1. Der Beklagte wird verpflichtet, den Kläger der Gemeinde ... in Nordrhein-Westfalen im Wege einer länderübergreifenden Umverteilung zuzuweisen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
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| Der Kläger, ein am … 1976 geborener iranischer Staatsangehöriger, begehrt seine länderübergreifende Umverteilung. |
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| Er hatte in den Jahren 2007 und 2010 in Norwegen und Dänemark erfolglos Asylverfahren durchgeführt. Über einen in der Bundesrepublik Deutschland gestellten Asylantrag hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bislang noch nicht entschieden. Insoweit liegt derzeit lediglich eine Zuweisungsentscheidung für die Aufnahmeeinrichtung in ... vor. |
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| Der Kläger ist – nach seinen Angaben – in islamisch-religiöser Form mit einer in Deutschland anerkannten Asylberechtigten verheiratet. Die beabsichtigte standesamtliche Eheschließung konnte wegen des Fehlens notwendiger Dokumente bislang nicht durchgeführt werden. |
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| Aus dieser Beziehung ging am 18.11.2011 ein gemeinsamer Sohn hervor, dessen Vaterschaft der Kläger mit Urkunde vom 04.05.2011 anerkannte. Ferner gab er eine Erklärung über die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge gemäß § 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB am 28.11.2011 ab. Die Kindsmutter, die seit dem 02.09.2008 über eine Niederlassungserlaubnis gemäß § 26 Abs. 3 AufenthG verfügt, lebt in einer Mietwohnung von 62 m² Größe in ..., für die sie einen Wohnraummietvertrag sowie eine Mietbescheinigung der Vermieterin vorlegte. |
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| Mit Schreiben seines jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 05.09.2011 stellte der Kläger bei der Bezirksregierung Arnsberg einen Antrag auf länderübergreifende Umverteilung. |
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| Am 01.03.2012 hat der Kläger Klage erhoben, mit der er seinen Antrag auf Umverteilung weiter verfolgt. |
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| den Beklagten zu verpflichten, ihn auf seinen Antrag vom 05.09.2011 der Stadt ... in Nordrhein-Westphalen zuzuweisen. |
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| Das beklagte Land beantragt, |
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| Es macht geltend, als asylbegehrender Ausländer habe der Kläger grundsätzlich keinen Anspruch darauf, sich in einem bestimmten Land der Bundesrepublik Deutschland oder an einem bestimmten Ort aufzuhalten (§ 55 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG). Die Zuweisung der Asylbewerber, die nicht mehr verpflichtet seien, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, erfolge in erster Linie unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses an der gleichmäßigen Verteilung der Lasten, die mit der Aufnahme von Asylbewerbern hinsichtlich deren Unterbringung und Versorgung verbunden sei, auf die Länder und Kommunen. Die Wahrung der Interessen der Asylbewerber sei dabei nur insoweit von Belang, als es um eine Haushaltsgemeinschaft von Ehegatten sowie Eltern und ihren minderjährigen ledigen Kindern oder um sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht gehe (§ 50 Abs. 4 Satz 5 und § 51 Abs. 1 AsylVfG). Allerdings habe die Zuweisungsbehörde spätestens im Rahmen des Gerichtsverfahrens die ihr bekannt gewordenen Belange des Asylbewerbers zu würdigen und insoweit das ihr zukommende Ermessen auszuüben. In diesem Zusammenhang sei zu beachten, dass der Gesetzgeber in § 50 Abs. 4 AsylVfG bzw. § 51 Abs. 1 AsylVfG eine Vorentscheidung getroffen habe. Die Einhaltung der durch Gesetz oder Verwaltungsvereinbarung gem. §§ 45 und 50 AsylVfG festgelegten Schlüssel zur Verteilung der Asylbewerber und das bestehende Beschleunigungsinteresse würden grundsätzlich Vorrang vor dem privaten Aufenthaltswunsch eines Asylbewerbers genießen. Das sich hieraus ergebende Regel-/Ausnahmeverhältnis kehre sich nur in den Fällen des § 50 Abs. 4 Satz 5 bzw. § 51 Abs. 1 AsylVfG und in vergleichbaren gewichtigen Fällen zugunsten des Asylbewerbers um. Der Kläger begehre eine länderübergreifende Umverteilung in die Stadt ... zu seiner angeblichen Verlobten und dem Kind ..., geboren am 18.11.2011. Es werde behauptet, aber nicht nachgewiesen, dass der Kläger mit Frau ... islamisch-religiös verheiratet sei. Nach den vorgelegten Unterlagen (Vaterschaftserklärung, Erklärung zum Sorgerecht) sei der Kläger jedoch ledig. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Umverteilung gem. § 50 Abs. 4 Satz 5 bzw. § 51 Abs. 1 AsylVfG (Haushaltszusammenführung von Ehegatten sowie Eltern und ihren minderjährigen ledigen Kindern) würden somit nicht vorliegen. Eine Geburtsurkunde für das angebliche gemeinsame Kind sei auch bisher nicht vorgelegt worden. In den Unterlagen befinde sich lediglich eine vorläufige Geburtsbescheinigung. Diese Bescheinigung sage nur aus, dass eine Lebendgeburt vorliege und die Geburt amtlich sei. Dieses werde von ihm auch nicht bezweifelt. Durch diese Bescheinigung liege aber keine verbindliche Aussage über die Staatsangehörigkeit des Kindes vor. Möglicherweise sei es deutsch. |
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| Im Übrigen sei bisher davon ausgegangen worden, dass es sich bei dem Kläger um einen asylbegehrenden Ausländer handle, der nach der Stellung seines Asylantrags und Ablauf der Residenzpflicht nicht mehr verpflichtet sei, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen. Der Kläger habe nach Auskunft des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zuvor in Norwegen (2007) und in Dänemark (2010) erfolglos Asylverfahren betrieben, mithin handle es sich nicht um ein Asylverfahren, sondern um einen Zweitantrag gemäß § 71a Abs. 1 AsylVfG. Während der Aufenthalt eines Ausländers, der ein Asylverfahren betreibe, asylverfahrensrechtlich gestattet sei, gelte der Aufenthalt eines Zweitantragstellers gemäß § 71a Abs. 3 AsylVfG lediglich als geduldet. Seine Zuständigkeit zur Aufenthaltsbestimmung von Ausländern beschränke sich auf solche Ausländer, deren Aufenthalt asylverfahrensrechtlich gestattet sei, was bei dem Kläger – trotz der nach diesseitiger Ansicht fälschlicherweise ausgestellten Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung – nicht der Fall sei. Von daher habe der Kläger ihn von Anfang an zu Unrecht in Anspruch genommen. |
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| Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und Anlagen sowie auf die beigezogene Behördenakte verwiesen, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ergibt. |
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| Die Klage ist zulässig (1.) und begründet (2.). |
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| 2. Die Klage ist auch begründet. Dem Kläger steht ein Anspruch auf seine länderübergreifende Umverteilung in die Gemeinde ... zu, wo sein Sohn derzeit wohnt (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). |
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| Rechtsgrundlage des geltend gemachten Umverteilungsanspruchs bildet § 51 AsylVfG. |
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| Ist nach Absatz 1 dieser Vorschrift ein Ausländer nicht oder nicht mehr verpflichtet, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, ist der Haushaltsgemeinschaft von Ehegatten sowie Eltern und ihren minderjährigen ledigen Kindern oder sonstigen humanitären Gründen von vergleichbarem Gewicht auch durch länderübergreifende Verteilung Rechnung zu tragen. Nach Absatz 2 der Vorschrift erfolgt die Verteilung auf Antrag des Ausländers; über den Antrag entscheidet die zuständige Behörde des Landes, für das der weitere Aufenthalt beantragt ist. |
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| Ausgehend von seiner systematischen Stellung im 3. Abschnitt und damit im Anschluss an die Regelungen zum Asylverfahren im 2. Abschnitt des AsylVfG findet § 51 AsylVfG nur für Asylerstanträge unmittelbare Anwendung. Der vorliegende Fall zwingt jedoch im Hinblick auf Art. 6 GG ebenfalls zur Anwendung dieser Vorschrift auf den vom Kläger in der Bundesrepublik Deutschland gemäß § 71a AsylVfG gestellten Zweitantrag (dazu unter a)). Die übrigen tatbestandlichen Voraussetzungen des § 51 AsylVfG liegen vor (dazu unter b)). Als Rechtsfolge ergibt sich für den Kläger ein Anspruch auf seine länderübergreifende Umverteilung (dazu unter c)). |
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| a) Im vorliegenden Fall ist unter Berücksichtigung der sich aus Art. 6 GG ergebenden Wertentscheidung von der Zulässigkeit der länderübergreifenden Umverteilung auszugehen. |
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| Abgeleitet aus Art. 6 Abs. 1 und 2 GG hat der Kläger zunächst einen Anspruch darauf, dass dessen objektivrechtliche Wertentscheidungen beachtet werden. Für die Frage, ob im konkreten Fall eine länderübergreifende Umverteilung zulässig ist, müssen die familiären Bindungen angemessen berücksichtigt werden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.1987 – 2 BvR 1226/83, 101/84, 313/84 – BVerfGE 76, 1). Dabei entfaltet sich der Schutz aus Art. 6 GG nicht schon aufgrund bloßer formalrechtlicher familiärer Bindungen. Es ist vielmehr erforderlich, dass eine tatsächliche Verbundenheit zwischen den Familienmitgliedern besteht oder – wie hier – in einem überschaubaren Zeitraum hergestellt werden soll (BVerfG, Beschluss vom 12.05.1987 – 2 BvR 1226/83, 101/84, 313/84 – BVerfGE 76, 1 und vom 08.12.2005 – 2 BvR 1001/04 – AuAS 2006, 26). Der Erziehungsbeitrag des Klägers als Vater des am 18.11.2011 geborenen Sohns wird nicht durch denjenigen der Mutter entbehrlich. Ihm kommt eigenständige Bedeutung zu, da auch der Kläger wesentliche elterliche Betreuungsleistungen erbringen kann (BVerfG, Beschluss vom 23.01.2006 – 2 BvR 1935/05 – NVwZ 2006, 682). Dies gilt umso mehr, als das 7½ Monate alte Kind noch besonders klein und dessen Kindeswohl daher von besonderem Gewicht ist. Insoweit ist anerkannt, dass die Trennung in dieser Zeit zu unzumutbaren Entbehrungen führen kann (BVerfG, Beschluss vom 23.01.2006 – 2 BvR 1935/05 – NVwZ 2006, 682; OVG Hamburg, Beschluss vom 27.04.2006 – 4 Bs 103/06 – AuAS 2006, 207). |
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| Der länderübergreifenden Umverteilung steht nicht entgegen, dass der Kläger unter Umständen nach Maßgabe der VO (EG) Nr. 343/2003 („Dublin-II-Verordnung“) in einen anderen Staat der Europäischen Union zurückgeführt oder – die internationale Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland unterstellt – er in den Iran abgeschoben werden wird. So ist der aufenthaltsrechtliche Status des Klägers im Vergleich zu einem Asylerstantragsteller zwar deutlich schlechter, da er in der Bundesrepublik Deutschland lediglich geduldet wird (vgl. § 71a Abs. 3 Satz 1 AsylVfG), während der Aufenthalt eines Asylerstantragstellers nach Maßgabe des § 55 AsylVfG gestattet ist. Droht dem Kläger damit zwar jederzeit seine Zurückführung oder Abschiebung, ist der genaue Zeitpunkt einer solchen Maßnahme indes völlig ungewiss. Seit Stellung des Umverteilungsantrags am 06.09.2011 ist in der Zweitantragssache keine Entscheidung des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zur Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland oder zu den übrigen, in § 71a Abs. 1 AsylVfG genannten Voraussetzungen ergangen. Vor diesem Hintergrund und unter Beachtung des Art. 6 GG ist es somit erforderlich, dem Kläger die Herstellung der familiären Gemeinschaft zu seinem Sohn zu ermöglichen, damit auch er seinen Erziehungs- und Betreuungsbeitrag leisten kann. |
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| b) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 51 AslyVfG sind erfüllt. |
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| Der Kläger ist nicht mehr verpflichtet in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, nachdem er einer Gemeinschaftsunterkunft zugewiesen wurde (vgl. Zuweisungsentscheidung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 25.01.2011, Bl. 73 d. A.). |
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| Entgegen der Auffassung des beklagten Lands kommt es auch nicht darauf an, dass der Kläger und Frau ... nicht verheiratet sein sollen. Denn § 51 Abs. 1 AsylVfG lässt eine länderübergreifende Umverteilung auch in Bezug auf Eltern und ihren minderjährigen ledigen Kindern zu. Der Kläger ist Elternteil seines minderjährigen ledigen Sohns. Denn er hat mit Urkunde vom 04.05.2011 die Vaterschaft bereits vor der Geburt nach Maßgabe der §§ 1594 Abs. 4, 1595 BGB anerkannt und im Übrigen eine Erklärung über die gemeinsame elterliche Sorge gemäß § 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB abgegeben. In diesem Zusammenhang ist auch unbeachtlich, dass der Kläger keine Geburtsurkunde vorgelegt hat, um die Staatsangehörigkeit seines Sohns belegen zu können. Das Gesetz verlangt dies nicht und die Staatsangehörigkeit ist für die Entscheidung über den Antrag auf länderübergreifende Umverteilung im Übrigen ohne Bedeutung. |
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| Der Kläger plant offensichtlich auch, die Haushaltsgemeinschaft, die in ... bereits besteht, zu erweitern. Ob der Vermieter mit dem Zusammenziehen von Vater, Mutter und Sohn einverstanden ist, ist keine gesetzliche Voraussetzung. |
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| c) Liegen – wie hier – die tatbestandlichen Voraussetzungen vor, ist der Haushaltsgemeinschaft der Eltern und ihren minderjährigen ledigen Kindern durch länderübergreifende Verteilung Rechnung zu tragen. Aus der Formulierung „Rechnung zu tragen“ wird als Rechtsfolge ein Ermessensspielraum der Behörde abgeleitet. Ob dieses Ermessen als freies oder als intendiertes Ermessen zu verstehen ist (vgl. Jobs, in: GK-AsyVfG, § 51, Rn. 5; OVG Bautzen, Beschluss vom 07.04.1999 – A 4 S 78/98 – AuAS 1999, 215), kann im hier zu entscheidenden Fall dahinstehen. Denn der für den Kläger aus Art. 6 GG abzuleitende Schutz führt zu einer Ermessensreduzierung auf null. Die länderübergreifende Umverteilung des Klägers zu seinem Sohn stellt demnach derzeit die einzige verbleibende rechtmäßige Verwaltungsentscheidung dar (vgl. zum insoweit vergleichbaren Vorliegen humanitärer Gründe VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.02.2006 – A 12 S 929/05 – VBlBW 2006, 359). In der Person des Klägers sind auch keine Umstände zu erkennen, die für einen atypischen Fall und damit gegen seine länderübergreifende Umverteilung sprechen könnten. |
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| Die Klage ist zulässig (1.) und begründet (2.). |
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| 2. Die Klage ist auch begründet. Dem Kläger steht ein Anspruch auf seine länderübergreifende Umverteilung in die Gemeinde ... zu, wo sein Sohn derzeit wohnt (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). |
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| Rechtsgrundlage des geltend gemachten Umverteilungsanspruchs bildet § 51 AsylVfG. |
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| Ist nach Absatz 1 dieser Vorschrift ein Ausländer nicht oder nicht mehr verpflichtet, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, ist der Haushaltsgemeinschaft von Ehegatten sowie Eltern und ihren minderjährigen ledigen Kindern oder sonstigen humanitären Gründen von vergleichbarem Gewicht auch durch länderübergreifende Verteilung Rechnung zu tragen. Nach Absatz 2 der Vorschrift erfolgt die Verteilung auf Antrag des Ausländers; über den Antrag entscheidet die zuständige Behörde des Landes, für das der weitere Aufenthalt beantragt ist. |
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| Ausgehend von seiner systematischen Stellung im 3. Abschnitt und damit im Anschluss an die Regelungen zum Asylverfahren im 2. Abschnitt des AsylVfG findet § 51 AsylVfG nur für Asylerstanträge unmittelbare Anwendung. Der vorliegende Fall zwingt jedoch im Hinblick auf Art. 6 GG ebenfalls zur Anwendung dieser Vorschrift auf den vom Kläger in der Bundesrepublik Deutschland gemäß § 71a AsylVfG gestellten Zweitantrag (dazu unter a)). Die übrigen tatbestandlichen Voraussetzungen des § 51 AsylVfG liegen vor (dazu unter b)). Als Rechtsfolge ergibt sich für den Kläger ein Anspruch auf seine länderübergreifende Umverteilung (dazu unter c)). |
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| a) Im vorliegenden Fall ist unter Berücksichtigung der sich aus Art. 6 GG ergebenden Wertentscheidung von der Zulässigkeit der länderübergreifenden Umverteilung auszugehen. |
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| Abgeleitet aus Art. 6 Abs. 1 und 2 GG hat der Kläger zunächst einen Anspruch darauf, dass dessen objektivrechtliche Wertentscheidungen beachtet werden. Für die Frage, ob im konkreten Fall eine länderübergreifende Umverteilung zulässig ist, müssen die familiären Bindungen angemessen berücksichtigt werden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.1987 – 2 BvR 1226/83, 101/84, 313/84 – BVerfGE 76, 1). Dabei entfaltet sich der Schutz aus Art. 6 GG nicht schon aufgrund bloßer formalrechtlicher familiärer Bindungen. Es ist vielmehr erforderlich, dass eine tatsächliche Verbundenheit zwischen den Familienmitgliedern besteht oder – wie hier – in einem überschaubaren Zeitraum hergestellt werden soll (BVerfG, Beschluss vom 12.05.1987 – 2 BvR 1226/83, 101/84, 313/84 – BVerfGE 76, 1 und vom 08.12.2005 – 2 BvR 1001/04 – AuAS 2006, 26). Der Erziehungsbeitrag des Klägers als Vater des am 18.11.2011 geborenen Sohns wird nicht durch denjenigen der Mutter entbehrlich. Ihm kommt eigenständige Bedeutung zu, da auch der Kläger wesentliche elterliche Betreuungsleistungen erbringen kann (BVerfG, Beschluss vom 23.01.2006 – 2 BvR 1935/05 – NVwZ 2006, 682). Dies gilt umso mehr, als das 7½ Monate alte Kind noch besonders klein und dessen Kindeswohl daher von besonderem Gewicht ist. Insoweit ist anerkannt, dass die Trennung in dieser Zeit zu unzumutbaren Entbehrungen führen kann (BVerfG, Beschluss vom 23.01.2006 – 2 BvR 1935/05 – NVwZ 2006, 682; OVG Hamburg, Beschluss vom 27.04.2006 – 4 Bs 103/06 – AuAS 2006, 207). |
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| Der länderübergreifenden Umverteilung steht nicht entgegen, dass der Kläger unter Umständen nach Maßgabe der VO (EG) Nr. 343/2003 („Dublin-II-Verordnung“) in einen anderen Staat der Europäischen Union zurückgeführt oder – die internationale Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland unterstellt – er in den Iran abgeschoben werden wird. So ist der aufenthaltsrechtliche Status des Klägers im Vergleich zu einem Asylerstantragsteller zwar deutlich schlechter, da er in der Bundesrepublik Deutschland lediglich geduldet wird (vgl. § 71a Abs. 3 Satz 1 AsylVfG), während der Aufenthalt eines Asylerstantragstellers nach Maßgabe des § 55 AsylVfG gestattet ist. Droht dem Kläger damit zwar jederzeit seine Zurückführung oder Abschiebung, ist der genaue Zeitpunkt einer solchen Maßnahme indes völlig ungewiss. Seit Stellung des Umverteilungsantrags am 06.09.2011 ist in der Zweitantragssache keine Entscheidung des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zur Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland oder zu den übrigen, in § 71a Abs. 1 AsylVfG genannten Voraussetzungen ergangen. Vor diesem Hintergrund und unter Beachtung des Art. 6 GG ist es somit erforderlich, dem Kläger die Herstellung der familiären Gemeinschaft zu seinem Sohn zu ermöglichen, damit auch er seinen Erziehungs- und Betreuungsbeitrag leisten kann. |
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| b) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 51 AslyVfG sind erfüllt. |
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| Der Kläger ist nicht mehr verpflichtet in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, nachdem er einer Gemeinschaftsunterkunft zugewiesen wurde (vgl. Zuweisungsentscheidung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 25.01.2011, Bl. 73 d. A.). |
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| Entgegen der Auffassung des beklagten Lands kommt es auch nicht darauf an, dass der Kläger und Frau ... nicht verheiratet sein sollen. Denn § 51 Abs. 1 AsylVfG lässt eine länderübergreifende Umverteilung auch in Bezug auf Eltern und ihren minderjährigen ledigen Kindern zu. Der Kläger ist Elternteil seines minderjährigen ledigen Sohns. Denn er hat mit Urkunde vom 04.05.2011 die Vaterschaft bereits vor der Geburt nach Maßgabe der §§ 1594 Abs. 4, 1595 BGB anerkannt und im Übrigen eine Erklärung über die gemeinsame elterliche Sorge gemäß § 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB abgegeben. In diesem Zusammenhang ist auch unbeachtlich, dass der Kläger keine Geburtsurkunde vorgelegt hat, um die Staatsangehörigkeit seines Sohns belegen zu können. Das Gesetz verlangt dies nicht und die Staatsangehörigkeit ist für die Entscheidung über den Antrag auf länderübergreifende Umverteilung im Übrigen ohne Bedeutung. |
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| Der Kläger plant offensichtlich auch, die Haushaltsgemeinschaft, die in ... bereits besteht, zu erweitern. Ob der Vermieter mit dem Zusammenziehen von Vater, Mutter und Sohn einverstanden ist, ist keine gesetzliche Voraussetzung. |
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| c) Liegen – wie hier – die tatbestandlichen Voraussetzungen vor, ist der Haushaltsgemeinschaft der Eltern und ihren minderjährigen ledigen Kindern durch länderübergreifende Verteilung Rechnung zu tragen. Aus der Formulierung „Rechnung zu tragen“ wird als Rechtsfolge ein Ermessensspielraum der Behörde abgeleitet. Ob dieses Ermessen als freies oder als intendiertes Ermessen zu verstehen ist (vgl. Jobs, in: GK-AsyVfG, § 51, Rn. 5; OVG Bautzen, Beschluss vom 07.04.1999 – A 4 S 78/98 – AuAS 1999, 215), kann im hier zu entscheidenden Fall dahinstehen. Denn der für den Kläger aus Art. 6 GG abzuleitende Schutz führt zu einer Ermessensreduzierung auf null. Die länderübergreifende Umverteilung des Klägers zu seinem Sohn stellt demnach derzeit die einzige verbleibende rechtmäßige Verwaltungsentscheidung dar (vgl. zum insoweit vergleichbaren Vorliegen humanitärer Gründe VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.02.2006 – A 12 S 929/05 – VBlBW 2006, 359). In der Person des Klägers sind auch keine Umstände zu erkennen, die für einen atypischen Fall und damit gegen seine länderübergreifende Umverteilung sprechen könnten. |
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