Urteil vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen - 9 K 5432/16
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
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Tatbestand:
2Der Kläger betreibt ein Tiefbauunternehmen. Er wurde von dem Bau- und Liegenschaftsbetrieb O. (C. ) beauftragt, eine Baustelleneinrichtungsfläche auf dem Campus der Universität E. -F. , Standort F. , aufzuschottern. Hierzu nutzte der Kläger Recyclingmaterial, welches er von der I. Entsorgung GmbH, B. T. , F. , bezog.
3Im Juni 2016 führten Mitarbeiter der T1. GmbH im Zuge einer Begehung der Baustelle eine Beprobung des vom Kläger verwendeten Materials durch. Dabei wurde festgestellt, dass das Recyclingmaterial Asbestzementbruchstücke mit einem Anteil von bis zu 15 % Asbest enthielt. Der Anteil der Asbestzementbruchstücke im Recyclingmaterial lag nach gutachterlicher Schätzung bei unter 0,1 %. Dieser Befund wurde sodann im Juli 2016 durch ein weiteres Gutachten der C1. - & Q. S. GmbH bestätigt.
4Mit Bescheid vom ordnete die Beklagte an:
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1. Die auf dem Grundstück H. G. . , Flur , Flurstücke abgelagerten Massen (siehe beiliegenden Lageplan) ordnungsgemäß und schadlos zu entsorgen.Die auf dem im beiliegenden Lageplan grün eingezeichneten Flächen lagernden Massen sind innerhalb von vier Wochen nach Bestandskraft der Ordnungsverfügung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Entsorgung zuzuführen.Die in den rot gekennzeichneten Flächen lagernden Materialien sind unmittelbar nach Abschluss der Baumaßnahme (ca. III. Quartal 2018) auszubauen und ordnungsgemäß und schadlos zu entsorgen.Bis zum Ende der Baumaßnahme sind diese freiliegenden Oberflächen mit einem Geotextil und mit einer Schotter- oder RC-Schicht abzudecken.Die bituminösen Wegflächen verbleiben bis zum Ende der Baumaßnahme und werden dann abgetragen. Die Randflächen der Wege sind um 10 cm abzutragen und mit Schotter, schadstofffreiem RC-Material o.ä. aufzufüllen.
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2. Die Nachweise über die ordnungsgemäße Entsorgung sind der Beklagten in Form von Begleitscheinen, Übernahmescheinen, Rechnungen, Lieferscheinen, Wiegescheinen o.ä. innerhalb einer Woche nach der erfolgten ordnungsgemäßen Entsorgung vorzulegen.
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3. Für den Fall, dass der Kläger der Anordnung der Beklagten zu Punkt 1 oder 2 nicht, nicht vollständig oder nicht fristgerecht nachkommt, wird ein Zwangsgeld i.H.v. 10.000,00 € angedroht.
Zur Begründung führte die Beklagte aus: Der C. (Bauherr) habe ihr am 16. Juni 2016 mitgeteilt, dass bei einer Maßnahme an der Universität E. /G. . am Standort Campus G. . im Zuge der Herrichtung einer neu aufgeschotterten Baustelleneinrichtungsfläche Recyclingmaterial mit Asbestanteil verbaut worden sei.Sie sei als untere Abfallwirtschaftsbehörde für die Überwachung der Einhaltung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zuständig. Sie sei nach § 62 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) ermächtigt, alle notwendigen Maßnahmen zu treffen, um eine im Einzelfall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren.Die Anordnung zu Punkt 1 basiere auf § 28 Abs. 1 KrWG. Danach dürften Abfälle zum Zweck der Beseitigung nur in den dafür zugelassenen Anlagen oder Einrichtungen (Abfallbeseitigungsanlagen) behandelt, gelagert oder abgelagert werden.Eine Anlage in diesem Sinne stelle das Grundstück nicht dar. Somit sei eine Lagerung der Abfälle dort nicht erlaubt.Abfälle seien gemäß § 3 Abs. 1 KrWG alle Stoffe oder Gegenstände, derer sich ihr Besitzer entledige, entledigen wolle oder entledigen müsse. Abfälle zur Verwertung seien Abfälle, die verwertet würden. Abfälle, die nicht verwertet würden, seien Abfälle zur Beseitigung. Bei Abfällen, die nicht verwertet würden, seien Erzeuger oder Besitzer verpflichtet, diese gemäß § 3 Abs. 26 und § 15 KrWG nach den Grundsätzen der gemeinwohlverträglichen Abfallbeseitigung zu beseitigen. Nach § 3 Abs. 9 KrWG sei Besitzer von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes jede natürliche oder juristische Person, die die tatsächliche Sachherrschaft über Abfälle habe. Der Kläger sei durch den C. mit der Herrichtung der Baustelleneinrichtung beauftragt worden. Bei dem persönlichen Gesprächstermin am habe der Kläger erklärt, das Material gekauft und eingebaut zu haben, so dass sie davon ausgehe, dass der Kläger uneingeschränkte Sachherrschaft über die Abfälle ausübe. Asbesthaltige Produkte dürften sowohl nach der Verordnung (EG) 1907/2006 (REACH-Verordnung) als auch nach der Verordnung über Verbote und Beschränkungen des Inverkehrbringens und über die Abgabe bestimmter Stoffe, Gemische und Erzeugnisse nach dem Chemikaliengesetz (Chemikalien-Verbotsverordnung - ChemVerbotsV) bis auf wenige Ausnahmen in Deutschland nicht mehr in Verkehr gebracht werden. Asbest und asbesthaltige Abfälle seien gemäß der Abfallverzeichnis-Verordnung - Verordnung über das europäische Abfallverzeichnis – (AVV) als gefährliche Abfälle eingestuft und seien den entsprechenden Abfallschlüsseln der AVV zuzuordnen. Entsprechend der AVV seien asbesthaltige Abfälle unter dem Schlüssel 17 06 05*, asbesthaltige Baustoffe, einzustufen. Laut Gutachten der C1. & Q. S. GmbH, P. . , liege die Asbestkonzentration des Materials unter 0,1 %. Das eingebrachte Gemisch aus Bauschutt und asbesthaltigen gefährlichen Baustoffen sei aufgrund der Verdünnung definitionsgemäß (< 0,1%) nicht mehr als gefährlich einzustufen und müsse somit unter dem Abfallschlüssel 17 06 05* beseitigt werden. Laut LAGA-Merkblatt 23 Nr. 6 dürften asbesthaltige Abfälle keiner Sortier- und Behandlungsanlage zugeführt werden, auch wenn – rechnerisch – der Anteil der Fasern unter 0,1 % liege. Gleiches gelte analog auch für die Verwertung zu anderen Zwecken. Damit solle verhindert werden, dass asbesthaltige Stoffe wieder in den Kreislauf zurückgeführt würden. Insbesondere bei Produkten mit schwacher Faserbindung oder zerbrochenen Asbestzementprodukten bestehe eine erhöhte Gefahr der Freisetzung von Asbestfasern. Eingeatmete Asbestfasern könnten Asbestose verursachen und seien von daher krebserzeugend. Wegen seiner kanzerogenen Wirkung sei Asbest nach Anhang VI der Verordnung (EG) Nr. 1272/ 2008 (CLP-Verordnung) als krebserzeugender Stoff (Karzinogen der Kategorie 1A – Stoffe, die bekanntermaßen beim Menschen karzinogen seien –, mit dem Gefahrenhinweis H350) eingestuft. Es sei die Aufnahme der Asbestfasern aus der Luft durch Einatmen entscheidend (LAGA-Merkblatt 23). Aufgrund der kanzerogenen Wirkung des Asbeststaubes sei eine Gefährdung der Arbeitnehmer und der Bevölkerung zu besorgen. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass das Gelände offen zugänglich, direkt am Campus liege und deshalb eine nicht messbare Anzahl von Personen sich dieser Gefahr aussetzen könnte. Die durch den Einbau des Materials entstandene Gefahr sei nur durch die angeordneten Maßnahmen abzuwenden.Gemäß § 51 Abs. 1 KrWG könne sie anordnen, dass die Erzeuger, Besitzer, Sammler, Beförderer, Händler, Makler oder Entsorger von Abfällen Nachweise zu führen und vorzulegen hätten. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung über die Nachweisführung bei der Entsorgung von Abfällen (Nachweisverordnung – NachwV) seien Abfallerzeuger, -beförderer und -entsorger zur Nachweisführung nach der NachwV verpflichtet, soweit eine Pflicht zur Führung von Nachweisen nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 Krw/AbfG über die Entsorgung nicht gefährlicher Abfälle auf Anordnung der zuständigen Behörde bestehe. Mit den getroffenen Anordnungen habe sie von ihrem Recht aus § 51 Abs. 1 KrWG Gebrauch gemacht. Die Anordnung sei erforderlich, um nachzuhalten, dass auch alle Abfälle einer ordnungsgemäßen und schadlosen Entsorgung zugeführt worden seien. Aufgrund der kanzerogenen Wirkung des Abfalls bestehe ein erhebliches öffentliches Interesse an der Überwachung dieses Entsorgungsvorgangs. Der Nachweis der ordnungsgemäßen Entsorgung sei durch Vorlage entsprechender Belege (Begleitscheine, Übernahmescheine, Lieferscheine, Wiegescheine, Rechnungen o.ä.) zu führen. Die Fristsetzung sei angemessen, da sie dem Kläger in ausreichendem Maße Zeit biete, ihren Forderungen nachzukommen.Die Zwangsgeldandrohung beruhe auf den §§ 57, 60 i.V.m. § 63 VwVG O. . Sollte der Kläger seiner Verpflichtung und der Anordnung binnen der gesetzten Frist nicht nachkommen, beabsichtige sie, unter Androhung eines erneuten höheren Zwangsgeldes und erneuter Fristsetzung, das angedrohte Zwangsgeld festzusetzen (§ 64 VwVG O. ). Außerdem würden weitere Auslagen nach § 20 Verordnung zur Ausführung des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (Ausführungsverordnung VwVG - VO VwVG O. ) erhoben. Als Zwangsmittel kämen nach § 57 VwVG O. das Zwangsgeld, die Ersatzvornahme und der unmittelbare Zwang in Betracht. Bei der Auswahl des Zwangsmittels stehe ihr Ermessen zu, dass nach den Maßgaben des § 58 VwVG O. verhältnismäßig sein müsse. Die Anordnung eines Zwangsgeldes als Zwangsmittel sei geeignet, den gewünschten Effekt zu erreichen. Gleichzeitig sei sie erforderlich und angemessen, da nur der Kläger die Anforderungen der Ordnungsverfügung erfüllen könne. Die Festsetzung erscheine angemessen, da sie dem Kläger genügend Zeit biete, ihren Aufforderungen nachzukommen. Die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes sei geeignet und erforderlich, um sicherzustellen, dass den Anordnungen fristgemäß Folge geleistet werde und keine weitere Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung bestehe. Die Höhe des Zwangsgeldes sei auch in Abwägung des Interesses des Klägers sowie dem öffentlichen Interesse an einen Schutz der Rechtsordnung und der Umwelt festgesetzt worden, so dass die Höhe als angemessen anzusehen sei.Die Beseitigungs- sowie die Nachweisanordnung seien nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel, in Anbetracht dessen erfolgt, dass ein Verstoß gegen die bestehende Rechtsordnung durch das Handeln des Klägers verursacht worden sei. In Abwägung des Interesses des Klägers sowie dem öffentlichen Interesse an einem Schutz der Rechtsordnung sei sie zu dem Schluss gekommen, dass auf eine Ordnungsverfügung nicht habe verzichtet werden können. Durch die getroffenen Anordnungen werde sichergestellt, dass der Abfall ordnungsgemäß und schadlos entsorgt werde.
10Die unter Punkt 1 der Ordnungsverfügung getroffene Anordnung (Entsorgung innerhalb von vier Wochen nach Bestandskraft der Ordnungsverfügung / Abdeckung) wurde durch den Kläger fristgerecht erfüllt.
11Der Kläger hat am Klage erhoben und zunächst beantragt, den Bescheid der Beklagten vom insgesamt aufzuheben. Nunmehr begehrt er die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Nr. 1 der Ordnungsverfügung und die Aufhebung der Ordnungsverfügung im Übrigen. Zur Begründung trägt er vor:Die im Bescheid enthaltene Verpflichtung zum Ausbau und zur Entsorgung der in den grün gekennzeichneten Bereichen eingebauten Materialien habe sich durch die Erfüllung der entsprechenden Verpflichtung durch ihn erledigt. Er habe jedoch aufgrund der damit verbundenen Kosten sowie der Vorbereitung von Sekundäransprüchen ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der entsprechenden Anordnung.Die Ordnungsverfügung sei insgesamt rechtswidrig. § 28 KrWG sei entgegen der Ansicht der Beklagten nicht einschlägig, da es sich bei dem auf der Baustelle verwendeten Recyclingmaterial nicht um Abfälle zur Beseitigung handele. Abfälle zur Beseitigung seien nach § 3 Abs. 1 S. 2 KrWG nur solche, die nicht verwertet würden. Er habe jedoch nicht den Willen zur Entledigung im Wege der Beseitigung gehabt, vielmehr das Material zur Einrichtung der Baustellenfläche verwertet, indem er es zum Aufschottern der Baustelleneinrichtungsfläche verwendet habe. Eine Lagerung oder Ablagerung des Materials zur Beseitigung, wie von § 28 Abs. 1 KrWG vorausgesetzt, liege gerade nicht vor. Er habe das in Rede stehende Material im Sinne des § 3 Abs. 23 S. 1 KrWG verwertet. Verwertung sei jedes Verfahren, als dessen Hauptergebnis die Abfälle in der weiteren Wirtschaft sinnvollen Zwecken zugeführt würden, indem sie entweder andere Materialien ersetzten, die sonst zur Erfüllung einer bestimmten Funktion verwendet worden wären, oder indem die Abfälle so vorbereitet würden, dass sie diese Funktion erfüllten. Entscheidend für die Einordnung als Abfall zur Verwertung sei demnach die Substitution von Rohstoffen durch Abfall im Sinne der Ressourcenschonung. Es komme dabei nicht auf die potentielle Verwertbarkeit oder eine Verwertungsabsicht an. Maßgeblich sei vielmehr die tatsächliche Verwertung. Das auf das Gelände des Campus der Universität E. -G. . verbrachte Recyclingmaterial ersetze andere Baustoffe, die andernfalls zur Stabilisierung und Einrichtung der Baustelle auf das Gelände hätten aufgebracht werden müssen. Das Material habe damit nur der Substitution von anderen Rohstoffen gedient.Das Aufbringen des Recyclingmaterials zwecks Baustelleneinrichtung sei auch kein Lagern oder Ablagern von Abfällen. Während unter Lagern die Zwischenlagerung vor der endgültigen Beseitigung verstanden werde, sei das Ablagern die Endlagerung auf Deponien mit dem Ziel, sich des Abfalls dauerhaft zu entledigen. Das Baustellengelände auf dem Campus der Universität E. -G. . sei offensichtlich keine Deponie. Das eingebaute Material könne auch entsprechend der Vorschrift des § 7 Abs. 3 KrWG ordnungsgemäß und schadlos verwertet werden. Eine Verwertung erfolge nach § 7 Abs. 3 S. 2 KrWG ordnungsgemäß, wenn sie im Einklang mit den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften stehe. Das eingebaute Material unterliege insbesondere nicht dem Verwendungsverbot nach § 16 Abs. 2 GefStV i.V.m. Nr. 1 Abs. 2 des Anhangs II. Hiernach sei die Gewinnung, Aufbereitung, Weiterverarbeitung und Wiederverwendung von natürlich vorkommenden mineralischen Rohstoffen und daraus hergestellten Zubereitungen und Erzeugnissen, die Asbest mit einem Massengehalt von mehr als 0,1 % enthielten, verboten. Die gleiche Konzentration sei nach § 1 ChemVerbotsV i.V.m. Anhang 1 Abschnitt 2 Spalte 2 auch der Grenzwert für das Inverkehrbringen asbesthaltiger Stoffe. Ausweislich der Gutachten der T2. GmbH vom und der C1. - & Q. S. GmbH vom habe die Asbestbelastungen in dem verwendeten Recyclingmaterial deutlich unter 0,1 % gelegen. Das Material unterfalle daher weder dem Gefahrstoffverwertungsverbot noch dem chemikalienrechtlichen Verbot des Inverkehrbringens.Eine unzulässige Vermischung im Sinne des § 9 Abs. 2 KrWG liege schon deshalb nicht vor, weil das Recyclingmaterial nicht als gefährlicher Abfall im Sinne dieser Norm einzustufen sei. Die Beklagte habe, wie sich aus Blatt 206 der Verwaltungsakte ergebe, das seinerzeit eingebaute Material aufgrund des mit ihm, dem Kläger, gefundenen Kompromisses, wonach das Material zu beseitigen gewesen sei, letztlich selbst als ein Gemisch aus Beton, Ziegeln, Fliesen und Keramik unter den AVV-Abfallschlüssel 17 01 07 eingestuft. Dieser sei nicht mit einem Sternchen gekennzeichnet und daher nach § 3 Abs. 1 S. 1 AVV nicht als gefährlich anzusehen. Auch in der ursprünglichen Ordnungsverfügung habe die Beklagte nach § 3 Abs. 3 AVV die Gefährlichkeit des Materials trotz Einordnung unter den AVV- Abfallschlüssel 17 06 05* aufgrund der Verdünnung verneint. Durch die Einordnung des Materials als nicht gefährlich, bestehe auch nicht die Gefahr des Verstoßes gegen das Vermischungsverbot aus § 9 Abs. 2 KrWG.Dass das Material bereits im Vorfeld unrechtmäßig vermischt worden sei, sei im Rahmen des § 7 Abs. 3 KrWG nicht von Bedeutung. Denn die öffentlich-rechtliche Vorschrift, mit der die Verwertung in Einklang stehen müsse, hier: § 9 Abs. 2 KrWG, müsse einen verwertungsspezifischen Bezug in dem Sinne aufweisen, dass sie für den eigentlichen Verwertungsvorgang von Relevanz sein könne. Die seitens der Beklagten dem Lieferanten des Klägers unterstellten Verstöße gegen § 9 Abs. 2 KrWG im Vorfeld der Verwertung durch ihn, den Kläger, hätten keinen hinreichenden Bezug zum Verwertungsvorgang an sich. Im Übrigen erschließe sich weder, dass es sich bei den von der Beklagten ausgemachten Verstößen um solche durch ihn, den Kläger, handele, noch sei ersichtlich, dass er sich im hier in Rede stehenden Kontext entsprechende Verstöße des Vermischers zurechnen lassen müsse.Selbst wenn von einem Verstoß gegen das Vermischungsverbot auszugehen wäre, führte dies nicht zu einer nicht ordnungsgemäßen Verwertung seinerseits. Denn nach § 9 Abs. 2 Nr. 2 KrWG bestehe insoweit eine Rückkoppelung an das Verwertungsverbot in § 7 Abs. 3 KrWG: Hiernach sei im Falle der Einhaltung der Anforderungen des § 7 Abs. 3 KrWG die Verwertung nach einer Vermischung möglich, was vorliegend der Fall sei.Weitere öffentlich-rechtliche Rechtsvorschriften würden durch die Verwertung ebenfalls nicht verletzt. Dies betreffe insbesondere die ChemVerbotsV. Diesbezüglich gehe der Hinweis der Beklagten auf § 1 Abs. 1 i.V.m. Anhang 1 Abschnitt 2 ChemVerbotsV fehl. Die Beklagte verkenne, dass das Verbot des Inverkehrbringens von Stoffen und Zubereitungen, die in Spalte 1 des Anhangs bezeichnet seien, nur in dem in Spalte 2 des Anhangs genannten Umfang gelte. Entsprechend des Anhangs 1 Abschnitt 2 Spalte 2 seien vom Umfang des Verbots Zubereitungen betroffen, die die Stoffe aus Spalte 1 mit einem Massengehalt von insgesamt mehr als 0,1% enthielten. Es sei vorliegend unstreitig, dass die Asbestkonzentration bezogen auf das Abfallgemisch < 0,1% betrage. Es werde somit nicht gegen chemikalienrechtliche Verbote verstoßen.Es sei auch von einer schadlosen Verwertung durch den Einbau des Materials in die Baustelleneinrichtungsfläche auszugehen. Eine Verwertung erfolge nach § 7 Abs. 3 S. 2 KrWG schadlos, wenn nach der Beschaffenheit der Abfälle, dem Ausmaß der Verunreinigungen und der Art der Verwertung Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit nicht zu erwarten seien. Eine absolute Schadlosigkeit könne nicht gefordert werden, da andernfalls diese Voraussetzung fast nie bejaht werden könne. Für die schadlose Verwertung spreche zunächst einmal, dass es sich bei dem eingebauten Material nicht um einen gefährlichen Stoff handele. Zudem wäre das an der Baustelle aufgeschüttete Material bis zur Beendigung der Bauphase verwendet und danach wieder abgetragen worden. Durch das Abdecken des Recyclingmaterials in den noch vorhandenen Bereichen mit Vlies und einer entsprechenden Abdeckung mit anderweitigem Material habe es auch nicht zu einer Weitertragung und Verteilung des Materials, beispielsweise durch Baustellenfahrzeuge oder durch die Luft kommen können. Das Gutachten der T3. GmbH habe zudem bei der Art der vorliegenden Verwendung des eingebauten Materials eine konkrete Gesundheitsgefahr hinsichtlich des Asbests verneint, so dass auch diesbezüglich keine Beeinträchtigung des Allgemeinwohls anzunehmen gewesen sei.Die Ziffer 1 der Ordnungsverfügung sei insgesamt unverhältnismäßig, insbesondere nicht erforderlich gewesen. Nach dem Vortrag der Beklagten habe die Bezirksregierung Düsseldorf bereits vor Erlass der Ordnungsverfügung eine Bewässerung des kontaminierten Materials zur Verhinderung von Staubimmissionen angeordnet. Weiterhin seien die betroffenen Bereiche abgedeckt worden. Dies habe einem Aufwirbeln von gegebenenfalls asbesthaltigen Staub wirksam entgegengewirkt. Eine Gefährdung der Umwelt sei dadurch ausgeschlossen worden. Deshalb sei nicht einzusehen gewesen, warum nicht bis zum Ende der Bauzeit mit der Entsorgung habe gewartet werden können. Der Zweck des Gesundheits- und Umweltschutzes wäre auch bei einer Entsorgung zum Ende der Bauzeit in gleichem Maße erfüllt worden, weil entsprechende Sicherheitsmaßnahmen schon vorhanden gewesen seien. Die Entsorgungsverpflichtung innerhalb von vier Wochen nach Bestandskraft sei mithin nicht das mildeste Mittel zum Erreichen dieses Zwecks gewesen. Sie sei somit nicht erforderlich und verhältnismäßig gewesen.Da er das eingebaute Material zulässigerweise verwendet habe, sei die Anordnung zur Entsorgung als erheblich in Art. 14 Abs. 1 GG eingreifende, belastende Maßnahme nicht erforderlich. Insbesondere die Anordnung zur teilweisen Entsorgung des Recyclingmaterials noch vor Beendigung der Bauphase sei unverhältnismäßig gewesen. Diese Maßnahme sei nicht erforderlich gewesen, da weniger belastende Mittel zur Verfügung gestanden hätten.Die Verpflichtung, das auf den der Ordnungsverfügung beigefügten Lageplan grün eingezeichneten Flächen lagernde Recyclingmaterial innerhalb von vier Wochen nach Bestandskraft der Verfügung zu entsorgen, sei aufwendig und kostenintensiv gewesen. Die sofortige Sanierung vor Fertigstellung der Bauarbeiten sei weder aus allgemeinen gesundheitlichen noch aus arbeitsschutzrechtlichen Gesichtspunkten erforderlich gewesen. Durch die vorgenommene Abdeckung und Bewässerung der Bereiche sei bereits dem Aufwirbeln von asbesthaltigem Staub sowie dem Weitertragen des Materials ausreichend entgegengewirkt worden.Eine konkrete Gefahr für die Gesundheit der auf der Baustelle Beschäftigten und Dritter durch das eingebaute Material sei gutachterlich verneint worden. Eine Überschreitung der arbeitsschutzrechtlich vorgesehenen Akzeptanzkonzentrationen sei in den Gutachten als sehr unwahrscheinlich angesehen worden. Selbst im Nahbereich der Reifen, wo es durch das Befahren des Materials mit Baustellenfahrzeugen zu einer Freisetzung der Asbestfasern gekommen sei, sei diese Konzentration nicht überschritten worden, so dass die Akzeptanzkonzentrationen in der Atemluft der Beschäftigten noch einmal deutlich unterhalb dieses Grenzwertes gelegen hätten. Eine lediglich latent bestehende Gesundheitsgefahr reiche nicht aus, um die Erforderlichkeit der sofortigen Entsorgung zu begründen.Die Beklagte habe selbst die Gefahr augenscheinlich nicht als so hoch eingestuft, da sie nach entsprechenden Gesprächen mit ihm, dem Kläger, auf die Anordnung der sofortigen Vollziehung verzichtet habe. Wenn es aber den Beschäftigten und Dritten gesundheitlich habe zugemutet werden können, bis zu vier Wochen nach Eintritt der Bestandskraft des Verwaltungsaktes auf den Austausch des Recyclingmaterials zu warten, sei nicht ersichtlich, warum die getroffenen Sicherungsmaßnahmen nicht bis zum Ende der Bauzeit ausreichend für die Einhaltung der gesundheitsschützenden Vorschriften gewesen seien.Aufgrund der fehlenden Verpflichtung zur Entsorgung des Recyclingmaterials könne auch keine Nachweispflicht für eine solche bestehen. Allerdings sei das beanstandete Material inzwischen wieder ausgebaut und entsorgt worden. Er habe den asbestbelasteten RC-Schotter vom 16. bis zum 18. August 2016 abgefahren und durch die E1. W. mbH fachgerecht und ordnungsgemäß auf der E2. Q1. T4. , I1.----straße , W. , entsorgen lassen. Er habe damit den Beseitigungsvorgaben des § 3 Abs. 26 i.V.m. Anl. 1 KrWG genügt. Er lasse momentan einen zusammenfassenden Bericht durch das C1. - & Q. S. GmbH erstellen, aus welchem auch die ordnungsgemäße Entsorgung der Materialien ersichtlich sei. Er werde den Bericht nach Fertigstellung in den Prozess einführen. Sollte das Gericht zu der Auffassung gelangen, dass die Ordnungsverfügung rechtmäßig sei und ihm deshalb auch eine Nachweispflicht gemäß § 51 Abs. 1 KrWG auferlegt werden könne, wäre hierdurch der in Punkt 2 der Ordnungsverfügung geforderte Nachweis erbracht.Die Anordnung des Zwangsgelds sei mangels eines von § 55 Abs. 1 VwVG O. geforderten vollziehbaren Verwaltungsakts rechtswidrig.
12Der Kläger beantragt,
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1. festzustellen, dass die im Bescheid der Beklagten vom ausgesprochenen Anordnung zu 1. rechtswidrig war
und
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2. Nr. 2 und 3 der Ordnungsverfügung vom aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Zur Begründung führt sie aus: Bei dem durch den Kläger verwendeten Material handele es sich zweifelsfrei um Abfall im Sinne von § 3 KrWG. Irrtümlich gehe der Kläger davon aus, dass es sich um Abfall zur Verwertung handele und die erfolgte Verwendung eine Verwertung im Sinne von § 3 Abs. 23 KrWG darstelle. Gemäß § 7 Abs. 3 KrWG habe die Verwertung von Abfällen ordnungsgemäß und schadlos zu erfolgen. Ordnungsgemäß erfolge die Verwertung unter Einhaltung der gesamten öffentlichen-rechtlichen Rechtsordnung. Gemäß § 9 Abs. 2 KrWG sei die Vermischung, einschließlich der Verdünnung gefährlicher Abfälle, hier asbesthaltige Abfälle, Abfallschlüssel Nr. 17 06 05* „asbesthaltige Baustoffe“, mit anderen Kategorien von gefährlichen Abfällen oder mit anderen Abfällen oder Materialien, hier Bauschutt, Abfallschlüssel 17 01 07 „Gemische aus Beton, Ziegel, Fliesen und Keramik mit Ausnahme derjenigen, die unter 17 01 06* fallen“, unzulässig. Das angelieferte und eingebaute Material sei offensichtlich im Vorfeld unrechtmäßig vermischt worden. Nicht gefährlicher Abfall, Bauschutt, sei mit einem gefährlichen Abfall, Asbest, verunreinigt worden.Nach § 1 Abs. 1 i.V.m. Abschnitt 2, Spalte 2 des Anhangs 1 ChemVerbotsV sei das Inverkehrbringen von Asbest verboten. Nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 ChemVerbotsV gelte das Verbot für das Inverkehrbringen nicht für die Abfallentsorgung, also die ordnungsgemäße und schadlose Abfallverwertung oder die gemeinwohlverträgliche Abfallbeseitigung. Die generelle Ausnahme der Abfallverwertung beziehe sich ausschließlich auf Anlagen innovativer Technik. Sie gelte nicht für Verwertungsmaßnahmen außerhalb solcher Anlagen, z.B. auf Flächen oder Deponien sowie für sonstige Baumaßnahmen, da bei asbesthaltigen Abfällen grundsätzlich der Hauptzweck der Maßnahme nicht in der Nutzung des Abfalls, sondern ausschließlich in der Beseitigung des Schadstoffpotenzials liege (LAGA M 23 Seite 4). In der Vergangenheit habe es immer wieder Versuche gegeben, Asbestfasern durch chemische und/oder mechanische Prozesse zu zerstören. Die hierbei angewandten Verfahren stellten sich als wirtschaftlich unzumutbar heraus, da die Kosten in keinem Verhältnis zu einer Abfallbeseitigung gestanden hätten. Nach ihren Erkenntnissen werde derzeit in Deutschland kein Verwertungsverfahren eingesetzt, das Asbestfasern zuverlässig zerstöre oder dauerhaft aus der Welt entferne. Laut Gutachten der T2. GmbH vom 30. Juni 2016 und der C1. - & Q. S. GmbH vom 11. Juli 2016 seien in dem RC-Material Bruchstücke aus Asbestzement mit bis zu 15 % Asbestfasern gefunden worden. Die Asbestkonzentration betrage nur bezogen auf das gesamte Abfallgemisch < 0,1 %. Durch die Vermischung mit Bauschutt werde der Asbestanteil der einzelnen Asbestzementbruchstücke nicht gemindert. Für diese Asbestzementbruchstücke gelte das Inverkehrbringungsverbot der ChemVerbotsV, so dass diese Materialien endgültig von der Kreislaufwirtschaft auszuschließen seien. Eine Verwertung sei nur in dafür zugelassenen Anlagen rechtmäßig.Ausnahmetatbestände griffen hier nicht, da als Schotter der Baustelleneinrichtungsfläche eine Vielzahl asbestfreier Materialien zur Verfügung stünden. Eine Verwertung erfolge schadlos, wenn im Zusammenhang mit der Verwertung keine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu erwarten sei. Sie bestreite nicht die Absicht des Klägers, das Material verwerten zu wollen. Bei dem vorgefundenen Material handele es sich um eine Mischung aus verschiedenen Abfällen. Eine Vermischung sei ausnahmsweise nur dann ordnungsgemäß, wenn diese in einer dafür zugelassenen Anlage erfolgt sei und schädliche Auswirkungen der Abfallbewirtschaftung auf die Schutzgüter Mensch und Umwelt durch die Vermischung nicht zu besorgen seien. Aufgrund der vorgefundenen Asbestanteile sei eine schadlose Verwertung somit nicht möglich. Die Gefahr eines Schadstofftransfers in die Umwelt habe sich offenbar bereits hinreichend realisiert. Durch das Zerkleinern der Asbestzementplatten und des Bauschutts in einer Brecheranlage, das Umlagern, das Aufbringen auf die Fläche und das Befahren mit schweren Baumaschinen sei davon auszugehen, dass auch wesentlich kleinere Korngrößen bis hin zu freien Asbestfasern in jedem Schurf enthalten seien. Das RC-Material sei nicht auf Asbestfasern im Feinanteil untersucht worden. Im Rahmen der weiteren Nutzung des Grundstücks zur Errichtung der Wege- und Stellflächen mit durch Asbest verunreinigtem Bauschutt sei die Freisetzung von Asbestfasern zu erwarten. Die Entfaltung der gefährlichen Wirkungen des Asbestzements erfolge aufgrund der direkten mechanischen und dynamischen Einwirkung auf den gefährlichen Bestandteil der Matrix, nämlich direkt auf den Asbestzementbestandteil (Asbestzement mit einem Anteil von bis zu 15 % Asbestfasern). Die im Bauschutt gefundenen Asbestbruchstücke hätten sich offensichtlich vom normalerweise sauberen RC-Material optisch und physikalisch abgehoben, so dass der Gutachter des C. dies bei ihr angezeigt habe. Eine Gefährdung der Allgemeinheit oder eines einzelnen durch Freisetzung von Asbestfasern durch Staubimmissionen habe daher nicht ausgeschlossen werden können.Laut Gutachten der T2. GmbH vom 30. Juni 2016 und der C1. - & Q. S. GmbH vom 11. Juli 2016 bestehe durch den Betrieb der Baustelle eine latente Gefahr zur Freisetzung von Asbestfasern. Zur Sicherung der Baustelle sei durch beide Gutachten eine Abdeckung des Materials zur endgültigen Entsorgung bzw. Abtragung des Materials empfohlen worden. Wie bereits in der Ordnungsverfügung vom dargelegt, dürften laut LAGA-Merkblatt 23 Nr. 6 asbesthaltige Abfälle keiner Sortier- und Behandlungsanlage zugeführt werden, auch wenn rechnerisch der Asbestanteil unter 0,1 % liege. Der Einbau asbesthaltiger Abfälle außerhalb von Deponien (z.B. für Geländeauffüllungen) sei nicht zulässig. Dies gelte auch für den Einbau außerhalb gesonderter Teil- bzw. Deponieabschnitte, z.B. als Deponieersatzbaustoff für die Profilierung von Deponien, vgl. § 14 Abs. 2 Nr. 1 DepV (LAGA M 23). Die Ablagerung asbesthaltiger Abfälle dürfe nur in abfallrechtlich dafür zugelassenen Deponien erfolgen.Anl. 1 des KrWG enthalte eine nicht abschließende Liste von Beseitigungsverfahren und diene damit der Konkretisierung der Definition der Beseitigung nach § 3 Abs. 26 KrWG. Durch die Aufnahme der Anl. 1 in das Gesetz werde Anhang I der AbfRRL umgesetzt. Danach komme ausschließlich das Beseitigungsverfahren nach Anl. 1 des KrWG (D 1 = Ablagerungen in oder auf dem Boden (z.B. Deponien)) zur Anwendung. Die Verwertung asbesthaltige Abfälle bzw. Bauschutt mit asbesthaltigen Abfällen außerhalb zugelassener Deponien (z.B. für Auffüllungen) sei nicht zulässig. Selbst die Ablagerung auf Erdaushub- oder Bauschuttdeponien (Deponieklasse 0) sei unzulässig. Auch Bauschuttrecyclinganlagen dürfe Asbest nicht zugeführt werden. Ebenfalls nicht erlaubt sei die eigene Wiederverwendung des Beseitigungsabfalls für andere Baumaßnahmen durch Weitergabe des Abfalls zur Wiederverwendung an Dritte.Da das vorgefundene Material aufgrund der Schadstoffbelastung durch Asbest keiner Verwertung habe zugeführt werden können, habe es sich um Abfall zur Beseitigung gehandelt. Abfälle zur Beseitigung dürften gemäß § 28 KrWG nur in dafür zugelassenen Anlagen behandelt, gelagert oder abgelagert werden. Das betroffene Grundstück stelle keine Abfallbeseitigungsanlage im Sinne des § 28 KrWG dar, so dass eine Lagerung des belasteten Materials wegen seiner kanzerogenen Wirkung auch zeitweilig nicht zulässig sei. Eine weitere Verwendung sei ausgeschlossen. Der Abfall sei von dem weiteren Stoffkreislauf auszuschließen.Auf die Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 VwGO sei ihrerseits verzichtet worden, da bereits vor Erlass der Ordnungsverfügung die Bezirksregierung E3. , E4. , jeglichen Baustellenverkehr sowie den Aufenthalt auf der Baustelle untersagt und eine Bewässerung des kontaminierten Materials zwecks Verhinderung von Staubimmissionen angeordnet habe, so dass eine weitere Gefährdung der Umwelt habe ausgeschlossen werden können. Diese Anordnung sei bis zum Erlass der Ordnungsverfügung befolgt worden. Im Anschluss seien die Anordnungen zu Punkt 1 der Ordnungsverfügung durch den Kläger insoweit umgesetzt worden, als das Material ausgebaut bzw. abgedeckt worden sei. Inwieweit eine ordnungsgemäße und schadlose Entsorgung des ausgebauten Abfalls erfolgt sei, könne nicht festgestellt werden.Aufgrund des Anteils des gefährlichen Abfalls habe sie von ihrem Recht gemäß § 51 KrWG Gebrauch gemacht, einen Nachweis über die erfolgte Entsorgung zu fordern. Aufgrund der Einstufung des Materials als insgesamt nicht gefährlicher Abfall würden für den Kläger die erleichterten Nachweispflichten gelten. Die Einstufung von Abfällen nach der AVV in gefährliche und nicht gefährliche Abfälle sei ein zentrales Element der Abfallwirtschaft. Dabei komme es nicht darauf an, ob ein Abfall verwertet werden könne bzw. beseitigt werden müsse. Die AVV unterscheide bei der Einstufung nicht zwischen Abfällen zur Verwertung oder Beseitigung. Die Zuordnung eines konkreten Abfalls nach den Abfallarten der AVV liege zunächst im Verantwortungsbereich des Abfallerzeugers oder -besitzers. Der Kläger habe mit E-Mail vom 12. August 2016 seine Einstufung des Abfalls in den Abfallschlüssel 17 01 07 mitgeteilt. Diese Einstufung und das Beseitigungserfordernis seien durch das Ingenieurbüro IGS GmbH bestätigt worden. Ihrerseits habe keine Notwendigkeit bestanden, weitere Prüfungen durchzuführen, die eine anderweitige Einstufung des Abfalls begründen könnten, da die Beseitigungsabsicht des Klägers durch Vorlage des Abfallpasses der E5. W. , der das Behandlungsverfahren D1 (Beseitigungsverfahren) und der betriebsinternen Bezeichnung: „RC-Material mit Asbestzementbruchstücken“ ausweise, bestanden habe.
21Der Kläger ist zwischenzeitlich der Nr. 1 der Ordnungsverfügung vollständig nachgekommen.
22Entscheidungsgründe:
23Die Klage hat keinen Erfolg.
24Der Klageantrag zu 1. ist zwar zulässig, aber nicht begründet.
25Zulässige Klageart bezüglich des Klageantrags zu 1. ist die Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO).
26Der Kläger wandte sich (ursprünglich) mit seiner Klage in der Form der Anfechtungsklage u.a. gegen die folgenden, ihm mit Ziffer 1 der Ordnungsverfügung vom auferlegten Verpflichtungen:- die auf dem Grundstück H. G. . , Flur , Flurstücke abgelagerten Massen (näher bezeichnet im der Ordnungsverfügung beiliegenden Lageplan) ordnungsgemäß und schadlos zu entsorgen,- die auf dem im der Ordnungsverfügung beiliegenden Lageplan grün eingezeichneten Flächen lagernden Massen innerhalb von vier Wochen nach Bestandskraft der Ordnungsverfügung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Entsorgung zuzuführen,- die in den auf dem der Ordnungsverfügung beigefügten Lageplan rot gekennzeichneten Flächen lagernden Materialien unmittelbar nach Abschluss der Baumaßnahme (ca. III. Quartal 2018) auszubauen und ordnungsgemäß und schadlos zu entsorgen,- bis zum Ende der Baumaßnahme diese freiliegenden Oberflächen mit einem Geo-textil und mit einer Schotter- oder RC-Schicht abzudecken, die Randflächen der bituminösen Wege um 10 cm abzutragen und mit Schotter, schadstofffreiem RC-Material o.ä. aufzufüllen,- die bituminösen Wegflächen nach dem Ende der Baumaßnahme abzutragen (vgl. Nr. 1 der Ordnungsverfügung).
27Diese Anordnungen haben sich erledigt, da der Kläger ihnen zwischenzeitlich nachgekommen ist.
28Dem Kläger steht für die begehrte Feststellung der Rechtwidrigkeit dieser Anordnungen das notwendige Fortsetzungsfeststellungsinteresse zur Seite. Es ist typischerweise in den anerkannten Fallgruppen der Wiederholungsgefahr, des Rehabilitationsinteresses sowie der Absicht zum Führen eines Schadensersatzprozesses gegeben, kann aber auch aus anderen besonderen Umständen des Einzelfalls hergeleitet werden, sofern die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die klägerische Position in rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Hinsicht zu verbessern
29St. Rspr., vgl. nur BVerwG, Urteil vom 29. März 2017 – 6 C 1.16 – juris Rn 29.
30Die Fortführung des Prozesses kann dem Kläger beim Führen eines Schadensersatzprozesses dienlich sein. Der Kläger ist den Verpflichtungen aus der Nr. 1 der Ordnungsverfügung vom zwar nachgekommen, ihm sind dadurch aber Kosten entstanden sind, die er bei einem Obsiegen im vorliegenden Verfahren von der Beklagten oder bei einem Unterliegen von Dritten, etwa dem Verkäufer des nicht einbaufähigen Materials, im Wege des Schadensersatzes ersetzt verlangen könnte.
31Der Klageantrag zu 1. ist nicht begründet.
32Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der in der Ordnungsverfügung vom unter Nr. 1 enthaltenen Anordnungen. Denn diese Anordnungen ergingen rechtmäßig.
33Die Ordnungsverfügung war formell rechtmäßig.
34Rechtsgrundlage der Anordnungen ist § 62 Kreislaufwirtschaftsgesetz, geändert durch Art. 4 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse vom 4. April 2016 (BGBl. I Seite 569) – KrWG –. Danach kann die zuständige Behörde im Einzelfall die erforderlichen Anordnungen zur Durchführung des KrWG und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen treffen.
35Die angefochtene Ordnungsverfügung beinhaltete solche Anordnungen. Anknüpfungspunkt der Ordnungsverfügung war nicht die von den für die Baustelleneinrichtungsfläche verwandten asbesthaltigen Materialien ausgehende Gesundheitsgefährdung, zu deren Beseitigung sich Maßnahmen und Verantwortlichkeit nach dem allgemeinen landesrechtlichen Ordnungsrecht richten, sondern in erster Linie das Gebot der umweltgerechten Entsorgung dieses Materials als Abfall.
36Vgl. zu dieser Abgrenzung: BVerwG, Beschluss vom 5. November 2012 – 7 B 25/12 -, juris Rn 11.
37Denn in der Ordnungsverfügung wird einleitend ausdrücklich erklärt, dass es sich bei dem zwecks Erstellung einer Baustelleneinrichtung eingebauten asbesthaltigen Baustoff um Abfälle i.S.d. § 3 KrWG handelt und dieses Material umgehend einer ordnungsgemäßen und schadlosen Entsorgung zuzuführen sei, weshalb das Folgende angeordnet werde.
38Für diese Anordnung war die Beklagte örtlich und sachlich zuständig. Die Beklagte ist als untere Umweltschutzbehörde gemäß § 38 Landesabfallgesetz O. (LAbfG O. ) i.V.m. § 1 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 3 Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz (ZustVU) in Verbindung mit Teil A des Verzeichnisses zu dieser Verordnung für den Vollzug des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes zuständig. Auch wenn in der Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz nur von dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz die Rede ist, gilt sie nach § 6 Abs. 2 Satz 1 ZustVU auch für die Zeit nach Erlass des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, weil die in Rede stehende Aufgabe ab dem 1. Juni 2012 (Inkrafttreten des KrWG) nicht wesentlich in ihrem Inhalt geändert worden ist.
39Vgl. OVG O. , Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn 39.
40Die Ordnungsverfügung war materiell rechtmäßig.
41Für die Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit ist aufgrund ihrer belastenden Wirkung auf die Rechtslage im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Ordnungsverfügung abzustellen.
42Zu diesem Zeitpunkt konnte die Beklagte gemäß § 62 KrWG die angeordneten Verpflichtungen gegenüber dem Kläger zur Durchführung des KrWG und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen treffen.
43§ 62 KrWG berechtigt die zuständige Behörde, gegenüber dem Adressaten einer normativen abfallrechtlichen Verpflichtung eine diese konkretisierende Verpflichtung zu treffen.
44Die dem Kläger auferlegten Verpflichtungen waren sämtlich auf die Entsorgung von Abfall in Form der Asbestzementbruchstücke in dem vom Kläger zur Errichtung einer Baustraße verwandten Recyclingschotter gerichtet.
45Bei den Asbestzementbruchstücken handelt es sich um Abfall.Abfall im Sinne des KrWG ist nach § 3 Abs. 1 Satz 1 KrWG ein Stoff oder Gegenstand (a), dessen sich sein Besitzer (b) entledigt, entledigen will oder entledigen muss (c).
46a) Asbestzementbruchstücke sind aufgrund ihres festen Aggregatzustandes Gegenstände, die (zumindest) aus den Stoffen Asbest und Zement bestehen. Diese isolierte Betrachtung der Asbestzementbruchstücke ist nicht deshalb aufzugeben, weil im Zeitpunkt der Begründung der Entledigungspflicht durch die Ordnungsverfügung der Beklagten diese durch bloße Vermischung Bestandteil eines Stoffes oder Gegenstandes „Recyclingschotter“ wurden. Denn einen solchen Stoff bzw. Gegenstand gibt es nicht. Eine bloße Vermischung eines Stoffes/Gegenstandes mit anderen Stoffen/Gegenständen ändert an der Abfalleigenschaft des Stoffes bzw. Gegenstandes grundsätzlich nichts.
47b) Der Kläger befand sich zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung im Besitz der Asbestzementbruchstücke.Besitzer (von Abfällen) im Sinne des KrWG ist jede natürliche oder juristische Person, die die tatsächliche Sachherrschaft (über Abfälle) hat (§ 3 Abs. 9 KrWG). Der Begriff des Abfallbesitzes ist öffentlich-rechtlicher Art und stimmt nicht mit dem des BGB überein, so dass es nicht auf einen Besitzbegründungswillen, sondern allein auf die tatsächliche Sachherrschaft ankommt.
48Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 1997 – 7 C 58.96 –, juris Rn 10.
49Grundsätzlich vermittelt das Eigentum oder der Besitz an den Grundstücken nach der Verkehrsauffassung gleichzeitig die tatsächliche Gewalt über die darauf befindlichen Gegenstände; anders liegt es nur dann, wenn Dritte die tatsächliche Sachherrschaft über die auf einem Grundstück befindlichen Gegenstände haben, d.h. ungehindert auf den Abfall zugreifen können. Erforderlich ist ein Mindestmaß an Sachherrschaft, also eine Herrschaftsbeziehung zu dem Abfall, die sich von derjenigen beliebiger anderer Personen unterscheidet.
50Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 1997 – 7 C 58.96 –, juris Rn 11.
51Nach dem eigenen Vorbringen des Klägers führten Mitarbeiter der T1. GmbH im Zuge der Begehung der von ihm durchzuführenden Bauarbeiten – Aufschotterung einer Baustelleneinrichtungsfläche auf dem Campus der Universität E. -G. . , Standort G. . – eine Beprobung des von ihm für die Ausführung dieser Arbeiten verwandten Recyclingschotters durch. Die Bauarbeiten am vom Kläger zu erstellenden Gewerk waren noch nicht abgeschlossen. Solange dies nicht der Fall war, hatte er die tatsächliche Sachherrschaft über das von ihm verwandte Material inne, da er zu diesem Zeitpunkt allein befugt war, die verwandten Baumaterialien auszutauschen und so sein Werk nachzubessern.
52c) Der Kläger musste sich als Besitzer der Asbestzementbruchstücke auch ihrer entledigen.
53Nach § 3 Abs. 4 KrWG muss sich ein Besitzer der Stoffe oder Gegenstände im Sinne des Absatzes 1 entledigen,- die nicht mehr entsprechend ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung verwendet werden (aa.),- die aufgrund ihres konkreten Zustandes geeignet sind, gegenwärtig oder künftig das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere die Umwelt, zu gefährden (bb.)und- deren Gefährdungspotenzial nur durch eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung oder gemeinwohlverträgliche Beseitigung nach den Vorschriften dieses Gesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ausgeschlossen werden kann (cc.).
54aa) Die Asbestzementbruchstücke in dem Recyclingschotter werden nicht mehr entsprechend ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung verwendet.
55Nach den unbestrittenen Angaben im Gutachten der T1. GmbH vom 30. Juni 2016 wurden im vom Kläger verwendeten Material u.a. folgende Bestandteile aufgefunden: Asbestzementformteile von Rohrleitungen, Asbestzementplatten, Bruchstücke von Welleternitplatten aus Asbestzement, beschichtete Asbestzementplatten und ein Bruchstück einer Promasbestplatte. Die so belegten, einzelnen (Asbestzement-)Bruchstücke können ersichtlich nicht mehr der Zweckbestimmung der vormals vorhandenen asbesthaltigen Baumaterialien dienen, und zwar ungeachtet der Frage, welchem Zweck sie konkret vor ihrer Zerteilung bzw. Verkleinerung gedient haben.
56bb) Die Asbestzementbruchstücke sind geeignet, gegenwärtig und künftig das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere die Umwelt, zu gefährden. Ein weiterer hier relevanter Allgemeinwohlbelang ist die Gesundheit. Das natürlich vorkommende Mineral Asbest hat eine faserige Struktur, die sich immer weiter und kleiner aufsplitten kann. Die Fasern sind schlussendlich so klein, dass sie für das bloße Auge unsichtbar sind. Sie werden mit der Luft eingeatmet, setzen sich in der Lunge fest und können dort unter anderem Krebs und Asbestose auslösen. Eine eingeatmete Asbestfaser kann ausreichen, um die Lunge irreparabel zu schädigen. Je nachdem, wie das Asbest verarbeitet worden ist, ist eine sofortige Gefährdung wahrscheinlich oder erst einmal gering. Bei Asbestzementplatten und -rohrleitungen ist Asbest stark gebunden. Von ihnen geht keine unmittelbare Gefahr aus, wenn sie intakt und in einem sehr guten Zustand ohne Risse oder sonstige Schäden sind, denn dann bleibt das Mineral im Zement. Werden die Asbestzementplatten hingegen beschädigt oder zerkleinert, werden Asbestfasern freigesetzt und können sich in der Luft mit ihrer gesundheitsschädigenden Wirkung verbreiten. Dieser Prozess findet mit dem Abschluss der Zerkleinerung kein Ende, wenn die Asbestzementbruchstücke der Witterung ausgesetzt sind, denn dann sorgen Witterungseinflüsse für ein stetiges Freiliegen von Asbestfasern an den Bruchseiten und somit für ein jederzeitiges Freisetzen von Asbestfasern in die Atemluft.
57Vgl. zum Ganzen: Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, GESTIS-Stoffdatenbank, http://gestis.itrust.de/nxt/gateway.dll/gestis_de/000000.xml?f=templates$fn=default.htm$vid=gestisdeu:sdbdeu$3.0; Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, https://www.baua.de/DE/Themen/Arbeitsgestaltung-im-Betrieb/Gefahrstoffe/Arbeiten-mit-Gefahrstoffen/Stoffin-formationen/Asbest.html (abgerufen am 14. Januar 2020)
58In Anerkennung dieser Zusammenhänge hat der Gesetzgeber asbesthaltige Zubereitungen, also Asbestzement(-bruchstücke) als gefährlich qualifiziert.Nach § 3 Abs. 5 KrWG sind gefährlich die Abfälle, die durch Rechtsverordnung nach § 48 Satz 2 KrWG oder aufgrund einer solchen Rechtsverordnung bestimmt worden sind. Nicht gefährlich im Sinne dieses Gesetzes sind alle übrigen Abfälle. Nach § 48 Satz 2 KrWG wird die Bundesregierung zwecks Umsetzung von Rechtsakten der Europäischen Union ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Bezeichnung von Abfällen sowie gefährliche Abfälle zu bestimmen. Hiervon hat die Bundesregierung durch Erlass der Verordnung über das Europäische Abfallverzeichnis (AVV) in der Fassung vom 11. März 2016 Gebrauch gemacht. Diese Verordnung gilt für die nach anderen Rechtsvorschriften geforderte Bezeichnung von Abfällen sowie für die Einstufung von Abfällen nach ihrer Gefährlichkeit (§ 1 AVV). Zur Bezeichnung sind die in der Anlage zu § 2 Abs. 1 AVV aufgeführten sechsstelligen Abfallschlüssel und die jeweilige dazugehörige Abfallbezeichnung zu verwenden. Abfallschlüssel mit einem Sternchen (*) kennzeichnen diese Abfälle als gefährlich im Sinne des § 48 KrWG (§ 3 Abs. 1 AVV). Das Abfallverzeichnis ist nach Kapiteln gegliedert, wobei das Kapitel 17 „C1. - und Abbruchabfälle (einschließlich Aushub von verunreinigten Standorten)“ erfasst. Unter der Abfallgruppe 17 01 sind Beton-, Ziegel-, Fliesen- und Keramikabfälle erfasst und unter 17 01 06* die Abfallarten “Gemische aus oder getrennte Fraktionen von Beton, Ziegeln, Fliesen und Keramik, die gefährliche Stoffe enthalten“. Unter der Abfallgruppe 17 06 sind Abfälle in Form von „Dämmmaterial und asbesthaltige Baustoffe“ erfasst und unter 17 06 05* „asbesthaltige Baustoffe“. Die im vom Kläger verwandten Recyclingschotter gefundenen Asbestzementformteile von Rohrleitungen, Asbestzementplatten, Bruchstücke von Welleternitplatten aus Asbestzement sowie beschichtete Asbestzementplatten und das gefundene Bruchstück einer Promasbestplatte (Brandschutzplatte) sind gefährliche Stoffe, die der Abfallgruppe 17 01 06* beigemengt sind, oder bei isolierter Betrachtung asbesthaltige Baustoffe, die dem Abfallschlüssel 17 06 05* zuzuordnen sind. In jedem Fall handelt es sich um gefährlichen Abfall.
59Dem steht die Auffassung des Klägers, dass es sich bei einer Einordnung des Recyclingschotters unter die Schlüsselnummer 17 01 06* ausnahmsweise gem. § 3 Abs. 1 AVV nicht um gefährlichen Abfall handelt, weil nach Anh. 2 Nr. 1 Abs. 2 der Verordnung zum Schutz von Gefahrstoffen vom 26. November 2010 (BGBl. I S. 1642) in der Fassung des Art. 2 der Verordnung vom 3. Februar 2015 (BGBl 1 S. 49) – GefStoffV – nur die Aufbereitung von asbesthaltigen Zubereitungen mit einem Massenanteil von > 0,1 % verboten ist und der Asbestanteil am gesamten Recyclingmaterial – unstreitig – weniger als 0,1 %, nämlich nur ca. 0,03 % beträgt, nicht entgegen. Denn bereits nach dem Wortlaut der GefStoffV kommt es bei der Beurteilung des zulässigen Massengehalts nicht auf das gesamte Recyclingmaterial, sondern nur auf die Gemische und Erzeugnisse an, die aus „natürlich vorkommenden mineralischen Rohstoffen“ hergestellt sind (Anh. 2 Nr. 1 Abs. 2 GefStoffV). Um solche handelt es sich bei dem Bauschutt nicht. Dieser besteht aus Ziegel-, Fliesen- und Keramikbruchstücken und ist somit kein Gemisch oder Erzeugnis aus natürlich vorkommenden mineralischen Rohstoffen. Verboten ist vielmehr die Gewinnung, Aufbereitung, Weiterverarbeitung und Wiederverwendung der – dem sonstigen Bauschutt beigegebenen – Gemische oder Erzeugnisse, denen neben natürlich vorkommenden mineralischen Rohstoffen Asbest in einer Konzentration von mehr als 0,1 % beigemengt wurde. Allein die Gefährlichkeit dieser Gemische oder Erzeugnisse, die sich im vom Kläger verwandten Bauschutt in Form von Asbestzementbruchstücken usw. fand, unterliegt den besonderen Herstellungs- und Verwendungsbeschränkungen nach Anh. II GefStoffV. Nach der gutachterlichen Stellungnahme zur Materialbeschaffenheit des Recyclingmaterials der Baustelleneinrichtungsfläche sowie Gefährdungsanalyse und Darstellung von Sicherungsmaßnahmen der T1. GmbH vom 30. Juni 2016 enthalten diese Gemische oder Erzeugnisse einen Massenanteil von 1 bis 15 % Asbest und damit deutlich mehr als die zulässigen 0,1 %.
60Auch dem Sinn und Zweck der GefStoffV entspricht es, eine Vermischung von Gemischen und Materialien mit einem Asbestgehalt von mehr als 0,1 %, hier der Asbestzementbruchstücke, mit ungefährlichem Recyclingschotter aus Beton-, Ziegel-, Fliesen- und Keramikabfällen zu verbieten. Nach deren § 1 ist deren Zielsetzung, den Menschen und die Umwelt vor stoffbedingten Schädigungen zu schützen. Asbesthaltige Produkte werden durch ihre Zerkleinerung oder Vermengung mit anderen Stoffen nicht ungefährlicher. Dies wird durch die Verwendung des Recyclingschotters für eine Baustraße, wie vorliegend geschehen, besonders deutlich: Bei einer Vermischung mit sonstigen Baustoffen zu Recyclingschotter liegen die Bruchkanten der Asbestzementbruchstücke weiterhin frei, so dass es durch Witterungseinflüsse immer wieder zur Freisetzung von Asbestfasern kommen kann. Dies gilt bei einer Verwendung des Recyclingschotters als Unterbau für eine Baustraße jedenfalls solange, bis der Schotter nicht durch einen gebundenen Straßenbelag, wie Asphalt, vor Witterungseinflüsse geschützt ist, und nur für den Teil der Baustraße, der sicher vor Witterungseinflüsse unter der Asphaltdecke liegt, mithin nicht für den Teil des mit asbestbelastetem Recyclingschotter errichteten Baustraßenunterbaus der die Ränder des Asphaltdeckenbereichs stützt und infolgedessen freiliegt. Zudem kommt es wieder zu einer Freisetzung von Asbestfasern, beim Rückbau der Baustraße. Gleiches gilt für die Lagerung des Materials ohne Abdeckung.
61Dass die Beklagte – wie vom Kläger geltend gemacht – im Rahmen der Befolgung der Ordnungsverfügung durch den Kläger der Deklarierung des Abfalls ohne Sternchen iSd § 3 Abs. 1 AVV zugestimmt oder eine dahingehende Deklarierung geduldet hat, steht der Feststellung des Gefährdungspotentials der Asbestzementbruchstücke nicht entgegen. Gegebenenfalls würde es sich bei der Zustimmung oder Duldung lediglich um eine punktuelle Fehleinschätzung der Beklagten handeln, die keinerlei Auswirkungen auf die tatsächliche Einordnung des Recyclingmaterials als gefährlich hätte.
62cc) Das Gefährdungspotenzial der Asbestzementbruchstücke kann nur durch eine gemeinwohlverträgliche Beseitigung nach den Vorschriften des KrWG und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ausgeschlossen werden. Eine von § 3 Abs. 4 KrWG ebenfalls zugelassene ordnungsgemäße und schadlose Verwertung von Asbestzementbruchstücken scheidet aus.
63Verwertung im Sinne des KrWG ist jedes Verfahren, als dessen Hauptergebnis die Abfälle innerhalb einer Anlage oder in der weiteren Wirtschaft einen sinnvollen Zweck zugeführt werden, indem sie entweder andere Materialien ersetzen, die sonst zur Erfüllung einer bestimmten Funktion verwendet worden wären, oder indem die Abfälle so vorbereitet werden, dass sie diese Funktion erfüllen (§ 3 Abs. 23 KrWG). Als Spezialfall der Verwertung kennt das KrWG das Recycling von Abfällen. Unter Recycling ist jedes Verwertungsverfahren zu verstehen, durch das Abfälle zu Erzeugnissen, Materialien oder Stoffen entweder für den ursprünglichen Zweck oder für andere Zwecke aufbereitet werden; es schließt die Aufbereitung organischer Materialien ein, nicht aber die energetische Verwertung und die Aufbereitung zu Materialien, die für die Verwendung als Brennstoff oder zur Verfüllung bestimmt sind.
64So wird aus Bauschutt durch das Verwertungsverfahren Brechen in einer Brecheranlage Recyclingschotter. Recyclingschotter ist ein Gemisch, das Schotter, also kantige, gebrochene Mineralstoffe, die ansonsten im Verkehrswegebau Verwendung fänden, ersetzt.
65Eine Verwertung ist aber – wie für den vorliegenden Fall bereits dargelegt – nicht mehr schadlos, wenn dem Bauschutt (Beton, Ziegel, Fliesen, Keramik) Baustoffe aus Asbestzement beigemengt sind oder werden, die einen Massenanteil von > 0,1 % Asbest enthalten.
66Erst Recht hat der mit Asbest kontaminierte oder zusammen mit Asbestzementprodukten zu vermeintlichem Recyclingmaterial weiterverarbeitete Bauschutt seine Abfalleigenschaft nicht verloren.Die Abfalleigenschaft eines Stoffes oder Gegenstandes endet erst, wenn dieser ein Verwertungsverfahren durchlaufen hat und so beschaffen ist, dass er üblicherweise für bestimmte Zwecke verwendet wird (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 KrWG), ein Markt für ihn oder eine Nachfrage nach ihm besteht (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 KrWG), er alle für seine jeweilige Zweckbestimmung geltenden technischen Anforderungen sowie alle Rechtsvorschriften und anwendbaren Normen für Erzeugnisse erfüllt (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 KrWG) sowie seine Verwendung insgesamt nicht zu schädlichen Auswirkungen auf Mensch oder Umwelt führt (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 KrWG). Wie bereits dargelegt, fehlt es jedenfalls an der letztgenannten Voraussetzung.
67Der asbestbelastete Recyclingschotter darf aber auch nicht als solcher i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 KrWG verwendet werden. Nach Anhang II Nr. 1 Abs. 2 GefStoffV ist die Wiederverwendung von natürlich vorkommenden mineralischen Rohstoffen und daraus hergestellten Zubereitungen und Erzeugnissen, die Asbest mit einem Massengehalt von mehr als 0,1 % – wie die vom Kläger eingebauten Asbestzementbruchstücke – enthalten, verboten. Der Kläger hätte daher die Asbestzementbruchstücke vermischt mit Beton-, Ziegel-, Fliesen- und Keramikabfällen nicht als Recyclingschotter (wie-der-)verwenden dürfen.
68War folglich normativ, aufgrund des KrWG oder von aufgrund des KrWG erlassener Rechtsverordnungen, ein abfallrechtliches Einschreiten in Bezug auf die mit Beton-, Ziegel-, Fliesen- und Keramikabfällen vermischten Asbestzementabfälle erforderlich, war die Beklagte tatbestandlich zum Einschreiten nach § 62 KrWG zwecks Durchsetzung dieser Pflicht berechtigt.
69Gegen wen und wie sie einschreitet, lag in ihrem Ermessen. Dieses Ermessen hat die Beklagte, wenn auch etwas spärlich begründet, fehlerfrei ausgeübt.
70Eine pflichtgemäße Ermessensbetätigung liegt vor, da die Vorgaben des § 40 VwVfG beachtet wurden; innerhalb dieses gesetzlichen Rahmens kann die Behörde ihre Ermessensausübung auf Zweckmäßigkeitserwägungen stützen.
71Das Ermessen erstreckt sich neben der Entscheidung, ob überhaupt eingeschritten werden soll, über die Art und Weise des Einschreitens hin zur Auswahl des Pflichtigen, wenn für den abfallrechtswidrigen Zustand mehrere Verantwortliche ausgemacht werden können. Das Ermessen bezieht sich mithin auch auf die Adressatenauswahl, also die Entscheidung, ob Abfallerzeuger, Abfallbesitzer oder andere Personen in Anspruch zu nehmen sind. Eine Rolle spielen dabei etwa die Grundsätze der Effektivität, der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, der Zumutbarkeit und das Verursacherprinzip. Das KrWG stellt grundsätzlich keinen Vorrang zwischen den in Betracht kommenden Personengruppen auf. Bei der Ermessensausübung darf sich die zuständige Behörde vor allem von Effektivitätserwägungen leiten lassen. Das wird regelmäßig wegen der tatsächlichen Sachherrschaft (vgl. § 3 Abs. 9 KrWG) für eine Inanspruchnahme des Abfallbesitzers und nicht für ein Einschreiten gegen den Abfallerzeuger sprechen, der nicht Abfallbesitzer ist. Das Verursacherprinzip und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit können für die Ermessensentscheidung von Bedeutung sein.
72Vgl. Beckmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Kommentar, Band II, KrWG, Kreislaufwirtschaftsgesetz, 90. Auflage, § 62 Rn. 24f. mit weiteren Nachweisen.
73Die Heranziehung des Klägers als Störer begegnet keinen Bedenken. Nach § 15 KrWG ist zwar neben dem Abfallbesitzer, hier – wie dargelegt – dem Kläger, auch der Erzeuger der Abfälle beseitigungspflichtig. Wer Erzeuger des asbesthaltigen Recyclingmaterials war, ist aber bis heute unklar. Die Vermengung des Bauschutts aus Beton-, Ziegel-, Fliesen- und Keramikabfällen mit Asbestzementprodukten kann u.a. beim Abriss eines Bauwerks aufgrund vorherigen Unterbleibens des separaten Ausbaus asbesthaltiger Baumaterialien als auch durch Vermengung von Bauschutt mit asbesthaltigen Baustoffen in einer Brecheranlage erfolgt sein. Ob beides vorliegend in einer Hand lag, war der Beklagten nicht bekannt. Das Einschreiten gegen den Kläger als Handlungs- und/oder Zustandsstörer, der auch Inhaber der tatsächlichen Gewalt und wirtschaftlich leistungsfähig war, ist daher jedenfalls deshalb nicht ermessensfehlerhaft, weil unklar war, ob und in welchem Umfang die Haftung anderer Personen in Betracht kam.
74Auch die Art und Weise des Einschreitens der Beklagten begegnet keinen Ermessensfehler begründenden Bedenken. Da es sich – wie dargelegt – um Abfall zur Beseitigung handelte, konnte die Beklagte dem Kläger als Abfallbesitzer die Pflicht auferlegen, die auf dem Grundstück H. G. . , Flur , Flurstücke, abgelagerten Massen, zu deren Spezifizierung die Beklagte in ihrer Ordnungsverfügung auf einen der Ordnungsverfügung beiliegenden Lageplan verweist, ordnungsgemäß und schadlos zu entsorgen. Dabei legte sie die Reihenfolge der Maßnahmen differenziert nach den Lager- und Einbauorten des kontaminierten Recyclingmaterials fest, indem sie forderte, dassdie auf dem im Lageplan grün eingezeichneten Flächen lagernden Massen innerhalb von vier Wochen nach Bestandskraft der Ordnungsverfügung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Entsorgung zuzuführen sind,die in den rot gekennzeichneten Flächen lagernden Materialien unmittelbar nach Abschluss der Baumaßnahme (ca. III. Quartal 2018) auszubauen und nachfolgend ordnungsgemäß und schadlos zu entsorgen sind, bis zum Ende der Baumaßnahme diese freiliegenden Oberflächen mit einem Geotextil und mit einer Schotter- oder RC-Schicht abzudecken sindunddie bituminösen Wegeflächen bis zum Ende der Baumaßnahme verbleiben können, dann abgetragen werden müssen und zwischenzeitlich die Randflächen der Wege um 10 cm abzutragen und mit Schotter, schadstofffreiem RC-Material o.ä. aufzufüllen sind.
75Diese letztgenannte Anordnung ist nicht unbestimmt, weil in ihr der Ausbau des kontaminierten Recyclingschotters „unmittelbar nach Abschluss der Baumaßnahme“ gefordert wird. Da Art und Umfang der Baumaßnahme den Beteiligten bekannt ist, ist für sie und damit insbesondere für den Kläger der Zeitpunkt, ab dem er die in den rot gekennzeichneten Flächen lagernden Materialien ordnungsgemäß und schadlos zu beseitigen hat, ohne weiteres erkennbar.
76Auch soweit das in der Ordnungsverfügung angeordnete abgestufte Verfahren anordnet „die bituminösen Wegflächen verbleiben bis zum Ende der Baumaßnahme und werden dann abgetragen“, bestehen keine Zweifel an Intention und Bestimmtheit dieser Anordnung. Aufgrund des Zusammenhangs dieser Regelung mit der eingangs der Nr. 1 der Ordnungsverfügung allgemein postulierten Entsorgungspflicht bezüglich des kontaminierten Recyclingschotters ergibt sich, dass es der Beklagten nicht um die bituminöse Wegefläche selbst, sondern um den durch die Bitumschicht vor Witterung geschützten Unterbau aus kontaminiertem Recyclingschotter und dessen Entledigung nach Ende der Baumaßnahme im Zusammenhang mit dem Rückbau der Baustelleneinrichtungsfläche geht.
77Dass die Beklagte fordert, bis „zum Ende der Baumaßnahme … diese“ – gemeint sind (eindeutig) die mit kontaminierten Recyclingschotter verseuchten – „freiliegenden Oberflächen mit einem Geotextil und mit einer Schotter- oder RC-Schicht“ abzudecken, dient zwar nicht unmittelbar der Pflicht des Klägers zur Entsorgung des Abfallmaterials, stellt sich aber im Verhältnis zu dem mit der Ordnungsverfügung verfolgten Zweck der Durchsetzung der Pflicht zur Entsorgung von Abfall (noch) als zulässiges Mittel dar. Denn dadurch werden die von dem kontaminierten Recyclingmaterial ausgehenden, eigentlich die sofortige Entledigungspflicht begründenden Gesundheitsgefährdungen gebannt, wird dem Kläger die Möglichkeit erhalten, sein weitgehend bereits erstelltes Werk der Schaffung einer Baustelleneinrichtungsfläche fertigzustellen und nur die Entsorgungspflicht des Klägers zeitlich auf die Zeit nach dem Abschluss der Baumaßnahme verschoben. Gleiches gilt für die Verpflichtung, die Randflächen der Wege um 10 cm abzutragen und mit Schotter, schadstofffreiem RC-Material o.ä. aufzufüllen. Beide Maßnahmen stellen sich als milderes Mittel dar, bei dem nicht das eigentliche Ziel der Ordnungsverfügung, nämlich die Auferlegung der Pflicht des Klägers zur Entsorgung des kontaminierten Recyclingmaterials, aus dem Blick gerät.
78Dass diese weniger belastenden Mittel seitens der Beklagten ausschließlich bezüglich der kontaminierten Massen ergriffen wurden, die aktuell nur unter erschwerten Bedingungen ausgebaut werden konnten, weil entweder auf ihnen Baumaschinen standen, so dass der Austausch des Untergrundes einen Ab- und Wiederaufbau derselben (z.B. Kräne) erfordert hätte, oder sie die Randflächen der Wege bildeten, die für deren Abstützung notwendig waren, und nicht für alle Flächen zunächst eine Abdeckung mittels Folie und einer darauf aufzubringenden Packlage (von 5 cm) nicht kontaminiertem Recyclingmaterials, verbunden mit der Anordnung der Entsorgung des belasteten Materials erst nach Beendigung der Baumaßnahme verfügt wurde , führt nicht zur Unverhältnismäßigkeit der Verpflichtung der sofortigen Beseitigung des kontaminierten Recyclingschotters. Denn die spätere Beseitigung stellt sich nicht als ebenso gut geeignet für die Wahrung des Umwelt- und Gesundheitsschutzes dar wie die sofortige Beseitigung des kontaminierten Recyclingschotters. Mildere Mittel sind aber nur dann vorrangig zu ergreifen, wenn sie gleich geeignet sind.
79Die Ordnungsverfügung erweist sich auch nicht deshalb als unverhältnismäßig, weil ein milderes Mittel in Form des Einsammelns der Asbestzementbruchstücke zur Verfügung stand. Mag dies für die Oberfläche der hergestellten Baustelleneinrichtungsfläche noch angehen, erweist sich dieses Mittel in Bezug auf die im Innern der Baustelleneinrichtung sich befindenden Asbestzementbruchstücke als untauglich, da diese Methode der Asbestzementbeseitigung sowohl zeitlich als auch finanziell extrem aufwendig wäre und mit ihr eine weitergehende als mit dem Aufnehmen und Abfahren des gesamten kontaminierten Recyclingmaterials ohnehin einhergehende Gesundheitsgefährdung der Mitarbeiter des Klägers und der Passanten einhergegangen wäre. Die im Innern der Baustelleneinrichtung befindlichen Asbestzementbruchstücke konnten dort auch nicht gefahrlos verbleiben, bis die Baustelleneinrichtung ihre Dienste getan hatte und wieder beseitigt werden konnte. Denn bei einer unbefestigten Baustelleneinrichtungsfläche ist nicht sichergestellt, dass der verwandte Schotter durch weitere Setzung und damit einhergehendem Abrieb weiterhin Asbestfasern freisetzt bzw. die Schotterschicht sich lockert oder aufgebrochen wird und dadurch Asbestzementbruchstücke an die Oberfläche treten und Asbestfasern durch Zermalmung oder Verwitterung freisetzen. Die Auflage, die Baustelleneinrichtungsfläche in gewissen Zeitabständen zu begehen, z.B. einmal täglich, um aus dem Recyclingmaterial an die Oberfläche gelangte Asbestzementbruchstücke aufzusammeln, erweist sich im Gegensatz zum Entfernen des aufgebrachten kontaminierten Recyclingmaterials nicht als gleich effektiv, da dies aufwändiger, nämlich zeit- und kostenintensiver für den Kläger gewesen wäre.
80Der zulässige Klageantrag zu 2. ist nicht begründet. Nr. 2 der Ordnungsverfügung der Beklagten vom, Nachweise über die ordnungsgemäße Entsorgung der Beklagten in Form von Begleitscheinen, Übernahmescheinen, Rechnungen, Lieferscheinen, Wiegescheinen o.ä. innerhalb einer Woche nach der erfolgten ordnungsgemäßen Entsorgung vorzulegen, ist rechtmäßig.
81Soweit die Beklagte dazu auf § 51 Abs 1 KrWG verweist, nach dem die zuständige Behörde anordnen kann, dass zur Entsorgung von Abfällen Verpflichtete Nachweise zu führen und vorzulegen haben, und sodann § 2 Abs. 1 Nr. 2 der Nachweisverordnung vom 20. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2298), zuletzt geändert durch Art. 97 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) – NachwV – heranzieht, nach der Abfallentsorger zur Nachweisführung nach der NachwV verpflichtet sind, soweit eine Pflicht zur Führung von Nachweisen nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 Krw-/AbfG über die Entsorgung nicht gefährlicher Abfälle auf Anordnung der zuständigen Behörde besteht, könnte diese Verweisung allenfalls im Rahmen eines Erst-Recht-Schlusses fruchtbar gemacht werden, da es sich bei den Asbestzementbruchstücken – wie oben bereits dargelegt – um gefährlichen und nicht nur um nicht gefährlichen Abfall handelt, die Begründung einer Nachweispflicht für die Entsorgung gefährlicher Abfälle aber erst Recht angezeigt ist, wenn der Verordnungsgeber eine Nachweispflicht schon bei nicht gefährlichen Abfällen in das Ermessen der Behörde stellt.
82Nach § 50 Abs. 1 KrWG und § 2 Abs. 1 Nr. 1 NachwV hat der zur Entsorgung gefährlicher Abfälle Verpflichtete aber bereits kraft Gesetzes der zuständigen Behörde gegenüber die ordnungsgemäße Entsorgung gefährlicher Abfälle nachzuweisen. Allein aufgrund dieser gesetzlichen Pflicht erweist sich mithin die Anordnung in Nr. 2 der Ordnungsverfügung der Beklagten vom als rechtmäßig. Die Asbestzementbruchstücke sind – wie oben bereits dargelegt – gefährlicher Abfall, der nicht durch Vermischung mit zu Recyclingmaterial verarbeiteten Bauschutt zu einem nichtgefährlichen Abfall mutierte, sondern seine Gefährlichkeit behielt. Dass die Beklagte die für eine solche Anordnung zuständige Abfallbehörde ist, wurde oben ebenfalls bereits dargelegt.
83Die in Nr. 3 der Ordnungsverfügung ausgesprochene Zwangsgeldandrohung beruht auf §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2, 63 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG O. ) und ist im vorliegenden Verfahren nicht zu beanstanden.
84Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
85Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 709 Zivilprozessordnung.
86Rechtsmittelbelehrung:
87Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
881. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
892. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
903. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
914. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
925. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
93Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich oder als elektronisches Dokument, letzteres nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV), bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, zu beantragen. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, schriftlich oder als elektronisches Dokument, letzteres nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV, einzureichen.
94Im Berufungsverfahren muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Der Kreis der als Prozessbevollmächtigte zugelassenen Personen und Organisationen bestimmt sich nach § 67 Abs. 4 VwGO.
95Beschluss:
96Der Streitwert wird auf 80.000,00 € festgesetzt.
97Gründe:
98Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes Danach ist das wirtschaftliche Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Nrn. 1 und 2 der Ordnungsverfügung der Beklagten vom 19. Juli 2016 zugrunde zu legen, dass im Hinblick auf die Vorbereitung eines Schadensersatzprozesses identisch ist mit den Kosten für die Befolgung der in den Nr. 1 und 2 der Ordnungsverfügung der Beklagten vom 19. Juli 2016 getroffenen Anordnungen, die die Kammer im Zuge ihres Ermessens mit 80.000,00 Euro beziffert.
99Rechtsmittelbelehrung:
100Gegen diesen Beschluss findet innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
101Die Beschwerde ist schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder als elektronisches Dokument, letzteres nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV), beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen einzulegen. Über sie entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, falls das beschließende Gericht ihr nicht abhilft.
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Referenzen
- § 2 Abs. 1 Nr. 1 NachwV 1x (nicht zugeordnet)
- KrWG § 9 Getrennthalten von Abfällen zur Verwertung, Vermischungsverbot 6x
- VwGO § 80 1x
- KrWG § 51 Überwachung im Einzelfall 5x
- VwGO § 154 1x
- KrWG § 62 Anordnungen im Einzelfall 3x
- AVV § 3 Gefährlichkeit von Abfällen 5x
- KrWG § 7 Grundpflichten der Kreislaufwirtschaft 7x
- KrWG § 5 Ende der Abfalleigenschaft 1x
- § 64 VwVG 1x (nicht zugeordnet)
- 7 B 25/12 1x (nicht zugeordnet)
- KrWG § 3 Begriffsbestimmungen 14x
- KrWG § 48 Abfallbezeichnung, gefährliche Abfälle 3x
- § 57 VwVG 1x (nicht zugeordnet)
- KrWG § 50 Nachweispflichten 1x
- KrWG § 15 Grundpflichten der Abfallbeseitigung 1x
- § 14 Abs. 2 Nr. 1 DepV 1x (nicht zugeordnet)
- § 1 Abs. 2 Nr. 2 ChemVerbotsV 1x (nicht zugeordnet)
- AVV § 1 Anwendungsbereich 1x
- VwGO § 67 1x
- § 16 Abs. 2 GefStV 1x (nicht zugeordnet)
- § 55 Abs. 1 VwVG 1x (nicht zugeordnet)
- KrWG § 28 Ordnung der Abfallbeseitigung 5x
- § 63 VwVG 1x (nicht zugeordnet)
- Urteil vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 20 A 2798/11 1x
- § 1 ChemVerbotsV 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 55a 1x