Urteil vom Verwaltungsgericht Greifswald (3. Kammer) - 3 A 1260/17 HGW

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Vollstreckungsschuld abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

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Die Beteiligten streiten um Gebühren für die Prüfung von Begleitscheinen.

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Die Klägerin ist ein Unternehmen, was auf die Entsorgung von Abfällen spezialisiert ist. In der Zeit vom Januar 2016 bis Juni 2016 stellte die Klägerin 43 Begleitscheine über das elektronische Abfallnachweisverfahren ein. Diese wurden mit Hilfe des elektronischen Abfallüberwachungssystems (ASYS) geprüft. Bei 19 Begleitscheinen stellte das Abfallüberwachungssystem Unregelmäßigkeiten fest: Bei 17 von den 19 Begleitscheinen vergingen zwischen der Annahme der Abfälle durch den Entsorger und der erstmaligen Signatur mehr als 5 Tage, ein Begleitschein ging erst nach mehr als 15 Tage nach Annahme der Abfälle durch den Entsorger bei der Entsorgungsbehörde ein, bei einem dauerte der Transport mehr als sieben Tage, obwohl es sich um einen Transport handelte, der ausschließlich als Straßentransport durchgeführt wurde. Diese Begleitscheine wurden an eine Sachbearbeiterin zur weiteren Prüfung weitergeleitet.

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Mit Bescheid vom 25. Juli 2016 zog der Beklagte die Klägerin zu Kosten des Verwaltungsverfahrens der Begleitscheinprüfung für den Zeitraum Januar 2016 bis Juni 2016 in Höhe von 283,95 Euro heran. In der Begründung führte er an, dass von den 43 eingereichten Begleitscheinen 19 fehlerhaft seien. Für diese falle neben der Prüfgebühr von 1,00 Euro wegen des zusätzlichen Prüfaufwandes eine zusätzliche Gebühr von 12,50 pro Begleitschein an. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Widerspruch ein, soweit mit diesem eine Gebühr für den erhöhten Prüfungsaufwand in Höhe von 237,50 Euro festgesetzt wurde. Im Übrigen wurde der Bescheid nicht angefochten. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 8. Mai 2017 zurück.

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Die Klägerin hat am 8. Juni 2017 Klage erhoben. Sie macht geltend, dass nicht ersichtlich sei, wie sich die Gebühr zusammensetze. Ein Aufwand werde weder vorgetragen noch sei dieser ersichtlich. Der Begleitschein sei auch nicht fehlerhaft, wenn zwischen der Annahme der Abfälle durch den Entsorger und der erstmaligen Signatur mehr als 5 Tage vergehen würden. Lediglich die Signatur sei nicht rechtzeitig erfolgt. Daher erschließe sich nicht, warum und weshalb ein erhöhter Prüfaufwand gegeben sein soll.

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Auch der Gesetzgeber habe in der Nachweisverordnung keine feste Frist für die Signatur nach der Annahme der Abfälle festgelegt, sondern nur bestimmt, dass diese unverzüglich erfolgen solle. Die Nachweisverordnung sehe nunmehr für die Übersendung der Begleitscheine eine Frist von 10 Tagen vor. Damit sei es unzutreffend, wenn hier seitens der Behörde 5 Tage festgelegt worden seien. Dies sei ermessensfehlerhaft, da diese 5-Tagefrist keine Stütze im Gesetz finde.

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Es werde bestritten, dass der festgesetzten Gebühr eine Kalkulation zugrunde liege. Die Festsetzung erscheine willkürlich, da ein erhöhter Arbeitsaufwand nicht ersichtlich sei.

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Die Klägerin beantragt,

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den Kostenbescheid des Beklagten vom 25. Juli 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Mai 2017 aufzuheben.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Zur Begründung führt er an, dass die Klage schon teilweise unzulässig sein dürfte, da die Klägerin ihren Widerspruch beschränkt hatte. Im Übrigen sei die Klage unbegründet. Ausweislich des Erlasses zur einheitlichen Gebührenberechnung vom 10. Februar 2015 des Landes M-V sei für notwendige erweiterte Prüfungen eines nicht korrekt ausgefüllten Begleitscheins, wozu auch die verspätete Signierung zähle, der zusätzliche Prüfaufwand nach Zeit zu berechnen. Der Prüfaufwand betrage bis 15 Minuten, so dass sich bei einem Beamten der Laufbahngruppe 1, der regelmäßig diese Tätigkeiten ausführe, ein Betrag von 12,50 Euro ergebe. Der Begleitschein werde aufgrund der fehlenden Signatur im Abfallüberwachungssystem (ASYS) mit einer Fehlermeldung der Stufe 3 versehen und an die zuständige Sachbearbeiterin weitergeleitet und löse so einen erhöhten Prüfaufwand aus. Wegen der weiteren Einzelheiten des Ablaufes der Prüfung werde auf die Ausführungen in dem Widerspruchsbescheid Bezug genommen.

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Die Signierung eines Begleitscheines nicht innerhalb von 5 Tagen sei auch nicht mehr als „unverzüglich“ im Sinne des § 11 NachwV anzusehen. Unverzüglich sei ein Handeln, wenn es ohne schuldhaftes Zögern erfolge. Dies sei, gerade auch im Hinblick auf das elektronische Verfahren und unter Berücksichtigung der Pflichten, die im Rahmen des Nachweisverfahrens zu erfüllen seien, nicht mehr der Fall, wenn die Signierung nicht innerhalb von 5 Tagen nach Annahme der Abfälle erfolge. Mit der Signatur der Abfallannahme würden zwei Aspekte einhergehen: die Bestätigung des Übergangs der tatsächlichen Sachherrschaft und die Versicherung der Annahme zur ordnungsgemäßen Entsorgung. Die Regelung in der Nachweisverordnung ermögliche dem Entsorger vor Signierung und der damit einhergehenden Versicherung der ordnungsgemäßen Entsorgung des Abfalls, seiner Kontrollpflicht nachzukommen. Diese Kontrollpflichten beschränkten sich auf offensichtliche Unstimmigkeiten, die zeitnah beurteilt werden könnten. Bei Berücksichtigung der Möglichkeiten im Rahmen des elektronischen Nachweisverfahrens, der die sofortige Bearbeitung des Begleitscheines ermögliche, wäre wahrscheinlich eine noch kürzere Frist zulässig. Allerdings gebe es verschiedene Konstellationen, wie etwa Wochenende und andere Eventualitäten, so dass eine Frist von 5 Tagen gewählt worden sei.

13

Die Klägerin hat sich mit Schreiben vom 25. Juli 2017 und der Beklagte mit Schreiben vom 24. Juli 2017 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

14

Das Gericht hat mit Beschluss vom 24. Juli 2018 den Rechtsstreit zur Entscheidung auf die Berichterstatterin als Einzelrichterin übertragen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die bei der Entscheidung vorgelegen haben, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

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Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben (§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

II.

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Die Klage hat keinen Erfolg.

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1. Die Klage ist unzulässig, soweit die Gebührenfestsetzung den Betrag von 237,50 Euro übersteigt. Der Bescheid ist insoweit bestandskräftig. Denn die in dem Bescheid festgesetzten Gebühren in Höhe von 46,45 Euro wurden von der Klägerin mit Widerspruch vom 12. August 2016 ausdrücklich nicht angefochten. Der Widerspruch wurde beschränkt auf die geltend gemachten Gebühren in Höhe von 237,50 Euro für den erhöhten Prüfaufwand für 19 der 43 Begleitscheine.

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2. Im Übrigen ist die zulässige Klage unbegründet.

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Der Bescheid vom 25. Juli 2016 ist, soweit er Gebühren in Höhe von 237,50 Euro festsetzt, rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

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Rechtsgrundlage für die Heranziehung der Klägerin zu den Kosten für die Prüfung von Begleitscheinen nach der Nachweisverordnung (NachwV) sind die §§ 1 Abs. 1 Satz 2, 2 Abs. 1 Satz 1 Landesverwaltungskostengesetz (VwKostG M-V) in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Abfallkostenverordnung (AbfKostVO M-V) vom 1. Januar 2015. Gemäß § 1 Abs. 1 AbfKostVO M-V werden für Amtshandlungen beim Vollzug der Abfallgesetze und ihrer Durchführungsverordnung Gebühren erhoben. Die gebührenpflichtigen Tatbestände und die Höhe der Gebühren ergeben sich aus dem Gebührenverzeichnis als Bestandteil der AbfKostVO M-V.

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a. Die Prüfung eines Begleitscheins nach § 10 der Verordnung über die Nachweisführung bei der Entsorgung von Abfällen (Nachweisverordnung – NachwV) stellt einen gebührenpflichtigen Tatbestand dar.

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aa. Die Aufnahme der Prüfung der Begleitscheine als gebührenpflichtiger Tatbestand in das allgemeine Gebührenverzeichnis ist rechtfehlerfrei. Bei der Prüfung der Begleitscheine handelt es sich um eine Amtshandlung im Sinne der Abfallkostenverordnung. Denn das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) schreibt die Beseitigung bestimmter Abfälle durch den Abfallerzeuger, Einsammler, Beförderer, Besitzer und Betreiber von Entsorgungseinrichtungen vor, wobei dies von den zuständigen Behörden zu überwachen ist. Hierzu dient das Nachweisverfahren, das einen bestimmten Handlungsablauf und darauf bezogene Kontrollmaßnahmen der Behörde bei nachweispflichtigen – insbesondere gefährlichen – Abfällen vorsieht. Gerade wegen des mit gefährlichen Abfällen verbundenen Gefahrenpotentials gehört dazu nicht nur die Entgegennahme und das Abheften der Begleitscheine durch die Behörde, sondern eine Kontrolle, dass der gesamte Ablauf gesetzeskonform erfolgt ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 13.05.2008 – 9 B 61 bis 63/07 –, juris Rn. 18 zur Regelung der §§ 43 Abs. 1 Satz 1, 42 KrW-/AbfG a.F., die § 50 KrWG entsprechen; OVG Saarland, Urt. v. 13.09.2013 – 3 A 202/11 –, juris Rn. 59ff.). Die ständige Kontrolle des Entsorgungsvorgangs, beginnend im Betrieb des Abfallerzeugers bis zum Abfallentsorger erfolgt durch die zuständigen Behörden damit nicht vor Ort, sondern mittels des Begleitscheins. Anhand dieses Scheins und den darin zwingend vorzunehmenden Eintragungen des Erzeugers, Beförderers und Entsorgers kann von der zuständigen Behörde überprüft werden, ob der tatsächliche Entsorgungsweg mit dem genehmigten übereinstimmt und das Verfahren auch sonst den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Dass der entsprechende Prüfvorgang weitgehend durch das elektronische Abfallüberwachungssystem (ASYS) automatisiert ist, ändert nichts an dem Prüfprogramm. Dieses wird dadurch lediglich erleichtert und beschleunigt, indem die entscheidenden Angaben elektronisch abgeglichen und ausgewertet werden.

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bb. Obliegt den Behörden die ständige Kontrolle des Entsorgungsvorgangs, gehört zur Prüfung des Begleitscheines insbesondere die Einhaltung des gesetzlich vorgesehenen Verfahrens, d.h. unter anderem auch, dass der Abfallentsorger den Begleitschein „unverzüglich“ nach Annahme der Abfälle zur ordnungsgemäßen Entsorgung unterschreibt (vgl. § 11 Abs. 1 Nr. 4 NachwV). Dies dient letztlich dazu, worauf der Beklagte hingewiesen hat, den Übergang der tatsächlichen Sachherrschaft und die Annahme der nachweispflichtigen Abfälle zur ordnungsgemäßen Entsorgung zu bestätigen. Nur so können die Abfallströme jederzeit durch die Behörde kontrolliert und festgestellt werden, wo sich die jeweiligen Abfälle befinden. „Unverzüglich“ bedeutet dabei in Anlehnung an die gesetzliche Legaldefinition des § 121 Satz 1 BGB „ohne schuldhaftes Zögern“, d.h. innerhalb einer nach den Umständen des Einfalls zu bemessende Prüfungs- und Überlegungsfrist (vgl. Ellenberger in: Palandt, BGB, 73. Aufl., § 121 Rn. 2). Da die Frist für den jeweiligen Einzelfall zu bemessen ist, kann dem Einwand der Klägerin, üblicherweise gelte eine Zwei-Wochenfrist, nicht gefolgt werden. Vielmehr erscheint die vom Beklagten angenommene Frist von 5 Tagen vor dem Hintergrund angemessen, dass der Abfallentsorger bei Annahme der Abfälle einerseits noch die Möglichkeit der Prüfung haben soll, ob er die ordnungsgemäße Entsorgung der Abfälle tatsächlich zusichern kann, anderseits sich die Kontrolle aber – wie der Beklagte unwidersprochen angeführt hat – auf offensichtliche Unstimmigkeiten beschränkt, die zeitnah beurteilt werden können. Geprüft wird etwa die korrekte Angabe des Abfallschlüssels und der Abfallbezeichnung, die im Abfall vorhandenen Störstoffe und Umstände oder Besonderheiten, die einer ordnungsgemäßen Entsorgung entgegenstehen könnten. Warum es der Klägerin im Hinblick auf den beschränkten Prüfungsumfang nicht möglich sein soll, die Begleitscheine innerhalb dieser Frist zu signieren, hat sie nicht vorgetragen. Auch der Hinweis auf § 11 Abs. 3 NachwV geht fehlt. Dieser normiert die Pflicht, spätestens 10 Kalendertage nach Annahme der Abfälle die Ausfertigungen 2 und 3 der Begleitscheine an die Behörde zu übersenden und betrifft damit einen anderen Sachverhalt.

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Gehört die Prüfung der unverzüglichen Signatur mit zum Prüfprogramm, kommt es auch nicht entscheidungserheblich darauf an, ob der Begleitschein dadurch „fehlerhaft“ wird. Denn die nicht unverzüglich erteilte Signatur weicht von dem üblichen Verfahren für die Entsorgung von Abfällen ab und löst deshalb bei der automatisierten Prüfung eine Fehlermeldung aus, die eine händische Prüfung durch einen Sachbearbeiter erforderlich macht. Dieser prüft dann anhand der vorhandenen Unterlagen, ob noch weitere Auffälligkeiten bzw. Ungereimtheiten bestehen, die eine vertiefte Prüfung des Entsorgungsvorgangs notwendig machen. Damit wird ein erhöhter Prüfaufwand ausgelöst. Ein solcher besteht auch, wenn die Ausfertigungen 2 und 3 nicht innerhalb der 10 Tage an die Behörde übersandt werden bzw. wenn der Transport mehr als 7 Tage dauert. Der Einwand der Klägerin ein Aufwand sei nicht dargetan bzw. nicht feststellbar, ist vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar.

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a. Die Festsetzung der Höhe der erhobenen Gebühr für den erhöhten Prüfaufwand von 12,50 Euro pro Begleitschein ist nicht zu beanstanden. Sie genügt den sich aus § 9 Abs. 1 VwkostG M-V i.V.m. Nr. 313.6 des Gebührenverzeichnisses zur AbfKostVO M-V ergebenden Anforderungen.

27

Nach Nr. 313.6 des Gebührenverzeichnisses zur AbfKostVO M-V beträgt die Gebühr für die Prüfung eines Begleitscheines nach § 10 NachwV 1 bis 75 Euro. Mit der Festsetzung einer Rahmengebühr wird der Verwaltung die Möglichkeit eröffnet, unterschiedlichen Fallgestaltungen unter Beachtung der Vorgaben des § 9 VwKostG M-V Rechnung zu tragen. Nach dieser Norm sind, wenn Rahmensätze für Verwaltungsgebühren vorgesehen sind, bei der Festsetzung der Gebühr im Einzelfall der mit der Amtshandlung verbundene Verwaltungsaufwand, soweit Aufwendungen nicht als Auslagen gesondert berechnet werden (§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwKostG M-V) und die Bedeutung, der wirtschaftliche Wert oder der sonstige Nutzen der Amtshandlung für den Gebührenschuldner zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwKostG M-V). Beide in § 9 Abs. 1 VwKostG M-V angeführten Bemessungskriterien sind daher kumulativ von der Behörde zu prüfen und bei der Festsetzung der Rahmengebühr zu berücksichtigen. Maßgeblich sind dabei das Kostenüberdeckungsverbot und das Äquivalenzprinzip. Soweit letzteres verlangt, dass ein angemessenes Verhältnis zwischen der Gebühr und dem Wert der Amtshandlung für deren Empfänger bestehen muss, genügt es, dass die Gebühr an dem typischen Nutzen, den die Amtshandlung erbringt, ausgerichtet ist (VGH Mannheim, Urt. v. 11.03.2005 – 5 S 2421/03 –, juris, Rn. 32). Dies vorausgesetzt, dringt die Klägerin mit ihrem Einwand, es fehle vorliegend an einer „Kalkulation“ für die Gebühr, nicht durch. Denn die Festlegung der Höhe der für den konkreten Einzelfall in Ausfüllung einer Rahmengebühr festzusetzenden Gebühr hat die Behörde unter Berücksichtigung der genannten Kriterien nach Ermessen zu treffen.

28

Unter Beachtung des Maßstabes des § 114 Satz 1 VwGO hat der Beklagte sein Ermessen rechtfehlerfrei ausgeübt.

29

aa. Der Beklagte hat sich vorliegend zur Ausübung seines Ermessens an den Erlass zur einheitlichen Gebührenberechnung vom 10. Februar 2015 des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus des Landes M-V orientiert. Dem stehen grundsätzlich keine Bedenken entgegen. Es ist dem Beklagten unbenommen, etwa einen Gebührentarif in Form einer Verwaltungsvorschrift zu erlassen, der als antizipierte Ermessenserwägung anzusehen ist (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 14.04.2004 - 1 L 344/02 -, juris Rn. 80; VG Greifswald, Urt. v. 06.02.2014 - 3 A 216/13 HGW -, juris Rn. 19; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 07.06.2007 – OVG 11 B 6.06 –, juris Rn. 27). Nichts anderes gilt für den von dem Beklagten gewählten Weg eines Erlasses. Dieser ist gleichermaßen darauf ausgerichtet und geeignet, eine gleichmäßige Ermessensausübung zu erreichen. Allerdings bleibt es auch bei einer auf einen ermessensbindenden Erlass gestützten Gebührenfestsetzung dabei, dass Gegenstand der gerichtlichen Nachprüfung allein die Gebührenfestsetzung ist. Der Ermessenserlass ist nicht nach Art einer (abstrakten) Normenkontrolle darauf zu überprüfen, ob er in allen Punkten frei von Rechtsfehlern ist; zu prüfen sind allein die für die Gebührenfestsetzung im Einzelfall tatsächlich maßgeblichen Punkte.

30

Dies vorausgesetzt, ist die Festsetzung der Gebühr für den erweiterten Prüfaufwand unter Beachtung der Nr. 3.4.4 des Erlasses „Prüfung eines Begleitscheines nach § 10 NachwV (Geb.nr. 313.6)“ nicht zu beanstanden. Im Erlass heißt es dazu „Sind erweiterte Prüfungen eines nicht korrekt ausgefüllten Begleitscheins notwendig, ist der zusätzliche Prüfaufwand nach Zeit unter Beachtung des obersten Rahmensatzes von 75 Euro zu berechnen.“ Damit knüpfen der Erlass und somit auch der Beklagte bei der Festlegung der Gebühr für den erweiterten Prüfaufwand nicht korrekt ausgefüllter Begleitscheine grundsätzlich an den Zeitaufwand und damit – wie auch bei der Festsetzung der Gebühr von 1 Euro für die automatisierte Prüfung des Begleitscheins – dem Verwaltungsaufwand an. Dem Ermessensgesichtspunkt aus § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwKostG M-V (der mit der Amtshandlung verbundene Verwaltungsaufwand) wird somit Rechnung getragen.

31

Nach Ansicht des Gerichtes hat der Beklagte auch den Ermessensgesichtspunkt des § 9 Abs. 1 Nr. 2 VwKostG M-V berücksichtigt, so dass kein Ermessensfehler vorliegt. Zwar finden sich im Erlass des zuständigen Ministeriums dazu keine ausdrücklichen Ausführungen, warum sowohl bei der Festsetzung der Gebühr für die automatisierte Prüfung des Begleitscheins von 1 Euro wie auch bei der Festsetzung der Gebühr bei dem erweiterten Prüfaufwand das Bemessungskriterium des § 9 Abs. 1 Nr. 2 VwKostG M-V keine Berücksichtigung findet. Dies macht die Gebührenfestsetzung indes noch nicht ermessensfehlerhaft, denn die Ausfüllung des Gebührenrahmens durch den Beklagten ist in der Sache trotzdem nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat im Klageverfahren ausgeführt, dass bei der Festsetzung der Gebühr für die Prüfung der Begleitscheine auch geprüft wurde, ob und inwieweit der Ermessensgesichtspunkt nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 VwKostG M-V – die Bedeutung, den wirtschaftlichen Wert oder den sonstigen Nutzen der Amtshandlung für den Gebührenschuldner – bei der Festsetzung der Gebühr berücksichtigt werden kann. Jedoch wurde eine rechnerische Einbeziehung des wirtschaftlichen Wertes bzw. des Nutzens oder der Bedeutung der Amtshandlung für den Entsorger mit Blick auf den zur Ermittlung dieses Wertes entstehenden Mehraufwandes als unzweckmäßig angesehen. Denn allein aus dem im Begleitschein angegebenem Gewicht der transportierten Abfälle lassen sich noch keine zuverlässigen Schlüsse auf den Wert oder die Bedeutung für den Entsorger ziehen. Vielmehr wären bei entsprechender Wertberechnung zumindest auch Abfallart bzw. die Zusammensetzung als wertbildende Faktoren mit zu beachten. Vor dem Hintergrund, dass es sich bei der Prüfung der Begleitscheine um ein - weitgehend - automatisiertes Massenverfahren handelt, welches allein dem Nachweis des Entsorgungsweges dient, steht der Aufwand zur Ermittlung des Wertes in keinem Verhältnis zu der erbrachten Prüfleistung durch die Behörde. Dies gilt auch für die erweiterte Prüfung durch einen Sachbearbeiter, die in der Regel nicht länger als 15 Minuten dauert und auf die Prüfung der Einhaltung des Entsorgungsvorgangs beschränkt ist. Dem ist auch die Klägerin nicht entgegen getreten.

32

Dies zugrunde gelegt, ist es nicht ermessensfehlerhaft, dass der Gesichtspunkt des § 9 Abs. 1 Nr. 2 VerwKostG M-V regelmäßig bei der (erweiterten) Prüfung eines nicht korrekt ausgefüllten Begleitscheines keine „wertmäßige“ Berücksichtigung bei der Gebührenbemessung findet und sich der Beklagte grundsätzlich allein an dem angefallenen Zeitaufwand für die Bearbeitung orientiert. Denn § 9 Abs. 1 VerwKostG M-V verlangt eine „Berücksichtigung“ der dort angeführten Bemessungskriterien. Berücksichtigt worden ist ein Bemessungskriterium aber auch dann, wenn es für einen konkreten Fall oder – wie vorliegend – einer Fallgruppe nach näherer Prüfung und mit nachvollziehbaren Gründen – etwa weil es nicht aussagekräftig oder ungeeignet angesehen worden ist – für die Ausfüllung der Rahmengebühr regelmäßig außer Betracht gelassen wird (vgl. zur vergleichbaren landesrechtlichen Regelung in § 9 GebG Bbg a.F. OVG Berlin-Brandenburg, a.a.O., Rn. 28).

33

Mit dem ergänzenden Vorbringen des Beklagten im gerichtliche Verfahren wird auch ein ursprünglich etwa bestehender Begründungsmangel gemäß § 12 Abs. 1 KAG M-V i.V.m. § 126 Abs. 1 Nr. 2 AO in beachtlicher Weise gemäß § 114 Satz 2 VwGO geheilt.

34

bb. Die vom Beklagten konkret festgesetzte Gebühr in Höhe von 12,50 Euro für die erweiterte Prüfung eines nicht korrekt ausgefüllten Begleitscheines ist rechtmäßig. Sie findet ihre Grundlage in Nr. 101.3 Gebührenverzeichnis zur Abfallkostenverordnung M-V idF vom 01.01.2015. Danach beträgt die Gebühr für den Zeitaufwand je angefangener halber Stunde für einen Beamten oder einer Beamtin der Laufbahngruppe 1 ab dem zweiten Einstiegsamt oder vergleichbare Beschäftigte 25,00 Euro. Nach den Ausführungen des Beklagten obliegt die händische Prüfung eines fehlerhaften Begleitscheines einem Beamten der Laufbahngruppe 1 bzw. einem vergleichbaren Angestellten. Die Prüfung nimmt ca. 15 min in Anspruch. Zu dem Ablauf der händischen Prüfung wird auf die Ausführungen des Beklagten im Widerspruchsbescheid, Seite 6, Bezug genommen. Aufgrund dessen erscheint dem Gericht die Annahme einer 15 minütigen Prüfung nachvollziehbar. Dem ist die Klägerin nicht substantiiert entgegengetreten. Der pauschale Einwand, es sei nicht ersichtlich, welcher erhöhte Arbeitsaufwand anfalle, ist aufgrund der konkreten Darlegungen des Beklagten nicht ausreichend.

III.

35

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 709 Satz 1 und 2 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor (§ 124 VwGO).

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