Urteil vom Verwaltungsgericht Greifswald (6. Kammer) - 6 A 902/12
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung nach Maßgabe der Kostenfestsetzung abwenden, falls der Beklagte nicht vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Beihilfe.
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Der Kläger ist als emeritierter Universitätsprofessor beihilfeberechtigter ehemaliger Hochschullehrer im Landesdienst. Er beantragte unter dem 24.02.2012 u.a. die Gewährung einer Beihilfe für das in den Jahren 2011 und 2012 seiner am 16.04.1983 geborenen Tochter mehrfach verschriebene Präparat „Sanopal“, für das der Kläger insgesamt 1.032,00 Euro aufwandte. Mit Bescheid vom 05.03.2012 versagte der Beklagte hierfür die Gewährung einer Beihilfe. Zur Begründung führte er aus, das Nahrungsergänzungsmittel „Sanopal“ sei von der Beihilfe ausgeschlossen.
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Hiergegen legte der Kläger am 22.03.2012 unter Hinweis auf zwei Urteile Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 23.05.2012 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung heißt es, nicht beihilfefähig seien Aufwendungen für verschreibungspflichtige Arzneimittel, die nach § 34 Abs. 1 Satz 6 bis 8 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) oder aufgrund der Rechtsverordnung nach § 34 Abs. 3 SBG V von der Verordnung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen seien. Die Entscheidung über die Beihilfefähigkeit sei abhängig von der Zuordnung des Mittels zum Kreis der Arzneimittel. Einen Anhaltspunkt, ob es sich um ein Arzneimittel im medizinischen Sinn handele, könne seiner Zulassung bzw. Registrierung entnommen werden, die nach § 2 Abs. 4 des Arzneimittelgesetzes (AMG) vorgeschrieben sei. Mit dieser Zulassung bzw. Registrierung würden Arzneimittel in eine pharmazeutische Liste, die sog. „Rote Liste“ aufgenommen. Das Mittel „Sanopal“ sei in dieser Liste nicht enthalten und habe somit auch nicht die notwendige Zulassung als Arzneimittel. Es sei ebenfalls kein Medizinprodukt. Weder weise die Medizindatenbank das Mittel aus, noch sei es als beihilfefähiges Produkt im Anhang 10 aufgeführt. Vielmehr sei es aufgrund der inhaltlichen Zusammensetzung als Nahrungsergänzungsmittel dem Bereich der Lebensmittel und somit der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen. Aufwendungen für Mittel, die geeignet seien, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen, würden bereits im Rahmen der Besoldung berücksichtigt. Würden sie nochmals im Rahmen der Beihilfe berücksichtigt, käme dies einer Überalimentierung gleich. Das verordnete Medikament sei nach seiner objektiven Eigenart und Beschaffenheit dazu bestimmt, als Nahrungsersatz verwendet zu werden. Nahrungsergänzungsmittel und Aufbaupräparate wie „Sanopal“ benötigten keine spezielle Zulassung. Sie seien per Definition Lebensmittel oder Güter des täglichen Bedarfs, die die allgemeine Ernährung ergänzen und eine physiologische Wirkung ausüben würden.
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Am 19.06.2012 hat der Kläger Klage erhoben. Er trägt vor, der Beklagte habe die Kosten für das Mittel „Sanopal“ für seine Tochter zu erstatten. Dieses Arzneimittel sei seiner Tochter nach medizinischer Indikation zu therapeutischen Zwecken verordnet worden. Der grundsätzliche Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel verstoße gegen die durch Art. 33 Abs. 5 Grundgesetz gewährleistete Fürsorgepflicht des Dienstherrn und könne insofern den Beihilfeanspruch nicht ausschließen. Erst aufgrund neuerer medizinischer Studien sei ermittelt worden, dass CFS/ME eine organische Multisystemerkrankung sei. Entsprechend insuffizient seien die verordneten Therapien gewesen. CFS/ME sei nur eine von mehreren Diagnosen, die für seine Tochter gestellt worden seien.
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Der Kläger beantragt,
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den Beklagte unter Aufhebung seines Bescheides vom 05.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.05.2012 zu verpflichten, ihm Beihilfe in Höhe von 825,00 Euro für die Rezepte vom 16.11.2012, 02.01.2012 und 26.01.2013 zu gewähren.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er trägt vor, bei dem Präparat Sanopal handele es sich nicht um ein Arzneimittel. Es sei ein diätisches Lebensmittel und damit als Nahrungsergänzungsmittel vom Begriff des Arzneimittels ausgeschlossen. Es sei dem Lebensmittelrecht zuzuordnen und die Kosten dafür als Kosten der allgemeinen Lebenshaltung anzusehen. Nach § 1 Abs. 1 der Diätverordnung würden vom Begriff des Lebensmittels auch sog. diätische Lebensmittel umfasst, die besonderen Ernährungszwecken dienen würden. Ärztlich verordnete Präparate könnten nur als beihilfefähige Arzneimittel anerkannt werden, wenn es sich überhaupt um ein Arzneimittel handele. Es müsse sich daher um ein Mittel handeln, das zumindest mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zur Behandlung einer Krankheit geeignet sei und wirksam eingesetzt werden könne, was nach objektiven Maßstäben zu beurteilen sei. Ein Beleg für die Wirksamkeit wäre die wissenschaftliche Anerkennung. Ein weiterer Anhaltspunkt hierfür könne seiner Zulassung bzw. Registrierung entnommen werden. Auch die Härtefallregelung greife nicht ein, weil auch diese sich nur auf Arzneimittel beziehe.
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Die Kammer hat das Verfahren mit Beschluss vom 04.07.2014 auf den Einzelrichter übertragen.
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Für die weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge sowie auf die Gerichtsakte und den Inhalt der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 25.09.2014 verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Ablehnung bzw. Unterlassung des begehrten Verwaltungsakts ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Beihilfegewährung.
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Anspruchsgrundlage hierfür ist § 80 Landesbeamtengesetz Mecklenburg-Vorpommern (LBG M-V) in Verbindung mit den zum Zeitpunkt des Bezuges des verschrieben Präparats in den Jahren 2011 und 2012 gültigen Beihilfevorschriften des Bundes, die das Land Mecklenburg-Vorpommern für anwendbar erklärt hat. Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die die Beihilfe verlangt wird (BVerwG, Urteil vom 27.05.2010 - 2 C 78/08 -, zitiert nach juris). Grundlage für die zu treffende Entscheidung ist daher sowohl der zu den maßgeblichen Zeitpunkten geltende § 80 Abs. 1 LBG M-V sowie die Bundesbeihilfeverordnung (BBhV) vom 13. Februar 2009 in der ab 15. Februar 2009 geltenden Fassung (BGBl. I 2009, 326). Die Bundesbeihilfeverordnung ist auf alle ab dem 15. Februar 2009 entstandenen Aufwendungen anwendbar (vgl. §§ 58 Abs. 1, 59 BBhV) und damit auch auf die im vorliegenden Fall streitigen Aufwendungen.
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Ein Anspruch des Klägers auf Beihilfe zu den von ihm geltend gemachten Aufwendungen beurteilt sich nach § 80 Abs. 1 LBG i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 1 BBhV. Nach § 80 Abs. 1 LBG werden u.a. in Krankheitsfällen Beihilfen nach Maßgabe des § 80 Bundesbeamtengesetz vom 05.02.2009 (BGBl. I S. 160) einschließlich hierzu ergangener Rechtsvorschriften gewährt. Der Kläger ist als - im Zeitpunkt der Aufwendungen - Beamter nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 BBhV beihilfeberechtigt und seine Tochter nach § 4 Abs. 2 BBhV berücksichtigungsfähig. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 BBhV besteht auf Beihilfe ein Rechtsanspruch. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 BBhV sind Aufwendungen grundsätzlich beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und wirtschaftlich angemessen sind. Maßgeblich für die Beurteilung der Notwendigkeit des Bezuges von Heilmitteln ist in erster Linie die ärztliche Verordnung, da das Beihilferecht als Ausprägung des beamtenrechtlichen Fürsorgeprinzips nicht in Konflikt mit der im Patienteninteresse liegenden ärztlichen Therapiefreiheit stehen soll und es daher nicht Aufgabe des in medizinischen Fragen nicht fachkundigen Sachbearbeiters sein kann, die Notwendigkeit von Aufwendungen zu beurteilen. Unerheblich ist daher, ob es sich bei der Behandlung der Tochter des Klägers mit „Sanopal“ um eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode handelt. In Konkretisierung des § 6 Abs. 1 Satz 1 BBhV bestimmt allerdings § 22 BBhV für Arzneimittel, dass diese dann beihilfefähig sind, wenn es sich um Arzneimittel nach § 2 des Arzneimittelgesetzes handelt, die apothekenpflichtig sind (Abs. 1 Nr. 1) und Aufwendungen für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel nicht beihilfefähig sind (Abs. 1 Nr. 3). Danach sind die vom Kläger bezogenen Arzneimittel nicht beihilfefähig, da es sich zwar um ein Arzneimittel handelt, dieses aber weder apotheken- noch verschreibungspflichtig ist. Das Präparat ist frei beim Hersteller erhältlich. Diese Beschränkung der Beihilfefähigkeit ist nach allgemeiner Rechtsprechung mit höherrangigem Recht vereinbar, da der Beihilfeausschluss auf einer hinreichenden Rechtsgrundlage beruht, der Dienstherr nicht zur umfassenden Beihilfegewährung verpflichtet ist und die Bundesbeihilfeverordnung eine Härtefallregelung enthält.
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Die Gewährung von Beihilfe findet ihre Grundlage in der Fürsorgepflicht des Dienstherrn (BVerfGE 83, 89/99 m.w.N.). Die Gewährung von Beihilfen ergänzt die Alimentation; dadurch soll der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten u.a. auch im Krankheits- oder Pflegefall gesichert werden (BVerfGE 106, 225/233; BVerwGE 118, 277/284 f. und BVerwG vom 20.3.2008 Az.: 2 C 49.07). Die verfassungsrechtlich verankerte Fürsorgepflicht fordert vom Dienstherrn, dass er Vorkehrungen für den Fall besonderer finanzieller Belastungen durch Krankheits-, Geburts- oder Todesfälle trifft, damit der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten und seiner Familie nicht gefährdet wird. Im verfassungsrechtlich durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützten Kernbereich der Fürsorgepflicht ist dafür Sorge zu tragen, dass der Beamte im Krankheitsfall nicht mit erheblichen finanziellen Aufwendungen belastet bleibt, die er – in zumutbarer Weise – aus seiner Alimentation nicht bestreiten kann. Ob der Dienstherr seiner so umrissenen verfassungsrechtlichen Pflicht zur Fürsorge durch eine entsprechende Bemessung der Dienstbezüge, über Sachleistungen, Zuschüsse oder in sonst geeigneter Weise Genüge tut, bleibt von Verfassungswegen seiner Entscheidung überlassen (BVerfG, a.a.O.). Danach kann der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber grundsätzlich auch einzelne Präparate von der Beihilfefähigkeit ausschließen und den Beamten auf die Deckung der Aufwendungen aus der allgemeinen Alimentation verweisen. Nach dem gegenwärtigen System nicht ausschließbar sind lediglich Aufwendungen, wenn der absehbare Erfolg einer Maßnahme von existenzieller Bedeutung oder notwendig ist, um wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens erledigen zu können (vgl. BVerfGE 106, 225/233; BVerwG vom 31.1.2002 – 2 C 1/01-juris; BVerwG vom 30.5.2008 – 2 C 24.07 – juris mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung).
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Anders als der Beklagte meint, ergibt sich der Beihilfeausschluss nicht bereits daraus, dass das Verordnete Präparat „Sanopal“ kein zugelassenes bzw. registriertes Arzneimittel i.S.v. § 2 des Arzneimittelgesetzes und deshalb kein Arzneimittel ist. Der (enge) rechtliche Ansatz des Beklagten, wonach der Arzneimittelbegriff von einer rechtlichen Zulassung bzw. Registrierung abhängig sei, wird von der obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. etwa BayVGH, Urteil vom vom 13.12.2010 – 14 BV 08.1982 -, zit n. juris) und der Kammer nicht geteilt. Der beihilferechtliche Arzneimittelbegriff bezieht sich nicht lediglich auf zugelassene Arzneimittel (BayVGH, a.a.O.; VG Berlin, Urteil vom 23. Juli 2007 – 7 A 205.05 –, juris; VG Würzburg · Urteil vom 13. März 2013 · Az. W 1 K 13.15). Die Bundesbeihilfeverordnung enthält selbst keine Definition des Begriffes „Arzneimittel“. Wegen der vollständig anderen Zielrichtung des AMG kann auch nicht ohne weiteres auf die Arzneimitteldefinition aus § 2 Abs. 1 AMG zurückgegriffen werden, allerdings bietet das Arzneimittelrecht einen Anhaltspunkt für die Begriffsbestimmung im Beihilferecht (BVerwG, Urteil vom 30.05.1996, DVBl. 1996, 1149). Insbesondere ist der von der Beklagten bemühte Rückgriff auf § 2 Abs.4 AMG unzutreffend. Danach gilt ein Mittel als Arzneimittel, solange es nach dem AMG als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder von der Zulassung bzw. Registrierung durch Rechtsverordnung freigestellt ist. Hierdurch ist kein Ausschluss der nicht zugelassenen oder registrierten Präparate von dem Begriff eines Arzneimittels bewirkt, solange nicht § 2 Abs. 4 Satz 2 AMG greift, wonach ein Mittel dann nicht als Arzneimittel gilt, wenn die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung mit der Begründung abgelehnt hat, dass es sich nicht um ein Arzneimittel handle. Über die Arzneimitteleigenschaft von Präparaten, für die es - wie bei „Sanopal“ - keiner Zulassung oder Registrierung bedarf oder die lediglich deshalb nicht zugelassen oder registriert sind, weil nie ein dahingehender Antrag gestellt wurde, enthält § 2 Abs. 4 AMG keinerlei Aussage.
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Arzneimittel i.S.d. Beihilferechts sind Wirkstoffe, die dem menschlichen Organismus innerlich oder äußerlich zugeführt werden, um einen Krankheitszustand zu beseitigen oder zu bessern, das Fortschreiten einer Krankheit zum Stillstand zu bringen oder zu verlangsamen oder Auswirkungen einer Krankheit zu lindern (OVG Münster, Urteil vom 28.10.1999, DÖD 2000, 136). Der Arzneimittelcharakter eines Präparats ist nicht anhand dessen formeller Einordnung, sondern aufgrund dessen objektiver Eigenart und Beschaffenheit entsprechend der materiellen Zweckbestimmung zu ermitteln (OVG Koblenz, Urteil vom 11.11.2011- 10 A 10670/11 -, zit. n. juris). Maßgeblich ist dafür, wie das Produkt einem durchschnittlich informierten Verbraucher gegenüber in Erscheinung tritt. Entscheidend hierbei ist, ob das Präparat aufgrund seiner objektiven Eigenart und Beschaffenheit beim Verbraucher die Erwartung und Vorstellung begründet, das Präparat diene therapeutischen Zwecken (VG Darmstadt, Urteil vom 15. Dezember 1999 – 5 E 405/95 (3) –, zit. n. juris).
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Legt man diese an der Eigenart und der Beschaffenheit des Produkts orientierte Begrifflichkeit zugrunde, so mangelt es dem streitbefangenen Präparat nicht an einer überwiegenden Zweckbestimmung als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn. Es handelt sich nicht um ein reines Lebensmittel und damit um ein Gut des täglichen Bedarfs, also um ein Produkt, das zur allgemeinen Lebensführung auch von jedermann genutzt werden kann (vgl. VG München, Urteil vom 14. März 2012 – M 17 K 10/5250 –, juris, dort allgemein zu Nahrungsergänzungsmitteln). Das Präparat wird durchaus zur Heilung einer körperlichen Fehlfunktion eingesetzt, nämlich zur Behandlung des Posttraumatischen Syndroms und darf nur unter ärztlicher Aufsicht verwendet werden. Hierauf weist der Hersteller auch im besonderen Maße hin. Unerheblich ist, dass das Präparat von dessen Hersteller auch als diätetisches Lebensmittel beworben wird und damit auch dem Bereich des Lebensmittels zugeordnet werden kann.
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Nach den Angaben über das Präparat im Internet ergibt sich vielmehr ein gefestigtes Erscheinungsbild des streitgegenständlichen Erzeugnisses als Arzneimittel.
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Der Hersteller des Produktes gibt zum Mittel „Sanopal“ folgendes an (http://www.cyl-pharma.com/index.php?route=common/page&id=300): „Die CYL Pharmazeutika GmbH hat in den letzten Jahren das diätetische Lebensmittel SANOPAL® auf den Markt gebracht. SANOPAL® ist ein diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke zur diätetischen Behandlung des Posttraumatischen Syndroms. SANOPAL® entfaltet seine Wirkung auf Basis der patentierten Wirkstoffkombination AKG und 5HMF sowie Natrium, Kalium und Magnesium. SANOPAL® wird aufgrund seiner Wirkung als diätetisches Lebensmittel zur Behandlung des Posttraumatischen Syndroms empfohlen. SANOPAL® erhöht die ATP-Produktion und verbessert den Allgemeinzustand sowie die körperliche Leistungsfähigkeit verbunden mit einer rascheren Genesung und Rehabilitation, verhindert und unterbricht die schädlichen Veränderungen im Körper, die durch oxidative Stress-Reaktionen auftreten, stärkt die Sauerstoff-Utilisation und die Muskel-Protein Synthese bei Rehabilitationen. “ Auf der Internet-Site von UrDrogerie wird das Mittel auf der Unterseite Nahrungsergänzung aufgeführt. Dort wird u.a. ausgeführt: „Diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (Bilanzierte Diät) zur diätetischen Behandlung des posttraumatischen Syndroms. Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit und Reduktion des oxidativen Stress in kurzer Zeit. Wirkung: Vorbeugende und begleitende Minderung von metabolischen Veränderungen (Stressreaktionen nach körperlichen Traumata, ausgelöst durch seelische oder/und körperliche Belastungen) durch Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit und Reduktion des oxidativen Stress. Wichtiger Hinweis: Darf nur unter ärztlicher Aufsicht verwendet werden!“ (Quelle: http://www.urdro-gerie.de/nahrungsergaenzung/weitere nahrungsergaenzungen/1340/sanopal-trinkloe-sungskonzentrat-1-vpe).
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Auf der sog. „Kölner Liste für Sportler, Trainer und Sportmediziner“ ist zum Produkt vermerkt: „Bemerkung des Herstellers: Vorbeugende und begleitende Minderung von metabolischen Veränderungen (Stressreaktionen nach körperlichen Traumata, ausgelöst durch seelische oder/und körperliche Belastungen) durch Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit und Reduktion des oxidativen Stress. Verminderung der oxidativen Schädigung und deren Auswirkungen (RONS).“ (http://www.koelner-liste.com/no_cache/produkt-datenbank.html?tx_dmkoelnerliste_dm_koelnerliste_fe1%5Bcontroller%5D=Pro-dukt&cHash=76a3325c619d2162743779aa67ac9ba0).
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Das Präparat ist vorliegend auch zum Zweck der Behandlung eines Syndroms verschrieben, also gerade als Arzneimittel und nicht als Nahrungsergänzungsmittel eingesetzt worden.
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Von daher ist der hier zu beurteilende Fall vergleichbar mit dem vom Oberverwaltungsgericht Koblenz in seinem Urteil vom 09.05.2005 (2 A 10106/05 – zit. n. juris) entschiedenen Fall zu einer Aminosäure-Mischung, die als „Milupa PKU 2“ am Markt war, und die dazu diente, die mit der „normalen“ Ernährung aufgenommenen Aminosäuren zu ersetzen, in der es als beihilfefähiges Arzneimittel angesehen wurde. Auch für die Entscheidung des OVG Koblenz war maßgeblich, dass die überwiegende Zweckbestimmung dieses Präparates in der Behandlung einer Erkrankung lag. Von daher ist die Arzneimitteleigenschaft nicht deswegen zu verneinen, weil das Produkt als Lebensmittel i. S. d. §§ 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG; 2 Abs. 2 LFGB anzusehen ist. Der Vollständigkeit halber sei hier noch angeführt, dass auch die aktuelle Bundesbeihilfeverordnung - anders als etwa die bayerische Beihilferegelung - Nahrungsergänzungsmittel oder Güter des täglichen Bedarfs nicht von der Beihilfe ausschließt.
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Der Kläger kann seinen Beihilfeanspruch auch nicht unmittelbar aus der Fürsorgepflicht des Beklagten ableiten. Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn fordert nicht den Ausgleich jeglicher krankheitsbedingter Aufwendungen. Aufgrund des ergänzenden Charakters der Beihilfe müssen von dem Kläger vielmehr Härten und Nachteile hingenommen werden, die sich aus der pauschalisierenden und typisierenden Konkretisierung der Fürsorgepflicht durch die Beihilfevorschriften ergeben und die keine unzumutbare Belastung bedeuten. Im Übrigen muss sich der Kläger außerhalb des Wesenskerns der Fürsorgepflicht des Dienstherrn darauf verweisen lassen, dass es ihm möglich ist, durch eine entsprechend erweiterte Versicherung oder die Bildung von Rücklagen selbst Vorsorge zu treffen (OVG Koblenz, Urteil vom 17.05.2002 – 2 A 11758/01 –, zit. n. juris).
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Sofern über das Jahr gerechnet die Aufwendungen des Klägers dessen angemessenen Lebensunterhalt beeinträchtigen, bleibt es ihm unbenommen einen Härtefallantrag zu stellen. Ein solcher kommt in Betracht, da es sich – wie dargelegt – bei „Sanopal“ um ein Arzneimittel i.S.d. Beihilferechts handelt, für das ein Beihilfeausschluss besteht. Ein solcher Antrag steht indessen gegenwärtig nicht im Streit; auch würde es an einem entsprechenden Vorverfahren fehlen. Ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass einem solchen Antrag nicht entgegengehalten werden kann, er sei erst nach Ablauf des Kalenderjahres gestellt worden, da vorliegend die Beihilfegewährung und damit die Anwendbarkeit der Härtefallregelung im Streit steht (vgl. zur nachträglichen Antragstellung BVerwG, Urteile vom 26.06.2008 – 2 C 2/07 – sowie vom 24.02.2011 – 2 C 9/10 -, jeweils zit. n. juris). Ergibt die Einbeziehung dieser Aufwendungen für sich genommen oder zusammen mit Eigenbehalten in den Kalenderjahr 2011 bzw. 2012 eine Überschreitung der Belastungsgrenze, so wäre dann dem Kläger der darüber liegende Betrag zu erstatten.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Gründe für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor (§ 124 VwGO).
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B E S C H L U S S
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Der Streitwert wird auf 825,00 € festgesetzt.
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Gründe
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Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 3 GKG.
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Referenzen
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- VwGO § 2 1x
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