Urteil vom Verwaltungsgericht Freiburg - 1 K 424/09

Tenor

Der Bescheid des Landratsamts Schwarzwald-Baar-Kreis vom 1.8.2008 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 24.2.2009 werden aufgehoben. Das beklagte Land wird verpflichtet, dem Kläger einen Staatsangehörigkeitsausweis auszustellen.

Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Ausstellung eines Ausweises über seine deutsche Staatsangehörigkeit.
Der Kläger wurde am … 1987 in der Türkei als eheliches Kind türkischer Staatsangehöriger geboren. Am 29.1.2004 kam er nach Deutschland zu den Eheleuten ... ... und ... ... (Onkel des Klägers), welche die deutsche Staatsbürgerschaft seit 2001 bzw. 1998 besitzen. Die Einreise erfolgte zum Zweck der Adoption, nachdem der Vater des Klägers im Januar 2003 verstorben war und er sich mit seiner leiblichen Mutter nicht mehr verstand.
Mit notarieller Urkunde vom 16.6.2004, eingegangen beim Amtsgericht - Vormundschaftsgericht - X. am 19.6.2004, beantragten ... und ... unter gleichzeitiger Einwilligung des Klägers und im Anschluss an eine bereits unter dem 25.5.2004 notariell in der Türkei erfolgte Einwilligung der Mutter des Klägers dessen Annahme als gemeinschaftliches Kind.
Mit Beschluss vom 4.11.2005 (FR XVI 9/04) wies das Amtsgericht X. diesen Antrag im Anschluss an eine persönliche Anhörung vom 7.10.2005 zurück und führte zur Begründung aus: Zwar hätten das Jugendamt der Stadt X. und der Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg die Adoption befürwortet, die materiellen Voraussetzungen nach § 1741 BGB lägen jedoch nicht vor. Die Annahme diene nicht dem Kindeswohl, weil nicht absehbar sei, dass es dem Kläger zusammen mit der Pflegefamilie mittelfristig möglich sein werde, die bislang unzureichende deutsche Sprache sowie einen Schulabschluss zu erwerben und eine Berufsausbildung zu durchlaufen. Eine Annahme hätte zur zwingenden Konsequenz, dass dem Kläger auf Dauer der Weg zu einer Ausbildung und sinnvollen beruflichen Perspektive verwehrt bleiben würde, weil sich eine berufliche Perspektive bei einem Verbleib in Deutschland nur in einem Zusammenhang ergebe, in dem die Beherrschung der deutschen Sprache entbehrlich oder zumindest nebensächlich sei, d.h. im Rahmen einer wirtschaftlichen Parallelgesellschaft oder der Ausübung völlig untergeordneter Hilfsarbeiten. Hierdurch wären dem Kläger keinerlei ausbaufähige Zukunftsaussichten gegeben und er würde absehbar auf Dauer vom Wohlwollen Dritter abhängen sowie der äußerst unsicheren Arbeitsmarktsituation für ungelernte Hilfskräfte ohne zureichende Sprachkenntnisse ausgesetzt sein. Mit hoher Wahrscheinlichkeit würde er früher oder später auf die Inanspruchnahme von Transferleistungen im Rahmen der sozialen Sicherung angewiesen sein. Im Gegensatz hierzu stünden ihm im Fall der Rückkehr in die Türkei alle Möglichkeiten offen, ohne weiteren Verlust wertvoller Lebenszeit sich seiner schulischen oder beruflichen Ausbildung zuzuwenden. Trotz herzlicher Aufnahme in der neuen Familie müsse der knapp zwei Jahre dauernde Aufenthalt in Deutschland als für die Entwicklung des Klägers leichtfertig verlorene Zeit bewertet werden, in der es zu keiner weiteren Entwicklung seiner Persönlichkeit gekommen sei.
Mit Beschluss vom 1.6.2006 hob das Landgericht Konstanz auf die Beschwerde der Eheleute ... den Beschluss des Amtsgerichts vom 4.11.2005 auf und verwies das Verfahren dorthin zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, die erstinstanzliche Entscheidung sei unter Verletzung rechtlichen Gehörs ergangen. Der Beschluss des Amtsgerichts sei erst am 16.11.2005, nämlich zu dem Zeitpunkt wirksam erlassen gewesen, als die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die für die Verfahrensbeteiligten bestimmten Beschlussausfertigungen zur Aushändigung an die Post herausgegeben habe. Zu diesem Zeitpunkt sei der Kläger jedoch bereits seit dem 6.11.2005 volljährig gewesen, so dass in diesem Verfahren der Ausspruch einer Minderjährigenadoption rechtlich nicht mehr möglich gewesen sei. Auf diese Änderung der Rechtslage hätte hingewiesen werden müssen.
Bereits mit notarieller Urkunde vom 2.5.2006 hatten die Eheleute ... und der Kläger erneut die Annahme des Klägers als Kind verbunden mit dem Ausspruch beantragt, dass die Wirkungen der Annahme sich nach den Vorschriften über die Annahme eines Minderjährigen richten sollten. Mit erneut unter dem Aktenzeichen FR XVI 9/04 ergehendem Beschluss vom 9.3.2007 sprach das Amtsgericht X. die Annahme des Klägers durch die Eheleute ... gemäß § 1772 Abs. 1 Satz 1 b.) BGB mit den Wirkungen einer Minderjährigenadoption aus, da der Kläger bereits als Minderjähriger in die Familie der Annehmenden aufgenommen worden sei. Zur weiteren Begründung führte das Vormundschaftsgericht aus, die Voraussetzungen des § 1772 Abs. 1 Satz 1 d.) BGB für eine Minderjährigenadoption seien nicht gegeben. Die Vorschrift habe den Zweck, Nachteile für die Beteiligten aufgrund der Verfahrensdauer zu vermeiden, wenn eine zunächst beantragte Minderjährigenadoption nach Erreichen der Volljährigkeit nicht ausgesprochen werden könne. Die Minderjährigenadoption sei zwar bereits am 19.6.2004 vor Erreichen der Volljährigkeit beantragt worden, die Ablehnung des Ausspruchs habe jedoch nicht auf der Verfahrensdauer, sondern darauf beruht, dass bis zum Erreichen der Volljährigkeit die Voraussetzungen für einen Ausspruch materiell nicht gegeben gewesen seien, weshalb der Antrag zunächst mit Beschluss vom 4.11.2005 zurückgewiesen worden sei.
Der Kläger beantragte am 2.8.2007 beim Landratsamt S.-Kreis die Ausstellung eines Ausweises über seine deutsche Staatsangehörigkeit. Ein beim VG Freiburg unter 1 K 1135/06 geführtes Eilverfahren wegen beabsichtigter Aufenthaltsbeendigung durch die Stadt X. (Ausländerbehörde) hatten diese und der Kläger für erledigt erklärt, nachdem die Ausländerbehörde zugesagt hatte, den Kläger bis zur Entscheidung über die Adoption zu dulden. Auch das unter 1 K 1134/06 geführte Klageverfahren (gerichtet gegen Ausreisaufforderung und Abschiebungsandrohung in einem Bescheid der Ausländerbehörde vom 25.8.2004 sowie auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis) wurde eingestellt, nachdem die Stadt X. und der Kläger dieses für erledigt erklärt hatten.
Mit Entscheidung vom 1.8.2008 lehnte das Landratsamt den Antrag auf Ausstellung einer Staatsangehörigkeitsurkunde ab. Zur Begründung wurde angeführt, der Kläger erfülle nicht die Voraussetzungen des § 6 StAG. Sein erster Antrag auf Annahme als Kind (16.6.2004) sei vor Vollendung des 18. Lebensjahres, der zweite Antrag (4.5.2006) nach Vollendung gestellt worden. Aus dem Beschluss des Amtsgerichts vom 9.3.2007 ergebe sich eindeutig, dass die Voraussetzungen für den Ausspruch einer Minderjährigenadoption materiell nicht gegeben gewesen seien. Damit habe das Amtsgericht die Ablehnung der Minderjährigenadoption übernommen und gleichzeitig die Adoption aufgrund des Antrages vom 4.5.2006 ausgesprochen. Zwar habe das Vormundschaftsgericht bestimmt, dass sich die Wirkungen der Annahme eines Volljährigen nach den Vorschriften über die Annahme eines Minderjährigen richteten; hierfür gelte § 6 StAG jedoch nicht. Überdies bestünden schließlich Anhaltspunkte dafür, dass im Fall des Klägers durch manipulative oder missbräuchliche Ausnutzung des Adoptionsrechts einschränkende Aufenthaltsbestimmungen umgangen werden sollten.
Den vom Kläger am 8.8.2008 erhobenen Widerspruch wies das RP F. mit Widerspruchsbescheid vom 24.2.2009 (zugestellt am 26.2.2009) zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, § 6 StAG sei nur anzuwenden, wenn Verzögerungen des Adoptionsverfahrens einträten, die eine wirksame Annahme als Kind vor dem Stichtag der Vollendung des 18. Lebensjahres verhinderten. Hingegen sei keine Besserstellung der Personen bezweckt, die zwar das 18. Lebensjahr zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht vollendet hätten, deren Annahme als minderjähriges Kind jedoch - wie vom Amtsgericht im Beschluss vom 9.3.2007 bestätigt - aus rechtlichen Gründen nicht ausgesprochen werden könne.
10 
Im Herbst 2008 erhielt der Kläger von der Stadt X. eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG erteilt.
11 
Der Kläger hat am 23.3.2009 Klage erhoben. Er trägt vor, maßgeblich abzustellen sei auf den Annahmeantrag vom 16.6.2004 und nicht auf den weiteren neuen Annahmeantrag.
12 
Der Kläger beantragt,
13 
den Bescheid des Landratsamts S.-Kreis vom 1.8.2008 und den Widerspruchsbescheid des RP F. vom 24.2.2009 aufzuheben und das beklagte Land zu verpflichten, ihm einen Staatsangehörigkeitsausweis auszustellen.
14 
Das beklagte Land bezieht sich auf Ausgangs- und Widerspruchsbescheid und beantragt,
15 
die Klage abzuweisen.
16 
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie den Akteninhalt (jeweils ein Heft des Landratsamts und des Regierungspräsidiums, ferner die Gerichtsakten der Verfahren 1 K 1134/06 und 1 K 1135/06) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Die zulässige Klage ist begründet. Die Ablehnungsentscheidung des Landratsamts ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, weil er einen Anspruch auf Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 StAG wird auf Antrag das Bestehen oder Nichtbestehen der deutschen Staatsangehörigkeit von der Staatsangehörigkeitsbehörde festgestellt. Gemäß Satz 2 ist die Feststellung in allen Angelegenheiten verbindlich, für die das Bestehen oder Nichtbestehen der deutschen Staatsangehörigkeit rechtserheblich ist. Wird das Bestehen der deutschen Staatsangehörigkeit auf Antrag festgestellt, stellt die Staatsangehörigkeitsbehörde einen Staatsangehörigkeitsausweis aus, § 30 Abs. 3 Satz 1 StAG.
18 
Der Kläger hat die deutsche Staatsangehörigkeit durch seine Annahme als Kind der Eheleute ... erworben. Gemäß § 6 Satz 1 StAG (i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 3 StAG) erwirbt mit der nach den deutschen Gesetzen wirksamen Annahme als Kind durch einen Deutschen das Kind, das im Zeitpunkt des Annahmeantrags das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, die deutsche Staatsangehörigkeit. Unerheblich ist, ob das Kind dabei seine bisherige Staatsangehörigkeit verliert oder nicht. Der Gesetzgeber hat bei der Einführung des § 6 StAG (durch das Adoptionsgesetz vom 2.7.1976, BGBl. I S. 1749) und bei dessen Änderung (durch das Gesetz zur Neuregelung des Internationalen Privatrechts vom 25.7.1986, BGBl. I S. 1142) an dem Grundsatz festgehalten, dass volljährige Ausländer die deutsche Staatsangehörigkeit aufgrund einer Adoption nicht - wie minderjährige Ausländer - kraft Gesetzes erwerben sollen. Hierdurch soll jeder Anreiz vermieden werden, durch eine Adoption die für Ausländer bestehenden aufenthaltsrechtlichen, berufsrechtlichen und sonstigen Beschränkungen zu umgehen. Diese - noch auf weitere Gründe wie insbesondere die Vermeidung von Mehrfachstaatsangehörigkeit bei Erwachsenen gestützte - Entscheidung des Gesetzgebers ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, auch nicht im Hinblick auf die Ungleichbehandlung des von einem Deutschen adoptierten minderjährigen Ausländers, der nach § 6 Satz 1 StAG ohne weiteres die deutsche Staatsangehörigkeit erwirbt, und des von einem Deutschen adoptierten volljährigen Ausländers, der grundsätzlich nur gemäß § 8 StAG aufgrund einer Ermessensentscheidung eingebürgert werden kann (BVerwG, Urt. v. 18.12.1998 - 1 C 2/98 -, NJW 1999, 1347; Urt. v. 14.10.2003 - 1 C 20/02 -, NJW 2004, 1401).
19 
Die Voraussetzungen des § 6 Satz 1 StAG sind hier erfüllt. Aufgrund rechtskräftigen Beschlusses des Amtsgerichts (Vormundschaftsgerichts) X. vom 9.3.2007 (wirksam seit 2.4.2007) ist der Kläger von den Eheleuten ..., deutschen Staatsangehörigen, als gemeinschaftliches Kind angenommen worden. Obwohl es sich um die Annahme eines Volljährigen handelt, trat die Rechtsfolge des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit am 2.4.2007 ein, weil der Kläger im Zeitpunkt der Stellung des ursprünglichen Annahmeantrags noch minderjährig war und weil seine Adoption mit den vom Vormundschaftsgericht bestimmten Wirkungen einer Minderjährigenannahme (vgl. § 1772 BGB) erfolgte. § 6 Satz 1 StAG erleichtert den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit im Grenzbereich zwischen Minderjährigen- und Volljährigenadoption und soll minderjährigen Ausländern den Rechtsvorteil des gesetzlichen Staatsangehörigkeitserwerbs durch Adoption ohne Rücksicht auf Gestaltung und Dauer des Annahmeverfahrens erhalten (BVerwG, Urt. v. 14.10.2003, a.a.O.). § 6 Satz 1 StAG ist anzuwenden, wenn Verzögerungen des Adoptionsverfahrens eintreten, die eine wirksame Annahme als Kind vor dem „Stichtag“ der Vollendung des 18. Lebensjahres verhindern. Voraussetzung ist, dass die Volljährigkeit während eines noch nicht abgeschlossenen Adoptionsverfahrens eintritt und dass die anschließende Annahme als Erwachsener zu den Bedingungen einer „starken“ Minderjährigenadoption nach § 1772 BGB erfolgt, die zivilrechtlich im Wesentlichen die Wirkungen einer Volladoption entfaltet. Nur dann ist es gerechtfertigt, dem Ausländer auch staatsangehörigkeitsrechtlich die Rechtswirkungen einer (Voll-)Adoption als minderjähriges Kind über den Zeitpunkt der Vollendung des 18. Lebensjahres hinaus zu gewähren (BVerwG, Urt. v. 14.10.2003, a.a.O.).
20 
Die Anwendbarkeit des § 6 Satz 1 StAG hängt nicht von der Gestaltung des Annahmeverfahrens durch die Gerichte der freiwilligen Gerichtsbarkeit ab, wenn diese - wie auch im Fall des Klägers das LG Konstanz - davon ausgehen, dass mit dem Eintritt der Volljährigkeit das (Minderjährigen-)Annahmeverfahren endet und ein neuer Antrag nach § 1768 BGB erforderlich ist, durch den ein neues (Volljährigen-) Adoptionsverfahren anhängig wird (BVerwG, Urt. v. 14.10.2003, a.a.O.; vgl. zum Fall des Klägers: LG Konstanz, Beschl.-Seite 3 - im Anschluss an OLG Karlsruhe, Beschl. v. 15.11.1999 - 11 Wx 113/99 -, juris).
21 
Entgegen der Rechtsauffassung von Ausgangs- und Widerspruchsbehörde ist im Fall des Klägers auch sonst keine Ausnahmekonstellation gegeben, die es rechtfertigt, von der Rechtsprechung des BVerwG abzuweichen. Ein im Sinne des § 6 Satz 1 StAG berücksichtigungsfähiger Adoptionsantrag setzt zunächst dessen Einreichung beim Vormundschaftsgericht vor der Vollendung des 18. Lebensjahres voraus. Das trifft hier auf den ersten Antrag des Klägers zu, der beim Vormundschaftsgericht am 16.6.2004 gestellt worden ist. Zeitpunkt des Annahmeantrags i.S. von § 6 Satz 1 StAG ist der Zeitpunkt, in dem der Annahmeantrag beim Vormundschaftsgericht eingereicht wird (BVerwG, Urt. v. 18.12.1998, a.a.O.).
22 
Auch der Umstand, dass das Vormundschaftsgericht auf den mit dem Eintritt der Volljährigkeit erforderlichen neuen Antrag ein Volljährigen-Adoptionsverfahren (mit dem selben Geschäftszeichen) eingeleitet und durchgeführt hat, steht der Anwendung des § 6 Satz 1 StAG nicht entgegen. Wegen dieser Verfahrenspraxis der Vormundschaftsgerichte bilden gerade solche unerledigten Erstanträge den Hauptanwendungsbereich des § 6 Satz 1 StAG. Für den Eintritt der Rechtsfolge des gesetzlichen Staatsangehörigkeitserwerbs entscheidend ist nach dem Gesetz zunächst nur, dass im Zeitpunkt der Vollendung des 18. Lebensjahres des Kindes noch der auf Minderjährigenadoption gerichtete (erste) Antrag anhängig und weder abschließend negativ beschieden noch wirksam zurückgenommen ist (BVerwG, Urt. v. 14.10.2003, a.a.O.).
23 
Eine rückwirkende Rücknahme des Adoptionsantrags vom 16.6.2004 lag mit dem neuen Antrag vom Mai 2006 nicht vor. Der bei Gericht eingereichte Antrag auf Annahme eines Minderjährigen als Kind wird als verfahrenseinleitender Antrag durch den Eintritt der Volljährigkeit des Anzunehmenden nicht hinfällig. Den Annehmenden bleibt allerdings vorbehalten, den die Sachentscheidung des Gerichts bestimmenden Antrag auf Ausspruch einer Minderjährigenadoption in einen Antrag auf Annahme eines Volljährigen (ggf. mit den Wirkungen einer Minderjährigenadoption,) abzuändern und hierzu im laufenden Adoptionsverfahren einen notariell beurkundeten neuen Antrag einzureichen (KG Berlin, Beschl. v. 17.6.2003 - 1 W 302/01 -, juris). Der Abänderungsantrag setzt kein neues Verfahren in Gang - dementsprechend hat das Amtsgericht hier das Geschäftszeichen aus 2004 auch beibehalten - vielmehr erhält der weiterhin anhängige ursprüngliche Antrag einen geänderten Inhalt (Marx, in: Gemeinschaftskommentar zum Staatsangehörigkeitsrecht, § 6 StAG, Rnr. 119 [August 2009]).
24 
Der ursprüngliche Annahmeantrag der Eheleute ... war auch nicht etwa abschließend negativ beschieden worden. Zwar hatte das Amtsgericht die Voraussetzungen der Minderjährigenadoption mit Beschluss vom 4.11.2005 sachlich verneint. Dieser Beschluss, der im Zeitpunkt der Volljährigkeit des Klägers ohnehin noch nicht einmal erlassen war, erlangte jedoch keine Rechtskraft, weil er durch die Entscheidung des LG Konstanz vom 1.6.2006 wieder aufgehoben wurde. Die Anwendung des § 6 Satz 1 StAG allein wegen einer geäußerten negativen Rechtsauffassung im aufgehobenen Beschluss zu versagen, ist nach Auffassung der Kammer nicht zulässig. Denn eine Konstellation wie hier, in der eine negative Sachentscheidung getroffen wird, die wegen zwischenzeitlicher Vollendung des 18. Lebensjahres nicht mehr im Beschwerdeverfahren inhaltlich überprüft werden kann, stellt ebenfalls eine Verfahrensgestaltung durch die Zivilgerichte dar, die nicht zulasten des Anzunehmenden gehen darf. Dass das Amtsgericht im späteren Beschluss vom 9.3.2007 die Voraussetzungen des § 1772 Abs. 1 Satz 1 d.) BGB unter Hinweis auf die Gründe seiner ursprünglichen Entscheidung vom 4.11.2005 verneint hat, ist unerheblich. Die Gründe für die in § 1772 erfolgte Regelung sind familienrechtlicher, nicht staatsangehörigkeitsrechtlicher Natur (BVerwG, Urt. v. 18.12.1998, a.a.O.; Bay. VGH, Beschl. v. 3.3.1999 - 10 CS 98.2903 -, juris; Hamb. OVG, Beschl. v. 26.11.1996 - Bs IV 352/96 -, juris). Eine hinsichtlich der Tatbestandsvoraussetzungen des § 1772 Abs. 1 Satz 1 d.) BGB abweichende Rechtsauffassung des Vormundschaftsgerichts hat für den Verwaltungsrechtsstreit keine Bindungswirkung (OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 18.9.2008 - 5 B 7.07 - juris).
25 
Zu verneinen sind schließlich beim Kläger Umstände, die es unter Beachtung von Sinn und Zweck des § 6 Satz 1 StAG rechtfertigen könnten, diese Bestimmung nicht auf ihn anzuwenden, obwohl er - wie oben dargelegt - die Voraussetzungen dem Wortlaut der Vorschrift nach erfüllt (das BVerwG hat im Urt. v. 14.10.2003 ausdrücklich offen gelassen, ob eine derartige teleologische Einschränkung des § 6 Satz 1 StAG überhaupt in Betracht kommt). Eine - noch im Bescheid des Landratsamts angedeutete - manipulative oder missbräuchliche Ausnutzung des Adoptionsrechts, um einschränkende Bestimmungen für Ausländer zu umgehen, ist nicht ersichtlich. Der Kläger ist am 29.1.2004 nach Deutschland gekommen. Damals war er (erst) 16 Jahre alt, so dass sich angesichts der bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres noch ausstehenden 20 Monate nicht die Frage stellte, ob er als Volljähriger ein Aufenthaltsrecht erhalten würde. Zeitnah zur Einreise und vor allem noch vor Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung im Bescheid der Stadt X. vom 25.8.2004 ist der Adoptionsantrag gestellt worden. Die Angaben dazu, warum der Kläger nicht in der Türkei bleiben konnte und hier in Deutschland familiären Anschluss suchte (Tod des Vaters, Entzweiung mit der Mutter), sind schließlich zu keiner Zeit von den öffentlichen Stellen bezweifelt worden oder sonst unglaubhaft gewesen. Die ursprüngliche Adoptionsablehnung durch das Amtsgericht hing nicht mit diesen Gründen zusammen, sondern mit der Zukunftsprognose über die hiesige Entwicklung des Klägers.
26 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; das Gericht hat keinen Anlass, sie für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO). Die Entscheidung über die Zulassung der Berufung folgt aus §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Die Frage, ob § 6 Satz 1 StAG auch Konstellationen in Adoptionsverfahren wie vorliegend erfasst, hat grundsätzliche Bedeutung.
27 
Beschluss vom 5.7.2010
28 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
17 
Die zulässige Klage ist begründet. Die Ablehnungsentscheidung des Landratsamts ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, weil er einen Anspruch auf Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 StAG wird auf Antrag das Bestehen oder Nichtbestehen der deutschen Staatsangehörigkeit von der Staatsangehörigkeitsbehörde festgestellt. Gemäß Satz 2 ist die Feststellung in allen Angelegenheiten verbindlich, für die das Bestehen oder Nichtbestehen der deutschen Staatsangehörigkeit rechtserheblich ist. Wird das Bestehen der deutschen Staatsangehörigkeit auf Antrag festgestellt, stellt die Staatsangehörigkeitsbehörde einen Staatsangehörigkeitsausweis aus, § 30 Abs. 3 Satz 1 StAG.
18 
Der Kläger hat die deutsche Staatsangehörigkeit durch seine Annahme als Kind der Eheleute ... erworben. Gemäß § 6 Satz 1 StAG (i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 3 StAG) erwirbt mit der nach den deutschen Gesetzen wirksamen Annahme als Kind durch einen Deutschen das Kind, das im Zeitpunkt des Annahmeantrags das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, die deutsche Staatsangehörigkeit. Unerheblich ist, ob das Kind dabei seine bisherige Staatsangehörigkeit verliert oder nicht. Der Gesetzgeber hat bei der Einführung des § 6 StAG (durch das Adoptionsgesetz vom 2.7.1976, BGBl. I S. 1749) und bei dessen Änderung (durch das Gesetz zur Neuregelung des Internationalen Privatrechts vom 25.7.1986, BGBl. I S. 1142) an dem Grundsatz festgehalten, dass volljährige Ausländer die deutsche Staatsangehörigkeit aufgrund einer Adoption nicht - wie minderjährige Ausländer - kraft Gesetzes erwerben sollen. Hierdurch soll jeder Anreiz vermieden werden, durch eine Adoption die für Ausländer bestehenden aufenthaltsrechtlichen, berufsrechtlichen und sonstigen Beschränkungen zu umgehen. Diese - noch auf weitere Gründe wie insbesondere die Vermeidung von Mehrfachstaatsangehörigkeit bei Erwachsenen gestützte - Entscheidung des Gesetzgebers ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, auch nicht im Hinblick auf die Ungleichbehandlung des von einem Deutschen adoptierten minderjährigen Ausländers, der nach § 6 Satz 1 StAG ohne weiteres die deutsche Staatsangehörigkeit erwirbt, und des von einem Deutschen adoptierten volljährigen Ausländers, der grundsätzlich nur gemäß § 8 StAG aufgrund einer Ermessensentscheidung eingebürgert werden kann (BVerwG, Urt. v. 18.12.1998 - 1 C 2/98 -, NJW 1999, 1347; Urt. v. 14.10.2003 - 1 C 20/02 -, NJW 2004, 1401).
19 
Die Voraussetzungen des § 6 Satz 1 StAG sind hier erfüllt. Aufgrund rechtskräftigen Beschlusses des Amtsgerichts (Vormundschaftsgerichts) X. vom 9.3.2007 (wirksam seit 2.4.2007) ist der Kläger von den Eheleuten ..., deutschen Staatsangehörigen, als gemeinschaftliches Kind angenommen worden. Obwohl es sich um die Annahme eines Volljährigen handelt, trat die Rechtsfolge des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit am 2.4.2007 ein, weil der Kläger im Zeitpunkt der Stellung des ursprünglichen Annahmeantrags noch minderjährig war und weil seine Adoption mit den vom Vormundschaftsgericht bestimmten Wirkungen einer Minderjährigenannahme (vgl. § 1772 BGB) erfolgte. § 6 Satz 1 StAG erleichtert den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit im Grenzbereich zwischen Minderjährigen- und Volljährigenadoption und soll minderjährigen Ausländern den Rechtsvorteil des gesetzlichen Staatsangehörigkeitserwerbs durch Adoption ohne Rücksicht auf Gestaltung und Dauer des Annahmeverfahrens erhalten (BVerwG, Urt. v. 14.10.2003, a.a.O.). § 6 Satz 1 StAG ist anzuwenden, wenn Verzögerungen des Adoptionsverfahrens eintreten, die eine wirksame Annahme als Kind vor dem „Stichtag“ der Vollendung des 18. Lebensjahres verhindern. Voraussetzung ist, dass die Volljährigkeit während eines noch nicht abgeschlossenen Adoptionsverfahrens eintritt und dass die anschließende Annahme als Erwachsener zu den Bedingungen einer „starken“ Minderjährigenadoption nach § 1772 BGB erfolgt, die zivilrechtlich im Wesentlichen die Wirkungen einer Volladoption entfaltet. Nur dann ist es gerechtfertigt, dem Ausländer auch staatsangehörigkeitsrechtlich die Rechtswirkungen einer (Voll-)Adoption als minderjähriges Kind über den Zeitpunkt der Vollendung des 18. Lebensjahres hinaus zu gewähren (BVerwG, Urt. v. 14.10.2003, a.a.O.).
20 
Die Anwendbarkeit des § 6 Satz 1 StAG hängt nicht von der Gestaltung des Annahmeverfahrens durch die Gerichte der freiwilligen Gerichtsbarkeit ab, wenn diese - wie auch im Fall des Klägers das LG Konstanz - davon ausgehen, dass mit dem Eintritt der Volljährigkeit das (Minderjährigen-)Annahmeverfahren endet und ein neuer Antrag nach § 1768 BGB erforderlich ist, durch den ein neues (Volljährigen-) Adoptionsverfahren anhängig wird (BVerwG, Urt. v. 14.10.2003, a.a.O.; vgl. zum Fall des Klägers: LG Konstanz, Beschl.-Seite 3 - im Anschluss an OLG Karlsruhe, Beschl. v. 15.11.1999 - 11 Wx 113/99 -, juris).
21 
Entgegen der Rechtsauffassung von Ausgangs- und Widerspruchsbehörde ist im Fall des Klägers auch sonst keine Ausnahmekonstellation gegeben, die es rechtfertigt, von der Rechtsprechung des BVerwG abzuweichen. Ein im Sinne des § 6 Satz 1 StAG berücksichtigungsfähiger Adoptionsantrag setzt zunächst dessen Einreichung beim Vormundschaftsgericht vor der Vollendung des 18. Lebensjahres voraus. Das trifft hier auf den ersten Antrag des Klägers zu, der beim Vormundschaftsgericht am 16.6.2004 gestellt worden ist. Zeitpunkt des Annahmeantrags i.S. von § 6 Satz 1 StAG ist der Zeitpunkt, in dem der Annahmeantrag beim Vormundschaftsgericht eingereicht wird (BVerwG, Urt. v. 18.12.1998, a.a.O.).
22 
Auch der Umstand, dass das Vormundschaftsgericht auf den mit dem Eintritt der Volljährigkeit erforderlichen neuen Antrag ein Volljährigen-Adoptionsverfahren (mit dem selben Geschäftszeichen) eingeleitet und durchgeführt hat, steht der Anwendung des § 6 Satz 1 StAG nicht entgegen. Wegen dieser Verfahrenspraxis der Vormundschaftsgerichte bilden gerade solche unerledigten Erstanträge den Hauptanwendungsbereich des § 6 Satz 1 StAG. Für den Eintritt der Rechtsfolge des gesetzlichen Staatsangehörigkeitserwerbs entscheidend ist nach dem Gesetz zunächst nur, dass im Zeitpunkt der Vollendung des 18. Lebensjahres des Kindes noch der auf Minderjährigenadoption gerichtete (erste) Antrag anhängig und weder abschließend negativ beschieden noch wirksam zurückgenommen ist (BVerwG, Urt. v. 14.10.2003, a.a.O.).
23 
Eine rückwirkende Rücknahme des Adoptionsantrags vom 16.6.2004 lag mit dem neuen Antrag vom Mai 2006 nicht vor. Der bei Gericht eingereichte Antrag auf Annahme eines Minderjährigen als Kind wird als verfahrenseinleitender Antrag durch den Eintritt der Volljährigkeit des Anzunehmenden nicht hinfällig. Den Annehmenden bleibt allerdings vorbehalten, den die Sachentscheidung des Gerichts bestimmenden Antrag auf Ausspruch einer Minderjährigenadoption in einen Antrag auf Annahme eines Volljährigen (ggf. mit den Wirkungen einer Minderjährigenadoption,) abzuändern und hierzu im laufenden Adoptionsverfahren einen notariell beurkundeten neuen Antrag einzureichen (KG Berlin, Beschl. v. 17.6.2003 - 1 W 302/01 -, juris). Der Abänderungsantrag setzt kein neues Verfahren in Gang - dementsprechend hat das Amtsgericht hier das Geschäftszeichen aus 2004 auch beibehalten - vielmehr erhält der weiterhin anhängige ursprüngliche Antrag einen geänderten Inhalt (Marx, in: Gemeinschaftskommentar zum Staatsangehörigkeitsrecht, § 6 StAG, Rnr. 119 [August 2009]).
24 
Der ursprüngliche Annahmeantrag der Eheleute ... war auch nicht etwa abschließend negativ beschieden worden. Zwar hatte das Amtsgericht die Voraussetzungen der Minderjährigenadoption mit Beschluss vom 4.11.2005 sachlich verneint. Dieser Beschluss, der im Zeitpunkt der Volljährigkeit des Klägers ohnehin noch nicht einmal erlassen war, erlangte jedoch keine Rechtskraft, weil er durch die Entscheidung des LG Konstanz vom 1.6.2006 wieder aufgehoben wurde. Die Anwendung des § 6 Satz 1 StAG allein wegen einer geäußerten negativen Rechtsauffassung im aufgehobenen Beschluss zu versagen, ist nach Auffassung der Kammer nicht zulässig. Denn eine Konstellation wie hier, in der eine negative Sachentscheidung getroffen wird, die wegen zwischenzeitlicher Vollendung des 18. Lebensjahres nicht mehr im Beschwerdeverfahren inhaltlich überprüft werden kann, stellt ebenfalls eine Verfahrensgestaltung durch die Zivilgerichte dar, die nicht zulasten des Anzunehmenden gehen darf. Dass das Amtsgericht im späteren Beschluss vom 9.3.2007 die Voraussetzungen des § 1772 Abs. 1 Satz 1 d.) BGB unter Hinweis auf die Gründe seiner ursprünglichen Entscheidung vom 4.11.2005 verneint hat, ist unerheblich. Die Gründe für die in § 1772 erfolgte Regelung sind familienrechtlicher, nicht staatsangehörigkeitsrechtlicher Natur (BVerwG, Urt. v. 18.12.1998, a.a.O.; Bay. VGH, Beschl. v. 3.3.1999 - 10 CS 98.2903 -, juris; Hamb. OVG, Beschl. v. 26.11.1996 - Bs IV 352/96 -, juris). Eine hinsichtlich der Tatbestandsvoraussetzungen des § 1772 Abs. 1 Satz 1 d.) BGB abweichende Rechtsauffassung des Vormundschaftsgerichts hat für den Verwaltungsrechtsstreit keine Bindungswirkung (OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 18.9.2008 - 5 B 7.07 - juris).
25 
Zu verneinen sind schließlich beim Kläger Umstände, die es unter Beachtung von Sinn und Zweck des § 6 Satz 1 StAG rechtfertigen könnten, diese Bestimmung nicht auf ihn anzuwenden, obwohl er - wie oben dargelegt - die Voraussetzungen dem Wortlaut der Vorschrift nach erfüllt (das BVerwG hat im Urt. v. 14.10.2003 ausdrücklich offen gelassen, ob eine derartige teleologische Einschränkung des § 6 Satz 1 StAG überhaupt in Betracht kommt). Eine - noch im Bescheid des Landratsamts angedeutete - manipulative oder missbräuchliche Ausnutzung des Adoptionsrechts, um einschränkende Bestimmungen für Ausländer zu umgehen, ist nicht ersichtlich. Der Kläger ist am 29.1.2004 nach Deutschland gekommen. Damals war er (erst) 16 Jahre alt, so dass sich angesichts der bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres noch ausstehenden 20 Monate nicht die Frage stellte, ob er als Volljähriger ein Aufenthaltsrecht erhalten würde. Zeitnah zur Einreise und vor allem noch vor Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung im Bescheid der Stadt X. vom 25.8.2004 ist der Adoptionsantrag gestellt worden. Die Angaben dazu, warum der Kläger nicht in der Türkei bleiben konnte und hier in Deutschland familiären Anschluss suchte (Tod des Vaters, Entzweiung mit der Mutter), sind schließlich zu keiner Zeit von den öffentlichen Stellen bezweifelt worden oder sonst unglaubhaft gewesen. Die ursprüngliche Adoptionsablehnung durch das Amtsgericht hing nicht mit diesen Gründen zusammen, sondern mit der Zukunftsprognose über die hiesige Entwicklung des Klägers.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; das Gericht hat keinen Anlass, sie für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO). Die Entscheidung über die Zulassung der Berufung folgt aus §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Die Frage, ob § 6 Satz 1 StAG auch Konstellationen in Adoptionsverfahren wie vorliegend erfasst, hat grundsätzliche Bedeutung.
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Beschluss vom 5.7.2010
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Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.

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