Urteil vom Verwaltungsgericht Freiburg - 4 K 2423/21

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Die Klägerin ist als Bauträgerin tätig und wendet sich gegen die Ausübung eines Vorkaufsrechts an drei Grundstücken durch die Beklagte.
Jeweils mit notariellem Vertrag kaufte die Klägerin am 31.07.2020 das 1.047 m2 große Grundstück Flst.-Nr. x für X EUR, am 07.08.2020 das 1.719 m2 große Grundstück Flst.-Nr. x für X EUR und am 08.09.2020 das 1.758 m2 große Grundstück Flst.-Nr. x (alle Gemarkung X) für X EUR. Der Flächennutzungsplan der Beklagten stellt die unbebauten Außenbereichsgrundstücke als Wohnbaufläche dar. Bereits am 29.11.2017 beschloss der Gemeinderat der Beklagten für das Gebiet „X“ die Aufstellung eines Bebauungsplans (Plangebiet rot umrandet):
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Der protokollierende Notar teilte der Beklagten den Kaufvertrag vom 31.07.2020 (Flst.-Nr. x) mit Schreiben vom 03.08.2020, den Kaufvertrag vom 07.08.2020 (Flst.-Nr. x) mit Schreiben vom 19.08.2020 und den Kaufvertrag vom 08.09.2020 (Flst.-Nr. x) mit Schreiben vom 10.09.2020 mit. Für einen der Verkäufer des Grundstücks Flst.-Nr. x handelte zunächst eine Vertreterin ohne Vertretungsmacht, die notariell beurkundete Genehmigungserklärung erfolgte am x. Hierüber informierte der Notar die Beklagte am 22.09.2020 per E-Mail.
Im Rahmen der Anhörung zur beabsichtigten Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB teilte die Klägerin der Beklagten mit: Sie sei bereit, als Eigentümerin der Grundstücke an einer schnellen Baulandentwicklung mitzuwirken. Gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts werde sie Rechtsmittel einlegen; hierdurch werde sich das weitere Verfahren erheblich verzögern. Es gebe keine Beschlusslage des Gemeinderats, vor der Entwicklung eines Baugebiets dort Grundstücke zu erwerben. Es sei nicht ersichtlich, wie die Beklagte bei einem Verkehrswert von 407,- EUR pro m2 Bauerwartungsland und einem geschätzten Nettobaulandpreis von rund 1.100,- EUR pro m2 auf den Grundstücken geförderten Wohnungsbau realisieren wolle.
Nachdem ihr Haushalts- und Finanzausschuss am x hinsichtlich der Grundstücke Flst.-Nrn. x und x (Drucksache HFA x) und am x hinsichtlich des Grundstücks Flst.-Nr. x (Drucksache HFA X) die entsprechenden Beschlüsse gefasst hatte, verfügte die Beklagte gegenüber den jeweiligen Vertragsparteien mit Bescheiden vom 29.09.2020 (Flst.-Nr. x), vom 07.10.2020 (Flst.-Nr. x) und vom 19.11.2020 (Flst.-Nr. x) jeweils die Ausübung des Vorkaufsrechts. Zur Begründung führt sie aus: Ihr stehe gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB ein Vorkaufsrecht zu, da es sich um unbebaute Grundstücke im Außenbereich handele, die im Flächennutzungsplan als Wohnbauflächen dargestellt seien. Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei i.S.d. § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt. Es sei beabsichtigt, die planerischen Voraussetzungen für den Wohnungsbau alsbald zu schaffen und die Grundstücke zeitnah einer Bebauung zuzuführen. Im Stadtgebiet bestehe ein dringender Bedarf an - insbesondere bezahlbarem - Wohnraum. Durch den Erwerb der Grundstücke werde die schnelle Entwicklung von Wohnbauflächen erleichtert. Hierdurch könnten Konflikte im Bebauungsplanverfahren und ggf. auch in einem Umlegungsverfahren - etwa über die Durchführung der Planung oder die Frage, auf welchen Flächen eine öffentliche Nutzung festgesetzt werden solle - minimiert werden. Durch die Erhöhung der Flächen im städtischen Eigentum der Stadt könnten zudem städtebauliche und wohnungspolitische Zielsetzungen (angemessene soziale Durchmischung, hoher Anteil geförderter und barrierefreier Wohnraum) leichter umgesetzt werden. Denn sie könne die Baugrundstücke an Erwerber vergeben, die bereit seien, mehr geförderten Wohnraum zu schaffen oder einen höheren Standard in Bezug auf die Barrierefreiheit umzusetzen, als es den gesetzlichen Vorgaben sowie ihren „Baulandpolitischen Grundsätzen“ entspreche, die im Rahmen städtebaulicher Verträge mit den privaten Grundstückseigentümern umgesetzt würden. Die Erfahrungen der jüngeren Vergangenheit hätten gezeigt, dass es in Freiburg ausreichend Interessenten gebe, die trotz der hohen Bodenpreise bereit seien, sich vertraglich zu einer höheren Quote geförderten oder barrierefreien Wohnraums zu verpflichten. Die mit der Einlegung von Rechtsmitteln gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts verbundenen Verzögerungen und Unsicherheiten seien nicht geeignet, das Ziel einer schnellen Baulandentwicklung in Frage zu stellen. Diese seien der Ausübung des Vorkaufsrechts immanent; anderenfalls hätten es die Vertragsparteien in der Hand, die Voraussetzungen für das Vorkaufsrecht durch Einlegung eines Rechtsmittels entfallen zu lassen. Der vorübergehend unklaren Eigentümerfrage könne etwa bei dem noch abzuschließenden städtebaulichen Vertrag mit der Erschließungsgemeinschaft „X“, der sie bei Eintritt in den Kaufvertrag selbst beitreten werde, durch entsprechende vertragliche Regelungen begegnet werden. Eine Abwendungsrecht gemäß § 27 BauGB bestehe nicht, weil beim derzeitigen Stand des Bebauungsplanverfahrens konkrete Festsetzungen für die Grundstücke noch nicht hinreichend feststünden. Im Übrigen habe die Klägerin dieses Recht nicht geltend gemacht.
Gegen die Bescheide vom 29.09.2020 und 07.10.2020 legte die Klägerin am 23.10.2020 Widerspruch ein, gegen den Bescheid vom 19.11.2020 erhob sie am 01.12.2020 Widerspruch. Sie machte geltend: Sie sei bereit und in der Lage, die erworbenen Grundstücke bzw. die sich bei einer Bodenneuordnung ergebenden Zuteilungsgrundstücke so schnell wie möglich einer Wohnbebauung zuzuführen. In anderen Baugebieten sei es der Beklagten nicht gelungen, eigene Wohnbauflächen zeitnah einer Bebauung zuzuführen. Gegenüber einem direkten Eigentumserwerb durch sie als Bauträgerin wären mit einer späteren Vergabe städtischer Grundstücke erhöhte Transaktionskosten und ein erheblicher Zeitverlust verbunden. Die Eigentümergemeinschaft im Plangebiet habe sich bereits weitgehend über die zukünftige Verteilung der Baugrundstücke verständigt; auch insoweit werde sie in die jeweiligen Rechtspositionen der Verkäufer eintreten. Sie sei zudem bereit, den von der Beklagten mit der Eigentümergemeinschaft bereits in weiten Teilen ausverhandelten städtebaulichen Vertrag abzuschließen. Über diesen städtebaulichen Vertrag, dessen Abschluss nach den „Baulandpolitischen Grundsätzen“ der Beklagten Voraussetzung für den Bebauungsplan sei, könnten die städtebaulichen und wohnungspolitischen Ziele der Beklagten durchgesetzt werden. Insbesondere sei sie bereit, alle erforderlichen rechtlichen Verpflichtungen im Hinblick auf eine „angemessene Durchmischung“ zu übernehmen und - wie von der Beklagten gefordert - 20 Prozent der Flächen für Maßnahmen des geförderten Wohnungsbaus abzutreten. Die Zielsetzung der Beklagten, eine „bestimmte Quote an gefördertem Wohnungsbau“ umzusetzen, sei kein tauglicher Rechtfertigungsgrund i.S.d. § 24 Abs. 3 BauGB. Zudem fehle es an der Angabe, welche Quote für die Grundstücke überhaupt angestrebt werde. Dies sei ermessensfehlerhaft, denn hierüber gebe es weder einen Beschluss noch sonst irgendeine Vorstellung der Beklagten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 03.08.2021 wies die Beklagte die Widersprüche der Klägerin zurück. In der Begründung heißt es: Dem Vorkaufsrecht nach § 24 BauGB liege der Gedanke zugrunde, dass sich Planungskonflikte reduzieren ließen, wenn die Gemeinde Grundstücke selbst erwerbe, und dass dies zu einer schnelleren Entwicklung von Bauland beitrage. Die erklärte Kooperationsbereitschaft des Erwerbers stehe der Ausübung des Vorkaufsrechts allenfalls dann entgegen, wenn die städtebaulichen Ziele ebensogut durch ihn erreicht werden könnten. Hieran fehle es bereits im Hinblick auf das Ziel, eine möglichst schnelle Bebauung sicherzustellen; da die genaue Bebaubarkeit der Grundstücke mangels Offenlagebeschluss noch nicht feststehe, sei nicht auszuschließen, dass die Klägerin gegen die geplanten Festsetzungen Einwendungen erheben werde, die Änderungen an der Planung und ggf. eine erneute Offenlage erforderlich machen würden. Neben der schnellen Entwicklung von Bauland sei auch die Schaffung bezahlbaren Wohnraums ein städtebaulicher Belang, der die Ausübung des Vorkaufsrechts rechtfertigen könne. Ihr Gemeinderat habe den Grundsatzbeschluss gefasst, auf allen Neubaugrundstücken sowie auf allen veräußerten oder im Erbbaurecht überlassenen städtischen Grundstücken mindestens 50 Prozent geförderten Mietwohnungsbau zu realisieren. Die Alternative, hierfür von den Grundstückseigentümern die Abtretung von 20 Prozent des neu geschaffenen Baulands zu verlangen, trage dem Angemessenheitsgebot des § 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB Rechnung, ändere aber nichts an dem Ziel, im Hinblick auf den angespannten Wohnungsmarkt und die Schwierigkeit einkommensschwacher Bevölkerungskreise, Wohnraum zu angemessenen Bedingungen zu finden, die Hälfte der neu geschaffenen Baurechte im geförderten Mietwohnungsbau zu verwirklichen. Dieses - gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 2 BauGB legitime - städtebauliche Ziel lasse sich durch Ausübung des Vorkaufsrechts besser erreichen als bei einem Erwerb durch die Klägerin, die zwar Kooperationsbereitschaft signalisiert, sich aber gerade nicht bereit erklärt habe, anstelle der Abtretung von 20 Prozent des Nettobaulands einen höheren Anteil geförderter Wohnungen selbst zu realisieren. Auch die legitimen städtebaulichen Ziele sozial durchmischter Stadtteile durch einen entsprechenden Wohnungsmix (§ 1 Abs. 6 Nr. 2 Alt. 3 BauGB) sowie möglichst vieler behindertengerechter Wohnungen (§ 1 Abs. 6 Nr. 3 Alt. 3 BauGB) ließen sich bei Ausübung des Vorkaufsrechts besser verwirklichen. Zwar habe die Klägerin auch in Bezug auf eine angemessene Durchmischung ihre generelle Kooperationsbereitschaft erklärt. Es sei aber offen, ob damit unterschiedliche Wohnungsgrößen gemeint seien. Ohnehin ließen sich zielgenaue Vorgaben erst benennen, wenn konkrete Baurechte geschaffen seien und beispielsweise bekannt sei, wie viele Wohnungen innerhalb eines Baufensters realisiert werden könnten. Auch könne die Stadt auf die Umsetzung dieser Ziele besser einwirken, wenn sie Grundstücke zunächst selbst erwerbe, als dies über städtebauliche Verträge mit privaten Eigentümern möglich sei, etwa weil sie sich nur bei einem Zwischenerwerb Rücktrittsrechte einräumen lassen könne, wenn diese Ziele nicht oder unzureichend umgesetzt würden. Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei auch nicht deshalb rechtswidrig, weil nicht alle Verwendungszwecke in den Bescheiden genannt seien. Die mit einem Zwischenerwerb möglicherweise verbundenen Transaktionskosten seien nicht geeignet, die Rechtfertigung der Vorkaufsrechtsausübung in Frage zu stellen, zumal die Grunderwerbssteuer bei den Baukosten und der späteren Miethöhe eine untergeordnete Rolle spiele und bei einer Weiterveräußerung an Endnutzer gegenüber einem Zwischenerwerb durch die Klägerin keine zusätzliche Steuerlast anfalle. Die mit einer möglicherweise erforderlichen Ausschreibung verbundene zeitliche Verzögerung sei nicht ausschlaggebend, da ein Teil der verfolgten Ziele nur durch die Ausübung des Vorkaufsrechts zu realisieren sei. Es sei auch nicht ermessensfehlerhaft, dass der exakte Anteil an gefördertem Wohnraum, der auf den Grundstücken entstehen solle, noch nicht definiert sei. Da im Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts noch nicht festgestanden habe, mit welchen Zuteilungsgrundstücken und Baurechten zu rechnen sei, habe sie sich noch keine konkreten Vorstellungen über die spätere Nutzung machen können. Maßgeblich sei gewesen, dass die Vorkaufsrechtsausübung es ihr in jedem Fall ermögliche, städtebauliche Belange besser umzusetzen bzw. hierauf mehr Einfluss zu nehmen. Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei angemessen, denn die Vorteile für die Allgemeinheit überwögen die Nachteile der Klägerin, die noch keine gesicherte Rechtsposition habe und deren Interessen durch eine vorrangige Berücksichtigung bei der Wiederveräußerung gemäß § 89 Abs. 3 Satz 2 BauGB ausreichend Rechnung getragen werde.
Die Klägerin hat am 10.08.2021 Klage erhoben und diese wie folgt begründet: Der im Tenor der Bescheide genannte Verwendungszweck „Wohnungsbau“ genüge den Anforderungen des § 24 Abs. 3 Satz 2 BauGB in der bis zum 22.06.2021 geltenden Fassung (a.F.) nicht, da insoweit nur der Gesetzestext wiedergegeben werde. Die in der Begründung der Bescheide genannte „Baulandentwicklung“ sei als Verwendungszweck ebenfalls untauglich, weil diese lediglich ein Verfahren sei, um ein städtebauliches Ziel zu erreichen. Auch die von der Beklagten angegebene „Schaffung bezahlbaren Wohnraums“ sei kein ausreichender Verwendungszweck, denn es sei nicht ersichtlich, in welchem Umfang und auf welche Weise dies erreicht werden solle, da ein Grundstückspreis von rund 1.400,- EUR pro m2 Bauland unvermeidbar sei. Eine städtische Subventionierung des Wohnungsbaus sei kaum vorstellbar, weil hierfür keine Mittel in den Haushalt eingestellt seien. Ein Verwendungszweck, bei dem bereits jetzt feststehe, dass er nicht erreicht werden könne, genüge nicht den Anforderungen des § 24 Abs. 3 Satz 2 BauGB a.F. Allgemein sei fraglich, ob das Flächennutzungsplan-Vorkaufsrecht nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB auch aus anderen Gründen als der beschleunigten Schaffung von Wohnbauland gerechtfertigt sei. Es sei umstritten, ob im Widerspruchsverfahren Verwendungszwecke nachgeschoben werden können. Zudem habe die Beklagte - entgegen ihren Ausführungen im Widerspruchsbescheid - von den Grundstückseigentümern gerade nicht verlangt, auf 50 Prozent der Wohnbauflächen geförderte Mietwohnungen zu errichten, sondern die Abtretung von 20 Prozent der Nettobaulandflächen gefordert. Wenn die Beklagte selbst diese Alternative ihrer „Baulandpolitischen Grundsätze“ wähle, könne sie die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht mit der Absicht begründen, eine höhere Quote geförderter Mietwohnungen umzusetzen. Das Ziel einer sozialen Durchmischung werde bereits dadurch erreicht, dass nach dem vorliegenden Bebauungsplanentwurf fast ausschließlich Geschosswohnungsbau vorgesehen sei; Bei Ausnutzung der Baufenster entstünden zwangsläufig unterschiedliche Wohnstrukturen. Das Ziel eines erhöhten Anteils behindertengerechter Wohnungen rechtfertige die Vorkaufsrechtsausübung ebenfalls nicht, da bereits durch die Regelung des § 35 Abs. 1 LBO sichergestellt sei, dass ausreichend barrierefreie Wohnungen geschaffen würden. Ein darüberhinausgehender Bedarf in Freiburg sei nicht ersichtlich.
Das Allgemeinwohl rechtfertige die Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB nur, wenn die Gemeinde alsbald diejenigen weiteren Schritte vornehme, die erforderlich seien, um das städtebauliche Ziel, Wohnbauland bereit zu stellen, zu verwirklichen. Zwar habe der Gemeinderat der Beklagten am 15.06.2021 die Offenlage des Bebauungsplans beschlossen. Die Durchführung der Offenlage habe die Beklagte aber davon abhängig gemacht, dass alle privaten Grundstückseigentümer mit ihr einen städtebaulichen Vertrag abschlössen. Dies sei bisher nicht geschehen, weshalb die Offenlage auch ein halbes Jahr später noch nicht durchgeführt worden sei. Wegen der möglicherweise jahrelangen Verzögerung des Bebauungsplanverfahrens - in einem anderen Bebauungsplangebiet sei der Beklagten eine Einigung mit den Grundstückseigentümern erst nach 16 Jahren gelungen - könne nicht sicher von einer alsbaldigen Baulandentwicklung ausgegangen werden. Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei auch deshalb nicht durch Allgemeinwohlbelange gerechtfertigt, weil die städtebaulichen Ziele auch unter ihrer Mitwirkung erreicht werden könnten. Als überregional tätige Bauträgerin sei sie an einer schnellen Realisierung geschaffener Baurechte interessiert; der Beklagten werde dies nicht schneller gelingen. Sie werde den von der Beklagten vorgelegten städtebaulichen Vertrag unterzeichnen und sich damit verpflichten, 20 Prozent der Nettobaufläche abzutreten. Mehr fordere die Beklagte auch von den anderen Grundstückseigentümern im Plangebiet nicht. Die zwanzigprozentige Flächenabtretung sei nach den „Baulandpolitischen Grundsätzen“ der Beklagten gegenüber der Forderung eines Anteils von 50 Prozent öffentlich geförderter Mietwohnungen eine gleichwertige Alternative, da die Beklagte auf den abgetretenen Flächen kostengünstigen Wohnraum ohne zeitliches Limit anbieten könne, während beim geförderten Mietwohnungsbau durch Private nach Ablauf der Bindungsfrist die Mieten häufig rasch auf das ortsübliche Vergleichsniveau angehoben würden und die Wohnungen unter Umständen auch veräußert werden könnten. Für die von der Beklagten angeführte Möglichkeit, die Grundstücke an Interessenten zu veräußern, die bereit seien, zusätzlichen geförderten oder barrierefreien Wohnraum zu schaffen, gebe es keine Beschlusslage des Gemeinderats. Zudem sei die Beklagte bei der späteren Vergabe der Grundstücke nicht frei, sondern nach § 89 Abs. 3 Satz 2 BauGB verpflichtet, die Klägerin bevorzugt zu berücksichtigen. Dabei könne sie keine Anforderungen stellen, die zum Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts noch nicht vorgelegen hätten. Im Rahmen der Ermessensausübung sei die Beklagte auf die Belange der Vertragsparteien nicht in der erforderlichen Weise eingegangen. Auch die mangelhafte Angabe des Verwendungszwecks führe zu einem Ermessensfehler. Mit dem Argument der Beklagten, die Erhöhung des kommunalen Eigentumsanteils minimiere Nutzungskonflikte im Bebauungsplanverfahren, ließe sich die Ausübung des Vorkaufsrechts stets rechtfertigen; dies habe der Gesetzgeber nicht gewollt. Soweit die Beklagte ausgeführt habe, die Ausübung des Vorkaufsrechts sei auch in einer etwaigen Umlegung vorteilhaft, verkenne sie, dass dies kein zulässiger Grund sei. Zudem sei die Bodenneuordnung in Form einer vereinbarten amtlichen Umlegung im Wesentlichen bereits abgeschlossen und Bestandteil des von der Beklagten vorgelegten städtebaulichen Vertragsentwurfs.
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Die Klägerin beantragt,
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die Bescheide der Beklagten vom 29.09.2020, vom 07.10.2020 und vom 19.11.2020 sowie ihren Widerspruchsbescheid vom 03.08.2021 aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie erwidert: Die in den 2013 eingeführten „Baulandpolitischen Grundsätze X“ (Drucksache X) aufgeführten Alternativen - Flächenabtretung für Maßnahmen des geförderten Wohnungsbaus oder Verpflichtung, selbst einen Teil der Fläche im geförderten Wohnungsbau zu realisieren, - seien nicht gleichwertig; sowohl für den Gemeinderat als auch für die Verwaltung sei die Flächenabtretung nachrangig. Deshalb sei, nachdem die Quote der selbst zu schaffenden geförderten Wohnflächen 2015 von zuvor 30 auf 50 Prozent angehoben worden sei, die abzutretenden Flächen 2018 nicht im gleichen Verhältnis erhöht, sondern von 10 auf 20 Prozent verdoppelt worden, um einen Anreiz zu schaffen, geförderten Wohnraum selbst zu realisieren, anstatt sich von dieser Verpflichtung durch die Flächenabtretung „freizukaufen“ (Drucksache X). Auch für die Neubaugebiete „X“ und „X“ habe der Gemeinderat das Ziel formuliert, eine Quote von mindestens 50 Prozent gefördertem Mietwohnungsbau zu erreichen. Die Vermarktung von Baugrundstücken in den vergangenen Jahren habe gezeigt, dass diese Quote in Anbetracht des angespannten Wohnungsmarktes und der nur begrenzt verfügbaren Flächen von den Erwerbern akzeptiert werde. Auch im Baugebiet „X“ sei die Flächenabtretung nur angeboten worden, um die Bereitschaft zum Abschluss des städtebaulichen Vertrags und damit die Chance auf eine kooperative Baulandentwicklung zu erhöhen. Die Begrenzung der Flächenabtretung auf 20 Prozent trage dabei dem Umstand Rechnung, dass gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB die vereinbarten Leistungen eines städtebaulichen Vertrages angemessen sein müssten.
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§ 24 Abs. 3 Satz 2 BauGB a.F., nach dem die Gemeinde bei Ausübung des Vorkaufsrechts den Verwendungszweck anzugeben habe, sei lediglich eine Ordnungsvorschrift; ein Verstoß wäre jedenfalls nach § 45 Abs. 1 Nr. 3 LVwVfG (analog) zwischenzeitlich geheilt. Unabhängig davon sei die Angabe des Verwendungszwecks in der Begründung der Bescheide ausreichend. Neben der schnellen Entwicklung von Wohnbauland werde dort die Sicherstellung bezahlbaren Wohnraums für die Bevölkerung genannt. Gerade bei einem Grundstückserwerb, der vor einer Nutzung als Wohnbauland noch eine Bodenneuordnung erfordere, könnten noch keine präzisen Aussagen dazu gemacht werden, in welchem Umfang sich das Baugrundstück später für die Realisierung geförderten Wohnungsbaus eigne und welche Quote wirtschaftlich vertretbar sei. Dasselbe gelte für die Vorgabe konkreter Wohnungsgrößen für eine sinnvolle soziale Durchmischung. Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei durch das Allgemeinwohl gerechtfertigt, da mit einer baldigen Entwicklung zu Bauland zu rechnen sei. Entgegen den Zweifeln der Klägerin hätten sich mittlerweile alle Grundstückseigentümer im Plangebiet zum Abschluss des städtebaulichen Vertrags bereit erklärt. Falls die Ausübung des Vorkaufrechts unzulässig sei, wenn die hiermit verfolgten städtebaulichen Ziele ebenso gut durch Mitwirkung des Grundstückskäufers erreicht werden könnten, wäre hierfür nach dem Rechtsgedanken des § 27 Abs. 1 BauGB eine entsprechende Verpflichtung der Klägerin erforderlich gewesen. Ein verbindlicher Vertrag, etwa über die Übertragung der Erschließungsflächen und die geforderte zwanzigprozentige Flächenabtretung, sei jedoch im Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts mangels vertraglich abgesicherter Bodenneuordnung und damit hinreichend bestimmbarer Grundstücke noch nicht möglich gewesen. Zudem sei die Klägerin nicht bereit gewesen, sich zur Realisierung einer höheren Quote geförderten Wohnraums zu verpflichten. Die Grundstücksvermarktung in den zurückliegenden Jahren habe aber gezeigt, dass eine Quote von 50 Prozent und mehr umsetzbar sei. Eine solche Quote könne auch bei einer Wiederveräußerung an die Klägerin nach § 89 Abs. 3 Satz 1 BauGB zur Bedingung gemacht werden. Bei der Ermessensausübung seien die gegenläufigen Interessen der Klägerin in den Blick genommen worden. Die Klägerin habe allerdings keine Interessen geltend gemacht, die über die Aufrechterhaltung des ursprünglichen Kaufvertrags hinausgingen. Dem Interesse der Verkäufer an einer baldigen Kaufpreiszahlung sei durch eine entsprechende Vereinbarung zwischen den Beteiligten entsprochen worden, auf deren Grundlage der Kaufpreis von ihr bezahlt worden sei.
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Hierauf erwidert die Klägerin: Der Beklagten sei es nicht mehrfach, sondern nur im Baugebiet „X“ gelungen, den Anteil öffentlich geförderter Wohnungen auf eine Quote von mehr als 50 Prozent zu steigern. Aufgrund geänderter Rahmenbedingungen - insbesondere des Mietspiegels - sei sie, die Klägerin, mittlerweile bereit, sich zur Errichtung von 50 Prozent geförderter Wohnungen zu verpflichten. Dass der Abschluss eines hinreichend bestimmten städtebaulichen Vertrages bei Ausübung des Vorkaufsrechts möglich gewesen sei, in dem sie sich zur Verwirklichung der Ziele der Beklagten hätte verpflichten können, belege der zwischenzeitliche Vertragsschluss mit den Grundeigentümern im Plangebiet.
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Am 18.02.2022 hat die Beklagte mit den Grundstückseigentümern im Plangebiet einen städtebaulichen Vertrag (unter anderem) über die Entwicklung und Erschließung des Gebiets sowie über die Bodenneuordnung in Form einer vereinbarten amtlichen Umlegung einschließlich der Abtretung von 20 Prozent der Wohnbauflächen zur Realisierung geförderten Mietwohnungsbaus abgeschlossen. Am 22.02.2022 hat die Beklagte die Offenlage eines geänderten Planentwurfs beschlossen (Drucksache X) und zwischenzeitlich durchgeführt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Verfahrensakte der Beklagten (zwei Hefte) sowie auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die als Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthafte und auch sonst zulässige Klage (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 25.06.2009 - 5 S 574/08 -, juris Rn. 20) ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 29.09.2020, 07.10.2020 und 19.11.2020 in Form ihres Widerspruchsbescheids vom 03.08.2021 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit ist dabei auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abzustellen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.09.2020 - 4 B 45/19 -, juris Rn. 19; Bayerischer VGH, Beschluss vom 24.04.2020 - 15 ZB 19.1987 -, juris Rn. 17; Hessischer VGH, Urteil vom 24.11.2020 - 3 A 828/20 -, juris Rn. 17; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 30.09.2021 - 3 S 2595/20 -, juris Rn. 24; a.A. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.05.2015 - 8 S 1386/14 -, juris Rn. 37 f.: Zeitpunkt des Erlasses des Ausübungsbescheides), hier also des Widerspruchsbescheids vom 03.08.2021.
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1. Der Beklagten stand bei Abschluss der Kaufverträge nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB ein Vorkaufsrecht zu. Denn die unbebauten Grundstücke befinden sich im Außenbereich (vgl. §§ 34, 35 BauGB), im Flächennutzungsplan der Beklagten sind sie als Wohnbauflächen dargestellt.
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2. Die Bescheide sind formell rechtmäßig.
22 
a) Dabei fällt die Ausübung von Vorkaufsrechten grundsätzlich in die Zuständigkeit des Gemeinderats, weil es sich hierbei nicht um ein Geschäft der laufenden Verwaltung handelt. Auch führt das Fehlen einer gemeinderätlichen Beschlussfassung zur Rechtwidrigkeit der Vorkaufsrechtsausübung (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.09.1997 - 5 S 2498/95 -, juris). Nach § 7 Abs. 2 Nr. 4 der Hauptsatzung der beklagten Stadt ist für die Ausübung gesetzlicher Vorkaufsrechte bis zu einem Betrag von 1.500.000,- EUR der Haupt- und Finanzausschuss des Gemeinderats der Beklagten zuständig, der am x und X die entsprechenden Beschlüsse gefasst hat.
23 
b) Die Beklagte hat das Vorkaufsrecht an den Grundstücken jeweils innerhalb der Zweimonatsfrist des § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB a.F. durch Verwaltungsakt gegenüber den Verkäufern ausgeübt. Diese Frist beginnt erst bei Wirksamkeit des Kaufvertrages zu laufen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.08.2020 - 4 B 3.20 -, juris Rn. 5). Ist hierfür noch eine nachträgliche Genehmigung notwendig, beginnt die Frist erst durch die Mitteilung der Genehmigung (vgl. BGH, Beschluss vom 30.06.1994 - III ZR 109/93 -, juris Rn. 4). Deshalb begann die Zweimonatsfrist hinsichtlich des Vertrages vom 08.09.2020 über das Grundstück Flst.-Nr. x erst mit der notariellen Mitteilung der Genehmigungserklärung am 22.09.2020 zu laufen, weshalb auch die mit Bescheid vom 19.11.2020, der den Vertragsparteien ausweislich der Zustellungsurkunden der Deutschen Post AG am 21.11.2020 zugegangen ist, verfügte Ausübung des Vorkaufsrechts rechtzeitig erfolgt ist.
24 
c) Die angefochtenen Bescheide genügen den Anforderungen an die Begründung, insbesondere durch hinreichende Angabe des Verwendungszwecks (§ 24 Abs. 3 Satz 2 BauGB a.F.). Den jeweiligen Bescheiden ist - aus objektiver Empfängersicht zweifelsfrei - zu entnehmen, dass in dem Gebiet „X“ Wohnbauland entstehen soll und die Grundstücke zeitnah einer Wohnbebauung zugeführt werden sollen. Damit hat die Beklagte einen gesetzlich zulässigen Verwendungszweck genannt. Dass sie in den Bescheiden zudem ausgeführt hat, mit dem Grundstückserwerb neben der beschleunigten Bereitstellung von Wohnbauland auch eine angemessene soziale Durchmischung sowie einen hohen Anteil geförderten und barrierefreien Wohnraums zu bezwecken, erfüllt die formelle Voraussetzung des § 24 Abs. 3 Satz 2 BauGB a.F. zusätzlich.
25 
Bei Ausübung eines Flächennutzungsplan-Vorkaufsrechts nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB muss sich die Angabe des Verwendungszwecks auch nicht streng auf das konkrete Grundstück beziehen. Anderenfalls würde das Vorkaufsrecht teilweise leerlaufen, weil die Darstellungen des Flächennutzungsplans regelmäßig nicht parzellenscharf sind und die Bebauungsplanung bei Ausübung des Vorkaufsrechts regelmäßig auch noch keinen entsprechenden Detaillierungsgrad erreicht hat. Deshalb genügt es, wenn das Grundstück zur Verwirklichung der Wohnflächendarstellung im Flächennutzungsplan verwendet werden soll, ohne dass die spezifische Grundstücksnutzung schon feststehen muss (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 25.06.2009 - 5 S 574/08 -, juris Rn. 33).
26 
Nachdem das besondere Begründungserfordernis des § 24 Abs. 3 Satz 2 BauGB a.F. erfüllt ist, braucht nicht entschieden werden, ob eine fehlende oder unvollständige Angabe eines Verwendungszwecks zur Rechtswidrigkeit der Vorkaufsrechtsausübung führt oder es sich um eine bloße Ordnungsvorschrift handelt (so etwa Hessischer VGH, Beschluss vom 17.02.2011 - 4 A 2397/10.Z -, juris Rn. 13 ff. m.w.N.; a.A. VG Karlsruhe, Urteil vom 21.11.2007 - 4 K 1429/07 -, juris Rn. 26 f.; offengelassen von BVerwG, Beschluss vom 15.02.1990 - 4 B 245.89 -, juris Rn. 4). Dahinstehen kann deshalb auch, ob die unzureichende Angabe des Verwendungszwecks gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 2 LVwVfG (analog) nachträglich geheilt werden kann.
27 
3. Die Ausübung des Vorkaufsrechts war gemäß § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt. Hierfür genügt es grundsätzlich, wenn der Erwerb der Grundstücke zu den vom Gesetzgeber gebilligten bodenpolitischen, eigentumspolitischen und städtebaulichen Zwecken erfolgt und dabei überwiegende Vorteile für die Allgemeinheit angestrebt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.02.1990 - 4 B 245.89 -, juris Rn. 9; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 30.03.2009 - 8 S 31/08 -, juris Rn. 61). Dies richtet sich stets nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles und unterliegt in vollem Umfang der gerichtlichen Nachprüfung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.02.1990 - 4 B 245.89 -, juris Rn. 3).
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a) Die Beklagte hat das Vorkaufsrecht an den Grundstücken für zulässige Zwecke ausgeübt. Welche Zwecke die Ausübung des Vorkaufsrechts rechtfertigen können, bestimmt sich nach den Zielen, die mit den einzelnen Tatbeständen in § 24 Abs. 1 Satz 1 BauGB verfolgt werden. Mit dem Flächennutzungsplan-Vorkaufsrecht des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB soll die Vorbereitung und Durchführung von Wohnbauvorhaben in Gebieten, die die Gemeinde durch Bebauungspläne entwickeln will, erleichtert werden, um akutem Wohnraummangel begegnen zu können (Bundestags-Drucksache 11/6508, S. 11). Deshalb rechtfertigt das Wohl der Allgemeinheit die Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB nur, wenn damit Flächen für die Errichtung von Wohngebäuden oder für deren infrastrukturelle Ausstattung erworben werden sollen. Dagegen steht das Vorkaufsrecht der Gemeinde nicht als Instrument einer allgemeinen Bodenbevorratung oder zum Erwerb von Grundstücken für gänzlich andere Zwecke zur Verfügung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.01.2010 - 4 B 53.09 -, juris Rn. 5 f.; Bayerischer VGH, Beschluss vom 24.04.2020 - 15 ZB 19.1987 -, juris Rn. 18).
29 
Nach diesen Maßgaben sind die von der Beklagten angeführten Verwendungszwecke nicht zu beanstanden. Dies gilt zunächst für den Zweck, in dem Gebiet schnell Wohnbaurechte zu schaffen, denn die beschleunigte Wohnbaulandentwicklung war gerade das Ziel der Einführung des Flächennutzungsplan-Vorkaufsrechts nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB (Bundestags-Drucksache 13/6392, S. 33; vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 25.06.2009 - 5 S 574/08 -, juris Rn. 29). Aber auch die weiteren von der Beklagten verfolgten Zwecke - die soziale Durchmischung des Gebiets sowie die Realisierung eines hohen Anteils geförderter und barrierefreier Wohnungen - sind vom Gesetzgeber ausdrücklich gebilligt (vgl. § 1 Abs. Abs. 6 Nr. 2 und 3 BauGB). Dementsprechend hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg die Schaffung bezahlbaren Wohnraums für breite Schichten der Bevölkerung als legitimen Zweck für die Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB anerkannt (Urteil vom 24.09.2019 - 5 S 1733/17 -, juris Rn. 75).
30 
b) In zeitlicher Hinsicht ist der durch die Ausübung eines Vorkaufsrechts bewirkte Eingriff in die Privatautonomie nur gerechtfertigt, wenn die Gemeinde alsbald, d.h. in einem überschaubaren Zeitraum, diejenigen (weiteren) Schritte vornimmt, die erforderlich sind, um das städtebauliche Ziel zu verwirklichen, Wohnbauland bereit zu stellen. Im Regelfall wird dies die alsbaldige Aufstellung eines entsprechenden Bebauungsplans gebieten. Allerdings ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass hierfür Verfahrensschritte erforderlich sind, die eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen. Unter Umständen wird bei Ausübung des Vorkaufsrechts bzw. im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung noch gar kein Bebauungsplanverfahren begonnen haben, etwa wenn der Vorkaufsfall die konkrete Planungsabsicht der Gemeinde erst hervorgerufen hat. Aus diesem Grund kann kein für alle entsprechenden Fälle allgemein gültiger Zeitrahmen für die weiteren Planungsschritte der Gemeinde bestimmt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.01.2010 - 4 B 53.09 -, juris Rn. 6 f.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 25.06.2009 - 5 S 574/08 -, juris Rn. 31 f.; Bayerischer VGH, Beschluss vom 24.04.2020 - 15 ZB 19.1987 -, juris Rn. 18). Entscheidend ist deshalb, dass eine im Zusammenhang mit der Ausübung des Vorkaufsrechts von der Gemeinde geäußerte Planungsabsicht in den tatsächlichen Verhältnissen vor Ort zu diesem Zeitpunkt eine nachvollziehbare Grundlage findet (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 03.02.2015 - 15 B 13.100 -, juris Rn. 17).
31 
Dies ist hier der Fall. Denn die Beklagte hat bereits am 29.11.2017 beschlossen, für das Gebiet „X“ einen Bebauungsplan aufzustellen. Dass erst am 15.06.2021 die Offenlage des Bebauungsplans beschlossen wurde, stellt die konkreten Planungsabsichten der Beklagten nicht in Frage. Denn die Überplanung von Außenbereichsflächen ist regelmäßig mit umfangreichen Ermittlungen (insbesondere naturschutzrechtlicher Belange, § 2 Abs. 4 BauGB) verbunden. Hinzu kommt, dass die Bebauungsplanung der Beklagten nach ihren „Baulandpolitischen Grundsätzen“ den Abschluss städtebaulicher Verträge mit den Grundstückseigentümern voraussetzt. Wird die (Fortführung der) Bebauungsplanung von einer solchen Bedingung abhängig gemacht, lässt dies die erforderliche konkrete Planungsabsicht nicht entfallen. Es liegt auf der Hand, dass dieses - in den Grenzen des § 11 BauGB rechtlich nicht zu beanstandende - Vorgehen einige Zeit in Anspruch nimmt. Deshalb entfällt die Allgemeinwohlrechtfertigung nicht allein dadurch, dass bis zum Satzungsbeschluss zusätzliche Schritte erforderlich sind, die - im Vergleich zu einem reinen Normsetzungsverfahren - längere Zeit in Anspruch nehmen. Deshalb dient der Offenlagebeschluss vom 15.06.2021 als Beleg dafür, dass die Beklagte bereits bei Ausübung des Vorkaufsrechts die konkrete Absicht hatte, alsbald Wohnbaurechte zu schaffen. Im Übrigen wurde diese Absicht durch den Abschluss des städtebaulichen Vertrags mit den Grundstückseigentümern am 18.02.2022 sowie die daraufhin durchgeführte Offenlage eines geänderten Planentwurfs (Drucksache X) bestätigt. Auch die weitere Entwicklung nach Ausübung des Vorkaufsrechts bzw. Erlass des Widerspruchsbescheids kann als Beleg dafür herangezogen werden, dass die Beklagte bei Erlass der Bescheide die konkrete Absicht hatte, alsbald die für die Schaffung von Wohnbauland erforderlichen Schritte zu unternehmen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.09.2020 - 4 B 45.19 -, juris Rn. 19).
32 
c) Der Einwand der Klägerin, die von der Beklagten beabsichtigte hohe Quote geförderter und barrierefreier Wohnungen sei angesichts der Bodenpreise nicht realisierbar, lässt die Rechtfertigung der Vorkaufsrechtsausübung nicht entfallen.
33 
Zwar wird man nur dann ein Überwiegen der Gemeinwohlbelange annehmen können, wenn für die von der Beklagten verfolgten städtebaulichen Ziele eine hinreichende Realisierungschance besteht. Auch wenn in einem frühen Planungsstadium noch nicht die sichere Erwartung verlangt werden kann, dass der Bebauungsplanentwurf gültiges Ortsrecht wird, darf umgekehrt die Realisierung des öffentlichen Nutzungszwecks nicht gänzlich ausgeschlossen sein (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.04.2011 - 8 A 11405/10 -, juris Rn. 34; VG München, Urteil vom 22.01.2015 - M 11 K 14.1495 -, juris Rn. 22). Hiervon ist aber nicht auszugehen.
34 
Für die Allgemeinwohlrechtfertigung reicht es aus, dass für das Ziel der Beklagten, die Grundstücke zeitnah einer Wohnbebauung zuzuführen, eine hinreichende Realisierungschance besteht. Denn zu diesem Zweck wurde das Flächennutzungsplan-Vorkaufsrechts nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB eingeführt (siehe oben), weshalb er nach dem Willen des Gesetzgebers für sich genommen genügt, die Ausübung des Flächennutzungsplan-Vorkaufsrechts zu rechtfertigen. Unabhängig davon erscheint es der Kammer auch nicht als ausgeschlossen, dass die Beklagte auf den Grundstücken eine hohe Quote geförderter und barrierefreier Wohnungen sowie eine angemessene soziale Durchmischung erzielt. Denn sie ist nicht den gleichen Wirtschaftlichkeitszwängen unterworfen wie die Klägerin als private Bauträgerin. Dabei hängt die Frage, ob für ihre wohnungspolitischen Ziele eine hinreichende Realisierungschance besteht, nicht vom Erreichen einer bestimmten Quote ab. Denn die Beklagte hat zwar auf ihre grundsätzliche Absicht verwiesen, in Neubaugebieten (mindestens) 50 Prozent der Wohnbaurechte als geförderter Wohnraum umzusetzen. Hinsichtlich der Vorkaufsgrundstücke hat sie diesen Zielwert aber dahingehend relativiert, dass die konkrete Quote von der späteren Vermarktbarkeit abhängig ist. Dies ist nachvollziehbar und rechtlich nicht zu beanstanden, denn die Allgemeinwohlrechtfertigung hängt nicht von einer bestimmten Quote, sondern davon ab, ob die Realisierung der städtebaulichen Ziele grundsätzlich möglich ist. Im Übrigen hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung selbst geäußert, dass 50 Prozent geförderter Mietwohnungsbau auf Grundlage des aktuellen Mietspiegels finanzierbar seien.
35 
Entgegen dem Einwand der Klägerin ist der Kammer nicht ersichtlich, weshalb die Beklagte rechtlich gehindert sein sollte, bei der späteren Veräußerung der Vorkaufsgrundstücke - gemäß § 89 Abs. 1 BauGB an die Klägerin oder an Dritte - entsprechende Zusicherungen zu verlangen und diese etwa durch entsprechende Rücktrittsrechte abzusichern. Das sie hierfür Erwerber findet, hat die Beklagte mit Verweis auf die Grundstücksvermarktung in anderen Baugebieten und den weiterhin hohen Wohnraumbedarf im Stadtgebiet hinreichend dargelegt.
36 
d) Der Ausübung des Vorkaufsrechts steht schließlich nicht entgegen, dass die Klägerin im Rahmen der Anhörung bzw. im Widerspruchsverfahren erklärt hat, auf den Kaufgrundstücken selbst baldmöglichst Wohnungen zu errichten und den von der Beklagten vorgelegten städtebaulichen Vertrag zu unterzeichnen.
37 
Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht - worauf die Klägerin zu Recht hinweist - ausgeführt, dass (u.a.) aus der Befugnis des Käufers, gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 BauGB das Vorkaufsrecht abzuwenden, wenn er in der Lage ist, das Grundstück binnen angemessener Frist nach den baurechtlichen Vorschriften zu nutzen, folgt, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht gerechtfertigt ist, wenn das städtebauliche Ziel auch unter Mitwirkung eines bauwilligen Grundstückseigentümers erreicht werden kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.01.2010 - 4 B 53.09 -, juris Rn. 7).
38 
Damit werden aber keine über die Voraussetzungen der Abwendungsbefugnis nach § 27 Abs. 1 Satz 1 BauGB hinausgehenden Anforderungen an die Allgemeinwohlrechtfertigung aufgestellt, sondern lediglich auf den normativen Zusammenhang hingewiesen, dass bei Bestehen einer Abwendungsbefugnis und Ausübung dieses Rechts durch den Käufer kein Überwiegen der Allgemeinwohlbelange angenommen werden kann. In jedem Fall schließt die Mitwirkungsbereitschaft des Käufers die Ausübung des Vorkaufsrechts nur aus, wenn die städtebaulichen „Ziele und Zwecke bestimmt oder mit ausreichender Sicherheit bestimmbar“ sind (vgl. § 27 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BauGB); nur dann lässt sich überhaupt feststellen, ob sie auch unter seiner Mitwirkung erreicht werden können. Dabei müssen alle von der Gemeinde angestrebten Ziele und Zwecke ebensogut durch den Käufer verwirklicht werden können. Zudem entfällt die Allgemeinwohlrechtfertigung nur, wenn sich der Käufer hierzu rechtswirksam verpflichtet (vgl. § 27 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 BauGB); durch eine bloße Absichtserklärung, eine allgemein darauf ausgerichtete wirtschaftliche Tätigkeit oder ein entsprechendes früheres Verhalten des Käufers ist die Verwirklichung der Ziele und Zwecke der Gemeinde nicht in gleicher Weise abgesichert. An alldem fehlt es hier.
39 
Bei Ausübung des Vorkaufsrechts waren die Planungen der Beklagten noch nicht in der Weise konkretisiert, dass für die Grundstücke eine bestimmte künftige Nutzung bereits sicher feststand; insbesondere lag noch keine materielle Planreife i.S.d. § 33 BauGB vor. In dieser Situation besteht in der Regel keine Abwendungsbefugnis nach § 27 Abs. 1 BauGB, weil es an einem Ansatzpunkt für eine rechtsgeschäftliche Bindung des Käufers fehlt (vgl. Kronisch, in: Brügelmann, Kommentar zum BauGB, 105. Lieferung Januar 2018, § 27 Rn. 21; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 144. Lieferung Oktober 2021, § 27 Rn. 21). Dementsprechend hätte sich die Klägerin bei Ausübung des Vorkaufsrechts - bzw. innerhalb der Zweimonatsfrist des § 27 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB a.F. - mangels bestimmbarer, hinreichend gesicherter Festsetzungen nicht zu einer bestimmten Grundstücksnutzung verpflichten können. Aus dem gleichen Grund - sowie wegen der zu diesem Zeitpunkt noch fehlenden Zustimmung aller Grundstückseigentümer zur Bodenneuordnung - hätte auch der von der Beklagten angestrebte städtebauliche Vertrag nicht rechtsverbindlich abgeschlossen werden können.
40 
Hinzu kommt, dass die Beklagte die Vorkaufsrechte zur Verwirklichung städtebaulicher Ziele ausgeübt hat, die über die Vereinbarungen eines solchen Vertrags hinausgehen. Die Beklagte hat nachvollziehbar dargelegt, dass sie im Vergleich zur Flächenabtretung bei der Vermarktung eigener Grundstücke einen größeren Anteil geförderter Wohnungen realisieren kann. Zur Umsetzung einer höheren Quote war die Klägerin bei Ausübung des Vorkaufsrechts bzw. im Widerspruchsverfahren jedoch nicht bereit, insbesondere die von der Beklagten angestrebten 50 Prozent geförderten Wohnraums erachtete die Klägerin (zunächst) als unwirtschaftlich. Dieses Ziel war mithin nicht ebenso gut unter ihrer Mitwirkung erreichbar. Das Gleiche gilt im Grundsatz für die von der Beklagten angestrebte hohe Quote barrierefreien Wohnraums, deren Notwendigkeit die Klägerin unter Verweis auf einen nicht dargelegten Bedarf (auf den es wegen des gemeindlichen Planungsermessens für die Zulässigkeit eines entsprechenden Verwendungszwecks nicht ankommt) in Abrede gestellt hat. Im Übrigen wären die von der Beklagten angestrebten sozialen Ziele auch deshalb nicht ebenso gut unter Mitwirkung der Klägerin erreichbar, weil bei einer vertraglichen Vereinbarung etwa einer bestimmten, hohen Quote geförderten und barrierefreien Wohnraums deren Verwirklichung wegen der bei Ausübung des Vorkaufsrechts noch unklaren planerischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht zuletzt wegen der Anforderungen des Angemessenheitsgebot gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB nicht in gleicher Weise gesichert wäre.
41 
Auch die beabsichtigte soziale Durchmischung kann nicht in gleicher Weise unter Mitwirkung der Klägerin erreicht werden. Denn während die Klägerin insoweit darauf verwiesen hat, dass bei Ausnutzung der festgesetzten Baufenster im Geschosswohnungsbau zwangsläufig verschiedene Wohnungsgrößen und Wohnqualitäten entstünden, und keine darüberhinausgehende Mitwirkungsbereitschaft kundgetan hat, stehen der Beklagten bei Erwerb und Wiederverkauf weitere Mittel zur Verfügung, um ihre wohnungspolitischen Ziele zu erreichen. Neben konkreten Nutzungsvorgaben bei der Vermarktung sind auch Festsetzungen von Infrastruktureinrichtungen für bestimmte Bevölkerungsgruppen (§ 1 Abs. 6 Nr. 3 BauGB) leichter auf eigenen Flächen möglich, ohne dass die Beklagte zur Verwirklichung ihrer Ziele auf dieses Instrument beschränkt wäre.
42 
4. Die Beklagte hat das ihr bei Ausübung des Vorkaufsrechts zustehende Ermessen (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 20.01.2015 - 2 ZB 14.887 -, juris Rn. 3; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 11.03.2010 - 2 L 110/08 -, juris) in rechtsfehlerfreier Weise ausgeübt. Übt eine Gemeinde ihr Vorkaufsrecht aus, prüft das Gericht insoweit, ob sie die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten hat oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist, § 114 Satz 1 VwGO. Dabei kann die Gemeinde nach § 114 Satz 2 VwGO ihre Ermessenserwägungen auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
43 
Während der Begriff des Wohls der Allgemeinheit sich in erster Linie auf das jeweilige städtebauliche Ziel bezieht, ist den Belangen des Betroffenen auf Ermessensebene Rechnung zu tragen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.04.1993 - 4 B 31.93 - juris Rn. 38; Beschluss vom 25.01.2010 - 4 B 53.09 -, juris Rn. 7). Eine ordnungsgemäße Ermessensentscheidung bei Ausübung eines Vorkaufsrechts setzt voraus, dass nicht nur einzelne Entscheidungsgesichtspunkte ermittelt und dargestellt werden, sondern auch eine Gewichtung oder Abwägung des „Für und Wider“ der sich gegenüberstehenden öffentlichen und privaten Belange erkennbar ist oder andere Alternativen im Rahmen des Ermessensspielraums diskutiert werden (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 22.01.2016 - 9 ZB 15.2027 -, juris). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber mit der Schaffung des Vorkaufsrechts und der Koppelung an Allgemeinwohlbelange eine Vorrangentscheidung getroffen hat, nach der auf Rechtsfolgenseite eine Ermessensentscheidung zu Gunsten der Vorkaufsrechtsausübung intendiert ist (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 03.04.2018 - 15 ZB 17.318 -, juris Rn. 31 m.w.N.).
44 
Dies zugrunde gelegt sind keine Ermessensfehler feststellbar. Die Beklagte hat erkannt, dass ihr bei Ausübung des Vorkaufsrechts Ermessen zusteht, und bei ihrer Entscheidung alle maßgeblichen Gesichtspunkte berücksichtigt. Dass die Beklagte die Ausübung des Vorkaufsrechts auch damit begründet hat, dass die Erhöhung des kommunalen Eigentumsanteils potentielle Nutzungskonflikte im Bebauungsplanverfahren verringert, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Denn die Vereinfachung der gemeindlichen Wohnbaulandentwicklung durch eigenen Flächenerwerb ist gerade Sinn und Zweck des Flächennutzungsplan-Vorkaufsrechts. Zwar ist die Vereinfachung des Umlegungsverfahrens allein kein ausreichender Grund für die Ausübung des Vorkaufsrechts; die Beklagte hat diesen Aspekt aber allenfalls ergänzend angeführt und ihre Entscheidung maßgeblich mit den angestrebten städtebaulichen Zielen begründet. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat ausweislich der Bandabschriften der Sitzungen des Haushalts- und Finanzausschusses ihres Gemeinderats vom x und vom x auch berücksichtigt, dass die Klägerin die Grundstücke für ihre wirtschaftliche Tätigkeit als Bauträgerin erwerben wollte. Besonders schutzwürdige Belange der Klägerin, die so stark zu gewichten wären, dass sie sich gegenüber dem Gemeinwohl zwingend durchsetzen müssten, ergeben sich hieraus allerdings nicht.
45 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
46 
Beschluss
47 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG (in Anlehnung an Nr. 9.6.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013) endgültig auf 475.020,- EUR festgesetzt.

Gründe

19 
Die als Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthafte und auch sonst zulässige Klage (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 25.06.2009 - 5 S 574/08 -, juris Rn. 20) ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 29.09.2020, 07.10.2020 und 19.11.2020 in Form ihres Widerspruchsbescheids vom 03.08.2021 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit ist dabei auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abzustellen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.09.2020 - 4 B 45/19 -, juris Rn. 19; Bayerischer VGH, Beschluss vom 24.04.2020 - 15 ZB 19.1987 -, juris Rn. 17; Hessischer VGH, Urteil vom 24.11.2020 - 3 A 828/20 -, juris Rn. 17; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 30.09.2021 - 3 S 2595/20 -, juris Rn. 24; a.A. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.05.2015 - 8 S 1386/14 -, juris Rn. 37 f.: Zeitpunkt des Erlasses des Ausübungsbescheides), hier also des Widerspruchsbescheids vom 03.08.2021.
20 
1. Der Beklagten stand bei Abschluss der Kaufverträge nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB ein Vorkaufsrecht zu. Denn die unbebauten Grundstücke befinden sich im Außenbereich (vgl. §§ 34, 35 BauGB), im Flächennutzungsplan der Beklagten sind sie als Wohnbauflächen dargestellt.
21 
2. Die Bescheide sind formell rechtmäßig.
22 
a) Dabei fällt die Ausübung von Vorkaufsrechten grundsätzlich in die Zuständigkeit des Gemeinderats, weil es sich hierbei nicht um ein Geschäft der laufenden Verwaltung handelt. Auch führt das Fehlen einer gemeinderätlichen Beschlussfassung zur Rechtwidrigkeit der Vorkaufsrechtsausübung (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.09.1997 - 5 S 2498/95 -, juris). Nach § 7 Abs. 2 Nr. 4 der Hauptsatzung der beklagten Stadt ist für die Ausübung gesetzlicher Vorkaufsrechte bis zu einem Betrag von 1.500.000,- EUR der Haupt- und Finanzausschuss des Gemeinderats der Beklagten zuständig, der am x und X die entsprechenden Beschlüsse gefasst hat.
23 
b) Die Beklagte hat das Vorkaufsrecht an den Grundstücken jeweils innerhalb der Zweimonatsfrist des § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB a.F. durch Verwaltungsakt gegenüber den Verkäufern ausgeübt. Diese Frist beginnt erst bei Wirksamkeit des Kaufvertrages zu laufen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.08.2020 - 4 B 3.20 -, juris Rn. 5). Ist hierfür noch eine nachträgliche Genehmigung notwendig, beginnt die Frist erst durch die Mitteilung der Genehmigung (vgl. BGH, Beschluss vom 30.06.1994 - III ZR 109/93 -, juris Rn. 4). Deshalb begann die Zweimonatsfrist hinsichtlich des Vertrages vom 08.09.2020 über das Grundstück Flst.-Nr. x erst mit der notariellen Mitteilung der Genehmigungserklärung am 22.09.2020 zu laufen, weshalb auch die mit Bescheid vom 19.11.2020, der den Vertragsparteien ausweislich der Zustellungsurkunden der Deutschen Post AG am 21.11.2020 zugegangen ist, verfügte Ausübung des Vorkaufsrechts rechtzeitig erfolgt ist.
24 
c) Die angefochtenen Bescheide genügen den Anforderungen an die Begründung, insbesondere durch hinreichende Angabe des Verwendungszwecks (§ 24 Abs. 3 Satz 2 BauGB a.F.). Den jeweiligen Bescheiden ist - aus objektiver Empfängersicht zweifelsfrei - zu entnehmen, dass in dem Gebiet „X“ Wohnbauland entstehen soll und die Grundstücke zeitnah einer Wohnbebauung zugeführt werden sollen. Damit hat die Beklagte einen gesetzlich zulässigen Verwendungszweck genannt. Dass sie in den Bescheiden zudem ausgeführt hat, mit dem Grundstückserwerb neben der beschleunigten Bereitstellung von Wohnbauland auch eine angemessene soziale Durchmischung sowie einen hohen Anteil geförderten und barrierefreien Wohnraums zu bezwecken, erfüllt die formelle Voraussetzung des § 24 Abs. 3 Satz 2 BauGB a.F. zusätzlich.
25 
Bei Ausübung eines Flächennutzungsplan-Vorkaufsrechts nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB muss sich die Angabe des Verwendungszwecks auch nicht streng auf das konkrete Grundstück beziehen. Anderenfalls würde das Vorkaufsrecht teilweise leerlaufen, weil die Darstellungen des Flächennutzungsplans regelmäßig nicht parzellenscharf sind und die Bebauungsplanung bei Ausübung des Vorkaufsrechts regelmäßig auch noch keinen entsprechenden Detaillierungsgrad erreicht hat. Deshalb genügt es, wenn das Grundstück zur Verwirklichung der Wohnflächendarstellung im Flächennutzungsplan verwendet werden soll, ohne dass die spezifische Grundstücksnutzung schon feststehen muss (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 25.06.2009 - 5 S 574/08 -, juris Rn. 33).
26 
Nachdem das besondere Begründungserfordernis des § 24 Abs. 3 Satz 2 BauGB a.F. erfüllt ist, braucht nicht entschieden werden, ob eine fehlende oder unvollständige Angabe eines Verwendungszwecks zur Rechtswidrigkeit der Vorkaufsrechtsausübung führt oder es sich um eine bloße Ordnungsvorschrift handelt (so etwa Hessischer VGH, Beschluss vom 17.02.2011 - 4 A 2397/10.Z -, juris Rn. 13 ff. m.w.N.; a.A. VG Karlsruhe, Urteil vom 21.11.2007 - 4 K 1429/07 -, juris Rn. 26 f.; offengelassen von BVerwG, Beschluss vom 15.02.1990 - 4 B 245.89 -, juris Rn. 4). Dahinstehen kann deshalb auch, ob die unzureichende Angabe des Verwendungszwecks gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 2 LVwVfG (analog) nachträglich geheilt werden kann.
27 
3. Die Ausübung des Vorkaufsrechts war gemäß § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt. Hierfür genügt es grundsätzlich, wenn der Erwerb der Grundstücke zu den vom Gesetzgeber gebilligten bodenpolitischen, eigentumspolitischen und städtebaulichen Zwecken erfolgt und dabei überwiegende Vorteile für die Allgemeinheit angestrebt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.02.1990 - 4 B 245.89 -, juris Rn. 9; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 30.03.2009 - 8 S 31/08 -, juris Rn. 61). Dies richtet sich stets nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles und unterliegt in vollem Umfang der gerichtlichen Nachprüfung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.02.1990 - 4 B 245.89 -, juris Rn. 3).
28 
a) Die Beklagte hat das Vorkaufsrecht an den Grundstücken für zulässige Zwecke ausgeübt. Welche Zwecke die Ausübung des Vorkaufsrechts rechtfertigen können, bestimmt sich nach den Zielen, die mit den einzelnen Tatbeständen in § 24 Abs. 1 Satz 1 BauGB verfolgt werden. Mit dem Flächennutzungsplan-Vorkaufsrecht des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB soll die Vorbereitung und Durchführung von Wohnbauvorhaben in Gebieten, die die Gemeinde durch Bebauungspläne entwickeln will, erleichtert werden, um akutem Wohnraummangel begegnen zu können (Bundestags-Drucksache 11/6508, S. 11). Deshalb rechtfertigt das Wohl der Allgemeinheit die Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB nur, wenn damit Flächen für die Errichtung von Wohngebäuden oder für deren infrastrukturelle Ausstattung erworben werden sollen. Dagegen steht das Vorkaufsrecht der Gemeinde nicht als Instrument einer allgemeinen Bodenbevorratung oder zum Erwerb von Grundstücken für gänzlich andere Zwecke zur Verfügung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.01.2010 - 4 B 53.09 -, juris Rn. 5 f.; Bayerischer VGH, Beschluss vom 24.04.2020 - 15 ZB 19.1987 -, juris Rn. 18).
29 
Nach diesen Maßgaben sind die von der Beklagten angeführten Verwendungszwecke nicht zu beanstanden. Dies gilt zunächst für den Zweck, in dem Gebiet schnell Wohnbaurechte zu schaffen, denn die beschleunigte Wohnbaulandentwicklung war gerade das Ziel der Einführung des Flächennutzungsplan-Vorkaufsrechts nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB (Bundestags-Drucksache 13/6392, S. 33; vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 25.06.2009 - 5 S 574/08 -, juris Rn. 29). Aber auch die weiteren von der Beklagten verfolgten Zwecke - die soziale Durchmischung des Gebiets sowie die Realisierung eines hohen Anteils geförderter und barrierefreier Wohnungen - sind vom Gesetzgeber ausdrücklich gebilligt (vgl. § 1 Abs. Abs. 6 Nr. 2 und 3 BauGB). Dementsprechend hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg die Schaffung bezahlbaren Wohnraums für breite Schichten der Bevölkerung als legitimen Zweck für die Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB anerkannt (Urteil vom 24.09.2019 - 5 S 1733/17 -, juris Rn. 75).
30 
b) In zeitlicher Hinsicht ist der durch die Ausübung eines Vorkaufsrechts bewirkte Eingriff in die Privatautonomie nur gerechtfertigt, wenn die Gemeinde alsbald, d.h. in einem überschaubaren Zeitraum, diejenigen (weiteren) Schritte vornimmt, die erforderlich sind, um das städtebauliche Ziel zu verwirklichen, Wohnbauland bereit zu stellen. Im Regelfall wird dies die alsbaldige Aufstellung eines entsprechenden Bebauungsplans gebieten. Allerdings ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass hierfür Verfahrensschritte erforderlich sind, die eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen. Unter Umständen wird bei Ausübung des Vorkaufsrechts bzw. im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung noch gar kein Bebauungsplanverfahren begonnen haben, etwa wenn der Vorkaufsfall die konkrete Planungsabsicht der Gemeinde erst hervorgerufen hat. Aus diesem Grund kann kein für alle entsprechenden Fälle allgemein gültiger Zeitrahmen für die weiteren Planungsschritte der Gemeinde bestimmt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.01.2010 - 4 B 53.09 -, juris Rn. 6 f.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 25.06.2009 - 5 S 574/08 -, juris Rn. 31 f.; Bayerischer VGH, Beschluss vom 24.04.2020 - 15 ZB 19.1987 -, juris Rn. 18). Entscheidend ist deshalb, dass eine im Zusammenhang mit der Ausübung des Vorkaufsrechts von der Gemeinde geäußerte Planungsabsicht in den tatsächlichen Verhältnissen vor Ort zu diesem Zeitpunkt eine nachvollziehbare Grundlage findet (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 03.02.2015 - 15 B 13.100 -, juris Rn. 17).
31 
Dies ist hier der Fall. Denn die Beklagte hat bereits am 29.11.2017 beschlossen, für das Gebiet „X“ einen Bebauungsplan aufzustellen. Dass erst am 15.06.2021 die Offenlage des Bebauungsplans beschlossen wurde, stellt die konkreten Planungsabsichten der Beklagten nicht in Frage. Denn die Überplanung von Außenbereichsflächen ist regelmäßig mit umfangreichen Ermittlungen (insbesondere naturschutzrechtlicher Belange, § 2 Abs. 4 BauGB) verbunden. Hinzu kommt, dass die Bebauungsplanung der Beklagten nach ihren „Baulandpolitischen Grundsätzen“ den Abschluss städtebaulicher Verträge mit den Grundstückseigentümern voraussetzt. Wird die (Fortführung der) Bebauungsplanung von einer solchen Bedingung abhängig gemacht, lässt dies die erforderliche konkrete Planungsabsicht nicht entfallen. Es liegt auf der Hand, dass dieses - in den Grenzen des § 11 BauGB rechtlich nicht zu beanstandende - Vorgehen einige Zeit in Anspruch nimmt. Deshalb entfällt die Allgemeinwohlrechtfertigung nicht allein dadurch, dass bis zum Satzungsbeschluss zusätzliche Schritte erforderlich sind, die - im Vergleich zu einem reinen Normsetzungsverfahren - längere Zeit in Anspruch nehmen. Deshalb dient der Offenlagebeschluss vom 15.06.2021 als Beleg dafür, dass die Beklagte bereits bei Ausübung des Vorkaufsrechts die konkrete Absicht hatte, alsbald Wohnbaurechte zu schaffen. Im Übrigen wurde diese Absicht durch den Abschluss des städtebaulichen Vertrags mit den Grundstückseigentümern am 18.02.2022 sowie die daraufhin durchgeführte Offenlage eines geänderten Planentwurfs (Drucksache X) bestätigt. Auch die weitere Entwicklung nach Ausübung des Vorkaufsrechts bzw. Erlass des Widerspruchsbescheids kann als Beleg dafür herangezogen werden, dass die Beklagte bei Erlass der Bescheide die konkrete Absicht hatte, alsbald die für die Schaffung von Wohnbauland erforderlichen Schritte zu unternehmen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.09.2020 - 4 B 45.19 -, juris Rn. 19).
32 
c) Der Einwand der Klägerin, die von der Beklagten beabsichtigte hohe Quote geförderter und barrierefreier Wohnungen sei angesichts der Bodenpreise nicht realisierbar, lässt die Rechtfertigung der Vorkaufsrechtsausübung nicht entfallen.
33 
Zwar wird man nur dann ein Überwiegen der Gemeinwohlbelange annehmen können, wenn für die von der Beklagten verfolgten städtebaulichen Ziele eine hinreichende Realisierungschance besteht. Auch wenn in einem frühen Planungsstadium noch nicht die sichere Erwartung verlangt werden kann, dass der Bebauungsplanentwurf gültiges Ortsrecht wird, darf umgekehrt die Realisierung des öffentlichen Nutzungszwecks nicht gänzlich ausgeschlossen sein (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.04.2011 - 8 A 11405/10 -, juris Rn. 34; VG München, Urteil vom 22.01.2015 - M 11 K 14.1495 -, juris Rn. 22). Hiervon ist aber nicht auszugehen.
34 
Für die Allgemeinwohlrechtfertigung reicht es aus, dass für das Ziel der Beklagten, die Grundstücke zeitnah einer Wohnbebauung zuzuführen, eine hinreichende Realisierungschance besteht. Denn zu diesem Zweck wurde das Flächennutzungsplan-Vorkaufsrechts nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB eingeführt (siehe oben), weshalb er nach dem Willen des Gesetzgebers für sich genommen genügt, die Ausübung des Flächennutzungsplan-Vorkaufsrechts zu rechtfertigen. Unabhängig davon erscheint es der Kammer auch nicht als ausgeschlossen, dass die Beklagte auf den Grundstücken eine hohe Quote geförderter und barrierefreier Wohnungen sowie eine angemessene soziale Durchmischung erzielt. Denn sie ist nicht den gleichen Wirtschaftlichkeitszwängen unterworfen wie die Klägerin als private Bauträgerin. Dabei hängt die Frage, ob für ihre wohnungspolitischen Ziele eine hinreichende Realisierungschance besteht, nicht vom Erreichen einer bestimmten Quote ab. Denn die Beklagte hat zwar auf ihre grundsätzliche Absicht verwiesen, in Neubaugebieten (mindestens) 50 Prozent der Wohnbaurechte als geförderter Wohnraum umzusetzen. Hinsichtlich der Vorkaufsgrundstücke hat sie diesen Zielwert aber dahingehend relativiert, dass die konkrete Quote von der späteren Vermarktbarkeit abhängig ist. Dies ist nachvollziehbar und rechtlich nicht zu beanstanden, denn die Allgemeinwohlrechtfertigung hängt nicht von einer bestimmten Quote, sondern davon ab, ob die Realisierung der städtebaulichen Ziele grundsätzlich möglich ist. Im Übrigen hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung selbst geäußert, dass 50 Prozent geförderter Mietwohnungsbau auf Grundlage des aktuellen Mietspiegels finanzierbar seien.
35 
Entgegen dem Einwand der Klägerin ist der Kammer nicht ersichtlich, weshalb die Beklagte rechtlich gehindert sein sollte, bei der späteren Veräußerung der Vorkaufsgrundstücke - gemäß § 89 Abs. 1 BauGB an die Klägerin oder an Dritte - entsprechende Zusicherungen zu verlangen und diese etwa durch entsprechende Rücktrittsrechte abzusichern. Das sie hierfür Erwerber findet, hat die Beklagte mit Verweis auf die Grundstücksvermarktung in anderen Baugebieten und den weiterhin hohen Wohnraumbedarf im Stadtgebiet hinreichend dargelegt.
36 
d) Der Ausübung des Vorkaufsrechts steht schließlich nicht entgegen, dass die Klägerin im Rahmen der Anhörung bzw. im Widerspruchsverfahren erklärt hat, auf den Kaufgrundstücken selbst baldmöglichst Wohnungen zu errichten und den von der Beklagten vorgelegten städtebaulichen Vertrag zu unterzeichnen.
37 
Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht - worauf die Klägerin zu Recht hinweist - ausgeführt, dass (u.a.) aus der Befugnis des Käufers, gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 BauGB das Vorkaufsrecht abzuwenden, wenn er in der Lage ist, das Grundstück binnen angemessener Frist nach den baurechtlichen Vorschriften zu nutzen, folgt, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht gerechtfertigt ist, wenn das städtebauliche Ziel auch unter Mitwirkung eines bauwilligen Grundstückseigentümers erreicht werden kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.01.2010 - 4 B 53.09 -, juris Rn. 7).
38 
Damit werden aber keine über die Voraussetzungen der Abwendungsbefugnis nach § 27 Abs. 1 Satz 1 BauGB hinausgehenden Anforderungen an die Allgemeinwohlrechtfertigung aufgestellt, sondern lediglich auf den normativen Zusammenhang hingewiesen, dass bei Bestehen einer Abwendungsbefugnis und Ausübung dieses Rechts durch den Käufer kein Überwiegen der Allgemeinwohlbelange angenommen werden kann. In jedem Fall schließt die Mitwirkungsbereitschaft des Käufers die Ausübung des Vorkaufsrechts nur aus, wenn die städtebaulichen „Ziele und Zwecke bestimmt oder mit ausreichender Sicherheit bestimmbar“ sind (vgl. § 27 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BauGB); nur dann lässt sich überhaupt feststellen, ob sie auch unter seiner Mitwirkung erreicht werden können. Dabei müssen alle von der Gemeinde angestrebten Ziele und Zwecke ebensogut durch den Käufer verwirklicht werden können. Zudem entfällt die Allgemeinwohlrechtfertigung nur, wenn sich der Käufer hierzu rechtswirksam verpflichtet (vgl. § 27 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 BauGB); durch eine bloße Absichtserklärung, eine allgemein darauf ausgerichtete wirtschaftliche Tätigkeit oder ein entsprechendes früheres Verhalten des Käufers ist die Verwirklichung der Ziele und Zwecke der Gemeinde nicht in gleicher Weise abgesichert. An alldem fehlt es hier.
39 
Bei Ausübung des Vorkaufsrechts waren die Planungen der Beklagten noch nicht in der Weise konkretisiert, dass für die Grundstücke eine bestimmte künftige Nutzung bereits sicher feststand; insbesondere lag noch keine materielle Planreife i.S.d. § 33 BauGB vor. In dieser Situation besteht in der Regel keine Abwendungsbefugnis nach § 27 Abs. 1 BauGB, weil es an einem Ansatzpunkt für eine rechtsgeschäftliche Bindung des Käufers fehlt (vgl. Kronisch, in: Brügelmann, Kommentar zum BauGB, 105. Lieferung Januar 2018, § 27 Rn. 21; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 144. Lieferung Oktober 2021, § 27 Rn. 21). Dementsprechend hätte sich die Klägerin bei Ausübung des Vorkaufsrechts - bzw. innerhalb der Zweimonatsfrist des § 27 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB a.F. - mangels bestimmbarer, hinreichend gesicherter Festsetzungen nicht zu einer bestimmten Grundstücksnutzung verpflichten können. Aus dem gleichen Grund - sowie wegen der zu diesem Zeitpunkt noch fehlenden Zustimmung aller Grundstückseigentümer zur Bodenneuordnung - hätte auch der von der Beklagten angestrebte städtebauliche Vertrag nicht rechtsverbindlich abgeschlossen werden können.
40 
Hinzu kommt, dass die Beklagte die Vorkaufsrechte zur Verwirklichung städtebaulicher Ziele ausgeübt hat, die über die Vereinbarungen eines solchen Vertrags hinausgehen. Die Beklagte hat nachvollziehbar dargelegt, dass sie im Vergleich zur Flächenabtretung bei der Vermarktung eigener Grundstücke einen größeren Anteil geförderter Wohnungen realisieren kann. Zur Umsetzung einer höheren Quote war die Klägerin bei Ausübung des Vorkaufsrechts bzw. im Widerspruchsverfahren jedoch nicht bereit, insbesondere die von der Beklagten angestrebten 50 Prozent geförderten Wohnraums erachtete die Klägerin (zunächst) als unwirtschaftlich. Dieses Ziel war mithin nicht ebenso gut unter ihrer Mitwirkung erreichbar. Das Gleiche gilt im Grundsatz für die von der Beklagten angestrebte hohe Quote barrierefreien Wohnraums, deren Notwendigkeit die Klägerin unter Verweis auf einen nicht dargelegten Bedarf (auf den es wegen des gemeindlichen Planungsermessens für die Zulässigkeit eines entsprechenden Verwendungszwecks nicht ankommt) in Abrede gestellt hat. Im Übrigen wären die von der Beklagten angestrebten sozialen Ziele auch deshalb nicht ebenso gut unter Mitwirkung der Klägerin erreichbar, weil bei einer vertraglichen Vereinbarung etwa einer bestimmten, hohen Quote geförderten und barrierefreien Wohnraums deren Verwirklichung wegen der bei Ausübung des Vorkaufsrechts noch unklaren planerischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht zuletzt wegen der Anforderungen des Angemessenheitsgebot gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB nicht in gleicher Weise gesichert wäre.
41 
Auch die beabsichtigte soziale Durchmischung kann nicht in gleicher Weise unter Mitwirkung der Klägerin erreicht werden. Denn während die Klägerin insoweit darauf verwiesen hat, dass bei Ausnutzung der festgesetzten Baufenster im Geschosswohnungsbau zwangsläufig verschiedene Wohnungsgrößen und Wohnqualitäten entstünden, und keine darüberhinausgehende Mitwirkungsbereitschaft kundgetan hat, stehen der Beklagten bei Erwerb und Wiederverkauf weitere Mittel zur Verfügung, um ihre wohnungspolitischen Ziele zu erreichen. Neben konkreten Nutzungsvorgaben bei der Vermarktung sind auch Festsetzungen von Infrastruktureinrichtungen für bestimmte Bevölkerungsgruppen (§ 1 Abs. 6 Nr. 3 BauGB) leichter auf eigenen Flächen möglich, ohne dass die Beklagte zur Verwirklichung ihrer Ziele auf dieses Instrument beschränkt wäre.
42 
4. Die Beklagte hat das ihr bei Ausübung des Vorkaufsrechts zustehende Ermessen (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 20.01.2015 - 2 ZB 14.887 -, juris Rn. 3; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 11.03.2010 - 2 L 110/08 -, juris) in rechtsfehlerfreier Weise ausgeübt. Übt eine Gemeinde ihr Vorkaufsrecht aus, prüft das Gericht insoweit, ob sie die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten hat oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist, § 114 Satz 1 VwGO. Dabei kann die Gemeinde nach § 114 Satz 2 VwGO ihre Ermessenserwägungen auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
43 
Während der Begriff des Wohls der Allgemeinheit sich in erster Linie auf das jeweilige städtebauliche Ziel bezieht, ist den Belangen des Betroffenen auf Ermessensebene Rechnung zu tragen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.04.1993 - 4 B 31.93 - juris Rn. 38; Beschluss vom 25.01.2010 - 4 B 53.09 -, juris Rn. 7). Eine ordnungsgemäße Ermessensentscheidung bei Ausübung eines Vorkaufsrechts setzt voraus, dass nicht nur einzelne Entscheidungsgesichtspunkte ermittelt und dargestellt werden, sondern auch eine Gewichtung oder Abwägung des „Für und Wider“ der sich gegenüberstehenden öffentlichen und privaten Belange erkennbar ist oder andere Alternativen im Rahmen des Ermessensspielraums diskutiert werden (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 22.01.2016 - 9 ZB 15.2027 -, juris). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber mit der Schaffung des Vorkaufsrechts und der Koppelung an Allgemeinwohlbelange eine Vorrangentscheidung getroffen hat, nach der auf Rechtsfolgenseite eine Ermessensentscheidung zu Gunsten der Vorkaufsrechtsausübung intendiert ist (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 03.04.2018 - 15 ZB 17.318 -, juris Rn. 31 m.w.N.).
44 
Dies zugrunde gelegt sind keine Ermessensfehler feststellbar. Die Beklagte hat erkannt, dass ihr bei Ausübung des Vorkaufsrechts Ermessen zusteht, und bei ihrer Entscheidung alle maßgeblichen Gesichtspunkte berücksichtigt. Dass die Beklagte die Ausübung des Vorkaufsrechts auch damit begründet hat, dass die Erhöhung des kommunalen Eigentumsanteils potentielle Nutzungskonflikte im Bebauungsplanverfahren verringert, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Denn die Vereinfachung der gemeindlichen Wohnbaulandentwicklung durch eigenen Flächenerwerb ist gerade Sinn und Zweck des Flächennutzungsplan-Vorkaufsrechts. Zwar ist die Vereinfachung des Umlegungsverfahrens allein kein ausreichender Grund für die Ausübung des Vorkaufsrechts; die Beklagte hat diesen Aspekt aber allenfalls ergänzend angeführt und ihre Entscheidung maßgeblich mit den angestrebten städtebaulichen Zielen begründet. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat ausweislich der Bandabschriften der Sitzungen des Haushalts- und Finanzausschusses ihres Gemeinderats vom x und vom x auch berücksichtigt, dass die Klägerin die Grundstücke für ihre wirtschaftliche Tätigkeit als Bauträgerin erwerben wollte. Besonders schutzwürdige Belange der Klägerin, die so stark zu gewichten wären, dass sie sich gegenüber dem Gemeinwohl zwingend durchsetzen müssten, ergeben sich hieraus allerdings nicht.
45 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
46 
Beschluss
47 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG (in Anlehnung an Nr. 9.6.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013) endgültig auf 475.020,- EUR festgesetzt.

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