Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
|
|
| Der Antrag, mit dem der Antragsteller bei sachdienlicher Auslegung (§ 88 VwGO) begehrt, der Antragsgegnerin, vertreten durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, im Wege einer einstweiligen Anordnung aufzugeben, die an das Regierungspräsidium Karlsruhe erfolgte Mitteilung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vorliegen, zurückzunehmen, ist gemäß § 123 VwGO statthaft und auch sonst zulässig, aber nicht begründet. Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, dass er einen entsprechenden Anspruch hat. |
|
| Stellt ein Ausländer nach unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrags erneut einen Asylantrag (Folgeantrag), so ist gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen; die Prüfung obliegt dem Bundesamt. Gemäß § 71 Abs. 5 AsylG gilt: Stellt der Ausländer, nachdem eine nach Stellung des früheren Asylantrags ergangene Abschiebungsandrohung oder -anordnung vollziehbar geworden ist, einen Folgeantrag, der nicht zur Durchführung eines weiteren Verfahrens führt, so bedarf es zum Vollzug der Abschiebung keiner erneuten Fristsetzung und Abschiebungsandrohung oder -anordnung. Die Abschiebung darf erst nach einer Mitteilung des Bundesamtes, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vorliegen, vollzogen werden, es sei denn, der Ausländer soll in den sicheren Drittstaat abgeschoben werden. Hat das Bundesamt die Mitteilung gemäß § 71 Abs. 5 AsylG ausgesprochen, ist es verpflichtet, diese im Wege einer erneuten Mitteilung an die zuständige Ausländerbehörde zurückzunehmen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens doch vorliegen. |
|
| Das Bundesamt hat im angefochtenen Bescheid vom 13.08.2019 einen Anspruch des Antragstellers auf Wiederaufgreifen des Verfahrens im Wesentlichen mit der Begründung verneint, die zur Begründung des Folgeantrags vorgelegte Kopie eines „Police Investigation Report“ sei im Sinn von § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG kein neues Beweismittel, das eine dem Antragsteller günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde. Im Einzelnen hat das Bundesamt insoweit ausgeführt: Der Antragsteller habe die Bescheinigung nicht im Original vorgelegt. Seine Identität sei ungeklärt, es sei deshalb zweifelhaft, dass es sich bei der in der Bescheinigung genannten Person um ihn handele. Der Inhalt der Bescheinigung stimme nicht mit seinem Vorbringen im ersten Asylverfahren und dem anschließenden gerichtlichen Verfahren überein. Es sei zudem zweifelhaft, dass eine Bescheinigung solchen Inhalts von einer nigerianischen Polizeistelle verfasst werde. Verwunderlich sei, dass elf Jahre nach der bescheinigten Festnahme noch Akten vorhanden sein sollten, obwohl keine Anklage erhoben worden sei und der Antragsteller im November 2008 umgehend ausgereist sein wolle. |
|
| Der Antragsteller hat im Klageverfahren (A 4 K 3547/19) das Original zur Kopie der Bescheinigung vorgelegt und unter Hinweis auf Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschl. v. 04.12.2019 – 2 BvR 1600/19 -, juris, m.w.N.) ausgeführt: Gehe es um die Frage, ob ein Folgeantrag wegen einer nachträglichen Änderung der Sach- oder Rechtslage zugunsten des Betroffenen zulässig sei, so genüge schon die Möglichkeit einer günstigeren Entscheidung aufgrund der geltend gemachten Wiederaufgreifensgründe. Lediglich wenn das Vorbringen des Antragstellers von vornherein nach jeder vertretbaren Betrachtungsweise ungeeignet sei, dürfe der Folgeantrag als unzulässig abgelehnt werden. Dies sei hier nicht der Fall. Die Zweifel des Bundesamts an der Echtheit der vorgelegten Bescheinigung müsse das Bundesamt in einem neuen Asylverfahren zum Gegenstand weiterer Untersuchungen machen und dem Kläger Gelegenheit geben, die Zweifel auszuräumen. Der beträchtliche Begründungsaufwand im angefochtenen Bescheid zeige offenkundig, dass das Vorbringen des Antragstellers nicht nach jeder Betrachtungsweise ungeeignet sei, ihm zur Zuerkennung internationalen Schutzes zu verhelfen. |
|
| Dieses Vorbringen des Antragstellers verhilft dem Antrag nicht zum Erfolg. |
|
| Die vom Antragsteller in Bezug genommene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist nicht einschlägig. Sie befasst sich nicht mit der Frage, unter welchen Umständen das Bundesamt einer im Folgeantragsverfahren vorgelegte Urkunde die Eigenschaft eines neuen Beweismittels absprechen kann. Die insoweit vom Bundesamt im angefochtenen Bescheid aufgestellten und teilweise mit Kommentarhinweisen aufgestellten Grundsätze zieht der Antragsteller nicht in Zweifel; mit den Zweifeln des Bundesamts an der Echtheit der Bescheinigung befasst er sich in keiner Weise. |
|
| Hinsichtlich des Wiederaufgreifensgrunds des § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG gilt Folgendes (vgl., zum Ganzen, Funke-Kaiser, in: GK-AsylG, Oktober 2017, Rn. 248 ff. m.w.N.): Das Beweismittel muss geeignet sein, die Richtigkeit gerade derjenigen Feststellungen in Frage zu stellen, die für die Entscheidung im Erstverfahren tragend waren. Substantiierungsmängel hinsichtlich der diesbezüglichen Tatsachen vermag die Vorlage eines Beweismittels nicht zu beheben. (Nur) Wenn die Mängel des Vortrags weiterhin so evident sind, dass auch im Ausgangsverfahren eine Beweiserhebung hätte abgelehnt werden können, darf die Eignung als Beweismittel im Sinn von § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG verneint werden. Nur eine in wesentlichen Punkten unzutreffende oder in nicht auflösbarer Weise widersprüchliche Schilderung des persönlichen Verfolgungsschicksals enthebt das Gericht von der Verpflichtung, substantiierten Beweisanträgen nachzugehen. Dabei ist die Grenze zur unzulässigen vorweggenommenen Beweiswürdigung zu beachten. Für die Vorlage ausländischer Urkunden gilt (vgl. Funke-Kaiser, a.a.O., Rn. 260 ff., „Beweismittel von zweifelhafter Eignung“): Die Eignung einer solchen Urkunde als Beweismittel lässt sich nur beurteilen, wenn der genaue Übermittlungsweg bekannt ist (vgl. VGH-Bad.-Württ., Beschl. v. 01.09.1982 - A 12 S 213/80 -, juris; a.A. allerdings wohl BVerwG, Beschl. v. 28.06.2010 - 5 B 49.09 -, NVwZ 2010, 1162 = juris, Rn. 4 m.w.N.). Für ausländische öffentliche Urkunden gilt die Echtheitsvermutung (vgl. § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 437, 438 Abs. 1 ZPO) nicht. Das Gericht kann über die Echtheit der Urkunde nach Ermessen befinden (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 438 Abs. 1 ZPO und hierzu BVerfG, Beschl. v. 07.03.2002 – 2 BvR 191/02 -, juris, Rn. 5 m.w.N.). Als Fälschung kann eine Urkunde nur angesehen werden, wenn es daran keine vernünftigen Zweifel gibt. Bleiben Zweifel an der Echtheit der ausländischen Urkunde, muss das Gericht sich die nötige Überzeugungsgewissheit etwa durch Ersuchen an die zuständige Auslandsvertretung verschaffen (BVerwG, Beschl. v. 28.06.2010 - 5 B 49.09 -, a.a.O.). |
|
| Solche - ernstlichen - Zweifel daran, dass das erste Asylverfahren des Klägers sich auch bei damals erfolgter Vorlage der Bescheinigung keine dem Antragsteller günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde, bestehen hier nicht. Dabei ist von Folgendem auszugehen: |
|
| Gefälschte Dokumente (Geburts- und Heiratsurkunden sowie Zeugnisse von Schulen und Universitäten), die aber oft nicht auf den ersten Blick als solche zu erkennen sind, sind in Lagos, aber auch in anderen Städten ohne Schwierigkeiten zu erwerben. Diese Fälschungen sind professionell ausgestaltet und von echten Dokumenten kaum zu unterscheiden. Auch inhaltlich unwahre, aber von den zuständigen Behörden ausgestellte Bescheinigungen (Gefälligkeitsbescheinigungen) sowie Gefälligkeitsurteile in Familiensachen kommen vor. Fälschungstypische Fehler sind dabei nicht aufzeigbar; die Urkunden müssen durch die als ausstellende Behörde angegebene Stelle überprüft werden. Aus diesem Grund musste das Legalisationsverfahren (vgl. § 438 Abs. 2 ZPO) für öffentliche Urkunden aus Nigeria im Mai 2000 eingestellt werden. An seine Stelle ist die Möglichkeit einer Überprüfung nigerianischer Urkunden im Amtshilfeverfahren getreten, wenn dies eine deutsche Behörde für notwendig erachtet. Die deutsche Behörde kann in diesen Fällen ein Amtshilfeersuchen an das Generalkonsulat Lagos richten. Entsprechendes gilt für Gerichte (vgl., zum Ganzen, AA, Lagebericht Nigeria v. 10.12.2018, S. 25 ff.). |
|
| Die Zweifel an der Echtheit bzw. Wahrheit der vorgelegten Bescheinigung sind hier so erheblich, dass es als ausgeschlossen erscheint, dass sich im ersten Asylverfahren bei einer Überprüfung durch das Generalkonsulat Lagos oder sonst etwas anderes ergeben haben könnte. |
|
| Gegen die Echtheit der Urkunde spricht zunächst, dass die handschriftliche Unterschrift dem maschinenschriftlich bezeichneten Verfasser nicht zugeordnet werden kann. Auch ist der aufgebrachte Stempel nicht auf die Rückseite durchgedrückt, anders als die handschriftliche Unterschrift. Dass eine nigerianische Polizeidienststelle eine solche detailreiche Bescheinigung zu amtlichen Zwecken und nicht nur aus Gefälligkeit einem Bekannten eines mutmaßlichen Täters unter der Überschrift „Police Investigation Report“ ausstellen würde, erscheint als fernliegend, ebenso, dass solch detaillierte Kenntnisse wie wiedergegeben dort gespeichert und elf Jahre nach der angeblichen Festnahme dort noch vorhanden sein könnten. Weiter steht der Inhalt der Bescheinigung ganz erheblich im Widerspruch zum bisherigen Vorbringen des Antragstellers, der zuvor nie behauptet hatte, ihm seien „ständige abscheuliche sexuelle Praktiken innerhalb von Isheri und dessen Umgebung“ vorgeworfen worden, er habe diese gestanden und er sei einigen der Opfer vorgeführt worden, die von ihm und seinem Freund belästigt worden seien. Im ersten Asylverfahren hatte er lediglich angegeben, er sei festgenommen worden, weil sein Freund, den er erst kurz zuvor kennengelernt habe, auf der Straße den Arm um ihn gelegt habe. Zu diesen Widersprüchen verhält sich der Antragsteller nicht. Schließlich nennt er auch keine Anhaltspunkte dafür, wie es ihm gelingen könnte, die dargelegten Zweifel an der Beweiskraft der Bescheinigung im Hauptsacheverfahren zu zerstreuen. Weder schildert er substantiiert, wie sein Gewährsmann in den Besitz der Bescheinigung gekommen sein soll, noch unternimmt er es, sein ständig wechselndes und grob widersprüchliches Vorbringen im ersten Asylverfahren insbesondere dazu, mit wem er in einer Beziehung gelebt haben will und wann er den Freund, der mit ihm festgenommen worden sei, kennengelernt haben will, geradezurücken, sich also für eine Version zu entscheiden. |
|
|
|
| Der Beschluss ist unanfechtbar. |
|