Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
| | Die Klägerin ist als Bauträgerin tätig und wendet sich gegen die Ausübung eines Vorkaufsrechts an vier Grundstücken durch die Beklagte. |
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| | Am 20.11.2013 schloss die Klägerin mit den Eigentümern der insgesamt 1.985 m2 großen, unbebauten Grundstücke Flst.-Nrn. x, x, x und x (alle Gemarkung x) einen notariell beurkundeten „Projektentwicklungs- und Kaufvertrag“ mit einem Kaufpreis von X EUR. Die kaufvertraglichen Verpflichtungen wurden von der aufschiebenden Bedingung eines rechtskräftigen Satzungsbeschlusses der Beklagten über einen Bebauungsplan für das Gebiet „X“ abhängig gemacht, in dem die Grundstücke belegen sind. Daneben vereinbarten die Vertragsparteien ein Kündigungsrecht für den Fall, dass die Grundstücke nicht mehr Gegenstand eines Bebauungsplanverfahrens sind oder der rechtskräftige Satzungsbeschluss nicht bis zum 31.12.2018 erfolgt ist. Der Klägerin wurde zudem das Recht eingeräumt, die Wirksamkeit des Kaufvertrages durch einseitige Erklärung herbeizuführen. Die Auflassung der Grundstücke wurde nicht vereinbart. |
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| | Unter dem 05.07.2021 informierte der protokollierende Notar die Beklagte über einen am 28.06.2021 geschlossenen Kaufvertrag über die Grundstücke Flst.-Nrn. x und x zwischen der Klägerin als Verkäuferin und zwei Privatpersonen als Käufer. Mit Schreiben vom 06.07.2021 teilte der Notar der Beklagten mit, dass der Vertrag vom 20.11.2013 zwischenzeitlich durch einseitige Erklärung der Klägerin wirksam geworden sei. Am 30.07.2021 legte der Notar der Beklagten die Vertragsurkunde vom 20.11.2013 vor und teilte am 05.08.2021 per E-Mail mit, dass dieser Vertrag spätestens am 30.06.2021 wirksam geworden sei. |
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| | Der Flächennutzungsplan der Beklagten stellt die Grundstücke und die umliegenden Außenbereichsflächen als Wohnbaufläche dar. Die örtlichen Verhältnisse ergeben sich aus folgendem Lageplan: |
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| | Im Rahmen der Anhörung zur beabsichtigten Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB teilte die Klägerin der Beklagten mit: Ihre Mehrheitsgesellschafterin sei eine gemeinnützige Stiftung, mit ihren Gewinnen würden daher Projekte zum Wohl der Allgemeinheit finanziert. Sie habe in der Vergangenheit die „Baulandpolitischen Grundsätze“ der Beklagten stets eingehalten und mit ihr entsprechende städtebauliche Verträge abgeschlossen. Erst vor kurzem habe sie sich in einem anderen Baugebiet verpflichtet, geförderten Mietwohnungsbau auf Erbbauflächen der Beklagten zu errichten, und dabei eigene Flächen eingebracht, um weiteren geförderten Mietwohnungsbau zu schaffen. |
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| | Nachdem der Haushalts- und Finanzausschuss ihres Gemeinderats am x (Drucksache HFA-x) den entsprechenden Beschluss gefasst hatte, verfügte die Beklagte gegenüber den Vertragsparteien mit Bescheid vom 07.10.2021, den Verkäufern und der Klägerin am 08.10.2021 zugegangen, die Ausübung des Vorkaufsrechts für die Grundstücke. Zur Begründung führte sie aus: Ihr stehe gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB ein Vorkaufsrecht zu, da es sich um unbebaute Grundstücke im Außenbereich handele, die im Flächennutzungsplans als Wohnbauflächen dargestellt seien. Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei im Sinn von § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt. Es sei beabsichtigt, das Gebiet alsbald zu entwickeln und innerhalb der nächsten fünf bis acht Jahre einen Bebauungsplan für das Teilgebiet „X“ zu beschließen. Dass das Gebiet nicht bereits in der Vergangenheit zu Bauland entwickelt worden sei, sei auf die fehlende Kooperationsbereitschaft einiger Grundstückseigentümer zurückzuführen. Die Ausübung des Vorkaufsrechts diene dem Zweck, das künftige Baugebiet baldmöglich zu Bauland zu entwickeln und bezahlbaren Wohnraum für die Bevölkerung zu schaffen. Durch die Erhöhung der Flächen im Eigentum der Stadt könnten Nutzungskonflikte in einem Bebauungsplanverfahren und ggf. auch in einem Umlegungsverfahren minimiert werden. Zudem könnten städtebauliche und wohnungspolitische Zielsetzungen leichter umgesetzt werden, z.B. eine angemessene soziale Durchmischung, ein möglichst hoher Anteil geförderten Wohnraums oder die spezifische Unterbringung besonderer Bedarfsgruppen. Solange die exakte Nutzung des Grundstücks noch nicht feststehe, sei nicht ausgeschlossen, dass es trotz der generellen Kooperationsbereitschaft der Klägerin zu Konflikten kommen werde. Wegen der noch unklaren Nutzung bestehe auch kein Abwendungsrecht gemäß § 27 BauGB. |
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| | Gegen den Bescheid vom 07.10.2021 erhob die Klägerin am 25.10.2021 Widerspruch, den sie nicht begründete. |
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| | Die Klägerin hat am 31.01.2022 Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie vor: Die Ausübung des Flächennutzungsplan-Vorkaufsrechts nach § 24 Abs. 1 Nr. 5 BauGB sei nur dann durch das Wohl der Allgemeinheit i.S.d. § 24 Abs. 3 BauGB gerechtfertigt, wenn der konkrete Verwendungszweck darin bestehe, die Grundstücke in absehbarer Zukunft Wohnzwecken zuzuführen. Dies setze voraus, dass die Gemeinde alsbald die erforderlichen Schritte vornehme, um Wohnbauland bereitzustellen. Demgegenüber habe sich der Gemeinderat der Beklagten vor Ausübung des Vorkaufsrechts letztmalig am x2018 (Drucksache X) mit dem Baugebiet „X“ befasst und aufgrund der Abfrage der Mitwirkungsbereitschaft in den Jahren 2013 bis 2017 festgestellt, dass sich ein Teil der privaten Eigentümer zentraler Grundstücke des Gebiets nicht an der Entwicklung beteiligen wolle und diese deshalb derzeit nicht möglich sei. Die erklärte Absicht der Beklagten, innerhalb der nächsten fünf bis acht Jahre einen Bebauungsplan für das Gebiet aufzustellen, entbehre daher jeglicher Grundlage. Hinzu komme, dass die Beklagte nach ihren „Baulandpolitischen Grundsätzen“ vor Offenlage des Bebauungsplans von allen Planbegünstigten den Abschluss eines städtebaulichen Vertrages verlange, der diese zur Umsetzung bestimmter Vorgaben verpflichte. Wegen der deshalb möglichen jahrelangen Verzögerung des Bebauungsplanverfahrens - in einem anderen Bebauungsplangebiet sei der Beklagten eine Einigung mit den Grundstückseigentümern erst nach 16 Jahren gelungen - könne nicht von einer alsbaldigen Baulandentwicklung ausgegangen werden, zumal im „X“ zahlreiche Eigentümer Widerstand gegen die Bebauung des Gebiets angekündigt hätten. Unabhängig davon sei fraglich, ob der im Bescheid angegebene Zeitraum von fünf bis acht Jahren noch als „alsbald“ gelten könne. Im Übrigen sei die Ausübung des Vorkaufsrechts auch deshalb nicht durch Allgemeinwohlbelange gerechtfertigt, weil die städtebaulichen Ziele auch unter Mitwirkung der Klägerin erreicht werden könnten, die in anderen Verfahren gezeigt habe, dass sie die Vorgaben der Beklagten erfülle und zum Teil deutlich übertreffe. |
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| | Der im Tenor des Bescheids genannte Verwendungszweck „Wohnungsbau“ genüge den Anforderungen des § 24 Abs. 3 Satz 3 BauGB nicht, da insoweit nur der Gesetzestext wiedergegeben würde. Soweit in dem Bescheid die Umsetzung städtebaulicher und wohnungspolitischer Ziele etwa in Bezug auf die soziale Durchmischung und die Realisierung geförderten Wohnungsbaus genannt werde, sei fraglich, ob das Flächennutzungsplan-Vorkaufsrecht nach § 24 Abs. 1 Nr. 5 BauGB überhaupt durch andere Zwecke als die beschleunigte Zurverfügungstellung von Bauland gerechtfertigt werden könne. Zudem habe die Beklagte den Beschluss gefasst, in Neubaugebieten 50 Prozent der neu geschaffenen Wohnungen als öffentlich geförderte Mietwohnungen zu realisieren. Eine entsprechende Verpflichtung werde regelmäßig in städtebaulichen Verträge mit Grundstückseigentümern aufgenommen. Der Ausübung des Vorkaufsrechts bedürfe es daher für die Schaffung geförderten Wohnraums nicht. Die angestrebte soziale Durchmischung werde bereits dadurch erreicht, dass die Beklagte nach ihren eigenen Verlautbarungen künftig in Bebauungsplänen nahezu ausschließlich Geschosswohnungsbau vorsehen werde. Hierdurch sei sichergestellt, dass ein ausreichender Wohnungsmix entstehe, da bei üblicherweise unterschiedlichen Baufenstern unterschiedliche Wohnungsstrukturen geschaffen würden. Im Rahmen der Ermessensausübung sei die Beklagte auf die Belange der Klägerin und der Verkäufer nicht in der erforderlichen Weise eingegangen. Mit dem Argument, die Erhöhung des kommunalen Eigentumsanteils minimiere Nutzungskonflikte im Bebauungsplanverfahren, ließe sich die Ausübung des Vorkaufsrechts stets rechtfertigen; dies habe der Gesetzgeber nicht gewollt. Soweit die Beklagte ausgeführt habe, die Ausübung des Vorkaufsrechts sei auch in einer etwaigen Umlegung vorteilhaft, verkenne sie, dass dies kein zulässiger Grund sei. |
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| | den Bescheid der Beklagten vom 07.10.2021 aufzuheben. |
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| | Sie führt aus: Zwar sei die Entwicklung des Gebiets „X“ aufgrund der fehlenden Mitwirkungsbereitschaft einiger Eigentümer zunächst zugunsten anderer Gebiete zurückgestellt worden. Diese seien mittlerweile aber erheblich vorangeschritten. Im Baugebiet „X“ sei es dabei gelungen, eine Vielzahl anfänglich skeptischer Eigentümer zu einer Mitwirkung zu motivieren. Vor diesem Hintergrund und dem weiterhin sehr hohen Wohnbedarf im Stadtgebiet sei die Entwicklung von Wohnbauland im Gebiet „X“ - nicht zuletzt auf Anregung der Klägerin - wieder aufgegriffen worden. Mit Schreiben vom 06.06.2019 habe sie der Klägerin ihre Absicht mitgeteilt, mit den bisher nicht mitwirkungsbereiten Grundstückseigentümern erneut das Gespräch zu suchen und eine gemeinsame Lösung zu finden. Zunächst habe sie ein Verkehrsgutachten in Auftrag gegeben, um entsprechende Bedenken auszuräumen. Eine für 2020 geplante Eigentümerversammlung habe wegen der Corona-Pandemie nicht stattfinden können. Nachdem das im April 2021 fertiggestellte Verkehrsgutachten zu dem Ergebnis gekommen sei, dass die Baulandentwicklung ohne erhebliche verkehrliche Erschließungsmaßnahmen möglich sei, habe sie im November 2021 ein Planungsbüro mit der Erstellung eines Bebauungsplanvorentwurfs (Leistungsphase 1 nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 HOAI) beauftragt. Auf dieser Grundlage wolle sie mit den Eigentümern Gespräche führen. Zugleich sei in der zweiten Jahreshälfte 2022 der Erlass einer Vorkaufssatzung und eines Bebauungsplanaufstellungsbeschlusses für das Gebiet geplant. Damit sei ausreichend belegt, dass sie bei Ausübung des Vorkaufsrechts beabsichtigt habe, alsbald Wohnbaurechte zu schaffen. Von einer mittelfristigen Entwicklung gehe auch die Klägerin aus, die von ihrem Optionsrecht Gebrauch gemacht habe und dabei - wie auch bei weiteren Verkaufsvorgängen in dem Gebiet - ein Kaufpreis bezahlt worden sei, der dem Wert von Rohbauland entspreche. Zwar sei die angestrebte Entwicklung zu Bauland innerhalb von fünf bis acht Jahren nicht einfach. Widerstände der Eigentümer könnten aber ggf. mit einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme nach §§ 165 ff. BauGB überwunden werden; von diesem Instrumentarium habe sie bereits mehrfach erfolgreich Gebrauch gemacht. |
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| | Neben der beschleunigten Entwicklung von Wohnbauland könnten auch andere städtebauliche und wohnungspolitische Ziele wie eine angemessene soziale Durchmischung und die Realisierung geförderten Wohnungsbaus die Ausübung des Vorkaufsrechts rechtfertigen. Konkretere Angaben zum Verwendungszweck seien in dem frühen Zeitpunkt der Planung noch nicht möglich gewesen. Falls die Ausübung des Vorkaufrechts unzulässig sei, wenn die hiermit verfolgten städtebaulichen Ziele ebenso gut durch Mitwirkung des Grundstückskäufers erreicht werden könnten, wäre hierfür nach dem Rechtsgedanken des § 27 Abs. 1 BauGB eine entsprechende rechtliche Verpflichtung der Klägerin erforderlich gewesen. Ein verbindlicher städtebaulicher Vertrag habe im Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts jedoch mangels konkreter Planung noch nicht abgeschlossen werden können. Mit den Planbegünstigten werde regelmäßig eine freiwillige Bodenneuordnung und die Übertragung der für die öffentliche Erschließung des Neubaugebiets erforderlichen Grundstücke vereinbart; diese Grundstücksflächen seien noch nicht hinreichend bestimmbar. Auch der Anteil, mit dem sich die Planbegünstigten an den Kosten der Baulandentwicklung beteiligen müssten, könne noch nicht beziffert werden. Im Rahmen der Ermessensausübung seien die gegenläufigen Interessen in den Blick genommen worden. Die Klägerin habe allerdings keine Interessen geltend gemacht, die über die Aufrechterhaltung des ursprünglichen Kaufvertrags hinausgingen. Dass Ziel der Klägerin, einen Bestand geförderter und preiswerter Wohneinheiten aufzubauen, werde durch ihre vorrangige Berücksichtigung bei Veräußerung der Baugrundstücke gemäß § 89 Abs. 3 Satz 2 BauGB hinreichend berücksichtigt. |
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| | Hierauf erwidert die Klägerin: Von einer städtebauliche Entwicklungsmaßnahme für das Gebiet sei bisher keine Rede gewesen; auch sei der hierfür erforderliche erhöhte Bedarf an Wohn- und Arbeitsstätten gemäß § 165 Abs. 3 Nr. 2 BauGB nicht feststellbar. Das Verkehrsgutachten genüge nicht, um zu belegen, dass das Grundstück in absehbarer Zukunft Wohnzwecken zugeführt werden solle. Der Bebauungsplanvorentwurf sei deutlich nach dem Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechts in Auftrag gegeben worden. Insgesamt sei nicht ansatzweise zu erkennen, dass die Beklagte innerhalb von fünf bis acht Jahren einen Bebauungsplan aufstellen werde. Der Zweck, auf dem Grundstück geförderten Wohnraum zu schaffen, rechtfertige die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht, da die Beklagte gemäß ihren „Baulandpolitischen Grundsätzen“ von den Grundstückseigentümern regelmäßig verlange, 50 Prozent der Wohnbauflächen für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung zu stellen. Die Ziele der Beklagten könnten zudem im Rahmen einer Einigung mit ihr über abstrakte Grundsätze sichergestellt werden. |
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| | Zur mündlichen Verhandlung hat die Beklagte den aktuellen Stand des Bebauungsplanvorentwurfs vorgelegt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Verfahrensakte der Beklagten (ein Heft) sowie auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen. |
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| | Die als Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthafte und auch sonst zulässige Klage (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 25.06.2009 - 5 S 574/08 -, juris Rn. 20) ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 07.10.2021 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit ist dabei auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abzustellen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.09.2020 - 4 B 45.19 -, juris Rn. 19; Bayerischer VGH, Beschluss vom 24.04.2020 - 15 ZB 19.1987 -, juris Rn. 17; Hessischer VGH, Urteil vom 24.11.2020 - 3 A 828/20 -, juris Rn. 17; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 30.09.2021 - 3 S 2595/20 -, juris Rn. 24; a.A. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.05.2015 - 8 S 1386/14 -, juris Rn. 37 f.: Zeitpunkt des Erlasses des Ausübungsbescheides). |
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| | 1. Der Beklagten stand bei Abschluss des Kaufvertrags nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB ein Vorkaufsrecht zu. Denn die unbebauten Grundstücke befinden sich im Außenbereich (vgl. §§ 34, 35 BauGB), im Flächennutzungsplan der Beklagten sind sie als Wohnbauflächen dargestellt. |
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| | 2. Der Bescheid ist formell rechtmäßig. |
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| | a) Dabei fällt die Ausübung von Vorkaufsrechten grundsätzlich in den Zuständigkeitsbereich des Gemeinderats, weil es sich hierbei nicht um ein Geschäft der laufenden Verwaltung handelt. Auch führt das Fehlen einer gemeinderätlichen Beschlussfassung zur Rechtswidrigkeit der Vorkaufsrechtsausübung (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.09.1997 - 5 S 2498/95 -, juris). Nach § 7 Abs. 2 Nr. 4 der Hauptsatzung der beklagten Stadt ist für die Ausübung gesetzlicher Vorkaufsrechte bis zu einem Betrag von 1.500.000,- EUR der Haupt- und Finanzausschuss des Gemeinderats der Beklagten zuständig, der am x den entsprechenden Beschluss gefasst hat. |
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| | b) Die Beklagte hat das Vorkaufsrecht an den Grundstücken innerhalb der Dreimonatsfrist des § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB in der ab dem 23.06.2021 geltenden Fassung (n.F.) durch Verwaltungsakt gegenüber den Verkäufern ausgeübt. Diese Frist setzt die richtige und vollständige Mitteilung des Vertragsinhalts voraus (vgl. BGH, Urteil vom 23.06.2006 - V ZR 17/06 -, juris Rn. 18) und beginnt erst bei Wirksamkeit des Kaufvertrags zu laufen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.08.2020 - 4 B 3.20 -, juris Rn. 5). Ist hierfür nach Abschluss des Kaufvertrages noch ein weiteres Rechtsgeschäft notwendig, beginnt die Frist erst durch Mitteilung, dass dieses Rechtsgeschäft erfolgt ist (vgl. BGH, Beschluss vom 30.06.1994 - III ZR 109/93 -, juris Rn. 4). Damit begann die Frist erst nach der Mitteilung des Notars vom 06.07.2021, dass der Vertrag vom 20.11.2013 (spätestens) am 30.06.2021 wirksam wurde, durch Vorlage der Vertragsurkunde am 30.07.2021 zu laufen, weshalb die mit Bescheid vom 07.10.2021, der den Vertragsparteien ausweislich der Zustellungsurkunden der Deutschen Post AG am 08.10.2021 zugegangen ist, verfügte Ausübung des Vorkaufsrechts rechtzeitig erfolgte. |
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| | c) Der angefochtene Bescheid genügt den Anforderungen an die Begründung, insbesondere durch hinreichende Angabe des Verwendungszwecks (§ 24 Abs. 3 Satz 3 BauGB n.F.). Dem Bescheid ist - aus objektiver Empfängersicht zweifelsfrei - zu entnehmen, dass in dem Gebiet „X“ Wohnbauland entstehen soll und die Grundstücke zeitnah einer Wohnbebauung zugeführt werden sollen. Damit hat die Beklagte einen gesetzlich zulässigen Verwendungszweck genannt. Zudem hat sie in dem Bescheid ausgeführt, mit dem Grundstückserwerb neben der beschleunigten Bereitstellung von Wohnbauland weitere Ziele zu verfolgen. Auch dies genügt der formellen Voraussetzung des § 24 Abs. 3 Satz 3 BauGB n.F.. |
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| | Bei Ausübung eines Flächennutzungsplan-Vorkaufsrechts nach § 24 Abs. 1 Nr. 5 BauGB muss sich die Angabe des Verwendungszwecks auch nicht streng auf das konkrete Grundstück beziehen. Anderenfalls würde das Vorkaufsrecht teilweise leerlaufen, weil die Darstellungen des Flächennutzungsplans regelmäßig nicht parzellenscharf sind und die Bebauungsplanung bei Ausübung des Vorkaufsrechts regelmäßig auch noch keinen entsprechenden Detaillierungsgrad erreicht hat. Deshalb genügt es, wenn das Grundstück zur Verwirklichung der Wohnflächendarstellung im Flächennutzungsplan verwendet werden soll, ohne dass die spezifische Grundstücksnutzung schon feststehen muss (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 25.06.2009 - 5 S 574/08 -, juris Rn. 33). |
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| | Nachdem das besondere Begründungserfordernis des § 24 Abs. 3 Satz 3 BauGB n.F. erfüllt ist, braucht nicht entschieden werden, ob die fehlende oder unvollständige Angabe eines Verwendungszwecks zur Rechtswidrigkeit der Vorkaufsrechtsausübung führt oder es sich um eine bloße Ordnungsvorschrift handelt (so etwa Hessischer VGH, Beschluss vom 17.02.2011 - 4 A 2397/10.Z -, juris Rn. 13 ff. m.w.N.; a.A. VG Karlsruhe, Urteil vom 21.11.2007 - 4 K 1429/07 -, juris Rn. 26 f.; offengelassen von BVerwG, Beschluss vom 15.02.1990 - 4 B 245.89 -, juris Rn. 4). Dahinstehen kann deshalb auch, ob die unzureichende Angabe des Verwendungszwecks gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 2 LVwVfG (analog) nachträglich geheilt werden kann. |
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| | 3. Die Ausübung des Vorkaufsrechts war gemäß § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt. Hierfür genügt es grundsätzlich, wenn der Erwerb der Grundstücke zu den vom Gesetzgeber gebilligten bodenpolitischen, eigentumspolitischen und städtebaulichen Zwecken erfolgt und dabei überwiegende Vorteile für die Allgemeinheit angestrebt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.02.1990 - 4 B 245.89 -, juris Rn. 9; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 30.03.2009 - 8 S 31/08 -, juris Rn. 61). Dies richtet sich stets nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles und unterliegt in vollem Umfang der gerichtlichen Nachprüfung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.02.1990 - 4 B 245.89 -, juris Rn. 3). |
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| | a) Die Beklagte hat das Vorkaufsrecht an den Grundstücken für zulässige Zwecke ausgeübt. Welche Zwecke die Ausübung des Vorkaufsrechts rechtfertigen können, bestimmt sich nach den Zielen, die mit den einzelnen Tatbeständen in § 24 Abs. 1 Satz 1 BauGB verfolgt werden. Mit dem Flächennutzungsplan-Vorkaufsrecht des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB soll die Vorbereitung und Durchführung von Wohnbauvorhaben in Gebieten, die die Gemeinde durch Bebauungspläne entwickeln will, erleichtert werden, um akutem Wohnraummangel begegnen zu können (Bundestags-Drucksache 11/6508, S. 11). Deshalb rechtfertigt das Wohl der Allgemeinheit die Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB nur, wenn damit Flächen für die Errichtung von Wohngebäuden oder für deren infrastrukturelle Ausstattung erworben werden sollen. Dagegen steht das Vorkaufsrecht der Gemeinde nicht als Instrument einer allgemeinen Bodenbevorratung oder zum Erwerb von Grundstücken für gänzlich andere Zwecke zur Verfügung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.01.2010 - 4 B 53.09 -, juris Rn. 5 f.; Bayerischer VGH, Beschluss vom 24.04.2020 - 15 ZB 19.1987 -, juris Rn. 18). |
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| | Nach diesen Maßgaben sind die von der Beklagten angeführten Verwendungszwecke nicht zu beanstanden. Dies gilt zunächst für den Zweck, in dem Gebiet schnell Wohnbaurechte zu schaffen, denn die beschleunigte Wohnbaulandentwicklung war gerade das Ziel der Einführung des Flächennutzungsplan-Vorkaufsrechts nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB (Bundestags-Drucksache 13/6392, S. 33; vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 25.06.2009 - 5 S 574/08 -, juris Rn. 29). Aber auch die weiteren von der Beklagten benannten städtebaulichen und wohnungspolitischen Zwecke wie eine angemessene soziale Durchmischung, ein möglichst hoher Anteil geförderter Wohnungen oder die spezifische Unterbringung von besonderen Bedarfsgruppen sind vom Gesetzgeber ausdrücklich gebilligt (vgl. § 1 Abs. Abs. 6 Nr. 2 und 3 BauGB). Dementsprechend hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg die Schaffung bezahlbaren Wohnraums für breite Schichten der Bevölkerung als legitimen Zweck für die Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB anerkannt (Urteil vom 24.09.2019 - 5 S 1733/17 -, juris Rn. 75). |
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| | b) In zeitlicher Hinsicht ist der durch die Ausübung des Vorverkaufsrechts bewirkte Eingriff in die Privatautonomie nur gerechtfertigt, wenn die Gemeinde alsbald, d.h. in einem überschaubaren Zeitraum, diejenigen (weiteren) Schritte vornimmt, die erforderlich sind, um das städtebauliche Ziel zu verwirklichen, Wohnbauland bereit zu stellen. Im Regelfall wird dies die alsbaldige Aufstellung eines entsprechenden Bebauungsplans gebieten. Allerdings ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass hierfür Verfahrensschritte erforderlich sind, die eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen. Unter Umständen wird bei Ausübung des Vorkaufsrechts bzw. im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung noch gar kein Bebauungsplanverfahren begonnen haben, etwa wenn der Vorkaufsfall die konkrete Planungsabsicht der Gemeinde erst hervorgerufen hat. Aus diesem Grund kann kein für alle entsprechenden Fälle allgemein gültiger Zeitrahmen für die weiteren Planungsschritte der Gemeinde bestimmt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.01.2010 - 4 B 53.09 -, juris Rn. 6 f.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 25.06.2009 - 5 S 574/08 -, juris Rn. 31 f.; Bayerischer VGH, Beschluss vom 24.04.2020 - 15 ZB 19.1987 -, juris Rn. 18). Entscheidend ist deshalb, dass eine im Zusammenhang mit der Ausübung des Vorkaufsrechts von der Gemeinde geäußerte Planungsabsicht in den tatsächlichen Verhältnissen vor Ort zu diesem Zeitpunkt eine nachvollziehbare Grundlage findet (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 03.02.2015 - 15 B 13.100 -, juris Rn. 17). |
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| | Dies ist hier der Fall. Die Beklagte hat sich (spätestens) seit 2013 mit der Entwicklung des noch unbebauten Gebiets „X“ beschäftigt und in den Folgejahren die Mitwirkungsbereitschaft der Grundstückseigentümer abgefragt. Dass sie ihre Planungsabsichten trotz der Weigerung einiger Eigentümer, an der Baulandentwicklung mitzuwirken, allenfalls vorübergehend aufgegeben hat, zeigt ihre Ankündigung im Schreiben an die Klägerin vom 06.06.2019, mit den Grundstückseigentümern erneut das Gespräch zu suchen, sowie das im Jahr 2020 in Auftrag gegebene Verkehrsgutachten, das die verkehrliche Erschließung des Gebiets „X“ untersucht. Dementsprechend ist dem Beschluss des Haushalts- und Finanzausschusses des Gemeinderats der Beklagten vom x die Absicht zu entnehmen, für das Gebiet innerhalb der nächsten fünf bis acht Jahre einen Bebauungsplan aufzustellen. Indem sie im November 2021 einen Bebauungsplanvorentwurf (Leistungsphase 1 nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 HOAI) in Auftrag gegeben hat, hat sie in unmittelbarer zeitlicher Nähe mit der Vorkaufsrechtsausübung einen weiteren Planungsschritt in Angriff genommen, auf dessen Grundlage sie beabsichtigt, im zweiten Halbjahr 2022 einen Bebauungsplanaufstellungsbeschluss zu fassen. Auch diese weitere Entwicklung nach Ausübung des Vorkaufsrechts kann als Beleg dafür herangezogen werden, dass die Beklagte bei Erlass des Bescheids die konkrete Absicht hatte, alsbald die für die Schaffung von Wohnbauland erforderlichen Schritte zu unternehmen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.09.2020 - 4 B 45.19 -, juris Rn. 19). Ohne eine solche Absicht hätte für die Gemeinde kein Grund bestanden, finanzielle Mittel für die Erstellung des Verkehrsgutachtens und den Bebauungsplanvorentwurf aufzuwenden. |
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| | Aus Sicht der Kammer sind damit die zeitlichen Grenzen der Vorkaufsrechtsausübung gewahrt. Insbesondere ist der von der Beklagten genannte Zeithorizont von fünf bis acht Jahren in Anbetracht des gegenwärtigen Planungsstadiums und der beabsichtigten weiteren Verfahrensschritte noch als „alsbald“ im Sinne der Rechtsprechung anzusehen. Denn mit diesem Kriterium soll nur verhindert werden, dass eine Gemeinde die baldige Umsetzung des Verwendungszwecks gar nicht anstrebt, sondern die Grundstücke nur auf Vorrat erwirbt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 25.06.2009 - 5 S 574/08 -, juris Rn. 31). Hiervon zu unterscheiden ist der - vorliegende - Fall, dass eine Gemeinde mit konkreten Planungsabsichten in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Vorkaufsrechtsausübung das Bebauungsplanverfahren einleitet bzw. entsprechende Vorbereitungshandlungen vornimmt, die einzelnen Verfahrensschritte dann aber einige Zeit in Anspruch nehmen. Denn die Überplanung von Außenbereichsflächen ist regelmäßig mit umfangreichen Ermittlungen (insbesondere naturschutzrechtlicher Belange, § 2 Abs. 4 BauGB) verbunden. Hinzu kommt, dass die Bebauungsplanung der Beklagten nach ihren „Baulandpolitischen Grundsätzen“ den Abschluss städtebaulicher Verträge mit den Grundstückseigentümern voraussetzt. Wird die Durchführung des Planungsverfahrens von einer solchen Bedingung abhängig gemacht, lässt dies die erforderliche konkrete Planungsabsicht nicht entfallen. Es liegt auf der Hand, dass dieses - in den Grenzen des § 11 BauGB rechtlich nicht zu beanstandende - Vorgehen einige Zeit in Anspruch nimmt. Die Allgemeinwohlrechtfertigung entfällt nicht dadurch, dass bis zum Satzungsbeschluss zusätzliche Schritte erforderlich sind, die - im Vergleich zu einem reinen Normsetzungsverfahren - längere Zeit in Anspruch nehmen. |
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| | c) Der Einwand der Klägerin, es sei mit Blick auf die Weigerung einiger Grundstückseigentümer, sich an der Baulandentwicklung zu beteiligen, völlig unklar, ob diese überhaupt realisiert werden könne, steht der Rechtfertigung der Vorkaufsrechtsausübung durch das Allgemeinwohl nicht entgegen. |
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| | Zwar wird man nur dann ein Überwiegen der Gemeinwohlbelange annehmen können, wenn für die von der Beklagten verfolgten städtebaulichen Ziele eine hinreichende Realisierungschance besteht. Auch wenn in einem frühen Planungsstadium noch nicht die sichere Erwartung verlangt werden kann, dass der Bebauungsplanentwurf gültiges Ortsrecht wird, darf umgekehrt die Realisierung des öffentlichen Nutzungszwecks nicht gänzlich ausgeschlossen sein (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.04.2011 - 8 A 11405/10 -, juris Rn. 34; VG München, Urteil vom 22.01.2015 - M 11 K 14.1495 -, juris Rn. 22). Hiervon ist aber nicht auszugehen. |
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| | Denn die Aufstellung eines Bebauungsplans ist grundsätzlich ohne Einverständnis der jeweiligen Grundstückseigentümer möglich, weshalb die Weigerung einzelner Eigentümer, an der Baulandentwicklung mitzuwirken, die Schaffung von Wohnbaurechten nicht ausschließt. Auch das - ihren „Baulandpolitischen Grundsätzen“ entsprechend - beabsichtigte Vorgehen der Beklagten, die Offenlage des Bebauungsplans erst nach Abschluss städtebaulicher Verträge mit allen Eigentümern im Plangebiet durchzuführen, schließt die Realisierbarkeit der von ihr verfolgten Zwecke nicht aus. Denn erstens hat die Beklagte nachvollziehbar dargelegt, dass es in einem anderen Gebiet trotz anfänglicher Widerstände zu einer kooperativen Baulandentwicklung gekommen ist. Zweitens hat sie zurecht darauf verwiesen, dass ihr städtebaurechtliche Instrumente zur Verfügung stehen, um ihre „Baulandpolitischen Grundsätze“ auch gegen den Willen der Planbetroffenen durchzusetzen. Drittens hat es die Beklagte selbst in der Hand, zugunsten schneller Baurechte von ihren „Baulandpolitischen Grundsätzen“ abzuweichen und einen Bebauungsplan ohne vorherigen Abschluss städtebaulicher Verträge aufzustellen. |
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| | d) Der Ausübung des Vorkaufsrechts steht schließlich nicht entgegen, dass die Klägerin erklärt hat, auf den Kaufgrundstücken selbst baldmöglichst Wohnungen zu errichten und dabei die von der Beklagten geforderte Quote geförderten Wohnraums zu schaffen. |
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| | Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht - worauf die Klägerin zu Recht hinweist - ausgeführt, dass (u.a.) aus der Befugnis des Käufers, gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 BauGB das Vorkaufsrecht abzuwenden, wenn er in der Lage ist, das Grundstück binnen angemessener Frist nach den baurechtlichen Vorschriften zu nutzen, folgt, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht gerechtfertigt ist, wenn das städtebauliche Ziel auch unter Mitwirkung eines bauwilligen Grundstückseigentümers erreicht werden kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.01.2010 - 4 B 53.09 -, juris Rn. 7). |
|
| | Damit werden aber keine über die Voraussetzungen der Abwendungsbefugnis nach § 27 Abs. 1 Satz 1 BauGB hinausgehenden Anforderungen an die Allgemeinwohlrechtfertigung aufgestellt, sondern es wird lediglich auf den normativen Zusammenhang hingewiesen, dass bei Bestehen einer Abwendungsbefugnis und Ausübung dieses Rechts durch den Käufer kein Überwiegen der Allgemeinwohlbelange angenommen werden kann. In jedem Fall schließt die Mitwirkungsbereitschaft des Käufers die Ausübung des Vorkaufsrechts nur aus, wenn die städtebaulichen „Ziele und Zwecke bestimmt oder mit ausreichender Sicherheit bestimmbar“ sind (vgl. § 27 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BauGB); nur dann lässt sich überhaupt feststellen, ob sie auch unter seiner Mitwirkung erreicht werden können. Dabei müssen alle von der Gemeinde angestrebten Ziele und Zwecke ebenso gut durch den Käufer verwirklicht werden können. Zudem entfällt die Allgemeinwohlrechtfertigung nur, wenn sich der Käufer hierzu rechtswirksam verpflichtet (vgl. § 27 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 BauGB); durch eine bloße Absichtserklärung, eine allgemein darauf ausgerichtete wirtschaftliche Tätigkeit oder ein entsprechendes früheres Verhalten des Käufers ist die Verwirklichung der Ziele und Zwecke der Gemeinde nicht in gleicher Weise abgesichert. An alldem fehlt es hier. |
|
| | Die Planungen der Beklagten sind bis heute noch nicht in einer Weise konkretisiert, dass für die Grundstücke eine bestimmte künftige Nutzung bereits sicher feststeht. In dieser Situation besteht in der Regel keine Abwendungsbefugnis nach § 27 Abs. 1 BauGB, weil es an einem Ansatzpunkt für eine rechtsgeschäftliche Bindung des Käufers fehlt (vgl. Kronisch, in: Brügelmann, Kommentar zum BauGB, 105. Lieferung Januar 2018, § 27 Rn. 21; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 144. Lieferung Oktober 2021, § 27 Rn. 21). Dementsprechend hätte sich die Klägerin bei Ausübung des Vorkaufsrechts - bzw. innerhalb der Dreimonatsfrist des § 27 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB n.F. - mangels bestimmbarer, hinreichend gesicherter Festsetzungen nicht zu einer bestimmten Grundstücksnutzung verpflichten können. |
|
| | Auch die von der Beklagten angestrebten sozialen Ziele hätten nicht ebenso gut unter Mitwirkung der Klägerin erreicht werden können, weil etwa bei einer vertraglichen Vereinbarung einer bestimmten, hohen Quote geförderten und barrierefreien Wohnraums deren Verwirklichung wegen der bei Ausübung des Vorkaufsrechts noch unklaren planerischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auch mit Blick auf das Angemessenheitsgebot des § 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB nicht in gleicher Weise gesichert wäre. Dass die Ziele der Beklagten ebenso gut durch Vereinbarung abstrakter Grundsätze hätten erreicht werden können, ist für die Kammer nicht feststellbar. |
|
| | Im Übrigen hat die Klägerin die Grundstücke Flst.-Nrn. x und x am 28.06.2021 an Dritte weiterverkauft, weshalb die Verwirklichung der städtebaulichen Ziele der Beklagten durch die Klägerin auf diesen Grundstücken womöglich rechtlich ausgeschlossen, jedenfalls aber nicht beabsichtigt war. |
|
| | 4. Die Beklagte hat das ihr bei Ausübung des Vorkaufsrechts zustehende Ermessen (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 20.01.2015 - 2 ZB 14.887 -, juris Rn. 3; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 11.03.2010 - 2 L 110/08 -, juris) in rechtsfehlerfreier Weise ausgeübt. Übt die Gemeinde ihr Vorkaufsrecht aus, prüft das Gericht insoweit, ob sie die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten hat oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist, § 114 Satz 1 VwGO. Dabei kann die Gemeinde nach § 114 Satz 2 VwGO ihre Ermessenserwägungen auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen. |
|
| | Während der Begriff des Wohls der Allgemeinheit sich in erster Linie auf das jeweilige städtebauliche Ziel bezieht, ist den Belangen des Betroffenen hingegen auf Ermessensebene Rechnung zu tragen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.04.1993 - 4 B 31.93 - juris Rn. 38; Beschluss vom 25.01.2010 - 4 B 53.09 -, juris Rn. 7). Eine ordnungsgemäße Ermessensentscheidung bei Ausübung eines Vorkaufsrechts setzt voraus, dass nicht nur einzelne Entscheidungsgesichtspunkte ermittelt und dargestellt werden, sondern auch eine Gewichtung oder Abwägung des „Für und Wider“ der sich gegenüberstehenden öffentlichen und privaten Belange erkennbar ist oder andere Alternativen im Rahmen des Ermessensspielraums diskutiert werden (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 22.01.2016 - 9 ZB 15.2027 -, juris). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber mit der Schaffung des Vorkaufsrechts und der Koppelung an Allgemeinwohlbelange eine Vorrangentscheidung getroffen hat, nach der auf Rechtsfolgenseite eine Ermessensentscheidung zu Gunsten der Vorkaufsrechtsausübung intendiert ist (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 03.04.2018 - 15 ZB 17.318 -, juris Rn. 31 m.w.N.). |
|
| | Dies zugrunde gelegt sind keine Ermessensfehler feststellbar. Die Beklagte hat erkannt, dass ihr bei Ausübung des Vorkaufsrechts Ermessen zusteht, und bei ihrer Entscheidung alle maßgeblichen Gesichtspunkte berücksichtigt. Dass die Beklagte die Ausübung des Vorkaufsrechts auch damit begründet hat, dass die Erhöhung des kommunalen Eigentumsanteils potentielle Nutzungskonflikte im Bebauungsplanverfahren verringert, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Denn die Vereinfachung der gemeindlichen Wohnbaulandentwicklung durch den Grundstückserwerb ist gerade Sinn und Zweck des Flächennutzungsplan-Vorkaufsrechts. Zwar ist die Vereinfachung des Umlegungsverfahrens allein kein ausreichender Grund für die Ausübung des Vorkaufsrechts; die Beklagte hat diesen Aspekt aber allenfalls ergänzend angeführt und ihre Entscheidung maßgeblich mit den angestrebten städtebaulichen Zielen begründet. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat ausweislich der Bandabschrift der Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses ihres Gemeinderats vom 27.09.2021 auch berücksichtigt, dass die Klägerin die Grundstücke für ihre wirtschaftliche Tätigkeit als Bauträgerin erwerben wollte. Besonders schutzwürdige Belange der Klägerin, die so stark zu gewichten wären, dass sie sich gegenüber dem Gemeinwohl zwingend durchsetzen müssten, ergeben sich hieraus allerdings nicht. |
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| |
| | Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG (in Anlehnung an Nr. 9.6.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013) endgültig auf 84.362,50 EUR festgesetzt. |
|
| | Die als Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthafte und auch sonst zulässige Klage (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 25.06.2009 - 5 S 574/08 -, juris Rn. 20) ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 07.10.2021 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit ist dabei auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abzustellen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.09.2020 - 4 B 45.19 -, juris Rn. 19; Bayerischer VGH, Beschluss vom 24.04.2020 - 15 ZB 19.1987 -, juris Rn. 17; Hessischer VGH, Urteil vom 24.11.2020 - 3 A 828/20 -, juris Rn. 17; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 30.09.2021 - 3 S 2595/20 -, juris Rn. 24; a.A. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.05.2015 - 8 S 1386/14 -, juris Rn. 37 f.: Zeitpunkt des Erlasses des Ausübungsbescheides). |
|
| | 1. Der Beklagten stand bei Abschluss des Kaufvertrags nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB ein Vorkaufsrecht zu. Denn die unbebauten Grundstücke befinden sich im Außenbereich (vgl. §§ 34, 35 BauGB), im Flächennutzungsplan der Beklagten sind sie als Wohnbauflächen dargestellt. |
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| | 2. Der Bescheid ist formell rechtmäßig. |
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| | a) Dabei fällt die Ausübung von Vorkaufsrechten grundsätzlich in den Zuständigkeitsbereich des Gemeinderats, weil es sich hierbei nicht um ein Geschäft der laufenden Verwaltung handelt. Auch führt das Fehlen einer gemeinderätlichen Beschlussfassung zur Rechtswidrigkeit der Vorkaufsrechtsausübung (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.09.1997 - 5 S 2498/95 -, juris). Nach § 7 Abs. 2 Nr. 4 der Hauptsatzung der beklagten Stadt ist für die Ausübung gesetzlicher Vorkaufsrechte bis zu einem Betrag von 1.500.000,- EUR der Haupt- und Finanzausschuss des Gemeinderats der Beklagten zuständig, der am x den entsprechenden Beschluss gefasst hat. |
|
| | b) Die Beklagte hat das Vorkaufsrecht an den Grundstücken innerhalb der Dreimonatsfrist des § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB in der ab dem 23.06.2021 geltenden Fassung (n.F.) durch Verwaltungsakt gegenüber den Verkäufern ausgeübt. Diese Frist setzt die richtige und vollständige Mitteilung des Vertragsinhalts voraus (vgl. BGH, Urteil vom 23.06.2006 - V ZR 17/06 -, juris Rn. 18) und beginnt erst bei Wirksamkeit des Kaufvertrags zu laufen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.08.2020 - 4 B 3.20 -, juris Rn. 5). Ist hierfür nach Abschluss des Kaufvertrages noch ein weiteres Rechtsgeschäft notwendig, beginnt die Frist erst durch Mitteilung, dass dieses Rechtsgeschäft erfolgt ist (vgl. BGH, Beschluss vom 30.06.1994 - III ZR 109/93 -, juris Rn. 4). Damit begann die Frist erst nach der Mitteilung des Notars vom 06.07.2021, dass der Vertrag vom 20.11.2013 (spätestens) am 30.06.2021 wirksam wurde, durch Vorlage der Vertragsurkunde am 30.07.2021 zu laufen, weshalb die mit Bescheid vom 07.10.2021, der den Vertragsparteien ausweislich der Zustellungsurkunden der Deutschen Post AG am 08.10.2021 zugegangen ist, verfügte Ausübung des Vorkaufsrechts rechtzeitig erfolgte. |
|
| | c) Der angefochtene Bescheid genügt den Anforderungen an die Begründung, insbesondere durch hinreichende Angabe des Verwendungszwecks (§ 24 Abs. 3 Satz 3 BauGB n.F.). Dem Bescheid ist - aus objektiver Empfängersicht zweifelsfrei - zu entnehmen, dass in dem Gebiet „X“ Wohnbauland entstehen soll und die Grundstücke zeitnah einer Wohnbebauung zugeführt werden sollen. Damit hat die Beklagte einen gesetzlich zulässigen Verwendungszweck genannt. Zudem hat sie in dem Bescheid ausgeführt, mit dem Grundstückserwerb neben der beschleunigten Bereitstellung von Wohnbauland weitere Ziele zu verfolgen. Auch dies genügt der formellen Voraussetzung des § 24 Abs. 3 Satz 3 BauGB n.F.. |
|
| | Bei Ausübung eines Flächennutzungsplan-Vorkaufsrechts nach § 24 Abs. 1 Nr. 5 BauGB muss sich die Angabe des Verwendungszwecks auch nicht streng auf das konkrete Grundstück beziehen. Anderenfalls würde das Vorkaufsrecht teilweise leerlaufen, weil die Darstellungen des Flächennutzungsplans regelmäßig nicht parzellenscharf sind und die Bebauungsplanung bei Ausübung des Vorkaufsrechts regelmäßig auch noch keinen entsprechenden Detaillierungsgrad erreicht hat. Deshalb genügt es, wenn das Grundstück zur Verwirklichung der Wohnflächendarstellung im Flächennutzungsplan verwendet werden soll, ohne dass die spezifische Grundstücksnutzung schon feststehen muss (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 25.06.2009 - 5 S 574/08 -, juris Rn. 33). |
|
| | Nachdem das besondere Begründungserfordernis des § 24 Abs. 3 Satz 3 BauGB n.F. erfüllt ist, braucht nicht entschieden werden, ob die fehlende oder unvollständige Angabe eines Verwendungszwecks zur Rechtswidrigkeit der Vorkaufsrechtsausübung führt oder es sich um eine bloße Ordnungsvorschrift handelt (so etwa Hessischer VGH, Beschluss vom 17.02.2011 - 4 A 2397/10.Z -, juris Rn. 13 ff. m.w.N.; a.A. VG Karlsruhe, Urteil vom 21.11.2007 - 4 K 1429/07 -, juris Rn. 26 f.; offengelassen von BVerwG, Beschluss vom 15.02.1990 - 4 B 245.89 -, juris Rn. 4). Dahinstehen kann deshalb auch, ob die unzureichende Angabe des Verwendungszwecks gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 2 LVwVfG (analog) nachträglich geheilt werden kann. |
|
| | 3. Die Ausübung des Vorkaufsrechts war gemäß § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt. Hierfür genügt es grundsätzlich, wenn der Erwerb der Grundstücke zu den vom Gesetzgeber gebilligten bodenpolitischen, eigentumspolitischen und städtebaulichen Zwecken erfolgt und dabei überwiegende Vorteile für die Allgemeinheit angestrebt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.02.1990 - 4 B 245.89 -, juris Rn. 9; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 30.03.2009 - 8 S 31/08 -, juris Rn. 61). Dies richtet sich stets nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles und unterliegt in vollem Umfang der gerichtlichen Nachprüfung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.02.1990 - 4 B 245.89 -, juris Rn. 3). |
|
| | a) Die Beklagte hat das Vorkaufsrecht an den Grundstücken für zulässige Zwecke ausgeübt. Welche Zwecke die Ausübung des Vorkaufsrechts rechtfertigen können, bestimmt sich nach den Zielen, die mit den einzelnen Tatbeständen in § 24 Abs. 1 Satz 1 BauGB verfolgt werden. Mit dem Flächennutzungsplan-Vorkaufsrecht des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB soll die Vorbereitung und Durchführung von Wohnbauvorhaben in Gebieten, die die Gemeinde durch Bebauungspläne entwickeln will, erleichtert werden, um akutem Wohnraummangel begegnen zu können (Bundestags-Drucksache 11/6508, S. 11). Deshalb rechtfertigt das Wohl der Allgemeinheit die Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB nur, wenn damit Flächen für die Errichtung von Wohngebäuden oder für deren infrastrukturelle Ausstattung erworben werden sollen. Dagegen steht das Vorkaufsrecht der Gemeinde nicht als Instrument einer allgemeinen Bodenbevorratung oder zum Erwerb von Grundstücken für gänzlich andere Zwecke zur Verfügung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.01.2010 - 4 B 53.09 -, juris Rn. 5 f.; Bayerischer VGH, Beschluss vom 24.04.2020 - 15 ZB 19.1987 -, juris Rn. 18). |
|
| | Nach diesen Maßgaben sind die von der Beklagten angeführten Verwendungszwecke nicht zu beanstanden. Dies gilt zunächst für den Zweck, in dem Gebiet schnell Wohnbaurechte zu schaffen, denn die beschleunigte Wohnbaulandentwicklung war gerade das Ziel der Einführung des Flächennutzungsplan-Vorkaufsrechts nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB (Bundestags-Drucksache 13/6392, S. 33; vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 25.06.2009 - 5 S 574/08 -, juris Rn. 29). Aber auch die weiteren von der Beklagten benannten städtebaulichen und wohnungspolitischen Zwecke wie eine angemessene soziale Durchmischung, ein möglichst hoher Anteil geförderter Wohnungen oder die spezifische Unterbringung von besonderen Bedarfsgruppen sind vom Gesetzgeber ausdrücklich gebilligt (vgl. § 1 Abs. Abs. 6 Nr. 2 und 3 BauGB). Dementsprechend hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg die Schaffung bezahlbaren Wohnraums für breite Schichten der Bevölkerung als legitimen Zweck für die Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB anerkannt (Urteil vom 24.09.2019 - 5 S 1733/17 -, juris Rn. 75). |
|
| | b) In zeitlicher Hinsicht ist der durch die Ausübung des Vorverkaufsrechts bewirkte Eingriff in die Privatautonomie nur gerechtfertigt, wenn die Gemeinde alsbald, d.h. in einem überschaubaren Zeitraum, diejenigen (weiteren) Schritte vornimmt, die erforderlich sind, um das städtebauliche Ziel zu verwirklichen, Wohnbauland bereit zu stellen. Im Regelfall wird dies die alsbaldige Aufstellung eines entsprechenden Bebauungsplans gebieten. Allerdings ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass hierfür Verfahrensschritte erforderlich sind, die eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen. Unter Umständen wird bei Ausübung des Vorkaufsrechts bzw. im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung noch gar kein Bebauungsplanverfahren begonnen haben, etwa wenn der Vorkaufsfall die konkrete Planungsabsicht der Gemeinde erst hervorgerufen hat. Aus diesem Grund kann kein für alle entsprechenden Fälle allgemein gültiger Zeitrahmen für die weiteren Planungsschritte der Gemeinde bestimmt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.01.2010 - 4 B 53.09 -, juris Rn. 6 f.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 25.06.2009 - 5 S 574/08 -, juris Rn. 31 f.; Bayerischer VGH, Beschluss vom 24.04.2020 - 15 ZB 19.1987 -, juris Rn. 18). Entscheidend ist deshalb, dass eine im Zusammenhang mit der Ausübung des Vorkaufsrechts von der Gemeinde geäußerte Planungsabsicht in den tatsächlichen Verhältnissen vor Ort zu diesem Zeitpunkt eine nachvollziehbare Grundlage findet (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 03.02.2015 - 15 B 13.100 -, juris Rn. 17). |
|
| | Dies ist hier der Fall. Die Beklagte hat sich (spätestens) seit 2013 mit der Entwicklung des noch unbebauten Gebiets „X“ beschäftigt und in den Folgejahren die Mitwirkungsbereitschaft der Grundstückseigentümer abgefragt. Dass sie ihre Planungsabsichten trotz der Weigerung einiger Eigentümer, an der Baulandentwicklung mitzuwirken, allenfalls vorübergehend aufgegeben hat, zeigt ihre Ankündigung im Schreiben an die Klägerin vom 06.06.2019, mit den Grundstückseigentümern erneut das Gespräch zu suchen, sowie das im Jahr 2020 in Auftrag gegebene Verkehrsgutachten, das die verkehrliche Erschließung des Gebiets „X“ untersucht. Dementsprechend ist dem Beschluss des Haushalts- und Finanzausschusses des Gemeinderats der Beklagten vom x die Absicht zu entnehmen, für das Gebiet innerhalb der nächsten fünf bis acht Jahre einen Bebauungsplan aufzustellen. Indem sie im November 2021 einen Bebauungsplanvorentwurf (Leistungsphase 1 nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 HOAI) in Auftrag gegeben hat, hat sie in unmittelbarer zeitlicher Nähe mit der Vorkaufsrechtsausübung einen weiteren Planungsschritt in Angriff genommen, auf dessen Grundlage sie beabsichtigt, im zweiten Halbjahr 2022 einen Bebauungsplanaufstellungsbeschluss zu fassen. Auch diese weitere Entwicklung nach Ausübung des Vorkaufsrechts kann als Beleg dafür herangezogen werden, dass die Beklagte bei Erlass des Bescheids die konkrete Absicht hatte, alsbald die für die Schaffung von Wohnbauland erforderlichen Schritte zu unternehmen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.09.2020 - 4 B 45.19 -, juris Rn. 19). Ohne eine solche Absicht hätte für die Gemeinde kein Grund bestanden, finanzielle Mittel für die Erstellung des Verkehrsgutachtens und den Bebauungsplanvorentwurf aufzuwenden. |
|
| | Aus Sicht der Kammer sind damit die zeitlichen Grenzen der Vorkaufsrechtsausübung gewahrt. Insbesondere ist der von der Beklagten genannte Zeithorizont von fünf bis acht Jahren in Anbetracht des gegenwärtigen Planungsstadiums und der beabsichtigten weiteren Verfahrensschritte noch als „alsbald“ im Sinne der Rechtsprechung anzusehen. Denn mit diesem Kriterium soll nur verhindert werden, dass eine Gemeinde die baldige Umsetzung des Verwendungszwecks gar nicht anstrebt, sondern die Grundstücke nur auf Vorrat erwirbt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 25.06.2009 - 5 S 574/08 -, juris Rn. 31). Hiervon zu unterscheiden ist der - vorliegende - Fall, dass eine Gemeinde mit konkreten Planungsabsichten in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Vorkaufsrechtsausübung das Bebauungsplanverfahren einleitet bzw. entsprechende Vorbereitungshandlungen vornimmt, die einzelnen Verfahrensschritte dann aber einige Zeit in Anspruch nehmen. Denn die Überplanung von Außenbereichsflächen ist regelmäßig mit umfangreichen Ermittlungen (insbesondere naturschutzrechtlicher Belange, § 2 Abs. 4 BauGB) verbunden. Hinzu kommt, dass die Bebauungsplanung der Beklagten nach ihren „Baulandpolitischen Grundsätzen“ den Abschluss städtebaulicher Verträge mit den Grundstückseigentümern voraussetzt. Wird die Durchführung des Planungsverfahrens von einer solchen Bedingung abhängig gemacht, lässt dies die erforderliche konkrete Planungsabsicht nicht entfallen. Es liegt auf der Hand, dass dieses - in den Grenzen des § 11 BauGB rechtlich nicht zu beanstandende - Vorgehen einige Zeit in Anspruch nimmt. Die Allgemeinwohlrechtfertigung entfällt nicht dadurch, dass bis zum Satzungsbeschluss zusätzliche Schritte erforderlich sind, die - im Vergleich zu einem reinen Normsetzungsverfahren - längere Zeit in Anspruch nehmen. |
|
| | c) Der Einwand der Klägerin, es sei mit Blick auf die Weigerung einiger Grundstückseigentümer, sich an der Baulandentwicklung zu beteiligen, völlig unklar, ob diese überhaupt realisiert werden könne, steht der Rechtfertigung der Vorkaufsrechtsausübung durch das Allgemeinwohl nicht entgegen. |
|
| | Zwar wird man nur dann ein Überwiegen der Gemeinwohlbelange annehmen können, wenn für die von der Beklagten verfolgten städtebaulichen Ziele eine hinreichende Realisierungschance besteht. Auch wenn in einem frühen Planungsstadium noch nicht die sichere Erwartung verlangt werden kann, dass der Bebauungsplanentwurf gültiges Ortsrecht wird, darf umgekehrt die Realisierung des öffentlichen Nutzungszwecks nicht gänzlich ausgeschlossen sein (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.04.2011 - 8 A 11405/10 -, juris Rn. 34; VG München, Urteil vom 22.01.2015 - M 11 K 14.1495 -, juris Rn. 22). Hiervon ist aber nicht auszugehen. |
|
| | Denn die Aufstellung eines Bebauungsplans ist grundsätzlich ohne Einverständnis der jeweiligen Grundstückseigentümer möglich, weshalb die Weigerung einzelner Eigentümer, an der Baulandentwicklung mitzuwirken, die Schaffung von Wohnbaurechten nicht ausschließt. Auch das - ihren „Baulandpolitischen Grundsätzen“ entsprechend - beabsichtigte Vorgehen der Beklagten, die Offenlage des Bebauungsplans erst nach Abschluss städtebaulicher Verträge mit allen Eigentümern im Plangebiet durchzuführen, schließt die Realisierbarkeit der von ihr verfolgten Zwecke nicht aus. Denn erstens hat die Beklagte nachvollziehbar dargelegt, dass es in einem anderen Gebiet trotz anfänglicher Widerstände zu einer kooperativen Baulandentwicklung gekommen ist. Zweitens hat sie zurecht darauf verwiesen, dass ihr städtebaurechtliche Instrumente zur Verfügung stehen, um ihre „Baulandpolitischen Grundsätze“ auch gegen den Willen der Planbetroffenen durchzusetzen. Drittens hat es die Beklagte selbst in der Hand, zugunsten schneller Baurechte von ihren „Baulandpolitischen Grundsätzen“ abzuweichen und einen Bebauungsplan ohne vorherigen Abschluss städtebaulicher Verträge aufzustellen. |
|
| | d) Der Ausübung des Vorkaufsrechts steht schließlich nicht entgegen, dass die Klägerin erklärt hat, auf den Kaufgrundstücken selbst baldmöglichst Wohnungen zu errichten und dabei die von der Beklagten geforderte Quote geförderten Wohnraums zu schaffen. |
|
| | Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht - worauf die Klägerin zu Recht hinweist - ausgeführt, dass (u.a.) aus der Befugnis des Käufers, gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 BauGB das Vorkaufsrecht abzuwenden, wenn er in der Lage ist, das Grundstück binnen angemessener Frist nach den baurechtlichen Vorschriften zu nutzen, folgt, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht gerechtfertigt ist, wenn das städtebauliche Ziel auch unter Mitwirkung eines bauwilligen Grundstückseigentümers erreicht werden kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.01.2010 - 4 B 53.09 -, juris Rn. 7). |
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| | Damit werden aber keine über die Voraussetzungen der Abwendungsbefugnis nach § 27 Abs. 1 Satz 1 BauGB hinausgehenden Anforderungen an die Allgemeinwohlrechtfertigung aufgestellt, sondern es wird lediglich auf den normativen Zusammenhang hingewiesen, dass bei Bestehen einer Abwendungsbefugnis und Ausübung dieses Rechts durch den Käufer kein Überwiegen der Allgemeinwohlbelange angenommen werden kann. In jedem Fall schließt die Mitwirkungsbereitschaft des Käufers die Ausübung des Vorkaufsrechts nur aus, wenn die städtebaulichen „Ziele und Zwecke bestimmt oder mit ausreichender Sicherheit bestimmbar“ sind (vgl. § 27 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BauGB); nur dann lässt sich überhaupt feststellen, ob sie auch unter seiner Mitwirkung erreicht werden können. Dabei müssen alle von der Gemeinde angestrebten Ziele und Zwecke ebenso gut durch den Käufer verwirklicht werden können. Zudem entfällt die Allgemeinwohlrechtfertigung nur, wenn sich der Käufer hierzu rechtswirksam verpflichtet (vgl. § 27 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 BauGB); durch eine bloße Absichtserklärung, eine allgemein darauf ausgerichtete wirtschaftliche Tätigkeit oder ein entsprechendes früheres Verhalten des Käufers ist die Verwirklichung der Ziele und Zwecke der Gemeinde nicht in gleicher Weise abgesichert. An alldem fehlt es hier. |
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| | Die Planungen der Beklagten sind bis heute noch nicht in einer Weise konkretisiert, dass für die Grundstücke eine bestimmte künftige Nutzung bereits sicher feststeht. In dieser Situation besteht in der Regel keine Abwendungsbefugnis nach § 27 Abs. 1 BauGB, weil es an einem Ansatzpunkt für eine rechtsgeschäftliche Bindung des Käufers fehlt (vgl. Kronisch, in: Brügelmann, Kommentar zum BauGB, 105. Lieferung Januar 2018, § 27 Rn. 21; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 144. Lieferung Oktober 2021, § 27 Rn. 21). Dementsprechend hätte sich die Klägerin bei Ausübung des Vorkaufsrechts - bzw. innerhalb der Dreimonatsfrist des § 27 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB n.F. - mangels bestimmbarer, hinreichend gesicherter Festsetzungen nicht zu einer bestimmten Grundstücksnutzung verpflichten können. |
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| | Auch die von der Beklagten angestrebten sozialen Ziele hätten nicht ebenso gut unter Mitwirkung der Klägerin erreicht werden können, weil etwa bei einer vertraglichen Vereinbarung einer bestimmten, hohen Quote geförderten und barrierefreien Wohnraums deren Verwirklichung wegen der bei Ausübung des Vorkaufsrechts noch unklaren planerischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auch mit Blick auf das Angemessenheitsgebot des § 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB nicht in gleicher Weise gesichert wäre. Dass die Ziele der Beklagten ebenso gut durch Vereinbarung abstrakter Grundsätze hätten erreicht werden können, ist für die Kammer nicht feststellbar. |
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| | Im Übrigen hat die Klägerin die Grundstücke Flst.-Nrn. x und x am 28.06.2021 an Dritte weiterverkauft, weshalb die Verwirklichung der städtebaulichen Ziele der Beklagten durch die Klägerin auf diesen Grundstücken womöglich rechtlich ausgeschlossen, jedenfalls aber nicht beabsichtigt war. |
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| | 4. Die Beklagte hat das ihr bei Ausübung des Vorkaufsrechts zustehende Ermessen (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 20.01.2015 - 2 ZB 14.887 -, juris Rn. 3; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 11.03.2010 - 2 L 110/08 -, juris) in rechtsfehlerfreier Weise ausgeübt. Übt die Gemeinde ihr Vorkaufsrecht aus, prüft das Gericht insoweit, ob sie die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten hat oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist, § 114 Satz 1 VwGO. Dabei kann die Gemeinde nach § 114 Satz 2 VwGO ihre Ermessenserwägungen auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen. |
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| | Während der Begriff des Wohls der Allgemeinheit sich in erster Linie auf das jeweilige städtebauliche Ziel bezieht, ist den Belangen des Betroffenen hingegen auf Ermessensebene Rechnung zu tragen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.04.1993 - 4 B 31.93 - juris Rn. 38; Beschluss vom 25.01.2010 - 4 B 53.09 -, juris Rn. 7). Eine ordnungsgemäße Ermessensentscheidung bei Ausübung eines Vorkaufsrechts setzt voraus, dass nicht nur einzelne Entscheidungsgesichtspunkte ermittelt und dargestellt werden, sondern auch eine Gewichtung oder Abwägung des „Für und Wider“ der sich gegenüberstehenden öffentlichen und privaten Belange erkennbar ist oder andere Alternativen im Rahmen des Ermessensspielraums diskutiert werden (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 22.01.2016 - 9 ZB 15.2027 -, juris). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber mit der Schaffung des Vorkaufsrechts und der Koppelung an Allgemeinwohlbelange eine Vorrangentscheidung getroffen hat, nach der auf Rechtsfolgenseite eine Ermessensentscheidung zu Gunsten der Vorkaufsrechtsausübung intendiert ist (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 03.04.2018 - 15 ZB 17.318 -, juris Rn. 31 m.w.N.). |
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| | Dies zugrunde gelegt sind keine Ermessensfehler feststellbar. Die Beklagte hat erkannt, dass ihr bei Ausübung des Vorkaufsrechts Ermessen zusteht, und bei ihrer Entscheidung alle maßgeblichen Gesichtspunkte berücksichtigt. Dass die Beklagte die Ausübung des Vorkaufsrechts auch damit begründet hat, dass die Erhöhung des kommunalen Eigentumsanteils potentielle Nutzungskonflikte im Bebauungsplanverfahren verringert, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Denn die Vereinfachung der gemeindlichen Wohnbaulandentwicklung durch den Grundstückserwerb ist gerade Sinn und Zweck des Flächennutzungsplan-Vorkaufsrechts. Zwar ist die Vereinfachung des Umlegungsverfahrens allein kein ausreichender Grund für die Ausübung des Vorkaufsrechts; die Beklagte hat diesen Aspekt aber allenfalls ergänzend angeführt und ihre Entscheidung maßgeblich mit den angestrebten städtebaulichen Zielen begründet. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat ausweislich der Bandabschrift der Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses ihres Gemeinderats vom 27.09.2021 auch berücksichtigt, dass die Klägerin die Grundstücke für ihre wirtschaftliche Tätigkeit als Bauträgerin erwerben wollte. Besonders schutzwürdige Belange der Klägerin, die so stark zu gewichten wären, dass sie sich gegenüber dem Gemeinwohl zwingend durchsetzen müssten, ergeben sich hieraus allerdings nicht. |
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| | Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG (in Anlehnung an Nr. 9.6.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013) endgültig auf 84.362,50 EUR festgesetzt. |
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