Beschluss vom Verwaltungsgericht Düsseldorf - 13 L 841/22.A
Tenor
Der Antrag wird einschließlich des Prozesskostenhilfeantrags abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Der am 7. April 2022 gestellte Antrag,
3der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, der für die Abschiebung zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen, dass eine Abschiebung des Antragstellers auf der Grundlage der Abschiebungsanordnung in Ziffer 3 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 6. Januar 2022 vorläufig bis zum Abschluss des Klageverfahrens 13 K 1563/22.A nicht erfolgen darf,
4hat keinen Erfolg.
5Der Antrag nach § 123 VwGO ist zulässig. Insbesondere steht seiner Statthaftigkeit § 123 Abs. 5 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO, 34a Abs. 2 AsylG nicht entgegen. Zwar war gegen den streitgegenständlichen Bescheid zunächst einstweiliger Rechtsschutz nach Maßgabe des § 80 Abs. 5 VwGO eröffnet, so dass insoweit ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO unstatthaft war. Ist jedoch einstweiliger Rechtsschutz ‑ wie hier ‑ nach Maßgabe des § 80 Abs. 5 oder § 80 Abs. 7 VwGO nicht mehr möglich, weil die Wochenfrist des § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG versäumt ist, vermag die Regelung in § 123 Abs. 5 VwGO den Zugang zum einstweiligen Rechtsschutz dann nicht zu sperren, wenn die streitgegenständliche Abschiebungsanordnung noch nicht bestandskräftig ist und der betreffende Antragsteller seinen Antrag auf Tatsachen oder Mittel zur Glaubhaftmachung stützt, die er ohne Verschulden nicht innerhalb der Antragsfrist des § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG gerichtlich geltend gemacht hat.
6Dies ist zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG geboten. Denn dem betroffenen Ausländer wäre sonst keine Möglichkeit zur vorläufigen gerichtlichen Sicherung eigener Rechte eröffnet, deren Durchsetzung er im Hauptsacheverfahren mit der (rechtzeitig erhobenen) Klage verfolgt. Anders liegt es, wenn die streitgegenständliche Abschiebungsanordnung bereits bestandskräftig geworden ist. Will der von einer bestandskräftigen Abschiebungsanordnung Betroffene eine nachträgliche Veränderung der Sach- oder Rechtslage geltend machen, so kann er beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) einen Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG stellen und, sollte dieser Antrag abgelehnt werden, im gerichtlichen Klageverfahren eine neue Sachentscheidung erzwingen.
7Vgl. Bay.VGH, Beschluss vom 21. April 2015 - 10 CE 15.810, 10 C 15.813 ‑, juris, Rz. 5 m.w.N.
8Der dieser Fallkonstellation systematisch entsprechende statthafte Antrag im einstweiligen Rechtsschutz ist dann der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO zur Sicherung des geltend gemachten Anspruchs auf Wiederaufgreifen des Verfahrens, mit dem eine vorläufige Verhinderung der angeordneten Abschiebung erreicht werden kann, indem der Bundesrepublik Deutschland als Rechtsträgerin des Bundesamtes aufgegeben wird, der für die Abschiebung zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen, dass vorläufig nicht aufgrund der früheren Mitteilung und der bestandskräftigen Abschiebungsanordnung abgeschoben werden darf.
9Vgl. Bay.VGH, Beschluss vom 21. April 2015 - 10 CE 15.810, 10 C 15.813 ‑, juris, Rz. 5; VG Düsseldorf, Beschluss vom 17. Februar 2015 - 22 L 378/15.A ‑, juris.
10Dieser Weg zur vorläufigen Sicherung eigener Rechte ist indessen nicht eröffnet, wenn die Abschiebungsanordnung - wie hier - nicht bestandskräftig, sondern Gegenstand einer rechtzeitig erhobenen Klage ist. Zur Vermeidung einer mit Art. 19 Abs. 4 GG unvereinbaren Rechtsschutzlücke ist § 123 Abs. 5 VwGO in derartigen Fällen einschränkend dahingehend auszulegen, dass die Vorschrift keine Anwendung findet, wenn die streitgegenständliche Abschiebungsanordnung noch nicht bestandskräftig ist und der jeweilige Antragsteller seinen Antrag auf Tatsachen oder Mittel zur Glaubhaftmachung stützt, die er ohne Verschulden nicht innerhalb der Antragsfrist des § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG gerichtlich geltend gemacht hat.
11Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 14. Dezember 2015 - 22 L 4001/15.A ‑, juris.
12So liegt der Fall hier. Der Antragsteller beruft sich darauf, dass am 28. März 2022 seine Ehefrau und der gemeinsame Sohn, die beide die ukrainische Staatsangehörigkeit hätten, in die Bundesrepublik Deutschland eingereist seien. Deshalb sei die Antragsgegnerin nunmehr vor dem Hintergrund von Art. 6 GG und Art. 8 EMRK verpflichtet, von ihrem Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO Gebrauch zu machen. Diesen erst nachträglich eingetretenen Umstand konnte der Antragsteller – korrekte Daten unterstellt - innerhalb der Antragsfrist des § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG nicht geltend machen.
13Der Antrag nach § 123 VwGO ist jedoch unbegründet.
14Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint (Regelungsanordnung).
15Im Hinblick auf die durch Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistete Garantie effektiven Rechtsschutzes ist der Antrag begründet, wenn der geltend gemachte Anspruch hinreichend wahrscheinlich ist (Anordnungsanspruch) und es dem Antragsteller schlechthin unzumutbar ist, das Ergebnis des Hauptsacheverfahrens abzuwarten (Anordnungsgrund). Diese Voraussetzungen sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO glaubhaft zu machen.
16Ausgehend von diesen rechtlichen Maßgaben hat der Antragsteller zwar einen Anordnungsgrund, jedoch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
17Ein Anordnungsgrund liegt angesichts des Umstandes, dass der Antragsteller jederzeit mit seiner Abschiebung nach Österreich rechnen muss, vor.
18Der Antragsteller hat jedoch einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.
19Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist die Antragsgegnerin bei gegebener Zuständigkeit Österreichs nicht verpflichtet, ihr Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO auszuüben. Nach dieser Vorschrift kann abweichend von Art. 3 Abs. 1 Dublin III-VO jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist (sog. Selbsteintritt). Bei Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO handelt es sich um eine restriktiv zu handhabende Ausnahmebestimmung, die eine Zuständigkeitsübernahme in Fällen ermöglicht, in denen außergewöhnliche humanitäre, familiäre oder krankheitsbedingte Gründe vorliegen, die nach Maßgabe der Werteordnung der nationalen oder europäischen Grundrechte einen Selbsteintritt erfordern. Insoweit steht den Mitgliedstaaten ein weiter Ermessensspielraum zu.
20Selbst wenn man einen Anspruch des Antragstellers auf fehlerfreie Ermessensausübung annähme, sind hier keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass insoweit das Ermessen auf Null reduziert wäre. Vorliegend ist nicht ersichtlich, dass das den Mitgliedstaaten durch Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO eingeräumte Ermessen im Hinblick auf die Wahrung der Familieneinheit des Antragstellers auf Null reduziert, die Antragsgegnerin also verpflichtet wäre, das Selbsteintrittsrecht auszuüben.
21Es kann offen bleiben, ob der Antragsteller und Frau N. B. tatsächlich verheiratet sind und ob B1. B2. das gemeinsame Kind der Beiden ist. Nachweise dafür wurden nicht vorgelegt. Allerdings spricht dafür, dass der Antragsteller in den Anhörungen beim Bundesamt mehrfach seine ukrainische Ehefrau und einen Sohn erwähnt hat.
22Selbst wenn man Ehe und Vaterschaft unterstellt, bleibt festzuhalten, dass das Selbsteintrittsrecht nicht für Fälle gedacht ist, in denen der Aufenthalt der Familienmitglieder in der Bundesrepublik Deutschland selbst nicht gefestigt ist. Außergewöhnliche Gründe, die nach der Maßgabe der Werteordnung der nationalen oder europäischen Grundrechte einen Selbsteintritt erfordern, liegen dann gerade nicht vor. Auch mit Blick auf den Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG, Art. 8 EMRK ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen es geboten sein sollte, dem Antragsteller die Führung der familiären Lebensgemeinschaft, die im Übrigen seit seiner Ausreise aus dem Irak am 20. November 2020 – und damit seit ca. 1 ½ Jahren – unterbrochen war, gerade in Deutschland zu ermöglichen. N. und B1. B2. halten sich zwar seit einigen Tagen in Deutschland auf. Und ihr Aufenthalt dürfte derzeit auch rechtmäßig sein, da sie aufgrund ihrer ukrainischen Staatsangehörigkeit gemäß Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Anlage II Visa-VO von der Visumspflicht für einen Aufenthalt, der 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, befreit sind. Beide sind im Besitz eines biometrischen Reisepasses, da ihre Reisepässe nach dem 1. Januar 2017 ausgestellt worden sind.
23Vgl.https://kiew.diplo.de/ua-de/service/05-VisaEinreise/visafreiheit/1254326#:~:text=Sie%20ben%C3%B6tigen%20einen%20biometrischen%20Reisepass,der%20Datenseite%20des%20Passes%20tr%C3%A4gt, abgerufen am 11. April 2022.
24Welche Pläne sie für den Zeitraum nach Ablauf der 90 Tage haben, ist jedoch nicht vorgetragen worden. Dass sie in Deutschland einen Asylantrag gestellt haben, ist ebenfalls nicht vorgetragen worden. Ebenso wenig ist vorgetragen worden, dass sie nicht aus dem Irak (wo sie mit dem Antragsteller bis zu dessen Ausreise zusammen gelebt haben sollen), sondern aus der Ukraine direkt als Kriegsflüchtlinge in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sind. Dass und gegebenenfalls auf welcher Rechtsgrundlage Deutschland ihr Lebensmittelpunkt werden soll, ist in keiner Weise glaubhaft gemacht worden. Vor diesem Hintergrund aber ist der Antragsteller darauf zu verweisen, dass jedenfalls zunächst der Führung einer familiären Lebensgemeinschaft mit Ehefrau und Kind im zuständigen Mitgliedstaat Österreich nichts entgegenstehen dürfte. N. und B1. B. dürften sich auch in Österreich nach § 4 Abs. 1 Visa-VO visumsfrei aufhalten.
25Auch ist die Abschiebungsanordnung nicht etwa rechtswidrig.
26Sie findet ihre rechtliche Grundlage in § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG, wonach das Bundesamt, wenn der Ausländer in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) abgeschoben werden soll, die Abschiebung in diesen Staat anordnet, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.
27Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind gegeben. Insbesondere steht im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG) fest, dass die Abschiebung des Antragstellers nach Österreich durchgeführt werden kann. Die Abschiebung ist nicht etwa auszusetzen, weil sie aus rechtlichen Gründen wegen eines Verstoßes gegen Art. 6 Abs. 1 GG, Art. 8 EMRK unmöglich wäre (= Duldungsgrund gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG).
28Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts,
29vgl. etwa BVerfG, B.v. 31.8.1999 – 2 BvR 1523/99; B.v. 4.12.2007 – 2 BvR 2341/06; B.v. 8.12.2005 – 2 BvR 1001/04 – jew. Juris,
30gewährt Art. 6 GG grundsätzlich keinen unmittelbaren Anspruch auf Aufenthalt. Das Grundgesetz überantwortet die Entscheidung, in welcher Zahl und unter welchen Voraussetzungen der Zugang zum Bundesgebiet ermöglicht werden soll, weitgehend der gesetzgebenden und der vollziehenden Gewalt. Allerdings verpflichtet die in Art. 6 GG enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm, nach welcher der Staat Ehe und Familie zu schützen und zu fördern hat, Behörden und Gerichte bei der Entscheidung über ein Aufenthaltsbegehren, die bestehenden ehelichen Bindungen an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, angemessen und mit dem ihnen zukommenden Gewicht berücksichtigen und entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen. Das Schutzgebot für Ehe und Familie ist daher in verhältnismäßiger Weise mit den öffentlichen Interessen abzuwägen. Art. 6 GG gebietet es regelmäßig nicht, dem Wunsch eines Ausländers nach ehelichen und familiären Zusammenleben im Bundesgebiet zu entsprechen, wenn er oder sein Ehegatte hier nicht seinen Lebensmittelpunkt gefunden haben. Letzteres kann generell nur angenommen werden, wenn der Verbleib im Bundesgebiet aufenthaltsrechtlich auf Dauer gesichert ist oder ein Anspruch auf Einräumung eines Daueraufenthaltsrechts besteht,
31vgl. BVerfG B.v. 12.5.1987 – 2 BvR 1226/83 – juris Rn. 114.
32Ein nur verfahrensbegleitendes Aufenthaltsrecht genügt nicht. Ausländerrechtliche Schutzwirkungen entfaltet Art. 6 GG zudem nicht schon aufgrund formalrechtlicher familiärer Bindungen, entscheidend ist vielmehr die tatsächliche Verbundenheit zwischen den Familienmitgliedern. Dabei ist grundsätzlich eine Betrachtung des Einzelfalls geboten, bei der auf der einen Seite die familiären Bindungen zu berücksichtigen sind, auf der anderen Seite aber auch die sonstigen Umstände des Einzelfalls. Auch aus Art. 8 EMRK folgt nicht grundsätzlich die Pflicht eines Konventionsstaates, die von einem Ehepaar getroffene Wahl eines gemeinsamen Wohnsitzes zu achten und dem ausländischen Ehegatten den Aufenthalt zu ermöglichen,
33vgl. EGMR, U.v. 4.10.2016 – Nr. 30474/14 – juris; BVerfG, B.v. 12.5.1987 – 2 BvR 1226/83 – juris Rn. 165.
34Mit Blick auf das geltend gemachte Asylbegehren und die diesbezüglichen Regelungen der Dublin III-VO ist zu berücksichtigen, dass ein erhebliches Interesse der Bundesrepublik Deutschland daran besteht, sich an dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem zu beteiligen, das eine anhand von einheitlichen Zuständigkeitskriterien erfolgende Verteilung von Asylbewerbern vorsieht, hierbei familiäre Belange berücksichtigt (vgl. insbes. Erwägungsgründe 13 ff., Art. 9 bis 11 und 16 der Dublin III-VO) und darüber hinaus ein rechtsmissbräuchliches Verhalten wie Scheinehen oder ein sog. "asylum-shopping" verhindern soll. Kommt es einem Ausländer darauf an, ein Asylverfahren zu durchlaufen, so muss er angesichts des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems grundsätzlich in Kauf nehmen, dass das Asylverfahren in einem (zuständigen) anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union durchgeführt wird. Dies ist jedenfalls dann nicht unzumutbar, wenn die Trennung der Ehegatten bzw. Familie nur vorübergehend ist. Eine vorübergehende Trennung bis zum Abschluss eines laufenden Asylverfahrens dürfte dabei regelmäßig nur dann unzumutbar sein, wenn im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, etwa weil einer der Ehegatten auf Grund individueller Besonderheiten mehr als im Regelfall auf persönlichen Beistand angewiesen ist,
35vgl. VG Augsburg, U.v. 23.2.2015 – Au 5 K 14.50254 – juris Rn. 33; BVerfG, B.v. 12.5.1987 – 2 BvR 1226/83 – juris Rn. 116 f.
36Nach diesem Maßstab ist es dem Antragsteller vorliegend zuzumuten, sein Asyl(folge)verfahren in Österreich zu betreiben. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit zunächst auf die oben gemachten Ausführungen zu Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO verwiesen. Besondere Umstände des Einzelfalls sind hier nicht erkennbar. Die Ehefrau und das Kind des Antragstellers sind erst seit wenigen Tagen in Deutschland und haben hier noch nicht ihren Lebensmittelpunkt gefunden. Dass ein Familienmitglied in besonderem Maße auf persönlichen Beistand angewiesen ist, ist nicht glaubhaft gemacht worden. Der Antragsteller und seine Ehefrau und das gemeinsame Kind haben fast 1 ½ Jahre getrennt voneinander gelebt. Zudem steht es der Ehefrau des Antragstellers und dem Kind aufgrund des gemäß § 4 Visa-VO eingeräumten Rechts frei, den Antragsteller mit dem Kind nach Österreich zu begleiten. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, warum sie nicht mit ähnlichen Erfolgsaussichten auch dort einen dauerhaften Aufenthalt anstreben können.
37Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war abzulehnen, weil die Rechtsverfolgung nach den oben gemachten Ausführungen nicht die nach §§ 166 VwGO, 114 ZPO erforderliche Erfolgsaussicht bietet.
38Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
39Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 RVG.
40Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
- ZPO § 166 Zustellung 1x
- ZPO § 114 Voraussetzungen 1x
- VwGO § 123 2x
- § 4 Visa-VO 1x (nicht zugeordnet)
- § 83b AsylG 1x (nicht zugeordnet)
- § 80 AsylG 1x (nicht zugeordnet)
- § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG 1x (nicht zugeordnet)
- § 4 Abs. 1 Visa-VO 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 154 1x
- RVG § 30 Gegenstandswert in gerichtlichen Verfahren nach dem Asylgesetz 1x
- 13 K 1563/22 1x (nicht zugeordnet)
- 22 L 378/15 1x (nicht zugeordnet)
- 22 L 4001/15 1x (nicht zugeordnet)
- 2 BvR 1523/99 1x (nicht zugeordnet)
- 2 BvR 2341/06 1x (nicht zugeordnet)
- 2 BvR 1001/04 1x (nicht zugeordnet)
- 2 BvR 1226/83 3x (nicht zugeordnet)