Urteil vom Verwaltungsgericht Bayreuth - B 7 K 17.33411

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Kläger ist nach seinen Angaben äthiopischer Staatsangehöriger mit Volkszugehörigkeit der Oromo und sei am 09.08.2016 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist, nachdem er sein Heimatland bereits im April 2016 verlassen habe. Er stellte am 19.08.2016 Asylantrag.

Anlässlich seiner Anhörung beim Bundesamt am 26.04.2017 gab der Kläger an, er habe seine Frau im Januar 2016 in B. religiös geheiratet. Eine Urkunde darüber habe er deshalb nicht. Er kenne seine Frau schon aus der Schule. Der Kläger sei in Äthiopien geboren und habe immer dort gelebt, er habe sich bis zur Ausreise in B., einer größeren Stadt mit ungefähr 4.000 Bewohnern aufgehalten. Sie hätten ihr Heimatland ungefähr am 10.04.2016 verlassen. Er sei mit seiner Frau unterwegs gewesen, Schleuser hätten die Reise organisiert. Die Reise habe insgesamt ungefähr 4.000,00 Dollar für sich und seine Frau gekostet. Seine Eltern hätten ihn unterstützt, sie hätten einige Textilläden in der Stadt gehabt. Sie hätten seinem Vater aber einige Läden weggenommen. Der Kläger sei am 09.08.2016 nach Deutschland eingereist, seine Frau sei bereits in Deutschland gewesen, jedoch noch nicht registriert. Das hätten sie dann gemeinsam gemacht. Sie hätten sich durch Zufall wieder in Zirndorf getroffen. Der Vater des Klägers sei lange vor seiner Ausreise verhaftet worden, seine Eltern wohnten im Heimatland in einem eigenen Haus, an weiteren Verwandten habe der Kläger in Äthiopien zwei Schwestern und die Großfamilie. Er habe vier Jahre die Schule besucht, jedoch keinen Beruf gelernt, er habe bei seinem Vater im Geschäft mitgeholfen, später habe dieser ihm dafür einen eigenen Bekleidungsladen übergeben. Zu seiner Familie habe der Kläger keinen Kontakt mehr seit er weg sei. Er habe alles auf dem Meer verloren, auch sein Mobiltelefon mit den Telefonnummern.

Befragt nach den Gründen für seine Ausreise gab der Kläger an, die Probleme hätten im Januar 2016 angefangen. In dieser Zeit sei sein Vater verdächtigt worden, Mitglied der ABO zu sein. In der Schule habe es auch Probleme gegeben, wenn man in seiner eigenen Sprache gesprochen habe, sie hätten nicht gewollt, dass Oromo gesprochen werde. Sie hätten die Rechte des Klägers nicht geachtet. Einmal seien sie so bestraft worden, dass sie aus dem Gebäude hinaus und sich dann alle hätten hinknien müssen. Den anderen Oromo-Kindern sei es genauso gegangen. Der Vater des Klägers sei 2014 verhaftet worden, sie hätten ihn festgenommen und mitgenommen. Sie wüssten nicht, wo sie ihn hingebracht hätten und wie es ihm gehe.

Seit Februar 2016 hätten die Behörden das Einverständnis des Klägers zur Beschlagnahmung der Geschäfte seines Vaters erzwingen wollen. Es seien in der Nacht fünf uniformierte Leute mit roten Mützen gekommen. Es seien nur seine Mutter und der Kläger zuhause gewesen, sie hätten ihm bedroht, dass er unterschreibe, aber er habe das verweigert. Sie hätten ihn geschlagen und ihn gedroht, wenn er nicht unterschreibe, machten sie das mit Gewalt. Dabei habe er auch ein paar Zähne verloren. Sie hätten auch seine Mutter verhaftet und mitgenommen. Am nächsten Tag seien sie wieder gekommen mit vielen Papieren, die der Kläger habe unterschreiben sollen. Der Kläger habe sich entscheiden sollen, ob er unterschreibe oder Probleme bekommen wolle. Er habe ihnen gesagt, dass es um die Werte seines Vaters gehe und er deswegen nicht unterschreiben könne. Er habe es verweigert. Sie hätten seine Mutter vom Gefängnis nach Hause gebracht und zu ihnen gesagt, wenn sie weiter leben wollten, sollten sie unterschreiben. Es seien diesmal zehn Leute in ziviler Kleidung aber mit Kalaschnikow gewesen. Sie hätten sie die ganze Zeit bedroht. Er und seine Mutter hätten aber nicht unterschreiben wollen. Seine Schwester habe gesehen, dass man seine Mutter gebracht habe und habe sich deshalb versteckt. Man habe ihnen nochmal gedroht und dann seien die Leute weggegangen.

Morgens um 4.30 Uhr seien diese Leute nochmals zurückgekommen, es habe stark an der Tür geklopft und der Kläger habe gedacht, dass es seine Schwester sei. Aber es seien maskierte Leute gewesen in ziviler Kleidung mit Waffen. Er wisse nicht, wie viele Leute es gewesen seien, es sei dunkel gewesen und alles sei sehr schnell gegangen und der Kläger habe Angst gehabt. Er glaube, dass es die gleichen Leute wie vorher gewesen seien und keine anderen Räuber. Sie hätten ihn gefesselt und auf seine Zähne geschlagen. Sie hätten auch seine Mutter geschlagen. Sie hätten dann ihre Schätze, Schmuck, Wertsachen usw. gefordert, da sie sie sonst umbringen würden. Sie hätten sich dann die Sachen einfach genommen, was sie gefunden hätten. Sie hätten dann den Kläger und seine Mutter aus der Wohnung geworfen und anschließend Feuer gelegt. Danach seien sie einfach wieder gegangen.

Die Mutter des Klägers sei danach zu seinem Onkel und habe sich dort versteckt. Dieser wohne ungefähr 30 Minuten zu Fuß von ihrem Haus entfernt. Der Kläger sei dort bei ihnen auf der Straße geblieben. Er sei sowieso wegen seiner Verletzungen geschwächt gewesen, er sei dann zu seiner Frau gegangen. Sie wohne ungefähr eine Stunde zu Fuß von ihrem Haus entfernt, es sei aber noch der gleiche Ort.

Am nächsten Tag sei der Kläger zu seiner Mutter und habe mit ihr geredet. Sie habe ihm gesagt, dass er das Land verlassen solle und habe ihm dazu einiges an Geld mitgegeben. Deshalb sei der Kläger dann mit seiner Frau Richtung Sudan gereist, diese und ihre Familie seien mit ihrer Abreise einverstanden gewesen. Es habe unterwegs immer wieder Kontrollen gegeben, aber diese hätten sie umgangen.

Auf Nachfrage des Bundesamts gab der Kläger an, sie hätten seinem Vater vorgeworfen, dass er Mitglied der ABO sei. Der Kläger wisse nicht, ob er tatsächlich Mitglied gewesen sei. Der Kläger selbst sei nie Mitglied einer Partei oder Organisation gewesen. Er habe auch keine besondere Funktion oder Position gehabt. Er sei nicht politisch aktiv gewesen, habe aber die Idee der Oromo als Sympathisant unterstützt. Der Kläger sei sonst von niemand persönlich bedroht worden und auch sonst nicht konkret in Gefahr gewesen. Er habe privat mit niemand Streit oder Ärger bzw. Probleme gehabt, nur mit der Regierung. Um Schutz oder Hilfe bei der Polizei oder Behörden habe er nicht nachgefragt, weil die Leute doch selbst von der Regierung oder von den Behörden gewesen seien. Auf Nachfrage, ob der Kläger mit der Polizei oder den Behörden Probleme in Äthiopien gehabt habe, gab er an, ja, so wie er es erzählt habe. Sein Vater sei verhaftet worden, weil man ihm vorgeworfen habe, dass er die ABO unterstütze. Seine Familie und der Kläger seien mehrmals überfallen worden und es sei gefordert worden, dass sie die Geschäfte übergeben sollten. Auf weitere Frage gab der Kläger an, er habe keinen Kontakt mehr zu seiner Familie in Äthiopien. Er wisse nicht, wie es ihnen gehe und was aus den Läden seines Vaters geworden sei. Auf Frage, was den Kläger in Äthiopien erwarte bzw. wie dort seine Zukunft aussehen würde, gab er an, wenn sein Land Freiheit und Gerechtigkeit hätte, könnte er auch dort und nirgend woanders leben. Das gebe aber zur Zeit dort nicht und das sei das Problem. Deshalb könne er nirgends mit seiner Familie in Ruhe und Sicherheit leben. Der Kläger wurde gebeten, darzustellen, wie und wo er seine Frau kennengelernt habe. Hierzu gab der Kläger an, sie hätten sich schon aus der Schule gekannt. Ab der zweiten Klasse hätten sie sich verliebt und das sei dann so geblieben. In 2014 hätten sie überlegt zu heiraten. Es habe dann noch bis Januar 2016 gedauert, dass sie geheiratet hätten. Seine Eltern und auch die Eltern seiner Frau hätten nichts gegen die Hochzeit gehabt und seien damit einverstanden gewesen. Die Eltern seiner Frau seien erst skeptisch gewesen, weil es Gerüchte um die politische Tätigkeit des Vaters des Klägers gegeben habe, aber zuletzt habe die Liebe dann doch gewonnen. Auf Nachfrage, ob die Frau des Klägers einfach mitgegangen sei, weil sie verheiratet gewesen seien oder ob diese eigene Gründe gehabt habe, gab der Kläger an, seine Frau habe auch Probleme gehabt. Die Probleme des Klägers seien auf sie übertragen worden. Seine Frau sei in 2016 missbraucht worden (wurde weiter ausgeführt). Befragt nach Gründen, die im Rahmen der Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots zu berücksichtigen seien, gab der Kläger an, er sei mit seiner schwangeren Ehefrau hier in Deutschland, das Kind werde bald geboren. Er sei gesund und nicht in ärztlicher Behandlung, sonst habe er keine anderen schutzwürdigen Belange.

Die Anhörung der Ehefrau des Klägers erfolgte ebenso am 26.04.2017.

Am 17.05.2017 zeigte sich der Bevollmächtigte des Klägers beim Bundesamt an und übermittelte ein Schreiben der T.../U... vom 13.04.2017, wonach der Kläger seit 08.10.2016 Mitglied dieser Organisation sei und an fünf im Einzelnen bezeichneten Veranstaltungen teilgenommen habe.

Nach einem Aktenvermerk vom 11.08.2017 wurde dem Bundesamt bekannt, dass die Frau des Klägers und das zwischenzeitlich geborene Kind wegen häuslicher Gewalt räumlich vom Kläger getrennt wurden. Seit dem 16.08.2017 befand sich der Kläger in Untersuchungshaft in der JVA …, seit September 2017 wurden die Asylverfahren des Klägers und seiner Angehörigen getrennt geführt.

Mit Urteil des LG … - rechtskräftig seit dem 08.02.2018 – wurde gegen den Kläger eine Jugendstrafe von 3 Jahren 9 Monaten verhängt wegen vorsätzlicher Körperverletzung in vier Fällen, in einem Fall hiervor in Tateinheit mit Beleidigung und einem weiteren Fall hiervon in Tateinheit mit Bedrohung in zwei tateinheitlichen Fällen, versuchter gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung und versuchtem Totschlag in zwei tateinheitlichen Fällen.

Mit Bescheid vom 07.11.2017 lehnte das Bundesamt den Antrag des Klägers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ab (Nr. 1). Zugleich wurde der Antrag auf Asylanerkennung abgelehnt (Nr. 2), der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt (Nr. 3) sowie festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4). Der Kläger wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe des Bescheides zu verlassen; im Falle einer Klageerhebung ende die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Klageverfahrens. Sollte der Kläger die Ausreisefrist nicht einhalten, werde er nach Äthiopien abgeschoben. Der Kläger könne auch in einen anderen Staat abgeschoben werden, in den er einreisen dürfe oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei (Nr. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG wurde im Tenor des Bescheids [zunächst, siehe unten] auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6).

Zur Begründung wurde ausgeführt, die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigter lägen nicht vor. Der Kläger sei kein Flüchtling im Sinne der entsprechenden Definition. Er habe seine begründete Furcht vor Verfolgung oder einem ernsthaften Schaden nicht glaubhaft gemacht.

Für den Nachweis der objektiven Gefährdungslage genüge für Ereignisse außerhalb des Gastlandes mit Rücksicht auf die hier naturgemäß bestehenden Beweisschwierigkeiten grundsätzlich die bloße Glaubhaftmachung. Daher komme dem persönlichen Vorbringen des Ausländers und dessen Würdigung besondere Bedeutung zu. Zur Anerkennung könne schon allein der Tatsachenvortrag des Ausländers führen, sofern seine Behauptungen unter Berücksichtigung aller sonstigen Umstände in dem Sinne glaubhaft seien, dass die volle Überzeugung von der Wahrheit - und nicht etwa nur von der Wahrscheinlichkeit - des behaupteten individuellen Schicksals, aus dem er seine Furcht vor Verfolgung herleite, gewonnen werden könne. Die Glaubhaftmachung setze entsprechend der Mitwirkungspflicht im Asylverfahren einen schlüssigen Sachvortrag voraus, d.h. unter Angaben genauer Einzelheiten müsse der Ausländer einen in sich stimmigen Sachverhalt schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung und verständiger Würdigung die Gefahr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ergebe. Hierzu gehöre die lückenlose Schilderung der in seine eigene Sphäre fallenden Ereignisse, insbesondere der persönlichen Erlebnisse. Die wahrheitsgemäße Schilderung eines realen Vorganges sei dabei erfahrungsgemäß gekennzeichnet durch Konkretheit, Anschaulichkeit und Detailreichtum. Bei erheblichen Widersprüchen oder Steigerungen im Sachvortrag könne dem Ausländer nur geglaubt werden, wenn die Widersprüche und Ungereimtheiten überzeugend aufgelöst würden.

Unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der örtlichen, zeitlichen und persönlichen Verhältnisse, müsse ein solcher Grad an Wahrscheinlichkeit bestehen, dass an der Richtigkeit des Vortrags keine begründeten Zweifel bestünden. Diesen Anforderungen genüge der vorgetragene Sachverhalt nicht. Das Vorbringen eines Asylantragstellers sei dann als nicht glaubhaft gemacht anzusehen, wenn es wie hier in wesentlichen Punkten der allgemeinen Erfahrung oder der Logik des Handelns widerspreche bzw. in wesentlichen Punkten zu wenig konkret, detailliert und differenziert dargelegt worden sei. Dadurch werde der Eindruck vermittelt, dass der Kläger das Geschilderte nicht selbst erlebt habe. Erhebliche Zweifel bestünden bereits hinsichtlich der Behauptung des Klägers, er habe seine Ehefrau im Januar 2016 in Jimma/Bonayaa geheiratet. Diese habe jedoch im Rahmen ihrer Anhörung zu Protokoll gegeben, dass die Hochzeit am 30.03.2016 gewesen sei. Er und seine Frau widersprächen sich bei ihren Angaben auch dahingehend, dass er behauptet habe, selbständig einen Bekleidungsladen betrieben zu haben. Seine Frau jedoch habe angegeben, es habe sich um einen Lebensmittelladen gehandelt. Die Reise nach Deutschland solle gemäß seiner Frau 3.000 Dollar und laut Kläger 4.000 Dollar gekostet haben. Beide hätten bei ihrer Anhörung angegeben, am 09.08.2016 in Deutschland eingereist zu sein. Dies könne jedoch nicht den Tatsachen entsprechen, da der Kläger auch angegeben habe, erst zu einem Zeitpunkt in Deutschland angekommen zu sein, als seine Frau sich dort bereits befunden habe. Rein zufällig hätten sie sich dann in Zirndorf wieder getroffen. Es sei außerdem nicht glaubhaft, dass der Kläger, so wie er behaupte, seit seiner Ausreise im April 2016 keinen Kontakt mehr zu seiner Familie in Äthiopien aufgenommen zu haben. Es wäre anzunehmen, dass er oder seine Frau zumindest den Versuch unternehmen würden, ihre Familien über ihre aktuelle Situation und insbesondere über die Geburt ihres gemeinsamen Sohnes zu informieren.

Dem Bundesamt erschließe sich auch nicht, wie die Mutter des Klägers in der Lage gewesen sein solle, mit „einigem an Geld“ die Ausreise mit zu finanzieren, nachdem, wie behauptet worden sei, bei einem Raubüberfall kurz zuvor der Schmuck, die Schätze und die Wertsachen der Familie entwendet worden seien. Angesichts des Vorbringens des Klägers entstehe beim Bundesamt der Eindruck, dass andere als die vorgetragenen Motive als Hintergrund für das Verlassen seines Heimatlandes eine Rolle gespielt haben müssten. Ein Indiz dafür sei auch darin zu sehen, dass es dem Kläger offensichtlich nicht darum gegangen sei, bei nächster sich bietender Gelegenheit Schutz vor vermeintlicher Verfolgung zu finden. Laut eigener Aussage sei der Kläger nämlich durch Italien in die Bundesrepublik eingereist. Dass er dort offensichtlich keinen Asylantrag gestellt habe, sei insoweit nicht nachvollziehbar, als dass bei einer tatsächlich vorliegenden Bedrohung zu erwarten gewesen wäre, dass der Kläger bei nächster sich bietender Gelegenheit, spätestens bei seiner Ankunft in Europa, Schutz vor Verfolgung durch einen Asylantrag suche. Nach all diesen nicht einmal abschließend aufgeführten Ungereimtheiten, dränge sich der Eindruck auf, der Kläger habe eine erfundene Geschichte vorgetragen, aber kein selbst erlebtes Geschehen.

Auch das bloße Stellen eines Antrags auf Flüchtlingsschutz und Asyl führe nach übereinstimmender Auffassung der Rechtsprechung und der sachinformierten Stellen nicht zu einer politisch motivierten Verfolgung. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus lägen nicht vor. Wie bereits bei der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft festgestellt, habe der Kläger seine Furcht vor Verfolgung nicht begründet, da sein Sachvortrag als unglaubhaft zu bewerten sei. Diese Einschätzung gelte ebenso für das Vorbringen, ihm drohten ernsthafte Gefahren, insbesondere unmenschliche oder erniedrigende Behandlung. Es seien auch keine Abschiebungsverbote gegeben.

Bei Rückkehr nach Äthiopien könne im Allgemeinen von der Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ausgegangen werden. Nicht verkannt werde, dass die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln nicht in allen Landesteilen Äthiopiens und nicht zu jeder Zeit gesichert sei. Zuletzt sei berichtet worden, dass im Norden und Nordwesten infolge einer ausgeprägten Dürreperiode über zehn Millionen Äthiopier Nahrungsmittelhilfen benötigten, die aber von den äthiopischen Behörden zum Großteil selbst erbracht bzw. durch Hilfe aus dem Ausland sichergestellt sei. Das Land profitiere von Reformschritten wie der Liberalisierung des Agrarmarktes, der Preisfreigabe für Agrarprodukte und deren freie Vermarktung, die zu einem deutlichen Anstieg der landwirtschaftlichen Produktion geführt hätten, so dass Äthiopien grundsätzlich selbst in der Lage sei, genügend Lebensmittel für die eigene Bevölkerung zu produzieren. UN-World Food Programme, das UN-Office for the Coordination of Humanitarian Affairs und andere internationale Partner würdigten den Einsatz der äthiopischen Regierung im Kampf gegen Nahrungsmittelknappheit und sähen die erzielten Fortschritte als beispielhaft für andere Länder. In den vergangenen Jahren habe sich Äthiopien zudem zu einer der am schnellsten wachsenden Ökonomien entwickelt. Offizielle Statistiken zeigten ein durchschnittliches BIP-Wachstum von rund neun bis zehn Prozent. Fakt sei auch, dass Äthiopien die globale Wirtschaftskrise besser als die meisten anderen Entwicklungsländer habe bewältigen können. Somit könne davon ausgegangen werden, dass zumindest in den meisten Regionen, in jedem Fall aber in Addis Abeba, eine - wenn auch häufig sehr bescheidene - Existenzsicherung gewährleistet sei. Dies gelte insbesondere für Rückkehrer aus dem Ausland, die über besondere Qualifikationen und Sprachkenntnisse verfügten. Grundsätzlich sei es möglich, sich bereits mit geringfügigen Mitteln eine Existenzgrundlage zu schaffen. Im Übrigen lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass Rückkehrer von einer Nahrungsmittelhilfe ausgeschlossen wären.

Zu beachten ist auch, dass nach den allgemein bekannten familiären und gesellschaftlichen Strukturen in Äthiopien vom Vorhandensein gegenseitiger Hilfe durch Familie, Großfamilie, Clan oder andere sich unterstützende Netzwerke auszugehen ist. Gegenteilige Behauptungen widersprechen grundsätzlich sowohl diesen Erkenntnissen als auch der allgemeinen Lebenserfahrung. Der Kläger habe angegeben, in Äthiopien lebten noch seine Eltern, zwei Schwestern und die ganze Großfamilie. Insbesondere seine Mutter solle seine Reise bis nach Europa mitfinanziert haben. Der Kläger habe keine stichhaltigen Ausführungen gemacht, die zu der Schlussfolgerung führen könnten, er sei, anders als dies die geschilderten gesellschaftlichen Verhältnisse in seinem Herkunftsland erwarten ließen, dort nach einer Rückkehr mittellos und völlig auf sich gestellt. Er sei mit den Lebensgewohnheiten seines Heimatlandes bzw. seiner Heimatregion und deren Normen, Werten und Riten vertraut, da er bis zu seinem 19. Lebensjahr in Äthiopien gelebt habe. Es sei auch nicht erkennbar, dass es dem jungen, gesunden und arbeitsfähigen Kläger nicht möglich sein sollte, im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien auch ohne Unterstützung durch seine Familie für sich das erforderliche Existenzminimum zu erlangen. Der Kläger sei volljährig und getrennt lebend von seiner Frau und seinem Kind, denen mit Bescheid des Bundesamtes vom 02.11.2017 ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG zuerkannt worden sei. Er hätte somit im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien keine Unterhaltspflichten zu erfüllen. Es sollte ihm also möglich sein in seinem Heimatort oder in den großen Städten wie Addis Abeba, Gonder, Mek’ele, Adama, Awassa, Bahir Dar und Dire Dawa eine Arbeit zu finden und für sich eine wenigstens eine existenzsichernde Grundlage zu schaffen. Schließlich habe er in Jimma bis zu seiner Ausreise selbständig einen Laden geführt. Zudem könne der Kläger auf ein familiäres Netzwerk insbesondere in seiner Heimatstadt zurückgreifen, wo seine Familie zum Zeitpunkt seiner Ausreise mehrere Geschäfte betrieben habe. Der Kläger habe Äthiopien unversehrt auf dem Landweg verlassen können. Es könne also davon ausgegangen werden, dass er auch gefahrlos wieder in seinen Heimatort zurückkehren könne. Auch unter Berücksichtigung der individuellen Umstände des Klägers sei die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung des Art. 3 EMRK durch die Abschiebung nicht beachtlich. Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG werde nach § 11 Abs. 2 AufenthG auf 60 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Die Befristung auf 60 Monate sei im vorliegenden Fall angemessen. Damit sollten die Frau und das Kind des Klägers langfristig vor ihm und somit vor weiteren Gewalttaten und lebensbedrohlichen Angriffen in Deutschland geschützt werden. Die Frist beginne mit der Abschiebung. Anhaltspunkte für eine kürzere Fristfestsetzung aufgrund schutzwürdiger Belange seien weder vorgetragen worden noch lägen sie nach den Erkenntnissen des Bundesamtes vor. Der Kläger solle ohne seine Frau und sein Kind nach Äthiopien abgeschoben werden. Er verfüge nach den bereits beschriebenen Vorkommnissen weder zu diesen noch zu anderen Verwandten im Bundesgebiet über eine wesentliche Bindung, die im Rahmen der Ermessensprüfung zu berücksichtigen wäre. Auf die weitere Begründung des Bescheids wird verwiesen.

Am 10.11.2017 ließ der Kläger durch seinen Bevollmächtigten Klage gegen den Bescheid vom 07.11.2017 erheben mit dem Antrag:

1. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 07.11.2017, zugestellt am 09.11.2017, Az.: … wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger als Asylberechtigten i.S.v. Art. 16a des Grundgesetzes anzuerkennen und ihm den Schutz nach §§ 3, 4 AsylG zuzuerkennen, hilfsweise festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Der Kläger habe seine Fluchtgründe glaubhaft und nachvollziehbar geschildert. Aufgrund der Sicherheitslage könne er jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht nach Äthiopien abgeschoben werden. Wenn die Sicherheitslage eine andere wäre, müssten nicht so viele Menschen aus Äthiopien fliehen. Das Auswärtige Amt schreibe in seinen Sicherheitshinweisen unverändert, dass die äthiopische Regierung am 13.06.2016 den Ausnahmezustand verhängt habe und dass dieser wieder verlängert worden sei (wird weiter ausgeführt). Human Rights Watch habe am 11.10.2016 berichtet, dass die Regierung einen landesweiten Ausnahmezustand verhängt habe, nach dem Regierungsgebäude angegriffen worden seien. Ferner sei von dort berichtet worden, dass in der Stadt B. am 02.10.2016 100 Menschen getötet worden seien, als die Sicherheitskräfte eine Feier anlässlich eines Feiertags gewaltsam aufgelöst hätten. Das Verwaltungsgericht Würzburg habe in einem Urteil vom 31.07.2013 festgestellt, dass die Toleranzschwelle des äthiopischen Staats gegenüber exilpolitischen Aktivitäten seiner Staatsangehörigen sehr gering sei, so dass nicht nur medienwirksam exponierte Führungspersönlichkeiten der als terroristisch angesehenen illegalen Opposition bedroht seien. Das Verwaltungsgericht Wiesbaden habe mit einem Urteil vom 02.04.2014 festgestellt, dass Mitglieder der EPPF bei einer Rückkehr mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen rechnen müssten. Die äthiopische Regierung überwache intensiv die exilpolitische Betätigung. Zeit-Online berichte davon, dass in Äthiopien mehr als 11.000 Menschen im Zuge des Ausnahmezustands festgenommen worden seien. Der Deutschlandfunk habe sogar von 12.000 verhafteten Regierungskritikern berichtet. Hingewiesen wurde auf weitere Berichte von ORF Österreich, Tagesschau.de und Deutschlandfunk. Dies alles begründe die akute Gefährdung des Klägers im Falle einer Abschiebung. Letztlich sei auch auf die Armut in Äthiopien hinzuweisen, Dürren hätten dort Ernten vernichtet, die Frankfurter Allgemeine Zeitung habe bereits am 07.05.2016 davon geschrieben, dass in Äthiopien die schlimmste Hungersnot seit 30 Jahren herrschen würde. Dies wolle die Regierung jedoch nicht wahrhaben. Presseportal.de berichte davon, dass 12 Millionen Menschen in Kenia, Äthiopien und Somalia der Hungerstod drohe, wenn sie keine Lebensmittelhilfe erhielten. Hilfsorganisationen befürchteten, dass die anhaltende Dürre als Folge eines Klimawandels und Wetterphänomens El Nino die Situation noch verschlimmere. Ernten fielen nahezu aus, Saatgut sei nicht erhältlich. Weitere Quellen berichteten von Haftstrafen für Oppositionspolitiker und Journalisten, der UN-Menschenrechtskommissar wolle die jüngsten Unruhen in Äthiopien mit fast 700 Toden unabhängig vor Ort untersuchen lassen, bisher habe die Regierung internationale Experten aber nicht in das betroffene Gebiet gelassen. Angesichts der extrem hohen Zahl von 26.000 Festnahmen im Rahmen der Oppositionsproteste in der Region Oromia sei es unwahrscheinlich, dass alles nach Recht und Gesetz verlaufen sei, habe er erklärt. Ferner sei in mehreren Berichten zu lesen, dass es in Äthiopien auch wegen der Wasserprivatisierung ein erhebliches Problem gebe, die Bevölkerung mit sauberem Wasser zu versorgen. Auch dies werde Fluchtgründe schaffen bzw. diese seien dadurch bereits geschaffen worden, ohne sauberes Wasser könne kein Mensch überleben. Weiterhin sei ein ganz offensichtliches Problem in Äthiopien der Landraub. Ohne Grund und Boden könnten sich die Menschen dort jedoch nichts zum Essen anbauen. Auch dies sei vollkommen sinnlos und schaffe nur Fluchtursachen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf die angefochtene Entscheidung.

Nachdem das Gericht die Beteiligten mit Schreiben vom 20.02.2018 auf die Diskrepanz zwischen Nr. 6 des Tenors und der zugehörigen Begründung des Bescheids hingewiesen hat, berichtigte das Bundesamt am 22.02.2018 den Tenor dahin, dass das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 60 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet wird. Es handele sich um ein Schreibversehen und somit um eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne des § 42 VwVfG.

Mit Beschluss vom 18.04.2018 hat das Gericht den Rechtsstreit auf den Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte samt Sitzungsniederschrift und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Gründe

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der angegriffene Bescheid vom 07.11.2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO). Dieser hat weder einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter noch auf Zuerkennung internationalen Schutzes. Rechtlich nicht zu beanstanden ist ferner die Verneinung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Auch die weiteren Entscheidungen im angefochtenen Bescheid erweisen sich als rechtmäßig.

In der Sache selbst schließt sich das Gericht zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen zunächst den Gründen des angefochtenen Bescheides an und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG). Ergänzend ist zur Sache sowie zur Klage das Folgende auszuführen:

1. Das Gericht konnte sich nicht die erforderliche Überzeugung verschaffen, dass der Kläger sein Heimatland aus asyl- bzw. flüchtlingsrechtlich relevanten Gründen verlassen hätte.

a) Dem Kläger droht wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Oromo in Äthiopien keine Gruppenverfolgung im Rechtssinne, wobei nach § 77 Abs. 1 AsylG auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen ist. Grundsätzlich kann sich die Gefahr eigener Verfolgung für einen Ausländer zwar nicht nur aus gegen ihn selbst gerichteten Maßnahmen ergeben, sondern auch aus gegen Dritte gerichteten Maßnahmen, wenn diese Dritten wegen eines asylerheblichen Merkmales verfolgt werden, das er mit ihnen teilt, und wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet. Die Annahme einer alle Gruppenmitglieder erfassenden Gruppen gerichteten Verfolgung setzt dabei voraus, dass eine bestimmte Verfolgungsdichte vorliegt, die die Vermutung eigener Verfolgung rechtfertigt. Hierfür ist die Gefahr einer so großen Vielzahl von Eingriffshandlungen in flüchtlingsrechtlich geschützte Rechtsgüter erforderlich, dass es sich dabei nicht mehr nur um vereinzelt bleibende individuelle Übergriffe oder um eine Vielzahl einzelner Übergriffe handelt. Die Verfolgungshandlungen müssen vielmehr im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne weiteres die aktuelle Gefahr einer Betroffenheit besteht. Zudem gilt auch für die Gruppenverfolgung, dass sie mit Rücksicht auf den allgemeinen Grundsatz der Subsidiarität des Flüchtlingsrechts den Betroffenen einen Schutzanspruch im Ausland nur vermittelt, wenn sie im Herkunftsland landesweit droht, wenn also auch keine in zumutbarer Weise erreichbare innerstaatliche Fluchtalternative besteht (vgl. VG Augsburg, U.v. 7.11.2016 – Au 5 K 16.31853 – juris m.w.N.).

Dies zugrunde gelegt, droht dem Kläger wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Oromo nicht die Gefahr einer landesweiten Verfolgung. Dabei wird nicht verkannt, dass es durchaus immer wieder zu unterdrückenden und diskriminierenden Handlungen wie auch zur Verletzung von Menschenrechten von Volkszugehörigen der Oromo kommt. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass die Bevölkerungsgruppe der Oromo einen ganz wesentlichen Anteil der Gesamtbevölkerung Äthiopiens ausmacht. Bezieht man dies mit ein, so wird die für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderliche kritische landesweite Verfolgungsdichte von oromischen Volkszugehörigen klar nicht erreicht (vgl. VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 – RO 2 K 16.32411 – juris; s.a. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 22.03.2018 – Gz. 508-516.80/3 - ETH).

b) Aus dem individuellen Vortrag des Klägers ergibt sich nicht, dass ihm ein Anspruch auf Zuerkennung einer der geltend gemachten Rechtspositionen zustehen würde.

Das Bundesamt hat im streitgegenständlichen Bescheid ausführlich und rechtlich tragfähig begründet, aus welchen Gründen es der vom Kläger geltend gemachten Fluchtgeschichte keinen Glauben schenke.

Auch auf der Grundlage des Vortrags im gerichtlichen Verfahren und insbesondere der Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung besteht kein Anlass für eine abweichende Beurteilung. Vielmehr ergibt ein Abgleich der Angaben des Klägers gegenüber dem Bundesamt mit den in der mündlichen Verhandlung angebrachten Ausführungen in aller Deutlichkeit, dass dem Kläger die von ihm geltend gemachte Fluchtgeschichte nicht geglaubt werden kann. So hat der Kläger beispielsweise beim Bundesamt angegeben, die Mutter des Klägers sein, nachdem im Wohnanwesen Feuer gelegt worden sei, zum Onkel des Klägers gegangen und habe sich dort versteckt. Am nächsten Tag sei dann auch der Kläger zu seiner Mutter gegangen und habe mit ihr geredet (S. 5/6 der Anhörungsniederschrift). Demgegenüber hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, Leute mit Masken hätten Feuer gelegt sowie u.a. die Mutter des Klägers geschlagen und mitgenommen. Dies sei das letzte Mal gewesen, dass der Kläger seine Mutter gesehen habe (S. 2/3 der Niederschrift). Es macht jedoch einen erheblichen Unterschied, ob die Mutter des Klägers von den Brandstiftern sogleich mitgenommen worden sein soll oder ob sich diese (zunächst) zum Onkel des Klägers begeben habe und der Kläger seinerseits dann am nächsten Tag sogar zu seiner Mutter gegangen sein möchte. Nach der beim Bundesamt dargebotenen Version seiner Geschichte soll es die Mutter des Klägers gewesen sein, die ihm einiges an Geld für die Ausreise mitgegeben habe (S. 6 der Anhörungsniederschrift). Dies passt nicht zu den Angaben in der mündlichen Verhandlung, denn die Mutter soll ja sogleich verhaftet worden sein und der Kläger habe sie dann auch nicht mehr gesehen; es sei vielmehr der Nachbar Abdellah gewesen, der die Reise des Klägers finanziert habe (S. 4 der Niederschrift). Der Kläger selbst möchte nach seiner Darstellung beim Bundesamt nach der Brandlegung auf der Straße geblieben sein, er sei von seinen Verletzungen geschwächt gewesen und sei dann zu seiner Frau gegangen (S. 5 der Anhörungsniederschrift). Im deutlichen Gegensatz dazu möchte der Kläger ausgehend von seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung aber bewusstlos gewesen sein und seine Frau sei dann zu ihm gekommen, habe ihn bewusstlos aufgefunden und mitgenommen (S. 2 der Niederschrift).

Ferner hat der Kläger beim Bundesamt angegeben, dass man (der Staat) seinem Vater einige (Textil-)Läden weggenommen habe und der Kläger habe unterschreiben sollen, dass er mit der Beschlagnahme (weiterer) Geschäfte seines Vaters einverstanden sei (S. 3, 5 der Anhörungsniederschrift). Angesprochen in der mündlichen Verhandlung auf Eigentumspositionen der Familie des Klägers, die sich der Staat verschafft habe, ist der Kläger auf die erfolgte oder beabsichtigte Beschlagnahme von (Textil-)Läden überhaupt nicht (mehr) eingegangen, sondern hat davon gesprochen, dass seine Familie Kaffeeland besessen habe und dieses habe der Staats an reiche Leute verkaufen wollen. Weitere Angaben zu dieser Thematik habe der Kläger nicht anzubringen (vgl. S. 4 der Niederschrift). Die Widersprüche und Ungereimtheiten ließen sich noch fortführen. Es bedarf keiner vertieften Erläuterung, dass der Grad der Abweichung der verschiedenen Schilderungen so gravierend ist, dass den Angaben des Klägers eine Glaubhaftigkeit nicht zugesprochen werden kann. Vielmehr ist das Gericht davon überzeugt, dass sich der Kläger Geschichten zurechtgelegt hat, die seine Chancen im Asylverfahren verbessern sollten, die er so jedenfalls aber im Heimatland nicht selbst erlebt hat. In rechtlicher Hinsicht ist damit davon auszugehen, dass der Kläger sein Heimatland verlassen hat, ohne dass eine Vorverfolgung im Sinne des Asyl- und Flüchtlingsrechts vorgelegen hat.

2. Auch auf den Nachfluchtgrund der exilpolitischen Betätigung kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen. Zwar ermöglicht § 28 AsylG die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch dann, wenn die begründete Furcht vor Verfolgung im Sinn des § 3 Abs. 1 AsylG auf Ereignissen beruht, die eingetreten sind, nachdem der Ausländer sein Herkunftsland verlassen hat. Nach Überzeugung des Gerichts ist es aber auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht beachtlich wahrscheinlich, dass dem Kläger bei seiner Rückkehr nach Äthiopien eine Verfolgung wegen seiner exilpolitischen Betätigung in der Bundesrepublik Deutschland droht.

In der äthiopischen exilpolitischen Szene gibt es zahlreiche Gruppierungen. Den verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen ist zu entnehmen, dass die äthiopische Regierung die Aktivitäten der äthiopischen Exilorganisationen genau beobachtet bzw. durch die Auslandsvertretungen beobachten lässt. Aufgrund der Auskunftslage, die auch die Entwicklungen während der Massenproteste 2015/2016, den Ausnahmezustand 2016 und die aktuellen politischen Entwicklungen berücksichtigt, geht das Gericht jedoch weiterhin nicht davon aus, dass jede wie auch immer geartete Form der Betätigung für eine der zahlreichen exilpolitischen Gruppen in der äthiopischen exilpolitischen Szene im Ausland bei einer Rückkehr nach Äthiopien zu einer beachtlichen Verfolgungsgefahr führt. Vielmehr kommt es – auch nach der aktuellen Lage – für die Feststellung des relevanten Gefährdungsgrades grundsätzlich darauf an, ob eine Organisation von den äthiopischen Stellen etwa als terroristisch eingestuft wird und insbesondere in welcher Art und in welchem Umfang der Betreffende sich im Einzelfall exilpolitisch tatsächlich und wahrnehmbar betätigt hat (vgl. VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 – RO 2 K 16.32411; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 – AN 3 K 16.31836; VG Bayreuth, U.v. 20.11.2017 – B 2 K 16.31139; s. auch VG Kassel, U.v. 5.9.2017 – 1 K 2320/17.KS.A; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 – 6 K 4787/15.GI.A; a.A. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 – W 3 K 17.31180; zum Maßstab vgl. VGH BW, U.v. 30.5.2017 – A 9 S 991/15 – alle juris).

Dem Auswärtigen Amt liegen auch nach dem aktuellen Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien vom 22.03.2018 keine Erkenntnisse darüber vor, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Partei im Ausland bei Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führt. Maßgeblich ist danach vielmehr der konkrete Einzelfall, also beispielsweise, ob eine Organisation von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation angesehen wird oder um welche politische Tätigkeit es sich handelt (z.B. nachweisliche Mitgliedschaft, führende Position, Organisation gewaltsamer Aktionen). Von Bedeutung ist auch, ob und wie sich die zurückgeführte Person anschließend in Äthiopien politisch betätigt. Die bloße Asylantragstellung im Ausland bleibt – soweit bekannt – ohne Konsequenzen. Der Lagebericht vom 22.03.2018 geht insbesondere auch auf die innenpolitischen Entwicklungen im Frühjahr 2018 und auf den am 16.02.2018 ausgerufen (neuerlichen) Ausnahmezustand ein, hält aber gleichwohl an der bisherigen Gefährdungseinschätzung bei Rückkehr von im Ausland exilpolitisch tätigen Äthiopiern fest (vgl. S. 18 des Lageberichts vom 22.03.2018; S. 16 des Lageberichts vom 06.03.2017).

In einer Auskunft vom 30.01.2017 an das VG Gießen geht das Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien zum Fall einer exilpolitischen Tätigkeit für die EPPFG davon aus, dass eine Verhaftung für den Fall der Rückkehr keinesfalls ausgeschlossen werden könne. Daraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass im Rechtssinne von einer beachtlichen Verfolgungswahrscheinlichkeit insbesondere auch von nur einfachen Mitgliedern (sog. „Mitläufer“, ohne dass damit ein Werturteil verbunden wäre) im Falle ihrer Rückkehr nach Äthiopien auszugehen wäre (vgl. VG Regensburg, U.v. 8.3.2018 – RO 2 K 16.30643 – juris).

G. Sch. geht in seiner Stellungnahme vom 15.02.2017 an das VG Gießen in der dortigen Streitsache Az. 6 K 4787/15.GI.A davon aus, dass eine Verfolgungsprognose anhand bestimmter Merkmale nicht abgegeben werden könne, weil das Handeln der äthiopischen Sicherheits- und Justizbehörden gegenüber allen wirklichen und putativen Gegnern von einem hohen Maß an Willkürlichkeit geprägt sei. Unter diesem Gesichtspunkt sei generell die Unterscheidung zwischen unbedeutender und exponierter Stellung in einer Oppositionsorganisation als nicht relevant für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr anzusehen. Dies gelte in besonderem Maß seit dem Erlass der Anti-Terrorismusgesetze und gerade auch unter dem Ausnahmezustand. Weiter führt er aus, dass mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ eine längere Inhaftierung - verbunden mit intensiver Befragung - auch unter dem jetzigen Ausnahmezustand als Minimum anzunehmen sei. Es bleibt jedoch offen, wie Sch. trotz der Prognoseunsicherheit zu dieser Annahme kommt. So belegt er diese Annahme nicht mit konkreten Beispielen für ein Einschreiten äthiopischer Stellen gegen Rückkehrer, obwohl er angibt, dass diese häufig verhaftet würden (Rn. 214 der Stellungnahme vom 15.02.2017). Dies dürfte dem Umstand geschuldet sein, dass kaum Abschiebungen nach Äthiopien stattfinden, was die Grundlage dieser Aussage allerdings fraglich erscheinen lässt. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass es seit Mitte 2015 im Zusammenhang mit dem „Masterplan“ der Regierung vor allem in der Provinz Oromia zu Massenprotesten kam und es im Zusammenhang mit diesen Protesten und dem Einschreiten der Sicherheitskräfte zu Todesfällen und Verhaftungen gekommen ist. So sollen nach dem Gutachten von G. Sch. im Rahmen der Unruhen 2016 unter Geltung des Ausnahmezustandes über 11.000 Menschen verhaftet worden sein. Diese Verhaftungen fanden jedoch im Zusammenhang mit - zumindest teilweise - gewaltsamen Protesten in Äthiopien statt. Sie sind kein Beleg dafür, dass auch Rückkehrer alleine wegen ihrer exilpolitischen Betätigung nun einem beachtlichen Verfolgungsrisiko ausgesetzt sind. Dies belegen auch die Ausführungen in der Stellungnahme Sch.s nicht hinreichend. Dieser führt zwar nachvollziehbar aus, dass im Zusammenhang mit den Unruhen in Äthiopien selbst die äthiopische Diaspora – auch im Hinblick auf eine Strafbarkeit nach dem äthiopischen Anti-Terrorismusgesetz von 2009 – verstärkt überwacht wird (Rn. 134 der Stellungnahme vom 15.02.2017). Ein konkretes Beispiel für eine Verfolgung allein auf Grund einer exilpolitischen Tätigkeit unterbleibt jedoch. Auffällig ist hierbei auch, dass Sch. zum einen zwar deutliche Aussagen trifft (Bestrafung jedes Mitglieds/Unterstützers einer exilpolitischen Gruppe, die mit einer als terroristisch eingestuften Gruppe zusammenarbeitet [Rn. 232 der Stellungnahme vom 15.02.2017]; häufige Verhaftungen [Rn. 214 der Stellungnahme vom 15.02.2017]; längere Inhaftierung verbunden mit intensiver Befragung und mit hoher Wahrscheinlichkeit inhumaner Haftbedingungen [Rn. 237 der Stellungnahme vom 15.02.2017]), gleichzeitig aber äußert, dass sich angesichts der Willkürlichkeit die konkreten Verfolgungshandlungen im Einzelnen schwer vorhersagen ließen und er an anderer Stelle (Rn. 226 der Stellungnahme vom 15.02.2017) angibt, dass im heutigen Äthiopien die eine staatliche Verfolgung auslösenden Momente in der Regel vielschichtig seien und sich nur selten auf ein bestimmtes Merkmal reduzieren ließen (vgl. ausführlich VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 – RO 2 K 16.32411; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 – 6 K 4787/15.GI.A – beide juris).

Auch unter Einbeziehung der Stellungnahme G. Sch.s vom 18.02.2018 an das VG Würzburg ergibt sich kein hiervon abweichendes Ergebnis. Zwar kommt G. Sch. zu dem Ergebnis, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen sei, dass unter dem wieder eingeführten Ausnahmezustand exilpolitisch tätige Äthiopier bei einer Rückführung einem sehr hohen Risiko ausgesetzt seien, als Unterstützer einer „terroristischen Organisation“ verfolgt und äußerst bestraft zu werden (Rn. 83 der Stellungnahme vom 18.02.2018), während in der Stellungnahme vom 15.02.2017 an das VG Gießen noch ausgeführt wurde, angesichts der Willkürlichkeit im Handeln der Sicherheitsorgane und der mangelnden Rechtsstaatlichkeit in Äthiopien lasse sich im Einzelnen nicht vorhersagen, was Rückkehrer zu befürchten hätten. Eine längere Inhaftierung verbunden mit intensiver Befragung und mit hoher Wahrscheinlichkeit inhumanen Haftbedingungen sei jedoch als Minimum anzunehmen (Rn. 237 der Stellungnahme vom 15.02.2017; dieser Passus befindet sich im Übrigen auch noch unter Rn. 82 der Stellungnahme vom 18.02.2018). Anderseits führt Sch. in Rn. 17 der Stellungnahme vom 18.02.2018 aus, aufgrund des neuerlichen Ausnahmezustandes vom 16.02.2018 schienen die gleichen Bestimmungen wie beim Ausnahmezustand 2016 zu gelten. Damit ist aber weder nachvollziehbar noch plausibel dargelegt, warum nunmehr (allein) aufgrund des Ausnahmezustands 2018 exilpolitisch tätige Äthiopier bei einer Rückführung einem sehr hohen Risiko ausgesetzt sein sollen, als Unterstützer einer „terroristischen Organisation“ verfolgt und äußerst bestraft zu werden, wenn andererseits keine anderen Bestimmungen wie beim Ausnahmezustand 2016 gelten sollen.

Bei einer Gesamtwürdigung der vorliegenden Auskunftslage nimmt das Gericht daher auch weiterhin nicht an, dass äthiopische Asylbewerber, sofern sie sich zu einer Exilorganisation, die einer vom äthiopischen Staat als terroristisch eingestuften Vereinigung nahesteht, bekennen und sie für diese Exilorganisation nur ein Mindestmaß an Aktivität vorweisen, für den Fall der Rückkehr nach Äthiopien bereits mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG erwartet. Vielmehr müssen nach Überzeugung des Gerichts bei einer Rückkehr nach Äthiopien nur solche Personen mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen rechnen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland derart exponiert politisch betätigt haben, dass die äthiopischen Behörden sie als ernsthafte Oppositionsangehörige einstufen (vgl. VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 – RO 2 K 16.32411; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 – AN 3 K 16.31836; vgl. auch BayVGH, B.v. 14.7.2015 – 21 ZB 15.30119 m.w.N. – alle juris). Erforderlich für einen beachtlichen Nachfluchtgrund aufgrund exilpolitischer Betätigung ist nämlich eine „beachtliche Wahrscheinlichkeit“ der Verfolgung im Falle einer Rückkehr. Nicht ausreichend ist hingegen, dass eine solche möglich ist oder nicht ausgeschlossen werden kann. Eine solche beachtliche Wahrscheinlichkeit im Falle einer nicht exponierten Stellung kann – wie bereits ausgeführt – auch den oben genannten aktuellen Stellungnahmen nicht entnommen werden. Gerade wegen der intensiven Beobachtung exilpolitischer Auslandsaktivitäten durch äthiopische Stellen muss davon ausgegangen werden, dass auch diesen nicht verborgen geblieben sein kann, dass bei einer Vielzahl von äthiopischen Asylbewerbern weniger politische Interessen maßgeblich sind als vielmehr das Bemühen, sich im Asylverfahren eine günstigere Ausgangsposition zu verschaffen. Im Hinblick darauf ist es nicht beachtlich wahrscheinlich, dass die äthiopischen Behörden derartige Personen als „gefährlich“ erachten und gegen diese im Falle ihrer Rückkehr in einer Art und Weise vorgehen, dass die für eine Schutzgewährung anzulegende Schwelle (vgl. z.B. § 3a Abs. 1 AsylG, § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG) erreicht wird.

Bei Anlegung dieser Maßstäbe gehört der Kläger nicht zu dem gefährdeten Personenkreis, der im Falle seiner Rückkehr oder Abschiebung wegen seiner exilpolitischen Tätigkeit im Ausland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit befürchten müsste, von äthiopischen Behörden in asylrechtlich relevanter Weise belangt zu werden. Der Kläger hat durch Vorlage einer Bescheinigung der TBOJ/UOSG glaubhaft gemacht, dass er als einfaches Mitglied dieser Vereinigung an fünf im Einzelnen bezeichneten Veranstaltungen im Jahr 2016 teilgenommen hat (vgl. Bl. 101 ff. d.A.). Soweit er in der mündlichen Verhandlung weiter angegeben hat, auch noch im Jahr 2017 (bis zu seiner Inhaftierung) exilpolitisch tätig gewesen zu sein, hat der Kläger dies lediglich behauptet; ein aktuellere Bescheinigung wurde nicht vorgelegt (vgl. S. 5 der Niederschrift). Der Kläger hat bestätigt, dass er seit seiner Inhaftierung kein exilpolitisches Engagement (mehr) entfalte bzw. entfalten könne. Er zahle z.B. auch keinen Mitgliedsbeitrag mehr (S. 5 der Niederschrift). Damit liegt beim Kläger im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung kein gegenwärtiges exilpolitisches Engagement vor. Unabhängig davon lassen ihn seine früheren diesbezüglichen Anstrengungen qualitativ und quantitativ ohnehin lediglich als „Mitläufer“ der exilpolitischen Bewegung in Deutschland erscheinen. Sein (früheres) Engagement ist (war) in keiner Weise herausgehoben, sondern bewegt(e) sich in einem Rahmen, der – wie dem Gericht aufgrund einer Vielzahl von Verfahren bekannt ist – für die breite Masse der Mitglieder der exilpolitischen Vereinigungen kennzeichnend ist. Die (früheren) exilpolitischen Aktivitäten des Klägers führen daher nach Überzeugung des Gerichts nicht dazu, dass er von den äthiopischen Behörden als „gefährlicher Oppositioneller“ angesehen wird, weshalb es nicht beachtlich wahrscheinlich ist, dass er allein aufgrund seiner Betätigung mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen hat.

3. Rechtlich nicht zu beanstanden ist schließlich die Verneinung von Abschiebungsverboten. Auf die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid wird verwiesen. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, er habe niemand mehr in Äthiopien und es wäre schlimm für ihn, wenn er dorthin zurück kehren müsste (S. 6 der Niederschrift), kann dies der Klage nicht zum Erfolg verhelfen. Der Kläger ist jung und im arbeitsfähigen Alter, so dass prognostisch davon auszugehen ist, dass es ihm gelingen wird, in Äthiopien wiederum Fuß zu fassen und sich sein Existenzminimum zu erwirtschaften. Nach seinen Angaben verfügt der Kläger über Erfahrungen im Bereich des Einzelhandels, so dass er sich in diesem Wirtschaftssektor, ggf. aber auch in einem anderen Wirtschaftsbereich, eine Erwerbstätigkeit suchen kann, mit der alle grundlegenden Bedürfnisse abgedeckt werden können. Ferner verfügt der Kläger nach seinen Angaben über verwandtschaftlichen Rückhalt (vgl. S. 4 der Anhörungsniederschrift), was ihm eine Reintegration in Äthiopien weiter erleichtern wird.

4. Schließlich erweist sich die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots aus 60 Monate als rechtmäßig. Die Ermessensausübung des Bundesamts im streitgegenständlichen Bescheid, die auf die konkreten Verhältnisse des Klägers eingeht, kann durch das Gericht nicht beanstandet werden (vgl. § 114 VwGO). Ebenfalls zulässig war es, das Schreibversehen betreffend den Tenor des Bescheids nach § 42 VwVfG dahin zu berichtigen, dass eine Befristung auf 60 Monate erfolgt (vgl. Schreiben des Bundesamts an den Bevollmächtigten des Klägers vom 22.02.2018).

5. Nach allem ist die Klage insgesamt mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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