Urteil vom Verwaltungsgericht Aachen - 10 K 4175/18
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
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T a t b e s t a n d
2Der Kläger ist Betreiber der Gaststätte „A.“ am L. 0 in der S. Innenstadt. Der L. ist in diesem Bereich eine Fußgängerzone und als Platz ausgestaltet, an dem sich mehrere gastronomische Betriebe befinden. Hinter den gegenüberliegenden Häusern des Platzes verläuft die U.-Straße, auf der insbesondere auch Fahrzeuge des öffentlichen Nahverkehrs verkehren.
3Zum Betrieb von Außengastronomie beantragte der Kläger jährlich Sondernutzungserlaubnisse für das Aufstellen von Tischen und Stühlen, die ihm gewährt wurden. Die Tische und Stühle sind unmittelbar vor dem Haus aufgestellt sowie in einem größeren Bereich auf dem Platz selbst. Für diesen Bereich erhielt er zudem die Erlaubnis zum Aufstellen einer freistehenden Markise. An dem Gebäude der Gaststätte befindet sich ebenfalls eine ausfahrbare Markise. An dieser brachte der Kläger in der Vergangenheit seitlich Plastikwände als Witterungsschutz an. Da ihm hierfür jedoch eine Sondernutzungserlaubnis fehlte, erließ die Beklagte gegen ihn eine Ordnungsverfügung, mit der sie ihn zur Beseitigung der Seitenteile der Markise aufforderte und für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 Euro androhte. In der Folgezeit setzte die Beklagte Zwangsgelder in Höhe von 1.000 Euro bzw. 2.000 Euro fest. Die insoweit geführten Klageverfahren (Az. 6 K 2980/16, 6 K 5654/17 und 6 K 755/18) wurden im März 2018 beendet, nachdem im Rahmen des durchgeführten Ortstermins die Möglichkeit einer Antragstellung zur Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis erörtert worden war und der Kläger die Klagen zurückgenommen hatte.
4Am 25. April 2018 trat die vom Rat beschlossene „Satzung der Stadt S. über Erlaubnisse und Gebühren für Sondernutzungen an öffentlichen Straßen (Sondernutzungssatzung) vom 24. April 2018“ (im Folgenden: SNS) in Kraft. In § 8 SNS wurden speziell für die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für die Außengastronomie Regelungen getroffen. Des Weiteren ist in § 15 Abs. 1 SNS geregelt, dass von den Bestimmungen der Satzung eine Ausnahme gewährt werden kann, wenn ihre Anwendung andernfalls zu einer nicht beabsichtigten Härte führen würde oder die Sondernutzung von besonderer Bedeutung bzw. besonderem Interesse für die Stadt ist.
5Am 22. Mai 2018 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Erteilung einer straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis für das Anbringen von seitlichen Plastikwänden an der Markise für den Zeitraum vom 22. Mai 2018 bis zum 31. Dezember 2018. Die gegen den ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 25. Juli 2018 erhobene Klage hat der Kläger zwischenzeitlich zurückgenommen (Az. 10 K 3081/18.A).
6Mit Schreiben vom 18. Oktober 2018 beantragte der Kläger die Erteilung einer straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis für das Aufstellen „mobiler Pflanzelemente“ seitlich der von ihm unmittelbar vor dem Gebäude betriebenen Außengastronomie für den Zeitraum vom 1. November 2018 bis zum 31. Oktober 2019. Der Kläger fügte dem Antrag eine Planskizze und ein Foto der Konstruktion bei. Ausweislich dieser handelt es sich um lichtdurchlässige, aber nicht transparente Wände, die jeweils mittig in einem Pflanzkübel verankert sind. An den Wänden können Pflanzen hochranken. Die einzelnen Pflanzkübel haben eine Länge von 0,875 Metern und sollen unmittelbar nebeneinander seitlich der Außengastronomie auf einer Gesamtlänge von jeweils 3,5 Metern platziert werden. Auf beiden Seiten der Außengastronomie sollen jeweils vier Pflanzkübel aufgestellt werden. Die Wände sind 3,29 Meter hoch und reichen bis zur Höhe der Markise.
7Mit Bescheid vom 27. November 2018, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 29. November 2018 zugestellt, lehnte die Beklagte den Antrag auf Erteilung der Sondernutzungserlaubnis ab. Zur Begründung führt sie insbesondere aus, dass die Straße durch die Aufstellung der mobilen Pflanzelemente zu gewerblichen und nicht zu verkehrlichen Zwecken genutzt werde. Dies widerspreche dem Nutzungszweck im Sinne der öffentlichen Widmung als Straße. Bei der behördlichen Entscheidung, ob eine Ausnahmegenehmigung erteilt werden könne, habe sie sich an Gründen zu orientieren, die einen sachlichen Bezug zur Straße hätten. Hierzu zählten unter anderem die Belange des Straßen- und Stadtbildes. Die Seitenwände mit integrierten Pflanzelementen stellten eine erhebliche Veränderung des Erscheinungsbildes der öffentlichen Verkehrsfläche L. dar. Sie würden eine Einfassung der Außenterrasse bewirken und es entstünde ein wintergartenähnlicher Eindruck. Dieser Eindruck würde auch nicht durch die integrierten Pflanzelemente verändert. Die Pflanzelemente seien nach der Sondernutzungssatzung, durch welche sie das ihr zustehende Ermessen im Sinne des § 18 des Straßen- und Wegegesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (StrWG NRW) ausgeübt habe, nicht erlaubnisfähig. Nach § 8 Abs. 6 SNS sei das Aufstellen von transparenten und mobilen Windschutzelementen nur an stark befahrenen Straßen gestattet. Es handle sich eindeutig um Windschutzelemente und die Nutzung als Pflanzkübel sei nur begleitender Natur. Unabhängig davon seien die Elemente auch nicht nach § 8 Abs. 5 SNS als Pflanzkübel erlaubnisfähig. Danach dürfe die genutzte Fläche der Außengastronomie ohnehin nur dann mit Pflanzkübeln eingefriedet werden, wenn zwischen jedem Pflanzkübel eine Breite von 1,50 Metern verbleibe. Dies sei ausweislich der Planunterlagen nicht der Fall. Das mit der Abstandsregelung beabsichtigte „aufgelockerte Bild“ werde so gerade nicht erreicht.
8Der Kläger hat am 5. Dezember 2018 Klage gegen die ablehnende Entscheidung der Beklagten erhoben. Er ist der Ansicht, dass die Beklagte ihm bei ordnungsgemäßer Ermessensausübung die beantragte Sondernutzungserlaubnis hätte erteilen müssen. Dies begründet er insbesondere damit, dass die Einfassung der Außengastronomie mit Markise und seitlichen Pflanzelementen keine nachteilige Veränderung des Straßen- und/oder Stadtbildes darstelle. Diese füge sich in die unmittelbare Umgebung ein und ergänze das vorhandene Ensemble aus O., F. und dem italienischen Restaurantbetrieb R.; es entstehe eine ansprechende Gastrolandschaft. Auch vor dem Gastronomiebetrieb „T.“ sei die Außengastronomie mit einer Bepflanzung eingehegt.
9Die Regelung des § 8 Abs. 6 SNS stehe der Erlaubnisfähigkeit nicht entgegen, da es sich bei den geplanten „Wänden“ vorrangig um Pflanzelemente handle, die lediglich über eine intransparente Zwischenwand verfügten. Dies führe zwar zu einem Windschutzeffekt, stehe jedoch nicht im Vordergrund. Er habe eine dekorative und ansprechende Gestaltung bei der Konstruktion gewählt. Zudem sei zu berücksichtigen, dass sich der Gastronomiebetrieb zwar nicht unmittelbar an einer viel befahrenen Straße befinde, aber nur 20 Meter von der stark vom öffentlichen Personennahverkehr sowie Privatverkehr befahrenen U.-Straße entfernt liege. Eine Erlaubnisfähigkeit der „mobilen Pflanzelemente“ ergebe sich hier aufgrund der Eigenschaft eines Pflanzkübels. Dass zwischen den einzelnen Pflanzkübeln ein Abstand von 1,50 Metern nicht gewahrt würde, stehe der Erlaubnisfähigkeit nicht entgegen. Die Außenterrasse habe eine Breite von 7 Metern, so dass dadurch ein offener Raum vorhanden bleibe. Der Abstand von 1,50 Metern zwischen den einzelnen Pflanzelementen sei nicht möglich, da diese eine tatsächliche Einheit bildeten. Die Pflanzelemente würden auch das von der Beklagten angestrebte Ziel, ein aufgelockertes Bild zu erreichen, Entfluchtungsmöglichkeiten zu schaffen und die Bildung von Angsträumen zu verhindern, fördern. Die Pflanzelemente stellten eine optische Auflockerung dar und begrünten den Zwischenraum zum angrenzenden Restaurant. Sofern vor dem Hintergrund der Sicherstellung der Barrierefreiheit schlecht wahrnehmbare Hindernisse vermieden werden sollten, stehe auch dies der geplanten Konstruktion nicht entgegen, weil die Wände nicht durchsichtig seien. Beeinträchtigungen der Sicherheit des Verkehrs seien ebenso wenig zu befürchten, da der L. im fraglichen Bereich überwiegend ein Platz und Fußgängerbereich sei.
10Darüber hinaus sei in § 15 Abs. 1 SNS geregelt, dass die Beklagte eine Ausnahme von den Bestimmungen der Sondernutzungssatzung machen könne, wenn die Sondernutzung von besonderem Interesse für die Beklagte sei. Dies sei vorliegend der Fall. Aachen sei eine Touristenstadt und die besondere Attraktivität beruhe insbesondere auch auf der vielfältigen und lebendigen Gastronomiekultur der Stadt. Seinem Betrieb komme aufgrund der Lage eine besondere Bedeutung zu. Die Vorschrift könne auch so verstanden werden, dass die besondere Bedeutung der Sondernutzung für ihn maßgeblich sei. Dies sei vorliegend der Fall, weil er nur über einen sehr kleinen Gastraum im Inneren der Gaststätte verfüge, so dass er in besonderem Maße auf die Außengastronomie angewiesen sei.
11Darüber hinaus habe die Beklagte aufgrund der aktuellen Corona-Pandemie zwischenzeitlich massive Ausbauten der Außengastronomie genehmigt. So befinde sich vor seinem Lokal eine Außengastronomie erheblichen Ausmaßes mit fest installierter Bedachung, Strom und fließend Wasser. Vor diesem Hintergrund sei es unverhältnismäßig, an der Verweigerung der Aufstellung der beantragten mobilen Pflanzelemente festzuhalten, die im Vergleich zur derzeit genehmigten Außengastronomie visuell wie tatsächlich unbeträchtlich seien. Zudem könnten dadurch sogar Übertragungen des Virus zwischen Gästen des klägerischen Gastronomiebetriebs und des angrenzenden Restaurants Milano verhindert werden.
12Nachdem der Kläger ursprünglich beantragt hat, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 27. November 2018 zu verpflichten, seinen Antrag vom 18. Oktober 2018 auf Erteilung einer straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis, die es ihm als Betreiber der Gaststätte „A.“, L. 0, 00000 S. erlaubt, mobile Pflanzelemente rechts und links der Außenterrasse der Gaststätte „A.“ aufzustellen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden, beantragt er nunmehr,
13festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 27. November 2018 rechtswidrig und die Beklagte verpflichtet gewesen ist, über den für den Zeitraum 1. November 2018 bis 31. Oktober 2019 gestellten Antrag des Klägers auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis zum Aufstellen von mobilen Pflanzelementen mit integriertem Windschutz neu zu entscheiden.
14Die Beklagte beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Zur Begründung bezieht sie sich auf die Begründung des angefochtenen Bescheids und trägt ergänzend vor, dass § 8 Abs. 8 SNS dahingehend zu verstehen sei, dass das Aufstellen von transparenten und mobilen Windschutzen lediglich unter den dort genannten Voraussetzungen gestattet werde. Das Vorbringen des Klägers, dass die Seitenwände Pflanzelemente darstellten, sei eine reine Schutzbehauptung. Der Kläger habe deutlich gemacht, dass sein primäres Ziel die Schaffung eines Witterungsschutzes sei. Ergänzend stütze sie sich auf die Regelung des § 8 Abs. 9 SNS, wonach wintergartenähnliche Vorbauten nicht erlaubnisfähig seien. Ein Anspruch aus § 15 Abs. 1 SNS käme nicht in Betracht, weil die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis nicht in ihrem besonderen Interesse liege oder für sie von besonderer Bedeutung sei. Es liege auch keine Atypik des Falls vor.
17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten zu diesem Verfahren sowie zu den Verfahren 6 K 2980/16, 6 K 5654/17, 6 K 755/18 und 10 K 3081/18 und auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.
18E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
19Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet.
20I. Die Klage ist zulässig.
21Sie ist als Fortsetzungsfeststellungsklage gem. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog statthaft. Die in der mündlichen Verhandlung erfolgte Umstellung des Klageantrags ist keine Klageänderung i. S. d. § 91 VwGO, sondern eine Einschränkung des Klageantrags gem. § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 264 Nr. 2 ZPO.
22Vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Dezember 2014 - 4 C 33.13 -, juris, Rn. 11.
23Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht für den Fall, dass sich der angegriffene Verwaltungsakt durch Zurücknahme oder anders erledigt hat, auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Diese nach ihrem Wortlaut nur die Anfechtungsklagen betreffende Regelung ist auf erledigte Verpflichtungsbegehren entsprechend anzuwenden.
24Vgl. in ständiger Rechtsprechung BVerwG, Urteil vom 24. Januar 1992 - 7 C 24.91 -, juris, Rn. 7.
25Im Fall eines mit der Verpflichtungsklage geltend gemachten Anspruchs auf Erlass eines Verwaltungsakts bzw. auf Neubescheidung stellt das Gericht fest, ob der versagende Bescheid rechtswidrig war und dem Kläger der begehrte Anspruch zustand. Ist die mit dem Verpflichtungsantrag verfolgte Sache nicht spruchreif (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO), kann im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage die Feststellung begehrt werden, dass der versagende Bescheid rechtswidrig und die Behörde zur Neubescheidung verpflichtet war.
26Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. April 2017 - 11 A 2068/14 -, juris, Rn. 28; Riese, in: Schoch/Schneider, VwGO, 39. EL Juli 2020, § 113, Rn. 99.
27Vorliegend hat sich das mit der Klage verfolgte Begehren des Klägers auf Neubescheidung seines Antrags nach Klageerhebung durch Zeitablauf erledigt. Der Antrag des Klägers zur Aufstellung mobiler Pflanzelemente bezog sich auf den inzwischen abgelaufenen Zeitraum vom 1. November 2018 bis zum 31. Oktober 2019.
28Ein im Rahmen des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO anzuerkennendes Feststellungsinteresse, also ein anzuerkennendes schutzwürdiges Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art, ist in der Regel u. a. dann gegeben, wenn auch in Zukunft unter im Wesentlichen unveränderten Umständen die hinreichend bestimmte Gefahr besteht, dass erneut ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird (Wiederholungsgefahr). Es müssen die gleichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse vorliegen, wie in dem für die Beurteilung des erledigten Verwaltungsaktes maßgeblichen Zeitpunkt. Eine Wiederholungsgefahr ist jedoch nicht anzunehmen, wenn sich nach der Ablehnung die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse geändert haben.
29Vgl. BVerwG, u. a. Urteil vom 25. September 2008 - 7 A 4.07 -, juris, Rn. 16; OVG NRW, Urteil vom 18. Juni 2020 - 11 A 4178/18 -, juris, Rn. 41 ff.
30Der Kläger hat unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der ablehnenden Entscheidung der Beklagten. Vorliegend beabsichtigt der Kläger, auch zukünftig entsprechende Anträge auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis zu stellen und die mobilen Pflanzelemente aufzustellen. Der Kläger muss auch in Zukunft damit rechnen, dass die Beklagte die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für sein Vorhaben mit gleichlautender Begründung ablehnt.
31Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. Juli 2014 - 11 A 1081/12 -, juris, Rn. 2.
32Die rechtlichen und tatsächlichen Umstände bestehen im Wesentlichen unverändert fort. Zwar gelten aktuell Sonderregelungen für gastronomische Betriebe, die insbesondere die Erteilung von straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnissen betreffen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass dies allein auf die aufgrund der Corona-Pandemie bestehende Ausnahmesituation zurückzuführen ist. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ist zwar nicht absehbar, über welchen Zeitraum die pandemische Lage und somit auch mögliche Sonderregelungen fortbestehen. Jedoch geht das Gericht aufgrund des Verhaltens der Beklagten davon aus, dass diese zukünftig zu der vor Ausbruch der Corona-Pandemie von ihr ausgeübten Praxis im Hinblick auf die Erteilung von straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnissen zurückkehren wird. Beleg hierfür ist, dass die seit dem 25. April 2018 geltende Sondernutzungssatzung der Beklagten, welche wesentliche Ermessenserwägungen bezüglich der Erteilung von straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnissen enthält (dazu unter II. 2. a.), weiterhin mit nur geringfügigen Änderungen in Kraft ist. Darüber hinaus handelt es sich bei den aktuellen Bestimmungen ausdrücklich um temporäre Regelungen. So erlaubt die Beklagte beispielsweise lediglich für den Zeitraum 1. Januar bis 30. April 2021 das Aufstellen von transparenten und mobilen Windschutzelementen in der Außengastronomie und führt aus, dass eine dauerhafte Aufstellung dieser Elemente über diesen Zeitraum hinaus nicht möglich ist.
33II. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist jedoch unbegründet. Die Ablehnung der Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für die Aufstellung „mobiler Pflanzelemente“ mit Bescheid vom 27. November 2018 war rechtmäßig. Der Kläger hatte im Zeitpunkt des Eintritts der Erledigung keinen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags vom 18. Oktober 2018 (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
34Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei einer als Fortsetzungsfeststellungsklage fortgeführten Verpflichtungsklage ist, wenn für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen wäre, der Eintritt des erledigenden Ereignisses. Zu berücksichtigen sind nur Änderungen, die bis zur Erledigung des Verpflichtungsbegehrens eingetreten sind. Entscheidend ist mithin, ob der Kläger im Zeitpunkt der Erledigung einen Anspruch auf Erteilung des begehrten Verwaltungsaktes bzw. auf Neubescheidung hatte und die Weigerung der Behörde in diesem Zeitpunkt deshalb rechtswidrig war.
35Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 1985 - 3 C 25.84 -, juris, Rn. 39; Riese, in: Schoch/Schneider, VwGO 39. EL Juli 2020, § 113, Rn. 153, m. w. N.
36Bei Dauerverwaltungsakten, also solchen Verfügungen, die - wie hier - einen fortwährenden Regelungsgehalt haben und deren tatbestandliche Voraussetzungen während des gesamten Wirkungszeitraums vorliegen müssen, ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgebend. Entscheidend für die materiell-rechtliche Beurteilung der Rechtmäßigkeit ist vorliegend daher die mit Eintritt der Erledigung, also mit Ablauf des 31. Oktober 2019, geltende Sach- und Rechtslage. Vor diesem Hintergrund sind die Entwicklungen im Zuge der Corona-Pandemie für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ablehnung des Antrags des Klägers nicht relevant.
37Rechtsgrundlage für die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen ist § 18 Abs. 1 Satz 2 StrWG NRW. Danach bedarf die Benutzung öffentlicher Straßen über den Gemeingebrauch hinaus (Sondernutzung) unbeschadet des § 14a Abs. 1 StrWG NRW der Erlaubnis der Straßenbaubehörde, hier der Beklagten.
38Die von dem Kläger beabsichtigte Aufstellung von mobilen Seitenwänden mit integrierten Pflanzelementen im öffentlichen Straßenraum stellt eine Sondernutzung dar, da dadurch der öffentliche Straßenraum nicht entsprechend seinem Widmungszweck überwiegend zum Verkehr genutzt wird, sondern zu anderen, vornehmlich gewerblichen Zwecken und damit über den in § 14 StrWG NRW definierten Gemeingebrauch hinaus.
39Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. April 2016 - 11 B 144/16 -, juris, Rn. 9; VG Saarland, Urteil vom 23. Mai 2019 - 5 K 1101/18 -, juris, Rn. 24 ff.
40Die Erteilung der danach erforderlichen Sondernutzungserlaubnis steht im Ermessen der Behörde, § 18 Abs. 2 StrWG NRW. Dies ist hier ordnungsgemäß ausgeübt.
411. Das der Behörde eingeräumte Ermessen ist entsprechend dem Zweck der Vorschrift unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzen, insbesondere des Gebots der Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 GG, auszuüben, § 40 des Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW). Die gerichtliche Kontrolle der Ermessensentscheidung beschränkt sich auf die Einhaltung dieses rechtlichen Rahmens, vgl. § 114 Satz 1 VwGO. Dabei sind - soweit die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen - im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zulässig nachgeschobene Ermessenserwägungen im Sinne von § 114 Satz 2 VwGO vom Gericht zu berücksichtigen.
42Eine ordnungsgemäße Ermessensausübung setzt zunächst voraus, dass der der Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt wird und alle wesentlichen Umstände berücksichtigt werden. Für die Rechtmäßigkeit einer Ermessensentscheidung genügt es grundsätzlich, wenn bei einer auf mehrere Gründe gestützten Ermessensentscheidung nur einer der herangezogenen Gründe sie trägt, es sei denn, dass nach dem Ermessen der Behörde nur alle Gründe zusammen die Entscheidung rechtfertigen sollen.
43Entsprechend dem Zweck des § 18 Abs. 2 StrWG NRW hat sich die behördliche Ermessensausübung an Gründen zu orientieren, die einen sachlichen Bezug zur Straße haben. Zu diesen Gründen können insbesondere zählen ein einwandfreier Straßenzustand (Schutz des Straßengrunds und des Zubehörs), die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, der Ausgleich zeitlich und örtlich gegenläufiger Interessen verschiedener Straßenbenutzer und Straßenanlieger (etwa Schutz vor Abgasen, Lärm oder sonstigen Störungen) oder Belange des Straßen- und Stadtbilds, d. h. baugestalterische oder städtebauliche Vorstellungen mit Bezug zur Straße (Vermeidung einer „Übermöblierung“ des öffentlichen Straßenraums, Schutz eines bestimmten Straßen- oder Platzbilds und Ähnliches).
44Vgl. OVG NRW, Urteil vom 18. Juni 2020 ‑ 11 A 4178/18 ‑, juris, Rn. 58 ff., m. w. N.
45Die Kommune darf ihr Ermessen zur Bewirkung einer gleichmäßigen Handhabung durch die Straßenbaubehörde auch generell ausüben, etwa durch den Erlass ermessenslenkender Verwaltungsvorschriften (Ermessensrichtlinien) oder auch im Wege einer Satzung i. S. d. § 19 StrWG NRW. Hierdurch bewirkt sie eine Selbstbindung, die im Grundsatz von der gesetzlichen Ermessensermächtigung zugelassen wird. Es darf jedoch nicht zu einer Durchnormierung des Verwaltungsermessens kommen. Denn dies würde dazu führen, dass das Verwaltungsermessen im Ergebnis wieder beseitigt würde. Der Wesenskern der Ermessensentscheidung, also die Wertabwägung der konkret-individuellen Interessen- und Konfliktlage, muss bei aller Generalisierung daher gewahrt bleiben. Die durch eine Verwaltungsvorschrift oder Satzungsregelung bewirkte Ermessensbindung der Behörde geht daher nicht so weit, dass wesentlichen Besonderheiten des Einzelfalls nicht mehr Rechnung getragen werden könnte. In atypischen Fällen, in denen die generelle Ermessensausübung die individuellen Besonderheiten des konkreten Einzelfalls nicht (hinreichend) berücksichtigt, ist der Behörde ein Abweichen von den ermessenslenkenden Vorschriften möglich.
46Vgl. OVG NRW, Urteil vom 18. Juni 2020 ‑ 11 A 4178/18 ‑, juris, Rn. 68 f., m. w. N.; BVerwG, Urteil vom 19. März 1996 - 1 C 34.93 -, juris, Rn. 22; Riese, in: Schoch/Schneider, VwGO, 39. EL Juli 2020, § 114, Rn. 22, 74 ff.
47Liegen keine besonderen Umstände des Einzelfalls, d. h. kein vom Regelfall abweichender Sachverhalt vor, bedarf es keiner Abwägung des Für und Wider. Damit entfällt zugleich auch eine entsprechende Begründungspflicht der Behörde.
48Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juli 1985 - 8 C 22.83 -, juris, Rn. 22.
49Darüber hinaus unterliegen die Regelungen der Satzung denselben gesetzlichen Grenzen wie das zu steuernde Ermessen selbst, namentlich muss ein straßenrechtlicher Bezug bestehen. Verstößt die Satzung gegen das Gesetz, gilt dies auch für die der Satzung folgende Ermessensausübung im Einzelfall.
50Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. März 1985 - 5 C 145.83 -, juris, Rn. 19 ff.; Sauthoff, Öffentliche Straßen, 3. Auflage 2020, § 8, Rn. 382 ff., 456.
512. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Entscheidung der Beklagten, die beantragte Sondernutzung nicht zu erlauben, nicht zu beanstanden.
52a. Das ihr nach Maßgabe des § 18 Abs. 1 StrWG NRW eingeräumte Ermessen hat die Beklagte durch Erlass einer Satzung über Erlaubnisse und Gebühren für Sondernutzungen an öffentlichen Straßen (Sondernutzungssatzung, SNS) vom 24. April 2018 konkretisiert. Maßgeblich für den hier streitgegenständlichen Zeitraum ist die Sondernutzungssatzung in der Fassung des 1. Nachtrags vom 2. Oktober 2018. In dieser Fassung war die Sondernutzungssatzung bis zum 26. Januar 2020 in Kraft.
53In § 8 SNS hat die Beklagte für die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen im Bereich der Außengastronomie spezielle Regelungen getroffen. Gemäß § 8 Abs. 5 SNS kann die genutzte Fläche mit Pflanzkübeln eingefriedet werden, wenn zwischen jedem Pflanzkübel eine Breite von 1,50 Metern verbleibt. Laut § 8 Abs. 6 SNS ist das Aufstellen von transparenten und mobilen Windschutzelementen nur an stark befahrenen Straßen gestattet. Die Windschutzelemente sind parallel zur Fahrbahn aufzustellen und dürfen nicht mit dem Blindenlangstock unterpendelbar sein. In § 8 Abs. 7 SNS heißt es schließlich, dass das Aufstellen von Stehtischen, wintergartenähnlichen Vorbauten sowie das Anbringen von Seiten- und Frontwänden an Markisen und Sonnenschirmen grundsätzlich nicht erlaubnisfähig sind.
54Diese Satzungsregelungen sind weder im Hinblick auf die gewählte rechtliche Konstruktion noch inhaltlich zu beanstanden.
55aa. Nach § 19 StrWG NRW kann die Gemeinde durch Satzung bestimmte Sondernutzungen in den Ortsdurchfahrten und in den Gemeindestraßen von der Erlaubnispflicht befreien und die Ausübung regeln. Die durch die Satzung getroffene Ermessensentscheidung stellt zwar eine standardisierte Wertung auf, es bleibt jedoch Spielraum für eine Einzelfallentscheidung. Denn gemäß § 15 Abs. 1 SNS kann von den Bestimmungen dieser Satzung eine Ausnahme gewährt werden, wenn die Anwendung der Satzung andernfalls zu einer nicht beabsichtigten Härte führen würde oder die Sondernutzung von besonderer Bedeutung bzw. besonderem Interesse für die Stadt ist. Somit wird deutlich, dass sie aufgrund der für den hier gegebenen Fall wesentlichen Absätze 5 bis 7 des § 8 SNS im Regelfall allein die dort genannten Nutzungen bewilligen will. Eine generelle Aussage, alle anderen Nutzungen ausnahmslos ausschließen zu wollen, geht damit nicht einher. Jedenfalls für einen atypischen Fall ist damit die Möglichkeit einer von der Satzungsregelung ausnahmsweise abweichende Einzelfallentscheidung gegeben.
56bb. Die im Rahmen der Sondernutzungssatzung getroffene Ermessensentscheidung hat auch einen sachlichen Bezug zur Straße.
57Der Satzung kann mit Blick auf die Gesamtheit ihrer Regelungen entnommen werden, dass die Beklagte grundsätzlich nur solche Sondernutzungen zulassen wollte, die keinen zu großen Raum im Straßenbild einnehmen und die dieses aufwerten. Gerade in Bezug auf die Sondernutzung im Bereich der Außengastronomie verdeutlicht § 8 SNS, dass die Aufstellung von Gegenständen verhindert werden soll, die für sich genommen von massiver Gestalt sind und somit den öffentlichen Straßenraum dominieren würden. Die Beschlussvorlage für die Neufassung der Sondernutzungssatzung vom 23. November 2017 macht deutlich, dass Ziel der Beklagten die Verhinderung einer Übermöblierung der Straße ist. In der Vorlage heißt es beispielsweise im Hinblick auf Windschutzelemente explizit, dass diese „aus Gründen der Stadtgestaltung und der Stadtbildpflege sich möglichst unauffällig in das Stadtbild einbinden sollen“. Die Begründung der Beschlussvorlage für den zweiten Nachtrag der Sondernutzungssatzung vom 19. Dezember 2019 bestätigt dies. Dort heißt es im Hinblick auf die geplanten Änderungen des § 8 SNS unter anderem: „Die Formulierung im Absatz 9 konkretisiert die bisherige Formulierung des alten Absatzes 7 und zählt diejenigen Gegenstände bzw. baulichen Anlagen auf, die insbesondere aus Gründen des Stadtbildes und aus Sicherheitsgründen nicht erlaubnisfähig sind.“ Dies ist Beleg dafür, dass die vorgenannten Erwägungen bereits hinter der vormaligen Regelung der Sondernutzungssatzung standen.
58Hierbei handelt sich um Belange des Straßen- und Stadtbildes, d. h. baugestalterische oder städtebauliche Vorstellungen mit Bezug zur Straße. Sie sind Ausdruck des Bestrebens der Beklagten, den öffentlichen Straßenraum weitgehend von einer Nutzung, die nicht dem nach ihrer Widmung der Straße zukommenden Zweck dient, sowie von einer Übermöblierung und Überfrachtung freizuhalten.
59Vgl. OVG NRW, Urteil vom 28. März 2019 - 11 A 1166/16 -, juris, Rn. 59.
60Vorliegend bedurfte es insoweit keines konkreten von dem Rat der Beklagten beschlossenen Gestaltungskonzepts, denn die Beklagte will mit ihren Regelungen nicht ihre gestalterischen Vorstellungen von einem bestimmten Ortsbild, im Sinne der Schaffung eines spezifischen „Flairs“ in der Fußgängerzone, durchsetzen. Vielmehr will sie allgemein die Aufstellung größerer Gegenstände, unabhängig von der spezifischen Ausgestaltung, verhindern.
61Vgl. OVG Rh.-Pf., Urteil vom 4. Dezember 2014 - 1 A 10294 -, juris, Rn. 22 ff.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 1. August 1996 - 5 S 3300/95 -, juris, Rn. 19 ff.
62Die getroffenen Bestimmungen sind angesichts des dem Satzungsgeber eingeräumten weiten Ermessens auch unter dem Blickwinkel der Verhältnismäßigkeit nicht zu beanstanden. Die grundsätzliche Unterbindung einer massiven Möblierung auf Außengastronomieflächen ist zur Gewährleistung eines offenen und einladenden Eindrucks und damit zur Verbesserung des Stadtbildes geeignet und erforderlich.
63Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11. Juli 2017 - 11 A 2115/14 -, juris, Rn. 10.
64Größere Gegenstände, die zudem nicht für den Betrieb der Außengastronomie grundlegend sind, sondern ein „Beiwerk“ darstellen, bewirken, dass die zum öffentlichen Straßenraum gehörende Fläche vor den Gaststätten vollgestellt und somit weniger luftig wirkt. Der öffentliche Straßenraum erscheint eingeengt und als Privatfläche. Nicht zu übersehen ist ferner, dass eine „zulassungsfreundliche“ Praxis gegenüber solchen Möblierungen alsbald ihre deutliche Häufung zur Folge hätte.
65Die Regelungen sind darüber hinaus auch angemessen und widersprechen insbesondere nicht den nach Sachlage berührten Grundrechten. Keine Bedenken gegen § 8 SNS bestehen unter dem Gesichtspunkt der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG), des Schutzes des Rechts am Gewerbebetrieb (Art. 14 Abs. 1 GG) und der Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG). Insbesondere stellen die § 8 SNS zu Grunde liegenden materiellen Anforderungen stadtgestalterischer Art vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls dar, die eine entsprechende Regelung der Berufsausübung jederzeit zulassen.
66Vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. März 1992 - 1 BvR 298/86 -, juris, Rn. 51.
67Desgleichen handelt es sich dabei auch um unbedenkliche Inhalts- und Schrankenbestimmungen im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Es bestehen überdies keine Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG).
68b. Die Beklagte durfte sich im vorliegenden Fall auch auf die Ermessensregelungen der Sondernutzungssatzung stützen und diese der Ablehnung des Antrags des Klägers zugrunde legen.
69aa. Zutreffend hat sie angenommen, dass die von dem Kläger begehrte Aufstellung von mobilen Pflanzelementen von den in der Sondernutzungssatzung festgelegten Regelfällen erfasst wird und danach grundsätzlich nicht erlaubnisfähig ist.
70Bei den beantragten „mobilen Pflanzelementen“ handelt es sich - auch wenn ihr Name etwas anderes suggeriert - um Windschutzelemente i. S. d. § 8 Abs. 6 SNS. Die Konstruktion ist zwar auf den ersten Blick im Vergleich zu anderen Windschutzelementen atypisch gestaltet, da - ausweislich der vorgelegten Fotos - die intransparente Plastikwand in einem Pflanzkübel verankert ist, in dem zusätzlich auch Blumen oder sonstige Pflanzen angepflanzt werden können. Letztlich besteht die Besonderheit hier jedoch allein darin, dass die Funktion des Bodenständers durch einen Pflanzkübel erfüllt wird. Rein optisch dominieren die Trennwände, die über eine Höhe von mehr als 3 Metern verfügen, gegenüber den Pflanzkübeln. Und auch die vom Kläger geplante Aufstellung der „mobilen Pflanzelemente“ unmittelbar nebeneinander zeigt, dass hierdurch eine Wand auf der gesamten Tiefe der Terrasse geschaffen werden soll. Zudem lässt sich die Trennwand nicht als Hilfskonstruktion für die Begrünung der Pflanzkübel verstehen, wie dies bei sog. Rank-/Pflanzstäben aus Metall oder Holz der Fall wäre. Auch wenn ausweislich des Bildmaterials anzunehmen ist, dass die Bepflanzung an der Trennwand hochranken soll, wird hierdurch zwar eine Begrünung der Wand erreicht. Die Wand ist jedoch unabhängig davon, ob sich in dem Pflanzkübel Anpflanzungen befinden, vorhanden und als Windschutz nutzbar. Rank-/Pflanzstäbe treten hingegen im Verhältnis zu der Pflanze - zumindest sobald sie groß genug gewachsen ist - zurück und ihnen kommt ausschließlich die Funktion zu, ein Wachsen der Pflanze in die Höhe zu ermöglichen. In diesem Fall würde ein natürlicher Windschutz erst durch die Begrünung selbst entstehen. Überdies zeigt das Vorbringen des Klägers, dass die Funktion der „mobilen Pflanzelemente“ als Windschutz auch für den Kläger die maßgebliche ist. So führt der Kläger in seiner Antragsbegründung aus, dass der Außenbereich vor seiner Gaststätte durch die Pflanzelemente mit integriertem Windschutz geschützt werden soll, um diesen witterungsunabhängig nutzen zu können. Ohne diesen zusätzlichen seitlichen Witterungsschutz sei die Außengastronomie beim typischen S. Wetter kaum nutzbar. Weiter macht der Kläger in seinem Antrag deutlich, dass die von ihm beantragten mobilen Pflanzelemente der Ersatz für die zunächst beantragten an der Markise anzubringenden Seitenwände sind.
71Eine Erlaubnisfähigkeit nach § 8 Abs. 6 SNS scheidet aus. Danach ist in der Außengastronomie das Aufstellen von transparenten und mobilen Windschutzelementen nur an stark befahrenen Straßen gestattet. Die Windschutzelemente sind parallel zur Fahrbahn aufzustellen und dürfen nicht mit dem Blindenstock unterpendelbar sein. Bei der Straße „L.“ handelt es sich im streitgegenständlichen Bereich vor dem klägerischen Gastronomiebetrieb um eine Fußgängerzone. Anderer Verkehr als Fußgängerverkehr, insbesondere solcher mit motorisierten Fahrzeugen, ist nur eingeschränkt in den ausgewiesenen Lade- und Lieferzeiten erlaubt. Auf der hinter dem Platz verlaufenden „U.-Straße“ ist zwar motorisierter Verkehr zugelassen. Dieser Umstand hat jedoch - auch bei Annahme, dass die „U.-Straße“ entsprechend frequentiert befahren wird - keine Auswirkungen auf den vorliegenden Fall. Denn der klägerische Betrieb liegt gerade nicht an der „U.-Straße“, vielmehr ist er von dieser durch den Platz und die auf der anderen Seite des Platzes befindlichen Gebäude getrennt.
72Überdies scheidet auch eine Erlaubnisfähigkeit nach den sonstigen in Betracht kommenden Regelungen der Sondernutzungssatzung aus. Eine Erlaubnisfähigkeit ergibt sich nicht aus § 8 Abs. 5 SNS, weil der Kläger beantragt, seitlich seines außengastronomischen Bereichs jeweils vier „mobile Pflanzelemente“ auf einer Länge von 3,50 Metern aufzustellen, wobei die einzelnen Kübel direkt nebeneinander und nicht in einem Abstand von 1,50 Metern stehen. Zudem bestimmt § 8 Abs. 7 SNS, dass unter anderem wintergartenähnliche Vorbauten sowie das Anbringen von Seiten- bzw. Frontwänden an Markisen und Sonnenschirmen grundsätzlich nicht erlaubnisfähig sind. Vorliegend werden die sich in den Pflanzkübeln befindlichen Plastikwände zwar nicht an der Markise angebracht, jedoch reichen diese in der Höhe bis zur Markise. Hierdurch wird optisch ein vergleichbarer Eindruck geschaffen.
73bb. Die Beklagte hat überdies in zutreffender Weise angenommen, dass hier kein atypischer Fall vorliegt, der bei der Erstellung der Richtlinien nicht hat berücksichtigt werden können und daher nach einer individuellen Ermessensentscheidung verlangt.
74Ein Einzelfall, der eine „offenbar nicht beabsichtigte Härte“ begründet oder „von besonderer Bedeutung bzw. besonderem Interesse für die Beklagte“ wäre, ist nicht gegeben (vgl. § 15 Abs. 1 SNS). Wie allgemein bei Befreiungen bzw. Dispensen soll durch die vorgesehene Ausnahmemöglichkeit offenkundig den mit den Regelungen verbundenen Differenzen zwischen dem Regelungsinhalt und dem hinter der Regelung stehenden Zweck bei besonders gelagerten Sachverhalten, die aus tatsächlichen Gründen atypisch sind, mit anderen Worten aus der Regel fallen, Rechnung getragen werden.
75Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11. Juli 2017 - 11 A 2115/14 - juris, Rn. 26 f., m. w. N.
76Eine Atypik ergibt sich vorliegend weder aufgrund der örtlichen Gegebenheiten noch aufgrund von Besonderheiten der Konstruktion, für die die Sondernutzungserlaubnis beantragt wird. Dies hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung ausgeführt und ihre Ermessenserwägungen insoweit in zulässiger Weise ergänzt (§ 114 Satz 2 VwGO). Dieser Einschätzung folgt die Kammer.
77Der klägerische Gastronomiebetrieb liegt an einem Platz, wie er im Stadtgebiet der Beklagten und insbesondere im Innenstadtbereich nicht singulär ist. Anhaltspunkte dafür, dass sich aus der konkreten Lage relevante Besonderheiten ergeben, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die „mobilen Pflanzelemente“ sind zwar auf den ersten Blick im Vergleich zu anderen Windschutzelementen atypisch gestaltet, es bestehen allerdings auch insofern keine Anhaltspunkte dafür vor, dass dies eine andere Bewertung im Vergleich zu ansonsten üblichen Windschutzelementen zur Folge hätte.
78Sofern der Kläger vorträgt, dass er aufgrund des kleinen Innengastraums auf den Betrieb der Außengastronomie in besonderem Maße angewiesen sei, handelt es sich hierbei zum einen um eine wirtschaftliche Erwägung, die im Straßenrecht grundsätzlich nicht berücksichtigungsfähig ist. Zum anderen trifft dies auf eine Vielzahl von Gaststätten zu.
79Darüber hinaus hat die Beklagte ausdrücklich erklärt, dass sie an der vom Kläger beantragten Sondernutzung weder ein besonderes Interesse habe noch diese für sie von besonderer Bedeutung sei. Anders als der Kläger meint, ist hier allein die besondere Bedeutung für die Beklagte und nicht für den Kläger ausschlaggebend. Eine besondere Bedeutung für den Gaststättenbetreiber dürfte der Anlass für jede Antragstellung auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis sein.
80Die Wertung der Beklagten, es liege hier kein atypischer Fall vor, ist von ihrem Ermessensspielraum daher noch gedeckt.
81cc. Schließlich liegt auch im konkreten Fall kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gem. Art. 3 Abs. 1 GG vor. Soweit der Kläger behauptet, dass der Gastronomiebetrieb „T.“ seinen Außenbereich mit Pflanzelementen eingehegt habe, fehlt es an einer Vergleichbarkeit mit der von dem Kläger beantragten Sondernutzung. Er begehrt - wie bereits ausgeführt - gerade keine Sondernutzungserlaubnis für das Aufstellen von Pflanzkübeln, sondern für ein Windschutzelement.
82Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 der Zivilprozessordnung.
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