Urteil vom Verwaltungsgericht Hannover (5. Kammer) - 5 A 6746/13

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger - ein Luftsportverein - wendet sich gegen die Änderung einer Nebenbestimmung zu der ihm erteilten luftverkehrsrechtlichen Genehmigung.

2

Der Verein betreibt 2,5 km südwestlich von E. seit 1953 Luftverkehr. Die ihm erteilte Genehmigung wurde mit Bescheid der früheren Bezirksregierung Braunschweig vom 22.08.2003 neu gefasst. Es wurde der Betrieb eines Landeplatzes des Allgemeinen Verkehrs (Verkehrslandeplatz) für die Durchführung von Flügen nach Sichtflugregeln bei Tage erlaubt mit einer Start- und Landebahn für Flugzeuge, selbststartende Motorsegler und Ultraleichtflugzeuge (Gras / Asphalt) sowie Flugbetriebsflächen für Segelflugzeuge, nicht selbststartende Motorsegler und Luftsportgeräte, Windenstartbetrieb auf zwei Start- und zwei Landebahnen und Schleppbetrieb mit motorgetriebenen Luftfahrzeugen. Der Landeplatz darf von Flugzeugen bis zu 2.000 kg höchstzulässiger Flugmasse, Motorseglern, die mit eigener Kraft starten, Ultraleichtflugzeugen und Luftsportgeräten, die mit eigener Kraft starten, Segelflugzeugen und fremdstartenden Motorseglern benutzt werden, mit Zustimmung des Platzhalters (PPR) auch von Flugzeugen mit 2.001 bis 3.500 kg höchstzulässiger Flugmasse, bemannten Freiballonen, Luftsportgeräten, die nicht mit eigener Kraft starten und - seit 2007 - von Flugmodellen mit und ohne Verbrennungsmotoren bis zu 25 kg Abflugmasse.

3

Die Genehmigung vom 22.08.2003 enthielt u. a. folgende Auflagen:

4

5

4. Die „Richtlinien für das Feuerlösch- und Rettungswesen auf Landeplätzen vom 01.03.1983 (NfL I 72/83) sind zu beachten.

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9. Flugbetrieb darf grundsätzlich nur in Anwesenheit eines Flugleiters durchgeführt werden, der den Flugbetrieb beaufsichtigt. Als Flugleiter darf nur bestellt werden, wer ein Sprechfunkzeugnis für den Flugfunkdienst besitzt. Die Anweisung für Flugleiter in der jeweiligen Fassung ist verbindlich. Auf die Verpflichtung, etwaige Verstöße gegen luftrechtliche Bestimmungen bei der zuständigen Behörde anzuzeigen, wird besonders hingewiesen. Flugleiter sind in ihre Aufgaben und Pflichten ordnungsgemäß einzuweisen. Eine schriftliche Aufstellung der bestellten Flugleiter ist in die Flugplatzakte aufzunehmen.

8

Abweichend hiervon darf der Platzhalter während der PPR-Zeiten Flugbetrieb ohne Anwesenheit eines Flugleiters wie folgt genehmigen:

9

a) für Einzelstarts und Landungen von Flugzeugen, Motorseglern und Ultraleichtflugzeugen zu und von anderen Flugplätzen sowie zu sonstigen Überlandflügen von mindesten 30 Minuten Dauer

10

b) für Einzelstarts und Landungen von Segelflugzeugen zu und nach Leistungsflügen

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c) Platzflüge der unter a) und b) Luftfahrzeuge im Einzelfall; hierbei hat der Platzhalter sicherzustellen, dass nicht mehrere Luftfahrzeuge gleichzeitig Platzflüge durchführen und kein Mischflugbetrieb stattfindet.

12

d) Die Genehmigung darf nicht für Schulflüge, für Flüge zur gewerblichen Personenbeförderung und für Rundflüge gegen Entgelt erteilt werden.

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10…

14

Mit Bescheid vom 03.09.2013 wurde von der Beklagten die Auflage 9 wie folgt neu gefasst:

9.

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 „Der Flugbetrieb darf grundsätzlich nur in Anwesenheit eines Flugleiters durchgeführt werden.

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Die Stellung und die einzelnen Aufgaben des Flugleiters ergeben sich aus der Anweisung für Flugleiter.

17

Als Flugleiter darf nur bestellt werden, wer volljährig ist und ein Sprechfunkzeugnis (BZF II oder höherwertig) für den Flugfunkdienst besitzt.

18

Die Anweisung für Flugleiter in der jeweiligen Fassung ist verbindlich.

19

Flugleiter sind in ihren Aufgaben und Pflichten ordnungsgemäß einzuweisen. Eine schriftliche Aufstellung der bestellten Flugleiter ist in die Flugplatzakte aufzunehmen.

20

Abweichend vom Fliegen mit Flugleiter darf der Platzhalter außerhalb der Betriebszeiten des Verkehrslandeplatzes auf Antrag des jeweiligen Piloten seine schriftliche Genehmigung zum Fliegen ohne Anwesenheit eines Flugleiters erteilen für:

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a) Einzelstarts und -landungen bei Flügen zu und von anderen Flugplätzen und sonstige Überlandflüge von mindestens 30 Minuten Dauer und

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b) Platzflüge im Einzelfall; der Platzhalter hat dabei sicherzustellen, dass nicht mehrere Luftfahrzeugführer gleichzeitig Platzflüge durchführen.

23

Die Genehmigung darf nicht erteilt werden für Schulflüge und Flüge zur gewerblichen Personenbeförderung.

24

Die sich aus § 53 Abs. 1 i. V. m. § 45 Abs. 1 LuftVZO ergebende Pflicht des Platzhalters, das Flugplatzgelände in einem betriebssicheren Zustand zu erhalten und ordnungsgemäß zu betreiben, gilt auch bei Flugbetrieb ohne Anwesenheit eines Flugleiters. Der Platzhalter hat auch bei Flugbetrieb ohne Anwesenheit eines Flugleiters sicherzustellen, dass sich der Flugplatz in einem betriebssicheren Zustand befindet und die Betriebsbereitschaft der für den Flugbetrieb erforderlichen Anlagen und Geräte gegeben ist. So ist unter anderem die Anwesenheit einer sog. sachkundigen Person erforderlich, die das Feuerlösch- und Rettungsgerät bedienen und ggf. Rettungsdienste alarmieren kann.

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Die Hindernisfreiheit und der Zustand der Start- und Landebahn sind vor der Aufnahme von Flugbetrieb zu überprüfen. Die Eintragung des Fluges in das Hauptflugbuch ist sicherzustellen. Für jede Flugbewegung ist zu dokumentieren, wer die Funktion des Flugleiters bzw. der sachkundigen Person ausübte.“

26

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass bei Starts und Landungen, die auch nach der alten Regelung ohne Flugleiter möglich gewesen seien, bereits eine Person anwesend sein musste, insbesondere um einen ausreichenden Schutz in Notfällen (z. B. Brand, Unfälle) zu gewährleisten. Da die Formulierungen der bisherigen Auflage Nr. 9 jedoch nicht die erforderliche Bestimmtheit aufgewiesen hätten und zu Missverständnissen hätten führen können, sei diese Auflage nunmehr neu gefasst und näher konkretisiert worden. Zur Vereinheitlichung der Verwaltungspraxis solle diese Regelung bei allen Flugplätzen angewendet werden. Sie entspreche der in Niedersachsen geforderten und ausgeübten Verwaltungspraxis. In verkehrsschwachen Zeiten könne auf einen Flugleiter verzichtet werden. Es genüge in diesen Situationen die Anwesenheit einer sog. sachkundigen Person, die beim Start- und Landevorgang des Luftfahrzeugs auf dem Flugplatz anwesend sein müsse und diesen zu beobachten habe, um im Schadensfall Erste Hilfe leisten, ggf. eine Brandbekämpfung mit den Feuerlöschmitteln des Flugplatzes vornehmen und im Bedarfsfall Rettungskräfte alarmieren zu können. Sie habe die sofortige ungehinderte Verfügbarkeit des auf dem Platz befindlichen Rettungsfahrzeugs bei jeder Flugbewegung zu gewährleisten. Eine derartige Regelung stelle sicher, dass ein Mindestmaß an Sicherheit vorhanden sei. Sie gewährleiste, dass die Luftfahrtbehörde ihrer Aufgabe nach § 29 LuftVG nachkomme und der Flugplatzbetreiber seine Pflicht, das Gelände in einem betriebssicheren Zustand zu halten, erfülle.

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Der Kläger hat am 27.09.2013 Klage erhoben. Er trägt zur Begründung vor, die Neufassung der Auflage 9 beinhalte deutliche Veränderungen im Vergleich zu der bisherigen Fassung. Eine sachkundige Person sei aufgrund der vorherigen Bedingungen nicht gefordert gewesen. Es handele sich bei der Neufassung nicht lediglich um eine Präzisierung, da diese Vorgabe in der alten Auflage 9 nicht vorhanden gewesen sei. Hierfür bestehe auch kein Bedarf. Die sog. sachkundige Person hätte gegenüber der bisher geübten Praxis keinerlei Vorteile. Das Fliegen ohne Flugleiter sei nur einem begrenzten Personenkreis gestattet, der nach sorgfältigen Kriterien ausgewählt werde wie ausreichendem Lizensierungsgrad, Ortskenntnissen, Vertrautsein mit den ortsüblichen Betriebsumständen und Verfahren sowie Kenntnis der handelnden Personen. Allen anwesenden Personen stünden alle Rettungsmittel zur Verfügung. Jeder, der die Regelungen zum Fliegen ohne Flugleiter nutze, sei sich über die besonderen Umstände im Klaren. Sie seien allen Beteiligten bekannt und würden von diesen ohne Einschränkungen akzeptiert. Sollte ein Flugzeugführer zusätzliche Unterstützung wünschen, so stehe diese ihm bereits jetzt zur Verfügung. Unter der bestehenden Regelung sei immer der Zugang zu entsprechenden Rettungsmitteln gewährleistet. Nur für den Fluganteil, der innerhalb der Platzgrenzen ausgeführt werde, könne die Neuregelung greifen, denn alle weiteren, wesentlich bedeutsameren Fluganteile könnten nicht beeinflusst werden und fielen nicht in den Sorgfaltsbereich des Platzhalters. Im Falle der Landung könne wohl kaum gefordert sein, in der Luft zu warten, bis eine sachkundige Person am Landeplatz erscheine. Es gebe für den Piloten auch nur eine eingeschränkte Möglichkeit, dies sicher zu erkennen. Also werde er die Betriebsgefahr des Fluges durch eine Landung am ausgewählten Zielflughafen zu mindern suchen, statt sie aus äußerem Anlass zu erhöhen. Der Sicherheitsgewinn der Neuregelung müsse bezweifelt werden. Sie sei überflüssig und ersatzlos zu streichen. Der Kläger bezieht sich ergänzend auf ein Kurzgutachten von Rechtsanwalt Hirsch aus Stuttgart vom 20.04.1996.

28

Der Kläger beantragt,

29

den Bescheid der Beklagten vom 03.09.2013 aufzuheben.

30

Die Beklagte beantragt,

31

die Klage abzuweisen.

32

Sie erwidert, nach § 53 Abs. 3 LuftVZO hätten Landeplätze auf Verlangen der Genehmigungsbehörde eine oder mehrere Personen als Flugleiter zu bestellen. Dieser sei Vertreter des Flugplatzhalters, ohne dass ihm hoheitliche Aufgaben zukämen. Er habe die Aufgabe, den Flugbetrieb im Bedarfsfall zu ordnen/zu kanalisieren und die Betriebssicherheit des Platzes aufrecht zu erhalten. Für Zeiten, in denen die Anwesenheit eines Flugleiters zur Lenkung des Verkehrs nicht zwingend erforderlich erscheine, werde die Anwesenheit einer sachkundigen Person verlangt, die für eine schnelle Hilfe bei Unglücksfällen zur Verfügung stehen müsse. Die NfL I 72/83 konkretisiere den Maßstab für die Maßnahmen im Hinblick auf den Brandschutz und den Rettungsdienst nach § 29 Abs. 1 Satz 1 LuftVG, enthalte Richtlinien für das Feuerlösch- und Rettungswesen auf Landeplätzen, so auch das Vorhalten von Feuerlösch- und Rettungsdiensten zur Hilfeleistung bei Luftfahrzeugunfällen. Der Landeplatzhalter habe nach IV Ziffer 5 NfL I 72/83 dafür zu sorgen, dass während des Flugbetriebes das für den Einsatz des Feuerlösch- und Rettungsgeräts erforderliche Personal zur Verfügung stehe. Diese Aufgaben seien über die Anweisung dem Flugleiter übertragen worden. Ist er nicht anwesend, dürfe „die NfL (Nachrichten für Luftfahrer) nicht leerlaufen“. Für diese Fälle sei die Anwesenheit einer sachkundigen Person ausreichend, aber auch erforderlich. Es liege nicht außerhalb der Wahrscheinlichkeit, dass sich bei Starts und Landungen durch äußere Einflüsse wie Wind, Böen, Sicht, unklare Bodenverhältnisse, hohe Belastung des Piloten, der eine Reihe von Aufgaben parallel zu erledigen hat, erhöhte Beanspruchung des Materials usw. Gefahrensituationen auch für die Passagiere ergeben können. Im Falle einer Havarie müsse ein Retter zur Verfügung stehen. Es sei rechtmäßig, statt der Anwesenheit eines Flugleiters ein „Weniger“, nämlich die Anwesenheit einer sachkundigen Person zu fordern.

33

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

35

Der angefochtene Bescheid lässt Rechtsfehler nicht erkennen und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten. Die nachträgliche Änderung der dem klagenden Luftsportverein von der früheren Bezirksregierung Braunschweig erteilten Verkehrslandeplatzgenehmigung vom 22.08.2003 durch Neufassung der Auflage Nr. 9 ist materiell-rechtlich zulässig und verletzt ihn daher nicht in seinen Rechten.

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Rechtsgrundlage für den Bescheid vom 03.09.2013 ist § 6 Abs. 1 LuftVG, wonach Flugplätze - darunter fällt auch ein dem allgemeinen Verkehr dienender Landeplatz,     § 49 Abs. 2 Nr. 1 LuftVZO - nur mit Genehmigung betrieben werden dürfen und diese Genehmigung mit Auflagen verbunden werden kann (Satz 4), bzw. - als spezielle Regelung für Verkehrslandeplätze - § 52 Abs. 1 LuftVZO, der die Regelung für Flughäfen in § 42 Abs. 1 Satz 4 LuftVZO für entsprechend anwendbar erklärt. Regelungsgegenstand des Bescheids der Beklagten vom 03.09.2013 ist die Änderung der Auflage 9, wobei die Neufassung der Sätze 1 bis 5 den Flugbetrieb während der regulären Betriebszeiten betreffen - nämlich grundsätzlich nur in Anwesenheit eines Flugleiters, der den Flugbetrieb beaufsichtigt und der ein Sprechfunkzeugnis (nun präzisiert: BZF II oder höherwertig) für den Flugfunkdienst besitzt. Gleiches gilt für die Sätze 6 bis 9. Diese Änderungen sind im Wesentlichen redaktioneller Natur und werden von dem Kläger mit der Klage nicht angegriffen. Er wendet sich ausschließlich gegen die im Bescheid vom 03.09.2013 neu gefassten Regelungen in den Sätzen 10 bis 13, in denen es heißt:

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„Der Platzhalter hat auch bei Flugbetrieb ohne Anwesenheit eines Flugleiters sicherzustellen, dass sich der Flugplatz in einem betriebssicheren Zustand befindet und die Betriebsbereitschaft der für den Flugbetrieb erforderlichen Anlagen und Geräte gegeben ist. So ist unter anderem die Anwesenheit einer sog. sachkundigen Person erforderlich, die das Feuerlösch- und Rettungsgerät bedienen und ggf. Rettungsdienste alarmieren kann.

38

Die Hindernisfreiheit und der Zustand der Start- und Landebahn sind vor der Aufnahme von Flugbetrieb zu überprüfen. Die Eintragung des Fluges in das Hauptflugbuch ist sicherzustellen. Für jede Flugbewegung ist zu dokumentieren, wer die Funktion des Flugleiters bzw. der sachkundigen Person ausübte.“

39

Die beklagte Genehmigungsbehörde fasst hiermit im Hinblick auf den Regelungsgegenstand „Fliegen ohne Flugleiter auf dem Verkehrslandeplatz E.“ eine zuvor getroffene Ermessensregelung über die zu bestellende Zahl der Flugleiter neu. Das folgt aus § 53 Abs. 3 LuftVZO, wonach der Landeplatzhalter auf Verlangen der Genehmigungsbehörde eine oder mehrere Personen als Flugleiter zu bestellen hat. Anders als bei Flughäfen (§ 45 Abs. 4 LuftVZO) ist nicht zwingend eine sachkundige Person für die Leitung des Verkehrs (Flugleiter) zu bestellen, denn § 53 LuftVZO zählt zu den Pflichten des Landeplatzhalters nur die Regelungen nach § 45 Abs. 1 bis 3 LuftVZO. Die Genehmigungsbehörde hatte im Verkehrslandeplatz-Genehmigungsbescheid vom 22.08.2003 in Auflage 9 von ihrem Ermessen dahingehend Gebrauch gemacht, dass sie die Pflicht zur Bestellung eines Flugleiters grundsätzlich vorsah, dem Flugplatzhalter aber die Gelegenheit einräumte, „während der PPR-Zeiten“ einen - wenngleich eingeschränkten - Flugbetrieb ohne Anwesenheit eines Flugleiters zu genehmigen. Unter „PPR-Zeiten“ (Prior Permission Required = Vorherige Genehmigung erforderlich) werden Zeiten verstanden, in denen auf einem Verkehrslandeplatz zum Landen außerhalb der Betriebszeiten die Einholung einer Genehmigung durch den Platzwart erforderlich ist und eine ständige Towerbesetzung nicht gegeben ist (de.wikipedia.org/wiki/Prior_Permission_Required, Stand: 08.04.2015). Flugleitern obliegt auf der Grundlage des vom Flugplatzunternehmer übertragenen Hausrechts die Aufgabe, für einen ordnungsgemäßen Betrieb des Flugplatzes zu sorgen (Grabherr/Reidt/Wysk, Luftverkehrsgesetz, Loseblattslg, Stand: 09/2009, § 6 LuftVG, Rdnr. 549). Er gibt über Funk Informationen an die Luftfahrzeugführer und hat für den betriebssicheren Zustand des Flugplatzes und einen ordnungsgemäßen Betrieb zu sorgen (de.widipedia.org/wiki/Flugleiter, Stand: 22.11.2013). Wenn - wie hier am Verkehrslandeplatz E. - während der Zeiten außerhalb des regulären Betriebs ein Flugleiter für vom Platzhalter genehmigte Flüge nicht bestellt werden muss, ist nun ausdrücklich geregelt, dass „für einen Ausschnitt der Tätigkeiten eines Flugleiters“, nämlich um für eine schnelle Benachrichtigung der Rettungsdienste zu sorgen und um gegebenenfalls selbst als Retter tätig zu werden (www.aerokurier.de/general-aviation/flugplaetze/wenn-der-flugplatz-stumm-bleibt, Stand: 08.04.2015), mindestens eine sachkundige Person zu bestellen ist.

40

Die Beklagte war berechtigt, die Auflage 9 der Landeplatzgenehmigung vom 22.08.2003 abzuändern, da diese für eine Beachtung durch die Adressaten offenbar nicht bestimmt genug war. Der Klageschrift ist zu entnehmen, dass die Richtlinie des Bundesministers für Verkehr über das Feuerlösch- und Rettungswesen auf Landeplätzen in NfL I 72/83, obgleich im Genehmigungsbescheid vom 22.08.2003 mit der darin enthaltenen bestandskräftigen Auflage 4 für verbindlich erklärt, von dem klagenden Luftsportverein - und möglicherweise auch von anderen Landeplatzhaltern - nicht beachtet wurde. Ziff. 5 der Richtlinie lautet:

41

„Die für den Einsatz der Feuerlösch- und Rettungsgeräte vorgesehenen Personen müssen durch geeignete Fachkräfte in ihre Aufgaben eingewiesen sein. Dazu gehört auch der Erwerb von Grundkenntnissen in der „Ersten Hilfe“ für Verletzte….Der Landeplatzhalter hat dafür zu sorgen, dass während des Flugbetriebs das für den Einsatz der Feuerlösch- und Rettungsgeräte erforderliche Personal zur Verfügung steht. In Hauptbetriebszeiten sollten dies grundsätzlich zwei oder mehr Personen sein.“

42

Hieraus folgt, dass bei Flugbetrieb - und ein solcher findet eben auch statt, wenn nach vorheriger Genehmigung des Platzhalters der Landeplatz ohne Flugleiter benutzt werden darf -, zwingend mindestens eine Person vorhanden sein muss, welche die Feuerlösch- und Rettungsgeräte bedienen und ggf. Rettungskräfte alarmieren kann. Die in der mündlichen Verhandlung verlautbarte Rechtsmeinung der Klägerseite, wonach sich die Richtlinie nur auf Zeiten der Betriebsbereitschaft und nicht auf Zeiten außerhalb des regulären Betriebs eines Landeplatzes bezieht, findet in Ziff. 5 der Richtlinie, die in Auflage 4 für verbindlich erklärt worden ist, keine Stütze.

43

Da diese Regelung in Auflage 4 offenbar nicht von allen Landeplatzhaltern für verbindlich erachtet worden war, war die Beklagte berechtigt, die Auflage 9 neu zu fassen und „als ein Weniger gegenüber einem Flugleiter“ in den sog. „PPR-Zeiten“ (auch: F.o.F.- Zeiten für „Fliegen ohne Flugleiter“) ausdrücklich die Bestellung einer sachkundigen Person für die Bedienung der Feuerlösch- und Rettungsgeräte zu verlangen.

44

Zwar hatte die Beklagte den Kläger vor der Änderung der Auflage 9 nicht angehört, wie es bei belastenden Verwaltungsakten nach § 28 Abs. 1 VwVfG grundsätzlich geboten ist. Das führt hier aber bereits deshalb nicht zur Rechtswidrigkeit der Maßnahme, weil bei Erlass des Auflagenbescheides das Ermessen der Beklagten auf Null reduziert war. Das ergibt sich aus der in § 53 Abs. 1 i. V. m. § 45 Abs. 1 LuftVZO normierten Pflicht des Platzhalters, das Flugplatzgelände in einem betriebssicheren Zustand zu erhalten und ordnungsgemäß zu betreiben. Bei Flugbetrieb ohne Anwesenheit eines Flugleiters ist aufgrund der - wenn möglicherweise auch nur geringen - Gefahrengeneigtheit des Luftverkehrs wegen der Risiken für die besonders hochwertigen Rechtsgüter Leben und Gesundheit sowie Eigentum der an der Luftfahrt beteiligten Personen ein strenger Maßstab anzusetzen.

45

Hinzu kommt, dass die Regelung, wie sie der Bescheid vom 03.09.2013 jetzt im Detail vorsieht, den vom Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr der Genehmigungsbehörde gemachten Vorgaben entspricht. Damit bindet eine einheitliche landesweite Genehmigungspraxis in Niedersachsen das Ermessen der Beklagten. Sie orientiert sich an den Gemeinsamen Grundsätzen des Bundes und der Länder für die Anlage und den Betrieb von Flugplätzen für Flugzeuge im Sichtflugbetrieb vom 02.05.2013 (NfL I 92/13), wonach in Ziff. 7.1 für den Brandschutz und das Rettungswesen (weiterhin) besondere Richtlinien des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen gelten. Nach Maßgabe der Richtlinie für das Feuerlösch- und Rettungswesen auf Landeplätzen vom 08.03.1983 (NfL I 72/83), welche die Eingriffsnorm des § 29 LuftVG konkretisiert, wird bei einem Flugbetrieb außerhalb der regulären Betriebszeiten die Anwesenheit einer Person zum Bedienen der Rettungsmittel aus Sicherheitsgründen weiterhin für erforderlich angesehen. Mindestens seit 2006 ist diese Auflage mit kleineren sprachlichen Unterschieden in Niedersachsen Gegenstand aller Platzgenehmigungen. Die Pflicht zur Beachtung einer derartigen Auflage wird in der Rechtsprechung bislang nicht beanstandet (vgl. VG Göttingen, U. v. 13.03.2013 -, S. 8).

46

Für das erkennende Gericht ist diese Regelung gleichfalls nicht unverhältnismäßig im Sinne einer von der Klägerseite behaupteten Überregulierung bzw. wegen des Fehlens eines dadurch bedingten Sicherheitsgewinns. Auch wenn der Kläger vorträgt, dass nur einem eingeschränkten Personenkreis die PPR-Regelung zugutekommt, weil „vereinsintern“ das Fliegen ohne Flugleiter nur nach sorgfältigen Kriterien ausgewählten Personen mit ausreichendem Lizensierungsgrad, Ortskenntnissen, Vertrautsein mit den ortsüblichen Betriebsumständen und Verfahren erlaubt wird, ändert dies an der besonderen Gefahrengeneigtheit des Luftverkehrs gerade auf Landeplätzen nichts. Im Übrigen sind für PPR-Flugzeiten auch Flüge von fremden Flugplätzen durch den Platzhalter genehmigungsfähig. Bei platzfremden Flugzeugführern kann von einem besonderen Vertrautsein mit den örtlichen Gegebenheiten am Verkehrslandeplatz E. nicht ohne weiteres ausgegangen werden. Auch kennt der Flugplatzhalter die flugtechnischen Erfahrungen des jeweiligen auswärtigen Flugzeugführers sicherlich nicht in jedem Falle. Letztlich stellt der Kläger dies auch nicht in Abrede. Anderenfalls wäre nicht erklärbar, aus welchem Grunde er nach seinem Bekunden in PPR-Zeiten bei von ihm als Platzhalter genehmigten Starts und Landungen vereinsfremder Luftfahrzeugführer nicht nur sog. sachkundige Personen, sondern - über die Anforderungen der Richtlinie hinausgehend - sogar Flugleiter einzusetzen pflegt.

47

Gerade weil die Besatzung eines Luftfahrzeugs im Falle eines Unfalls möglicherweise sofortige Hilfe benötigen und sich unter Umständen nicht selbst helfen kann, liegt es auf der Hand, dass beim Fliegen ohne Flugleiter zumindest eine für Rettung und Löschung sowie ggf. Alarmierung von weiteren Rettungskräften geeignete Person Start und Landung vor Ort zu beobachten hat, womit aber entgegen den Vorstellungen der Klägerseite keine „Freigabe“ von Start und Landung gemeint ist. Das gilt nicht anders bei Flugbewegungen durch besonders geschulte und mit den örtlichen Gegebenheiten vertraute Vereinsmitglieder. So sei lediglich beispielhaft eine von der Bundesanstalt für Fluguntersuchung (BFU, verantwortlich: Martin Jost) für 2009/2010 erstellte Statistik über die prozentuale Verteilung von Unfällen auf „Start“, „Flug“, „unbekannt“ und „Landung“ erwähnt. Hieran ist zu erkennen, dass beim Motorflug Start (15 %) und Landung (54 %) und auch beim Segelflug Start (16 %) und Landung (73 %) besonders unfallträchtige Ereignisse darstellen. Wenngleich die Unfälle bei „Landung“ zum Teil Notlandungen außerhalb von Landeplätzen betreffen dürften, ist doch erkennbar, dass die Start- und Landephase eines Kleinflugzeugs/Segelflugzeugs besonders unfallträchtig ist (abrufbar unter www.bwlv.de/uploads/tx_bwlvdownloader/unfallstatistik_2010, Stand: 23.04.2015).

48

Dafür, dass die in Niedersachsen für Flugbewegungen auf Verkehrslandeplätzen außerhalb des regulären Flugbetriebs geforderten Sicherheitsanforderungen unangemessen hoch sind, ist nichts ersichtlich.

49

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.

 


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