Urteil vom Verwaltungsgericht Hamburg (17. Kammer) - 17 K 3920/19
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen die Veröffentlichung seiner Vergütung nach § 3 Abs. 1 Nr. 15 des Hamburgischen Transparenzgesetzes (HmbTG).
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Der Kläger ist beim Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) angestellt, einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, deren alleinige Trägerin die beklagte Freie und Hansestadt Hamburg ist. Die Einstellung erfolgte – zunächst befristet bis zum ... - mit Arbeitsvertrag vom ... als Kaufmännischer Leiter für ... im UKE. Der Arbeitsvertrag wurde anschließend fortlaufend verlängert, wobei der Kläger in verschiedenen Abteilungen und Gesellschaften des UKE eingesetzt wurde. Mit Änderungsvereinbarung vom ...2015 vereinbarten das UKE und der Kläger, dass der Kläger ab April 2015 die Geschäftsführung der ... GmbH ... übernimmt, deren alleinige Gesellschafterin das UKE ist. In einer Änderungsvereinbarung vom ...2015 vereinbarten das UKE und der Kläger, dass der Kläger ab dem ... 2015 seine volle Arbeitskraft der Geschäftsführung der ... GmbH widmen würde.
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In einem an den Kläger adressierten und mit „Letter of Intent“ bezeichneten Schreiben vom ...2017 teilte das UKE mit, dass die Position eines „...“ geschaffen werden solle, bei der es sich um eine dem Vorstand des UKE zugeordnete Stabsstelle handele. Es werde zugesichert, dass diese Position mit dem Kläger besetzt würde, der diese neben seiner Tätigkeit als alleiniger Geschäftsführer der ... GmbH einnehmen solle. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben vom ...2017 verwiesen.
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Für seine Tätigkeiten erhält der Kläger vom UKE eine Festvergütung zuzüglich einer variablen Vergütung und verschiedene Nebenleistungen (u.a. einen Firmenwagen der Mittelklasse).
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Mit Schreiben vom 19.11.2018 wies die Finanzbehörde der Beklagten das UKE darauf hin, dass dessen Tochterunternehmen den Vorgaben des Hamburgischen Transparenzgesetzes zur Offenlegung der Vergütung der Geschäftsleitungen größtenteils nicht nachkommen würden. Es werde gebeten, auf die Geschäftsleitungen einzuwirken und dafür Sorge zu tragen, dass zum nächstjährigen Vergütungsbericht die Veröffentlichung erfolge. Es bestünden keine Anhaltspunkte, dass für die betroffenen Geschäftsleitungen noch Bestandsschutzgesichtspunkte griffen.
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Mit Schreiben vom 09.08.2019 forderte die Behörde für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung der Beklagten das UKE auf, zu bewirken, dass ihr die für die Erfüllung der Verpflichtung nach § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG erforderlichen Daten (auch) in Bezug auf den Kläger bis zum 15.08.2019 vorliegen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 09.08.2019 verwiesen.
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Der Kläger erhielt am 12.08.2019 Kenntnis von diesem Schreiben. Am 13.08.2019 informierte das UKE den Kläger darüber, dass beabsichtigt sei, die erbetenen Informationen zu seiner Vergütung und den Nebenleistungen an die Beklagte zu übermitteln.
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Am 16.08.2019 hat der Kläger (Feststellungs-)Klage erhoben. Er habe ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass seine Gehaltsdaten nicht veröffentlicht werden dürfen. Weder das UKE als Körperschaft des öffentlichen Rechts noch dessen Tochtergesellschaften unterlägen nach derzeitiger Rechtslage der Veröffentlichungspflicht nach dem Hamburgischen Transparenzgesetz. Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht habe bereits festgestellt, dass sich die Veröffentlichungspflicht nach derzeitiger Rechtslage nicht auf Einrichtungen der mittelbaren Staatsverwaltung erstrecke. Durch die Veröffentlichung seiner Vergütung werde er in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Zudem dürften nach § 26 BDSG personenbezogene Daten von Beschäftigten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses nur verarbeitet werden, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses für dessen Durchführung oder Beendigung oder zur Ausübung oder Erfüllung der sich aus einem Gesetz oder einem Tarifvertrag, einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung (Kollektivvereinbarung) ergebenden Rechte und Pflichten der Interessenvertretung der Beschäftigten erforderlich sei. An dieser Voraussetzung fehle es hier. Im Übrigen erhalte er, der Kläger, seine Vergütung nicht von der ... GmbH, sondern allein vom UKE. Er sei am UKE als einfacher Arbeitnehmer angestellt und ausschließlich kraft Weisung auf Grundlage seiner arbeitsvertraglichen Beziehung zum UKE als Geschäftsführer der ... GmbH tätig. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass er seine Vergütung seit 2017 nicht nur für seine Tätigkeit als Geschäftsführer der ... GmbH, sondern auch für seine Tätigkeit als ... erhalte. Würde seine Vergütung veröffentlicht, so wären darin in irreführender Weise auch Vergütungsbestandteile enthalten, die mit seiner Leitungsfunktion als Geschäftsführer der ... GmbH nichts zu tun hätten.
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Der Kläger beantragt,
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festzustellen, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, die jährliche Vergütung samt Nebenleistungen des Klägers für seine Tätigkeit als Geschäftsführer der ... GmbH nach Maßgabe des Hamburgischen Transparenzgesetzes zu veröffentlichen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte ist der Auffassung, dass das Gehalt des Klägers zu veröffentlichen sei. Sowohl das UKE als auch die ... GmbH seien auskunftspflichtige Stellen nach dem Hamburgischen Transparenzgesetz. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG seien die wesentlichen Unternehmensdaten städtischer Beteiligungen einschließlich einer Darstellung der jährlichen Vergütungen und Nebenleistungen für die Leitungsebene zu veröffentlichen. Der durch die Veröffentlichung seiner Vergütung bewirkte Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Klägers sei gerechtfertigt. Insbesondere sei der Eingriff verhältnismäßig. Informationen über Vergütungen beträfen nicht die engere Privatsphäre, sondern den beruflichen Bereich und seien daher keine hochsensiblen Daten, zumal sie auch keine sicheren Rückschlüsse auf die Vermögenssituation zuließen. Arbeitsvertragliche Regelungen stünden der Veröffentlichung nicht entgegen.
Entscheidungsgründe
I.
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Die Klage ist zulässig (1.), aber unbegründet (2.).
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1. Die Klage ist zulässig.
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a) Die Klage ist als Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Die Beteiligten streiten über die Anwendung einer Rechtsnorm auf einen bestimmten, überschaubaren, gerade den Kläger betreffenden Sachverhalt (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 25.10.2017, 6 C 46/16, juris, Rn. 12), nämlich darüber, ob § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG die Beklagte berechtigt (und verpflichtet), die Vergütung, die der Kläger für seine Tätigkeit als Geschäftsführer der ... GmbH erhält, zu veröffentlichen.
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b) An der begehrten baldigen Feststellung hat der Kläger ein berechtigtes Interesse. Die Beklagte strebt zeitnah eine Veröffentlichung der Vergütung des Klägers an; eine unberechtigte bzw. ohne gesetzliche Grundlage erfolgende Veröffentlichung würde einen rechtswidrigen Eingriff in das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung darstellen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 25.02.2008, 1 BvR 3255/07, juris, Rn. 17 ff.).
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c) Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht der Grundsatz der Subsidiarität nicht entgegen. Die Vorschrift des § 43 Abs. 2 VwGO, der zufolge die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses nicht begehrt werden kann, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können, ist ihrem Zweck entsprechend einschränkend auszulegen und anzuwenden. Kann die zwischen den Beteiligten streitige Frage sachgerecht und ihrem Rechtsschutzinteresse voll Rechnung tragend durch Feststellungsurteil geklärt werden, verbietet es sich, den Kläger auf eine Gestaltungs- oder Leistungsklage zu verweisen, in deren Rahmen das Rechtsverhältnis, an dessen selbstständiger Feststellung er ein berechtigtes Interesse hat, einerseits nur Vorfrage wäre, andererseits die weiteren Elemente des geltend zu machenden Anspruchs – wie hier – nur untergeordnete Bedeutung hätten (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.04.1997, 1 C 2/95, juris, Rn. 25).
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2. Die Klage ist jedoch unbegründet.
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Die beklagte Freie und Hansestadt Hamburg ist berechtigt, die Vergütung einschließlich Nebenleistungen, die der Kläger für seine Tätigkeit als Geschäftsführer der ... GmbH erhält, zu veröffentlichen. § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG begründet insoweit eine Veröffentlichungspflicht der Beklagten (hierzu a)). Die Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG ist mit dem Grundgesetz vereinbar (hierzu b)). Eine Unzulässigkeit der Veröffentlichung folgt schließlich nicht aus datenschutzrechtlichen Vorschriften (hierzu c)).
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a) § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG verpflichtet – und berechtigt daher – die Beklagte, die Vergütung des Klägers für seine Tätigkeit als Geschäftsführer der ... GmbH zu veröffentlichen. Nach dieser Vorschrift unterliegen die wesentlichen Unternehmensdaten städtischer Beteiligungen einschließlich einer Darstellung der jährlichen Vergütungen und Nebenleistungen für die Leitungsebene der Veröffentlichungspflicht nach dem HmbTG.
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aa) Adressatin der Veröffentlichungspflicht gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG ist (allein) die beklagte Freie und Hansestadt Hamburg. Hierfür sprechen sowohl der Begriff der „städtischen Beteiligungen“, der die Perspektive der Beklagten einnimmt, als auch die Tatsache, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG ausweislich der Gesetzesbegründung den bereits vor Inkrafttreten des HmbTG jährlich erstellten Beteiligungsbericht der Beklagten vor Augen hatte (vgl. Bü-Drs. 20/4466, S. 15), in dem die Beklagte die wesentlichen Unternehmensdaten ihrer Beteiligungen darstellt, darunter auch Beteiligungen, die – wie das UKE als Körperschaft des öffentlichen Rechts - nach der bis zum 31.12.2021 geltenden Rechtslage selbst nicht der Veröffentlichungspflicht unterliegen (vgl. Artikel 5 des Gesetzes zur Änderung des Hamburgischen Transparenzgesetzes und des Hamburgischen Umweltinformationsgesetzes sowie zum Erlass des Ausführungsgesetzes zum Verbraucherinformationsgesetz vom 19.12.2019, HmbGVBl. 2020, 19).
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bb) Die Vergütung des Klägers für seine Tätigkeit als Geschäftsführer der ... GmbH einschließlich Nebenleistungen fällt unter den Anwendungsbereich der Veröffentlichungspflicht gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG.
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(a) Die ... GmbH ist eine städtische (Unternehmens-)Beteiligung i.S.d. Vorschrift. Sie ist eine juristische Person des Privatrechts, deren alleinige Gesellschafterin das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) ist, bei der es sich wiederum um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts handelt (§ 1 Abs. 1 UKEG), die unter der Aufsicht der Beklagten steht (§ 3 Abs. 5 UKEG). Sie ist wirtschaftlich am Markt tätig. Bereits in den vor Erlass des HmbTG erschienenen jährlichen Beteiligungsberichten der beklagten Freien und Hansestadt Hamburg wurde über sie als (Unternehmens-)Beteiligung der Beklagten berichtet (vgl. etwa Beteiligungsbericht für das Jahr 2010, Bü-Drs. 20/2343, S. ...).
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(b) Auch umfasst das gesetzliche Merkmal der „Darstellung der jährlichen Vergütungen und Nebenleistungen für die Leitungsebene“ die Angabe der Vergütung des Klägers für seine Tätigkeit als Geschäftsführer der ... GmbH.
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(aa) Der Kläger gehört der Leitungsebene der ... GmbH an. Insoweit kann offenbleiben, ob der unbestimmte und daher auslegungsbedürftige Begriff der Leitungsebene lediglich die geschäftsführenden Organe der jeweiligen Beteiligung (so Maatsch/Schnabel, HmbTG, 1. Aufl. 2015, § 3 Rn. 132 m.w.N.) oder darüber hinaus auch mögliche weitere Inhaber gehobener Leitungsfunktionen ohne eine solche Organstellung erfasst. Als alleiniger Geschäftsführer der ... GmbH ist der Kläger in jedem Fall deren Leitungsebene zugehörig.
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Einer Anwendbarkeit des § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG steht nicht entgegen, dass der Kläger seine Vergütung nicht von der ... GmbH, sondern vom UKE erhält, da er ausschließlich beim UKE beschäftigt und lediglich aufgrund arbeitsrechtlicher Weisung des UKE als Geschäftsführer der ... GmbH tätig ist. Insoweit legt bereits der Wortlaut „für die Leitungsebene“ nahe, dass es nicht darauf ankommen soll, von wem, sondern für welche Tätigkeit die Vergütung gezahlt wird. Dies gebietet auch der Zweck des § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG, der darin besteht, die Kontrolle der Verwendung öffentlicher Mittel im Bereich der wirtschaftlichen Betätigung der Beklagten zu verbessern (vgl. Maatsch/Schnabel, a.a.O., § 3 Rn. 126). Vorliegend erhält der Kläger seine Vergütung, jedenfalls soweit deren Veröffentlichung Gegenstand der Klage ist, gerade für seine Tätigkeit als Geschäftsführer der ... GmbH.
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(bb) Die „Darstellung der jährlichen Vergütungen und Nebenleistungen für die Leitungsebene“ beinhaltet im vorliegenden Fall auch die konkrete, individualisierte Bezifferung der Vergütung des Klägers für seine Tätigkeit als Geschäftsführer der ... GmbH einschließlich etwaiger gewährter Nebenleistungen.
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Mit Blick auf den Gesetzeswortlaut könnte zwar der zusammenfassende Begriff der „Leitungsebene“ darauf hindeuten, dass die Vorschrift lediglich eine aggregierte Darstellung der Vergütungen sämtlicher Mitglieder der Leitungsebene vorsieht. Hierfür könnte auch der Begriff der „Darstellung“ als solcher sprechen, der in der Bezeichnung der übrigen Gegenstände der Veröffentlichungspflicht gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG kein weiteres Mal verwendet wird; vielmehr bezeichnet dieser Begriff in § 9 Abs. 1 HmbTG die zusammenfassende, aufbereitete Darreichung solcher Informationen, deren unmittelbare Weitergabe verboten ist.
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Diese Schlüsse sind jedoch nicht zwingend. So kann der Gesetzgeber den untechnischen Begriff der Leitungsebene auch schlicht als Oberbegriff für die je nach Rechtsform der Beteiligung unterschiedlichen Arten von Leitungsorganen gewählt haben, ohne hiermit eine Entscheidung gegen eine individualisierte Veröffentlichung ausdrücken zu wollen. Ferner deutet auch die Gesetzesbegründung, in der ohne jede Bezugnahme auf den Begriff der Darstellung schlicht von einer „Veröffentlichung der Vergütungen und Nebenleistungen der Leitungsebenen“ die Rede ist (Bü-Drs. 20/4466, S. 15), darauf hin, dass diesem Begriff im Rahmen des § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG eine solche Bedeutung nicht zukommen sollte.
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Unter Berücksichtigung gesetzeshistorischer und systematischer Gesichtspunkte ist vielmehr anzunehmen, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG stets eine individualisierte Veröffentlichung vor Augen hatte. Hierfür spricht zunächst, dass zum Zeitpunkt der Verabschiedung des HmbTG der für Unternehmen mit mehrheitlicher Beteiligung der Beklagten geltende Hamburger Corporate Governance Kodex in Ziff. 4.2.6 bereits ausdrücklich eine Offenlegung der Vergütung der einzelnen Mitglieder der Geschäftsführung vorsah. Es ist nicht ersichtlich, weshalb die Veröffentlichungspflicht gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG bewusst hinter diesem bereits etablierten Standard hätte zurückbleiben sollen. Dementsprechend haben auch die Behörden der Beklagten in mehreren Stellungnahmen an die Hamburgische Bürgerschaft geäußert, dass sie § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG als individualisierte Veröffentlichungspflicht verstehen (vgl. Bü-Drs. 20/7029, S. 1; Bü-Drs. 20/11657, S. 2), und ab dem Jahr 2013 einen entsprechenden jährlichen Vergütungsbericht veröffentlicht (vgl. für 2013: Bü-Drs. 20/13676). Es ist davon auszugehen, dass diese Auslegung auch dem Willen des Gesetzgebers entsprach. Anderenfalls wäre schwer erklärlich, weshalb § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG im Rahmen der Novellierung des HmbTG im Jahr 2019 nicht nur unverändert geblieben ist, sondern die Reichweite der Vorschrift anlässlich dieser Novellierung, soweit ersichtlich, überhaupt nicht thematisiert wurde.
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Für die Annahme einer individualisierten Veröffentlichungspflicht sprechen auch die Vorschriften des HmbTG zum Schutz persönlicher Daten. Zwar sieht § 4 Abs. 1 S. 1 HmbTG vor, dass personenbezogene Daten vor der Veröffentlichung unkenntlich zu machen sind. Da § 4 Abs. 1 S. 2 HmbTG die Veröffentlichung nach § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG hiervon nicht ausnimmt, könnte der Schluss naheliegen, dass § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG bereits deshalb keine individualisierte Veröffentlichung vorsieht, weil diese ohnehin unzulässig wäre. Nach Auffassung der Kammer ist § 4 Abs. 1 S. 1 HmbTG jedoch auf die Veröffentlichung nach § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG bereits deswegen nicht anzuwenden, weil die Vorschrift durch § 4 Abs. 4 HmbTG als speziellere Vorschrift verdrängt wird, soweit personenbezogene Daten u.a. über Beschäftigte auskunftspflichtiger Stellen betroffen sind. Insoweit sieht § 4 Abs. 4 S. 2 HmbTG nämlich vor, dass solche Daten gerade nicht von der Veröffentlichung gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG ausgeschlossen sein sollen. Diese Regelung lässt den Schluss zu, dass § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG gerade eine individualisierte Veröffentlichung der Vergütungen vorsieht (Maatsch/Schnabel, a.a.O., § 3 Rn. 134): Sofern nämlich lediglich eine aggregierte Veröffentlichung gewollt wäre, hätte § 4 Abs. 4 S. 2 HmbTG mangels der Betroffenheit persönlicher Daten überhaupt keinen Anwendungsbereich – es sei denn, eine individualisierte Veröffentlichung wäre ausnahmsweise statthaft, wenn die Leitungsebene nur aus einer einzigen Person besteht, eine aggregierte Veröffentlichung also unmöglich ist (vgl. Maatsch/Schnabel, ebenda). Dies kann der Gesetzgeber jedoch bei der gebotenen objektivierten Betrachtungsweise (vgl. hierzu BVerfG, Urt. v. 17.01.2017, 2 BvB 1/13, juris, Rn. 555) nicht gewollt haben, da für eine solche Ungleichbehandlung kein Grund ersichtlich ist.
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(c) Einer Anwendung des § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG auf die konkrete Vergütung des Klägers für seine Tätigkeit als Geschäftsführer der ... GmbH steht ferner nicht entgegen, dass die zu veröffentlichende Vergütung des Klägers in irreführender Weise auch solche Vergütungsbestandteile enthielte, die mit der Tätigkeit als Geschäftsführer der ... GmbH nichts zu tun haben. Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger tatsächlich neben seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der ... GmbH – wie von ihm vorgetragen – eine weitere Tätigkeit als ... ausübt. Denn die Verpflichtung und Berechtigung der Beklagten zur Veröffentlichung der Vergütung des Klägers beschränkt sich auf denjenigen Teil der Vergütung des Klägers, der auf dessen Tätigkeit als Geschäftsführer der ... GmbH entfällt. Es ist nicht ersichtlich, dass es der Beklagten, ggf. nach Rücksprache mit dem UKE und Einsichtnahme in die arbeitsvertraglichen Unterlagen betreffend den Kläger, nicht möglich sein sollte, diesen Teil der Vergütung des Klägers zu bestimmen oder auf das UKE einzuwirken, die Vergütung für die Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer der ... GmbH und die Vergütung für eventuelle weitere Tätigkeiten des Klägers arbeitsvertraglich klar zu separieren.
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(d) Schließlich ist der Kläger auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes vom Anwendungsbereich des § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG auszunehmen. Insoweit kann offenbleiben, ob solche Angehörige der Leitungsebenen städtischer Beteiligungen, die ihre jeweilige Funktion bereits vor Inkrafttreten des HmbTG am 06.10.2012 innehatten, der Veröffentlichungspflicht gemäß 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG nicht unterfallen. Der Kläger ist zwar bereits seit ... für das UKE tätig; zum Geschäftsführer der ... GmbH – allein in dieser Eigenschaft ist er von der hier streitgegenständlichen Veröffentlichung betroffen – wurde er jedoch erst im Jahr 2015 bestellt.
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b) Das Gericht hat ferner keine Zweifel an der Vereinbarkeit des § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG mit dem Grundgesetz. Die Vorschrift ist sowohl formell also auch materiell verfassungsgemäß.
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aa) § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG ist formell verfassungsgemäß. Die Vorschrift ist von der Gesetzgebungskompetenz der Freien und Hansestadt Hamburg gedeckt (hierzu aa.) und ist auch nicht i.S.d. Art. 31 GG mit Bundesrecht unvereinbar (hierzu bb.).
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(1) Der Regelungsgegenstand des § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG fällt nach der allgemeinen Zuweisungsregel des Art. 70 Abs. 1 GG in die Gesetzgebungskompetenz der Freien und Hansestadt Hamburg als Land. Insbesondere betrifft er nicht das „Recht der Wirtschaft“ als Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung gemäß § 74 Abs. 1 Nr. 11 GG.
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Die Gesetzgebungskompetenz des Landesgesetzgebers für Regelungen, die eine Veröffentlichung der Vergütung der Geschäftsleitungen öffentlicher Unternehmen vorschreiben, ist in der Vergangenheit kontrovers diskutiert worden (vgl. etwa Hesse, ZBB 2009, 387; Schantz/Scheffczyk, BKR 2010, 184; Dietlein/Riedel, NWVBl. 2010, 453; Pommer, NWVBl. 2010, 459; Kreutz, DÖV 2012, 89; Otto/Quick, NWVBl. 2013, 271). In einer Entscheidung aus dem Jahr 2009 hatte das Oberlandesgericht Köln eine Regelung im nordrhein-westfälischen Sparkassengesetz, die eine Veröffentlichung der Bezüge der einzelnen Vorstandsmitglieder im Jahresabschluss der Sparkassen vorsah, als formell verfassungswidrig angesehen (OLG Köln, Urt. v. 09.06.2009, 15 U 79/09, juris, Rn. 11 ff.). Eine solche Regelung zum Inhalt des Jahresabschlusses falle unter das sog. materielle Sparkassenrecht, das die Geschäftstätigkeit und Wirtschaftsführung der Sparkassen regelt und seit jeher dem Recht der Wirtschaft gemäß § 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zugeordnet wird (OLG Köln, a.a.O., Rn. 12). Insoweit habe der Bundesgesetzgeber mit den §§ 285 S. 1 Nr. 9 lit. a, 286 Abs. 4, 340a HGB eine abschließende Regelung zur Offenlegung der Bezüge der Geschäftsführungsorgane von Kapitalgesellschaften und Kreditinstituten im Anhang zum Jahresabschluss getroffen, die gemäß § 72 Abs. 1 GG Sperrwirkung für den Landesgesetzgeber entfalte (OLG Köln, a.a.O., Rn. 14 ff.). In der Folge haben mehrere Landesgesetzgeber von entsprechenden Veröffentlichungspflichten für privatrechtliche Unternehmen mit mehrheitlicher Beteiligung des Landes abgesehen und lediglich Hinwirkungspflichten des Landes statuiert (vgl. etwa § 65a der Landeshaushaltsordnungen Nordrhein-Westfalen (hierzu LT-Drs. 14/10027, S. 24), Saarland und Schleswig-Holstein sowie § 65b der Landeshaushaltsordnung Mecklenburg-Vorpommern).
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Entsprechende Bedenken sind nach Auffassung der Kammer in Bezug auf die Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG unbegründet. Die dort enthaltene Regelung ist nicht dem Recht der Wirtschaft i.S.d. Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zuzurechnen. Hierzu gehören nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts alle Normen, die das wirtschaftliche Leben und die wirtschaftliche Betätigung gerade als solche regeln (BVerfG, Beschl. v. 11.07.2006, 1 BvL 4/00, juris, Rn. 57). Der Veröffentlichungspflicht gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG fehlt es jedoch an einer solchen spezifisch wirtschaftsregulierenden Tendenz.
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Zunächst richtet sich die Vorschrift gerade nicht an die jeweiligen Unternehmen, an denen die Freie und Hansestadt Hamburg beteiligt ist; vielmehr trifft die Veröffentlichungspflicht die Freie und Hansestadt Hamburg selbst (hierzu bereits oben). Dementsprechend sieht die Vorschrift auch keine Veröffentlichung im Jahresabschluss des jeweiligen Unternehmens vor; die Veröffentlichung erfolgt vielmehr für sämtliche betroffene Unternehmen gesammelt in einem jährlichen Vergütungsbericht (vgl. etwa Bü-Drs. 20/13676). Schon darin liegt ein entscheidender Unterschied zu den Regelungen anderer Landesgesetzgeber, die bereits insoweit die Frage einer direkten Kollision mit den Regelungen des HGB aufwarfen.
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Auch in der Sache dient die Veröffentlichungspflicht nicht der Regulierung der wirtschaftlichen Betätigung der betroffenen Unternehmen. Sie verfolgt allein den Zweck, offenzulegen, in welcher Weise und in welchem Umfang sich der Staat mit öffentlichen Mitteln wirtschaftlich engagiert (Maatsch/Schnabel, a.a.O., § 3 Rn. 136). Derartige Anforderungen an die Transparenz staatlichen Handelns sind dem Staatsorganisationsrecht der Freien und Hansestadt Hamburg als Land zuzurechnen. Etwaige Auswirkungen der Veröffentlichungspflicht auf das wirtschaftliche Handeln der jeweiligen Unternehmen sind demgegenüber rein mittelbarer Natur und verleihen der Vorschrift keinen spezifisch wirtschaftsregulierenden Charakter (vgl. ebenda).
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(2) Schließlich ist die Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG auch nicht i.S.d. Art. 31 GG mit Bundesrecht unvereinbar. Insbesondere liegt keine Kollision i.S.d. Art. 31 GG gegenüber den §§ 285 S. 1 Nr. 9 lit. a, 286 Abs. 4 HGB vor. Eine solche Kollision setzt voraus, dass die betreffenden Normen des Bundes- und Landesrechts einen identischen Regelungsgegenstand betreffen und miteinander unvereinbare Normbefehle beinhalten (vgl. Hellermann, in: Epping/Hillgruber, GG, 41. Ed. 2019, Art. 31 Rn. 13 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
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Gemäß § 285 S. 1 Nr. 9 lit. a HGB haben mittelgroße und große Kapitalgesellschaften im Anhang zum Jahresabschluss u.a. für die Mitglieder ihres Geschäftsführungsorgans die für die Tätigkeit im Geschäftsjahr gewährten Gesamtbezüge anzugeben. § 286 Abs. 4 HGB nimmt Gesellschaften, die keine börsennotierten Aktiengesellschaften sind, von dieser Pflicht aus, wenn sich anhand dieser Angabe die Bezüge eines bestimmten Mitglieds des Geschäftsführungsorgans feststellen lassen. Börsennotierte Aktiengesellschaften haben zusätzlich gemäß § 285 S. 1 Nr. 9 lit. a S. 5-7 HGB die Bezüge jedes einzelnen Vorstandsmitglieds unter Namensnennung gesondert anzugeben, wovon nach § 286 Abs. 5 HGB nur bei entsprechender Beschlussfassung der Hauptversammlung abgesehen werden kann.
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Zwar sieht § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG ebenso wie die §§ 285 S. 1 Nr. 9 lit. a, 286 Abs. 4 HGB eine Offenlegung der Bezüge der Geschäftsführungsorgane (u.a.) von Kapitalgesellschaften vor und weicht hinsichtlich der Reichweite dieser Offenlegung ersichtlich von den bundesrechtlichen Regelungen ab; jedoch unterscheiden sich die beiden Regelungen einerseits hinsichtlich ihres Adressaten, vor allem aber in ihrer Zweckrichtung in so erheblicher Weise, dass kein identischer Regelungsgegenstand i.S.d. Art. 31 GG vorliegt, weshalb auch die abweichenden Normbefehle miteinander vereinbar sind.
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Die §§ 285 S. 1 Nr. 9 lit. a, 286 Abs. 4 HGB sind Bestandteil der gesetzlichen Anforderungen an den Jahresabschluss einer Kapitalgesellschaft. Dieser verfolgt mehrere Zwecke, darunter insb. die Kontrolle der Geschäftsleitung durch die Gesellschafter sowie die Information gegenwärtiger oder potentieller Gläubiger und Kapitalmarktteilnehmer im Vorfeld ihrer Entscheidungen über das Einräumen oder Aufrechterhalten von Kredit bzw. den An- und Verkauf von Eigen- und Fremdkapital (Reiner, in: MünchKomm-HGB, 3. Aufl. 2013, § 264 Rn. 27; vgl. auch Maatsch/Schnabel, a.a.O., § 3 Rn. 136). Auch die Pflicht zur Offenlegung von Bezügen der Geschäftsführungsorgane dient insoweit den konkreten wirtschaftlichen Interessen der Marktteilnehmer bzw. der Gesellschafter der jeweiligen Gesellschaft, insb. der Aktionäre einer Aktiengesellschaft (vgl. die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 15/5577, S. 5).
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§ 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG richtet sich demgegenüber an den Staat als Disponenten über öffentliche Mittel und unterwirft diesen besonderen Transparenzpflichten, die unabhängig von der konkreten wirtschaftlichen Tätigkeit der jeweiligen Beteiligungsunternehmen im allgemeinen öffentlichen Interesse bestehen (vgl. hierzu bereits oben).
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bb) § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG ist auch materiell verfassungsgemäß. Die Vorschrift stellt zwar einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG dar; dieser Eingriff ist jedoch verfassungsrechtlich gerechtfertigt.
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(1) Die Veröffentlichung der Vergütungen der Leitungsebene städtischer Beteiligungen in der durch § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG vorgesehenen Form, die nach Auffassung der Kammer eine individualisierte Veröffentlichung vorsieht (hierzu oben), greift in den Schutzbereich des durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG gewährleisteten Grundrechts der betroffenen Personen auf informationelle Selbstbestimmung ein. Dieser umfasst die Befugnis des Einzelnen, selbst zu entscheiden, ob, wann und innerhalb welcher Grenzen ein persönlicher Lebenssachverhalt offenbart wird; einen Eingriff stellt insb. die öffentliche Bekanntmachung personenbezogener Daten dar (vgl. BVerfG, Beschl. v. 25.02.2008, 1 BvR 3255/07, juris, Rn. 18). Diese ist bei der Veröffentlichung der Höhe der Vergütung, die die betroffene Person für ihre Diensttätigkeit erhält, gegeben.
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(2) Der Eingriff ist jedoch verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist nicht schrankenlos gewährleistet. Der Einzelne muss vielmehr solche Beschränkungen hinnehmen, die durch überwiegende Allgemeininteressen gerechtfertigt sind und auf einer verfassungsmäßigen gesetzlichen Grundlage beruhen (BVerfG, a.a.O., Rn. 21). Diese Voraussetzungen sind in Bezug auf § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG erfüllt. Insbesondere wahrt die Vorschrift den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
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(a) Die Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG verfolgt, soweit sie die Veröffentlichung der Vergütungen der Leitungsebene städtischer Beteiligungen vorsieht, einen legitimen Zweck. Dieser besteht in der Herstellung von Transparenz in Bezug auf Art und Umfang der Verwendung öffentlicher Mittel zum Zwecke wirtschaftlicher Betätigung (Maatsch/Schnabel, a.a.O., § 3 Rn. 136 f.). Hierdurch soll der Öffentlichkeit, insbesondere Wählern, Steuerzahlern sowie den Nutzern der Leistungen städtischer Unternehmen, die Möglichkeit gegeben werden, die Angemessenheit dieser Mittelverwendung beurteilen zu können (vgl. Bü-Drs. 20/7236, S. 1). Die Veröffentlichung dient insoweit nicht lediglich der Befriedigung allgemeiner Neugier, sondern trägt zum öffentlichen Meinungsbildungsprozess in einer demokratischen Gesellschaft bei (so in Bezug auf § 35 Abs. 6 S. 2 SGB IV auch BVerfG, a.a.O., Rn. 24).
- 51
(b) Die Regelung ist zur Erreichung dieses Zwecks auch geeignet und erforderlich. Insbesondere schafft eine bloß aggregierte Veröffentlichung der Vergütungen eines bestimmten Beteiligungsunternehmens nicht dasselbe Maß an Transparenz in Bezug auf die Angemessenheit der Mittelverwendung im jeweiligen konkreten Einzelfall.
- 52
(c) Die Regelung ist schließlich auch angemessen, also verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Schwere des Eingriffs steht nicht außer Verhältnis zum Gewicht des verfolgten Zwecks.
- 53
Die individualisierte Veröffentlichung ihrer Vergütung bedeutet für die von § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG betroffenen Personen zunächst einen nicht ganz unerheblichen Eingriff. Die entsprechenden Informationen ermöglichen, wenn auch in begrenztem Umfang, Rückschlüsse auf die privaten wirtschaftlichen Verhältnisse der Betroffenen. Zudem besteht das Risiko, dass die Vergütung zum Gegenstand unsachlicher, von Neid und Anprangerung geprägter öffentlicher Diskussionen gemacht wird (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 32). Andererseits ist bereits im Rahmen der Schwere des Eingriffs zu berücksichtigen, dass die von § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG erfassten Informationen als solche gerade nicht die engere Privatsphäre der betroffenen Personen, sondern ihren beruflichen Bereich betreffen. Auch stehen Unternehmen mit staatlicher Beteiligung ohnehin unter besonderer Beobachtung der Öffentlichkeit. Angesichts der Tatsache, dass die öffentliche Hand die Tätigkeit dieser Unternehmen entweder unmittelbar finanziert oder aber jedenfalls ihr Risiko trägt, ist den Mitgliedern der Leitungsebenen grundsätzlich auch eine kontroverse öffentliche Diskussion über die Angemessenheit ihrer Vergütung zuzumuten (vgl. Pommer, NWVBl. 2010, 459, 461 f.). Soweit eine solche Diskussion im Einzelfall die Ebene der Sachlichkeit verlassen sollte, ist es dem Betroffenen unbenommen, etwaigen Verletzungen seines Persönlichkeitsrechts mit den entsprechenden straf- und zivilrechtlichen Rechtsschutzmöglichkeiten zu begegnen (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 41).
- 54
Zudem stellt die mit der Regelung verfolgte Herstellung eines hohen Transparenzniveaus in Bezug auf die Verwendung öffentlicher Mittel einen öffentlichen Belang von erheblichem Gewicht dar. Über die Befriedigung des insoweit berechtigten Informationsinteresses der Öffentlichkeit als solche hinaus kann die individualisierte Veröffentlichung der Vergütungen konkrete Rückschlüsse auf das Finanzgebaren und etwaige Einsparpotentiale städtischer Beteiligungen ermöglichen. Dabei lassen sich die Vergütungen nicht nur isoliert betrachten, sondern auch in ihrer Entwicklung sowie im Zusammenhang mit anderen, der Öffentlichkeit ebenfalls zugänglichen Informationen bewerten (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 37).
- 55
Nach alledem ist es nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative bei der Abwägung dieser gegenläufigen Interessen dem berechtigten Transparenzinteresse der Öffentlichkeit den Vorzug gewährt hat.
- 56
c) Die Veröffentlichung der Vergütung des Klägers verstößt schließlich auch nicht gegen datenschutzrechtliche Vorschriften. Die hiermit verbundene Verarbeitung personenbezogener Daten des Klägers durch die Beklagte entspricht zunächst § 4 HmbDSG, da sie zur Erfüllung einer in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgabe, nämlich der Verpflichtung aus § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG, erfolgt.
- 57
Eine Unzulässigkeit der Datenverarbeitung ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht aus § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG. Zwar dürfte die Übermittlung der Vergütungsdaten zum Zwecke der Veröffentlichung in keine der in § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG genannten Fallgruppen fallen. § 26 BDSG trifft jedoch keine abschließende Regelung zur Zulässigkeit der Verarbeitung persönlicher Daten von Beschäftigten, so dass jedenfalls ein Rückgriff auf die allgemeinen Regelungen der DSGVO möglich bliebe (vgl. Paal/Pauly, DS-GVO/BDSG, 2. Aufl. 2018, § 26 BDSG Rn. 10 f.). Insoweit ergäbe sich die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. c und e DSGVO ebenfalls aus der in § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG normierten Verpflichtung der Beklagten.
II.
- 58
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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- 15 U 79/09 1x (nicht zugeordnet)
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- HGB § 285 Sonstige Pflichtangaben 5x
- § 4 Abs. 4 HmbTG 1x (nicht zugeordnet)
- 6 C 46/16 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 167 1x
- § 4 Abs. 1 S. 2 HmbTG 1x (nicht zugeordnet)
- § 1 Abs. 1 UKEG 1x (nicht zugeordnet)
- § 35 Abs. 6 S. 2 SGB IV 1x (nicht zugeordnet)
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