Urteil vom Verwaltungsgericht Düsseldorf - 2 K 8698/19
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Der am 0.0.0000 geborene Kläger stand seit Oktober 1982 im Dienst des Beklagten und war zuletzt als Polizeioberkommissar im Polizeipräsidium E. eingesetzt.
3Seit dem 0.0.2016 war er durchgehend dienstunfähig erkrankt. Anlässlich dessen fand am 0.00.2016 ein Personalgespräch mit ihm statt. Der Kläger berichtete von körperlichen und psychischen Beeinträchtigungen. Der Schichtdienst mache ihm zu schaffen, er leide an Schlafstörungen und Panikattacken. Es wurde vereinbart, dass er die Suche nach einem Therapeuten und die Einleitung einer Rehabilitationsmaßnahme vorantreibt.
4Seit dem 00.00.2016 befand sich der Kläger in psychotherapeutischer Behandlung bei dem Facharzt für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie Dr. med. T. .
5Vom 00.0.2017 bis zum 0.0.2017 befand sich der Kläger in einer teilstationären Behandlung im LVR-Klinikum E. .
6Vom 00.0.2017 bis zum 0.0.2017 führte er eine stationäre psychosomatische Rehamaßnahme in der N. Klinik am Park in Bad P. durch.
7Mit Schreiben vom 12. Oktober 2017 berichtete der behandelnde Arzt des Klägers, Herr Dr. med. T. , dass der Kläger derzeit arbeitsunfähig sei. Therapieziel sei die Wiederherstellung der Dienstfähigkeit, wobei in der Gesamtbetrachtung Einschränkungen zu erwarten seien. Eine stufenweise Wiedereingliederung nach dem Hamburger Modell sei sicherlich geboten.
8Am 14. März 2018 wurden in einem Bericht des polizeiärztlichen Dienstes des Polizeipräsidiums E. nach vorangegangener Untersuchung die folgenden Verwendungseinschränkungen für den Kläger festgehalten: kein Tragen einer Dienstwaffe, kein Führen von Dienst-Kfz, kein Kontakt zu Rechtsbrechern mit potentieller Gefahr von Widerstandshandlungen, kein Einsatz im Schichtdienst und keine Nachtdienste. Weiter heißt es, dass mit der Wiederherstellung der vollen Dienstfähigkeit nicht zu rechnen sei. Die Erfolgsaussichten einer Wiedereingliederungsmaßnahme in den Innendienst seien derzeit nur schwer zu beurteilen, gegen den Versuch spreche aus polizeiärztlicher Sicht jedoch nichts.
9Am 00.0.2019 fand auf Anordnung des Beklagten eine polizeiamtsärztliche Untersuchung des Klägers bei dem polizeiärztlichen Dienst des Polizeipräsidiums B. statt. Der begutachtende Polizeiamtsarzt Dr. med. C. -C1. erstellte unter dem 2. Juli 2019 ein polizeiamtsärztliches Gutachten, welches mit dem Ergebnis der Polizeidienstunfähigkeit sowie der allgemeinen Dienstunfähigkeit schließt. Zur Begründung heißt es im Wesentlichen: Im Fokus der der zur Dienstunfähigkeit führenden Problematik stünden die fachärztlich festgestellten psychischen Störungen. Der Kläger habe mehrfach eine stationäre Therapie wahrgenommen, zudem erfolge seit drei Jahren eine medikamentöse Therapie sowie wöchentlich ambulante Gesprächstherapie, all das habe nicht zu einer gravierenden Besserung des Krankheitsbildes geführt. Unter Berücksichtigung der langen Ausfallzeit und der weiterhin bestehenden gravierenden Symptome sei aus polizeiamtsärztlicher Sicht die Gefahr einer Retraumatisierung im Polizeivollzugsdienst massiv und somit die Rückkehr in den Polizeidienst nicht mehr verantwortbar. Aufgrund der weiterhin bestehenden psychischen Gesundheitsstörungen sei der Kläger auch im allgemeinen Verwaltungsdienst überfordert. Es sei zu befürchten, dass es aufgrund konzentrativer und mnestischer Störungen immer wieder zu einer Dekompensation des psychischen Gesundheitszustandes bei dem Beamten kommen werde. Eine vollschichtige und verwertbare Vorgangsbearbeitung durch den Beamten sei krankheitsbedingt nicht mehr zu erwarten. Trotz seines bei der Untersuchung gewonnenen Eindrucks habe er den Kläger gebeten, die kommenden Wochen zu nutzen, ein Gespräch im Rahmen des „Betrieblichen Eingliederungsmanagements“ (BEM) zu führen und eine Wiedereingliederungsmaßnahme zu beginnen. Bis Mitte Mai 2019 hätte der Kläger jedoch weder ein BEM-Gespräch noch eine Wiedereingliederungsmaßnahme in Angriff genommen. Aus fachlicher Sicht sei zu befürchten, dass er krankheitsbedingt dazu nicht in der Lage sei. Seine fehlende Absprachefähigkeit sei an der Zusendung weiterer Schweigepflichtentbindungserklärungen zu erkennen, obwohl die Übersendung ärztlicher Unterlagen vereinbart gewesen und mehrfach hierzu aufgefordert worden sei.
10Mit Schreiben vom 00.0.2019 beantragte der Kläger beim Polizeipräsidium E- eine stufenweise Wiedereingliederung nach dem Hamburger Modell. Er legte hierzu ein Schreiben seines behandelnden Arztes vom selben Tage vor. Dort heißt es auszugsweise: „Es ist nun eine stufenweise Wiedereingliederung nach dem Hamburger Modell vorgesehen. Krankheitsbedingt ist eine Wiedereingliederung in den aktiven Polizeidienst nicht möglich, da die Eignung zum Führen einer Dienstwaffe nicht mehr gegeben ist. Die Tätigkeit sollte folgende Merkmale aufweisen: Innendienst ohne Publikumsverkehr, kein Schichtdienst, keine Tätigkeit an Wochenenden und Feiertagen. In Betracht kommen daher Tätigkeiten im Bereich der allgemeinen Polizeiverwaltung oder Asservatenkammer.“ Die Wiedereingliederung solle Ende September 2019 oder Anfang Oktober 2019 beginnen. Nach 31 Wochen solle eine vollschichtige Tätigkeit unter den genannten Einschränkungen möglich sein.
11Unter dem 0.0.2019 hörte der Beklagte den Kläger zu der beabsichtigten Feststellung seiner Polizeidienstunfähigkeit und seiner allgemeinen Dienstunfähigkeit sowie der vorzeitigen Zurruhesetzung an. Zur Begründung wird im Wesentlichen auf das Ergebnis des polizeiamtsärztlichen Gutachtens vom 0.0.2019 Bezug genommen.
12Am 00.0.2019 gab der den Kläger begutachtende Polizeiamtsarzt auf telefonische Nachfrage der Beklagtenseite an, dass er am Tag zuvor fünf Anrufe von dem Kläger erhalten habe und von ihm beschimpft worden sei. Es seien Sätze wie „Hallo U. , du Arschloch.“, „Du taugst nichts, bist unfähig.“, „Vollpfosten“ und „Du bedrohst meine Existenz.“ gefallen und er habe ihn gefragt, ob sich seine Frau von ihm scheiden lassen würde.
13Mit Schriftsatz vom 18. September 2019 nahm der Kläger über seinen Prozessbevollmächtigten zu dem Anhörungsschreiben Stellung. Unter Beifügung eines Wiedereingliederungsplanes, der eine Wiederherstellung der vollen Arbeitsfähigkeit ab dem 0.0. 1920 (offensichtlich gemeint: 0.0. 2020) in Aussicht stellt und ein Schreiben seines behandelnden Arztes vom 18. September 2019, welches im Wesentlichen mit jenem vom 10. Juli 2019 übereinstimmt, beruft er sich auf das Fehlen der Voraussetzungen für eine vorzeitige Zurruhesetzung. Er bat um die Übersendung des Gutachtens sowie des zugehörigen behördlichen Auftrages, was mit E-Mail vom 23. September 2019 erfolgte.
14Mit Verfügung vom 00.00. 2019, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am Samstag, den 00.00. 2019, stellte das Polizeipräsidium E. die Polizeidienstunfähigkeit und die allgemeine Dienstunfähigkeit des Klägers fest und versetzte ihn mit Ablauf des 00.00.2019 in den Ruhestand. Zur Begründung wurde unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers auf die Ausführungen im Anhörungsschreiben sowie auf das polizeiamtsärztliche Gutachten vom 0.0.2019 Bezug genommen.
15Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 12. Dezember 2019 Klage erhoben. Zur Begründung macht er geltend, dass die Zurruhesetzungsverfügung nicht bereits am 00.00.2019 wirksam zugestellt worden sei, sondern erst zum nächsten Arbeitstag, dem 0.00.2019. Der Personalrat sei nicht hinreichend informiert und ein BEM-Verfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden. Die Zurruhesetzungsverfügung beruhe außerdem ausschließlich auf dem Gutachten des Polizeiamtsarztes, ohne dass die nachfolgenden Hinweise zur Wiedererlangung der Dienstfähigkeit des behandelnden Arztes des Klägers Berücksichtigung gefunden hätten. Außerdem sei die dem Gutachten tragend zugrundeliegende Annahme, der Kläger sei weder in der Lage, ein BEM-Verfahren durchzuführen noch eine Wiedereingliederungsmaßnahme einzuleiten, vor Erlass der Zurruhesetzungsverfügung widerlegt worden. Im Übrigen habe der Beklagte nicht überprüft ob der Kläger teildienstfähig sei und sei auch seiner Suchpflicht nicht nachgekommen. Jedenfalls sei dem von ihm zwischenzeitlich gestellten Antrag auf Reaktivierung stattzugeben.
16Der Kläger beantragt,
17den Bescheid des Polizeipräsidiums E. vom 00.00.2019 aufzuheben,
18hilfsweise, ihn unverzüglich zu reaktivieren und ihn als Polizeivollzugsbeamten, hilfsweise im allgemeinen Verwaltungsdienst zu beschäftigen.
19Der Beklagte beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Zur Begründung wiederholt und vertieft er die Gründe der Zurruhesetzungserfügung. Ergänzend trägt er vor, dass dem Kläger am 17. Januar 2017 zum wiederholten Male ein BEM-Verfahren angeboten worden sei, zu welchem er am 2. Februar 2017 sein Einverständnis erklärt habe. In der Folgezeit sei er für die von ihm gewählte Kontaktperson jedoch weder per E-Mail noch telefonisch oder postalisch erreichbar gewesen, sodass das Verfahren am 24. Juli 2017 eingestellt worden sei. Zuletzt sei dem Kläger im März 2018 ein BEM-Verfahren angeboten und von ihm auch angenommen worden. Das Verfahren dauere noch an.
22Die Kammer hat der Berichterstatterin den Rechtsstreit mit Beschluss vom 26. Oktober 2021 zur Entscheidung als Einzelrichterin übertragen.
23In der mündlichen Verhandlung ist Beweis erhoben worden durch Vernehmung des sachverständigen Zeugen Dr. med. C. -C1. . Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
24Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge und Personalakten Bezug genommen.
25Entscheidungsgründe:
26Die Berichterstatterin war zur Entscheidung als Einzelrichterin berufen, weil ihr der Rechtsstreit mit Beschluss vom 26. Oktober 2021 zur Entscheidung übertragen worden ist (§ 6 VwGO).
27Die Klage hat weder mit ihrem Haupt- (A.) noch mit ihrem Hilfsantrag (B.) Erfolg.
28A. Die zulässige Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) ist unbegründet. Der angegriffene Bescheid vom 00.00.2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
291. Die streitgegenständliche Verfügung vom 00.00.2019 ist durch Zustellung am 00.00.2019 wirksam geworden. Dies erfolgte gemäß § 41 Abs. 5 VwVfG NRW, § 3 Abs. 2 Satz 1 LZG NRW i.V.m. § 178 Abs. 1 Nr. 2, § 180 ZPO durch Einlegen des Bescheids in den Briefkasten der Kanzlei des Bevollmächtigten des Klägers. Ausweislich der zum Nachweis der Zustellung angefertigten Postzustellungsurkunde ist der Bescheid am Samstag, dem 00.00.2019, in den zu den Kanzleiräumen gehörenden Briefkasten eingelegt worden. Damit galt der Bescheid gemäß § 180 Satz 2 ZPO als zugestellt. Ob der Einwurf in den Briefkasten während der Geschäftszeiten der Kanzlei erfolgt, ist entgegen der Annahme des Klägers im Rahmen des § 180 ZPO keine Voraussetzung für die Wirksamkeit der Zustellung.
302. Die Zurruhesetzungsverfügung ist formell rechtmäßig. Insbesondere wurde der Personalrat mit Schreiben vom 13. Oktober 2019 über die beabsichtigte Zurruhesetzung des Klägers in Kenntnis gesetzt und um die nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 LPVG NRW erforderliche Zustimmung ersucht. Seine Zustimmung hat der Personalrat unter dem 15. Oktober 2019 erteilt. Ohne Belang ist es, dass der Kläger die dabei erfolgte Information des Personalrats für unzureichend hält. Insoweit genügt es regelmäßig, wenn der Personalrat in kurzer und knapper Form zutreffend über die beabsichtigte Maßnahme unterrichtet wird.
31Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 30. April 2013 - 2 B 10.12 -, juris, Rn. 8; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 11. April 2018 - 6 B 1628/17 -, juris, Rn. 6 ff., m. w. N.
32Diesen Anforderungen ist im Streitfall genügt worden. Im Übrigen begründet eine etwaige Verletzung des der Sphäre des Personalrates zuzuordnenden, von ihm selbst nicht geltend gemachten weitergehenden Informationsanspruchs nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des OVG NRW, der das erkennende Gericht folgt, nicht die Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Maßnahme.
33Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 2004 - 2 B 54.04 -, juris, Rn. 5, und Urteil vom 12. Oktober 1989 - 2 C 22.87 -, juris, Rn. 24; OVG NRW, Beschlüsse vom 9. Juli 2018 - 6 B 522/18 -, juris, Rn. 8 ff., vom 26. April 2018 - 6 B 68/18 -, juris, Rn. 7, vom 29. November 2017 - 6 A 1840/16 -, juris, Rn. 4.
34Nur eine irreführende oder auf Täuschung beruhende Unterrichtung des Personalrats führt - auch wenn dieser sich nicht auf Täuschung berufen sollte - zur Anfechtbarkeit der getroffenen Maßnahme.
35Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Oktober 1989 - 2 C 22.87 -, juris, Rn. 24; OVG NRW, Beschluss vom 11. April 2018 – 6 B 1628/17 –, juris, Rn. 10.
36Davon kann im Streitfall jedoch keine Rede sein.
37Die Gleichstellungsbeauftragte hat Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten und der Maßnahme am 9. Oktober 2019 zugestimmt (vgl. §§ 17 Abs. 1, 18 Abs. 2 Satz 1 LGG NRW). Ebenfalls wurde die Schwerbehindertenvertretung angehört. Auch ist der Kläger vor Erlass des angegriffenen Bescheides nach § 34 Abs. 1 Satz 2 LBG NRW i.V.m. § 28 VwVfG NRW angehört worden. Ihm sind insbesondere mit E-Mail vom 23. September 2019 auf sein Verlangen der Gutachtenauftrag und das Gutachten übersandt worden.
38Ohne Erfolg rügt der Kläger die unterbliebene Durchführung eines BEM-Verfahrens. Zum einen steht die Zurruhesetzung eines dienstunfähigen Beamten bereits nicht unter dem Vorbehalt, dass zuvor ein BEM-Verfahren durchgeführt worden ist. Es ist weder Bestandteil des auf den Erlass einer Ruhestandsversetzung gerichteten Verwaltungsverfahrens noch sonstige Rechtmäßigkeitsvoraussetzung. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen einer vorzeitigen Zurruhesetzung im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt vor, sind abweichende Entscheidungen auch dann nicht mehr denkbar, wenn die Möglichkeiten der präventiven Wiedereingliederung des Beamten nach § 84 Abs. 2 SGB IX versäumt worden sind.
39Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juni 2014 - 2 C 22/13 -, NVwZ, 2014, 1319 - 1324; OVG NRW, Beschluss vom 15. Dezember 2015 – 6 B 1022/15 –, juris, Rn. 9.
40Dass der Beklagte abweichend von diesen Grundsätzen etwa wegen einer ständigen Verwaltungspraxis i.V.m. Art. 3 GG auf der Grundlage einer Dienstvereinbarung hierzu verpflichtet gewesen wäre, hat weder der Kläger substantiiert dargelegt noch ist dies sonst ersichtlich. Zum anderen geht der Vortrag des Klägers zur fehlenden Durchführung eines BEM-Verfahrens aber auch deshalb ins Leere, weil ein solches stattgefunden hat. Der Beklagte verweist - vom Kläger in der Sache unbestritten - darauf, dass ihm bereits in den Jahren 2014 und 2015 jeweils ein BEM-Verfahren angeboten worden sei, was er abgelehnt habe. Schließlich sei mit seinem Einverständnis von Januar 2017 bis Juli 2017 ein BEM-Verfahren durchgeführt aber wegen seiner fehlenden Mitwirkung erfolglos beendet worden. Auch dies ist von dem Kläger nicht in Abrede gestellt worden. Soweit er dagegen einwendet, ihm sei die Sinnhaftigkeit eines solchen Verfahrens damals nicht bewusst gewesen, liegt dies in seinem Verantwortungsbereich. Soweit der Kläger einwendet, der Vortrag des Beklagten sei inkonsistent, da er einerseits vortrage, dass BEM-Verfahren stattgefunden hätten, aber andererseits angebe, er hätte keine Kenntnis von BEM-Verfahren, kann dies nicht nachvollzogen werden. Letztere Aussage hat der Beklagte nicht getroffen. Vielmehr hat er mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2021 darauf hingewiesen, dass im Rahmen eines Verfahrens zur Feststellung der Polizeidienstunfähigkeit nicht auf die in einem BEM-Verfahren erlangten Informationen zurückgegriffen werde.
413. Die angefochtene Zurruhesetzungsverfügung ist auch materiell rechtmäßig.
42Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG sind Beamtinnen und Beamte auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesund-heitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Als dienstunfähig kann gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist, deren Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt, die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist (sog. vermutete Dienstunfähigkeit). Die gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 Be-amtStG landesrechtlich zu bestimmende Frist beträgt gemäß § 33 Abs. 1 Satz 3 LBG NRW im Land Nordrhein-Westfalen sechs Monate.
43Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die Feststellung der nachgewiesenen wie auch der vermuteten Dienstunfähigkeit ist derjenige der letzten Verwaltungsentscheidung, also hier der Zeitpunkt der Zurruhesetzungsverfügung vom 22. November 2019.
44Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Oktober 1997 – 2 C 7.97 ‑, juris; OVG NRW, Urteil vom 17. September 2003 - 1 A 1069/01 ‑, juris.
45Der Kläger war zu diesem Zeitpunkt polizeidienstunfähig (a.) und das beklagte Land hat eine Weiterverwendung innerhalb des Polizeivollzugsdienstes (b.) und einen Laufbahnwechsel (c.) ohne Rechtsfehler abgelehnt.
46a. Gemäß § 115 Abs. 1 LBG NRW ist ein Polizeivollzugsbeamter dienstunfähig, wenn er den besonderen gesundheitlichen Anforderungen für den Polizeivollzugsdienst nicht mehr genügt und nicht zu erwarten ist, dass er die volle Verwendungsfähigkeit innerhalb von zwei Jahren wiedererlangt (Polizeidienstunfähigkeit) […].
47Diese Voraussetzungen lagen im Zeitpunkt des Erlasses der Zurruhesetzungsverfügung vor. Polizeidienstfähigkeit setzt voraus, dass ein Beamter zu jeder Zeit, an jedem Ort und in jeder seinem statusrechtlichen Amt entsprechenden Stellung einsetzbar ist.
48Vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. November 2014 - 2 B 97/13 -, juris, Rn. 10, m.w.N.; OVG NRW, Beschluss vom 13. November 2006 - 6 B 2086/06 -, juris, Rn. 5.
49Diesen Anforderungen wurde der Kläger zweifelsohne nicht mehr gerecht. Aufgrund seiner langjährig bestehenden psychischen Erkrankung ist er nach ärztlicher Einschätzung dauerhaft nicht mehr dazu in der Lage, den mit polizeidienstlichen Einsätzen verbundenen seelischen Belastungen standzuhalten, im Außendienst eingesetzt zu werden, unmittelbaren Zwang anzuwenden oder gar von der Dienstwaffe Gebrauch zu machen. Dies ergibt sich nicht nur schlüssig und nachvollziehbar aus dem polizeiamtsärztlichen Gutachten vom 2. Juli 2019, sondern auch aus der von dem Kläger selbst vorgelegten Bescheinigung seines behandelnden Arztes, Dr. med. T. vom 18. September 2019, wo es wörtlich heißt: „Krankheitsbedingt ist eine Wiedereingliederung in den aktiven Polizeidienst nicht möglich, da die Eignung zum Führen einer Dienstwaffe nicht mehr gegeben ist.“.
50b. Genügt der Beamte oder die Beamtin des Polizeivollzugsdienstes, wie hier der Kläger, nicht mehr den besonderen gesundheitlichen Anforderungen an eine uneingeschränkte Verwendungsfähigkeit im Polizeivollzugsdienst und ist er oder sie deshalb dauerhaft unfähig, ein statusrechtliches Amt in einer Laufbahn des Polizeivollzugsdienstes wahrzunehmen, ermächtigt § 115 Abs. 1 2. Hs. LBG NRW den Dienstherrn auf der zweiten Stufe seiner Prüfung, polizeidienstunfähige, aber nicht allgemein dienstunfähige Polizeivollzugsbeamte oder -beamtinnen, sofern sie Lebenszeitbeamte sind, im Polizeidienst zu behalten und für Dienstposten im Polizeivollzugsdienst vorzusehen, auf denen die ansonsten für Polizeivollzugsbeamte und -beamtinnen erforderliche besondere gesundheitliche Belastbarkeit entbehrlich ist. Kann der Beamte oder die Beamtin nach § 115 Abs. 1 2. Hs. LBG NRW nur noch eingeschränkt im Polizeivollzugsdienst verwendet werden, hat er bzw. sie einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung des Dienstherrn über eine solche Verwendung. Diese Entscheidung muss eine Prognose darüber enthalten, dass der Beamte bzw. die Beamtin während seiner gesamten verbleibenden Dienstzeit auf derartigen Dienstposten verwendet werden kann. Einzubeziehen sind dabei die dienstlichen Gegebenheiten und Erfordernisse der jeweiligen Behörde, die einzelfallbezogene Einschätzung der Verwendungsbreite des Beamten bzw. der Beamtin im polizeilichen Innendienst, grundsätzliche Erwägungen personalwirtschaftlicher Art für den gesamten Polizeivollzugsdienst sowie die Anzahl der zur Verfügung stehenden vakanten Dienstposten, auf denen der Beamte bzw. die Beamtin während seiner bzw. ihrer verbleibenden Dienstzeit verwendet werden kann. Der Dienstherr darf in seine Prognose weitreichende organisatorische und personalpolitische Erwägungen einstellen.
51Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2005 - 2 C 4/04 -, juris Rn. 11 ff.; OVG NRW, Beschluss vom 20. Januar 2016 - 6 A 2630/14 -, juris, Rn. 7 f., m.w.N.; Sächsisches OVG, Urteil vom 25. März 2014 - 2 A 16/13 -, juris, Rn. 20, m.w.N.
52Nach dieser Maßgabe hat der Beklagte in der Sache zu Recht angenommen, dass ein Dienstposten, der den Verwendungseinschränkungen des Klägers Rechnung trägt, weder im Polizeipräsidium E. noch bei anderen Polizeibehörden des Landes zur Verfügung steht. Dies ergibt sich aus den zahl- und weitreichenden Einschränkungen der allgemeinen Dienstfähigkeit des Klägers, die auch einer Verwendung auf einem sonstigen Innendienstposten entgegenstehen. Zu nennen sind hier insbesondere die polizeiamtsärztlich in dem Gutachten vom 2. Juli 2019 festgestellten und in der mündlichen Verhandlung seitens des sachverständigen Zeugen ergänzend erläuterten konzentrativen und mnestischen Störungen, die dem Kläger selbst eine einfache Vorgangsbearbeitung oder gar alltägliche organisatorische und koordinierende Tätigkeiten unmöglich machten. Hinzu trat die mangelnde Stressresilienz, die dazu führte, dass der Kläger dem Arbeiten in Großraumbüros, auf einen Dienstposten mit Publikumsverkehr oder deutlicher Lärmbelästigung, Bearbeitungsdruck durch vakante Stellen oder auch nur dem Umgang mit Kolleginnen und Kollegen nicht mehr gewachsen war.
53Das Gericht sieht sich nicht veranlasst, diese ärztliche Einschätzung in Zweifel zu ziehen.
54Die sachverständigen Feststellungen sind auf der Grundlage einer ausführlichen Auswertung sämtlicher dem Polizeiamtsarzt zur Verfügung gestellter Akten und fachärztlicher Berichte (S. 3 bis 10 des Gutachtens) und einer intensiven Befragung des Klägers zu seiner Biographie und seinen Lebensumständen (S. 10 bis 14 des Gutachtens) sowie weiterer telefonischer Kontakte zu dem Kläger getroffen worden. In der Befunddarstellung hat der Polizeiamtsarzt nachvollziehbar die beim Kläger während der Untersuchung zutage getretenen und von diesem selbst berichteten Auffälligkeiten beschrieben und zugeordnet (Konzentration und Gedächtnis zeigen im Gesprächsverlauf Beeinträchtigungen und Konzentrationsstörungen. Er wiederholt häufig bereits Gesagtes, als wenn er sich nicht daran erinnern könnte, es bereits mitgeteilt zu haben. Schwingungsfähigkeit und Antrieb vermindert, unruhig und angespannt, keine ausreichende Impulskontrolle, in Teilen der notwendigen telefonischen Kontaktaufnahme distanzlos, Einsicht- und Kritikfähigkeit gestört, unter Stress: Zittern der Hände, berichtet von Grübelzwang, Konzentrationsstörungen und Schlafstörung, Albträume, Schlaflosigkeit, schnelle Erschöpfung während des Tages, vgl. S. 15 bis 21 des Gutachtens). Die sich als Schlussfolgerung ergebenden Einschränkungen der Leistungsfähigkeit des Klägers hat der sachverständige Zeuge im Rahmen des vorgenannten amtsärztlichen Gutachtens plausibel mit den fachärztlich gestellten Diagnosen (insbesondere: rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Diagnose [ICD 10: F33.11]; Schwere depressive Episode [ICD-10: F32.2]; Z.n. posttraumatischer Belastungsstörung mit Restsymptomen [ICD-10: F43.1]) in Bezug gesetzt und die Untersuchungsergebnisse schlüssig und überzeugend eingeordnet. Dabei hat er ferner plausibel berücksichtigt, dass der Kläger aufgrund der für das Zurruhesetzungsverfahren maßgeblichen psychologischen Erkrankungen zum Zeitpunkt der Zurruhesetzung bereits seit über drei Jahren keinen Dienst mehr verrichtet hat. Dies und der Umstand, dass in dieser Zeit zwei stationär durchgeführte Reha-Maßnahmen bzw. Krankenhausbehandlungen nicht zur Widerherstellung der Dienstfähigkeit führen konnten, fügen sich in das gezeichnete Bild der negativen Prognose hinsichtlich einer innerhalb des zeitlichen Rahmens zu erwartenden beachtlichen Genesung.
55Soweit der Kläger die Rechtmäßigkeit der dem polizeiamtsärztlichen Gutachten zugrunde liegenden Untersuchungsanordnung anzweifelt, ist dies rechtlich nicht von Relevanz, da das Untersuchungsergebnis unabhängig von der Rechtmäßigkeit der Untersuchungsaufforderung verwertbar ist.
56Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. März 2019 – 2 VR 5/18 –, juris, Rn. 34.
57Ohne Erfolg bleibt der Einwand des Klägers, der sachverständige Zeuge hätte seine Einschätzung tragend auf den letztlich widerlegten Umstand gestützt, dass der Kläger krankheitsbedingt weder in der Lage ist, ein BEM-Gespräch zu führen noch die Initiative zur Durchführung einer Wiedereingliederungsmaßnahme zu ergreifen. Der sachverständige Zeuge hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass nicht allein die mangelnde Initiative hinsichtlich der Durchführung eines BEM- oder Wiedereingliederungsverfahrens tragend für seine ärztliche Einschätzung zur Leistungsfähigkeit des Klägers gewesen seien. Hingegen sei die Gesamtschau, in der viele weitere „weiche Kriterien“ eine Rolle gespielt hätten, maßgeblich gewesen (vgl. Seite 8 der Sitzungsniederschrift). Diese Erläuterung steht in Einklang mit den dem Gutachten auf Seite 24 zu entnehmenden Ausführungen, wo es heißt: „Aus fachlicher Sicht ist zu befürchten, dass Herr POK F. krankheitsbedingt weder in der Lage ist ein BEM Gespräch zu führen, noch die Initiative zur Durchführung einer Wiedereingliederungsmaßnahme zu ergreifen. Auch die Zusendung weiterer Schweigepflichtentbindungserklärungen muss als fehlende Absprachefähigkeit gewertet werden. Auch wenn diese nur als weiche Kriterien anzusehen sind, passen sie in das Gesamtbild der schweren nichtorganischen Erkrankung an der der Patient leidet.“. Es wird deutlich, dass der sachverständige Zeuge die fehlende Initiative des Klägers hinsichtlich der Durchführung eines BEM- oder Wiedereingliederungsverfahrens ebenso wie die wiederholte absprachewidrige Übersendung von Schweigepflichtentbindungserklärungen als anschauliche Beispiele zur Verdeutlichung der psychisch-neurologischen Einschränkungen des Klägers herausgegriffen und nicht als tragende Säule seiner Bewertung betrachtet hat. Dass auch der schließlich seitens des Klägers im Juli 2019 gestellte Wiedereingliederungsantrag und die Vorlage eines konkreten Wiedereingliederungsplanes im September 2019 nicht zu einer anderen als in dem Gutachten vom 2. Juli 2019 getroffenen Einschätzung führt, ist bereits in dem Gutachten angelegt (vgl. Seite 24 des Gutachtens: „… obgleich dieses Ansinnen aus meiner fachlichen Sicht spät kam.“). Hierzu fügt sich, dass der sachverständige Zeuge in der mündlichen Verhandlung konstatierte, dass diese scheinbaren Fortschritte in Anbetracht der telefonischen Distanzüberschreitungen des Klägers, die ebenfalls im September 2019 stattgefunden hätten, in den Hintergrund gedrängt würden und daher keinen Anhalt dafür böten, der Kläger hätte seine Leistungseinschränkungen überwunden. Außerdem wies er darauf hin, dass der Kläger nicht alleine dazu in der Lage gewesen sei, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, sondern er der Unterstützung des ihn behandelnden Arztes bedurft habe, der ihn im Juni 2019 angerufen und gefragt habe, wann mit der Wiedereingliederung begonnen werden könne (vgl. S. 4 der Sitzungsniederschrift).
58Auch hat der Kläger bis zum Erlass der streitgegenständlichen Zurruhesetzungsverfügung keine ärztlichen Unterlagen beigebracht, die geeignet wären, die polizeiamtsärztliche Einschätzung substantiell in Zweifel zu ziehen. Insbesondere lassen sich den von ihm im Juli 2019 und September 2019 vorgelegten Schreiben seines behandelnden Arztes keine tragfähigen Aussagen zu seinem Gesundheitszustand entnehmen. Soweit es dort heißt „Es ist nun eine stufenweise Wiedereingliederung nach dem Hamburger Modell vorgesehen.“ und „Anschließend sollte eine vollschichtige Tätigkeit unter den genannten Einschränkungen möglich sein.“ bleibt offen, ob und wenn ja, auf welchen fachlichen Feststellungen zu einer eingetretenen positiven Veränderung des Gesundheitszustandes des Klägers diese Einschätzung beruht.
59c. Aufgrund der erheblichen Einschränkungen, denen der Kläger unterlag, und der von ihm selbst geschilderten Beschwerden war es auch nicht erforderlich, auf der dritten Stufe gemäß § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 und 3 BeamtStG nach einer anderweitigen Verwendung zu suchen. Die Suchpflicht entfällt nämlich, wenn feststeht, dass der Beamte krankheitsbedingt voraussichtlich keinerlei Dienst mehr leisten kann oder erhebliche Fehlzeiten zu erwarten sind.
60Vgl. OVG NRW, Urteil vom 4. November 2015 - 6 A 1364/14 -, juris, m.w.N.
61So liegt der Fall hier. Die Feststellung des Beklagten, der Kläger sei auch allgemein dienstunfähig und verfüge über keinerlei beachtliches Restleistungsvermögen, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Dies lässt sich bereits dem der Zurruhesetzungsverfügung zugrundeliegenden polizeiamtsärztlichen Gutachten entnehmen (vgl. dazu oben unter A. 3. b.). Der sachverständige Zuge stellte in der mündlichen Verhandlung ergänzend zusammenfassend fest, dass der Kläger einzig zu einer reinen Kopiertätigkeit in der Lage gewesen sei, aber mit allem, was mehr Konzentration, Absprachefähigkeit und Kommunikation vorausgesetzt hätte, überfordert gewesen wäre (vgl. S. 6 der Sitzungsniederschrift). Ein Dienstposten, der diesen und den weiteren (oben aufgezeigten) Leistungseinschränkungen des Klägers Rechnung trägt ist bei lebensnaher Betrachtung auch in der allgemeinen Verwaltung nicht vorhanden. Den dem polizeiamtsärztlichen Gutachten und in der mündlichen Verhandlung ergänzten Erläuterungen des Polizeiamtsarztes zu den nach ärztlicher Einschätzung zum Zeitpunkt der Zurruhesetzungsverfügung bestehenden erheblichen Leistungseinschränkungen ohne beachtliches Restleistungsvermögen ist der Kläger auch insoweit nicht substantiiert entgegengetreten. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird im Übrigen auf die unter Punkt A. 3. b. dargestellten Ausführungen Bezug genommen.
62Auch eine begrenzte Dienstfähigkeit i.S.v. § 27 BeamtStG kam in Anbetracht des fehlenden Restleistungsvermögens nicht in Betracht.
63B. Auch der auf die unverzügliche Reaktivierung des Klägers gerichtete Hilfsantrag bleibt ohne Erfolg. Er ist jedenfalls unbegründet.
64Die Voraussetzungen des für das Reaktivierungsbegehren allein als Anspruchsgrundlage in Betracht kommenden § 29 Abs. 1 BeamtStG in Verbindung mit § 35 LBG NRW liegen im für die Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung,
65vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7. Mai 2007 - 1 B 385/07 -, juris, Rn. 5; BayVGH, Beschluss vom 17. Januar 2014 - 3 ZB 11.179 -, juris, Rn. 4,
66nicht vor. Nach diesen Vorschriften ist dem auf erneute Berufung in das Beamtenverhältnis gerichteten Antrag eines Beamten oder einer Beamtin nach Wiederherstellung seiner bzw. ihrer Dienstfähigkeit zu entsprechen, falls nicht zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen.
67Die für eine Reaktivierung auf Antrag des Beamten oder der Beamtin erforderliche Wiederherstellung der Dienstfähigkeit ist nur gegeben, wenn der Beamte bzw. die Beamtin den gesundheitlichen Anforderungen des ihm bzw. ihr zuletzt übertragenen Statusamtes wieder genügt.
68Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 3. September 2018 - 6 E 661/18 -, Seite 2 des amtlichen Entscheidungsabdrucks, n.v.; Urteil vom 4. November 2015 - 6 A 208/12 -, juris, Rn. 32, sowie Beschlüsse vom 24. September 2015 - 6 E 819/15 -, juris, Rn. 3, und vom 2. Mai 2011 - 6 A 2373/10 -, juris, Rn. 3 ff.
69Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Im Streitfall besteht - nach wie vor - kein tragfähiger Anhalt dafür, dass der Kläger, der zuletzt das Statusamt eines Polizeioberkommissars (Besoldungsgruppe A 10) bekleidet hat, den gesundheitlichen Anforderungen dieses Statusamtes wieder genügt. Das von dem Kläger vorgelegte Schreiben seines behandelnden Arztes vom 4. November 2021 enthält mit Formulierungen wie „Besserung des psychischen Gesamtbildes“ und „Verbesserung seiner kognitiven Fähigkeiten“ zum einen nur wenig greifbare Umschreibungen, auf deren Grundlage eine Bewertung seiner Leistungsfähigkeit und die daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen auf seine (Polizei-)Dienstfähigkeit nicht möglich sind. Zum anderen schließt der Bericht jedoch auch lediglich mit der Einschätzung, dass eine „Dienstfähigkeit im Verwaltungsdienst“ seit Sommer 2019 wieder gegeben sei. Eine positive Aussage zur Wiederherstellung auch der Polizeidienstfähigkeit lässt sich dem Schreiben nicht entnehmen. Im Gegenteil ist im Lichte der vorangegangenen Äußerungen des behandelnden Arztes davon auszugehen, dass der Kläger aus seiner Sicht nach wie vor nicht den gesundheitlichen Anforderungen seines zuletzt innegehabten Statusamtes eines Polizeioberkommissars genügt. Hatte er dem Kläger doch mit Schreiben vom 00.0.2019 die Eignung zum Führen einer Dienstwaffe abgesprochen und eine Wiedereingliederung in den Polizeivollzugsdienst als nicht möglich erachtet. Ergänzend sei angemerkt, dass vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden ist, dass der Beklagte bisher auch keine Veranlassung gesehen hat, ein amtsärztliches Gutachten zur Frage der Wiederherstellung der Dienstfähigkeit des Klägers bezogen auf das Statusamt eines Polizeioberkommissars einzuholen.
70C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.
71Rechtsmittelbelehrung:
72Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
73Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
74Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist.
75Die Berufung ist nur zuzulassen,
761. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
772. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
783. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
794. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
805. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
81Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich einzureichen.
82Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen.
83Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.
84Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
85Beschluss:
86Der Streitwert wird auf die Wertstufe bis 65.000,- Euro festgesetzt.
87Gründe:
88Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Sätze 2 und 3 GKG erfolgt.
89Rechtsmittelbelehrung:
90Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
91Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
92Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
93Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt.
94Die Beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
95War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
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