Beschluss vom Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken (3. Zivilsenat) - 3 W 51/11
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 3 000,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
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Die Beteiligte zu 1) ist die Mutter des am … geborenen Kindes M… K…. Nach ihrer Scheidung von dem Kindesvater, dem Beteiligten zu 3), hat sie den Beteiligten zu 2) geheiratet und führt dessen Namen als Ehenamen. Die Beteiligten zu 1) und 2) leben zwischenzeitlich getrennt. Das Scheidungsverfahren ist beim Amtsgericht Koblenz unter dem Aktenzeichen ... anhängig.
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Die Beteiligte zu 1) begehrt die Beurkundung der Erklärung, durch die dem Kind ihr Ehename (L….) erteilt wird (Einbenennung). Die fehlende Zustimmung des Beteiligten zu 3) zur Einbenennung hat das Amtsgericht Koblenz mit Beschluss vom 17. September 2009 ersetzt.
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Das beteiligte Standesamt hat die Eintragung der Namensänderung im Geburtenregister mit der Begründung abgelehnt, der Ehemann der Beteiligten zu 1), der Beteiligte zu 2), lebe nicht mit ihr und dem Kind in einem gemeinsamen Haushalt.
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Mit derselben Begründung hat das Amtsgericht den Antrag der Beteiligten zu 1) zurückgewiesen, das Standesamt zur Vornahme der beantragten Eintragung anzuweisen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 1). Sie trägt vor, der Standesbeamte habe die Beurkundung nicht aus materiell-rechtlichen Gründen ablehnen dürfen. Zudem habe der Gesetzgeber den Fall, dass der neue Ehemann auch nach der Trennung von der Mutter einer Einbenennung des Kindes zustimme, nicht geregelt. Es liege deshalb eine planwidrige Regelungslücke vor, die über die entsprechende Anwendung des § 1618 BGB zu schließen sei.
II.
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Die Beschwerde zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen nicht zu beanstanden (§ 51 Abs. 1 PStG, §§ 58 Abs. 1, 63, 64 FamFG). Als Antragstellerin ist die Beteiligte zu 1) gemäß § 59 Abs. 2 FamFG beschwerdeberechtigt. Die Zuständigkeit des Senats zur Entscheidung folgt aus § 119 Abs. 1 Nr. 1 b GVG i.V.m. § 4 Abs. 3 Nr. 2 a GerOrgG Rheinland-Pfalz.
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In der Sache führt das Rechtsmittel nicht zum Erfolg.
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Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat es das Amtsgericht abgelehnt, die Erklärung der Einbenennung des Kindes zu beurkunden.
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Nach § 1618 BGB können der Elternteil, dem die elterliche Sorge für ein unverheiratetes Kind allein oder gemeinsam mit einem anderen Elternteil zusteht, und sein Ehegatte, der nicht Elternteil des Kindes ist, dem Kind, das sie in ihren gemeinsamen Haushalt aufgenommen haben, durch Erklärung gegenüber dem Standesamt ihren Ehenamen erteilen. In den gemeinsamen Haushalt aufgenommen ist das Kind, wenn beide Ehegatten und das Kind tatsächlich in einer gemeinsamen Wohnung den Mittelpunkt ihrer Lebensführung haben. Dieses Tatbestandsmerkmal, das regelmäßig durch die Vorlage einer Meldebescheinigung nachgewiesen wird, ist von dem Standesbeamten zu prüfen. Liegt diese Voraussetzung nicht vor, ist die Einbenennung unwirksam (Bamberger/Roth/Enders, Beck'scher Online-Kommentar BGB, § 1618 Rdnr. 4; MüKo/von Sachsen Gessaphe, § 1618 Rdnr. 10).
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Die Beurkundung einer unwirksamen Eintragung ist von dem Standesbeamten abzulehnen. Dies ist hier der Fall. Die Beteiligten zu 1) und 2) leben unstreitig getrennt. Zwischen ihnen besteht keine häusliche Gemeinschaft im Sinne des § 1567 Abs. 1 BGB. Das Scheidungsverfahren ist bereits seit dem Jahre 2009 beim Amtsgericht Koblenz anhängig.
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Eine analoge Anwendung des § 1618 BGB auf Fälle, in denen ein Elternteil und dessen Ehegatte voneinander getrennt leben, der getrenntlebende Ehegatte der Einbenennung aber zugestimmt hat, kommt nicht in Betracht, da dies dem Sinn und Zweck der Vorschrift zuwiderliefe. Dieser liegt in der namensmäßigen Integration des Kindes in seine neue soziale Familie. Das Tatbestandsmerkmal der "Aufnahme in einen gemeinsamen Haushalt" wurde durch das Kinderrechteverbesserungsgesetz (KindRVerbG) vom 9. April 2002 eingefügt, um den Anwendungsbereich der Vorschrift auf Fälle einer echten Integration von Kindern in die Stieffamilie zu begrenzen (MüKo/von Sachsen Gessaphe aaO). Lebt die Mutter des Kindes von dem Ehemann getrennt, wird der Normzweck verfehlt, auch wenn der Ehemann mit der Einbenennung einverstanden ist.
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Die Verpflichtung der Beteiligten zu 1) zur Tragung der Gerichtskosten ergibt sich aus § 131 Abs. 1 Nr. 1 KostO. Eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten ist nicht veranlasst.
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Die Festsetzung des Geschäftswertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 131 Abs. 4, 30 Abs. 2 Satz 1 KostO.
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Referenzen
- § 4 Abs. 3 Nr. 2 a GerOrgG 1x (nicht zugeordnet)
- FamFG § 59 Beschwerdeberechtigte 1x
- BGB § 1567 Getrenntleben 1x
- FamFG § 64 Einlegung der Beschwerde 1x
- GVG § 119 1x
- FamFG § 58 Statthaftigkeit der Beschwerde 1x
- §§ 131 Abs. 4, 30 Abs. 2 Satz 1 KostO 2x (nicht zugeordnet)
- PStG § 51 Gerichtliches Verfahren 1x
- BGB § 1618 Einbenennung 3x
- § 131 Abs. 1 Nr. 1 KostO 1x (nicht zugeordnet)
- FamFG § 63 Beschwerdefrist 1x