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Die Kammer konnte verhandeln und entscheiden, obwohl nicht alle Beteiligten in der mündlichen Verhandlung anwesend waren. Denn sie waren in der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden (§ 102 Abs.2 VwGO).
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Die Klage ist unzulässig. Die Klägerin ist nicht nach § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Sie kann durch die Feststellung des Beklagten im Bescheid vom 01.12.2006, wonach der Rahmenvertrag vom 01.06.2006 im O. Kreis keine Wirkung entfaltet, nicht in eigenen Rechten verletzt sein. Denn weder § 51 Abs. 2 PBefG noch Grundrechte vermitteln ihr insoweit einen Schutz.
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1. Ein Kläger ist in seinen Rechten nur dann verletzt, wenn sein rechtlich geschützter Lebenskreis durch den angefochtenen Verwaltungsakt betroffen wird (statt vieler Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 28.01.1960 - I A 17.57 -, BVerwGE 10, 122). Erforderlich ist deshalb, dass die in Frage stehende Norm ausschließlich oder zumindest auch dem Schutz der Interessen der Klägerin dient, sog. Schutznormtheorie (Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 42 Rd.Nr. 78 ff., 83). Dabei genügt es regelmäßig nicht, dass mit dem in Frage stehenden Rechtssatz und einem darauf gestützten Verwaltungsakt Reflexwirkungen zu Gunsten Dritter verbunden sind. Ob ein Rechtssatz danach im Sinne der Schutznormtheorie dem Schutz der Individualinteressen dient oder lediglich Reflexwirkungen entfaltet, ist eine Frage der Auslegung (Kopp/Schenke, a.a.O., § 42 Rd.Nr. 83).
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Diese Auslegung ergibt vorliegend, dass der Klägerin durch das Personenbeförderungsgesetz kein Schutz vermittelt wird.
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a) Soweit sich die Klägerin darauf beruft, die Sondervereinbarung sei nach § 51 Abs. 2 PBefG zulässig, weil die Ordnung des Verkehrsmarktes nicht gestört werde, kann sie daraus eine Verletzung eigener Rechte nicht herleiten. Denn die Regelung des § 51 Abs. 2 PBefG dient neben dem öffentlichen Interesse an leistungsrechten Beförderungsentgelten und -bedingungen dem Schutz der Taxiunternehmen vor ruinösen Bedingungen.
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§ 51 Abs. 1 PBefG ermächtigt die Landesregierung, durch Rechtsverordnung Beförderungsentgelte und -bedingungen für den Taxenverkehr festzusetzen. Dies wurde in § 1 Abs. 2 der Verordnung der Landesregierung und des Ministeriums für Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr über personenbeförderungsrechtliche Zuständigkeiten (PBefZuVO) vom 07.03.1983 und der aufgrund dieser Ermächtigung beruhenden Rechtsverordnung des Beklagten über die Festsetzung der Beförderungsentgelte und Beförderungsbedingungen für den Gelegenheitsverkehr mit Taxen im O. Kreis (Taxentarif) vom 25.11.1999 in den Fassungen vom 15.10.2001 und 02.01.2002 entsprechend umgesetzt. Die Zulässigkeit von Sondervereinbarungen aufgrund privatrechtlicher Absprachen hat der Gesetzgeber wiederum von der Grundkonstruktion her aus § 22a des Güterkraftverkehrsgesetzes a.F. (GüKG) übernommen. Wie dort soll auch der Taxiunternehmer Sonderregelungen mit Kunden vereinbaren können (Bidinger, Personenbeförderungsrecht, Kommentar, Stand Dezember 2007, § 51 Ziffer 19). § 51 Abs. 2 PBefG i.V.m. § 3 der Rechtsverordnung - Taxentarif - bestimmt insoweit, dass für Krankenfahrten, die im Auftrag oder auf Rechnung von Kostenträgern innerhalb des Geltungsbereiches dieser Verordnung durchgeführt werden, Sondervereinbarungen zulässig sind, sofern die Ordnung des Verkehrsmarktes, insbesondere des Taxi- und Mietwagenverkehrs nicht gestört werden (Ziffer 1), die Beförderungsentgelte und -bedingungen schriftlich vereinbart sind (Ziffer 2) und sich die Sondervereinbarung auf einen bestimmten Zeitraum bezieht, eine Mindestfahrtenzahl oder einen Mindestumsatz im Monat festlegt (Ziffer 3).
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Die Prüfung, ob eine Sondervereinbarung und die darin festgesetzten Beförderungsentgelte in Einklang mit § 51 Abs. 2 PBefG stehen, ist ein Mittel der gemäß § 54 PBefG angeordneten staatlichen Aufsichtsgewalt. Nach § 54 Abs. 1 PBefG unterliegt der Unternehmer hinsichtlich der Erfüllung dieses Gesetzes sowie der hierzu erlassenen Rechtsverordnungen der Aufsicht der Genehmigungsbehörde (so auch VG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 20.10.2006 - 3 B 120/06 -, Juris). Allerdings beschränkt sich die Prüfung der Vereinbarkeit der Beförderungsentgelte mit § 51 Abs. 2 PBefG in ihrer Rechtswirkung allein auf das Rechtsverhältnis des Beklagten mit den Taxiunternehmern als Inhaber der Berechtigung zum Abschluss abweichender Taxientgelte. Das VG Schleswig-Holstein hat insoweit in seinem Beschluss vom 26.09.2006 - 3 B 119/06 - (Juris) ausgeführt: „… § 51 Abs. 2 Nr. 2 PBefG lässt Sondervereinbarungen nur zu, wenn durch sie eine Ordnung des Verkehrsmarktes nicht gestört wird. Diese Regelung dient nicht nur dem öffentlichen Interesse an der Absicherung der Tarifpflicht gegen eine Unterminierung durch exzessive Sondervereinbarungen, sondern auch dem Schutz der Taxiunternehmen, die im Pflichtfahrbereich durch die Beförderungspflicht und die Tarifpflicht weitgehend ihrer Vertragsfreiheit beraubt sind. Diese erhebliche Einschränkung der Vertragsfreiheit, die den Taxiunternehmern die Möglichkeit nimmt, die Preisgestaltung an ihren unternehmerischen Zielen und Bedürfnissen auszurichten, wird durch die Regelung in § 51 Abs. 1, 3 PBefG i.V.m. § 39 Abs. 2 PBefG kompensiert, die die Festlegung grundsätzlich auskömmlicher Tarife im Pflichtfahrbereich vorschreibt. Der Absicherung dieser Balance trägt § 51 Abs. 2 Nr. 2 PBefG Rechnung, indem er zwar Sondervereinbarungen zulässt, sie aber zugleich auf ein Maß beschränkt, das die Ordnung des Verkehrmarktes nicht stört. Damit verfolgt § 51 Abs. 2 Nr. 2 PBefG zumindest auch den Zweck, die Position der Taxiunternehmer im regulierten Markt vor einer Unterwanderung des Regulierungssystems zu schützen...“. Die Kammer schließt sich diesen überzeugenden Ausführungen an. Dies bedeutet, dass § 51 Abs. 2 PBefG nur insoweit drittschützende Wirkung entfaltet, als die Auskömmlichkeit der Tarife im Pflichtfahrbereich gewahrt bleiben muss. Über den Schutz der Verkehrsanbieter in ihrer Gesamtheit hinaus kann damit nur der einzelne Taxiunternehmer die Verletzung eigener Rechte geltend machen, nämlich dann, wenn es durch die Umsetzung der Sondervereinbarung zu derartigen Verwerfungen und Verschiebungen auf dem Verkehrsmarkt kommt, dass die Nachfrage nach Beförderungen im Pflichtfahrbereich nur noch von marginaler Bedeutung ist und deshalb insbesondere die durch die Rechtsverordnung festgelegten Entgelte nicht mehr auskömmlich im Sinne von § 39 Abs. 2 PBefG sind (vgl. VG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 22.10.2006 - 3 B 120/06 -), oder dann, wenn die Aufsichtsbehörde zu Unrecht die Wirksamkeit der Sondervereinbarung verneint.
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Danach dient die Regelung des § 51 Abs. 2 PBefG nicht auch dem Schutz der Interessen der Klägerin als Kundin der Taxiunternehmen. Eine andere Beurteilung ist nicht etwa deshalb anzunehmen, soweit die Klägerin der Auffassung ist, Schutzzweck des § 51 Abs. 2 PBefG sei überdies die Wahrung eines Handlungsspielraumes für die Bildung marktgerechter Preise. Als eng auszulegende Ausnahmeregelung im System der von der Genehmigungsbehörde festgesetzten Pflichttarife ist die Regelung nicht auch als Öffnungsklausel für einen freien Markt mit den dann wirkenden marktregulierenden Kräften zu verstehen. Vielmehr sollte allein die Möglichkeit geschaffen werden, den Besonderheiten des (hier) Leistungssegmentes „Krankenfahrt“ in Form einer anderen Tarifgestaltung unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Interessen der Taxiunternehmen und des auf Gewährleistung sicherer und ausreichender Beförderungsmöglichkeiten gerichteten Interesses der Allgemeinheit Rechnung tragen zu können. Zweck der Anzeige der entsprechenden Vereinbarung ist allein, der Aufsichtsbehörde die Prüfung zu ermöglichen, ob diese (auch zu Gunsten der Taxiunternehmen bestehenden) Interessen gewahrt sind. Deutlicher ergibt sich dies noch aus der in § 51 Abs. 2 Ziffer 4 PBefG alternativ zur Anzeigepflicht genannten Genehmigungspflicht; sollte eine etwa erforderliche Genehmigung zu Unrecht versagt worden sein, könnten sich im anschließenden Genehmigungsstreit allein die Taxiunternehmen darauf berufen, dass die zu ihrem Schutz bestehenden Voraussetzungen für den Abschluss einer Sondervereinbarung gegeben seien. Dritte könnten nicht geltend machen, der Schutz der Unternehmen (und der Allgemeinheit) sei durch die Vereinbarung gewahrt.
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b) Die Klägerin ist auch nicht in ihrer Eigenschaft als Vertragspartnerin durch die Feststellung der Ungültigkeit des Rahmenvertrages in eigenen Rechten verletzt. Denn der Rahmenvertrag stellt nur einen Reflex der Berechtigung aus § 51 Abs. 2 PBefG dar.
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Die in § 51 PBefG enthaltenen Regelungen haben allein die Gestaltung der Beförderungsbedingungen durch Taxen und die Festsetzung der Beförderungsentgelte zum Gegenstand. Die Öffnungsklausel des § 51 Abs. 2 PBefG zielt - wie ausgeführt - insoweit darauf ab, den Taxiunternehmern innerhalb des Pflichtfahrbereichs bei ansonsten bestehender Tarifbindung die Befugnis für eine abweichende Vereinbarung der Beförderungstarife unter Einhaltung der dort genannten Voraussetzungen einzuräumen. Deshalb wird die Rechtsstellung des Vertragspartners einer Sondervereinbarung von der Feststellung der Ungültigkeit dieses Vertrages jedenfalls nur mittelbar berührt. Denn die Wirksamkeit der Vereinbarung steht unter dem Vorbehalt, dass der von der Norm bezweckte Schutz gegeben ist (vgl. auch zu einem ähnlich gelagerten Fall: BVerwG, Beschluss vom 05.10.1979 - 7 B 203.79 -, Buchholz 310, § 42 Nr. 75 zu § 39 PBefG).
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2. Ebenso wenig lässt sich die Klagebefugnis der Klägerin nach der sog. Adressatentheorie annehmen, wobei offen bleiben kann, ob der Bescheid vom 01.12.2006 überhaupt formal an die Klägerin ergangen ist. Nach der Adressatentheorie folgt - soweit ein Kläger Adressat eines Verwaltungsaktes ist, der ihm ein Handeln, Unterlassen oder Dulden gebietet - aus dem durch das Auffanggrundrecht des Art. 2 Abs. 1 GG begründeten umfassenden Schutz seiner Freiheitssphäre, dass insoweit stets die Möglichkeit einer Rechtsverletzung zu bejahen ist. Allerdings genügt die rein formale Adressierung des Verwaltungsaktes nicht, sondern es ist stets auch eine materielle Beeinträchtigung zu fordern (Kopp/Schenke, a.a.O., § 42 Rd.Nr. 69 ff.). Wie oben unter Ziffer 1. ausgeführt, werden vom Schutzbereich des § 51 Abs. 2 PBefG aber nur die Interessen der Allgemeinheit und die der Taxiunternehmen erfasst, weshalb sich die Klägerin nicht auf die Einhaltung dieser Voraussetzungen berufen kann. Hinzu kommt, dass nach § 54 Abs. 1 und Abs. 2 PBefG nur der Unternehmer selbst unmittelbarer Adressat der Aufsicht ist (Bidinger, a.a.O., § 54 Rd.Nr. 7).
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Im Übrigen sind gesetzliche Krankenkassen - wie die Klägerin - rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung (§ 4 Abs. 1 SGB V). In der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung ist im Hinblick auf öffentlich-rechtliche Körperschaften im Allgemeinen, im Hinblick auf Sozialversicherungsträger und gesetzliche Krankenkassen im Besonderen geklärt, dass für diese die Grundrechte gemäß Art. 19 Abs. 3 GG grundsätzlich nicht gelten. Denn die Grundrechte sind ihrem Wesen nach nicht auf juristische Personen des öffentlichen Rechts anwendbar, soweit letztere öffentliche Aufgaben wahrnehmen (BVerfG, Beschluss vom 09.06.2004 - 2 BvR 1249/03 -, Juris). Eine Ausnahme von diesen Grundsätzen ist hier nicht gegeben. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin als Trägerin eigener Rechte betroffen wäre und nicht nur als verlängerter Arm des Staates.
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Unabhängig von der Unzulässigkeit der Klage hat die Kammer im übrigen ebenso inhaltliche Bedenken gegen die Wirksamkeit der Vereinbarung, denen im Rahmen einer Begründetheitsprüfung näher hätte nachgegangen werden müssen. So mag zwar offen bleiben, in welchem (alternativen bzw. kumulativen) Verhältnis die in § 51 Abs. 2 Ziffer 1 PBefG genannten inhaltlichen Voraussetzungen zueinander stehen. Denn in dem Rahmenvertrag dürfte es an der Festsetzung der Laufzeit des Vertrages über einen bestimmten Zeitraum fehlen. Soweit nämlich nach § 12 Ziffer 1 des Rahmenvertrages die Vereinbarung am 01.06.2006 in Kraft tritt und auf unbefristete Zeit geschlossen wird, wobei sie mit einer Frist von drei Monaten zum Ende eines Kalenderjahres, frühestens zum 31.12.2010, gekündigt werden kann, dürfte dies nicht dem genannten Erfordernis genügen.
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Mit der Bestimmung in § 51 Abs. 2 Nr. 1 PBefG soll den Taxiunternehmern auf der einen Seite eine gewisse Planungssicherheit verschafft werden (so auch LSG Bad.-Württ., Beschluss vom 04.04.2007 - L 5 KR 518/07 ERB -, Juris). Auf der anderen Seite wird die Aufsichts-/Genehmigungsbehörde durch eine zeitliche und/oder quantitative Eingrenzung des Geltungsbereiches der Sondervereinbarung überhaupt erst in die Lage versetzt, deren Auswirkungen auf den „normalen“ Pflichtfahrbereich einzuschätzen und zu überprüfen, ob die Vereinbarung mit dem Schutzzweck der gesetzlichen Regelung des § 51 Abs. 2 PBefG vereinbar ist. Denn die ausnahmsweise zugelassenen Abweichungen vom gesetzlichen Normalfall der zwingenden Beachtung der Entgeltverordnung im Pflichtfahrgebiet dürfen - wie dargelegt - nicht so genutzt werden, dass die Tarifpflicht ausgehöhlt wird. Die Festlegung eines bestimmten Zeitraumes und/oder eines bestimmten Umfangs der Beförderungen ist deshalb für die Bewertung der Auswirkungen der Ausnahmeregelung auf die Taxiunternehmen von erheblichem Gewicht. Mit Sinn und Zweck des Erfordernisses einer "Festlegung eines bestimmten Zeitraumes" im Sinne von § 51 Abs. 2 Ziffer 1 PBefG dürfte daher auch nur eine ausdrückliche Befristung der Vereinbarung einhergehen. Nur so ließen sich nämlich die Auswirkungen des vereinbarten Sondertarifes verlässlich abschätzen, während die Folgen einer unbefristeten Regelung nicht zuletzt vor dem Hintergrund von Preisentwicklungen kaum zuverlässig prognostiziert werden könnten. Hieran ändert die Möglichkeit einer Kündigung und einer Mindestlaufdauer der Vereinbarung nichts, weil abgesehen von den Schwierigkeiten einer Kündigung bei einer Mehrzahl von Vertragspartnern allein das Erreichen der Mindestlaufzeit der Behörde noch keine (erneute) Prüfung des Einhaltens der Voraussetzungen des § 51 Abs.2 Ziffer 2 PBefG erlaubte. Soweit der Vertreter der Beigeladenen Ziffer 6 hierzu in der mündlichen Verhandlung geäußert hat, dass eine Laufzeit von vier Jahren gewollt gewesen sei, lässt sich dies der getroffenen Vereinbarung nicht dergestalt entnehmen, dass sie nach Ablauf von vier Jahren neu geschlossen werden müsse.
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