Urteil vom Verwaltungsgericht Greifswald (3. Kammer) - 3 A 216/11

Tenor

1. Soweit die Kläger die Klage zurückgenommen haben, wird das Verfahren eingestellt. Der Bescheid des Beklagten vom 1. September 2010 „Straßenbeleuchtung E. Straße“ in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 2011 wird aufgehoben.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Klägern als Gesamtschuldnern zu 74 v.H. und im Übrigen dem Beklagten auferlegt.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Vollstreckungsschuld abzuwenden, wenn nicht die Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu Straßenausbaubeiträgen.

2

Die Kläger sind Eigentümer des G 1, Gemarkung A-Stadt in einer Größe von 8.130 m². Das Grundstück ist in seinem südöstlichen Bereich mit zwei Hauptgebäuden und Carports bebaut. Der größere Teil des Grundstücks ist unbebaut und weist einen Baumbestand (Wald) auf.

3

Das Grundstück grenzt im Osten an die L. Straße und im Norden an die E. Straße, die auf Höhe des Grundstücks in die L. Straße einmündet. Bei der L. Straße handelt es sich um die Ortsdurchfahrt der K.straße 14.

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Im Jahre 2006 ließ die Gemeinde A-Stadt-Warsin im Rahmen einer Gemeinschaftsmaßnahme mit dem damaligen Landkreis Uecker-Randow den Gehweg in der L. Straße sowie die Straßenbeleuchtung in der L. Straße und der Eggesiner Straße erneuern. Die Erneuerung der Straßenbeleuchtung erfolgte auf Grundlage des zwischen der Gemeinde und der E.ON edis AG am 13. November 2006 geschlossenen „Vertrages Dienstleistung Licht“. Danach betreibt E.ON edis die Anlage und erhält dafür eine Vergütung, die aus einer Grundvergütung, den Betriebskosten und den Elektroenergiekosten besteht. Nach Ziff. 3.6 des Vertrages zahlt die Gemeinde für die Bereitstellung der Straßenbeleuchtungsanlage einen Investitionszuschuss i.H.v. 39.313,26 EUR (brutto).

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In Ziff. 6 „Laufzeit“ des Vertrages heißt es:

6

„6.1 Dieser Vertrag tritt mit Unterschriftsleistung in Kraft. Er läuft 20 volle Kalenderjahre bis zum 31.12.2026 und verlängert sich um ein weiteres Jahr, wenn er nicht spätestens sechs Monate vor Vertragsablauf von einem der beiden Vertragspartner schriftlich per Einschreiben gekündigt wird.

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6.2. Auf Wunsch der Kommune geht die Anlage nach Beendigung des Vertrages zum Restbuchwert in ihr Eigentum über. (…) Für die Wirksamkeit des Eigentumsübergangs ist der Abschluss eines Anschlussvertrages zwischen der Kommune und E.ON edis eine zwingende Voraussetzung.

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Für den Fall, dass die Kommune die Anlage nicht in ihr Eigentum übernimmt, trägt die Kommune die Kosten für die Demontage der Anlage.“

9

Mit Bescheid vom 16. Juni 2010 zog der Beklagte die Kläger für Baumaßnahme „Nebenanlagen L. Straße“ zu einem Ausbaubeitrag i.H.v. 776,73 EUR heran. Auf den Widerspruch der Kläger reduzierte der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. Februar 2011 die Festsetzung auf 531,04 EUR.

10

Mit Bescheid vom 1. September 2010 zog der Beklagte die Kläger für die Baumaßnahme „Straßenbeleuchtung E. Straße“ zu einem Ausbaubeitrag i.H.v. 274,56 EUR heran. Auf den Widerspruch der Kläger reduzierte der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. Februar 2011 die Festsetzung auf 187,71 EUR.

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Am 8. März 2011 haben die Kläger gegen beide Beitragsbescheide Anfechtungsklage erhoben. In der mündlichen Verhandlung haben die Kläger die Klage in Bezug auf den Beitragsbescheid vom 16. Juni 2010 für die L. Straße zurückgenommen.

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Die Kläger beantragen,

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den Bescheid des Beklagten vom 1. September 2010 – Az. 22.006785 – in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 2011 aufzuheben.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er ist der Auffassung, der Bescheid sei rechtmäßig. Insbesondere handele es sich bei der Anlegung der Straßenbeleuchtung um eine beitragsfähige Maßnahme. Die dauerhafte Nutzbarkeit der Teileinrichtung sei gewährleistet, da die Straßenbeleuchtung als wesentlicher Bestandteil der Straßengrundstücke im Eigentum der Gemeinde stünde. Ungeachtet dessen sei das gemeindliche Eigentum an der Straßenbeleuchtung keine Voraussetzung für die Beitragserhebung. Eine Rückabwicklung des mit der E.ON edis geschlossenen Vertrages sei ausgeschlossen, da die Gemeinde den vereinbarten Investitionszuschuss gezahlt habe. Damit sei ein auf den Erwerb des Volleigentums gerichtetes Anwartschaftsrecht der Gemeinde entstanden.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Dem Gericht haben bei der Entscheidung die beim Beklagten entstandenen Verwaltungsvorgänge vorgelegen.

Entscheidungsgründe

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1. Soweit die Kläger die Klage zurückgenommen haben, ist das Verfahren nach § 92 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) einzustellen. Im Übrigen ist die zulässige Klage begründet. Der Beitragsbescheid vom 1. September 2010 „Straßenbeleuchtung Eggesiner Straße“ ist rechtswidrig und verletzt die Kläger daher in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

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Die Heranziehung der Kläger zu dem Straßenbaubeitrag ist unzulässig, weil der die Beitragspflicht begründende Sondervorteil (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 Kommunalabgabengesetz - KAG M-V) gegenwärtig nicht voll ausgeprägt ist. Daher konnte die sachliche Beitragspflicht und damit auch die persönliche Beitragspflicht der Kläger nicht entstehen.

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a. Dies folgt allerdings nicht bereits aus dem Umstand, dass sich die Straßenbeleuchtung nicht im Eigentum der Gemeinde befindet, sondern erst nach Beendigung des „Vertrages Dienstleistung Licht“, d.h. frühestens im Jahre 2026 zum Restbuchwert in das Eigentum der Gemeinde übergehen wird. Soweit der Beklagte der Auffassung ist, die Straßenbeleuchtung sei als wesentlicher Bestandteil des Straßengrundstücks in sein Eigentum übergegangen, kann dem nicht gefolgt werden. Denn der genannte Vertrag, auf den noch näher einzugehen sein wird, enthält eine schuldrechtliche Gestattung zur Anlegung der Straßenbeleuchtung, was dazu führt, dass die Straßenbeleuchtung als Scheinbestandteil i.S.d. § 95 Abs. 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) anzusehen ist. Andernfalls wäre die Vereinbarung in Ziff. 6.2 Satz 1 des Vertrages nicht zu erklären. Die Verbindung der Straßenbeleuchtung mit dem Straßengrundstück konnte damit nicht zu einem Eigentumsübergang nach § 946 BGB führen.

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Dennoch steht das fehlende gemeindliche Eigentum der Beitragserhebung nicht entgegen, denn der Eigentumserwerb ist nicht Voraussetzung für die Beitragsfähigkeit der Maßnahme. Dies folgt aus § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 der Satzung der Gemeinde A-Stadt-Warsin über die Erhebung von Beiträgen für den Bau von Straßen, Wegen und Plätzen (Straßenbaubeitragssatzung – SBS) vom 22. Januar 2001. Die Vorschrift bestimmt lediglich, dass zum beitragsfähigen Aufwand die Kosten für die Beleuchtungseinrichtungen gehören. Dass sich die Straßenbeleuchtung im Eigentum der Gemeinde befinden muss, kann der Bestimmung nicht entnommen werden. Bestätigt wird diese Auslegung durch § 3 Abs. 2 Satz 2 erster Anstrich SBS. Soweit darin die Kosten für den erforderlichen Grunderwerb u.a. von Straßenflächen zum beitragsfähigen Aufwand bestimmt werden, beruht dies auf dem Umstand, dass diese Kosten ansonsten nicht in den Vorteilsausgleich einbezogen werden könnten. Daraus folgt aber auch, dass das gemeindliche Eigentum an der Straßenfläche keine (zwingende) Voraussetzung für die Beitragsfähigkeit der Maßnahme ist (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Auflage 2012, § 37 Rn. 6, § 33 Rn. 31). Nichts anderes kann für die Teileinrichtung Straßenbeleuchtung gelten.

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b. Die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht ist vorliegend jedoch dadurch ausgeschlossen, dass die tatsächliche Existenz und Nutzbarkeit der Teileinrichtung Straßenbeleuchtung für den veranschlagten Zeitraum ihrer Nutzung nicht gewährleistet ist.

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Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Nach der zum Erschließungsbeitragsrecht ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist jeder Beitrag im abgabenrechtlichen Sinne eine durch den Gesichtspunkt der Gegenleistung gekennzeichnete Abgabe, mit der ein Ausgleich für einen durch eine Leistung der Gemeinde ausgelösten Sondervorteil verlangt wird. Gerade der besondere (wirtschaftliche) Vorteil, den bestimmte Personen von der Herstellung namentlich einer Anbaustraße haben, ist Voraussetzung dafür, sie und nicht (auch) andere an den Kosten dieser Maßnahme anteilig zu beteiligen; ohne einen solchen Sondervorteil wäre die Heranziehung zu einem Erschießungsbeitrag verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen. Eine den vollen Erschließungsbeitrag legitimierende Kraft hat indes ausschließlich ein dem korrespondierender voller, nicht durch irgendwelche Belastungen in der Wertigkeit geminderter Sondervorteil; nur er deckt eine zum Ausgleich für eine Leistung der Gemeinde geforderte volle Beitrags(gegen)leistung. Einen solchen vollen Sondervorteil verschafft allerdings lediglich eine rechtmäßig hergestellte Anbaustraße. Fehlt es an der Rechtmäßigkeit, ist die Herstellung und der durch sie ausgelöste Sondervorteil mit einem Makel, mit einem Risiko belastet, dem Risiko nämlich, dass die Straße früher oder später zur Behebung des eingetretenen rechtswidrigen Zustands beseitigt wird. Dabei ist unerheblich, unter welchen Voraussetzungen im Einzelnen eine Beseitigung der Straße erfolgen kann und wie hoch der Grad der Wahrscheinlichkeit einer solchen Beseitigung ist. Denn diese Gesichtspunkte haben Einfluss lediglich auf das Gewicht des Makels, der einer rechtswidrig hergestellten Straße und dem durch sie vermittelten Sondervorteil anhaftet, nicht aber auf dessen Existenz (BVerwG, Urt. v. 21.10.1994 – 8 C 2/93 –, juris Rn. 16).

24

Diese Erwägungen sind auf den vorliegenden Fall übertragbar. Unschädlich ist, dass die Entscheidung zum Erschließungsbeitragsrecht ergangen ist. Denn das Bundesverwaltungsgericht hat in der Entscheidung selbst ausgeführt, dass seine Erwägungen für jeden Beitrag im abgabenrechtlichen Sinne und daher auch für einen Straßenbaubeitrag gelten. Ebenfalls unschädlich ist, dass die Entscheidung an den „Makel“ einer rechtswidrigen Herstellung der Anlage anknüpft, eine Fallkonstellation, die vorliegend ersichtlich nicht gegeben ist. Denn maßgeblich für die Übertragbarkeit der Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts auf den vorliegenden Fall ist nicht, aus welchem Grund das Risiko einer (vorzeitigen) Beseitigung der beitragsfähigen Anlage besteht, sondern dass ein solches Risiko überhaupt besteht. Die Annahme, dass nur das durch eine rechtswidrige Herstellung der Anlage begründete Beseitigungsrisiko der vollen Ausprägung des Sondervorteils entgegen steht, klingt in der Entscheidung nicht einmal an.

25

Gemessen an den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Kriterien ist der beitragsrelevante Sondervorteil in Ansehung der Teileinrichtung Straßenbeleuchtung nicht voll ausgeprägt. Denn es ist nicht gewährleistet, dass die Straßenbeleuchtung in dem zu veranschlagenden Zeitraum ihrer Nutzung auch tatsächlich existiert und von den Anliegern genutzt werden kann. Vielmehr besteht das Risiko, dass sie vorher beseitigt wird. Zwar weist der Beklagte zu Recht darauf hin, dass mit der (erfolgten) Zahlung des in Ziff. 3.6 des „Vertrages Dienstleistung Licht“ vereinbarten einmaligen Investitionszuschusses i.H.v. 39.313,26 EUR (brutto) eine Rückabwicklung des Vertrages ausgeschlossen ist. Keinesfalls besitzt die Gemeinde aber ein Anwartschaftsrecht zum Vollerwerb des Eigentums. Die Annahme eines solchen Anwartschaftsrechts setzt nach allgemeinen Grundsätzen voraus, dass der Eigentumserwerb der Gemeinde nicht durch einseitige Maßnahmen des Vertragspartners ausgeschlossen werden kann. Gerade dies ist aber nach den zwischen der Gemeinde A-Stadt-Warsin und der E.ON edis getroffenen Vereinbarungen nicht der Fall. Denn der in Ziff. 6.2 Satz 1 des Vertrages vorgesehene Eigentumsübergang mit Vertragsbeendigung tritt nach Satz 3 nur ein, wenn zwischen der Gemeinde und der E.ON edis ein Anschlussvertrag vereinbart wird. Die Vereinbarung eines solchen Vertrages wird ausdrücklich als „zwingende Voraussetzung“ hervorgehoben. Sollte ein solcher Vertrag nicht geschlossen werden – etwa weil die ihr angebotenen Vertragskonditionen für die Gemeinde unannehmbar sind –, so hat die E.ON edis nach Ziff. 6.2 Satz 4 des Vertrages das Recht, die Anlage auf Kosten der Gemeinde zu demontieren. Die Gemeinde kann einer möglichen Neuverhandlung des Vertrages nach Ablauf seiner Mindestdauer auch nicht dadurch entgehen, dass sie von einer Kündigung absieht und auf die in Ziff. 6.1 Satz 1 vereinbarte Vertragsverlängerung baut. Denn das Kündigungsrecht nach Ablauf der Mindestlaufzeit des Vertrages steht auch der E.ON edis zu.

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Der Umstand, dass die Eggesiner Straße straßenrechtlich gewidmet ist, steht einem Wegnahmerecht nach Ziff. 6.2 Satz 4 des Vertrages nicht entgegen. Weil die Straßenbeleuchtung weder Bestandteil noch Zubehör oder Nebenanlage einer öffentlichen Straße ist (Sauthoff in: ders./Witting, StrWG M-V, Stand 09/2012, § 2 Rn. 32 m.w.N.), wird sie auch von der Widmung (§ 7 Straßen- und Wegegesetz – StrWG M-V) nicht erfasst. Damit werden die privatrechtlichen Befugnisse der E.ON edis durch die Widmung nicht beschränkt.

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Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, wie hoch die Wahrscheinlichkeit dafür ist, dass sich das in der Vertragskonstruktion angelegte Risiko einer Beseitigung der Straßenbeleuchtung tatsächlich verwirklicht. Die Kammer sieht sehr wohl, dass sich die Gemeinde nach einer Kündigung in einer äußerst ungünstigen Verhandlungsposition befindet, die einer Knebelung gleichkommt. Es ist daher davon auszugehen, dass die Gemeinde alles tun wird, um eine Demontage der Straßenbeleuchtung auf eigene Kosten zu vermeiden. Wie hoch der Grad der Wahrscheinlichkeit einer Beseitigung der Straßenbeleuchtung ist, ist nach der bereits zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aber ohne Belang, d.h. selbst bei einem verhältnismäßig niedrigen Beseitigungsrisiko ist der Sondervorteil nicht voll ausprägt und kann daher eine Entstehung der Beitragspflicht nicht bewirken.

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Ebenfalls unerheblich ist, dass sich das Beseitigungsrisiko erst nach Ablauf der Mindestvertragslaufzeit von 20 Jahren verwirklichen kann. Dieser Umstand wäre nur dann beachtlich, wenn die übliche Nutzungsdauer der Straßenbeleuchtung ebenfalls nach 20 Jahren abgelaufen wäre. Müssten die Beitragspflichtigen nämlich davon ausgehen, dass die Straßenbeleuchtung nach Ablauf von 20 Jahren ohnehin verschlissen und damit erneuerungsbedürftig ist, stünde das dargestellte Beseitigungsrisiko der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht nicht entgegen. Hiervon kann jedoch nicht ausgegangen werden, denn nach der weitgehend einhelligen Rechtsprechung und Literatur beträgt die übliche Nutzungsdauer einer Straßenbeleuchtung etwa 30 Jahre (OVG Münster, Urt. v. 28.08.2001 – 15 A 465/99 –, juris Rn. 29 m.w.N.; VG Münster Urt. v. 12.01.2011 – 3 K 2449/09 –, juris Rn. 26; VG Potsdam, Urt. v. 15.11.2010 – 12 K 2144/07 –, juris Rn. 43; VG Schwerin, Beschl. v. 20.09.2004 – 8 B 594/03 –, juris Rn. 17; VG Greifswald, Beschl. v. 15.10.2012 – 3 B 1308/12 –, juris Rn. 39; Driehaus, a.a.O., § 32 Rn. 28; Holz in: Aussprung/Siemer/ders., KAG M-V, Stand 09/2012, § 8 Anm. 1.5.1.6).

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Entgegen der Auffassung des Beklagten kann daher nicht angenommen werden, dass die Straßenbeleuchtung nach Ablauf der Mindestvertragslaufzeit verschlissen ist. Soweit er sich zum Beleg seiner gegenteiligen Auffassung darauf beruft, dass nach der Verwaltungsvorschrift des Innenministerium vom 8. Dezember 2008 – II 320-174.3.2.1 – zu § 34 Abs. 2 Satz 1 Gemeindehaushaltsverordnung-Doppik (GemHVO-Doppik) die Nutzungsdauer für Straßenbeleuchtungen 20 Jahre beträgt, führt dies zu keiner anderen Betrachtung. Denn der Anwendungsbereich der Verwaltungsvorschrift beschränkt sich auf die Abschreibungen nach § 34 GemHVO-Doppik. Zu den Zielen der Doppik gehört u.a. die Gewährleistung der Generationengerechtigkeit, insbesondere durch eine Abbildung des Ressourcenverbrauchs. Bewertungen von Vermögensgegenständen und damit auch die Bewertung von Vermögensgegenständen des Anlagenvermögens, deren Nutzung zeitlich begrenzt ist, sind „vorsichtig“ (vgl. § 32 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 GemHVO-Doppik) vorzunehmen. Diese rechtliche Bewertungsvorgabe wirkt sich auch auf die Länge von Abschreibungsfristen aus, da bei einer „vorsichtigen“ Bewertung im Zweifel von einer im Vergleich zur tatsächlichen Nutzungsdauer kürzeren „normativen“ Nutzungsdauer auszugehen ist. Für die Bemessung der üblichen Nutzungsdauer einer Teileinrichtung im Straßenbaubeitragsrecht geben die Regeln der Doppik nichts her, denn hier ist maßgeblich, mit welcher tatsächlichen Nutzungsdauer einer neu hergestellten oder verbesserten Anlage die Beitragspflichtigen rechnen können bzw. ab wann sie mit einer beitragspflichtigen Erneuerung rechnen müssen.

30

Die vorstehenden Ausführungen gelten hinsichtlich der für Straßenbeleuchtungsanlagen maßgeblichen Nutzungsdauer von 19 Jahren nach Gl.Nr. 2.4 der vom Bundesministerium der Finanzen herausgegebenen AfA-Tabelle für die allgemein verwendbaren Anlagegüter entsprechend.

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Weil das dargestellte Beseitigungsrisiko der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht für die Teileinrichtung Straßenbeleuchtung entgegen steht, kann offen bleiben, ob die Beitragspflicht auch deshalb nicht entstanden ist, weil es an der erforderlichen Kostenspaltung (§ 7 Abs. 3 KAG M-V) fehlt.

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2. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 155 Abs. 2 VwGO; die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe für eine Zulassung der Berufung sind nicht ersichtlich.

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