Beschluss vom Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken (4. Zivilsenat) - 4 W 64/17

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Tenor

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe

I.

1

Der Kläger will den Beklagten auf Rückzahlung eines im Jahr 2015 gewährten Privatdarlehens in Höhe von 42.000,00 € nebst Zinsen in Anspruch nehmen. Mit der Behauptung, der Beklagte unterhalte zwischenzeitlich keinen inländischen Wohnsitz mehr und sei nach Auskunft der Meldebehörde seines letzten Wohnortes in Deutschland nach San José, Costa Rica, verzogen, eine ladungsfähige Anschrift dort habe er trotz Nachforschung bei den Eltern des Beklagten nicht in Erfahrung bringen können, hat der Kläger die öffentliche Zustellung der Klageschrift vom 24.02.2017 nach § 185 ZPO beantragt. Dieses Begehren hat die Erstrichterin abgelehnt, weil der Kläger (noch) nicht alle ihm zumutbaren Nachforschungen entfaltet habe, um den Aufenthaltsort des Beklagten zu ermitteln. Mit seiner Beschwerde dagegen verfolgt der Kläger weiterhin das Ziel der öffentlichen Bekanntmachung der Klage.

II.

2

Das Rechtsmittel ist nach § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft, wahrt die gesetzliche Form und Frist (§ 569 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO) und ist auch im Übrigen verfahrensrechtlich bedenkenfrei.

3

In der Sache bleibt die sofortige Beschwerde ohne Erfolg. Die Erstrichterin hat zu Recht und mit zutreffender Begründung dahin entschieden, dass der Kläger noch nicht hinreichend dargetan und nachgewiesen hat, dass er das Erforderliche und ihm Mögliche zur Ermittlung des unbekannten Aufenthalts des Beklagten als Zustellungsadressaten getan hat. Die Voraussetzungen für die begehrte Bewilligung einer öffentlichen Zustellung der Klage liegen deshalb derzeit nicht vor.

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1. Nach § 185 Nr. 1 ZPO kann die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung (öffentliche Zustellung) erfolgen, wenn der Aufenthaltsort einer Person unbekannt und eine Zustellung an einen Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigten nicht möglich ist. Unbekannt ist der Aufenthalt einer Person nur dann, wenn nicht nur das Gericht, sondern auch die Allgemeinheit den Aufenthalt des Zustellungsadressaten nicht kennt. Dabei ist es zunächst Sache der Partei, die durch die Zustellung begünstigt wird, alle geeigneten und ihr zumutbaren Nachforschungen anzustellen, um den Aufenthalt des Zustellungsempfängers zu ermitteln und ihre ergebnislosen Bemühungen gegenüber dem Gericht darzulegen. Dies gilt auch dann, wenn die Zustellung - wie bei einer Zivilklage (§§ 166 Abs. 2, 271 Abs. 1 ZPO) - von Amts wegen vorzunehmen ist. Wegen der besonderen Bedeutung der Zustellung für die Wahrung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) sind dabei an die Feststellung, dass die Voraussetzungen für eine öffentliche Zustellung vorliegen, im Erkenntnisverfahren hohe Anforderungen zu stellen (BGH, Urteil vom 04.07.2012, XII ZR 94/10, Rdnrn. 16 ff, in juris; Urteil vom 06.12.2012, VII ZR 74/12, Rdnrn. 16 ff, in juris, jeweils m.w.N.).

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2. Daran gemessen durfte es der Kläger hier nicht mit der Nachfrage bei dem für die letzte Meldeadresse des Beklagten in Deutschland zuständigen Einwohnermeldeamt und mit der ergebnislosen persönlichen Befragung der Eltern des Beklagten nach dessen genauem Aufenthaltsort in Costa Rica bewenden lassen. Es genügt auch nicht, dass der Kläger über die ihm bekannte E-Mail-Adresse des Beklagten diesem durch seinen anwaltlichen Vertreter am 09.05.2017 eine Kopie der Klageschrift mit der Aufforderung zur Kontaktaufnahme und zur Bezahlung der Klageforderung hat übermitteln lassen. Denn der Umstand, dass die bloße nochmalige Zahlungsaufforderung in der E-Mail vom 09.05.2017 unbeantwortet geblieben ist, rechtfertigt nicht zugleich den Schluss, dass sich der Beklagte auch auf eine elektronische Aufforderung zur Offenbarung seiner postalischen Erreichbarkeit mit ausdrücklicher Ankündigung der widrigenfalls beabsichtigten Beantragung der öffentlichen Klagezustellung zu seiner ladungsfähigen Adresse verschwiegen hätte; dagegen spricht mit Gewicht das Risiko des für den Beklagten drohenden endgültigen Rechtsverlusts im Falle einer rechtswirksamen öffentlichen Zustellung.

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3. Nach Aktenlage stehen dem Kläger durchaus noch weitere geeignete Maßnahmen zur Ermittlung des Aufenthaltes des Beklagten zur Verfügung, die er bislang nicht genutzt hat:

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a) So ist schon nicht ersichtlich, dass sich der Kläger ergebnislos beim letzten Vermieter des Beklagten oder bei dem Zustellungspostamt des letzten deutschen Wohnsitzes des Beklagten nach dem etwaigen Bestehen eines Nachsendeauftrages für Postsendungen an eine Anschrift in Costa Rica erkundigt hat.

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b) Um den aktuellen Aufenthaltsort des Beklagten weiß möglicherweise auch dessen kontoführendes Kreditinstitut, über welches der Beklagte das Darlehen des Klägers vereinnahmt hat.

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c) Außerdem besteht für den Kläger grundsätzlich auch die Möglichkeit zur Feststellung des Aufenthaltes des Beklagten mit Hilfe der deutschen Auslandsvertretung in Costa Rica, falls der Beklagte nach der Einreise dort z.B. konsularische Hilfe in Anspruch genommen hat. Für eine Aufenthaltsermittlung in Costa Rica kann dabei als konkreter Anknüpfungspunkt dienen, dass der schriftliche Darlehensvertrag der Parteien in § 5 detaillierte Angaben zu einem Grundstück in San José/Costa Rica enthält, mit dem das Darlehen von dem Beklagten besichert werden sollte. Zusätzliche Hinweise zur Aufenthaltsermittlung von Personen in Costa Rica lassen sich im Übrigen dem Internetauftritt der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland San José entnehmen.

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d) Unabhängig davon dürfte es sich für den Kläger anbieten, den Beklagten unter der ihm bekannten E-Mail-Adresse erneut anzuschreiben mit der Aufforderung, binnen angemessener Frist eine ladungsfähige Anschrift anzugeben und/oder einen Zustellungsbevollmächtigten im Inland zu benennen zwecks Vermeidung der öffentlichen Zustellung (vgl. BGH, Urteil vom 06.12.2012 a.a.O, Rdnr. 19; OLG Frankfurt NJW 2009, 2543, 2544). Reagiert der Beklagte darauf nicht, kann er sich später u.U. wegen Rechtsmißbrauchs nicht auf die Unwirksamkeit einer sodann angeordneten öffentlichen Zustellung berufen (vgl. BGH, NJW-RR 2008, 1310; Fischer, LMK 2013, 342575).

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3. Die von der Rechtsprechung aufgestellten hohen Hürden für die Zulässigkeit der öffentliche Zustellung nach § 185 Nr. 1 ZPO benachteiligen den Kläger im Ergebnis auch nicht in unbilliger Weise. Denn eine unter Verstoß gegen § 185 ZPO angeordnete öffentliche Zustellung ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - zumindest wenn die Fehlerhaftigkeit der Zustellung für das Gericht erkennbar war - jedenfalls in dem Sinne unwirksam, dass sie die Zustellungsfiktion des § 188 ZPO nicht auslöst und dementsprechend keine Fristen in Lauf setzt. In einem solchen Fall kommt das Verfahren nicht zum Abschluss. Es ist bei der Entdeckung des Fehlers fortzusetzen, ohne dass es dazu einer Wiedereinsetzung bedarf. Eine (erkennbar) unzulässige öffentliche Zustellung der Klage bewirkt zudem keine Hemmung der Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB. Den verjährungshemmenden Tatbeständen des § 204 BGB liegt der Rechtsgedanke zugrunde, dass der Gläubiger durch aktives Betreiben seines Anspruchs seinen Rechtsverfolgungswillen so deutlich macht, dass der Schuldner gewarnt wird und sich auf eine Inanspruchnahme noch vor Ablauf der ursprünglichen Verjährungsfrist einstellen muss. Diese Warnfunktion wird verfehlt, wenn eine Klage öffentlich zugestellt wird, obwohl der Aufenthaltsort des Beklagten nicht allgemein unbekannt ist und eine Zustellung auf anderem Wege möglich gewesen wäre (BGH, NJW 2017, 886, 888 f. m.w.N.).

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In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass das Haager Übereinkommen vom 15. November 1965 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- und Handelssachen (BGBl. 1977 Teil II S. 1452, 1453) am 1. Oktober 2016 für die Republik Costa Rica in Kraft getreten ist (BGBl. 2017 Teil II Nr. 3, S. 58).

13

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Der Bestimmung eines Beschwerdewertes bedarf es nicht, weil eine Festgebühr bestimmt ist (KV 1812 Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG).

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