Urteil vom Verwaltungsgericht Halle (4. Kammer) - 4 A 47/13
Tatbestand
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Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu Beiträgen für die Herstellung der zentralen öffentlichen Schmutzwasserbeseitigungsanlage des Beklagten und gegen Nebenforderungen.
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Sie ist Eigentümerin der Grundstücke Gemarkung {I.}, Flur 6, Flurstücke 38 {J.} die mit zweigeschossigen Mehrfamilienwohnhäusern bebaut und an die zentrale öffentlichen Schmutzwasserbeseitigungsanlage des Beklagten angeschlossen sind. Ein Anschluss der Grundstücke an eine zentrale Schmutzwasserbeseitigungsanlage bestand bereits zu DDR-Zeiten.
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Mit Beitragsbescheiden vom 07. Juni 2012 zog der Beklagte die Klägerin zu sog. Herstellungsbeiträgen II wie folgt heran:
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Grundstück
Bescheidnummer
Beitrag in Euro
Fälligkeit
G. 1- 2
HKR 1
1.216,46
10. Juli 2012
G. 3-5
HKR 2
1.191,86
10. Juli 2012
Gr. 11-18
HKR 4
4.330,74
10. Juli 2012
K. 7-10
HKR 0
1.272,85
10. Juli 2012
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Mit Bescheiden vom 22. August 2012 mahnte der Beklagte die vorgenannten Beträge der Klägerin gegenüber an und setzte darin Säumniszuschläge und Mahngebühren wie folgt fest:
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Grundstück
Bescheidnummer
Säumniszuschlag
Mahngebühr
G. 1-2
…52
24 Euro
22,50 Euro
G. 3-5
…53
23 Euro
22,50 Euro
Gr. 11-18
…53
86 Euro
37,50 Euro
K. 7-10
…55
25 Euro
22,50 Euro
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Den gegen die Bescheide vom 22. August 2012 erhobenen Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 15. Januar 2013, zugestellt am 17. Januar 2013, zurück. Mit Kostenfestsetzungsbescheiden vom selben Tag zog der Beklagte die Klägerin zu Kosten für den Erlass der Widerspruchsbescheide in Höhe von 14,95 Euro (VwK-S 15/12) bzw. jeweils 11,50 Euro (VwK-S 16/12, VwK-S 17/12 und VwK-S 18/12) heran.
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Mit Widerspruchsbescheiden vom 15. Februar 2013, zugestellt am 19. Februar 2013, wies der Beklagte die Widersprüche gegen die Beitragsbescheide vom 07. Juni 2012 zurück.
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Die Klägerin hat am 18. Februar 2013 Klage gegen die „Abwasserbeitragsbescheide vom 07.06.2012 (…) in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 15.01.2013“ unter Angabe der Aktenzeichen der Beitrags-, Widerspruchs- und Kostenfestsetzungsbescheide erhoben und die betreffenden Bescheide beigefügt. Am 19. März 2013 hat sie ihre Klage unter Übersendung der die Widersprüche gegen die Beitragsbescheide zurückweisenden Widerspruchsbescheide vom 15. Februar 2013 „erweitert“.
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Zur Begründung macht sie im Wesentlichen geltend, ein Beitrag könne nicht gefordert werden, da nicht ersichtlich sei, welche Gegenleistung damit abgegolten werde. Erst recht könnten keine Säumniszuschläge erhoben werden. Die Schmutzwasserbeseitigungsanlage des Beklagten sei zudem nicht funktionstüchtig, was sich daraus ergebe, dass sich in den Jahren 2010 und 2011 mehrfach in den Anwesen {K.} 9-10, {L.} 1-11 und {M.} 1-5 ein Rückstau gebildet und tagelang Schmutzwasser kniehoch in den Kellern der betreffenden Häuser gestanden habe. Dadurch sei ihr ein Schaden in Höhe von 2.355,- Euro entstanden. Hilfsweise rechne sie mit diesem Betrag gegen die Forderungen des Beklagten auf. Zudem widerspreche die Beitragserhebung der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Grundsatz der Rechtssicherheit in der Gestalt der Gebote der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit. Die nunmehr in § 13b KAG LSA vorgesehene Verjährungshöchstfrist von 10 Jahren ab Eintritt der Vorteilslage sei im Hinblick auf den Anschluss der Grundstücke an die Kanalisation in den 1930er Jahren längst abgelaufen. § 18 Abs. 2 KAG LSA sei nicht anwendbar.
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In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte im Hinblick auf die Änderung der Regelung für übergroße Wohngrundstücke in der Beitragssatzung die angegriffenen Bescheide geändert und den Beitrag wie folgt herabgesetzt:
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Grundstück
Bescheidnummer
Beitrag in Euro
G. 1-2
HKR …91
1.207,55
G. 3-5
HKR …92
1.182,96
Gr.11-18
HKR …94
4.321,83
K.7-10
HKR …20
1.263,94
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Daraufhin haben die Beteiligten den Rechtsstreit in Höhe der Aufhebung der Bescheide in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.
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Die Klägerin beantragt,
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1. die Beitragsbescheide des Beklagten vom 07. Juni 2012 (HKR 103952 4791, HKR 103952 4792, HKR 103952 4794, HKR 103952 4820) in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 15. Februar 2013 (B 25/12, B 26/12, B 27/12, B 28/12) und der Änderung vom 16. Juli 2015 aufzuheben,
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2. die Bescheide des Beklagten vom 22. August 2012 (103952 - 317952, 103952 - 317953, 103952 - 317954, 103952 - 317955) in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 15. Januar 2013 aufzuheben,
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3. die Kostenfestsetzungsbescheide des Beklagten vom 15. Januar 2013 (VwK-S 15/12, VwK-S 16/12, VwK-S 17/12, VwK-S 18/12) aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Mit dem Beitrag werde der Vorteil abgegolten, der aus der Schaffung der öffentlichen Einrichtung und der damit verbundenen dauerhaften rechtlichen Sicherung der Anschlussmöglichkeit auch Eigentümern zugewandt werde, die bereits vor In-Kraft-Treten des KAG LSA an eine zentrale öffentliche Abwasseranlage angeschlossen gewesen seien. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit liege nicht vor, weil die Erhebung eines Herstellungsbeitrags für die Altanschlussnehmer zum 01. Januar 2010 eingeführt worden sei und daher mit dessen Erhebung habe gerechnet werden müssen. Aufgrund der vierjährigen Festsetzungsverjährung sei die Erhebungsmöglichkeit auch zeitlich begrenzt. Außerdem sei fraglich, ob die diesbezügliche Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auf Beiträge für Altanschlussnehmer Anwendung finden könne, weil ein Großteil der damit abgedeckten Investitionskosten erst in der Zukunft realisiert werde. Die Klägerin könne mit den von ihr geltend gemachten Schadensersatzansprüchen auch nicht gegen die Abgabenforderungen aufrechnen, da diese nicht rechtskräftig festgestellt seien und er deren Bestehen bestreite. Soweit in § 7 Abs. 3 der Beitragssatzung vom 09. März 2015 bestimmt sei, dass die Beitragspflicht für die entsprechenden Sachverhalte „zum 01. Januar 2010“ entstehe, handele es sich um einen offensichtlichen Schreibfehler. Die ohne diesen verbleibende Regelung entspreche den landesgesetzlichen Bestimmungen.
Entscheidungsgründe
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Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
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Die Klage ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Kostenfestsetzungsbescheide des Beklagten vom 15. Januar 2013 richtet (dazu III.). Sie ist zulässig, aber unbegründet, soweit sie gegen die Bescheide des Beklagten vom 22. August 2012 betreffend Säumniszuschläge und Mahngebühren gerichtet ist (dazu II.). Im Übrigen ist sie zulässig und begründet (dazu I.).
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I. Die angefochtenen Beitragsbescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Die Beitragserhebung kann auf keine wirksame rechtliche Grundlage gestützt werden.
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1. Die Beitragssatzung des Beklagten vom 09. März 2015 (BS 2015), die gemäß ihres § 16 rückwirkend zum 05. Oktober 2013 in Kraft getreten ist, bildet keine taugliche Rechtsgrundlage, da diese hinsichtlich des den Herstellungsbeitrag II betreffenden Teils nichtig ist, weil es an einer wirksamen Regelung des Entstehens der (sachlichen) Beitragspflicht für den Herstellungsbeitrag II fehlt.
- 26
Gemäß § 7 Abs. 3 BS 2015 entsteht die Beitragspflicht für den Herstellungsbeitrag II mit In-Kraft-Treten der ersten wirksamen Beitragssatzung für die entsprechenden Sachverhalte zum 01. Januar 2010. Diese Vorschrift ist unwirksam, weil sie gegen die höherrangige landesrechtliche Regelung in § 6 Abs. 6 Satz 2 KAG LSA verstößt. Danach entsteht bei der Erhebung eines Beitrags für leitungsgebundene Einrichtungen – wie hier – die Beitragspflicht, sobald das Grundstück an die Einrichtung angeschlossen werden kann, frühestens jedoch mit dem Inkrafttreten der Satzung. Werden in satzungsloser Zeit oder unter Geltung einer formell oder materiell unwirksamen Satzung die Anschlussvoraussetzungen für Grundstücke geschaffen, so entsteht für diese Grundstücke die sachliche Beitragspflicht erst mit Inkrafttreten der ersten – wirksamen – Abgabensatzung (OVG LSA, Urteil vom 30. Mai 2012 – 4 L 226/11 – Juris Rn. 31). Das gilt auch für den in Rede stehenden Herstellungsbeitrag II, bei dem es sich dem Grunde nach um einen Herstellungsbeitrag im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA handelt und der sich lediglich wegen der Regelung in § 6 Abs. 6 Satz 3 KAG LSA von einem „normalen“ Herstellungsbeitrag (bzw. Herstellungsbeitrag I im Sinne der BS 2015) unterscheidet.§ 6 Abs. 6 Satz 3 KAG LSA bestimmt, dass für die Grundstücke, die bereits vor In- Kraft-Treten des KAG LSA am 15. Juni 1991 an eine zentrale öffentliche leitungsgebundene Anlage angeschlossen waren oder eine Anschlussmöglichkeit hatten, in Abweichung von § 6 Abs. 6 Satz 2 KAG LSA eine Beitragspflicht im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA nicht für Investitionen entsteht, die vor In-Kraft-Treten des KAG LSA abgeschlossen worden sind. Daraus folgt (lediglich), dass bei der Bemessung des „besonderen“ Herstellungsbeitrags für die Grundstücke, die bereits vor In-Kraft-Treten des KAG LSA angeschlossen waren oder angeschlossen werden konnten, d.h. bei der Ermittlung der nach dem 15. Juni 1991 getätigten Investitionen, der Aufwand für die nach diesem Zeitpunkt neu erschlossenen oder zu erschließenden Gebiete unberücksichtigt bleiben muss. Ansonsten gilt aber auch für den „besonderen“ Herstellungsbeitrag, dass die sachliche Beitragspflicht gemäß § 6 Abs. 6 Satz 2 KAG LSA dann entsteht, sobald das Grundstück an die Einrichtung angeschlossen werden kann, frühestens jedoch mit dem Inkrafttreten der (Beitrags)Satzung (OVG LSA, Beschluss vom 13. Juli 2006 – 4 L 127/07 – Juris Rn. 4).
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Dem widerspricht die Regelung des § 7 Abs. 3 BS 2015, weil danach für das Entstehen der Beitragspflicht nicht auf die betriebsfertige Herstellung der öffentlichen Einrichtung für das jeweilige Grundstück und das In-Kraft-Treten dieser Satzung am 05. Oktober 2013 abgestellt wird, sondern die Beitragspflicht bereits zu einem (früheren) Zeitpunkt (01. Januar 2010) entstehen soll, als die Beitragssatzung vom 09. März 2015 noch gar nicht in Kraft getreten war.
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Die Unwirksamkeit bezieht auf den vollständigen § 7 Abs. 3 BS 2015 und lässt sich nicht lediglich als „unwirksame Rückwirkungsanordnung“ oder als unbeachtlichen offensichtlichen Schreibfehler auf den Teil „zum 01.01.2010“ reduzieren. Weder ist die Regelung teilbar noch liegt insoweit ein Schreibfehler vor. Vielmehr ist Inhalt des § 7 Abs. 3 BS 2015 einzig, die Beitragspflicht zum 01. Januar 2010 – und nicht mit dem In-Kraft-Treten der Beitragssatzung – entstehen zu lassen. Eine entsprechende Regelung befand sich bereits in der Vorgängersatzung vom 12. November 2012, aus der sie übernommen und die dort offenbar vor dem Hintergrund eingefügt worden ist, dass die Erhebung eines Herstellungsbeitrags II erstmals durch die 2. Änderungssatzung des Beklagten vom 09. November 2009 zur Beitragssatzung vom 04. Februar 2002 zum 01. Januar 2010 vorgesehen war. Dass der Beklagte die Regelung gewissermaßen „blind“ ohne weitere Prüfung aus der Satzung vom 12. November 2012 in der BS 2015 fortgeschrieben hat, ändert nichts an deren Inhalt.
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Die Unwirksamkeit des § 7 Abs. 3 BS 2015 hat zur Folge, dass es an einer wirksamen satzungsrechtlichen Bestimmung über das Entstehen der (sachlichen) Beitragspflicht und damit der Entstehung der Abgabenschuld für den Herstellungsbeitrag II fehlt. Insbesondere kann insoweit nicht die Regelung in § 7 Abs. 1 BS 2015 herangezogen werden, die in Übereinstimmung mit der landesrechtlichen Ermächtigung bestimmt, dass die Beitragspflicht für den Herstellungsbeitrag I entsteht, sobald das Grundstück an die öffentliche Einrichtung gemäß § 1 Abs. 1 Ziffer 1 der Entwässerungssatzung des Beklagten angeschlossen werden kann, frühestens jedoch mit dem In-Kraft-Treten der ersten wirksamen Satzung. Denn diese Vorschrift bezieht sich ausschließlich auf den Herstellungsbeitrag I.
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Da die Regelung der Entstehung der Abgabenschuld zum notwendigen Mindestinhalt der Abgabensatzung gehört (§ 2 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA), hat die Unwirksamkeit der Regelung über das Entstehen der Beitragspflicht für den Herstellungsbeitrag II in § 7 Abs. 3 BS 2015 die Unwirksamkeit der beitragsrechtlichen Regelungen in Bezug auf den Herstellungsbeitrag II insgesamt zur Folge. Denn der verbleibende diesbezügliche beitragsrechtliche Teil besitzt keinen sinnvollen Inhalt, weil kommunale Abgaben nur aufgrund einer Satzung erhoben werden dürfen, die den in § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA normierten Mindestinhalt erfüllt. Auf die durch § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA geforderte Festlegung in der Satzung kann auch dann nicht verzichtet werden, wenn sich ihr Inhalt – wie hier – ohne Belassung eines vom Satzungsgeber noch auszufüllenden Spielraums bereits zwingend aus dem Gesetz ergibt (OVG LSA, Beschluss vom 15. Januar 2009 – 4 L 9/08 – Juris Rn. 11 m.w.N.; Lohmann in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Kommentar, Stand 09/2014, § 6 Rn. 661 m. w. N. und Holtbrügge in: Driehaus, a.a.O, § 2 Rn. 50). Der gegenteiligen Auffassung des 1. Senats des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt (Urteil vom 30. Januar 2003 – 1 L 362/01 – Juris) folgt die Kammer in Übereinstimmung mit dem nunmehr für das Kommunalabgabenrecht zuständigen 4. Senat nicht.
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2. Die Beitragssatzung des Beklagten vom 12. November 2012 (BS 2012) scheidet ebenso als rechtliche Grundlage der angefochtenen Beitragsbescheide aus.
- 32
a. Sie leidet an demselben Mangel wie die BS 2015 mit der Folge der Unwirksamkeit der beitragsrechtlichen Regelungen in Bezug auf den Herstellungsbeitrag II insgesamt. Zum einen enthält nämlich § 7 BS 2012 die identischen Regelungen wie § 7 BS 2015. Zum anderen sollte die BS 2012 nach ihrem Artikel II am Tag nach der öffentlichen Bekanntmachung, die im Amtsblatt des Landkreises Anhalt-Bitterfeld vom 07. Dezember 2012 und im Amtsblatt der Stadt {N.} vom 05. Dezember 2012 erfolgte, in Kraft treten. Die Regelung zur Entstehung der Beitragspflicht für den Herstellungsbeitrag II verstößt demzufolge gegen § 6 Abs. 6 Satz 2 KAG LSA, so dass es der BS 2012 wegen Fehlens einer wirksamen Regelung über die Entstehung der Abgabenschuld am notwendigen Mindestinhalt nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA mangelt.
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b. Die BS 2012 ist darüber hinaus auch deshalb nichtig, weil die in § 4 Abs. 2 Buchstabe c getroffene Tiefenbegrenzungsregelung unwirksam ist und dies die Gesamtunwirksamkeit der BS 2012 nach sich zieht.
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§ 4 Abs. 2 Buchstabe c BS 2012 bestimmt, dass bei Grundstücken, für die kein Bebauungsplan und keine Satzung nach § 34 Abs. 4 BauGB besteht und die teilweise innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils (§ 34 BauGB) und im Übrigen im Außenbereich (§ 35 BauGB) liegen, als beitragsfähige Grundstücksfläche die Gesamtfläche des Grundstücks gilt, höchstens jedoch die Fläche zwischen der jeweiligen Straßengrenze und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Linie.
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Diese Regelung hat den Zweck, das (beitragsrechtlich) bevorteilte Bauland vom (beitragsrechtlich) nicht bevorteilten Außenbereich typisierend abzugrenzen und lässt sich dabei von der Vermutung leiten, dass die vom Innenbereich in den Außenbereich hineinragenden Grundstücke ab einer bestimmten Grundstückstiefe dem Außenbereich zuzurechnen und deshalb baulich nicht mehr nutzbar sind. Eine derartige typisierende Regelung ist grundsätzlich zulässig. Sie soll im Interesse der Rechtssicherheit und Verwaltungspraktikabilität ausschließen, dass für konkrete Einzelfälle überprüft wird, in welchem Maß ein Grundstück bebaut werden darf (OVG LSA, Beschluss vom 21. Oktober 2014 – 4 K 245/13 – Juris Rn. 19, und Beschluss vom 10. März 2006 – 4 L 250/05 – Juris Rn 4 f.).
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Die Tiefenbegrenzungslinie darf allerdings nicht willkürlich gewählt werden. Sie muss vielmehr der Regelung in § 6 Abs. 5 Satz 1 KAG LSA Rechnung tragen, wonach Beiträge nach Vorteilen zu bemessen sind. Da bei der Verwendung des Vollgeschoßmaßstabs – wie hier – Anknüpfungspunkt für den beitragsrechtlichen Vorteil die baulich nutzbare Grundstücksfläche ist, muss die Ausgestaltung der Tiefenbegrenzungsregelung zur Abgrenzung der baulich nutzbaren Flächen in den konkreten örtlichen Verhältnissen ihren Widerhall finden (OVG LSA, Beschluss vom 21. Oktober 2014 – 4 K 245/13 – Juris Rn. 20 m.w.N.). Das ist dann der Fall, wenn die Grundstücke im Gebiet der abzurechnenden öffentlichen Einrichtung, die teilweise im Innenbereich und teilweise im Außenbereich liegen, typischerweise bis zu der gewählten Tiefenbegrenzungslinie im Innenbereich liegen. Dabei steht dem Satzungsgeber hinsichtlich der Bewertung der örtlichen Verhältnisse und der Festsetzung der an diesen Verhältnissen zu orientierenden Tiefenbegrenzung ein normgeberischer Gestaltungsspielraum zu (OVG LSA, Beschluss vom 21. Oktober 2014 – 4 K 245/13 – Juris Rn. 23).
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Diesen Gestaltungsspielraum hatte der Beklagte mit der Festlegung einer Tiefenbegrenzungslinie von 50 m überschritten. Diese von ihm nicht auf eine Ermittlung der örtlichen Verhältnisse im Verbandsgebiet zurückgehende, sondern lediglich gegriffene Grenzlinie spiegelt nicht die ortsüblich prägende Tiefe der baulichen Nutzung wider. Vielmehr ergibt sich aus der seitens der Pro 2000 Projektmanagement für Siedlungswasserwirtschaft GmbH für den Beklagten erstellten „Ermittlung der prägenden ortsüblichen Bebauungstiefe für alle Ortslagen des AZV „{O.}“ vom 24. März 2015, dass eine bauliche Nutzung der teilweise im Innenbereich und teilweise im Außenbereich gelegenen Grundstücke im Verbandsgebiet des Beklagten nicht bis zu einer Tiefe von 50 m üblich im Sinne von normal, geläufig, verbreitet oder in der Mehrzahl der ermittelten Fälle anzutreffen ist, sondern die ortsübliche Tiefe der baulichen Nutzung deutlich diesseits dieser Grenze endet. Die Ermittlung, in die insgesamt 989 repräsentative Grundstücke aus allen Orten des Verbandsgebiets Eingang gefunden haben und die entsprechend der Tiefe ihrer baulichen Nutzung verschiedenen Gruppen zugeordnet wurden, ergab folgendes Bild:
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bis
20 mbis
25 mbis
30bis
35 mbis
40 mbis
45 mbis
50 mbis
55 mbis
60 müber
60mGrundstücke
55
73
149
199
165
75
68
34
32
139
Anteil in %
6
7
15
20
17
8
7
3
3
14
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Daraus lässt sich ersehen, dass der Anteil der vom Innenbereich in den Außenbereich übergehenden Grundstücke, die (von 45 m) bis 50 m oder über 50 m hinaus baulich genutzt werden, lediglich 27 % beträgt und daher die Annahme, die teilweise im Innenbereich und teilweise im Außenbereich liegenden Grundstücke im Verbandsgebiet des Beklagten würden typischerweise bis zu einer Tiefe von 50 m baulich genutzt bzw. lägen insoweit im Innenbereich, nicht vertretbar ist.
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Dementsprechend sieht die BS 2015 in § 4 Abs. 2 Buchstabe c ebenso wie die durch die 1. Änderungssatzung vom 09. September 2013 zur BS 2012 neu gefasste Regelung des § 4 Abs. 2 Buchstabe c BS 2012 eine Tiefenbegrenzungslinie von 40 m vor.
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Ist sonach § 4 Abs. 2 Buchstabe c BS 2012 unwirksam, weil die darin vorgesehene Tiefenbegrenzungsregelung von 50 m nicht den örtlichen Verhältnissen im Gebiet des Beklagten entspricht, hat dies die Unwirksamkeit der gesamten Satzung zur Folge.
- 42
Dabei kann dahin stehen, ob sich dies bereits aus einem Verstoß gegen den im Anschlussbeitragsrecht geltenden Grundsatz der konkreten Vollständigkeit ergibt, der den Satzungsgeber verpflichtet, den Verteilungsmaßstab für alle im Versorgungsgebiet in Betracht kommenden Anwendungsfälle zu regeln (OVG LSA, Urteil vom 11. September 2012 – 4 L 155/09 – Juris Rn. 75 m.w.N.). Eine Gesamtunwirksamkeit der Satzung liegt auch dann vor, wenn man annähme, die Unwirksamkeit der Tiefenbegrenzungsregelung in § 4 Abs. 2 Buchstabe c BS 2012 habe nicht zur Folge, dass es an einer Regelung für Grundstücke fehle, die teilweise im Innenbereich und teilweise im Außenbereich liegen, sondern sich aus der Gesamtschau der sonstigen Regelungen entnehmen lasse, dass in einem derartigen Fall lediglich der Teil des Grundstücks als beitragsrechtlich bevorteilt zugrunde zu legen ist, der im Innenbereich liegt (ablehnend VG Magdeburg, Urteil vom 26. März 2015 – 9 A 253/14 MD –).
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Die Ungültigkeit eines Teils einer kommunalen Satzungsbestimmung führt nur dann nicht zu ihrer Gesamtunwirksamkeit, wenn die übrigen Teile auch ohne den ungültigen Teil sinnvoll bleiben (Grundsatz der Teilbarkeit) und mit Sicherheit anzunehmen ist, dass sie auch ohne diesen erlassen worden wären (Grundsatz des mutmaßlichen Willens des Normgebers). Zwar muss eine Tiefenbegrenzungsregelung in einer Beitragssatzung nicht notwendig vorhanden sein. Es ist jedoch nicht mit Sicherheit anzunehmen, dass der Beklagte im Falle des Wissens um die Unwirksamkeit der gewählten Tiefenbegrenzungsregelung die Satzung ohne eine solche erlassen hätte. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass ohne eine Tiefenbegrenzungsregelung und der vorstehend genannten Auslegung des Beitragsmaßstabs bei jedem Grundstück im Gebiet der öffentlichen Einrichtung des Beklagten, das im Übergangsbereich vom unbeplanten Innen- zum Außenbereich liegt, eine konkrete Abgrenzung von Innenbereichs- und Außenbereichsflächen vorgenommen werden müsste. Im Hinblick auf die Größe des Abrechnungsgebiets würde eine solche grundstücksbezogene Einzelbeurteilung einen erheblichen Verwaltungsaufwand bedeuten. Vor diesem Hintergrund erscheint nicht fernliegend, dass der Satzungsgeber eine Tiefenbegrenzungsregelung mit einer geringeren Tiefenbegrenzungslinie, die in den örtlichen Verhältnissen ihren Widerhall findet, erlassen hätte (OVG LSA, Beschluss vom 21. Oktober 2014 – 4 K 245/13 – Juris Rn. 35).
- 44
Soweit der Beklagte durch Erlass der 1. Änderungssatzung vom 09. September 2013 die Tiefenbegrenzungslinie in § 4 Abs. 2 Buchstabe b BS 2012 auf 40 m reduziert hat, wurde der Satzungsmangel der BS 2012 nicht geheilt. Zwar dürfte sich diese Regelung im Rahmen des dem Satzungsgeber zuzubilligenden Gestaltungsspielraums halten, da nach der „Ermittlung der prägenden ortsüblichen Bebauungstiefe“ der Pro 2000 Projektmanagement für Siedlungswasserwirtschaft GmbH vom 24. März 2105 die Mehrzahl der Grundstücke bis zu einer Tiefe von 40 m oder über 40 m hinaus baulich genutzt wird (52 %). Damit dürfte auf der einen Seite dem Anliegen hinreichend Rechnung getragen werden, beitragsrechtlich nicht bevorteilte (baulich nicht nutzbare) Flächen von der Beitragspflicht auszuschließen. Auf der anderen Seite dürfte die Regelung aber auch geeignet sein, die beitragsrechtlich bevorteilten (baulich nutzbaren) Flächen hinreichend zu erfassen. Insoweit ist nämlich in Rechnung zu stellen, dass nach der ergänzenden Bestimmung zur übergreifenden Bebauung (§ 4 Abs. 2 Buchstabe d BS 2012) in den Fällen, in denen die Grundstücke über die Tiefenbegrenzungslinie hinaus baulich genutzt werden, die Linie entsprechend der übergreifenden Bebauung in die Tiefe verschoben wird. Damit werden im Regelfall die beitragsrechtlich bevorteilten Flächen hinreichend genau berücksichtigt und es steht keine Aussonderung beitragsrechtlich bevorteilter Flächen zu Lasten der Erhöhung des Beitragssatzes zu befürchten.
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Indes sollte die 1. Änderungssatzung gemäß ihres Artikels II erst am Tag nach ihrer Veröffentlichung, die im Amtsblatt der Stadt {P.} vom 02. Oktober 2013 und im Amtsblatt des Landkreises Anhalt-Bitterfeld vom 04. Oktober 2013 erfolgte, in Kraft treten. Spätere Änderungen einer nichtigen Satzung gehen indes ins Leere, weil eine unwirksame Satzung durch eine nachfolgende Änderung nicht wieder aufleben kann (OVG LSA, Beschluss vom 06. Mai 2008 – 4 L 103/08 – Juris). Es bedürfte vielmehr einer auf den Zeitpunkt des beabsichtigten Inkrafttretens der unwirksamen Satzungsregelung zurückwirkenden Änderungssatzung, weil die Satzung in diesem Fall wegen der Rückwirkung der Änderungssatzung mit dem geänderten Inhalt wirksam wird, so dass der ihr ursprünglich anhaftende Mangel die Nichtigkeitsfolge nicht herbeiführen kann (OVG LSA, Beschluss vom 09. Dezember 2004 – 1 M 421/04 –).
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3. Ebenso wenig kann die Beitragssatzung des Beklagten vom 04. Februar 2002 (BS 2002), zuletzt geändert durch die 4. Änderungssatzung vom 06. Dezember 2010, den angefochtenen Bescheiden als rechtliche Grundlage zugrunde gelegt werden.
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Diese Satzung ist insgesamt nichtig, da sie ebenso wie die BS 2012 in ihrem § 4 Abs. 2 Buchstabe c eine Tiefenbegrenzungsregelung von 50 m enthält, die – wie dargelegt – in den örtlichen Verhältnissen im Gebiet des Beklagten keinen Widerhall findet.
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Sie ist darüber hinaus auch deshalb insgesamt nichtig, weil der Beitragsmaßstab nicht alle im Versorgungsgebiet in Betracht kommenden Anwendungsfälle regelt und insoweit unvollständig ist, mit der Folge, dass es der Satzung an einem notwendigen Mindestbestandteil nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA mangelt. Die BS 2002 enthält nämlich keine Regelung über die maßgebliche Zahl der Vollgeschosse für tatsächlich an die Einrichtung des Beklagten angeschlossene Außenbereichsgrundstücke. Eine derartige Regelung wurde erst mit der 2. Änderungssatzung des Beklagten vom 09. November 2009 eingeführt. Diese Änderungssatzung wurde jedoch nicht mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt des beabsichtigten In-Kraft-Tretens der BS 2002 zum 01. Januar 2002 erlassen, sondern sollte entsprechend ihrem Artikel II am 01. Januar 2010 in Kraft treten. Die Änderungssatzung ging daher ins Leere.
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4. Dass vorher erlassenes Satzungsrecht des Beklagten bzw. seines Rechtsvorgängers als Rechtsgrundlage für die angegriffenen Beitragsbescheide herangezogen werden könnte, macht der Beklagte weder geltend noch ist dafür etwas ersichtlich.
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II. Die Bescheide des Beklagten vom 22. August 2012, mit denen der Beklagte gegenüber der Klägerin Säumniszuschläge und Mahngebühren geltend gemacht hat, sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Sie finden ihre rechtliche Grundlage in § 13 Abs. 1 Nr. 5 Buchstabe b KAG LSA i.V.m. § 240 AO bzw. in den §§ 1 und 2 der Verordnung über die Kosten im Verwaltungszwangsverfahren vom 11. Dezember 2001 (GVBl. LSA S. 562) in der Fassung der Änderung durch Verordnung vom 10. Oktober 2008 (GVBl. LSA S. 356) (VwVKostVO) und der Anlage 1 zu dieser Verordnung.
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1. Nach der auf Kommunalabgaben entsprechend anzuwendenden Regelung des § 240 Abs. 1 Satz 1 AO ist, wenn eine Abgabe nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstags entrichtet wird, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag in Höhe von einem Prozent des abgerundeten rückständigen Abgabenbetrags zu entrichten; abzurunden ist auf den nächsten durch 50 Euro teilbaren Betrag.
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In Übereinstimmung damit hat der Beklagte in den angegriffenen Bescheiden vom 22. August 2012 Säumniszuschläge für zwei angefangene Monate der Säumnis festgesetzt. Die Klägerin war aufgrund der Beitragsbescheide des Beklagten vom 07. Juni 2012 verpflichtet, die darin mit Fälligkeit zum 10. Juli 2012 festgesetzten Beiträge an den Beklagten zu zahlen. Ihr gegen die Beitragsbescheide erhobener Widerspruch änderte daran nichts, weil die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben entfällt (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO). Da die Klägerin dem nicht nachgekommen ist, sind bis zum Erlass der Bescheide Säumniszuschläge jeweils für zwei angefangene Monate entstanden, die der Beklagte auch zutreffend wie folgt berechnet hat:
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Grundstück
Beitrag in Euro
Berechnung
Säumniszuschlag
G. 1-2
1.216,46
1.200 € x 1 % x 2
24 Euro
G. 3-5
1.191,86
1.150 € x 1 % x 2
23 Euro
Gr.11-18
4.330,74
4.300 € x 1 % x 2
86 Euro
K. 7-10
1.272,85
1.250 € x 1 % x 2
25 Euro
- 55
Unerheblich ist, dass die Klage gegen die Beitragsbescheide erfolgreich ist. Denn nach § 240 Abs. 1 Satz 4 AO bleiben, wenn die Abgabenfestsetzung aufgehoben wird, die bis dahin verwirkten Säumniszuschläge unberührt.
- 56
2. Gemäß § 1 VwVKostVO werden im Verwaltungszwangsverfahren u.a. Mahngebühren erhoben, die sich der Höhe nach aus der Anlage 1 zur VwVKostVO ergeben (§ 2 Satz 1 VwVKostVO). Darin sind für die Mahnung von Forderungen in Höhe von mehr als 500 Euro bis 2.500 Euro Mahngebühren in Höhe von 22,50 Euro und für die Mahnung von Forderungen bis 5.000 Euro Mahngebühren in Höhe von 37,50 Euro vorgesehen. In Umsetzung dieser Vorschriften hat der Beklagte für die Mahnungen vom 22. August 2012, mit denen er die Zahlung der von der Klägerin nicht beglichenen Beiträge angemahnt hatte, zutreffend Mahngebühren von 22,50 Euro (für die Grundstücke Goethestraße 1-2 und 3-5 sowie Kantstraße 7-10) bzw. 37,50 (für das Grundstück Grünstraße 11-18) erhoben.
- 57
3. Die von der Klägerin hilfsweise erklärte Aufrechnung mit ihr gegen den Beklagten zustehenden Schadensersatzansprüchen im Zusammenhang mit dem Rückstau des Schmutzwassers auf ihren Grundstücken stellt nicht die Rechtmäßigkeit der Erhebung der Säumniszuschläge und Mahngebühren in Frage. Dies gilt schon deshalb, weil die Abgabepflichtigen gemäß § 13 a Abs. 1 Satz 5 KAG LSA i.V.m. § 226 Abs. 3 AO gegen Ansprüche aus dem Abgabenschuldverhältnis nur mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Gegenansprüchen aufrechnen können. Die geltend gemachten Schadensersatzansprüche sind aber weder rechtskräftig festgestellt noch unstreitig.
- 58
Ungeachtet dessen ist die Frage der Aufrechnung und des damit verbundenen Erlöschens der Ansprüche (§ 13 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b KAG LSA i.V.m. § 47 AO) für den Ausgang des Klageverfahrens gegen die Abgabenfestsetzung unerheblich. Denn über Streitigkeiten, die die Frage der Verwirklichung von Abgabenansprüchen betreffen, wird nach § 13 a Abs. 1 Satz 5 KAG LSA i.V.m. § 218 Abs. 2 AO in einem besonderen Verfahren entschieden.
- 59
III. Die Klage gegen die Kostenfestsetzungsbescheide des Beklagten vom 15. Januar 2013 ist unzulässig, weil es an der Durchführung des dafür nach § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO erforderlichen Vorverfahrens fehlt. Dessen Notwendigkeit wird auch nicht durch § 8 a AG VwGO LSA aufgehoben. Nach § 8 a Abs. 1 Satz 1 AG VwGO LSA entfällt zwar in den Fällen des § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 3 VwGO das Vorverfahren nach § 68 VwGO, wenn diejenige Behörde, die einen Verwaltungsakt erlassen oder den Erlass eines Verwaltungsakts abgelehnt hat, auch den Widerspruchsbescheid zu erlassen hätte. Dies gilt nach § 8 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Buchstabe b AG VwGO LSA aber nicht für – wie hier – Entscheidungen in Selbstverwaltungsangelegenheiten nach abgaberechtlichen Vorschriften.
- 60
Der Beklagte hat sich auch nicht sachlich auf die Klage eingelassen, so dass die Durchführung eines Vorverfahrens auch nicht unter diesem Gesichtspunkt entbehrlich geworden ist.
- 61
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 161 Abs. 2, 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.
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