Urteil vom Verwaltungsgericht Freiburg - 3 K 2715/10

Tenor

Soweit der Kläger seine Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt.

Die Beklagte wird verurteilt, Kosten für Hilfemaßnahmen betreffend xxx xxx für die Zeit vom 01.10.2007 bis zum 07.06.2009 in Höhe von 83.356,07 EUR dem Kläger zu erstatten.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt Erstattung der Kosten für die Inobhutnahme der am 12.11.1991 geborenen xxx xxx (im Folgenden: C.) im Zeitraum 01.10.2007 bis 07.06.2009.
Am 13.09.2007 wurde C. gemeinsam mit ihrer am 05.01.2007 geborenen Tochter xxx-xxx vom Jugendamt des Klägers im Sozialpädagogischen Zentrum (SPZ) xxx xxx xxx - xxx xxx xxx-, xxx- xxx xxx - xx xxx (Landkreis Dxxx) untergebracht. C. hatte sich am 13.09.2007 - wie auch in den Wochen zuvor - im Elternhaus des Vaters der gemeinsamen Tochter in xxx (Landkreis Dxxx) aufgehalten. Gemeldet war sie bis zum Zeitpunkt der Inobhutnahme noch in Exxx (Landkreis Txxx). Ihre sorgeberechtigte Mutter, xxx xxx (im Folgenden: P.) war bis 30.09.2007 ebenfalls in Exxx gemeldet, wohin sie gemeinsam mit C. ca. im Februar/März 2007 von ihrem früheren Wohnort im Landkreis Dxxx aus gezogen war. Ab 01.10.2007 war P. bei der Beklagten gemeldet.
Der Kläger übernahm die Kosten der Unterbringung der C. und ihrer Tochter im SPZ im Rahmen der Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII. Mit Schreiben vom 29.11.2007 teilte er dies der Beklagten mit und bat um Anerkennung deren Zuständigkeit. Der Vater der C. sei in Berlin wohnhaft. Die Mutter habe ihren gewöhnlichen Aufenthalt seit dem 11.09.2007 in Dxxx. Seit 01.10.2007 sei sie bei der Beklagten gemeldet. Der Kläger sei gem. § 86d SGB VIII vorläufig tätig geworden, da sich C. zum Zeitpunkt der Hilfe im Bereich des Klägers aufgehalten habe. Bis zur Übernahme des Hilfefalles werde die Hilfegewährung gem. § 86c SGB VIII fortgesetzt. Die Beklagte sei zur Erstattung der Kosten verpflichtet. Es werde um Anerkennung der Kostenerstattungspflicht ab 11.09.2007 gebeten. Mit Schreiben vom 11.12.2007 erläuterte der Kläger die näheren Umstände der Inobhutnahme. Mit Schreiben vom 14.12.2007 lehnte die Beklagte den Kostenerstattungsantrag mit der Begründung ab, C. befinde sich mit ihrer Tochter in einer Mutter- und Kind-Einrichtung. Die örtliche Zuständigkeit richte sich nach § 86b Abs. 1 SGB VIII. Daher sei der gewöhnliche Aufenthalt von C. vor Beginn der Leistung maßgebend. Dieser sei aber nicht im Bereich der Beklagten gewesen. Leistungsempfänger seien die minderjährige Mutter und ihr Kind. Die Mutter könne selbst einen Antrag gem. § 19 SGB VIII stellen. Zur weiteren Begründung wurde später eine Stellungnahme des Kommunalverbandes für Jugend und Soziales Baden-Württemberg vom 02.04.2008 übersandt.
Am 08.06.2009 beantragte P. beim Kläger die Gewährung von Hilfe zur Erziehung für C..
Mit Schreiben vom 30.06.2009 forderte der Kläger die Beklagte erneut zur Erstattung der Kosten für den Zeitraum ab 01.10.2007 auf. Mit Bescheid vom 20.07.2009 bewilligte der Kläger P. Hilfe zur Erziehung gem. § 34 SGB VIII. Die Hilfegewährung erfolge ab 08.06.2009 gem. § 43 SGB I vorläufig bis zur endgültigen Übernahme durch die Beklagte. Die Kosten der Maßnahme beliefen sich zur Zeit auf ca. 4.000,-- EUR monatlich. Mit Schreiben vom 21.09.2009 teilte die Beklagte dem Kläger mit, der Jugendhilfefall werde zum 01.10.2009 von ihr in eigener Zuständigkeit übernommen. Die Kosten für den Zeitraum 08.06.2009 bis 30.09.2009 würden erstattet.
Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 24.02.2010 seine Kostenerstattungsforderung beziffert und die Kosten für die Monate Oktober 2007 bis Juni 2009 im Einzelnen aufgeführt hatte, lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 15.04.2010 weiterhin die geltend gemachte Forderung ab.
Am 24.12.2010 hat der Kläger Klage erhoben und zunächst die Erstattung von Kosten i.H. von 83.630,34 EUR begehrt. Zur Begründung führt er aus, die Kosten der Inobhutnahme seien zunächst von ihm übernommen worden. Am 25.10.2007 habe P. bei der Beklagten einen Antrag auf Jugendhilfe stellen wollen und sei bei deren Jugendamt vorstellig geworden. Der als Vertretung der zuständigen Sachbearbeiterin tätige Mitarbeiter habe den Antrag aber nicht angenommen. P. habe sich daraufhin am 29.10. telefonisch an das Jugendamt des Klägers gewandt. Es sei umgehend Rücksprache mit dem Sachbearbeiter der Beklagten genommen und das Unverständnis darüber geäußert worden, dass im Vertretungsfall keine Anträge angenommen würden. Es sei bereits die Geltendmachung der Kostenerstattung angekündigt worden. Mit Schreiben vom 29.11.2007 sei der Kostenerstattungsanspruch für die Inobhutnahme von C. gem. §§ 89b Abs. 1, 86 Abs. 1 SGB VIII geltend gemacht worden, weil deren sorgeberechtigte Mutter im Zuständigkeitsbereich der Beklagten gemeldet gewesen sei. Die Beklagte sei gem. § 89b SGB VIII verpflichtet, Kostenerstattung für die Inobhutnahme von C. zu leisten. C. sei im streitgegenständlichen Zeitraum gem. § 42 SGB VIII in Obhut genommen worden. Für die Inobhutnahme sei der Kläger nach § 87 SGB VIII zuständig gewesen, da sich C. seinerzeit in seinem Zuständigkeitsbereich aufgehalten habe. Die Inobhutnahme habe den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum angedauert. Die Gewährung anderer Hilfen sei - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht erfolgt, so dass die Inobhutnahme auch nicht geendet habe. Insbesondere sei keine Hilfe nach § 19 SGB VIII gewährt worden. Beim SPZ handle es sich nicht um eine Mutter- und Kind-Einrichtung. Eine entsprechende Erlaubnis liege in Bezug auf die Einrichtung nicht vor. Eine Leistung nach § 19 SGB VIII umfasse die Betreuung und Unterstützung bei der Pflege und Erziehung eines Kindes in einer geeigneten Wohnform für Mütter oder Väter, die alleine für ein Kind unter 6 Jahren zu sorgen hätten und dieser Hilfe aufgrund ihrer Persönlichkeitsentwicklung bedürften. Die Zielsetzung der Hilfe liege in der auf die Erziehungsfähigkeit bezogenen Persönlichkeitsentwicklung des allein erziehenden Elternteils. Die Inobhutnahme der C. sei jedoch nicht allein mit dem Ziel erfolgt, eine auf die Erziehungsfähigkeit bezogene Persönlichkeitsentwicklung zu fördern. Der Hilfebedarf sei darüber hinausgegangen und habe nicht allein aus dem Umstand resultiert, dass sie Mutter sei. Vor der Inobhutnahme habe die Mutter von C. sich nicht in abgesprochener Weise um ihre Tochter und Enkelin kümmern können. Sie habe nur unregelmäßig Kontakt zu ihrer Tochter gehabt und sei nur schwer zu erreichen gewesen. Zur Zeit der Inobhutnahme habe C. keinen verlässlichen Wohnsitz gehabt und die Schule nicht verlässlich besuchen können. In der Lebenssituation bei den Eltern des Kindesvaters habe sie sich überfordert gezeigt. Sie habe keine eigenen Entscheidungen fällen und nicht Verantwortung für sich und das Kind übernehmen können. Sie habe Unterstützung und Verlässlichkeit in ihrer eigenen Entwicklung benötigt. Nachdem die Situation bei einem Besuch des Jugendamts am 13.09.2007 eskaliert sei und C. zusammen mit ihrer Tochter einen Fluchtversuch unternommen habe, sei zu ihrem Schutz eine Inobhutnahme nach § 42 Abs. 1 Nr. 2a SGB VIII durchgeführt worden. C. habe keinen Antrag auf Leistungen nach § 19 SGB VIII gestellt. Eine solche Leistung wäre auch nicht ausreichend gewesen, da eine Hilfe zur Erziehung allein C. nicht ausreichend geholfen hätte. Die Anstalt xxx xxx xxx sei nicht als Mutter-Kind-Einrichtung ausgestaltet. Dass die Einrichtung mehrfach als eine solche Einrichtung bezeichnet worden sei, habe keine Relevanz. Die falsche Bezeichnung könne nicht dazu führen, dass eine Einrichtung, die die entsprechenden Voraussetzungen nicht erfülle, zu einer Mutter-Kind-Einrichtung werde. Der Vortrag der Beklagten, sie sei weder rechtzeitig noch angemessen in das Verfahren einbezogen worden, treffe nicht zu. Der Kläger habe erst am 24.10.2007 durch Meldeauskunft erfahren, dass P. nach Vxxx verzogen sei. Erst nach einem Auskunftsersuchen bei der Beklagten vom 29.10.2007 sei ihm am 08.11.2007 mitgeteilt worden, dass P. in Vxxx gemeldet sei. Mit Schreiben vom 29.11.2007 sei dem Jugendamt der Beklagten der Sachverhalt mitgeteilt und sie gebeten worden, die Zuständigkeit anzuerkennen sowie die Kosten zu erstatten. Spätestens nach dem Tag der versuchten Antragstellung der P. am 25.10.2007 habe die Beklagte die Möglichkeit gehabt, am Verfahren mitzuwirken. Dass sie von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht habe, liege nicht im Verantwortungsbereich des Klägers. Die lange Dauer der Inobhutnahme sei nicht vom Kläger zu vertreten. Aufgrund des gewöhnlichen Aufenthaltes der sorgeberechtigten Mutter im Bereich der Beklagten hätte diese die nur als vorläufig gedachte Maßnahme der Inobhutnahme in eine dauerhafte Maßnahme der Jugendhilfe umwandeln müssen, zumal P. bereits am 25.10.2007 einen entsprechenden Antrag gestellt habe. Es gebe keine Rechtsgrundlage dafür, dass der zuständige Mitarbeiter den schriftlichen Antrag nicht entgegengenommen habe. Auch könne dies nicht zum Nachteil des für die Inobhutnahme zuständigen Trägers gereichen und auch nicht zur Folge haben, dass über den Antrag der Mutter nicht entschieden werde. Der Stellung eines schriftlichen Antrages bedürfe es nicht. Ein mündlicher Antrag genüge. Entscheidend für die Frage der Kostenerstattungspflicht sei nach §§ 89b Abs. 1, 86 Abs. 1 SGB VIII der gewöhnliche Aufenthalt der sorgeberechtigten Kindesmutter. Dieser Aufenthalt sei hinsichtlich des streitgegenständlichen Zeitraums unbestritten im Bereich der Beklagten gewesen. Die Höhe des Anspruchs belaufe sich auf insgesamt 83.356,07 EUR.
Der Kläger beantragt zuletzt,
die Beklagte zum Kostenersatz für Hilfemaßnahmen betreffend xxx xxx für die Zeit vom 01.10.2007 bis zum 07.06.2009 i.H. von 83.356,07 EUR zu verurteilen.
10 
Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung führt sie aus, C. habe sich gemeinsam mit ihrer Tochter ab 13.09.2007 im SPZ und damit im Zuständigkeitsbereich des Klägers aufgehalten. Bereits in einem Erstgespräch habe sie gegenüber den Mitarbeitern des Klägers sowie dem Vormund ihrer Tochter am 24.09.2007 erklärt, dass sie die Mutter-Kind-Einrichtung nicht mehr wechseln wolle und von dort aus die Schule in Dxxx weiter besuchen wolle. Dagegen seien weder von ihrer Mutter noch vom Vormund ihrer Tochter Einwände erhoben worden. C. sei nach § 19 SGB VIII für sich und das Kind unter 6 Jahren leistungsberechtigt gewesen. Nachdem sie das 15. Lebensjahr bereits vollendet gehabt habe, habe sie nach § 36 SGB I einen Antrag stellen können. Die örtliche Zuständigkeit richte sich nach ihrem gewöhnlichen oder tatsächlichen Aufenthalt und nicht nach dem Aufenthalt ihrer Mutter. Tatsächlich handle es sich bei der Unterbringung im SPZ um eine Maßnahme nach § 19 SGB VIII und nicht um eine Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII. Bei Einleitung und Ausgestaltung der Hilfe sei in 4 Vermerken des Sozialen Dienstes des Jugendamtes des Klägers in der Zeit vom 13.09. bis 11.12.2007 wiederholt von einer Mutter-Kind-Einrichtung ausgegangen worden. Auch sei schon lange vor dem 13.09.2009 ein Hilfebedarf gegeben gewesen und die Unterbringung in einer Mutter-Kind-Einrichtung in Erwägung gezogen worden. Keine Rede könne davon sein, dass es sich bei der Unterbringung um eine Hilfe zur Erziehung gem. § 34 SGB VIII als vorläufige Hilfe i.S. von § 43 SGB I handle. Selbst wenn eine Inobhutnahme beabsichtigt gewesen sei, habe sich der Kläger widersprüchlich verhalten, so dass die Beklagte weder rechtzeitig noch angemessen am Verfahren beteiligt worden sei und auf dieses keinen Einfluss habe nehmen können. Nach der Unterbringung am 13.09.2007 im SPZ sei keine Benachrichtigung an die Beklagte erfolgt. Stattdessen habe der Kläger am 25.10.2007 die Mutter von C. darauf verwiesen, bei der Beklagten nachträglich eine Inobhutnahme zu beantragen. Überdies habe er die Beklagte am 29.10.2007 nur telefonisch ersucht, mit P. einen Antrag auf Jugendhilfe - zur Ablösung der Inobhutnahme - aufzunehmen. Erst mit Schreiben vom 29.11.2007 wurden vom Kläger nähere Umstände geschildert, obwohl P. seit 01.10.2007 in Vxxx wohnhaft gewesen sei. Nachdem das Vorgehen des Klägers von Anfang an wie eine Hilfe in einer Mutter-Kind-Einrichtung ausgestaltet gewesen und mit C. so gehandhabt worden sei, habe sich die Beklagte durchweg als nicht zuständig erklärt. Die Höhe des Erstattungsanspruchs sei zwar erstmals in der Anlage des Schreibens des Klägers vom 24.02.2010 beziffert worden, jedoch in keiner Weise nachgewiesen. Sie werde von der Beklagten bestritten. Auch habe die Beklagte zu keinem Zeitpunkt die Möglichkeit gehabt, auf die Höhe Einfluss zu nehmen.
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Dem Gericht liegen die einschlägigen Akten der Beteiligten vor.

Entscheidungsgründe

 
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Soweit der Kläger seinen Antrag auf 83.356,07 EUR beschränkt hat - mit der Klageschrift waren 83.630,34 EUR geltend gemacht worden -, hat er die Klage (teilweise) zurückgenommen. Insoweit war das Verfahren einzustellen (§ 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO).
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Im Übrigen ist die Klage zulässig und begründet.
16 
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch ist § 89 b Abs. 1 SGB VIII. Danach sind Kosten, die ein örtlicher Träger im Rahmen der Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen gem. § 42 SGB VIII aufgewendet hat, von dem örtlichen Träger zu erstatten, dessen Zuständigkeit durch den gewöhnlichen Aufenthalt nach § 86 SGB VIII begründet wird. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen vor. Der Kläger hat C. und deren Tochter am 13.09.2007 in Obhut genommen und im SPZ untergebracht. Diese Maßnahme dauerte auch bis zum 07.06.2009 und damit im gesamten Zeitraum, für den die Kostenerstattungsforderung geltend gemacht wird, an. Ein Beendigungstatbestand i.S. von § 42 Abs. 4 SGB VIII liegt nicht vor. Weder wurde C. an ihre Mutter, die Alleinpersonensorgeberechtigte, übergeben (Abs. 4 Nr. 1) noch erfolgte im streitgegenständlichen Zeitraum eine Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch (Abs. 4 Nr. 2). Erst wenn die Inobhutnahme tatsächlich in eine andere Hilfe übergeleitet wurde, ist sie auch i.S. von § 42 Abs . 4 Nr. 2 SGB VIII beendet (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 24.05.2011 - 12 A 2844/10 -, juris). Dass die Mutter von C. im Oktober 2007 bei der Beklagten vorgesprochen und damit - wie noch auszuführen ist - einen Antrag auf Hilfe zur Erziehung gestellt hat, bewirkte noch keine Beendigung der Inobhut-nahme. Es ist auch nicht möglich, die Inobhutnahme in eine andere Hilfe, etwa in eine Maßnahme nach § 19 SGB VIII umzudeklarieren. Vielmehr hätte es, sofern die Inobhutnahme in eine Maßnahme nach § 19 SGB VIII (Betreuung in einer gemeinsamen Wohnform für Mütter/Väter und Kinder unter 6 Jahren) überführt werden sollen, einer entsprechenden ausdrücklichen Entscheidung des Jugendhilfeträgers bedurft. Daran fehlt es jedoch.
17 
Der Kläger nimmt auch zu Recht die Beklagte in Anspruch, da deren Zuständigkeit durch den gewöhnlichen Aufenthalt der Mutter der C., der P., nach § 86 SGB VIII begründet wurde. Da P. unstreitig alleinsorgeberechtigt war und der Vater der C. sich - anders als P. - in Berlin aufhielt, bestimmte sich die Zuständigkeit nach § 86 Abs. 2 Satz 1 1. Halbs. SGB VIII. Danach ist, wenn die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte haben, der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Damit war die Beklagte ab 01.10.2007 zuständig, da P. ab diesem Zeitpunkt in Vxxx gemeldet war und auch alles dafür spricht, dass sie sich dort „bis auf Weiteres“ im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibs aufhalten und den Lebensmittelpunkt begründen wollte, ohne dass der Ausführung dieses Willens objektive Hinderungsgründe entgegenstanden (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.10.2011 - 5 C 25.10 -, NDV-RD 2012, 19, Beschl. v. 06.10.2003 - 5 B 92.03 -, FEVS 46, 300). P. hatte auch im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum in xxx ihren gewöhnlichen Aufenthalt. Wohl erst im Oktober 2009 verzog sie nach Lxxx und damit in den Zuständigkeitsbereich des Klägers.
18 
Unerheblich ist, ob und wo P. zum Beginn der Leistung im September 2007 einen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Nach § 86 Abs. 5 Satz 1 1. Halbs. SGB VIII wird, wenn die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte begründen, der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Diese Zuständigkeitsregelung erfasst alle Fallgestaltungen, in denen die Eltern nach Leistungsbeginn verschiedene gewöhnliche Aufenthalte besitzen. Sie regelt die Fälle, in denen die elterliche Sorge einem Elternteil zusteht, und bestimmt, dass sich die örtliche Zuständigkeit nach dessen gewöhnlichem Aufenthalt richtet. Sie deckt sich insoweit mit der Regelung des § 86 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII, deren Anwendungsbereich eröffnet ist, wenn die Eltern bereits bei Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte haben. Entsprechend seinem Charakter als umfassende Regelung für verschiedene gewöhnliche Aufenthalte der Eltern nach Leistungsbeginn erfasst § 86 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII sowohl die Fälle, in denen die Eltern erstmals nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte begründen, als auch alle nachfolgenden Aufenthaltsveränderungen, die mit einer Beibehaltung bzw. Aufrechterhaltung verschiedener gewöhnlicher Aufenthalte der Elternteile verbunden sind. Letzteres führt dazu, dass die Zuständigkeit mit dem personensorgeberechtigten Elternteil „mitwandert“ (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.09.2009 - 5 C 18.08 -, BVerwGE 135, 58, Urt. v. 19.10.2011, a.a.O.). Damit ist die Beklagte ab 01.10.2007 nach § 86 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII selbst dann zuständig geworden, falls P. zum Beginn der Leistung (vorübergehend) keinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt haben sollte. Die Anwendbarkeit des § 86 Abs. 5 SGB VIII endet erst mit der Einstellung der Leistung bzw. der Gewährung einer (zuständigkeitsrechtlich) neuen Leistung oder der (erneuten) Begründung eines gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts i.S. von § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.12.2010 - 5 C 17.09 -, FEVS 62, 503 = NVwZ-RR 2011, 203). Daran fehlt es hier jedoch bezogen auf den streitbefangenen Zeitraum.
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Nach § 89 f Abs. 1 Satz 1 SGB VIII sind die aufgewendeten Kosten nur zu erstatten, soweit die Erfüllung der Aufgaben den Vorschriften des SGB VIII entspricht. Das danach geltende Gebot der Gesetzeskonformität der aufgewendeten Kosten verlangt allerdings bereits nach seinem Wortlaut nicht, dass die Leistungsgewährung in jeder Hinsicht objektiv rechtmäßig gewesen ist, und ist beschränkt auf die Vorschriften des 8. Buches Sozialgesetzbuch. Gesetzeskonformität im Sinne dieser Vorschrift und objektive Rechtmäßigkeit sind nicht durchweg identisch, auch wenn sich die Anwendungsergebnisse im Wesentlichen überschneiden werden. Nach seinem Sinn und Zweck formt das Gebot der Gesetzeskonformität das allgemeine, aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Gebot der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung für das Erstattungsrechtsverhältnis zwischen Jugendhilfeträgern aus. Es soll sicherstellen, dass der erstattungsberechtigte Jugendhilfeträger nicht in Erwartung einer Erstattungsleistung bei der Leistungsgewährung die durch das Gesetz gezogenen Grenzen überschreitet, und - dem korrespondierend - den erstattungspflichtigen Jugendhilfeträger davor bewahren, die Aufwendungen für solche Leistungen zu erstatten, die bei ordnungsgemäßer Leistungsgewährung nach Art oder Umfang so nicht hätten erbracht werden müssen. Insoweit ist die Regelung zugleich Ausdruck des kostenerstattungsrechtlichen Interessenwahrungsgrundsatzes. Der Kostenerstattung begehrende Träger hat bei der Leistungsgewährung die rechtlich gebotene Sorgfalt anzuwenden, zu deren Einhaltung er in eigenen Angelegenheiten gehalten ist; der auf Erstattung in Anspruch genommene Jugendhilfeträger kann eine darüber hinausgehende Prüfung der Leistungsvoraussetzungen nicht verlangen und daher eine Erstattung nicht verweigern, wenn auch er selbst die angefallenen Kosten nicht hätte vermeiden können, weil er nach dem im Zeitpunkt der Entscheidung über die Hilfegewährung gegebenen Erkenntnisstand nicht anders gehandelt hätte (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.06.2006 - 5 C 24.05 -, BVerwGE 126, 201).
20 
Die Voraussetzungen für die Inobhutnahme der C. und deren Tochter nach § 42 SGB VIII lagen zu Beginn im September 2007 unzweifelhaft vor. Dies wird auch von der Beklagten nicht in Frage gestellt. Die Aufrechterhaltung der Inobhutnahme über einen Zeitraum von ca. 1 ¾ Jahren war aber rechtswidrig. Die Inobhutnahme ist - wie sich aus der Überschrift des ersten Abschnitts des dritten Kapitels des SGB VIII („vorläufige Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen“) sowie aus § 42 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII („.... vorläufig unterzubringen ....“) ergibt - eine vorläufige Schutzmaßnahme im Sinne einer Krisenintervention, die darauf gerichtet ist, die Krisensituation zu beseitigen bzw. ihr mit geeigneten Hilfeangeboten zu begegnen. Sie ist aber nicht bereits selbst die vom Gesetz intendierte dauerhafte Lösung erzieherischer Probleme (vgl. BVerwG, Urt. v. 08.07.2004 - 5 C 63.03 -, FEVS 57, 1, Beschl. v. 29.11.2006 - 5 B 107.06 -, juris, Beschl. v. 08.02.2007 - 5 B 100.06 -, juris; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.08.2003 - 9 S 2398/02 -, NDV-RD 2004, 68). Widersprechen die Personensorgeberechtigten der Inobhutnahme nicht, so ist unverzüglich ein Hilfeplanverfahren mit dem Ziel der Gewährung einer Anschlusshilfe einzuleiten (§ 42 Abs. 3 Satz 5 SGB VIII). Stellen die Sorgeberechtigten im Rahmen des Hilfeplanverfahrens keinen Antrag auf die sich als notwendig erweisende Anschlusshilfe - etwa von Hilfe zur Erziehung - muss zur Klärung der Situation und zur Beendigung der Inobhutnahme in gleicher Weise vom Jugendamt eine Entscheidung des Gerichts zur Legitimierung des Sorgerechtseingriffs herbeigeführt werden. Die Rechtmäßigkeit der fortdauernden Inobhutnahme hängt davon ab, dass das Jugendamt unverzüglich dafür Sorge trägt, dass das Familiengericht das fehlende Einverständnis der Sorgeberechtigten mit den für erforderlich anzusehenden Anschlussmaßnahmen ersetzt (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 24.05.2011, a.a.O.). Das Jugendamt ist verpflichtet, im Zusammenwirken mit dem Personensorgeberechtigten die Art des jugendhilferechtlichen Bedarfs zu klären und eine Entscheidung über die gebotene Hilfe herbeizuführen. Es hat dafür Sorge zu tragen, dass das Verfahren in der gebotenen zügigen Weise mit dem Ziel einer Krisenklärung (entweder - bei andauerndem erzieherischen Bedarf - Überleitung der Inobhutnahme in eine Hilfe zur Erziehung nach §§ 27, 30, 34 SGB VIII oder - bei Wegfall eines jugendhilferechtlichen Bedarfs - Beendigung der Inobhutnahme) „abgewickelt“ wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 08.07.2004, a.a.O.).
21 
Gemessen hieran hat der Kläger gegen das Gebot zügiger Krisenklärung verstoßen. Denn die vorliegenden Unterlagen lassen nicht erkennen, dass in hinreichendem Maße auf eine Entscheidung über die Anschlusshilfe hingewirkt wurde, obwohl der gesamte, die Anschlusshilfe steuernde und sie präjudizierende Hilfeplansprozess in die Zuständigkeit des für die Inobhutnahme zuständigen Jugendamts fällt (vgl. Wiesner, SGB VIII, Kinder- und Jugendhilfe, 3. Aufl. 2006, § 42, Rn. 42). Einzuräumen ist zwar, dass der Kläger die Beklagte - erstmals mit Schreiben vom 29.11.2007 - zur Anerkennung der Zuständigkeit und zur Übernahme des Hilfefalles aufgefordert hat. Spätestens, nachdem die Beklagte (mit Schreiben v. 14.12.2007) ihre Zuständigkeit verneint und die Übernahme des Hilfefalles abgelehnt hatte, hätte der Kläger aber im Rahmen des Hilfeplanverfahrens auf eine Beendigung der Inobhutnahme hinwirken und - soweit erforderlich - gem. § 86 d SGB VIII wegen Nichttätigwerdens des zuständigen örtlichen Trägers vorläufig über die Anschlusshilfe entscheiden müssen. Dies hat er jedoch nicht getan, sondern die Inobhutnahme weiterlaufen lassen. So heißt es etwa in den Hilfeplänen vom 22.04.2008 und 19.08.2008, die Hilfe werde seit 13.09.2007 gewährt und weiterhin im Rahmen des § 42 SGB VIII bis zum Zeitpunkt der Klärung der Zuständigkeiten gewährt. In den nachfolgenden Hilfeplänen heißt es in der Rubrik „zeitlicher Rahmen“ lediglich, dass die Hilfe weiter erforderlich sei. Der Umstand, dass die Beklagte (zu Unrecht) die Übernahme des Hilfefalles abgelehnt hat, rechtfertigt nicht die Weiterführung der Inobhutnahme (vgl. Bayer.VGH, Beschl. v. 27.05.2011 - 12 CE 11.893 -, BayVBl 2012, 182).
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Die Inobhutnahme war mithin zwar ca. ab Ende 2007/Anfang 2008 rechtswidrig. Der Kläger kann die Gesetzeskonformität der Leistungsgewährung aber im Anschluss an das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.06.2006 (a.a.O.) daraus herleiten, dass er als der Kostenerstattung begehrende Jugendhilfeträger vernünftigerweise nicht anders als tatsächlich geschehen handeln konnte und dies auch für den auf Erstattung in Anspruch genommenen Jugendhilfeträger, also die Beklagte gilt.
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Nicht zweifelhaft ist, dass auch ab Anfang 2008 ein jugendhilferechtlicher Bedarf bestanden hat, dem mit einer Anschlusshilfe zu begegnen war. Auch ist anzunehmen, dass Hilfe zur Erziehung nach §§ 27, 34 SGB VIII in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) im SPZ, für die die Beklagte - wie schon ausgeführt - nach § 86 Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 SGB VIII örtlich zuständig war, hätte gewährt werden müssen und nicht eine Hilfe nach § 19 SGB VIII. Nach dieser Vorschrift sollen Mütter oder Väter, die allein für ein Kind unter 6 Jahren zu sorgen haben oder tatsächlich sorgen, gemeinsam mit dem Kind in einer geeigneten Wohnform betreut werden, wenn und solange sie aufgrund ihrer Persönlichkeitsentwicklung dieser Form der Unterstützung bei der Pflege und Erziehung des Kindes bedürfen. Leistungsberechtigt ist ein Elternteil, wenn ihm die tatsächliche Personensorge rechtlich zusteht; dies ist gem. § 1673 Abs. 2 Satz 1 BGB der Fall bei einer minderjährigen unverheirateten Mutter (vgl. OVG Münster, Urt. v. 26.04.2004 - 12 A 2434/02 -, juris; Kunkel in LPK-SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 19, Rn. 1). Diese Voraussetzungen lagen bei der am 12.11.1991 geborenen C. und ihrer am 05.01.2007 geborenen Tochter vor. Auch spricht viel dafür, dass C. gerade im Hinblick auf ihr Alter - zum Zeitpunkt des Beginns der Leistung war sie noch nicht einmal 16 Jahre alt - der Unterstützung bei der Pflege und Erziehung ihres Kindes durch Betreuung in einer geeigneten Wohnform bedurfte. Liegt aber neben dem Entwicklungsdefizit der Mutter, welches Voraussetzung für die Gewährung einer Leistung nach § 19 SGB VIII ist, außerdem bei ihr ein (passives) Erziehungsdefizit i.S. von § 27 SGB VIII vor (vgl. zu diesen Begriffen Jans/Happe/Sauerbier, Kinder- und Jugendhilferecht, Band 1, § 19, Rn. 16), so ist nur Hilfe zur Erziehung zu gewähren. Die Gewährung einer Hilfe nach § 19 SGB VIII ist dann ausgeschlossen (vgl. LPK-SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 27, Rn. 41). Dies folgt insbesondere aus § 27 Abs. 4 SGB VIII. Danach umfasst die Hilfe zur Erziehung, wenn ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthaltes in einer Einrichtung oder in einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes wird, auch die Unterstützung bei der Pflege und Erziehung dieses Kindes. Diese Vorschrift wurde durch das Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz (Gesetz v. 08.09.2005, BGBl. I, S. 2729 - KICK -) eingefügt. In der Begründung zum Gesetzentwurf (BT.Drs. 15/5616, S. 25 f.) heißt es, in der Praxis ergäben sich Zuordnungsprobleme, wenn ein junges Mädchen, das Hilfe zur Erziehung erhält, selbst Mutter eines Kindes wird. Diese Situation sei bislang nicht ausreichend im Gesetz berücksichtigt. Die von der Rechtsprechung als speziell erachtete Anwendung des § 19 SGB VIII berücksichtige nicht den nunmehr sogar verstärkt bestehenden Bedarf nach Hilfe zur Erziehung. Dies habe gravierende Auswirkungen auf die einzelnen Leistungen, auf die die junge Mutter einen Anspruch habe. So könnten im Rahmen von Hilfe zur Erziehung auch pädagogische und therapeutische Leistungen erbracht werden. Dies sei in § 19 SGB VIII nicht vorgesehen. Gleichzeitig werde ein Mädchen/eine junge Frau benachteiligt, indem es/sie nur noch Unterstützung für seine/ihre Rolle als Mutter erhalte und seine/ihre individuelle Entwicklung nicht ausreichend gefördert werde. Die Neuregelung in Abs. 4 beseitige diese Ungleichbehandlung und stelle klar, dass in diesen Fällen Hilfe zur Erziehung auch die Unterstützung der Mutter als Leistungsempfängerin bei der Pflege und Erziehung des Kindes umfasse. Damit sei gewährleistet, dass sie die ihrem Bedarf entsprechende Hilfe erhalte und das neugeborene Kind in die Leistung einbezogen werde.
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Daraus folgt, dass der zur früheren Gesetzeslage vertretenen Auffassung, wonach § 19 SGB VIII gegenüber §§ 27, 34 SGB VIII die speziellere Rechtsgrundlage darstelle (vgl. OVG NRW, Urt. v. 26.04.2004, a.a.O., offen gelassen durch BVerwG, Beschl. v. 22.06.2005 - 5 B 69.04 -, FEVS 57, 490), nicht (mehr) gefolgt werden kann. Nach dem Wortlaut des § 27 Abs. 4 SGB VIII kommt Hilfe zur Erziehung zwar nur in Betracht, wenn das Kind während der Heimerziehung der Mutter geboren wird. Nach dem - in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck gekommenen - Sinn und Zweck der Vorschrift muss § 27 SGB VIII aber auch Anwendung finden, wenn das Kind bereits vor Beginn der Leistung geboren worden ist und ein über den nach § 19 SGB VIII hinausgehender (Erziehungs-)Hilfebedarf für die (junge) Mutter erst nach der Geburt ihres Kindes festgestellt wird (vgl. Wiesner, SGB VIII, 3. Aufl. 2006, § 19, Rn. 16). Es ist kein Grund dafür erkennbar, in solchen Fällen den weitergehenden Erziehungsbedarf auszuklammern und ausschließlich Hilfe nach § 19 SGB VIII zu gewähren.
25 
Nach den vorliegenden Akten lag bei C. auch eine erzieherische Mangelsituation vor, die Voraussetzung für den Anspruch auf Hilfe zur Erziehung ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.04.2005 - 9 S 2633/03 -, juris; Wiesner, a.a.O., § 27, Rn. 20 ff.). Ihre alleinerziehende Mutter war allem Anschein nach nicht (mehr) in der Lage, die nach der Geburt der Tochter der C. im Januar 2007 aufgetretenen Schwierigkeiten in den Griff zu bekommen. In der „Vereinbarung über die Betreuung und Versorgung des n.n. geborenen Kindes“ vom 27.12.2006 hatte sie sich für den Zeitraum ab Geburt bis zur Vollendung des ersten Lebensjahres verpflichtet, persönlich und ausschließlich die Betreuung und Versorgung zu übernehmen. In der Vereinbarung ist festgehalten, dass eine Fremdbetreuung durch Dritte (z.B. Tagesmutter, etc.) nicht stattfinden werde. Für den Fall, dass die Vereinbarung nicht eingehalten werde, behielt sich der Fachdienst Jugend des Jugendamtes des Klägers als Vormund gegebenenfalls alternative Unterbringungsmöglichkeiten des Kindes vor. Im Widerspruch zu dieser Vereinbarung begab sich C. mit ihrer Tochter und dem Vater des gemeinsamen Kindes wohl ca. im Juli 2007 von dem Wohnort im Landkreis Txxx, wo sie ca. im Februar/März 2007 hingezogen waren, wieder zurück in den Landkreis Dxxx, wo sie sich bei den Eltern des Kindsvaters aufhielten. Die Zustimmung des Vormundes der Tochter der C. wurde allem Anschein nach nicht eingeholt (vgl. E-Mail der Mitarbeiterin des Klägers, Frau Rxxx, vom 13.07.2007). Ziel der C. und des Kindsvaters war es wohl zunächst, eine Wohnung im Haus der Eltern des Kindsvaters zu beziehen. Am 16.07.2007 führte eine Mitarbeiterin des Jugendamtes des Landratsamts Txxx ein Gespräch mit C. und P. sowie dem Kindsvater. In der E-Mail vom 25.07.2007 der Mitarbeiterin des Landratsamts Txxx, Frau Mxxx, heißt es, dass nach ihrer Ansicht die Familie nicht sehe, dass sie mit der Zukunftsplanung überfordert sei. Der jungen Familie sei nicht bewusst, dass der Vormund in die Planung für die eigene Zukunft mit einbezogen werden müsse. Aus einer Gesprächsnotiz des Amtsvormunds vom 03.09.2007 ergibt sich, dass sich C. mit dem Kind und dem Kindsvater schon längere Zeit mit Einverständnis der P. im Haushalt des Kindsvaters aufhielten und eine Wohnung in Sxxx/Landkreis Dxxx anmieten wollten. P. habe zwar weiterhin die Verpflichtung, wie vereinbart das Enkelkind ordnungsgemäß und sorgfältig zu versorgen und darauf zu achten, dass ihre Tochter ihrer Schulpflicht genüge. Dies sei aber nicht (mehr) möglich, da C. mit dem Kindsvater und ihrer Tochter zu dessen Eltern gefahren seien. Außerdem beabsichtige P. mit der noch bei ihr lebenden weiteren Tochter zu ihrem neuen Freund im Schwarzwald zu ziehen. Der Amtsvormund riet C. schließlich an, mit ihrer Tochter in den Haushalt ihrer Mutter zurückzukehren. Es wurde keine Zustimmung des Amtsvormundes für den Umzug in die Wohnung nach Sxxx erteilt, sondern nur zum Aufenthalt bei den Eltern des Kindsvaters für die Ferien. Im Widerspruch dazu verblieb C. aber gemeinsam mit ihrer Tochter bei der Familie des Kindsvaters. Nachdem am 13.09.2007 bei einem Gespräch des Amtsvormunds im Haus der Familie des Kindsvaters die Situation eskalierte, erfolgte an diesem Tag die Inobhutnahme (vgl. Gesprächsnotiz des Vormunds v. 13.09.2007).
26 
Angesichts dieser Entwicklung besteht kein Zweifel daran, dass auch eine erzieherische Mangelsituation bei C. vorlag, der durch Unterbringung der C. und ihrer Tochter in einer geeigneten Einrichtung zu begegnen war.
27 
Es lag auch der für die Gewährung von Hilfe zur Erziehung nach §§ 27, 34 SGB VIII erforderliche Antrag der Personensorgeberechtigten, der P., vor. Voraussetzung für die Gewährung rechtmäßiger Jugendhilfe ist ein entsprechender Antrag des Betroffenen. Dieser hat den Träger der öffentlichen Jugendhilfe rechtzeitig über den Hilfebedarf in Kenntnis zu setzen (vgl. § 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII). Für den grundsätzlich erforderlichen Antrag ist keine besondere Form vorgesehen, er kann auch in der Form schlüssigen Verhaltens gestellt werden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.05.2008 - 5 B 130.07 -, juris, Beschl. v. 17.02.2011 - 5 B 43.10 -, juris).
28 
Gemessen hieran lag ein ausreichender Antrag der P. vor. Unstreitig ist, dass sie Ende Oktober 2007 beim Sozialen Dienst der Beklagten vorgesprochen hat. Zwar ist wohl die Annahme des Antrages (u.a.) mit der Begründung verweigert worden, dass die zuständige Sachbearbeiterin im Urlaub sei und sie sich deshalb in der Folgewoche noch einmal mit dem Jugendamt in Verbindung setzen solle (vgl. AV des Klägers vom 29.10.2007 sowie AV der Beklagten v. 26.02.2008). Zu einer erneuten Kontaktaufnahme seitens P. ist es dann nicht gekommen, obwohl - wie es im Aktenvermerk des Klägers heißt - vereinbart war, dass P. den Antrag „dort im Geschäftszimmer“ abgeben und sich dies schriftlich bestätigen lassen sollte. Dennoch kann von einer wirksamen Stellung eines Antrages auf Hilfe zur Erziehung seitens P. ausgegangen werden. Dass der Vertreter der zuständigen Sachbearbeiterin beim Sozialen Dienst das Vorbringen der P. wohl als Antrag auf rückwirkende Bewilligung der Inobhut-nahme verstanden hat, ist unschädlich. Selbst wenn P. sich entsprechend ausgedrückt haben sollte, so besteht kein Zweifel daran, dass sie um die Gewährung von Hilfe in Gestalt der Unterbringung ihrer Tochter und der Enkeltochter im SPZ nachsuchen wollte. Für die Annahme, dass ein wirksamer Antrag vorliegt, ist nicht Voraussetzung, dass der Hilfesuchende die begehrte Hilfe der richtigen Aufgabe der Jugendhilfe i.S. von § 2 SGB VIII zuordnet. Entscheidend ist vielmehr, dass das Hilfebegehren mit seinem eigentlichen Ziel unmissverständlich zum Ausdruck gebracht wird. Daran bestehen hier keine Zweifel, zumal P. zu keinem Zeitpunkt Einwendungen gegen die Unterbringung ihrer Tochter im SPZ erhoben hat. Hinzu kommt, dass P. - ausweislich des Aktenvermerks des Klägers vom 29.10.2007 -, nachdem sie versucht hatte, beim Jugendamt der Beklagten einen Antrag zu stellen, sich an den Kläger wandte und über das Verhalten des Sachbearbeiters der Beklagten beschwerte. Auch in dieser Vorsprache ist ein Antrag zu sehen, der zwar bei der unzuständigen Behörde gestellt wurde, aber gleichwohl wirksam ist (vgl. § 16 SGB I).
29 
Der Gesetzeskonformität der Leistung i.S. von § 89f Abs. 1 SGB VIII steht auch nicht entgegen, dass der Kläger - wie schon ausgeführt - gem. § 86d SGB VIII verpflichtet gewesen ist, die Hilfe zur Erziehung vorläufig zu gewähren. Diese Vorschrift dient dem Schutz des Hilfesuchenden in den Fällen, in denen die örtliche Zuständigkeit nicht feststeht oder der zuständige örtliche Träger nicht tätig wird. Aus einer Verletzung dieser Vorschrift kann der Beklagte mithin keine Rechte herleiten, zumal auch im Falle einer Entscheidung des Klägers nach § 86d SGB VIII die Beklagte kostenerstattungspflichtig gewesen wäre (§ 89c Abs. 1 Satz 2 SGB VIII).
30 
Hinsichtlich der Höhe der vom Kläger mit Schriftsatz vom 27.02.2012 geltend gemachten Kosten sind Bedenken weder ersichtlich noch von der Beklagten vorgetragen worden. Auch ist davon auszugehen, dass im Falle der Gewährung von Hilfe zur Erziehung nach §§ 27, 34 SGB VIII für die Unterbringung der C. und ihrer Tochter im SPZ Kosten in gleicher Höhe entstanden wären.
31 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 3 analog, Abs. 2 VwGO.
32 
Die Berufung war wegen grundsätzlicher Bedeutung im Hinblick auf das in der Rechtsprechung ungeklärte Konkurrenzverhältnis zwischen § 19 SGB VIII und §§ 27 ff. SGB VIII zuzulassen (§§124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Gründe

 
14 
Soweit der Kläger seinen Antrag auf 83.356,07 EUR beschränkt hat - mit der Klageschrift waren 83.630,34 EUR geltend gemacht worden -, hat er die Klage (teilweise) zurückgenommen. Insoweit war das Verfahren einzustellen (§ 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO).
15 
Im Übrigen ist die Klage zulässig und begründet.
16 
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch ist § 89 b Abs. 1 SGB VIII. Danach sind Kosten, die ein örtlicher Träger im Rahmen der Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen gem. § 42 SGB VIII aufgewendet hat, von dem örtlichen Träger zu erstatten, dessen Zuständigkeit durch den gewöhnlichen Aufenthalt nach § 86 SGB VIII begründet wird. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen vor. Der Kläger hat C. und deren Tochter am 13.09.2007 in Obhut genommen und im SPZ untergebracht. Diese Maßnahme dauerte auch bis zum 07.06.2009 und damit im gesamten Zeitraum, für den die Kostenerstattungsforderung geltend gemacht wird, an. Ein Beendigungstatbestand i.S. von § 42 Abs. 4 SGB VIII liegt nicht vor. Weder wurde C. an ihre Mutter, die Alleinpersonensorgeberechtigte, übergeben (Abs. 4 Nr. 1) noch erfolgte im streitgegenständlichen Zeitraum eine Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch (Abs. 4 Nr. 2). Erst wenn die Inobhutnahme tatsächlich in eine andere Hilfe übergeleitet wurde, ist sie auch i.S. von § 42 Abs . 4 Nr. 2 SGB VIII beendet (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 24.05.2011 - 12 A 2844/10 -, juris). Dass die Mutter von C. im Oktober 2007 bei der Beklagten vorgesprochen und damit - wie noch auszuführen ist - einen Antrag auf Hilfe zur Erziehung gestellt hat, bewirkte noch keine Beendigung der Inobhut-nahme. Es ist auch nicht möglich, die Inobhutnahme in eine andere Hilfe, etwa in eine Maßnahme nach § 19 SGB VIII umzudeklarieren. Vielmehr hätte es, sofern die Inobhutnahme in eine Maßnahme nach § 19 SGB VIII (Betreuung in einer gemeinsamen Wohnform für Mütter/Väter und Kinder unter 6 Jahren) überführt werden sollen, einer entsprechenden ausdrücklichen Entscheidung des Jugendhilfeträgers bedurft. Daran fehlt es jedoch.
17 
Der Kläger nimmt auch zu Recht die Beklagte in Anspruch, da deren Zuständigkeit durch den gewöhnlichen Aufenthalt der Mutter der C., der P., nach § 86 SGB VIII begründet wurde. Da P. unstreitig alleinsorgeberechtigt war und der Vater der C. sich - anders als P. - in Berlin aufhielt, bestimmte sich die Zuständigkeit nach § 86 Abs. 2 Satz 1 1. Halbs. SGB VIII. Danach ist, wenn die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte haben, der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Damit war die Beklagte ab 01.10.2007 zuständig, da P. ab diesem Zeitpunkt in Vxxx gemeldet war und auch alles dafür spricht, dass sie sich dort „bis auf Weiteres“ im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibs aufhalten und den Lebensmittelpunkt begründen wollte, ohne dass der Ausführung dieses Willens objektive Hinderungsgründe entgegenstanden (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.10.2011 - 5 C 25.10 -, NDV-RD 2012, 19, Beschl. v. 06.10.2003 - 5 B 92.03 -, FEVS 46, 300). P. hatte auch im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum in xxx ihren gewöhnlichen Aufenthalt. Wohl erst im Oktober 2009 verzog sie nach Lxxx und damit in den Zuständigkeitsbereich des Klägers.
18 
Unerheblich ist, ob und wo P. zum Beginn der Leistung im September 2007 einen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Nach § 86 Abs. 5 Satz 1 1. Halbs. SGB VIII wird, wenn die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte begründen, der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Diese Zuständigkeitsregelung erfasst alle Fallgestaltungen, in denen die Eltern nach Leistungsbeginn verschiedene gewöhnliche Aufenthalte besitzen. Sie regelt die Fälle, in denen die elterliche Sorge einem Elternteil zusteht, und bestimmt, dass sich die örtliche Zuständigkeit nach dessen gewöhnlichem Aufenthalt richtet. Sie deckt sich insoweit mit der Regelung des § 86 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII, deren Anwendungsbereich eröffnet ist, wenn die Eltern bereits bei Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte haben. Entsprechend seinem Charakter als umfassende Regelung für verschiedene gewöhnliche Aufenthalte der Eltern nach Leistungsbeginn erfasst § 86 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII sowohl die Fälle, in denen die Eltern erstmals nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte begründen, als auch alle nachfolgenden Aufenthaltsveränderungen, die mit einer Beibehaltung bzw. Aufrechterhaltung verschiedener gewöhnlicher Aufenthalte der Elternteile verbunden sind. Letzteres führt dazu, dass die Zuständigkeit mit dem personensorgeberechtigten Elternteil „mitwandert“ (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.09.2009 - 5 C 18.08 -, BVerwGE 135, 58, Urt. v. 19.10.2011, a.a.O.). Damit ist die Beklagte ab 01.10.2007 nach § 86 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII selbst dann zuständig geworden, falls P. zum Beginn der Leistung (vorübergehend) keinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt haben sollte. Die Anwendbarkeit des § 86 Abs. 5 SGB VIII endet erst mit der Einstellung der Leistung bzw. der Gewährung einer (zuständigkeitsrechtlich) neuen Leistung oder der (erneuten) Begründung eines gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts i.S. von § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.12.2010 - 5 C 17.09 -, FEVS 62, 503 = NVwZ-RR 2011, 203). Daran fehlt es hier jedoch bezogen auf den streitbefangenen Zeitraum.
19 
Nach § 89 f Abs. 1 Satz 1 SGB VIII sind die aufgewendeten Kosten nur zu erstatten, soweit die Erfüllung der Aufgaben den Vorschriften des SGB VIII entspricht. Das danach geltende Gebot der Gesetzeskonformität der aufgewendeten Kosten verlangt allerdings bereits nach seinem Wortlaut nicht, dass die Leistungsgewährung in jeder Hinsicht objektiv rechtmäßig gewesen ist, und ist beschränkt auf die Vorschriften des 8. Buches Sozialgesetzbuch. Gesetzeskonformität im Sinne dieser Vorschrift und objektive Rechtmäßigkeit sind nicht durchweg identisch, auch wenn sich die Anwendungsergebnisse im Wesentlichen überschneiden werden. Nach seinem Sinn und Zweck formt das Gebot der Gesetzeskonformität das allgemeine, aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Gebot der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung für das Erstattungsrechtsverhältnis zwischen Jugendhilfeträgern aus. Es soll sicherstellen, dass der erstattungsberechtigte Jugendhilfeträger nicht in Erwartung einer Erstattungsleistung bei der Leistungsgewährung die durch das Gesetz gezogenen Grenzen überschreitet, und - dem korrespondierend - den erstattungspflichtigen Jugendhilfeträger davor bewahren, die Aufwendungen für solche Leistungen zu erstatten, die bei ordnungsgemäßer Leistungsgewährung nach Art oder Umfang so nicht hätten erbracht werden müssen. Insoweit ist die Regelung zugleich Ausdruck des kostenerstattungsrechtlichen Interessenwahrungsgrundsatzes. Der Kostenerstattung begehrende Träger hat bei der Leistungsgewährung die rechtlich gebotene Sorgfalt anzuwenden, zu deren Einhaltung er in eigenen Angelegenheiten gehalten ist; der auf Erstattung in Anspruch genommene Jugendhilfeträger kann eine darüber hinausgehende Prüfung der Leistungsvoraussetzungen nicht verlangen und daher eine Erstattung nicht verweigern, wenn auch er selbst die angefallenen Kosten nicht hätte vermeiden können, weil er nach dem im Zeitpunkt der Entscheidung über die Hilfegewährung gegebenen Erkenntnisstand nicht anders gehandelt hätte (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.06.2006 - 5 C 24.05 -, BVerwGE 126, 201).
20 
Die Voraussetzungen für die Inobhutnahme der C. und deren Tochter nach § 42 SGB VIII lagen zu Beginn im September 2007 unzweifelhaft vor. Dies wird auch von der Beklagten nicht in Frage gestellt. Die Aufrechterhaltung der Inobhutnahme über einen Zeitraum von ca. 1 ¾ Jahren war aber rechtswidrig. Die Inobhutnahme ist - wie sich aus der Überschrift des ersten Abschnitts des dritten Kapitels des SGB VIII („vorläufige Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen“) sowie aus § 42 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII („.... vorläufig unterzubringen ....“) ergibt - eine vorläufige Schutzmaßnahme im Sinne einer Krisenintervention, die darauf gerichtet ist, die Krisensituation zu beseitigen bzw. ihr mit geeigneten Hilfeangeboten zu begegnen. Sie ist aber nicht bereits selbst die vom Gesetz intendierte dauerhafte Lösung erzieherischer Probleme (vgl. BVerwG, Urt. v. 08.07.2004 - 5 C 63.03 -, FEVS 57, 1, Beschl. v. 29.11.2006 - 5 B 107.06 -, juris, Beschl. v. 08.02.2007 - 5 B 100.06 -, juris; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.08.2003 - 9 S 2398/02 -, NDV-RD 2004, 68). Widersprechen die Personensorgeberechtigten der Inobhutnahme nicht, so ist unverzüglich ein Hilfeplanverfahren mit dem Ziel der Gewährung einer Anschlusshilfe einzuleiten (§ 42 Abs. 3 Satz 5 SGB VIII). Stellen die Sorgeberechtigten im Rahmen des Hilfeplanverfahrens keinen Antrag auf die sich als notwendig erweisende Anschlusshilfe - etwa von Hilfe zur Erziehung - muss zur Klärung der Situation und zur Beendigung der Inobhutnahme in gleicher Weise vom Jugendamt eine Entscheidung des Gerichts zur Legitimierung des Sorgerechtseingriffs herbeigeführt werden. Die Rechtmäßigkeit der fortdauernden Inobhutnahme hängt davon ab, dass das Jugendamt unverzüglich dafür Sorge trägt, dass das Familiengericht das fehlende Einverständnis der Sorgeberechtigten mit den für erforderlich anzusehenden Anschlussmaßnahmen ersetzt (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 24.05.2011, a.a.O.). Das Jugendamt ist verpflichtet, im Zusammenwirken mit dem Personensorgeberechtigten die Art des jugendhilferechtlichen Bedarfs zu klären und eine Entscheidung über die gebotene Hilfe herbeizuführen. Es hat dafür Sorge zu tragen, dass das Verfahren in der gebotenen zügigen Weise mit dem Ziel einer Krisenklärung (entweder - bei andauerndem erzieherischen Bedarf - Überleitung der Inobhutnahme in eine Hilfe zur Erziehung nach §§ 27, 30, 34 SGB VIII oder - bei Wegfall eines jugendhilferechtlichen Bedarfs - Beendigung der Inobhutnahme) „abgewickelt“ wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 08.07.2004, a.a.O.).
21 
Gemessen hieran hat der Kläger gegen das Gebot zügiger Krisenklärung verstoßen. Denn die vorliegenden Unterlagen lassen nicht erkennen, dass in hinreichendem Maße auf eine Entscheidung über die Anschlusshilfe hingewirkt wurde, obwohl der gesamte, die Anschlusshilfe steuernde und sie präjudizierende Hilfeplansprozess in die Zuständigkeit des für die Inobhutnahme zuständigen Jugendamts fällt (vgl. Wiesner, SGB VIII, Kinder- und Jugendhilfe, 3. Aufl. 2006, § 42, Rn. 42). Einzuräumen ist zwar, dass der Kläger die Beklagte - erstmals mit Schreiben vom 29.11.2007 - zur Anerkennung der Zuständigkeit und zur Übernahme des Hilfefalles aufgefordert hat. Spätestens, nachdem die Beklagte (mit Schreiben v. 14.12.2007) ihre Zuständigkeit verneint und die Übernahme des Hilfefalles abgelehnt hatte, hätte der Kläger aber im Rahmen des Hilfeplanverfahrens auf eine Beendigung der Inobhutnahme hinwirken und - soweit erforderlich - gem. § 86 d SGB VIII wegen Nichttätigwerdens des zuständigen örtlichen Trägers vorläufig über die Anschlusshilfe entscheiden müssen. Dies hat er jedoch nicht getan, sondern die Inobhutnahme weiterlaufen lassen. So heißt es etwa in den Hilfeplänen vom 22.04.2008 und 19.08.2008, die Hilfe werde seit 13.09.2007 gewährt und weiterhin im Rahmen des § 42 SGB VIII bis zum Zeitpunkt der Klärung der Zuständigkeiten gewährt. In den nachfolgenden Hilfeplänen heißt es in der Rubrik „zeitlicher Rahmen“ lediglich, dass die Hilfe weiter erforderlich sei. Der Umstand, dass die Beklagte (zu Unrecht) die Übernahme des Hilfefalles abgelehnt hat, rechtfertigt nicht die Weiterführung der Inobhutnahme (vgl. Bayer.VGH, Beschl. v. 27.05.2011 - 12 CE 11.893 -, BayVBl 2012, 182).
22 
Die Inobhutnahme war mithin zwar ca. ab Ende 2007/Anfang 2008 rechtswidrig. Der Kläger kann die Gesetzeskonformität der Leistungsgewährung aber im Anschluss an das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.06.2006 (a.a.O.) daraus herleiten, dass er als der Kostenerstattung begehrende Jugendhilfeträger vernünftigerweise nicht anders als tatsächlich geschehen handeln konnte und dies auch für den auf Erstattung in Anspruch genommenen Jugendhilfeträger, also die Beklagte gilt.
23 
Nicht zweifelhaft ist, dass auch ab Anfang 2008 ein jugendhilferechtlicher Bedarf bestanden hat, dem mit einer Anschlusshilfe zu begegnen war. Auch ist anzunehmen, dass Hilfe zur Erziehung nach §§ 27, 34 SGB VIII in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) im SPZ, für die die Beklagte - wie schon ausgeführt - nach § 86 Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 SGB VIII örtlich zuständig war, hätte gewährt werden müssen und nicht eine Hilfe nach § 19 SGB VIII. Nach dieser Vorschrift sollen Mütter oder Väter, die allein für ein Kind unter 6 Jahren zu sorgen haben oder tatsächlich sorgen, gemeinsam mit dem Kind in einer geeigneten Wohnform betreut werden, wenn und solange sie aufgrund ihrer Persönlichkeitsentwicklung dieser Form der Unterstützung bei der Pflege und Erziehung des Kindes bedürfen. Leistungsberechtigt ist ein Elternteil, wenn ihm die tatsächliche Personensorge rechtlich zusteht; dies ist gem. § 1673 Abs. 2 Satz 1 BGB der Fall bei einer minderjährigen unverheirateten Mutter (vgl. OVG Münster, Urt. v. 26.04.2004 - 12 A 2434/02 -, juris; Kunkel in LPK-SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 19, Rn. 1). Diese Voraussetzungen lagen bei der am 12.11.1991 geborenen C. und ihrer am 05.01.2007 geborenen Tochter vor. Auch spricht viel dafür, dass C. gerade im Hinblick auf ihr Alter - zum Zeitpunkt des Beginns der Leistung war sie noch nicht einmal 16 Jahre alt - der Unterstützung bei der Pflege und Erziehung ihres Kindes durch Betreuung in einer geeigneten Wohnform bedurfte. Liegt aber neben dem Entwicklungsdefizit der Mutter, welches Voraussetzung für die Gewährung einer Leistung nach § 19 SGB VIII ist, außerdem bei ihr ein (passives) Erziehungsdefizit i.S. von § 27 SGB VIII vor (vgl. zu diesen Begriffen Jans/Happe/Sauerbier, Kinder- und Jugendhilferecht, Band 1, § 19, Rn. 16), so ist nur Hilfe zur Erziehung zu gewähren. Die Gewährung einer Hilfe nach § 19 SGB VIII ist dann ausgeschlossen (vgl. LPK-SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 27, Rn. 41). Dies folgt insbesondere aus § 27 Abs. 4 SGB VIII. Danach umfasst die Hilfe zur Erziehung, wenn ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthaltes in einer Einrichtung oder in einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes wird, auch die Unterstützung bei der Pflege und Erziehung dieses Kindes. Diese Vorschrift wurde durch das Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz (Gesetz v. 08.09.2005, BGBl. I, S. 2729 - KICK -) eingefügt. In der Begründung zum Gesetzentwurf (BT.Drs. 15/5616, S. 25 f.) heißt es, in der Praxis ergäben sich Zuordnungsprobleme, wenn ein junges Mädchen, das Hilfe zur Erziehung erhält, selbst Mutter eines Kindes wird. Diese Situation sei bislang nicht ausreichend im Gesetz berücksichtigt. Die von der Rechtsprechung als speziell erachtete Anwendung des § 19 SGB VIII berücksichtige nicht den nunmehr sogar verstärkt bestehenden Bedarf nach Hilfe zur Erziehung. Dies habe gravierende Auswirkungen auf die einzelnen Leistungen, auf die die junge Mutter einen Anspruch habe. So könnten im Rahmen von Hilfe zur Erziehung auch pädagogische und therapeutische Leistungen erbracht werden. Dies sei in § 19 SGB VIII nicht vorgesehen. Gleichzeitig werde ein Mädchen/eine junge Frau benachteiligt, indem es/sie nur noch Unterstützung für seine/ihre Rolle als Mutter erhalte und seine/ihre individuelle Entwicklung nicht ausreichend gefördert werde. Die Neuregelung in Abs. 4 beseitige diese Ungleichbehandlung und stelle klar, dass in diesen Fällen Hilfe zur Erziehung auch die Unterstützung der Mutter als Leistungsempfängerin bei der Pflege und Erziehung des Kindes umfasse. Damit sei gewährleistet, dass sie die ihrem Bedarf entsprechende Hilfe erhalte und das neugeborene Kind in die Leistung einbezogen werde.
24 
Daraus folgt, dass der zur früheren Gesetzeslage vertretenen Auffassung, wonach § 19 SGB VIII gegenüber §§ 27, 34 SGB VIII die speziellere Rechtsgrundlage darstelle (vgl. OVG NRW, Urt. v. 26.04.2004, a.a.O., offen gelassen durch BVerwG, Beschl. v. 22.06.2005 - 5 B 69.04 -, FEVS 57, 490), nicht (mehr) gefolgt werden kann. Nach dem Wortlaut des § 27 Abs. 4 SGB VIII kommt Hilfe zur Erziehung zwar nur in Betracht, wenn das Kind während der Heimerziehung der Mutter geboren wird. Nach dem - in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck gekommenen - Sinn und Zweck der Vorschrift muss § 27 SGB VIII aber auch Anwendung finden, wenn das Kind bereits vor Beginn der Leistung geboren worden ist und ein über den nach § 19 SGB VIII hinausgehender (Erziehungs-)Hilfebedarf für die (junge) Mutter erst nach der Geburt ihres Kindes festgestellt wird (vgl. Wiesner, SGB VIII, 3. Aufl. 2006, § 19, Rn. 16). Es ist kein Grund dafür erkennbar, in solchen Fällen den weitergehenden Erziehungsbedarf auszuklammern und ausschließlich Hilfe nach § 19 SGB VIII zu gewähren.
25 
Nach den vorliegenden Akten lag bei C. auch eine erzieherische Mangelsituation vor, die Voraussetzung für den Anspruch auf Hilfe zur Erziehung ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.04.2005 - 9 S 2633/03 -, juris; Wiesner, a.a.O., § 27, Rn. 20 ff.). Ihre alleinerziehende Mutter war allem Anschein nach nicht (mehr) in der Lage, die nach der Geburt der Tochter der C. im Januar 2007 aufgetretenen Schwierigkeiten in den Griff zu bekommen. In der „Vereinbarung über die Betreuung und Versorgung des n.n. geborenen Kindes“ vom 27.12.2006 hatte sie sich für den Zeitraum ab Geburt bis zur Vollendung des ersten Lebensjahres verpflichtet, persönlich und ausschließlich die Betreuung und Versorgung zu übernehmen. In der Vereinbarung ist festgehalten, dass eine Fremdbetreuung durch Dritte (z.B. Tagesmutter, etc.) nicht stattfinden werde. Für den Fall, dass die Vereinbarung nicht eingehalten werde, behielt sich der Fachdienst Jugend des Jugendamtes des Klägers als Vormund gegebenenfalls alternative Unterbringungsmöglichkeiten des Kindes vor. Im Widerspruch zu dieser Vereinbarung begab sich C. mit ihrer Tochter und dem Vater des gemeinsamen Kindes wohl ca. im Juli 2007 von dem Wohnort im Landkreis Txxx, wo sie ca. im Februar/März 2007 hingezogen waren, wieder zurück in den Landkreis Dxxx, wo sie sich bei den Eltern des Kindsvaters aufhielten. Die Zustimmung des Vormundes der Tochter der C. wurde allem Anschein nach nicht eingeholt (vgl. E-Mail der Mitarbeiterin des Klägers, Frau Rxxx, vom 13.07.2007). Ziel der C. und des Kindsvaters war es wohl zunächst, eine Wohnung im Haus der Eltern des Kindsvaters zu beziehen. Am 16.07.2007 führte eine Mitarbeiterin des Jugendamtes des Landratsamts Txxx ein Gespräch mit C. und P. sowie dem Kindsvater. In der E-Mail vom 25.07.2007 der Mitarbeiterin des Landratsamts Txxx, Frau Mxxx, heißt es, dass nach ihrer Ansicht die Familie nicht sehe, dass sie mit der Zukunftsplanung überfordert sei. Der jungen Familie sei nicht bewusst, dass der Vormund in die Planung für die eigene Zukunft mit einbezogen werden müsse. Aus einer Gesprächsnotiz des Amtsvormunds vom 03.09.2007 ergibt sich, dass sich C. mit dem Kind und dem Kindsvater schon längere Zeit mit Einverständnis der P. im Haushalt des Kindsvaters aufhielten und eine Wohnung in Sxxx/Landkreis Dxxx anmieten wollten. P. habe zwar weiterhin die Verpflichtung, wie vereinbart das Enkelkind ordnungsgemäß und sorgfältig zu versorgen und darauf zu achten, dass ihre Tochter ihrer Schulpflicht genüge. Dies sei aber nicht (mehr) möglich, da C. mit dem Kindsvater und ihrer Tochter zu dessen Eltern gefahren seien. Außerdem beabsichtige P. mit der noch bei ihr lebenden weiteren Tochter zu ihrem neuen Freund im Schwarzwald zu ziehen. Der Amtsvormund riet C. schließlich an, mit ihrer Tochter in den Haushalt ihrer Mutter zurückzukehren. Es wurde keine Zustimmung des Amtsvormundes für den Umzug in die Wohnung nach Sxxx erteilt, sondern nur zum Aufenthalt bei den Eltern des Kindsvaters für die Ferien. Im Widerspruch dazu verblieb C. aber gemeinsam mit ihrer Tochter bei der Familie des Kindsvaters. Nachdem am 13.09.2007 bei einem Gespräch des Amtsvormunds im Haus der Familie des Kindsvaters die Situation eskalierte, erfolgte an diesem Tag die Inobhutnahme (vgl. Gesprächsnotiz des Vormunds v. 13.09.2007).
26 
Angesichts dieser Entwicklung besteht kein Zweifel daran, dass auch eine erzieherische Mangelsituation bei C. vorlag, der durch Unterbringung der C. und ihrer Tochter in einer geeigneten Einrichtung zu begegnen war.
27 
Es lag auch der für die Gewährung von Hilfe zur Erziehung nach §§ 27, 34 SGB VIII erforderliche Antrag der Personensorgeberechtigten, der P., vor. Voraussetzung für die Gewährung rechtmäßiger Jugendhilfe ist ein entsprechender Antrag des Betroffenen. Dieser hat den Träger der öffentlichen Jugendhilfe rechtzeitig über den Hilfebedarf in Kenntnis zu setzen (vgl. § 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII). Für den grundsätzlich erforderlichen Antrag ist keine besondere Form vorgesehen, er kann auch in der Form schlüssigen Verhaltens gestellt werden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.05.2008 - 5 B 130.07 -, juris, Beschl. v. 17.02.2011 - 5 B 43.10 -, juris).
28 
Gemessen hieran lag ein ausreichender Antrag der P. vor. Unstreitig ist, dass sie Ende Oktober 2007 beim Sozialen Dienst der Beklagten vorgesprochen hat. Zwar ist wohl die Annahme des Antrages (u.a.) mit der Begründung verweigert worden, dass die zuständige Sachbearbeiterin im Urlaub sei und sie sich deshalb in der Folgewoche noch einmal mit dem Jugendamt in Verbindung setzen solle (vgl. AV des Klägers vom 29.10.2007 sowie AV der Beklagten v. 26.02.2008). Zu einer erneuten Kontaktaufnahme seitens P. ist es dann nicht gekommen, obwohl - wie es im Aktenvermerk des Klägers heißt - vereinbart war, dass P. den Antrag „dort im Geschäftszimmer“ abgeben und sich dies schriftlich bestätigen lassen sollte. Dennoch kann von einer wirksamen Stellung eines Antrages auf Hilfe zur Erziehung seitens P. ausgegangen werden. Dass der Vertreter der zuständigen Sachbearbeiterin beim Sozialen Dienst das Vorbringen der P. wohl als Antrag auf rückwirkende Bewilligung der Inobhut-nahme verstanden hat, ist unschädlich. Selbst wenn P. sich entsprechend ausgedrückt haben sollte, so besteht kein Zweifel daran, dass sie um die Gewährung von Hilfe in Gestalt der Unterbringung ihrer Tochter und der Enkeltochter im SPZ nachsuchen wollte. Für die Annahme, dass ein wirksamer Antrag vorliegt, ist nicht Voraussetzung, dass der Hilfesuchende die begehrte Hilfe der richtigen Aufgabe der Jugendhilfe i.S. von § 2 SGB VIII zuordnet. Entscheidend ist vielmehr, dass das Hilfebegehren mit seinem eigentlichen Ziel unmissverständlich zum Ausdruck gebracht wird. Daran bestehen hier keine Zweifel, zumal P. zu keinem Zeitpunkt Einwendungen gegen die Unterbringung ihrer Tochter im SPZ erhoben hat. Hinzu kommt, dass P. - ausweislich des Aktenvermerks des Klägers vom 29.10.2007 -, nachdem sie versucht hatte, beim Jugendamt der Beklagten einen Antrag zu stellen, sich an den Kläger wandte und über das Verhalten des Sachbearbeiters der Beklagten beschwerte. Auch in dieser Vorsprache ist ein Antrag zu sehen, der zwar bei der unzuständigen Behörde gestellt wurde, aber gleichwohl wirksam ist (vgl. § 16 SGB I).
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Der Gesetzeskonformität der Leistung i.S. von § 89f Abs. 1 SGB VIII steht auch nicht entgegen, dass der Kläger - wie schon ausgeführt - gem. § 86d SGB VIII verpflichtet gewesen ist, die Hilfe zur Erziehung vorläufig zu gewähren. Diese Vorschrift dient dem Schutz des Hilfesuchenden in den Fällen, in denen die örtliche Zuständigkeit nicht feststeht oder der zuständige örtliche Träger nicht tätig wird. Aus einer Verletzung dieser Vorschrift kann der Beklagte mithin keine Rechte herleiten, zumal auch im Falle einer Entscheidung des Klägers nach § 86d SGB VIII die Beklagte kostenerstattungspflichtig gewesen wäre (§ 89c Abs. 1 Satz 2 SGB VIII).
30 
Hinsichtlich der Höhe der vom Kläger mit Schriftsatz vom 27.02.2012 geltend gemachten Kosten sind Bedenken weder ersichtlich noch von der Beklagten vorgetragen worden. Auch ist davon auszugehen, dass im Falle der Gewährung von Hilfe zur Erziehung nach §§ 27, 34 SGB VIII für die Unterbringung der C. und ihrer Tochter im SPZ Kosten in gleicher Höhe entstanden wären.
31 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 3 analog, Abs. 2 VwGO.
32 
Die Berufung war wegen grundsätzlicher Bedeutung im Hinblick auf das in der Rechtsprechung ungeklärte Konkurrenzverhältnis zwischen § 19 SGB VIII und §§ 27 ff. SGB VIII zuzulassen (§§124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

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