Die Anträge werden abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
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| Die (sachdienlich ausgelegten) Anträge der Antragsteller, die aufschiebende Wirkung ihrer Widersprüche vom 22.06.2021 gegen die Ziffern 1 und 2 der Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin vom 09.06.2021 anzuordnen, haben keinen Erfolg. |
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| Die Anträge sind nur teilweise zulässig. |
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| Die Anträge sind zulässig, soweit sich die Antragsteller gegen Ziffer 2 der Allgemeinverfügung (im Folgenden: AV) richten. |
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| In Ziffer 2 AV wird geregelt, dass für Kinder ab drei Jahren, die in Kindertageseinrichtungen in der Stadt E. betreut werden, ein Zutritts- und Teilnahmeverbot besteht, wenn sie nicht grundsätzlich mindestens zweimal pro Woche den Nachweis eines negativen COVID-19-Tests in der Einrichtung vorlegen, der auch von den Erziehungsberechtigten selbst durchgeführt und bescheinigt werden kann. |
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| Die Anträge sind insoweit statthaft, denn den Widersprüchen der Antragsteller kommt nach § 28 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 8 IfSG keine aufschiebende Wirkung zu. |
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| Unzweifelhaft gilt dies für den x-jährigen Antragsteller zu 3, der die Kindertageseinrichtung „S.“ besucht. Er kann geltend machen, durch das Zutritts- und Teilnahmeverbot jedenfalls in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG betroffen zu sein. |
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| Aber auch die Eltern des Antragstellers zu 3, die Antragsteller zu 1 und 2, sind insoweit antragsbefugt, denn ihnen wird durch die indirekte Testpflicht im Sinne einer Obliegenheit aufgegeben, entweder ihr Kind „fremd“ testen zu lassen (in einer Teststelle o.Ä.) und dafür die entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen oder die Testung selbst durchzuführen und zu dokumentieren. Die Kammer kann dahinstehen lassen, ob sich die Antragsbefugnis der Antragsteller zu 1 und 2 insoweit aus Art. 6 Abs. 2 GG oder jedenfalls aus Art. 2 Abs. 1 GG ergibt. |
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| Insoweit steht der Zulässigkeit der Anträge schließlich auch nicht entgegen, dass die Kindertageseinrichtung „S.“ derzeit die vom Landratsamt E. gemieteten Räume in E.-W. nicht nutzen darf, weil das Landratsamt ihr dies untersagt hat, woraufhin die Kinderbetreuung an wechselnden Orten im Freien, wohl auch außerhalb des Stadtgebietes von E. in benachbarten Gemeinden stattfindet. Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis dürfte deshalb nicht entfallen sein. Weder kann die Kammer davon ausgehen, dass die Einrichtung „S.“ dauerhaft ihren Sitz in eine andere Gemeinde verlegt hat (dagegen spricht bereits, dass die bestehende Betriebsgenehmigung sich auf die Räumlichkeiten in Wasser bezieht), noch dass die Kinderbetreuung künftig dauerhaft wie bei einem Waldkindergarten im Freien stattfinden soll (in einem solchen Fall wären nach der von der Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren selbst geäußerten Auslegung der Begriffe „Zutritt zu einer Kindertageseinrichtung“ die Tatbestandsvoraussetzungen von Ziffer 2 AV nicht gegeben), sondern es muss davon ausgegangen werden, dass nach Beilegung der Unstimmigkeiten mit dem Landratsamt als Vermieter der Betrieb wieder in den ursprünglichen Räumlichkeiten fortgeführt wird. |
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| Nicht zulässig sind die Anträge (sämtlicher Antragsteller) hingegen, soweit sie sich gegen Ziffer 1 AV richten. |
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| In jener Regelung wird ein Zutritts- und Teilnahmeverbot für Beschäftigte einer Kindertageseinrichtung verfügt, wenn sie nicht mindestens zweimal wöchentlich einen Nachweis über einen negativen COVID-19-Test in der Einrichtung vorlegen. |
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| Insoweit fehlt allen Antragstellern die erforderliche Antragsbefugnis. |
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| Für die Kammer ist nicht ersichtlich, dass die Antragsteller durch Ziffer 1 AV in ihren eigenen Rechten betroffen sein könnten. |
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| Die Antragsteller können sich insoweit nicht auf die von ihnen herangezogenen Vorschriften aus dem Sozialgesetzbuch VIII berufen. Nach §§ 22, 24 SGB VIII mögen Förderansprüche bestehen; insbesondere ist der Träger der Jugendhilfe nach § 24 Abs. 3 SGB VIII verpflichtet, die Voraussetzungen für ein entsprechendes Angebot zu schaffen. |
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| Die Antragsgegnerin ist indessen nicht der Träger der Jugendhilfe, dies ist vielmehr der Landkreis E. (vgl. § 1 Abs. 1 LKJHG). Der von den Antragstellern geltend gemachte Anspruch kann sich also nicht gegen die Antragsgegnerin richten. |
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| Soweit die Anträge zulässig sind, sind sie nicht begründet. |
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| Das Gericht kann gemäß § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherstellen bzw. anordnen, wenn das private Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts das gegenläufige öffentliche Interesse überwiegt. Dies ist grundsätzlich dann der Fall, wenn der Hauptsacherechtsbehelf anhand einer vorläufigen Prüfung der Rechtslage, der eine summarische Prüfung der Sachlage zugrunde liegt, voraussichtlich Erfolg haben wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 23.02.2018 - 1 VR 11.17 -, juris Rn. 15). In den Fällen der - wie hier - gesetzlich angeordneten sofortigen Vollziehbarkeit ist aber die Wertung des Gesetzgebers zugunsten der sofortigen Vollziehbarkeit angemessen zu berücksichtigen. Lässt sich nicht feststellen, dass der Rechtsbehelf wahrscheinlich erfolgreich sein wird, so überwiegt in der Regel - entsprechend dieser Wertung - das Vollzugsinteresse (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.10.2003 - 1 BvR 2025/03 -, juris; BVerwG, Beschl. v. 05.03.1999 - 4 A 7.98 und 4 AR 3.98 -, juris). Dies gilt jedoch nicht, wenn der Betroffene ein besonderes Suspensivinteresse geltend machen kann, weil ihm durch den Vollzug irreparable Schäden oder sonstige unzumutbare Folgen drohen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.10.2003 a.a.O.). Umgekehrt besteht an der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsakts, an dessen Rechtmäßigkeit ernstliche Zweifel bestehen, in der Regel kein öffentliches Interesse. Ein behördliches Interesse daran, eine offenbar rechtswidrige Verfügung sofort zu vollziehen, ist rechtlich nicht anerkennenswert und muss daher in der nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen Abwägung in der Regel hinter dem gegenläufigen Interesse des Antragstellers, von der Vollziehung einstweilen verschont zu bleiben, zurückstehen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 23.06. 2009 - 9 S 938/09 -, juris; Beschl. v. 12.11.1997 - 9 S 2530/97 -, juris; VG Sigmaringen, Beschl. v. 16.02.2021 - 3 K 326/21 -, juris). Allerdings verbleibt dem Gericht auch im Falle ernstlicher Zweifel im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die Möglichkeit einer Interessenabwägung, welche durch die Erfolgsaussichten in der Hauptsache zwar maßgeblich indiziert, nicht aber in jeder Hinsicht determiniert wird. Sofern daher ganz erhebliche, sonstige Vollzugsinteressen aufgrund des konkreten Einzelfalls hinzutreten, kann die Interessenabwägung in solchen Fällen zugunsten des Vollzugs des Verwaltungsakts ausgehen. |
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| Unter Zugrundlegung dieser Maßstäbe überwiegt das Vollzugsinteresse, denn nach summarischer Prüfung ist nicht wahrscheinlich, dass die Widersprüche erfolgreich sein werden (dazu I. und II.). Ebenso wenig besteht ein besonderes Suspensivinteresse der Antragsteller (dazu III.). |
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| Die Kammer hat keine durchgreifenden Bedenken hinsichtlich der formellen Rechtmäßigkeit von Ziffer 2 AV. |
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| 1. Dies gilt insbesondere in Bezug auf die von den Antragstellern in Zweifel gezogene Zuständigkeit der Antragsgegnerin zum Erlass einer solchen Allgemeinverfügung. |
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| Entgegen der Auffassung der Antragsteller dürfte sich diese Zuständigkeit aus § 1 Abs. 6b der Verordnung des Sozialministeriums über Zuständigkeiten nach dem Infektionsschutzgesetz vom 19.07.2007 (in der ab 22.05.2021 geltenden Fassung) ergeben. |
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| Die Antragsteller vertreten den Standpunkt, § 1 Abs. 6b dieser Verordnung stehe wie der vorangehende Abs. 6a unter dem Vorbehalt einer spezielleren Regelung. |
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| (6a) Im Falle einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite im Sinne von § 5 IfSG und des Überschreitens eines Schwellenwertes von 50 neu gemeldeten SARS-CoV-2-Fälle pro 100.000 Einwohner in den vorangehenden sieben Tagen (Sieben-Tage-Inzidenz) innerhalb eines Stadt-oder Landkreises ist abweichend von Absatz 6 Satz 1 das Gesundheitsamt für Maßnahmen nach den §§ 16, 17, 28, 28a und 31 IfSG zur Bekämpfung dieses Infektionsgeschehens zuständig, soweit keine speziellere Regelung besteht. Das Überschreiten des Schwellenwertes im Sinne des Satz 1 richtet sich nach der durch das Robert Koch-Institut veröffentlichten Sieben-Tage-Inzidenz. (...) |
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| (6b) Die Zuständigkeit nach Absatz 6a entfällt, sobald der Wert des Absatzes 6a Satz 1 in sieben aufeinanderfolgenden Tagen unterschritten wird. Absatz 6a Satz 2 gilt entsprechend. Die dann zuständige Ortspolizeibehörde trifft die Maßnahmen im Benehmen mit dem Gesundheitsamt. Satz 3 gilt nicht für Maßnahmen aufgrund von Verstößen gegen die Corona-Verordnung oder gegen aufgrund der Corona-Verordnung erlassenen Rechtsverordnungen. Für die Aufhebung der Maßnahmen des Gesundheitsamts, die dieses auf Grundlage des Absatzes 6a getroffen hat, bleibt das Gesundheitsamt zuständig. |
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| Nachdem unstreitig der Inzidenzwert im Landkreis E. seit längerem deutlich unter 50 liegt, ist die Zuständigkeit des Landkreises gemäß § 1 Abs. 6b Satz 1 IfSG-ZuVO entfallen. Nach Satz 2 dieser Vorschrift ist dann die Antragsgegnerin als Ortspolizeibehörde zuständig. Abs. 6b enthält keinen Vorbehalt für eine speziellere Regelung. |
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| Aber auch wenn man Abs. 6b so versteht, dass er nur eine – bestehende – Zuständigkeit nach Abs. 6a entfallen und übergehen lässt und nicht die Fälle betrifft, in denen der Landkreis wegen des Vorbehaltes einer spezielleren Regelung nicht zuständig ist, führt dies nicht zur Unzuständigkeit der Antragsgegnerin. |
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| Entgegen der Auffassung der Antragsteller kann insoweit nicht die Verordnung über den Betrieb der Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflegestellen unter Pandemiebedingungen (Corona-VO-Kita) vom 04. Juni 2021 als speziellere bzw. abschließende Regelung angesehen werden. |
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| Die Antragsteller weisen zwar zutreffend darauf hin, dass die Corona-VO-Kita im deutlichen Gegensatz etwa zur Verordnung des Kultusministeriums über den Schulbetrieb unter Pandemiebedingungen (CoronaVO Schule) vom 4. Juni 2021 keine Regelungen zu einer (indirekten) Testpflicht und einem Zutritts- und Teilnahmeverbot enthält (vgl. §§ 2, 12 CoronaVO Schule), sondern in § 8 Corona-VO-Kita nur einen Teilnahmeausschluss in Fällen einer Absonderungspflicht im Zusammenhang mit dem Coronavirus, nach einem positiven Test nach § 4a Absatz 3 Corona-Verordnung oder bei Vorliegen der typischen Symptome einer Infektion mit dem Coronavirus vorsieht. |
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| Dass § 8 Corona-VO-Kita keine „speziellere Regelung“ im Sinne von § 1 Abs. 6a IfSG-ZuVO darstellt, folgt aus § 22 Abs. 1 der Verordnung der Landesregierung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus SARS-CoV-2 (CoronaVO) vom 13. Mai 2021 (in der ab 21. Juni 2021 gültigen Fassung). Dort ist Folgendes geregelt: „Das Recht der zuständigen Behörden, weitergehende Maßnahmen zum Schutz vor Infektionen zu erlassen, bleibt von dieser Verordnung und aufgrund dieser Verordnung erlassenen Rechtsverordnungen unberührt.“ |
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| Die Corona-VO-Kita ist eine der „aufgrund dieser Verordnung erlassenen Rechtsverordnungen“; sie beruht auf § 24 Abs. 1 Nr. 1 Corona-VO. Wie § 22 Abs. 1 Corona-VO klarstellt, schränkt sie nicht die Zuständigkeit von Behörden zum Erlass weitergehender Maßnahmen zum Schutz vor Infektionen ein. Dass es sich bei der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin um eine „weitergehende Maßnahme“ handelt, also eine Maßnahme, die über die Regelungen der Corona-VO-Kita und namentlich deren § 8 hinausgeht, ist insoweit unstreitig. |
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| 2. Entgegen der Auffassung der Antragsteller ist die streitgegenständliche Allgemeinverfügung auch nicht wegen eines Verstoßes gegen das Zitiergebot (Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG) formell rechtswidrig. |
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| Zum einen gilt dieses nur für den Gesetzgeber (für den Verordnungsgeber gilt nach Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG die Pflicht, die Rechtsgrundlage in der erlassenen Verordnung anzugeben). Demgegenüber besteht kein ausdrückliches Zitiergebot für Verwaltungsakte und damit auch für Allgemeinverfügungen. |
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| Im Übrigen unterliegen die von den Antragstellern als nicht zitiert gerügten Grundrechte aus Art. 6 Abs. 2 und sinngemäß auch Art. 12 GG nicht dem Zitiergebot aus Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG (vgl. OVG Nds., Beschl. v. 19.04.2021 - 13 MN 209/21 -, juris Rn. 34 m.w.N.). |
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| 3. Schließlich erweist sich Ziffer 1 der Allgemeinverfügung auch nicht deshalb als formell rechtswidrig, weil die dort getroffenen Regelungen nicht in der Handlungsform der Allgemeinverfügung getroffen werden durften, sondern als Rechtsnorm hätten ergehen müssen. |
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| Auch bei einer Allgemeinverfügung nach § 35 Satz 2 Var. 1 VwVfG handelt es sich um einen Verwaltungsakt, so dass Voraussetzung die Regelung eines Einzelfalls ist. Die Regelung muss sich auf einen konkreten Sachverhalt beziehen und sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richten, auch wenn es angesichts fließender Übergänge zwischen abstrakt-genereller und konkret-individueller Regelung dem Hoheitsträger grundsätzlich frei steht, im Übergangsbereich entweder die Form der Normsetzung oder der Einzelfallentscheidung zu wählen, wenn der Erlass einer Rechtsverordnung nicht zwingend vorgeschrieben ist (vgl. VG München, Beschl. v. 24.03.2020 - M 26 S 20.1252 -, juris Rn. 21 f.). |
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| Anders als in der von den Antragstellern in Bezug genommenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts München, der eine Allgemeinverfügung der bayerischen Staatsregierung mit einem in ganz Bayern geltenden Kontaktverbot zu Grunde lag, wird im vorliegenden Fall durch Ziffer 2 AV ein konkreter Sachverhalt für einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis geregelt. Dem können die Antragsteller nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die Zahl der Kindertageseinrichtungen in E. ebenso wechseln könne wie die jeweiligen in den Einrichtungen beschäftigten Personen bzw. betreuten Kinder. Dies ändert nichts an der Bestimmbarkeit des betroffenen Personenkreises; anders als im Fall des Verwaltungsgerichts München ist gerade nicht die gesamte Allgemeinheit (dort Bayerns, hier E.s) betroffen. |
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| Nach summarischer Prüfung kann die Kammer auch nicht feststellen, dass der Rechtsbehelf wegen einer materiellen Rechtswidrigkeit von Ziffer 2 AV zu Lasten der Antragsteller wahrscheinlich Erfolg haben würde. |
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| Ziffer 2 AV findet seine Rechtsgrundlage in §§ 28 Abs. 1 Satz 1, 28a Abs. 1 Nr. 15 IfSG, § 22 Abs. 1 Corona-VO (soweit in der Allgemeinverfügung [noch] § 20 Abs. 1 Corona-VO als Ermächtigungsgrundlage genannt wird, handelt es sich um ein offensichtliches redaktionelles Versehen, weil § 20 Corona-VO in der aktuellen Fassung schon gar keine Absätze enthält und auch inhaltlich nicht passend ist; gemeint ist offenkundig die Regelung zur Befugnis der zuständigen Behörden zum Erlass weitergehende Regelungen, die sich in älteren Fassungen der Corona-VO in § 20 Abs. 1 befand). |
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| Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG trifft die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen, wenn Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt werden oder sich ergibt, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, insbesondere die in § 28a Absatz 1 und in den §§ 29 bis 31 genannten, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist; sie kann insbesondere Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte oder öffentliche Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten. Gemäß § 28a Abs. 1 Nr. 15 IfSG können notwendige Schutzmaßnahmen im Sinne des § 28 Absatz 1 Satz 1 und 2 zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) für die Dauer der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Absatz 1 Satz 1 durch den Deutschen Bundestag insbesondere die „Untersagung oder Beschränkung des Betretens oder des Besuchs von Einrichtungen des Gesundheits- oder Sozialwesens“ sein. |
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| Der Deutsche Bundestag hat am 11. Juni 2021 das Fortbestehen der epidemischen Lage von nationaler Tragweite für weitere drei Monate festgestellt (vgl. https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2021/kw23-de-epidemische-lage-845692). |
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| Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat in einer Reihe von Entscheidungen mit ausführlicher Begründung für den grundsätzlich ähnlich gelagerten Fall des Betretungsverbots von Schulen für ungetestete Schüler (§ 12 Corona-VO Schule) mit ausführlicher Begründung dargelegt, dass es sich insoweit um eine „notwendige Schutzmaßnahme“ handelt, die mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar ist (vgl. grundlegend Beschl. v. 29.04.2021 – 1 S 1204/21 -, juris; Beschl. v. 01.06.2021 - 1 S 1596/21 -, juris; sowie unlängst Beschl. v. 15.06.2021 - 1 S 1694/21 -, n.v.). |
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| In der genannten Entscheidung vom 15.06.2021 führt der Verwaltungsgerichtshof u.a. Folgendes aus: |
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| „cc) Die in § 12 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 2 CoronaVO Schule geregelte grundsätzliche Testpflicht für die Teilnahme am Präsenzunterricht sowie an der eingerichteten Notbetreuung steht voraussichtlich auch mit Verfassungsrecht in Einklang. Verfassungswidrige Eingriffe in die jeweils in Betracht kommenden Grundrechte auf allgemeine Handlungsfreiheit (1), auf körperliche Unversehrtheit (2) und in das allgemeine Persönlichkeitsrecht (3) liegen auch unter Berücksichtigung des Antragsvorbringens aller Voraussicht nach nicht vor. |
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| (1) Ein verfassungswidriger Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 Abs. 1 GG) der Antragsteller liegt aller Voraussicht nach nicht vor. |
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| (a) § 12 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 2 CoronaVO Schule dient einem legitimen Zweck. Der Verordnungsgeber verfolgt damit das Ziel, das Leben und die körperliche Unversehrtheit der Schülerinnen und Schüler sowie einer potentiell sehr großen Zahl von Menschen zu schützen und damit den sich aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ergebenden staatlichen Schutzauftrag zu erfüllen, indem Neuinfektionen mit dem Coronavirus möglichst verhindert werden und die Verbreitung des Virus zumindest verlangsamt wird (vgl. nur Senat, Beschl. v. 23.04.2020, a.a.O., und v. 09.04.2020, a.a.O.). Darüber hinaus soll durch die Teststrategie an Schulen trotz des dynamischen Infektionsgeschehens Präsenzunterricht ermöglicht werden (vgl. Begründung zur zweiten Änderungsverordnung vom 17. April 2021 zur Verordnung der Landesregierung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus SARS-CoV-2 (Corona-Verordnung – CoronaVO) vom 27. März 2021, S. 15, abrufbar unter: https://www.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/dateien/PDF/Coronain-fos/210417_Begruen-dung_zur_2. AenderungsVO_zur_7.CoronaVO.pdf). |
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| (b) Zur Erreichung dieses Zieles ist das vom Verordnungsgeber in § 12 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 2 CoronaVO Schule gewählte Mittel, ein Zutritts- und Teilnahmeverbot für den Präsenzunterricht sowie die Notbetreuung zu verhängen, falls kein Nachweis über eine negative Testung auf das Coronavirus erbracht wurde, voraussichtlich geeignet. |
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| Eine regelmäßige Testung im Schulkontext kann dazu führen, dass Infektionen mit dem SARS-CoV-2-Virus entweder gar nicht in die Schule eingetragen oder aber schnell erkannt, infizierte Personen rasch isoliert und so Infektionsketten unterbrochen werden. |
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| Die Eignung der Testpflicht wird nicht dadurch infrage gestellt, dass ein Corona-Schnelltest jeweils nur eine Momentaufnahme ist oder keine ausreichende Testgenauigkeit böte oder die Tests außerdem nur für den professionellen Einsatz und nicht zur Eigenanwendung vorgesehen seien. |
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| Das Robert-Koch-Institut hat sich mit der Frage des Einsatzes von Schnelltests eingehend befasst, zusammenfassend führt es aus: |
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| „Seit Ende Februar 2021 stehen Antigentests für die Laienanwendung (Selbsttests) zur Verfügung; die Marktverfügbarkeit von Antigentests nimmt insgesamt weiter zu. Eine effektive Containment-Strategie beinhaltet die konsequente Durchführung des „Test-Trace-Isolate Konzepts“. Aufgrund der Möglichkeit von Übertragungen durch (noch) symptomlose Personen ergänzen wiederholte Antigentests bei diesen Personen die Erkennung Infizierter. Der präventive Effekt von anlasslosen Antigentests bei symptomlosen Personen ist nicht mit dem der Impfung vergleichbar, allerdings kann jeder zusätzlich erkannte Fall, der anderweitig einer Erkennung entgangen wäre, zur Senkung der Fallzahlen und des R-Wertes beitragen, vorausgesetzt, die entsprechend informierte Person isoliert sich rasch selbst und informiert idealerweise zeitnah alle Kontakte (Stärkung der Eigenverantwortung; §1 IfSG). Bei Einhaltung dieser Voraussetzungen können positive Effekte der frühen Erkennung und Isolierung von Virusträgern/Ansteckungsverdächtigen zur Verringerung der Weiterverbreitung des Virus beitragen und so Zeit für das Wirksamwerden der zunehmenden Impfungen schaffen. Für den Erfolg des Einsatzes von Antigentests als Screening sind allerdings die Einbeziehung eines ausreichenden Bevölkerungsanteils, die Frequenz der Testungen und die Qualität des jeweils eingesetzten Tests maßgeblich entscheidend. |
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| Antigentests können nur hohe Viruslasten nachweisen. Das Ergebnis ist daher vom Zeitpunkt der Probennahme, der Qualität der Probe (z.B. Nasenabstrich) und der sachgerechten Durchführung des Tests stark abhängig. Insbesondere, wenn der Infektionszeitpunkt unbekannt ist (etwa bei asymptomatischen Personen) und in den ersten 7 Tagen nach Infektion können sich die Viruslasten in den oberen Atemwegen sehr rasch ändern. So kann ein negatives Ergebnis am Tag 4 nach Infektion bereits einen Tag später aufgrund der fortgeschrittenen Virusvermehrung im Naso-Pharynx bei einer erneuten Beprobung und Untersuchung in der neuen Probe positiv ausfallen. Unter pragmatischen Gesichtspunkten hat das Ergebnis daher nur eine „Gültigkeit“ von maximal 24 Stunden. Bei serieller (wiederholter) Beprobung steigt die Wahrscheinlichkeit der Früherkennung einer übertragungsrelevanten Infektion. |
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| Das PEI hat in Abstimmung mit dem Robert Koch-Institut (RKI) analytische Mindestkriterien für Antigentests zum direkten Erregernachweis von SARS-CoV-2 festgelegt. Eine Qualitätsüberprüfung dieser Leistungskriterien zusammen mit der Prüfung zur Gebrauchstauglichkeit und einer allgemeinverständlichen und eindeutigen Gebrauchsanweisung ist Voraussetzung für eine Sonderzulassung der Selbsttests durch das BfArM. Die Erfahrung zeigt, dass zwischen den verschiedenen kommerziell erhältlichen Antigentests erhebliche klinische Leistungsunterschiede bestehen. Im Hinblick auf das angestrebte Ziel, die Senkung der Reproduktionszahl auf Werte < 1 ist aber unbedingt zu beachten, dass bestehende Maßnahmen (AHA+L-Regel) und Kontaktreduktion auch bei ergänzender Testung nicht vernachlässigt werden dürfen. Ein negatives Ergebnis im Antigentest schließt eine Infektion nicht aus, insbesondere wenn eine niedrige Viruslast vorliegt, wie z.B. in der Inkubationsphase kurz nacherfolgter Infektion oder ab der zweiten Woche nach Symptombeginn. Dies ist bei der Festlegung von Einsatzgebieten und bei der Interpretation negativer Ergebnisse zu berücksichtigen. Dies gilt insbesondere in Situationen, bei denen ein falsch negatives Ergebnis gravierende Konsequenzen nach sich ziehen könnte. Ein zusätzlicher, engmaschig serieller Einsatz von sensitiven Antigentests in Kitas, Schulen, weiteren Bildungseinrichtungen und betrieblichen Kontexten (Unternehmen), ergänzt durch freiwillige Schnell- und Selbsttests ist jedoch geeignet, Infektionsereignisse zu verringern und den Lebensbereich Familie, Bildung und Beruf sicherer zu machen. [...]“ (RKI, FAQ SARS-CoV-2, Diagnostik, Stand 24.04.2021; ausführlich dazu: Epidemiologisches Bulletin 17/21 v. 29.04.2021, S. 14 ff., abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/In-fekt/EpidBull/Archiv/2021/Ausgaben/17_21.pdf?__blob=publicationFile) |
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| Aus diesen für den Senat nachvollziehbaren Ausführungen des RKI, die den aktuellen Stand der Wissenschaft berücksichtigen, folgt, dass der regelmäßige Einsatz und die sachgemäße Durchführung von Schnelltests in Clustersituationen wie z.B. dem Schulalltag geeignet sind, neben der konsequenten Anwendung der AHA+L-Regel bremsend auf das Infektionsgeschehen zu wirken. Die zur Verfügung gestellten Schnelltests sind vom Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) im Rahmen einer Sonderzulassung auch zur Eigen-anwendung zugelassen und müssen klare Anforderungen an Verlässlichkeit und Gebrauchstauglichkeit erfüllen (https://www.bfarm.de/DE/Medizinpro-dukte/Antigentests/FAQ.html). Mindestkriterien für die Zulassung sind eine Sensitivität (Erkennung Erkrankter) von 80% und eine Spezifität (Wahrscheinlichkeit eines negativen Tests bei Gesunden) von mindestens 97% (Paul-Ehrlich-institut, Mindestkriterien für SARS-CoV-2 Antigentests, https://www.pei.de/SharedDocs/Downloads/DE/newsroom/dossiers/mindest-kriterien-sars-cov-2-antigentests-01-12-2020.pdf?__blob=publicationFile&v=6, Stand 15.01.2021, zul. abgerufen am 23.04.2021). Eine regelmäßige Wiederholung der Tests erhöht die Wahrscheinlichkeit, das diagnostische Fenster eines Antigentests zu treffen. Zweifelsohne wären PCR-Tests genauer, jedoch führt ein positiver Schnelltest dazu, dass mittels PCR nachgetestet wird, sodass über diesen Weg auch eine höhere Genauigkeit der Testung im Schulumfeld erzielt wird. (...) |
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| (c) Zur Erreichung des von dem Antragsgegner mit § 12 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 2 CoronaVO Schule verfolgten Zieles (vgl. oben (a)) ist das gewählte Mittel, die Teilnahme am Präsenzunterricht und der Notbetreuung nur zu erlauben, wenn ein entsprechendes negatives Testergebnis vorliegt, voraussichtlich auch erforderlich. |
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| Gleich wirksame, aber weniger einschränkende Mittel haben die Antragsteller nicht aufgezeigt und sind voraussichtlich auch sonst nicht erkennbar. Unklar ist, wie sich die Antragsteller ein Hygienekonzept, das gerade auch – wie sie im hiesigen Verfahren ebenfalls anstreben – ohne die Pflicht zum Maskentragen ausgestaltet sein soll, vorstellen. Trotz der bereits im Schulbereich implementierten Hygienemaßnahmen (Lüften, Abstand, Maskenpflicht) stieg die Zahl der Infektionsfälle in der Altersgruppe der schulpflichtigen Jahrgänge im Frühjahr 2021 kontinuierlich an, erst mit Abflachen der Gesamtinzidenz in der Bevölkerung gingen auch die Infektionszahlen in der Altersgruppe der 0 bis 19jährigen zurück. Dies zeigt, dass die bisherigen Maßnahmen ohne die angefochtene Testpflicht gerade nicht ausreichten, das Infektionsgeschehen in Schulen zu verlangsamen oder bestenfalls zu kontrollieren. Durch die Testpflicht soll sichergestellt werden, dass infizierte Personen gar nicht am Unterricht teilnehmen und damit Infektionsketten gerade im Vorfeld bereits verhindert werden. |
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| (d) Das von dem Verordnungsgeber zur Erreichung des genannten Zieles gewählte Mittel einer Testpflicht als Voraussetzung zur Teilnahme am Präsenzunterricht stellt sich im Zeitpunkt der vorliegenden Senatsentscheidung auch als verhältnismäßig im engeren Sinne (angemessen) dar. |
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| Der Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit der Antragsteller ist von einigem Gewicht. Es ist ihnen verwehrt, am Präsenzunterricht sowie der Not- und Nachmittagsbetreuung teilzunehmen, wenn sie nicht den Nachweis eines negativen Coronatests erbringen. Hierdurch entgehen ihnen gleichzeitig die für ihre Entwicklung förderlichen direkten Sozialkontakte zu Lehrern und Mitschülern. Auch die Wissensvermittlung durch Fernunterricht könnte sich für die Antragsteller als nachteilig erweisen, wenn ihre Klassenkameradinnen und -kameraden allesamt im Präsenzunterricht unterrichtet würden. |
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| Dem stehen jedoch die – wie oben (1.b)aa)(4)(a)dd) gezeigt – ebenfalls gravierenden Folgen für Leib und Leben einer Vielzahl vom Coronavirus Betroffener und die damit verbundene Erhaltung der Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems Deutschlands gegenüber. In die Abwägung einzustellen sind hier auch die Interessen der Mitschülerinnen und Mitschüler daran, am Präsenzunterricht in einer möglichst sicheren Umgebung teilnehmen zu können. |
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| Angesichts der vom RKI weiterhin als „hoch“ eingestuften Gefährdungslage, weist das mit § 12 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 2 CoronaVO Schule verfolgte Ziel derzeit nach wie vor ein solches Gewicht und eine solche Dringlichkeit auf, dass die Testpflicht als Voraussetzung für die Teilnahme am Präsenzunterricht auch unter Berücksichtigung des von ihr bewirkten Eingriffs in das jeweilige Grundrecht der Antragsteller aus Art. 2 Abs. 1 GG gegenwärtig voraussichtlich verhältnismäßig im engeren Sinne ist. |
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| Dies gilt um so mehr, als § 2 Abs. 3 CoronaVO Schule eine differenzierte Regelung trifft, wie der Testnachweis erbracht werden kann. Die Testung kann zum einen gem. § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 CoronaVO Schule als Selbsttest nach § 5 Abs. 1 CoronaVO erfolgen, wobei der Zeitpunkt und die Organisation der Testung durch die Schulleitung bestimmt wird (§ 2 Abs. 1 Satz 2 CoronaVO Schule). Zum anderen kann gem. § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2a CoronaVO Schule der Nachweis einer Testung durch eine Bescheinigung eines COVID-19-Schnelltests i.S.d. § 5 Abs. 1 CoronaVO erbracht werden oder – jedoch nur für Grundschüler und sonderpädagogische Bildungseinrichtungen – durch eine Eigenbescheinigung der Erziehungsberechtigung nach ordnungsgemäß durchgeführtem Schnelltest (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2b CoronaVO Schule). Es besteht auch kein unmittelbarer Zwang zur Testung für die Schülerinnen und Schüler. Soweit sie an den Testungen nicht teilnehmen, besteht ein Anspruch auf Beschulung im Fernunterricht (§ 3 Abs. 8 und 9 CoronaVO Schule). Darüber hinaus besteht das Zutritts- und Teilnahmeverbot aus § 12 Abs. 1 Nr. 5 CoronaVO Schule nicht für die Teilnahme an Prüfungen oder für die für die Notengebung erforderlichen Leistungsfeststellungen, für Schülerinnen und Schüler, bei denen aufgrund einer Behinderung ein Corona-Schnelltest nicht durchgeführt werden kann, für geimpfte und genese Personen sowie das kurzfristige Betreten der Schule (im Einzelnen s. § 12 Abs. 2 CoronaVO Schule). |
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| Das sinngemäße Vorbringen der Antragsteller, Tests seien nicht für Kinder-hände geeignet und die gesundheitsgefährdenden Bestandteile der Testkits seien schädlich für die Kinder, wird durch die Möglichkeit entkräftet, dass Schülerinnen und Schüler die Testung an einer anderen hierfür zugelassenen Stelle, wie z.B. Haus- und Facharztpraxen, Apotheken und kommunalen Testzentren, durch eigens geschultes Fachpersonal vornehmen lassen können (§ 2 Abs.3 Nr. 2 CoronaVO Schule). Dessen ungeachtet besteht für Grundschüler – also den Antragsteller zu 1) - die ausdrückliche Möglichkeit, einen Test zuhause durch die Sorgeberechtigten durchführen zu lassen (s. dazu, Senat, Beschl. v. 01.06.2021 – 1 S 1596/21 – juris). |
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| Darüber hinaus ist § 12 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 2 CoronaVO Schule befristet (vgl. § 28 Abs. 2 CoronaVO) und unterliegt – wie oben zur Maskenpflicht bereits ausgeführt (1.b)aa)(4)(dd)) – außerdem als dauerhaft eingreifende Maßnahme der Verpflichtung der Landesregierung zur fortlaufenden Überprüfung, die dortigen Ausführungen gelten auch für die hier zu prüfende Testpflicht. |
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| (2) Es kann offenbleiben, ob die Testpflicht als Voraussetzung für die Teil-nahme am Präsenzunterricht in den Schutzbereich des Grundrechts der An-tragsteller auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) eingreift. Teilweise wird hier die Auffassung vertreten, dass geringfügige, als „unerheblich“ zu qualifizierende Beeinträchtigungen allenfalls Unannehmlichkeiten darstellten, keine Eingriffe seien (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 09.04.2021 – 3 B 114/21 – juris Rn.7), andere wiederum gehen von einem allenfalls geringen Eingriff aus (OVG NRW, Beschl. v. 13 B 559/21 – juris Rn. 101). Ein solcher Eingriff wäre jedoch aus den obenstehenden Gründen ebenfalls gerechtfertigt. (...) |
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| (3) Ein verfassungswidriger Eingriff in das grundrechtlich geschützte allge-meine Persönlichkeitsrecht der Antragsteller (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung liegt aller Voraussicht nach nicht vor. Eine Erhebung, Speicherung oder Verarbeitung der Testdaten der betroffenen Personen wird in den angegriffenen Vorschriften nicht geregelt. Soweit die Schule im Zusammenhang mit der Durchführung der Schnelltests doch Daten erheben oder verarbeiten sollte, dürfte eine Rechtsgrundlage hierfür in § 115 Abs. 1 Nr. 2 SchulG bestehen (vgl. zur Rechtslage in Nordrhein-Westfalen, OVG NRW, Beschl. v. 22.04.2021 - 13 B 559/21 – juris Rn. 101). Auch aus Art. 9 DSGVO folgt voraussichtlich nichts Anderes. Aus welchen Gründen eine Ausnahme von Art. 9 Abs. 1 DSGVO nach den Bestimmungen von Art. 9 Abs. 2 Buchst. g und i DSGVO nicht in Betracht kommen soll (so OVG NRW, a.a.O.), vermag der Senat nicht zu erkennen.“ |
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| Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer grundsätzlich - unter Maßgabe der nachfolgenden Erwägungen - an: |
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| Es besteht - trotz der aktuell geringen Infektionszahlen - nach wie vor eine Gefährdungslage. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes im Beschluss vom 15.06.2021 sind zu einem Zeitpunkt erfolgt, in dem das Robert-Koch-Institut die Corona-bedingte Gefährdungslage nicht mehr als „sehr hoch“ (wie noch zu Zeiten des Beschlusses des VGH Bad.-Württ. vom 29.04.2021, a.a.O.), sondern als „hoch“ einstuft. Diese Einstufung besteht weiterhin (vgl. Aktueller Lage-/Situationsbericht des RKI zu COVID-19 vom 24.06.2021, https://www.rki.de/DE/Con-tent/InfAZ/N/Neu-artiges_Coronavirus/Situationsberichte/Jun_2021/2021-06-24-de.pdf ?__blob=publicationFile). |
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| Die Geeignetheit der indirekten Testpflicht dürfte auch im Hinblick auf die gerade im Landkreis E. sehr niedrigen Inzidenzwerte (am 22.06.2021 4,2, am 23.06.2021 3,0, am 24.06.2021 6,6 laut RKI) nicht in Frage stehen. Dass die Maßnahme sich nicht förderlich auf die Erreichung des in der Allgemeinverfügung genannten Zweckes („die Verzögerung der Ausbreitungsdynamik, die Unterbrechung der Infektionsketten, die Aufrechterhaltung der Gesundheitsversorgung für die Gesamtbevölkerung sowie der Schutz vulnerabler Personengruppen“) auswirkt, also wirkungslos wäre, vermag die Kammer auch nicht unter Berücksichtigung der von den Antragstellern angestellten Berechnungen zu erkennen. |
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| Die Antragsteller legen dar, dass bei den genannten Inzidenzwerten für den Landkreis E. im gesamten Kreis in einer Woche ca. 7 Personen infiziert würden, was unter Berücksichtigung des vom RKI festgestellten Anteils der Infizierten aus der Altersgruppe 0 - 5 Jahre von 3,2 % dazu führe, dass aus dieser Altersgruppe wöchentlich 0,22 Personen infiziert würden, letztlich also niemand. |
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| Dem ist jedoch bereits entgegen zu halten, dass diese Berechnung zwar mathematisch korrekt sein mag, aber auf einer - jedenfalls im Rahmen der Geeignetheitsprüfung - nicht verallgemeinerungsfähigen „Normalverteilung“ beruht, d.h. der Annahme, dass die Infektionen in der Wirklichkeit entsprechend ihrer statistischen Wahrscheinlichkeit eintreten. Für eine solche „Normalverteilung“ gibt es jedoch keine Gewissheit. Dies zeigen schon die in den letzten zwei Wochen publik gewordenen Fälle von Corona-Infektionen von Kita-Kindern in F., H. und W. (vgl. dazu https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/suedbaden/delta-variante-in-freiburger-kita-100.html; https://www. swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/delta-variante-breitet-sich-aus-100.html). Diese Fälle betrafen zudem die sog. Delta-Variante, die als besonders ansteckend gilt (vgl. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/124902/Delta-Variante-koennte-Gefahr-fuer-Herdenimmunitaet-sein). |
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| Im Übrigen merkt die Kammer an, dass jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt (zumal im Hinblick auf die Besonderheiten der Delta-Variante, die gerade auch Erst-Geimpfte betrifft) angesichts einer Zweit-Impfungsquote von ca. einem Drittel der Bevölkerung (vgl. https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neu-artiges_Coronavirus/Daten/Impfquoten-Tab.html) von einer Herdenimmunität (noch) nicht die Rede sein kann, so dass auch unter dem Gesichtspunkt der Infektionskettenunterbindung nicht von einer Wirkungslosigkeit der Maßnahme ausgegangen werden kann. |
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| Wie schon der Verwaltungsgerichtshof in der genannten Entscheidung vom 15.06.2021 ausgeführt hat, müssen Maßnahmen wie die vorliegende jedoch der fortdauernden Kontrolle auch durch die zuständige Behörde unterliegen, d.h. etwa bei einer Herabstufung der Gefährdungslage durch das RKI auf „mittel“ (wegen längerfristig noch niedrigerer Inzidenzwerte) statt „hoch“ oder bei einer Annäherung an die Impfquote, die für eine Herdenimmunität als ausreichend angesehen wird (grds. wird insoweit eine Quote von 60 - 70 % angenommen, vgl. https://www1.wdr.de/nachrichten/coronavirus-impfen-herdenimmunitaet-100.html, z. T. aber wegen der infektiöseren Varianten eine Durchimpfungsrate von über 80 %, vgl. https://www.vfa.de/de/arzneimittel-forschung/impfen/herdenimmunitaet). |
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| Der Erforderlichkeit dürfte jedenfalls nach den Ausführungen der Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren auch nicht entgegenstehen, dass für die Kinderbetreuung im Freien keine Ausnahmeregelung in der Allgemeinverfügung enthalten ist. Die Antragsgegnerin selbst sieht in solchen Fällen die Tatbestandsvoraussetzungen von Ziffer 2 AV nicht als gegeben an, so dass die Antragsteller insoweit keine Einschränkungen hinzunehmen haben, wenn der Antragsteller zu 3 an der „Outdoor-Betreuung“, etwa im H.er Wald, teilnehmen will. |
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| Schließlich dürfte auch keine Unangemessenheit von Ziffer 2 AV anzunehmen sein. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass sich die Situation bei Kita-Kindern in mehrerlei Hinsicht von derjenigen bei Schulkindern unterscheidet. Bei letzteren besteht Schulpflicht, während der Kita-Besuch freiwillig ist. Bei Schülern sehen schon die Regelungen der Corona-VO Schule für den Fall, dass kein Präsenzunterricht stattfindet, einen Distanzunterricht als Alternative vor. Eine solche Alternative kommt für Kita-Kindern nicht in Betracht, d.h. sie sind insoweit stärker betroffen, wenn die Präsenzbetreuung nicht stattfindet. Überdies dürften sie in ihrer psychischen Entwicklung durch den Wegfall der im Rahmen der Präsenzbetreuung sich ergebenden Kontakte zu anderen Kindern stärker betroffen sein als ältere Kinder und Jugendliche, d.h. Schüler. Ferner verkennt die Kammer nicht, dass Kitas vielfach nicht der primäre „Corona-Herd“ sind, sondern die Infektionen von außen in die Kitas eingetragen werden (vgl. dazu die Corona-Kita-Studie des Deutschen Jugendinstituts und des RKI, 4. Quartalsbericht Juni 2021, https://corona-kita-studie.de/quartalsberichte-der-corona-kita-studie; sowie die Veröffentlichung des [amerikanischen] Center for Disease Control and Prevention vom 19.03.2021: Science Brief: Transmission of SARS-CoV-2 in K-12 schools, https://www.cdc.gov/coronavirus/2019-ncov/science/science-briefs/transmission _k_12_schools.html). |
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| Für die Kammer stellt die indirekte Pflicht zur Durchführung des Testvorgangs letztlich keine unangemessene Beeinträchtigung dar. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Allgemeinverfügung kein bestimmtes Testverfahren vorschreibt und gerade die Durchführung durch die Eltern in der häuslichen Atmosphäre erlaubt. Dass etwa ein Spucktest für Kinder über drei Jahre grundsätzlich unzumutbar wäre, vermag die Kammer nach summarischer Prüfung nicht zu erkennen. Eine andere Betrachtung ist auch nicht deshalb angezeigt, weil in anderen Vorschriften, etwa zur Einreise, Kinder unter 6 Jahren von der Testpflicht ausgenommen sind, denn die Testung erfolgt in jenen Fällen unter strengeren Voraussetzungen, insbesondere nicht in Form eines [elterlichen] Selbsttests, so dass keine Vergleichbarkeit der Sachverhalte besteht. |
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| Wird der Test durchgeführt, so kann das Ergebnis negativ oder positiv sein. Beim einem negativen Ergebnis erkennt die Kammer keine weiteren möglichen Beeinträchtigungen. Bei einem positiven Testergebnis ist zwischen zwei Varianten zu unterscheiden: dem falsch-positiven und dem „echt-positiven“ Ergebnis. Bei letzterem stellt sich indessen die Frage der Verhältnismäßigkeit eines Betretungsverbotes nicht, denn dann ist das Kind krank und infektiös. Bei einem falsch-positiven Test hingegen ist das Kind bis zum Vorliegen des negativen Ergebnisses eines PCR-Tests vom Kita-Besuch ausgeschlossen. Allerdings ist diese Zeitspanne so kurz (in der Regel ein bis zwei Tage), dass sie auch in Anbetracht der daraus folgenden Stresssituation nicht zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung des Kindeswohls führen dürfte. |
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| Schwerwiegendere Auswirkungen hätte dagegen ein längerfristiger „Ausschluss“ des Kindes. Zu diesem könnte es kommen, wenn seine Eltern als seine gesetzlichen Vertreter dauerhaft die Testung verweigern. Diese schwere Folge dürfte indessen im Rahmen der hier anzustellenden Abwägung der Antragsgegnerin nicht zuzurechnen sein, weil sie letztlich auf der freien Willensentscheidung der Eltern beruht, die insoweit gerade ihr Erziehungsrecht aus Art. 6 Abs. 2 GG in Anspruch nehmen wollen (sonst würde sich auch die Frage der Gefährdung des Kindeswohls bei Eltern stellen, die ihre Kinder überhaupt nicht in die Kita schicken). Da nach den obigen Ausführungen der Testvorgang als zumutbar anzusehen sein dürfte, könnten die schwerwiegenden Folgen aus einem längerfristigen Nichtbesuch der Kita und dem damit verbundenen Kontaktverlust durch ein „zumutbares Alternativverhalten“ vermieden werden. |
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| Ein besonderes Suspensivinteresse im oben dargelegten Sinne vermag die Kammer nicht zu erkennen. Von Seiten der Antragsteller ist auch nicht substantiiert vorgetragen worden, dass im Falle des Unterbleibens der Anordnung der aufschiebenden Wirkung durch den Vollzug der Allgemeinverfügung irreparable Schäden oder sonstige unzumutbare Folgen drohen. Was die Zumutbarkeit anbelangt, kann die Kammer auf ihre obigen Ausführungen verweisen. Zudem merkt sie an, dass die Teilnahme am „Outdoor-Kindergarten“, wie ebenfalls oben ausgeführt, von der Antragsgegnerin nicht als verboten angesehen wird, so dass insoweit auch die Gefahr der Isolation des Antragstellers zu 3 nicht besteht. |
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| Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG. Für eine Halbierung des Auffangstreitwerts bestand im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes wegen der weitgehenden Vorwegnahme der Hauptsache kein Anlass (vgl. auch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 29.04.2021, a.a.O.). |
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