Urteil vom Verwaltungsgericht Karlsruhe - 2 K 1787/07

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Erteilung einer Fahrschulerlaubnis und einer Zweigstellenerlaubnis.
Der Kläger besitzt seit 20.11.2000 die Fahrlehrererlaubnis für die Klasse BE. Seither war er bei mehreren Fahrschulen als angestellter Fahrlehrer beschäftigt.
Mit Schreiben vom 01.05.2006 stellte er bei der Beklagten den Antrag auf eine Fahrschulerlaubnis für die Klassen B und BE. Laut dem Antrag sollen sich die Räumlichkeiten der Fahrschule in der ... in ... befinden; Fahrschulfahrzeug soll ein ... mit dem amtlichen Kennzeichen ... sein. Der Kläger legte u.a. eine Bestätigung über die erfolgreiche Teilnahme an einem Kurs für Fahrschulbetriebswirtschaft und einen Plan über die Räumlichkeiten vor.
Die Beklagte holte sodann eine Auskunft aus dem Verkehrszentralregister ein. Diese ergab sieben Eintragungen.
Am 07.06.2006 wurde der Beklagten von der Polizeidirektion ... mitgeteilt, der Beklagte stehe im Verdacht, Verkehrsunfälle mit Fahrschulfahrzeugen absichtlich herbeigeführt und anschließend Betrugsdelikte begangen zu haben.
Am 31.10.2006 ließ der Kläger über seinen damaligen Rechtsanwalt vortragen, er beabsichtige, die derzeit von einem Herrn ... in den im Antrag vom 01.05.2006 genannten Räumlichkeiten betriebene Fahrschule zukünftig gemeinsam mit diesem in der Rechtsform einer GmbH zu betreiben. Mit Schreiben vom 13.11.2006 erklärte Herr ... allerdings gegenüber der Beklagten, die Gründung einer GmbH sei nicht beabsichtigt.
Mit Schreiben vom 25.01.2007 äußerte sich die Beklagte zu dem Antrag auf Erteilung einer Fahrschulerlaubnis. Die vom Kläger angegebenen Räumlichkeiten seien von der Ehefrau des Klägers an die Fahrschule des Herrn ... vermietet. Der Kläger selbst habe dieser Fahrschule das angegebene Lehrfahrzeug vermietet. Es stelle sich deshalb die Frage, ob der Kläger die Fahrschule übernehmen wolle. Weiterhin müsse vor der Erteilung einer Fahrschulerlaubnis im Hinblick auf die Frage der Zuverlässigkeit des Klägers der Ausgang des anhängigen Strafverfahrens abgewartet werden. Hierzu äußerte sich der Kläger zunächst nicht.
Am 22.03.2007 stellte ein Herr ... Antrag auf Erteilung einer Fahrschulerlaubnis für die Räumlichkeiten in der ....
Mit Schreiben vom 26.04.2007 stellte der Kläger einen weiteren Antrag auf eine Fahrschulerlaubnis für die Klassen B und BE. Laut diesem Antrag sollen sich die Räumlichkeiten der Fahrschule in der ... in Pforzheim befinden; Fahrschulfahrzeug soll wiederum der ... mit dem amtlichen Kennzeichen ... sein.
10 
Mit Anklageschrift vom 29.03.2007 hatte die Staatsanwaltschaft ... Anklage gegen den Kläger erhoben. Unter Hinweis darauf teilte die Beklagte mit Schreiben vom 03.05.2007 dem Kläger mit, eine Fahrschulerlaubnis komme deshalb zu diesem Zeitpunkt nicht in Betracht. Der erste Prozessbevollmächtigte des Klägers verlangte daraufhin erneut eine rechtsmittelfähige Entscheidung bis zum 23.05.2007; anderenfalls müsse er Untätigkeitsklage erheben. Hierauf machte die Beklagte die Entscheidung über die Anträge erneut von dem Abschluss des Strafverfahrens abhängig.
11 
Am 07.04.2008 fand der Termin zur Hauptverhandlung im Strafverfahren gegen den Kläger vor dem Amtsgericht ...- Schöffengericht - statt. Aufgrund dieser wurde der Kläger wegen vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit Beihilfe zum Betrug sowie wegen Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten, die nicht zur Vollstreckung auf Bewährung ausgesetzt wurde, verurteilt. Das Schöffengericht sah es als erwiesen an, dass der Kläger während einer Fahrstunde am 30.01.2002 absichtlich einen Unfall herbeiführte, um seinem damaligen Arbeitgeber Leistungen aus der Versicherung des Unfallgegners zu verschaffen. Bei dem Unfall wurde eine schwangere Fahrschülerin verletzt. Von seinem damaligen Arbeitgeber erhielt der Kläger nach Überzeugung des Schöffengerichts eine Prämie für die Herbeiführung des Unfalls. Die Verurteilung wegen Betruges erfolgte, weil der Kläger selbst - und nach Überzeugung des Schöffengerichts zu Unrecht - ein Schmerzensgeld von der Versicherung des Unfallgegners beanspruchte und auch erhielt. Wegen eines weiteren Unfalls, der sich an derselben Stelle ereignete wie der Unfall vom 30.01.2002, wurde der Kläger aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Sowohl der Kläger als auch die Staatsanwaltschaft haben Berufung eingelegt.
12 
Bereits am 04.06.2007 hat der Kläger Klage erhoben. Er beantragt,
13 
die Beklagte zu verpflichten, ihm eine Fahrschulerlaubnis für die ... und eine Zweigstellenerlaubnis für die ... zu erteilen.
14 
Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte habe ohne zureichenden Grund die Anträge nicht beschieden. Er werde hingehalten; Grund dafür seien „Strukturen“ zwischen der Beklagten und anderen Fahrschulen in .... Die Nichteinhaltung der Frist des § 75 VwGO sei durch Zeitablauf mittlerweile geheilt.
15 
Die Beklagte beantragt,
16 
die Klage abzuweisen.
17 
Sie ist im Wesentlichen der Ansicht, das Abwarten auf den Ausgang des Strafverfahrens sei ein zureichender Grund für die Nichtbescheidung. Im Übrigen sei das Verfahren auch durch den Kläger selbst verzögert worden, etwa durch die ohne weitere Erklärung erfolgte Stellung eines Antrags für Räumlichkeiten, in denen bereits eine Fahrschule betrieben wurde.
18 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die dem Gericht vorliegenden Behördenakten (1 Heft Fahrschulerlaubnisantrag, 1 Heft Fahrlehrerakte) verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die Klage hat keinen Erfolg.
20 
Der Zulässigkeit der als Untätigkeitsklage erhobenen Klage steht nicht entgegen, dass sie in Bezug auf den Antrag des Klägers auf die Fahrschulerlaubnis für die ... vor Ablauf der Drei-Monats-Frist des § 75 Satz 2 VwGO erhoben worden ist. Denn zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. Funke-Kaiser, in: Bader u.a., VwGO, 4. Aufl., § 75 Rn. 6) sind deutlich mehr als drei Monate seit Antragstellung vergangen.
21 
Ob die Beklagte ohne zureichenden Grund über die Anträge des Klägers nicht entschieden hat (vgl. § 75 Satz 1 VwGO), kann offenbleiben. Denn die Klage ist jedenfalls unbegründet. Ein Anspruch des Klägers auf die begehrte Fahrschulerlaubnis und auf die begehrte Zweigstellenerlaubnis besteht nicht (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
22 
Es entspricht einhelliger Auffassung, dass eine auf Verpflichtung zur Erteilung einer Genehmigung, Erlaubnis, Konzession etc. gerichtete Untätigkeitsklage gemäß § 75 VwGO dann abzuweisen ist, wenn die gerichtliche Prüfung ergibt, dass der bei der Behörde geltend gemachte materielle Anspruch nicht besteht (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.11.1989 - 7 C 46.88 -, NJW 1990, 1378; Funke-Kaiser, in: Bader u.a., VwGO, 4. Aufl., § 75 Rn. 13). Dies ist vorliegend der Fall. Denn es liegen jedenfalls Tatsachen vor, die den Kläger für die Führung einer Fahrschule als unzuverlässig erscheinen lassen.
23 
Gemäß § 10 Abs. 1 des Gesetzes über das Fahrlehrerwesen (Fahrlehrergesetz; im Folgenden: FahrlG) bedarf der Fahrschulerlaubnis, wer als selbständiger Fahrlehrer Fahrschüler ausbildet oder durch von ihm beschäftigte Fahrlehrer ausbilden lässt. Die Fahrschulerlaubnis wird gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 FahrlG auf Antrag für die Klassen BE, A, CE und DE erteilt. Sie wird gemäß § 11 Abs. 1 FahrlG erteilt, wenn der Bewerber mindestens 25 Jahre alt ist und keine Tatsachen vorliegen, die ihn für die Führung einer Fahrschule als unzuverlässig erscheinen lassen (Nr. 1), keine Tatsachen vorliegen, welche die Annahme rechtfertigen, dass der Bewerber die Pflichten nach § 16 des Fahrlehrergesetzes nicht erfüllen kann (Nr. 2), der Bewerber die Fahrlehrererlaubnis für die Klasse besitzt, für die er die Fahrschulerlaubnis beantragt (Nr. 3), der Bewerber mindestens zwei Jahre lang im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses mit dem Inhaber einer Fahrschule hauptberuflich als Fahrlehrer tätig war (Nr. 4), der Bewerber an einem Lehrgang von mindestens 70 Stunden zu 45 Minuten über Fahrschulbetriebswirtschaft teilgenommen hat (Nr. 5) sowie der Bewerber den erforderlichen Unterrichtsraum, die erforderlichen Lehrmittel und die zur Fahrausbildung in der betreffenden Fahrerlaubnisklasse bestimmten Lehrfahrzeuge zur Verfügung hat (Nr. 6). Gemäß § 14 Abs. 1 FahrlG bedarf schließlich der Zweigstellenerlaubnis, wer als Inhaber einer Fahrschule Zweigstellen betreibt.
24 
Die Vorschriften über die an Fahrschulinhaber zu stellenden Anforderungen sind gewerberechtlicher Art; für die Beurteilung der Zuverlässigkeit eines Fahrschulinhabers gelten deshalb grundsätzlich die zum allgemeinen Gewerberecht entwickelten Beurteilungsmaßstäbe (BVerwG, Beschl. v. 30.10.1996 - 1 B 197.96 -, juris Rn. 6, 8 [= NVwZ-RR 1997, 284]). Nach der klassischen gewerberechtlichen Formel ist ein Gewerbetreibender dann unzuverlässig, wenn er nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird (std. Rspr., z.B. BVerwG, Urt. v. 02.02.1982 - 1 C 146.80 -, juris Rn. 13 [= BVerwGE 65, 1]). Die somit erforderliche „Prognose“ ist ein aus den vorhandenen tatsächlichen Umständen gezogener Schluss auf wahrscheinliches zukünftiges Verhalten des Gewerbetreibenden (hierzu und zum Folgenden BVerwG, Beschl. v. 26.02.1997 - 1 B 34.97 -, juris Rn. 8 [= GewArch 1997, 242]). Ihre aus der Anlegung des Maßstabes der Wahrscheinlichkeit folgende „Ungenauigkeit“ muss durch strikte Beachtung des Grundsatzes der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 GG ausgeglichen werden. Insoweit sind die Verhältnisse des Einzelfalles maßgebend.
25 
An die Zuverlässigkeit eines Fahrschulinhabers sind hohe Anforderungen zu stellen, denn der ordnungsgemäße Betrieb einer Fahrschule soll die ordnungsgemäße Ausbildung der Fahrschüler im Interesse der Sicherheit des Straßenverkehrs und zum Schutz hochrangiger Rechtsgüter wie das Leben und die körperliche Unversehrtheit sicherstellen (VG Karlsruhe, Urt. v. 08.07.1999 - 6 K 1842/98 -, juris Rn. 17; vgl. auch VG Karlsruhe, Beschl. v. 06.02.2008 - 2 K 1190/07 -, juris Rn. 21). Dies wird auch daran deutlich, dass das Gesetz an den Wahrscheinlichkeitsmaßstab keine allzu strengen Anforderungen stellt (vgl. hierzu allgemein Eifert, „Zuverlässigkeit“ als persönliche Tätigkeitsvoraussetzung im Besonderen Verwaltungsrecht, JuS 2004, 565 [570]). Denn es verlangt lediglich, dass „keine Tatsachen vorliegen, die den Bewerber für die Führung einer Fahrschule als unzuverlässig erscheinen lassen“ (vgl. hingegen z.B. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GaststättenG: „Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt“).
26 
Es ist weiterhin festzuhalten, dass grundsätzlich auch noch nicht rechtskräftig geahndete Verstöße des Bewerbers gegen die Rechtsordnung bei der Beurteilung seiner Zuverlässigkeit berücksichtigt werden dürfen (BayVGH, Beschl. v. 05.10.2006 - 11 CS 05.2748 -, juris Rn. 26).
27 
Schließlich können Tatsachen, die eine Person für den Fahrerlehrerberuf als unzuverlässig erscheinen lassen (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 2 Hs. 2 FahrlG), auch herangezogen werden, um eine Person im Hinblick auf die Inhaberschaft einer Fahrschule als unzuverlässig erscheinen zu lassen (vgl. BayVGH, Beschl. v. 05.10.2006, a.a.O., Rn. 26). Denn die Erteilung einer Fahrschulerlaubnis ist nach der gesetzlichen Konzeption (vgl. § 11 Abs. 1 Nr. 3 FahrlG) abhängig vom Vorhandensein einer Fahrlehrererlaubnis.
28 
Insbesondere die strafgerichtliche Verurteilung des Klägers vom 07.04.2008 lässt nach Auffassung der Kammer erhebliche Zweifel an der Zuverlässigkeit des Klägers aufkommen. Aufgrund dieser Verurteilung kann der Kläger den ihm obliegenden Nachweis, dass keine Tatsachen vorliegen, die ihn für die Führung einer Fahrschule als unzuverlässig erscheinen lassen, zumindest derzeit nicht führen. Denn diese Verurteilung erfolgte aufgrund eines Vorfalls, der sich während einer Fahrstunde und damit während der Berufsausübung ereignete und bei dem sogar eine Fahrschülerin verletzt wurde. Als Fahrlehrer ist der Kläger aber gerade dazu verpflichtet, Unfälle und insbesondere auch durch sie mögliche Verletzungen der Fahrschüler und anderer Verkehrsteilnehmer zu verhindern. Erschwerend kommt hinzu, dass laut den amtsgerichtlichen Feststellungen der Kläger wusste, dass die betroffene Fahrschülerin schwanger war und er dennoch den Unfall absichtlich herbeiführte.
29 
Dem Einwand des Klägers, der Vorfall könnte, selbst wenn er sich so ereignet hätte, wie es das Schöffengericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, wegen des Ablaufs von mehr als sechs Jahren zur Beurteilung seiner Zuverlässigkeit zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht oder allenfalls nur eingeschränkt herangezogen werden, vermag die Kammer nicht zu folgen. Denn bei dem Vorfall handelt es sich nicht um einen einmaligen - und damit möglicherweise unbeachtlichen - „Ausrutscher“ des Klägers. So ist der Kläger bereits wegen eines Vorfalls vom 06.03.2000 vom Amtsgericht Weinheim wegen Nötigung zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen und einem einmonatigen Fahrverbot verurteilt worden. Auch nach dem Vorfall vom 30.01.2002 ist der Kläger strafrechtlich in Erscheinung getreten. So ist der Kläger wegen eines Vorfalls vom 22.01.2003 durch das Amtsgericht Pforzheim wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen verurteilt worden. Weiterhin ist der Kläger auch in erheblichem Umfang durch Verstöße gegen die Verkehrsregeln aufgefallen, insbesondere durch Geschwindigkeitsüberschreitungen. Die entsprechenden Eintragungen im Verkehrszentralregister mögen zwar tilgungsreif sein bzw. schon getilgt sein. Bei einem Fahrlehrer wiegen jedoch derartige Verstöße ungleich schwerer als bei einem normalen Kraftfahrer.
30 
Schließlich rechtfertigt auch der Eindruck, den der Kläger im Verwaltungsverfahren hinterlassen hat, nicht, entgegen der genannten Umstände von seiner Zuverlässigkeit auszugehen. So hat er etwa erst in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass er eine Fahrschulerlaubnis für die ... und eine Zweigstellenerlaubnis für die ... begehrt. Bei der Beklagten hatte er ohne nähere Erklärung zwei Anträge gestellt. Zwischenzeitlich hatte er die Gründung einer GmbH angekündigt, ohne dass der von ihm ins Auge gefasste Mitgesellschafter davon Bescheid wusste. Schließlich hat er das Schreiben der Beklagten vom 25.01.2007, mit dem diese ihn um Auskunft zu seinem Antrag vom 01.05.2006 gebeten hat, unbeantwortet gelassen.
31 
Die Zuverlässigkeit des Klägers erheblich in Frage stellt und den Kläger als unzuverlässig erscheinen lässt im Übrigen auch, dass der Kläger ausweislich der Gründe des Urteils des Amtsgerichts ... vom 07.04.2008 diesem gegenüber äußerte, er hätte Verbindlichkeiten aufgrund der Beschaffung von Fahrzeugen für eine Fahrschule, die er selbst betrieben hätte. Da der Kläger niemals Inhaber einer Fahrschulerlaubnis war, durfte er jedoch zu keinem Zeitpunkt eine Fahrschule selbst betreiben. Somit hat der Kläger mit seiner Aussage vor Gericht selbst zu erkennen gegeben, dass er eine andere Person als Strohmann vorgeschoben hat, und damit den bereits von der Beklagten im Verwaltungsverfahren - etwa ausweislich des Schreibens des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 05.03.2007 - gehegten Verdacht bestätigt.
32 
Ob die Zuverlässigkeit des Klägers anders zu beurteilen wäre, wenn die amtsgerichtliche Verurteilung durch das Berufungsgericht aufgehoben werden würde, kann dahin gestellt bleiben. Der Kläger könnte in diesem Fall erneut einen Antrag auf eine Fahrschulerlaubnis stellen; die Frage der Zuverlässigkeit wäre dann neu zu beurteilen.
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Nicht zur Anwendung kommt im vorliegenden Fall § 161 Abs. 3 VwGO, da die Kammer zur Sache entschieden hat, bevor eine Bescheidung durch die Beklagte erfolgte (vgl. Funke-Kaiser, in: Bader u.a., VwGO, 4. Aufl., § 161 Rn. 35).
34 
Beschluss
35 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1G, § 39 Abs. 1 GKG auf EUR 22.500 festgesetzt. Dieser Betrag setzt sich in Anlehnung an Nr. 54.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 07./08.07.2004 zusammen aus einem Betrag von EUR 15.000 für die begehrte Fahrschulerlaubnis und einem Betrag von EUR 7.500 für die begehrte Zweigstellenerlaubnis.
36 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1 und 3 GKG verwiesen.

Gründe

 
19 
Die Klage hat keinen Erfolg.
20 
Der Zulässigkeit der als Untätigkeitsklage erhobenen Klage steht nicht entgegen, dass sie in Bezug auf den Antrag des Klägers auf die Fahrschulerlaubnis für die ... vor Ablauf der Drei-Monats-Frist des § 75 Satz 2 VwGO erhoben worden ist. Denn zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. Funke-Kaiser, in: Bader u.a., VwGO, 4. Aufl., § 75 Rn. 6) sind deutlich mehr als drei Monate seit Antragstellung vergangen.
21 
Ob die Beklagte ohne zureichenden Grund über die Anträge des Klägers nicht entschieden hat (vgl. § 75 Satz 1 VwGO), kann offenbleiben. Denn die Klage ist jedenfalls unbegründet. Ein Anspruch des Klägers auf die begehrte Fahrschulerlaubnis und auf die begehrte Zweigstellenerlaubnis besteht nicht (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
22 
Es entspricht einhelliger Auffassung, dass eine auf Verpflichtung zur Erteilung einer Genehmigung, Erlaubnis, Konzession etc. gerichtete Untätigkeitsklage gemäß § 75 VwGO dann abzuweisen ist, wenn die gerichtliche Prüfung ergibt, dass der bei der Behörde geltend gemachte materielle Anspruch nicht besteht (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.11.1989 - 7 C 46.88 -, NJW 1990, 1378; Funke-Kaiser, in: Bader u.a., VwGO, 4. Aufl., § 75 Rn. 13). Dies ist vorliegend der Fall. Denn es liegen jedenfalls Tatsachen vor, die den Kläger für die Führung einer Fahrschule als unzuverlässig erscheinen lassen.
23 
Gemäß § 10 Abs. 1 des Gesetzes über das Fahrlehrerwesen (Fahrlehrergesetz; im Folgenden: FahrlG) bedarf der Fahrschulerlaubnis, wer als selbständiger Fahrlehrer Fahrschüler ausbildet oder durch von ihm beschäftigte Fahrlehrer ausbilden lässt. Die Fahrschulerlaubnis wird gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 FahrlG auf Antrag für die Klassen BE, A, CE und DE erteilt. Sie wird gemäß § 11 Abs. 1 FahrlG erteilt, wenn der Bewerber mindestens 25 Jahre alt ist und keine Tatsachen vorliegen, die ihn für die Führung einer Fahrschule als unzuverlässig erscheinen lassen (Nr. 1), keine Tatsachen vorliegen, welche die Annahme rechtfertigen, dass der Bewerber die Pflichten nach § 16 des Fahrlehrergesetzes nicht erfüllen kann (Nr. 2), der Bewerber die Fahrlehrererlaubnis für die Klasse besitzt, für die er die Fahrschulerlaubnis beantragt (Nr. 3), der Bewerber mindestens zwei Jahre lang im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses mit dem Inhaber einer Fahrschule hauptberuflich als Fahrlehrer tätig war (Nr. 4), der Bewerber an einem Lehrgang von mindestens 70 Stunden zu 45 Minuten über Fahrschulbetriebswirtschaft teilgenommen hat (Nr. 5) sowie der Bewerber den erforderlichen Unterrichtsraum, die erforderlichen Lehrmittel und die zur Fahrausbildung in der betreffenden Fahrerlaubnisklasse bestimmten Lehrfahrzeuge zur Verfügung hat (Nr. 6). Gemäß § 14 Abs. 1 FahrlG bedarf schließlich der Zweigstellenerlaubnis, wer als Inhaber einer Fahrschule Zweigstellen betreibt.
24 
Die Vorschriften über die an Fahrschulinhaber zu stellenden Anforderungen sind gewerberechtlicher Art; für die Beurteilung der Zuverlässigkeit eines Fahrschulinhabers gelten deshalb grundsätzlich die zum allgemeinen Gewerberecht entwickelten Beurteilungsmaßstäbe (BVerwG, Beschl. v. 30.10.1996 - 1 B 197.96 -, juris Rn. 6, 8 [= NVwZ-RR 1997, 284]). Nach der klassischen gewerberechtlichen Formel ist ein Gewerbetreibender dann unzuverlässig, wenn er nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird (std. Rspr., z.B. BVerwG, Urt. v. 02.02.1982 - 1 C 146.80 -, juris Rn. 13 [= BVerwGE 65, 1]). Die somit erforderliche „Prognose“ ist ein aus den vorhandenen tatsächlichen Umständen gezogener Schluss auf wahrscheinliches zukünftiges Verhalten des Gewerbetreibenden (hierzu und zum Folgenden BVerwG, Beschl. v. 26.02.1997 - 1 B 34.97 -, juris Rn. 8 [= GewArch 1997, 242]). Ihre aus der Anlegung des Maßstabes der Wahrscheinlichkeit folgende „Ungenauigkeit“ muss durch strikte Beachtung des Grundsatzes der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 GG ausgeglichen werden. Insoweit sind die Verhältnisse des Einzelfalles maßgebend.
25 
An die Zuverlässigkeit eines Fahrschulinhabers sind hohe Anforderungen zu stellen, denn der ordnungsgemäße Betrieb einer Fahrschule soll die ordnungsgemäße Ausbildung der Fahrschüler im Interesse der Sicherheit des Straßenverkehrs und zum Schutz hochrangiger Rechtsgüter wie das Leben und die körperliche Unversehrtheit sicherstellen (VG Karlsruhe, Urt. v. 08.07.1999 - 6 K 1842/98 -, juris Rn. 17; vgl. auch VG Karlsruhe, Beschl. v. 06.02.2008 - 2 K 1190/07 -, juris Rn. 21). Dies wird auch daran deutlich, dass das Gesetz an den Wahrscheinlichkeitsmaßstab keine allzu strengen Anforderungen stellt (vgl. hierzu allgemein Eifert, „Zuverlässigkeit“ als persönliche Tätigkeitsvoraussetzung im Besonderen Verwaltungsrecht, JuS 2004, 565 [570]). Denn es verlangt lediglich, dass „keine Tatsachen vorliegen, die den Bewerber für die Führung einer Fahrschule als unzuverlässig erscheinen lassen“ (vgl. hingegen z.B. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GaststättenG: „Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt“).
26 
Es ist weiterhin festzuhalten, dass grundsätzlich auch noch nicht rechtskräftig geahndete Verstöße des Bewerbers gegen die Rechtsordnung bei der Beurteilung seiner Zuverlässigkeit berücksichtigt werden dürfen (BayVGH, Beschl. v. 05.10.2006 - 11 CS 05.2748 -, juris Rn. 26).
27 
Schließlich können Tatsachen, die eine Person für den Fahrerlehrerberuf als unzuverlässig erscheinen lassen (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 2 Hs. 2 FahrlG), auch herangezogen werden, um eine Person im Hinblick auf die Inhaberschaft einer Fahrschule als unzuverlässig erscheinen zu lassen (vgl. BayVGH, Beschl. v. 05.10.2006, a.a.O., Rn. 26). Denn die Erteilung einer Fahrschulerlaubnis ist nach der gesetzlichen Konzeption (vgl. § 11 Abs. 1 Nr. 3 FahrlG) abhängig vom Vorhandensein einer Fahrlehrererlaubnis.
28 
Insbesondere die strafgerichtliche Verurteilung des Klägers vom 07.04.2008 lässt nach Auffassung der Kammer erhebliche Zweifel an der Zuverlässigkeit des Klägers aufkommen. Aufgrund dieser Verurteilung kann der Kläger den ihm obliegenden Nachweis, dass keine Tatsachen vorliegen, die ihn für die Führung einer Fahrschule als unzuverlässig erscheinen lassen, zumindest derzeit nicht führen. Denn diese Verurteilung erfolgte aufgrund eines Vorfalls, der sich während einer Fahrstunde und damit während der Berufsausübung ereignete und bei dem sogar eine Fahrschülerin verletzt wurde. Als Fahrlehrer ist der Kläger aber gerade dazu verpflichtet, Unfälle und insbesondere auch durch sie mögliche Verletzungen der Fahrschüler und anderer Verkehrsteilnehmer zu verhindern. Erschwerend kommt hinzu, dass laut den amtsgerichtlichen Feststellungen der Kläger wusste, dass die betroffene Fahrschülerin schwanger war und er dennoch den Unfall absichtlich herbeiführte.
29 
Dem Einwand des Klägers, der Vorfall könnte, selbst wenn er sich so ereignet hätte, wie es das Schöffengericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, wegen des Ablaufs von mehr als sechs Jahren zur Beurteilung seiner Zuverlässigkeit zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht oder allenfalls nur eingeschränkt herangezogen werden, vermag die Kammer nicht zu folgen. Denn bei dem Vorfall handelt es sich nicht um einen einmaligen - und damit möglicherweise unbeachtlichen - „Ausrutscher“ des Klägers. So ist der Kläger bereits wegen eines Vorfalls vom 06.03.2000 vom Amtsgericht Weinheim wegen Nötigung zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen und einem einmonatigen Fahrverbot verurteilt worden. Auch nach dem Vorfall vom 30.01.2002 ist der Kläger strafrechtlich in Erscheinung getreten. So ist der Kläger wegen eines Vorfalls vom 22.01.2003 durch das Amtsgericht Pforzheim wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen verurteilt worden. Weiterhin ist der Kläger auch in erheblichem Umfang durch Verstöße gegen die Verkehrsregeln aufgefallen, insbesondere durch Geschwindigkeitsüberschreitungen. Die entsprechenden Eintragungen im Verkehrszentralregister mögen zwar tilgungsreif sein bzw. schon getilgt sein. Bei einem Fahrlehrer wiegen jedoch derartige Verstöße ungleich schwerer als bei einem normalen Kraftfahrer.
30 
Schließlich rechtfertigt auch der Eindruck, den der Kläger im Verwaltungsverfahren hinterlassen hat, nicht, entgegen der genannten Umstände von seiner Zuverlässigkeit auszugehen. So hat er etwa erst in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass er eine Fahrschulerlaubnis für die ... und eine Zweigstellenerlaubnis für die ... begehrt. Bei der Beklagten hatte er ohne nähere Erklärung zwei Anträge gestellt. Zwischenzeitlich hatte er die Gründung einer GmbH angekündigt, ohne dass der von ihm ins Auge gefasste Mitgesellschafter davon Bescheid wusste. Schließlich hat er das Schreiben der Beklagten vom 25.01.2007, mit dem diese ihn um Auskunft zu seinem Antrag vom 01.05.2006 gebeten hat, unbeantwortet gelassen.
31 
Die Zuverlässigkeit des Klägers erheblich in Frage stellt und den Kläger als unzuverlässig erscheinen lässt im Übrigen auch, dass der Kläger ausweislich der Gründe des Urteils des Amtsgerichts ... vom 07.04.2008 diesem gegenüber äußerte, er hätte Verbindlichkeiten aufgrund der Beschaffung von Fahrzeugen für eine Fahrschule, die er selbst betrieben hätte. Da der Kläger niemals Inhaber einer Fahrschulerlaubnis war, durfte er jedoch zu keinem Zeitpunkt eine Fahrschule selbst betreiben. Somit hat der Kläger mit seiner Aussage vor Gericht selbst zu erkennen gegeben, dass er eine andere Person als Strohmann vorgeschoben hat, und damit den bereits von der Beklagten im Verwaltungsverfahren - etwa ausweislich des Schreibens des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 05.03.2007 - gehegten Verdacht bestätigt.
32 
Ob die Zuverlässigkeit des Klägers anders zu beurteilen wäre, wenn die amtsgerichtliche Verurteilung durch das Berufungsgericht aufgehoben werden würde, kann dahin gestellt bleiben. Der Kläger könnte in diesem Fall erneut einen Antrag auf eine Fahrschulerlaubnis stellen; die Frage der Zuverlässigkeit wäre dann neu zu beurteilen.
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Nicht zur Anwendung kommt im vorliegenden Fall § 161 Abs. 3 VwGO, da die Kammer zur Sache entschieden hat, bevor eine Bescheidung durch die Beklagte erfolgte (vgl. Funke-Kaiser, in: Bader u.a., VwGO, 4. Aufl., § 161 Rn. 35).
34 
Beschluss
35 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1G, § 39 Abs. 1 GKG auf EUR 22.500 festgesetzt. Dieser Betrag setzt sich in Anlehnung an Nr. 54.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 07./08.07.2004 zusammen aus einem Betrag von EUR 15.000 für die begehrte Fahrschulerlaubnis und einem Betrag von EUR 7.500 für die begehrte Zweigstellenerlaubnis.
36 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1 und 3 GKG verwiesen.

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