Entscheidung vom Sozialgericht Karlsruhe - S 1 KA 4638/03

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten lediglich um die Frage, ob verspätet geleistete Abschlagszahlungen zu verzinsen sind.
Die Klägerin hatte ursprünglich am 27.03.2003 Klage erhoben und zunächst beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 242.655,– EUR nebst 5 % Zinsen über Bundesbankdiskontsatz aus jeweils 80.885,– EUR seit 20.01.2003, 20.02.2003 und 20.03.2003 zu bezahlen. Zur Begründung hatte sie vorgetragen, die Abschlagszahlungen würden jeweils zum 20. eines jeden Monats fällig. Dies ergäbe sich aus dem Gesamtvertrag zwischen der Klägerin und dem BKK Landesverband. Der Zinsanspruch ergäbe sich aus Zahlungsverzug, da die Abschlagszahlungen verspätet geleistet worden seien.
Die Beklagte hat mitgeteilt, sie habe die Forderungen beglichen. Demgemäß werde nur noch um den Zinsanspruch gestritten. Einen Zinsanspruch habe die Klägerin aber nicht, da nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts für den Bereich des Sozialgerichtsbuches eine allgemeine Pflicht zur Verzinsung von Rückständen und Geldleistungen nicht bestehe. Soweit in der Literatur eine gegenteilige Auffassung vertreten worden sei, verkenne diese, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung nach wie vor Gültigkeit habe. Zentraler Ansatzpunkt der Argumentation in der Literatur sei, dass § 69 SGB V als Novum die Frage der Verzinsung nach den Vorschriften des BGB regele. Es werde verkannt, dass eine inhaltsgleiche Vorschrift bereits in § 61 SGB X existiert habe. Trotz dieser Vorschrift habe es die höchstrichterliche Rechtsprechung stets abgelehnt, Verzugszinsen zuzugestehen. Primär argumentiere das Bundessozialgericht mit den Regelungen des § 44 Abs. 1 SGB I und § 27 Abs. 1 SGB IV. In beiden Vorschriften werde explizit eine Verzinsungspflicht normiert. Einer derartigen Normsetzung fehle in Bezug auf die Zinsen eine entsprechende Regelung. Außerdem seien die Verträge mit den Krankenkassen öffentlich-rechtlicher Natur und über § 69 SGB V könne der Durchgriff auf die Verzinsungsvorschriften des BSG nicht zulässig sein.
Das Verfahren bezüglich der Abschlagszahlungen wurde mit Beschluss vom 05.05.2004 abgetrennt.
Nach Abtrennung trägt die Klägerin vor, wegen der fortwährend unpünktlich geleisteten Abschlagszahlungen entstünden fortwährend Zinsansprüche. Um das Verfahren nicht durch die Notwendigkeit einer ständigen, periodenbezogenen Anpassung des Klagantrages wegen zwischenzeitlich weiter aufgelaufener Zinsen zu erschweren, beschränke sie ihren Antrag auf die bisher aufgelaufenen Zinsen auf der Grundlage des Klageantrags vom 28.04.2004. Die Berechnung sei "nach Bankenmethode" erfolgt. Eine Zinsnachberechnung bzw. Weiterberechnung bleibe ausdrücklich vorbehalten, werde jedoch nicht rechtshängig gemacht. Abschließend werde vorgetragen, dass eine "systemwidrige" Lücke vorliegen würde, wollte man eine Verzinsungspflicht im Rahmen einer vertraglich vereinbarten Gesamtvergütung absprechen. Diese Lücke sei zwingend ergänzungsbedürftig. Es habe nicht unterstellt werden können, dass Zahlungspflichten im Gesamtkontext der Leistungserbringung entgegen vertraglicher Regelungen nicht oder verspätet erbracht würden. Die Vorstellung, dass vertraglich geschuldete Geldleistungen sanktionslos einbehalten oder nur eingeschränkt gezahlt würden, widerspräche den fundamentalen Grundsätzen der Rechtsordnung, wie dies letztlich auch im Querverweis in § 69 SGB V auf die Bestimmungen des BGB zum Ausdruck kommen würde. Wäre die Auffassung der Beklagten generell richtig, würde das insgesamt austarierte System (Gesamtvergütung) einseitig zu ihren Lasten verschoben und sie könnte ihrer Gewährleistungsverpflichtung mangels entsprechender Finanzausstattung nicht mehr genügen. Es sei auch unbehelflich, sie schlicht auf die Möglichkeit einer entsprechenden Vertragsanpassung zu verweisen, wenn ein Vertragspartner sich einer Vertragsanpassung widersetze. Nach ihrer Auffassung sei die bisherige Rechtsprechung des BSG zur streitigen Frage der Verzinsungspflicht letztlich nur geprägt durch die Vorstellung, dass Körperschaften des öffentlichen Rechts als ermächtigte Vertragspartner ihre Zahlungspflichten uneingeschränkt erfüllten.
Die Klägerin beantragt nunmehr,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 4.217,42 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
10 
Sie nimmt Bezug auf ihre Ausführungen zur Verzinsungspflicht und weist nochmals ergänzend darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts hier kein Zinsanspruch bestehe.
11 
Ergänzend wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
12 
Nach Anhörung der Beteiligten entscheidet die Kammer ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid. Die Sache weist keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf und der Sachverhalt ist geklärt (§ 105 Abs. 1 SGG).
13 
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die geltend gemachten Zinsen.
14 
Als Anspruchsgrundlage für den hier geltend gemachten Anspruch auf Verzugszinsen für die jeweils zum 20. des laufenden Monats zu zahlenden Abschlagszahlungen (vgl. dazu § 9 Abs. 4 des Gesamtvertrages zwischen dem Landesverband der Betriebskrankenkassen Baden-Württemberg (LDBBW) – Körperschaft des Öffentlichen Rechts – Kornwestheim und der Kassenärztlichen Vereinigung Nordbaden (KV-NB) – Körperschaft des Öffentlichen Rechts – Karlsruhe vom 25.04.1974) kommen lediglich §§ 288, 291 BGB i.V. mit § 61 SGB X i.V. mit § 69 Satz 3 SGB V in Betracht. § 69 SGB V bestimmt grundsätzlich, dass das 4. Kapitel des SGB V sowie die §§ 63 und 64 SGB V die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Apotheken sowie sonstigen Leistungserbringern und ihren Verbänden abschließend regeln. In § 69 Satz 3 SGB V wird bestimmt, für die Rechtsbeziehungen nach den Sätzen 1 und 2 gelten im Übrigen die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend, soweit sie mit den Vorgaben des § 70 SGB V und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach diesem Kapitel vereinbar sind. Aufgrund der ausdrücklichen Bezugnahme des § 69 Satz 3 auf die Vorschriften des BGB wird – wie von der Klägerin auch – in der Literatur (vgl. dazu Wehebrink, Hat eine Kassenärztliche Vereinigung einen Anspruch auf Verzugszinsen? NZS 2002, S. 529 ff, 532, 533) ein Anspruch auf Verzugszinsen bejaht.
15 
Nach Auffassung der Kammer besteht dieser jedoch nicht, da § 69 Satz 3 SGB V unter dem Vorbehalt steht, dass die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches nur insoweit Anwendung finden, soweit sie mit den Vorgaben des § 70 und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach diesem Kapitel vereinbar sind. Insoweit schließt sich die Kammer der Rechtsauffassung des Sozialgerichts Dortmund (vgl. Urteil vom 30.03.2004 – Az. S 9 KA 53/03 –) an. Dieses hat ausgeführt:
16 
"Eine derartige Vereinbarkeit ist nicht gegeben, weil es sich – neben den Zweifeln, ob überhaupt Rechtsbeziehungen von Krankenkassen zu Leistungserbringern im Sinne von § 69 S. 1 und S 2 SGB V betroffen sind – bei der Bejahung der Verzinsungspflicht um eine Ergänzung von untergesetzlichen Rechtsnormen handeln würde. Insbesondere auch für Forderungen aus öffentlich-rechtlichen Verträgen, zu denen die Gesamtverträge unstreitig zählen, hat die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bisher die entsprechende Heranziehung bürgerrechtlicher Vorschriften über Verzugs- und Prozesszinsen für ausgeschlossen gehalten (vgl. BSGE 71, 72, 76 ff.). Zwar wäre es den Vertragspartnern des Gesamtvertrages unbenommen gewesen, in das Vertragswerk selbst Verzugszinsen aufzunehmen. Dies ist aber offenbar nicht geschehen. Insofern muss die untergesetzliche Regelung als abschließend und nicht als ergänzungsfähig angesehen werden. Der Normsetzungsakt ist abschließend. Bei dem Vertrag, der untergesetzliche Normen enthält, sind schon die Vorschriften der §§ 53-61 SGB X zum öffentlich-rechtlichen Vertrag grundsätzlich nicht anwendbar (überzeugend Axer in Schnappe/Wigge, Vertragsarztrecht, 2002, 97 Rdnr. 10 u. 11 m.w.N.; dagegen grundsätzlich bejahend Hencke in Peters, SGB V § 82 Rdnr. 3 ff.); andernfalls bedürfte es etwa der schriftlichen Zustimmung der im Vertragsschluss nicht beteiligten Ärzte, Krankenkassen und Versicherten nach § 57 Abs. 1 SGB X zur Wirksamkeit des Vertrages, weil dieser in ihre Rechte eingreift. Dies soll aber gerade nicht der Fall sein. Bei kritischer Durchdringung der Materie sind entgegen allgemeiner Ansichten in der vertragsärztlichen Literatur und Rechtsprechung die Vorschriften über den öffentlich-rechtlichen Vertrag nicht auf die Normverträge des Vertragsarztrechts anwendbar. Als Vertrag, der nicht zur Setzung von Normen verpflichtet, sondern selbst Normen enthält, gelten für ihn die Anforderungen, die Verfassung und Gesetz an den Erlass abstrakt-genereller Regelungen richten, nicht hingegen die Vorschriften über den einen Einzelfall regelnden öffentlich-rechtlichen Vertrag (so überzeugend Axer in Schnapp/Wigge, Vertragsarztrecht 2002, § 7 Rdnr. 10 und 11 m.w.N.). Somit bleibt es bei dem von der Rechtsprechung hervorgehobenen Grundsatz für das Vertragsarztrecht, dass dem Sicherstellungsauftrag des allgemeinen Vertragsarztrechts eine generelle Verzinsungspflicht für geschuldete und verspätet gezahlte ärztliche Honorare und Gesamtvergütungen fremd sei (vgl. BSG Urteil vom 17. November 1999 – B 6 KA 14/99 R – in SGB 2000, 680, 684). Nach der dargestellten Rechtsprechung des 6. Senats ist eine solche Vereinbarkeit mit der in § 69 Satz 3 SGB V vorhergesehenen entsprechenden Anwendung gerade nicht gegeben, weil nämlich der Sicherstellungsauftrag des Vertragsarztrechts eine generelle Verzinsungspflicht für geschuldete Gesamtvergütungen gerade auch angesichts spezieller Regelungen zur Höhe der Vergütung sachfremd ist. Wegen des Norm-Charakters können die Gesamtverträge und Gesamtvergütungsverträge nicht als rechtsähnlich zu den genannten zivilrechtlichen Verträgen angesehen werden (diese nicht gegebene Rechtsähnlichkeit verkennt Wehebrink in NZS 2002, 529 ff.)."
17 
Auch der Gesamtvertrag vom 25.04.1979 enthält keine Bestimmungen über die Verzinsung, so dass sie aus dem Gesamtvertrag nicht abgeleitet werden kann, sondern zu vereinbaren wäre.
18 
Zudem weist die Kammer ergänzend darauf hin, dass, selbst wenn die §§ 53 ff SGB Anwendung fänden, kein Zinsanspruch besteht. Zwar normiert § 61 Satz 2 SGB, dass für öffentlich-rechtliche Verträge die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend gelten, aber in Kenntnis des Umstandes, dass grundsätzlich auf den öffentlich-rechtlichen Vertrag das BGB entsprechende Anwendung findet, hat das Bundessozialgericht (vgl. z.B. Urt. vom 11.03.1987 – 8 RK 43/85 –, Urt. vom 13.11.1996 – 6 RKa 78/95 –) die grundsätzliche Verzinsungspflicht verneint und auf die gesetzlich geregelten Ausnahmen beschränkt. Nach Auffassung des BSG (vgl. nochmals Urt. vom 11.03.1987, aaO) hat der Gesetzgeber die Pflicht zur Verzinsung bewusst auf die ausdrücklich im Gesetz genannten Fälle im Sozialrecht begrenzt. Damit wäre es nicht vereinbar, wenn über die pauschale Verweisung des § 61 Satz 2 SGB X auch im Sozialversicherungsrecht die Vorschriften der §§ 286 ff. BGB anzuwenden seien. Die entsprechende Anwendung des BGB muss sich deshalb auch bei dem öffentlichen Vertrag an dem in anderen Bereichen des Sozialversicherungsrechts erkennbar gewordenen Willen des Gesetzgebers orientieren, eine Verzinsung von Forderungen nur in den ausdrücklich geregelten Fällen zuzulassen. Insoweit regelt das Sozialgesetzbuch die Verzinsung von Geldforderungen für seinen Anwendungsbereich abschließend. Ein Zinsanspruch besteht deshalb nur dann, soweit er im Einzelfall im SGB selbst oder in einer spezialgesetzlichen Regelung ausdrücklich vorgesehen ist (vgl. nochmals BSG, Urt. vom 13.11.1996, aaO).
19 
Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 197a SGG i.V. mit § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
20 
Die Sprungrevision ist gemäß § 161 Abs. 2 SGG zuzulassen, weil die Rechtssache gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 grundsätzliche Bedeutung hat. Beide Beteiligten haben dies im Übrigen beantragt.

Gründe

 
12 
Nach Anhörung der Beteiligten entscheidet die Kammer ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid. Die Sache weist keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf und der Sachverhalt ist geklärt (§ 105 Abs. 1 SGG).
13 
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die geltend gemachten Zinsen.
14 
Als Anspruchsgrundlage für den hier geltend gemachten Anspruch auf Verzugszinsen für die jeweils zum 20. des laufenden Monats zu zahlenden Abschlagszahlungen (vgl. dazu § 9 Abs. 4 des Gesamtvertrages zwischen dem Landesverband der Betriebskrankenkassen Baden-Württemberg (LDBBW) – Körperschaft des Öffentlichen Rechts – Kornwestheim und der Kassenärztlichen Vereinigung Nordbaden (KV-NB) – Körperschaft des Öffentlichen Rechts – Karlsruhe vom 25.04.1974) kommen lediglich §§ 288, 291 BGB i.V. mit § 61 SGB X i.V. mit § 69 Satz 3 SGB V in Betracht. § 69 SGB V bestimmt grundsätzlich, dass das 4. Kapitel des SGB V sowie die §§ 63 und 64 SGB V die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Apotheken sowie sonstigen Leistungserbringern und ihren Verbänden abschließend regeln. In § 69 Satz 3 SGB V wird bestimmt, für die Rechtsbeziehungen nach den Sätzen 1 und 2 gelten im Übrigen die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend, soweit sie mit den Vorgaben des § 70 SGB V und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach diesem Kapitel vereinbar sind. Aufgrund der ausdrücklichen Bezugnahme des § 69 Satz 3 auf die Vorschriften des BGB wird – wie von der Klägerin auch – in der Literatur (vgl. dazu Wehebrink, Hat eine Kassenärztliche Vereinigung einen Anspruch auf Verzugszinsen? NZS 2002, S. 529 ff, 532, 533) ein Anspruch auf Verzugszinsen bejaht.
15 
Nach Auffassung der Kammer besteht dieser jedoch nicht, da § 69 Satz 3 SGB V unter dem Vorbehalt steht, dass die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches nur insoweit Anwendung finden, soweit sie mit den Vorgaben des § 70 und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach diesem Kapitel vereinbar sind. Insoweit schließt sich die Kammer der Rechtsauffassung des Sozialgerichts Dortmund (vgl. Urteil vom 30.03.2004 – Az. S 9 KA 53/03 –) an. Dieses hat ausgeführt:
16 
"Eine derartige Vereinbarkeit ist nicht gegeben, weil es sich – neben den Zweifeln, ob überhaupt Rechtsbeziehungen von Krankenkassen zu Leistungserbringern im Sinne von § 69 S. 1 und S 2 SGB V betroffen sind – bei der Bejahung der Verzinsungspflicht um eine Ergänzung von untergesetzlichen Rechtsnormen handeln würde. Insbesondere auch für Forderungen aus öffentlich-rechtlichen Verträgen, zu denen die Gesamtverträge unstreitig zählen, hat die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bisher die entsprechende Heranziehung bürgerrechtlicher Vorschriften über Verzugs- und Prozesszinsen für ausgeschlossen gehalten (vgl. BSGE 71, 72, 76 ff.). Zwar wäre es den Vertragspartnern des Gesamtvertrages unbenommen gewesen, in das Vertragswerk selbst Verzugszinsen aufzunehmen. Dies ist aber offenbar nicht geschehen. Insofern muss die untergesetzliche Regelung als abschließend und nicht als ergänzungsfähig angesehen werden. Der Normsetzungsakt ist abschließend. Bei dem Vertrag, der untergesetzliche Normen enthält, sind schon die Vorschriften der §§ 53-61 SGB X zum öffentlich-rechtlichen Vertrag grundsätzlich nicht anwendbar (überzeugend Axer in Schnappe/Wigge, Vertragsarztrecht, 2002, 97 Rdnr. 10 u. 11 m.w.N.; dagegen grundsätzlich bejahend Hencke in Peters, SGB V § 82 Rdnr. 3 ff.); andernfalls bedürfte es etwa der schriftlichen Zustimmung der im Vertragsschluss nicht beteiligten Ärzte, Krankenkassen und Versicherten nach § 57 Abs. 1 SGB X zur Wirksamkeit des Vertrages, weil dieser in ihre Rechte eingreift. Dies soll aber gerade nicht der Fall sein. Bei kritischer Durchdringung der Materie sind entgegen allgemeiner Ansichten in der vertragsärztlichen Literatur und Rechtsprechung die Vorschriften über den öffentlich-rechtlichen Vertrag nicht auf die Normverträge des Vertragsarztrechts anwendbar. Als Vertrag, der nicht zur Setzung von Normen verpflichtet, sondern selbst Normen enthält, gelten für ihn die Anforderungen, die Verfassung und Gesetz an den Erlass abstrakt-genereller Regelungen richten, nicht hingegen die Vorschriften über den einen Einzelfall regelnden öffentlich-rechtlichen Vertrag (so überzeugend Axer in Schnapp/Wigge, Vertragsarztrecht 2002, § 7 Rdnr. 10 und 11 m.w.N.). Somit bleibt es bei dem von der Rechtsprechung hervorgehobenen Grundsatz für das Vertragsarztrecht, dass dem Sicherstellungsauftrag des allgemeinen Vertragsarztrechts eine generelle Verzinsungspflicht für geschuldete und verspätet gezahlte ärztliche Honorare und Gesamtvergütungen fremd sei (vgl. BSG Urteil vom 17. November 1999 – B 6 KA 14/99 R – in SGB 2000, 680, 684). Nach der dargestellten Rechtsprechung des 6. Senats ist eine solche Vereinbarkeit mit der in § 69 Satz 3 SGB V vorhergesehenen entsprechenden Anwendung gerade nicht gegeben, weil nämlich der Sicherstellungsauftrag des Vertragsarztrechts eine generelle Verzinsungspflicht für geschuldete Gesamtvergütungen gerade auch angesichts spezieller Regelungen zur Höhe der Vergütung sachfremd ist. Wegen des Norm-Charakters können die Gesamtverträge und Gesamtvergütungsverträge nicht als rechtsähnlich zu den genannten zivilrechtlichen Verträgen angesehen werden (diese nicht gegebene Rechtsähnlichkeit verkennt Wehebrink in NZS 2002, 529 ff.)."
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Auch der Gesamtvertrag vom 25.04.1979 enthält keine Bestimmungen über die Verzinsung, so dass sie aus dem Gesamtvertrag nicht abgeleitet werden kann, sondern zu vereinbaren wäre.
18 
Zudem weist die Kammer ergänzend darauf hin, dass, selbst wenn die §§ 53 ff SGB Anwendung fänden, kein Zinsanspruch besteht. Zwar normiert § 61 Satz 2 SGB, dass für öffentlich-rechtliche Verträge die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend gelten, aber in Kenntnis des Umstandes, dass grundsätzlich auf den öffentlich-rechtlichen Vertrag das BGB entsprechende Anwendung findet, hat das Bundessozialgericht (vgl. z.B. Urt. vom 11.03.1987 – 8 RK 43/85 –, Urt. vom 13.11.1996 – 6 RKa 78/95 –) die grundsätzliche Verzinsungspflicht verneint und auf die gesetzlich geregelten Ausnahmen beschränkt. Nach Auffassung des BSG (vgl. nochmals Urt. vom 11.03.1987, aaO) hat der Gesetzgeber die Pflicht zur Verzinsung bewusst auf die ausdrücklich im Gesetz genannten Fälle im Sozialrecht begrenzt. Damit wäre es nicht vereinbar, wenn über die pauschale Verweisung des § 61 Satz 2 SGB X auch im Sozialversicherungsrecht die Vorschriften der §§ 286 ff. BGB anzuwenden seien. Die entsprechende Anwendung des BGB muss sich deshalb auch bei dem öffentlichen Vertrag an dem in anderen Bereichen des Sozialversicherungsrechts erkennbar gewordenen Willen des Gesetzgebers orientieren, eine Verzinsung von Forderungen nur in den ausdrücklich geregelten Fällen zuzulassen. Insoweit regelt das Sozialgesetzbuch die Verzinsung von Geldforderungen für seinen Anwendungsbereich abschließend. Ein Zinsanspruch besteht deshalb nur dann, soweit er im Einzelfall im SGB selbst oder in einer spezialgesetzlichen Regelung ausdrücklich vorgesehen ist (vgl. nochmals BSG, Urt. vom 13.11.1996, aaO).
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Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 197a SGG i.V. mit § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
20 
Die Sprungrevision ist gemäß § 161 Abs. 2 SGG zuzulassen, weil die Rechtssache gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 grundsätzliche Bedeutung hat. Beide Beteiligten haben dies im Übrigen beantragt.

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