert, der Betrag, um den in der Sache gestritten, sondern - entsprechend der Anzahl der Kläger - der neunfache Wert zugrunde gelegt wurde. Hierdurch wurde der Aufwand des Rechtsanwaltes, den er mit neun Streitgegenständen hat, abgegolten. In diesem Falle scheidet eine Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV-RVG, d.h. eine doppelte Honorierung aus. Bei verschiedenen Streitgegenständen werden die Gegenstandswerte gemäß § 22 Abs. 1 RVG addiert; die Gebühr nach VV 3100 wird hingegen nicht erhöht (vgl. VGH BW, Beschluss vom 29. Januar 1990 - 5 S 1030/87 -, juris), so dass neben der Gegenstandswerterhöhung keine mehrfache Abrechnung auf der Grundlage des bereits erhöhten Gegenstandswertes, aber auch keine 0,3-Erhöhung der Verfahrensgebühr auf der Grundlage des bereits erhöhten Gegenstandswertes mehr in Betracht kommen.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Der Festsetzung eines Streitwertes bedarf es nicht, weil für die Beschwerde nach Ziffer 5502 der Anlage zu § 3 Abs. 2 GKG eine Festgebühr erhoben wird.

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Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.


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