Urteil vom Verwaltungsgericht Hannover (10. Kammer) - 10 A 6190/13

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 v. H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 v. H. des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

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Der Kläger begehrt die Aufhebung eines Kostenbescheids, mit dem er zu den Kosten eines Feuerwehreinsatzes für die Beseitigung von Gefahren auf einem - ihm im Wege der Staatserbschaft zugefallenen - Grundstück herangezogen wird.

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Der Rechtsstreit betrifft die Kosten für eine Maßnahme auf dem Grundstück X.-straße 13a der Gemarkung A., ..., eingetragen beim AG A. im Grundbuch von M..... Mit Beschluss vom 06.04.2006 (6 VI 195/05) stellte das Amtsgericht A. fest, dass in der Nachlassangelegenheit T., geboren am 29.08.1965 in A. (Leine), verstorben am 03.10.2005 inN., zuletzt wohnhaft in A. (Leine) ein anderer Erbe als der niedersächsische Fiskus nicht vorhanden ist, nachdem andere Erben nicht ermittelt werden konnten. Zum Nachlass des Herrn T. gehörte das o.g. Grundstück sowie das weitere Grundstück Gemarkung M.,.... Aufgrund des Erbscheins des Amtsgerichts A. vom 29.11.2006 (6 VI 195/05) wurde der Kläger am 04.01.2007 als Eigentümer des Grundstücks eingetragen.

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Am 20.06.2013 schlug der Blitz in eine ca. 20 Meter hohe Tanne auf dem Grundstück X.-straße 13a in A. ein. Durch den Blitzschlag wurde der Baum fast auf der gesamten Länge gespalten.  Daraufhin wurde die Freiwillige Feuerwehr der Beklagten alarmiert, die - nach vorheriger Begutachtung des Baumes durch den Mitarbeiter der Beklagten, Herrn U. - die Gefahr eines möglichen Umstürzens des Baumes durch Abtragen beseitigte.

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Mit Kostenbescheid vom 02.08.2013 forderte die Beklagte den Kläger zur Zahlung der Kosten des Einsatzes von insgesamt 834,00 Euro (einschl. 22,00 Euro Verwaltungsaufwand) auf.

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Hiergegen hat der Kläger am 23.08.2013 Klage erhoben. Zwar bestreite er die Notwendigkeit des Abtragens des Baumes durch die Freiwillige Feuerwehr der Beklagten nicht. Allerdings sei die Festsetzung der Kosten unvereinbar mit den Besonderheiten des Staatserbrechts. Seiner Inanspruchnahme stehe die Dürftigkeitseinrede aus § 1990 Abs. 1 BGB i.V.m § 780 Abs. 2 ZPO und § 173 Satz 1 VwGO sowie die Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme entgegen. Er könne als Erbe und Rechtsnachfolger nur in Höhe des Nachlassvermögens in Anspruch genommen werden. Der Nachlass T. bestehe lediglich aus zwei unverkäuflichen Grundstücken und Nachlassverbindlichkeiten. Das streitgegenständliche Grundstück sei unzugänglich, es existierten keine Wegerechte und kein Zugang zum öffentlichen Verkehrsraum. Das weitere Grundstück werde als Mülldeponie genutzt. Seit Feststellung des Erbrechts des Klägers werde erfolglos versucht, die Grundstücke zu verwerten. Insofern stehe auch ihm die Einrede aus § 1990 Abs. 1 BGB zu. Zudem könne er - wie ein Privateigentümer - eine Begrenzung der Kostenbelastung gemäß dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangen, da er die Funktion eines Eigentümers lediglich treuhänderisch wahrnehme. Er ziehe auch keinerlei Vorteile aus der Nutzung der Grundstücke des Herrn T.. Schließlich sei die Kostenerhebung bei einer Fiskalerbschaft, die eine echte Zwangserbschaft sei, auch unbillig. Der Kläger sei so zu behandeln, als wenn der Erblasser noch leben würde. Es dürften nur Kosten festgesetzt werden, die maximal dem Wert der Grundstücke entsprächen, hier also keinerlei Kosten, weil die Grundstücke fast unverkäuflich seien und die im Grundbuch abgesicherten Forderungen den Wert der Grundstücke überstiegen. Sollte keine Haftungsbeschränkung bestehen, müssten alle Bundesländer alle öffentlich rechtswidrigen Zustände beseitigen und alle öffentlich-rechtlichen Verbindlichkeiten, die nach dem Erbfall einträten, bedienen, was allein für den Kläger eine sofortige Belastung im 7-stelligen Bereich bedeuten würde. Die Kosten der Gefahrenbeseitigung würden beglichen werden, wenn - wider Erwarten - ein Erlös aus den Grundstücken erzielt werde. Im Übrigen habe der Mitarbeiter des Klägers, Herr I., keinen Auftrag zur Baumfällung erteilt, sondern sei bei einem Anruf auf seinem privaten Handy von einem Mitarbeiter der Beklagten lediglich über den Vorfall informiert worden; über eine Kostenübernahme sei nicht gesprochen worden. Er habe keine Einwände gegen die Maßnahme gehabt und lediglich dem Eingriff in das Eigentum der Klägerin zugestimmt. Den Auftrag habe der benachbarte Grundstückseigentümer erteilt, der auch im eigenen Interesse gehandelt habe, weil von dem Baum Gefahren für sein eigenes Grundstück ausgegangen seien.

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Der Kläger beantragt,

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den Kostenbescheid der Beklagten vom 02.08.2013 aufzuheben,

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hilfsweise, die Beschränkung der Haftung auf den Nachlass festzustellen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Der Kläger könne sich nicht auf die Besonderheiten des Staatserbrechts berufen, da zwischen seiner Rechtsstellung als Erbe und seiner Inanspruchnahme kein Zusammenhang bestehe. Zudem habe der Kläger der Maßnahme vor ihrer Durchführung zugestimmt und den Auftrag für die Maßnahme erteilt. Nachdem die Eigentumsverhältnisse an dem Grundstück geklärt worden seien, habe der Mitarbeiter des Klägers, Herr I., am Telefon entschieden, dass die Feuerwehr den Baum - von dem keine Gefährdung für den öffentlichen Verkehrsraum ausgegangen sei - abtragen sollte. Aufgrund der Beauftragung habe sie nun einen Kostenerstattungsanspruch nach § 29 Abs. 4 Nr. 3 Altern. 1 NBrandSchG, der sich nicht gegen die Erbmasse, sondern gegen den Kläger als Auftraggeber richte. Falls die Feuerwehr der Beklagten nicht tätig geworden wäre, hätte der Kläger eine Fachfirma mit der Baumfällung beauftragen müssen; dieser gegenüber hätte er keine Dürftigkeitseinrede erheben dürfen. Es werde auch bestritten, dass das fragliche Grundstück nicht verwertet werden könne. Im Übrigen gebe es keine gesetzliche Grundlage dafür, dass allgemeine Gefahrenabwehrmaßnahmen immer zu Lasten der Gemeinde gingen, auf deren Gebiet das vom Land geerbte Grundstück liege. Der Kläger sei als Grundstückseigentümer jedenfalls gemäß § 29 Abs. 4 Nr. 3 Altern. 2 NBrandSchG i.V.m. § 29 Abs. 4 Nr. 2 NBrandSchG, § 7 Abs. 2 NSOG zur Kostenerstattung aufgrund seiner Verkehrssicherungspflicht verpflichtet. Auch bauordnungs- und nachbarrechtlich könne sich der Fiskalerbe nicht freizeichnen.

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Wegen des weiteren Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Sie hat weder mit dem Haupt- noch mit dem Hilfsantrag Erfolg. Der vom Kläger angegriffene Kostenbescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

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Die Rechtmäßigkeit des Bescheides bestimmt sich nach der zum Zeitpunkt des Entstehens der streitigen Zahlungspflicht maßgeblichen Rechtslage (vgl. dazu Nds. OVG Urt. v. 28.06.2012 - 11 LC 234/11 - juris). Danach sind Rechtsgrundlage für den Bescheid vom 02.08.2013 für den Einsatz am 20.06.2013 die §§ 1, 29 Niedersächsisches Brandschutzgesetz (NBrandSchG) vom 18.07.2012 i.V.m der Satzung der Beklagten über Kostenersatz und Gebührenerhebung für Dienst- und Sachleistungen der Freiwilligen Feuerwehr der Stadt A. (Leine) vom 01.03.2012 (Satzung).

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Nach § 29 Abs. 1 NBrandSchG ist der Einsatz der gemeindlichen Feuerwehren und der Kreisfeuerwehren bei Bränden, bei Notständen durch Naturereignisse und bei Hilfeleistungen zur Rettung von Menschen aus akuter Lebensgefahr unentgeltlich. Für andere als die in Absatz 1 genannten Einsätze, die dem abwehrenden Brandschutz oder der Hilfeleistung dienen (Nr. 2) sowie für freiwillige Einsätze (Nr. 3), können die Kommunen nach  § 29 Abs. 2 NBrandSchG Gebühren nach dem Niedersächsischen Kommunalabgabengesetz erheben.

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Zu Recht hat die Beklagte auf der Grundlage von § 29 Abs. 2 NBrandSchG i.V.m. § 3 Satz 1 ihrer Satzung für ihren Einsatz am 20.06.2013 mit Bescheid vom 02.08.2013 vom Kläger Gebühren für freiwillig erbrachte Leistungen erhoben. Die Einsatzkräfte ihrer Freiwilligen Feuerwehr haben hier weder eine nach § 29 Abs. 1 NBrandSchG unentgeltliche Hilfeleistung bei Bränden, bei Notständen durch Naturereignisse oder zur Rettung von Menschen aus akuter Lebensgefahr erbracht, noch eine anderweitige Hilfeleistung im Sinne von § 2 lit. a der Satzung i.V. mit § 1 Abs. 1 NBrandSchG, nämlich eine Hilfeleistung bei Unglücksfällen, wenn Menschenleben nicht oder nicht mehr in Gefahr sind. Vielmehr hatte der Feuerwehreinsatz eine gebührenpflichtige freiwillige Leistung nach § 3 lit. h der Satzung zum Inhalt, nämlich das Fällen eines sturzgefährdeten Baums.

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Für eine solche Hilfeleistung kann die Beklagte als Gemeinde nach § 29 Abs. 2 NBrandSchG nach Maßgabe ihres Satzungsrechts Gebühren erheben (so auch Nds. OVG, Urt. v. 28.10.1998 -13 L 4668/96).

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Zu Recht hat die Beklagte auch den Kläger (und nicht den Grundstücksnachbarn) für die Kosten des Einsatzes in Anspruch genommen. Nach § 29 Abs. 4 Nr. 3 NBrandSchG ist kosten- oder gebührenpflichtig, wer den Auftrag für den Einsatz gegeben oder wer Interesse an dem Einsatz gehabt hat. Entsprechende Regelungen finden sich in § 4 Abs. 3 Satz 2 der Satzung der Beklagten. Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 der Satzung ist Gebührenschuldner einer gebührenpflichtigen freiwilligen Leistung (§ 3 der Satzung) derjenige, der eine Leistung in Anspruch nimmt oder nehmen muss. Wird der Auftrag durch die zuständige Gemeinde im Rahmen der Gefahrenabwehr erteilt, so ist nach § 4 Abs. 3 Satz 2 der Satzung Gebührenschuldner derjenige, zu dessen Gunsten oder in dessen Interesse die Leistung erbracht wurde.

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Wie das Nds. Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 29.10.2014 (11 LA 80/14) ausgeführt hat, beruht die Bestimmung in einer Gebührensatzung, wonach der Gebührenschuldner einer gebührenpflichtigen freiwilligen Leistung derjenige ist, in dessen Interesse Leistungen erbracht worden sind, wenn der Auftrag durch die Polizei oder einen sonstigen Dritten erteilt wurde, aufgrund der Regelung in § 29 Abs. 4 Nr. 3 NBrandSchG auf einer ausreichenden Rechtsgrundlage und die Gebührenpflicht des Interessenten beruht auf dem Aufwendungsersatzanspruch aus (berechtigter) Geschäftsführung ohne Auftrag.

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Es kann daher dahingestellt bleiben, ob der Kläger bereits durch seinen - telefonisch informierten - Mitarbeiter Herrn I. einen ausdrücklichen Auftrag für den Einsatz erteilt hat, denn die Heranziehung des Klägers zu den Kosten des Einsatzes ist jedenfalls deshalb gerechtfertigt, weil der Kläger ein Interesse an dem Einsatz hatte. Den Kläger traf als Eigentümer des vom Blitzschlag betroffenen Grundstücks die Verkehrssicherungspflicht, weitere von seinem Grundstück ausgehende Gefahren abzuwenden und insbesondere der Gefahr eines unkontrollierten Sturzes des vom Blitzeinschlag betroffenen Baumes auf benachbarte Grundstücke entgegen zu wirken. Indem die freiwillige Feuerwehr den gespaltenen und vom Umsturz bedrohten Baum auf dem Grundstück des Klägers gefällt hat, hat sie eine Leistung im Interesse und zugunsten des gefahrenabwehrverpflichteten Grundstückseigentümers, also des Klägers, erbracht.

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Gegen die Höhe der geltend gemachten Kosten sind weder vom Kläger Einwendungen erhoben worden noch sonstige Bedenken ersichtlich.

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Der Kläger kann gegen den Kostenbescheid vom 02.08.2013 auch nicht mit Erfolg die Einrede der Bedürftigkeit geltend machen.

23

Der Kläger beruft sich darauf, dass bei Nachlassverbindlichkeiten des staatlichen Zwangserben die Besonderheit besteht, dass der Fiskus - ohne Vorbehalt im Urteil - die gemäß § 1990 Abs. 1 BGB auf den Nachlass beschränkte Haftung nach § 780 Abs. 2 ZPO geltend machen kann. Gemäß § 1990 Abs. 1 BGB kann der Erbe die Befriedigung eines Nachlassgläubigers insoweit verweigern, als der Nachlass nicht ausreicht.

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Das Gericht kann die - zwischen den Beteiligten streitige - Frage, ob das streitgegenständliche Grundstück tatsächlich wertlos ist, offen lassen, da - entgegen der Auffassung des Klägers - im vorliegenden Fall bereits keine Nachlassverbindlichkeit im Sinne von § 1967 BGB vorliegt, der gegenüber die Einrede der beschränkten Haftung nach § 1990 Abs. 1 BGB i.V.m. § 780 ZPO zulässig wäre.

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Nach § 1967 Abs. 2 BGB sind Nachlassverbindlichkeiten, für die der Erbe nach § 1967 Abs. 1 BGB haftet, neben den vom Erblasser herrührenden Schulden (Erblasserschulden) die den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten, insbesondere die Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen (Erbfallschulden). Erbfallschulden sind die „den Erben als solchen“ treffenden Schulden, die unmittelbar durch den Erbfall (teilweise als Erbfallschulden i.e.S. beschrieben) oder auch nach dem Erbfall entstehen und dann oftmals Nachlasskosten- und Erbschaftsverwaltungsschulden genannt werden und u.a. Verpflichtungen aus Vermächtnissen, Auflagen, Unterhaltsansprüchen sowie Sicherung und Verwaltung des Nachlasses umfassen (Ehm, in Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth, jurisPK-BGB, 7. Auflage, BGB, § 1967, Rn. 29 f).

26

Die dem Kläger in Rechnung gestellten Kosten für den Einsatz zur Beseitigung des Baumes auf seinem Grundstück nach dem Blitzeinschlag stellen keine solchen Nachlassverbindlichkeiten dar. Zwar ist dem klagenden Land das Eigentum an dem Grundstück im Wege der Zwangserbschaft gemäß § 1936, 1964 BGB zugefallen. Allerdings ist die Störung, für deren Beseitigung die Beklagte mit Bescheid vom 02.08.2013  Kosten erhoben hat, weder bis zum Erbfall im Jahr 2006 noch im Zusammenhang mit dem Erbfall im Jahr 2006 entstanden ist. Vielmehr handelt es sich um eine nach dem Erbfall entstandene Verbindlichkeit, die originär an die Eigentümerstellung des Klägers anknüpft und insoweit eine Eigenverbindlichkeit des Klägers darstellt, für die er sich nicht auf eine beschränkte Erbenhaftung berufen kann (vgl. dazu auch Hess VGH, Urt. v. 27.03.2014 - 8 A 1251/12 - juris). Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang geltend gemacht hat, dass sich mit der Beschädigung des Baumes infolge des Blitzeinschlages eine Gefahr verwirklicht habe, die bereits vor dem Erbfall im Grundstück angelegt gewesen sei, und damit von einer Nachlassverbindlichkeit auszugehen sei, teilt das Gericht diese Auffassung nicht. Selbst wenn man - mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 16.03.2006 - 7 C 3.05 - juris) - die Haftung für eine Störungsbeseitigung als Nachlassverbindlichkeit ansieht, auch wenn die ordnungsrechtliche  Zustandsverantwortlichkeit bei Eintritt des Erbfalls noch nicht durch Verwaltungsakt konkretisiert war, müsste jedenfalls die Störung, um deren Beseitigung es geht, bis zum Erbfall eingetreten sein, um die öffentlich-rechtliche Pflicht zu ihrer Beseitigung als Nachlassverbindlichkeit einstufen zu können (so auch HessVGH, Urt. v. 27.03.2014 , a.a.O.). Anders als in dem vorzitierten vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall, in dem es um die Verantwortlichkeit des Gesamtrechtsnachfolgers des Verursachers einer Altlast ging und die Störung durch die Verunreinigung des Bodens bereits zum Zeitpunkt der Gesamtrechtsnachfolge eingetreten war, lag eine die Zustandsverantwortlichkeit des Erblassers (und damit auch des Erben) begründende Störung des Grundstücks X.-straße 13a in A. zum Zeitpunkt des Erbfalls im Jahr 2006 nicht vor, sondern ist erst im Jahr 2013 durch den Blitzeinschlag eingetreten. Die bloß abstrakte Möglichkeit, dass zum Zeitpunkt des Erbfalls auf dem Grundstück vorhandene Bäume vom Blitz getroffen werden könnten und deren Beseitigung zukünftig erforderlich werden könnte, ist in diesem Zusammenhang nicht ausreichend, um eine Nachlassverbindlichkeit im Sinne von § 1990 i.V.m. § 1967 BGB anzunehmen und eine Haftungsbeschränkung des Klägers in Hinblick auf die Fiskalerbschaft zu bejahen. Vielmehr stellt die an seine Eigentümerstellung anknüpfende Zustandshaftung des Klägers - wie andere öffentlich-rechtliche Pflichten des Erben - eine Eigenverbindlichkeit des Klägers dar.

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Schließlich ist die Inanspruchnahme des Klägers ist auch nicht unverhältnismäßig, weil seine Belastung mit den Kosten des Einsatzes - vor dem Hintergrund der behaupteten Wertlosigkeit des Grundstücks - unzumutbar wäre.

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Grundsätzlich ist die Annahme zutreffend, dass das Ausmaß dessen, was dem Eigentümer eines Grundstücks als Zustandsstörer abverlangt werden kann, durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt wird und eine Belastung des Grundstücks-eigentümers mit Sanierungskosten regelmäßig nicht (mehr) gerechtfertigt ist, soweit die Belastungen den Verkehrswert des Grundstücks nach Durchführung der Sanierung übersteigen. Es kann jedoch dahingestellt bleiben, ob die Unzumutbarkeitsgrenze im Fall von Einsatzkosten in Höhe von 834,00 Euro erreicht sein kann und die weiteren Voraussetzungen, die das Bundesverfassungsgericht in Hinblick auf Haftungseinschränkungen für zustandsverantwortliche (private) Grundstückseigentümer im Zusammenhang mit Maßnahmen der Altlastensanierung detailliert dargelegt hat (BVerfG, Beschl. v. 16.02.2000 - 1 BvR 242/91, 1 BvR 315/99 - juris), erfüllt sind. Jedenfalls scheidet eine Anwendung der Rechtsprechung zur Haftungseinschränkung für die Zustandshaftung von Grundstückseigentümern, die auf dem sich aus Artikel 14 GG ergebenden Eigentumsschutz beruht, auf den Kläger aus, weil dieser sich nicht auf den Eigentumsschutz nach Artikel 14 GG berufen darf. Juristische Personen des öffentlichen Rechts - wie im vorliegenden Fall das klagende Land Niedersachsen - können sich regelmäßig nicht auf Artikel 14 GG berufen, selbst wenn sie keine öffentlich-rechtliche Aufgabe wahrnehmen, da sie sich dem Staat gegenüber auch nicht in der gleichen „grundrechtstypischen Gefährdungslage“ gegenüberstehen wie der einzelne Eigentümer (vgl. BVerfG, Beschl. v. 08.07.1982 - 2 BvR 1187/80 - juris). Insoweit können juristische Personen des öffentlichen Rechts zwar Eigentümer, in der Regel aber nicht Träger von Grundrechten sein, da Artikel 14 nicht das Privateigentum, sondern das Eigentum Privater schützt (BVerfG, a.a.O.; Wendt in Sachs, GG, 6. Auflage, Art. 14, Rn. 17). Zwar hat es das Bundesverfassungsgericht in der oben zitierten Entscheidung ausdrücklich offen gelassen, ob in „ganz besonders gelagerten Ausnahmefällen“ etwas anderes gelten könne. Dass es sich vorliegend um einen solchen besonderen Ausnahmefall halten könnte, ist aber für das Gericht nicht ersichtlich und wird auch vom Kläger selbst nicht behauptet.

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Insofern kann es dahingestellt bleiben, welchen Wert das streitgegenständliche Grundstück hat, da sich der Kläger als juristische Person des öffentlichen Rechts jedenfalls nicht auf die aus Artikel 14 GG herzuleitende Begrenzung der Zustandshaftung des Grundstückseigentümers berufen kann (so auch VG Lüneburg, Urt. v. 26.02.2013 - 2 A 190/13 - juris)

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Soweit der Kläger darüber hinaus darauf verwiesen hat, dass er das Eigentum am Grundstück nur treuhänderisch verwalte, ist dies nicht zutreffend. Mit der Feststellung der Erbschaft des Fiskus ist der Kläger uneingeschränkt und vollumfänglich Eigentümer des Grundstücks geworden.

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Auch der Hilfsantrag des Klägers bleibt ohne Erfolg. Wie bereits oben ausgeführt, stellen die Kosten des Einsatzes vom 20.06.2013 keine Nachlassverbindlichkeit dar. Daher hat der Kläger auch keinen Anspruch auf die hilfsweise beantragte Feststellung, dass seine Haftung auf den Nachlass beschränkt ist.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.

 


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