Urteil vom Verwaltungsgericht Karlsruhe - 4 K 11140/18

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Anerkennung von Vordienstzeiten als ruhegehaltsfähige Dienstzeiten und macht hilfsweise einen Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Versorgungsauskunft geltend.
Die am ... geborene Klägerin absolvierte nach ihrem Hauptschulabschluss vom 01.09.1970 bis zum 22.02.1973 eine Ausbildung zur Justizangestellten in der Justiz des beklagten Landes. Im Anschluss an diese Ausbildung arbeitete die Klägerin bis zum 31.08.1980 für den Beklagten als Justizangestellte. Vom 01.09.1980 bis zum 03.11.1982 leistete sie ihren Vorbereitungsdienst für den mittleren Justizdienst des beklagten Landes im Beamtenverhältnis auf Widerruf ab. Sie wurde mit Wirkung zum 04.11.1982 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zur Justizassistentin z. A. ernannt. Nach einer aufgrund guter Leistungen in der Laufbahnprüfung und entsprechender Bewährung verkürzten Probezeit von einem Jahr und 27 Tagen wurde die Klägerin mit Wirkung zum 01.12.1983 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zur Justizassistentin ernannt. Am 02.09.1985 erfolgte die Ernennung zur Justizsekretärin und am 08.12.1987 die Beförderung zur Justizobersekretärin. Mit Wirkung zum 25.07.1991 wurde die Klägerin zur Justizhauptsekretärin ernannt. Nach der Geburt ihrer Tochter befand sie sich vom 09.09.1993 bis zum 13.07.1996 in Erziehungsurlaub. Mit Schreiben vom 09.08.1995 bat sie um weitere Beurlaubung, da sie auf einen Kindergartenplatz für ihre Tochter warten und diese in der Anfangszeit noch betreuen müsse. In diesem Schreiben teilte sie zudem mit, dass sie Inhaberin eines Schwerbehindertenausweises mit einem Grad der Behinderung von 50 % sei, und beantragte die Reduzierung ihrer Arbeitszeit auf 50 %. Auf ihren Antrag hin wurde sie vom 14.07.1996 bis zum 30.09.1996 aus persönlichen Gründen unter Wegfall der Dienstbezüge beurlaubt. Zugleich wurde die Reduzierung der Arbeitszeit für die Zeit ab dem 01.10.1996 antragsgemäß bewilligt. Nachdem die Klägerin am 02.03.2006 die Erhöhung ihrer Arbeitszeit beantragt hatte, wurde sie mit Wirkung zum 01.01.2007 in eine Vollzeitbeschäftigung zurückgeführt. Am 25.07.2008 wurde sie zur Amtsinspektorin befördert.
Unter dem 18.01.2017 erhielt die Klägerin eine turnusmäßige Versorgungsauskunft des Landesamts für Besoldung und Versorgung (LBV), in welcher die Zeit ihrer Ausbildung als Justizangestellte zwar aufgeführt, aber mit „0“ Jahren und „0“ Tagen als ruhegehaltsfähig gekennzeichnet worden war. Die Tätigkeit als Justizangestellte im Dienst des Beklagten im Zeitraum vom 23.02.1973 bis zum 31.08.1980 wurde hingegen in dieser Versorgungsauskunft mit 7 Jahren und 190 Tagen als ruhegehaltsfähig berücksichtigt. In einer früheren Auskunft vom 25.03.2013 hatte das LBV die Ausbildungszeit bei der Auflistung der ruhegehaltsfähigen Dienstzeiten ebenfalls nicht erwähnt, jedoch die Angestelltentätigkeit im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst in vollem Umfang berücksichtigt.
Die Klägerin wandte sich mit Schreiben vom 19.02.2018 an das LBV und bat um eine Auskunft über ihre Versorgungsanwartschaft. Insbesondere bat sie um Mitteilung ihrer Nettopension ab dem 01.10.2018 bzw. 01.11.2018 sowie um Mitteilung, weshalb ihre Ausbildung vom 01.09.1970 bis zum 22.02.1973 nicht ruhegehaltsfähig sei.
Unter dem 13.03.2018 wurde durch das LBV eine Versorgungsauskunft erstellt, in der auf die Anfrage vom 19.02.2018 Bezug genommen wurde. In dieser Auskunft wurde bei der Berechnung der maßgeblichen ruhegehaltsfähigen Dienstzeiten die Tätigkeit als Justizangestellte im Zeitraum vom 23.02.1973 bis zum 31.08.1980 nicht berücksichtigt.
Mit Schreiben vom 14.03.2018, bei ihrer Dienststelle eingegangen am gleichen Tag, beantragte die Klägerin ihre vorzeitige Versetzung in den Ruhestand zum 30.09.2018. Unter dem 26.03.2018 wurde die Urkunde über die Versetzung in den Ruhestand mit Ablauf des 30.09.2018 ausgestellt. Die Urkunde wurde zusammen mit einem Begleitschreiben am 27.03.2018 an die Dienststelle der Klägerin - die Staatsanwaltschaft Karlsruhe - versandt. Beigefügt war das Formular einer Empfangsbestätigung mit der Bitte um umgehende Rücksendung. Da die Klägerin bereits seit dem 16.03.2018 arbeitsunfähig erkrankt war, konnte ihr die Ruhestandsurkunde zunächst nicht ausgehändigt werden. Unter dem 03.07.2018 bestätigte die Klägerin den Erhalt der Ruhestandsurkunde und des Begleitschreibens auf dem Formular.
Bereits mit Schreiben vom 24.03.2018 hatte sich die Klägerin an das LBV gewandt und unter Bezugnahme auf die Versorgungsauskunft vom 13.03.2018 um Überprüfung - unter anderem hinsichtlich der Berücksichtigung ihrer Ausbildung und ihrer Tätigkeit als Justizangestellte - gebeten.
Mit Bescheid vom 09.07.2018 wurden die Versorgungsbezüge der Klägerin (Ruhegehalt) für den Zeitraum ab dem 01.10.2018 auf 1.954,72 Euro festgesetzt. Ihre Ausbildung wurde bei der zugrundeliegenden Berechnung der maßgebenden ruhegehaltsfähigen Dienstzeit ebenso wenig berücksichtigt wie die Tätigkeit als Justizangestellte im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst.
Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 13.07.2018, beim LBV eingegangen am 17.07.2018, Widerspruch und begründete diesen im Wesentlichen damit, dass ihr ein Kindererziehungsergänzungszuschlag zustehe und ihre Justizangestelltenausbildung sowie ihre Tätigkeit im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst zu berücksichtigen seien. Für den Vorbereitungsdienst sei ein Realschulabschluss oder eine abgeschlossene Ausbildung vorausgesetzt worden. Sie sei zum Vorbereitungsdienst zugelassen worden, da sie nach ihrem Hauptschulabschluss eine Ausbildung zur Justizangestellten absolviert und sich dann im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis als Justizangestellte bewährt habe. Diese Zeiten seien in der turnusmäßigen Auskunft vom 18.01.2017 berücksichtigt worden. Diese Auskunft sei Anlass für den Antrag auf Versetzung in den Ruhestand gewesen. Weiterhin beantragte die Klägerin die Berücksichtigung des ehebezogenen Teils des Familienzuschlags.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 26.11.2018 wurde der Bescheid über die Festsetzung von Versorgungsbezügen vom 09.07.2018 dahingehend abgeändert, dass der Kindererziehungsergänzungszuschlag für die Tochter der Klägerin berücksichtigt wurde. Im Übrigen wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass § 23 Abs. 1 Nr. 1 LBeamtVG im Fall der Klägerin gemäß § 106 Abs. 5 LBeamtVG nicht anwendbar sei. Auch eine Berücksichtigung der Ausbildungs- und Angestelltentätigkeiten nach § 10 BeamtVG sei ausgeschlossen, da weder die Ausbildung zur Justizangestellten noch die Tätigkeit im Angestelltenverhältnis für die spätere Ernennung zur Beamtin auf Probe erforderlich gewesen seien oder zu dieser geführt hätten. § 10 BeamtVG setze das Bestehen eines Zusammenhangs der Vortätigkeit mit der Ernennung in zeitlicher und funktioneller Hinsicht voraus. Funktionell sei dieser Zusammenhang dann erfüllt, wenn die förderliche Tätigkeit Fähigkeiten und Erfahrungen vermittelt habe, die Grund für die Ernennung gewesen seien. Im Fall der Klägerin habe allein ihr Vorbereitungsdienst zur Übernahme in das Beamtenverhältnis geführt. Es sei in der Regel so, dass die Befähigung für eine Laufbahn durch die Ableistung eines Vorbereitungsdienstes mit anschließender Laufbahnprüfung erworben werde sowie dass allein die während des Vorbereitungsdienstes erworbenen Fähigkeiten und Kenntnisse ausreichend und ausschlaggebend für die Ernennung seien und im funktionellen Sinne zur Ernennung führten. Die Voraussetzungen des § 11 BeamtVG seien ebenfalls nicht erfüllt und es könne auch keine Anrechnung nach § 12 BeamtVG erfolgen. Nach § 12 BeamtVG könne nur die verbrachte Mindestzeit der außer der allgemeinen Schulbildung (mittlere Reife, Fachhochschulreife, allgemeine Hochschulreife) vorgeschriebenen Ausbildung als ruhegehaltsfähige Dienstzeit berücksichtigt werden. Werde die allgemeine Schulbildung durch eine andere Art der Ausbildung ersetzt, so stehe diese gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 BeamtVG der Schulbildung gleich. Die turnusgemäße Versorgungsauskunft vom 18.01.2017 sei maschinell ohne Überprüfung erstellt worden. Aus dieser Auskunft könne kein Anspruch auf die Höhe des Ruhegehalts abgeleitet werden. Des Weiteren habe die Klägerin mit Schreiben vom 13.03.2018 eine korrigierte Versorgungsauskunft erhalten, bei der die von ihr geltend gemachten Zeiten nicht mehr als ruhegehaltsfähige Dienstzeiten berücksichtigt worden seien. Es habe für die Klägerin daher die Möglichkeit bestanden, aufgrund der korrigierten Versorgungsauskunft einen bereits gestellten Antrag auf Versetzung in den Ruhestand zu ändern. Es bestehe kein Anspruch auf den ehebezogenen Teil des Familienzuschlags bei der Festsetzung der Versorgungsbezüge. Da die Tochter der geschiedenen Klägerin seit dem 01.06.2017 ein Einkommen beziehe, welches über der maßgeblichen Eigenmittelgrenze liege, stehe der Klägerin bereits seit dem 01.06.2017 der ehebezogene Teil des Familienzuschlags nicht mehr zu, so dass dieser auch im Rahmen der Versorgungsbezüge nicht zu berücksichtigen sei.
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Bestandteil des Widerspruchsbescheids war ein weiterer Bescheid vom 26.11.2018, mit dem die Versorgungsbezüge der Klägerin auf monatlich 1.961,27 Euro festgesetzt wurden. Der Widerspruchsbescheid wurde als Einschreiben am 16.11.2018 zur Post gegeben.
12 
Am 07.12.2018 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus:
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Der Anspruch auf Berücksichtigung ihrer Ausbildungszeiten sowie der Vordienstzeit im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst folge aus § 10 BeamtVG bzw. § 23 LBeamtVG. Der Zweck dieser Vorschriften bestehe darin, den Beamten mit berücksichtigungsfähigen Dienstzeiten diejenige Altersversorgung zu ermöglichen, die sie erhalten würden, wenn sie die Tätigkeiten im Beamtenverhältnis erbracht hätten. Zeiten einer für die Laufbahn förderlichen Tätigkeit seien zu berücksichtigen. Die Zulassung zum Vorbereitungsdienst für den mittleren Justizdienst sei nur aufgrund ihrer Ausbildung und ihrer Tätigkeit als Justizangestellte möglich gewesen. Diese Zeiten seien nicht nur in der turnusmäßigen Auskunft des LBV vom 18.01.2017, sondern auch in der früheren Auskunft vom 25.03.2013 als ruhegehaltsfähig aufgeführt worden. Sie habe große Bedenken gegen die Richtigkeit der späteren Auskunft vom 13.03.2018 gehabt und deshalb ihren Antrag auf Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand nicht zurückgenommen. Sie habe aufgrund der Versorgungsauskunft vom 18.01.2017 ihren Ruhestand geplant und nicht erst wenige Monate vor dessen Beginn. Ergänzend führt sie aus: Einer Beamtin, die in Erwartung eines ihr durch eine Versorgungsauskunft mitgeteilten Ruhegehaltssatzes ihre Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand beantrage, könne ein Schadensersatzanspruch zustehen, wenn die Versorgungsauskunft fehlerhaft gewesen sei und der später festgesetzte Ruhegehaltssatz niedriger ausfalle. Die zuständige Stelle sei verpflichtet, die notwendigen Daten sorgfältig zu ermitteln und die Auskunft auf der Grundlage dieser Daten nach den maßgeblichen Bestimmungen des BeamtVG ohne Rechtsfehler zu erstellen. Dabei könne sich der Dienstherr von der ihm im Rahmen der Fürsorgepflicht obliegenden Verpflichtung nicht durch eine standardisierte Kennzeichnung der Auskunft als „unverbindlich“ haftungsrechtlich freizeichnen. Andernfalls würde insbesondere dem Zweck des Auskunftsanspruchs nach § 49 Abs. 1 S. 1 BeamtVG nicht genügt, welcher dazu diene, den Beamten und Beamtinnen durch sachgerechte Information eine Planungsgrundlage für ihre Altersvorsorge zu geben.
14 
Die Klägerin beantragt,
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unter Aufhebung des Bescheids vom 09.07.2018 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 26.11.2018 den Beklagten zu verpflichten, ihr rückwirkend zum 01.10.2018 Ruhegehaltsbezüge auf der Basis desjenigen Ruhegehaltssatzes zu zahlen, der sich bei Berücksichtigung der Ausbildungszeit als Justizangestellte sowie der Zeiten der Tätigkeit als Justizangestellte im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis ergibt,
16 
hilfsweise,
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den Beklagten zu verurteilen, sie mit Wirkung zum 01.10.2018 im Wege des Schadensersatzes durch Zahlung eines monatlichen Differenzbetrages so zu stellen, als stünden ihr Versorgungsbezüge auch unter der Berücksichtigung der Ausbildungszeit als Justizangestellte sowie der Zeiten ihrer Tätigkeit als Justizangestellte im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis zu.
18 
Das beklagte Land beantragt,
19 
die Klage abzuweisen.
20 
Zur Begründung macht der Beklagte in Ergänzung zu den Ausführungen in der streitgegenständlichen Verfügung sowie im Widerspruchsbescheid im Wesentlichen geltend:
21 
Die Berechnung der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit sei zutreffend vorgenommen worden. Hinsichtlich des Hilfsantrags sei die Klage bereits unzulässig. Im Vorverfahren sei der Aspekt eines beamtenrechtlichen Schadensersatzanspruchs mangels Kenntlichmachung seitens der Klägerin nicht nachgeprüft worden. Der erstmalig in der Klage erwähnte Schadensersatzanspruch sei nicht Gegenstand des Vorverfahrens gewesen. Im Übrigen sei das Begehren bezüglich des Schadensersatzanspruchs auch unbegründet. Die Klägerin habe es schuldhaft unterlassen, den Schaden durch Gebrauch eines in Betracht kommenden Rechtsmittels abzuwenden. Nach Erhalt der Auskunft vom 13.03.2018 habe sie nicht mehr auf die Richtigkeit der Auskunft vom 18.01.2017 vertrauen dürfen, sondern hätte eine Erläuterung fordern müssen. Zudem hätte sie den Antrag auf vorzeitige Versetzung in den Ruhestand zur Vermeidung geringerer Versorgungsbezüge zurücknehmen können. Eine Anfrage beim LBV wäre geeignet gewesen, den Widerspruch zwischen den Auskünften aus den Jahren 2017 und 2018 zu beseitigen. Dessen ungeachtet wäre ein etwaiger Schadensersatzanspruch der Klägerin jedenfalls wegen Mitverschuldens auf null zu mindern. Die Notwendigkeit weiterer Erkundigungen habe sich aufgedrängt und sei der Klägerin auch zumutbar gewesen.
22 
Mit Schriftsatz vom 07.01.2020 hat die Klägerin mitgeteilt, ein weiterer Grund für die Nichtrücknahme ihres Antrags auf Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand sei gewesen, dass sie von Mitte März bis Ende August 2018 arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei und sodann im September 2018 noch Resturlaub in Anspruch genommen habe. Eine dauerhafte erneute Arbeitsfähigkeit sei nicht eingetreten. Mit dem Schriftsatz vom 07.01.2020 hat die Klägerin ein Schreiben des Leitenden Oberstaatsanwalts in Karlsruhe vom 08.05.2018 vorgelegt, mit dem ihr ein Gespräch über die Teilnahme am betrieblichen Eingliederungsmanagement angeboten wurde. Aus der Personalakte der Klägerin ergibt sich, dass sie dieses Gesprächsangebot mit E-Mail vom 17.05.2018 ablehnte.
23 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, das Protokoll der mündlichen Verhandlung und die bei der Verwaltungsabteilung des OLG Karlsruhe unter dem Aktenzeichen W 150 geführte Personalakte der Klägerin sowie auf die DMS-Akte des Rechtsreferats des LBV Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

 
I.
24 
Die Klage ist sowohl hinsichtlich des Hauptantrags als auch in Bezug auf den hilfsweise geltend gemachten Schadensersatzanspruch zulässig.
25 
Für den Hilfsantrag auf Schadensersatz ist - ebenso wie für den Hauptantrag - der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch, der als Rechtsinstitut in der Rechtsprechung anerkannt ist (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.08.2019 – 1 A 2231/16 –, juris Rn. 42 m.w.N.; VG Schleswig, Urteil vom 01.11.2018 - 12 A 224/17 -, beck online Rn. 30 m.w.N.), ist im Verwaltungsrechtsweg geltend zu machen (BVerwG, Urteil vom 09.06.1983 – 2 C 34.80 –, juris Rn. 13 m.w.N.; VG Saarlouis, Urteil vom 03.09.2019 - 2 K 959/17 -, beck online Rn. 40; Kopp/Schenke, VwGO, § 40 Rn. 74).
26 
Die Zulässigkeit des Hilfsantrags scheitert nicht an einer fehlenden Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs im Rahmen des Vorverfahrens.
27 
Die Klägerin hat in ihrem Widerspruchsschreiben vom 13.07.2018 nicht ausdrücklich erklärt, sie wolle hilfsweise einen Anspruch auf Schadensersatz geltend machen. Wie sie in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt hat, hat sie den Schadensersatzanspruch erstmals in Klageverfahren geltend machen wollen, nachdem sie dazu entsprechend recherchiert hatte.
28 
Dennoch kann vorliegend auf das Vorverfahren bezüglich des hilfsweise geltend gemachten Schadensersatzanspruchs ausnahmsweise verzichtet werden. Über die gesetzlichen Regelungen hinaus ist ein Vorverfahren aus Gründen der Prozessökonomie entbehrlich, wenn den Zwecken des Vorverfahrens bereits Rechnung getragen ist oder sie nicht mehr erreicht werden können (BVerwG, Urteil vom 04.08.1993 – 11 C 15.92 –, juris Rn. 14). Der Zweck des Vorverfahrens ist erfüllt, wenn die Widerspruchsbehörde selbst am Verfahren beteiligt ist und nach einer Sachprüfung zum Ausdruck bringt, sie würde einen (künftigen) Widerspruch zurückweisen (VGH Mannheim, Urteil vom 30.11.2018 - 5 S 854/17 -, NVwZ-RR 2019, 669 ff., 670). Dies ist hier der Fall. Das LBV als Widerspruchsbehörde ist zugleich Vertreter des Beklagten im gerichtlichen Verfahren und hat in seiner Klageerwiderung zum Ausdruck gebracht, dass der Klägerin kein Schadensersatzanspruch zustehe.
29 
Zudem ist zu beachten, dass der Beklagte sich im Rahmen des Widerspruchsverfahrens bereits inhaltlich mit einem möglichen Anspruch aufgrund des Vertrauens der Klägerin in eine erteilte Auskunft befasst und das Bestehen eines solchen Anspruchs im Ergebnis verneint hatte. Die Klägerin hatte sich in ihrer Widerspruchsbegründung darauf berufen, dass die von ihr beanspruchten Vordienstzeiten in der Versorgungsauskunft vom 18.01.2017 berücksichtigt worden seien und dass diese Auskunft Anlass für ihren Antrag auf Versetzung in den Ruhestand gewesen sei. Der Beklagte hatte in seinem Widerspruchsbescheid darauf abgestellt, dass die turnusmäßige Versorgungsauskunft vom 18.01.2017 maschinell ohne Überprüfung erstellt worden sei und daraus kein Anspruch auf die Höhe des Ruhegehalts abgeleitet werden könne. Zudem hatte der Beklagte im Widerspruchsbescheid ausgeführt, dass die Klägerin mit Schreiben vom 13.03.2018 eine korrigierte Versorgungsauskunft erhalten habe, bei der die von ihr geforderte Vordienstzeit im Angestelltenverhältnis nicht mehr als ruhegehaltsfähige Dienstzeit aufgeführt worden sei. Deshalb habe für die Klägerin die Möglichkeit bestanden, aufgrund der korrigierten Auskunft einen bereits gestellten Antrag auf Versetzung in den Ruhestand zu ändern. Somit sind der Umstand, dass die Klägerin sich auf ihr Vertrauen in die Richtigkeit der Angaben aus der Versorgungsauskunft vom 18.01.2017 berufen hat, sowie die Frage, ob sich daraus Ansprüche gegen den Beklagten ergeben können, Gegenstand des Vorverfahrens gewesen.
30 
Die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens vor Erhebung der Klage ist daher vorliegend in Bezug auf den hilfsweise geltend gemachten Schadensersatzanspruch entbehrlich.
II.
31 
Die Verpflichtungsklage ist sowohl in Bezug auf den Haupt- als auch auf den Hilfsantrag unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Neufestsetzung ihrer Versorgungsbezüge unter zusätzlicher Berücksichtigung der Zeiträume ihrer Ausbildung zur Justizangestellten (1.a) und ihrer Tätigkeit als Justizangestellte im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst (1.b). Der Versorgungsfestsetzungsbescheid des Beklagten vom 09.07.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.11.2018, der diese Zeiträume nicht als ruhegehaltsfähige Vordienstzeit anerkannt hat, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO). Auch die Ablehnung der Gewährung von Schadensersatz an die Klägerin durch den Beklagten (2) ist rechtmäßig und verletzt diese nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).
1.
a)
32 
Die Ausbildung der Klägerin zur Justizangestellten im Zeitraum vom 01.09.1970 bis zum 22.02.1972 ist nicht als ruhegehaltsfähige Vordienstzeit anzuerkennen.
33 
Entgegen der Darstellung der Klägerin war dieser Zeitraum weder in der turnusmäßigen Versorgungsauskunft vom 18.01.2017 noch in der früheren Auskunft vom 25.03.2013 als ruhegehaltsfähig berücksichtigt worden. In der Versorgungsauskunft vom 18.01.2017 wurde dieser Zeitraum zwar aufgeführt, als berücksichtigungsfähig wurden dort am Ende der entsprechenden Zeile jedoch „0“ Jahre und „0“ Tage vermerkt. Die frühere Auskunft vom 25.03.2013 enthielt über die Ausbildungszeit keinerlei Angaben.
34 
Zeiten im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst sollen nach § 10 S. 1 Nr. 1 BeamtVG als ruhegehaltsfähig berücksichtigt werden, sofern es sich dabei um für die Laufbahn des Beamten förderliche Tätigkeiten handelt und diese zu seiner Ernennung geführt haben. Vorliegend kann dahinstehen, ob die Ausbildung der Klägerin zur Justizangestellten eine für ihre Beamtenlaufbahn förderliche Tätigkeit darstellt bzw. ob sie zu ihrer Ernennung geführt hat. Denn aus Ziffer 10.0.1.5 BeamtVGVwV ergibt sich, dass die Beschäftigung als Auszubildende oder Auszubildender, in einem Lehrverhältnis, Volontärverhältnis oder sonstigen Ausbildungsverhältnis nicht von § 10 BeamtVG erfasst wird. Zudem ist die Berücksichtigung von Ausbildungszeiten speziell in § 12 BeamtVG geregelt. Nach § 12 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 kann die verbrachte Mindestzeit der außer der allgemeinen Schulbildung vorgeschriebenen Ausbildung (Fachschul-, Hochschul- und praktische Ausbildung, Vorbereitungsdienst, übliche Prüfungszeit) als ruhegehaltsfähige Dienstzeit berücksichtigt werden. Gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 BeamtVG steht jedoch die Ausbildung, welche die allgemeine Schulbildung ersetzt, der Schulbildung gleich. Nach der Laufbahnverordnung für den mittleren Justizdienst ist ein Realschulabschluss oder ein gleichwertiger Bildungsstand erforderlich. Die Klägerin, die lediglich einen Hauptschulabschluss erworben hatte, konnte die Voraussetzungen für die Einstellung in den mittleren Justizdienst nur aufgrund ihrer Ausbildung zur Justizangestellten erfüllen. Diese Ausbildung ersetzte demnach die für die Laufbahn der Klägerin vorgeschriebene allgemeine Schulbildung, so dass eine Berücksichtigung als ruhegehaltsfähige Dienstzeit insoweit ausscheidet.
b)
35 
Auch die Angestelltentätigkeit der Klägerin im Zeitraum vom 23.02.1973 bis zum 31.08.1980 kann weder gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 LBeamtVG (aa) noch nach § 10 S. 1 Nr. 1 BeamtVG (bb) als ruhegehaltsfähig berücksichtigt werden.
aa)
36 
Zwar sieht § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 LBeamtVG die Berücksichtigung von Zeiten im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherren in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang vor der Berufung in das Beamtenverhältnis vor, sofern es sich um eine hauptberufliche Tätigkeit handelt und der Beamte durch diese Tätigkeit Fachkenntnisse erworben hat, die für die Wahrnehmung des späteren Amtes förderlich sind. Allerdings ist in § 106 Abs. 5 S. 1 LBeamtVG geregelt, dass bei Beamten, die aus einem Beamtenverhältnis in den Ruhestand treten, welches bereits am 31.12.2010 bestanden hat, hinsichtlich der Bestimmung der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit grundsätzlich die Vorschriften des BeamtVG in der bis zum 31.08.2006 geltenden Fassung neben den §§ 24 Abs. 1, 2 und 26 des LBeamtVG Anwendung finden. Lediglich für die Berücksichtigung von Hochschulausbildungszeiten sind die §§ 23 Abs. 6, 101 LBeamtVG anzuwenden. Im Fall der Klägerin, die aus einem Beamtenverhältnis in den Ruhestand getreten ist, welches bereits am 31.12.2010 bestanden hat, ist demnach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 LBeamtVG nicht anwendbar.
bb)
37 
Die Berücksichtigung der Angestelltentätigkeit gemäß § 10 S. 1 Nr. 1 BeamtVG scheitert daran, dass diese Tätigkeit nicht zur Ernennung der Klägerin geführt hat.
38 
Es ist zwar nachweislich so, dass die Tätigkeit der Klägerin als Justizangestellte für ihre spätere Beamtenlaufbahn förderlich war. In der Personalakte findet sich ein Schreiben des Präsidenten des Amtsgerichts Karlsruhe an die Verwaltungsabteilung des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 08.12.1980, in welchem zu den Leistungen der Klägerin während des Vorbereitungsdienstes Stellung genommen wird. Darin wird ausgeführt: „Der Anwärterin kommt ihre frühere Ausbildung als Justizangestelltenlehrling und ihre Tätigkeit als Justizangestellte sehr zu gut“. Nach Ableistung des Vorbereitungsdienstes wurde die Probezeit der Klägerin aufgrund der guten Ergebnisse in der Laufbahnprüfung sowie aufgrund ihrer Bewährung verkürzt.
39 
Selbst wenn sich eine Vortätigkeit als förderlich erwiesen hat, weil diese Tätigkeit nach Abschluss des Vorbereitungsdienstes und der Ernennung zur Beamtin auf Probe zu einer Abkürzung der Probezeit geführt hat, lässt dies die Notwendigkeit einer Kausalität dieser Vortätigkeit für die Übernahme in das Beamtenverhältnis jedoch nicht entfallen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 28.01.2008 – 4 S 444/06 –, juris Rn. 27). Die Förderlichkeit der Tätigkeit für die spätere Beamtenlaufbahn ist zwar ein gesetzliches Merkmal des § 10 S. 1 BeamtVG, allerdings kommt diesem Merkmal kaum eigenständige Bedeutung zu, da es in aller Regel von dem weiteren normativen Erfordernis umfasst wird, wonach die Tätigkeit zu der Ernennung geführt haben muss. Es müssen sowohl eine Kausalität als auch ein innerer funktioneller Zusammenhang zwischen der Ernennung und der Vordienstzeit gegeben sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.03.2002 – 2 C 4.01 –, juris Rn. 14).
40 
Unter Ernennung im Sinne des § 10 BeamtVG ist die Ernennung zu verstehen, durch die ein Beamtenverhältnis auf Probe begründet wird. Erst in einem solchen Beamtenverhältnis nimmt der Beamte dienstliche Aufgaben wahr, für deren Erledigung ihm die Kenntnisse und Erfahrungen zugutekommen, die er durch die vordienstliche Tätigkeit erworben hat. Die Ernennung zum Beamtenanwärter unter Berufung in ein Beamtenverhältnis auf Widerruf wird – anders als die Klägerin annimmt – von § 10 BeamtVG nicht erfasst, weil dieses Beamtenverhältnis seit jeher der Ausbildung in einem Vorbereitungsdienst dient (OVG Lüneburg, Urteil vom 20.03.2012 – 5 LB 198/10 –, beck online).
41 
Für die Ernennung der Klägerin zur Justizassistentin z. A. unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe mit Wirkung zum 04.11.1982 war nicht ihre Tätigkeit als Justizangestellte ursächlich, sondern die erfolgreiche Ableistung des Vorbereitungsdienstes und das Bestehen der Laufbahnprüfung.
42 
Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die für eine Laufbahn erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse im Vorbereitungsdienst erworben und durch die Laufbahnprüfung nachgewiesen werden. Kenntnisse und Erfahrungen, die vor Beginn des Vorbereitungsdienstes erworben wurden, treten dann regelmäßig in den Hintergrund und stehen nicht im erforderlichen funktionellen Zusammenhang zu dem maßgeblichen Beamtendienst (OVG Lüneburg, a.a.O. m.w.N.). Anders kann dies in den Fällen sein, in denen die Vortätigkeit gewissermaßen eine Bedingung für den Eintritt in den Vorbereitungsdienst gewesen ist, beispielsweise dann, wenn der Vorbereitungsdienst vornehmlich Angehörigen des öffentlichen Dienstes offensteht, die als Angestellte über bestimmte Vorerfahrungen verfügen bzw. wenn eine entsprechende Verwaltungspraxis beim Dienstherrn besteht, die Einstellung in den Vorbereitungsdienst von einer privatrechtlichen Vortätigkeit bei einem öffentlichen oder privaten Arbeitgeber abhängig zu machen (OVG Lüneburg, a.a.O.). Wie die Klägerin selbst ausführt, war der Vorbereitungsdienst für die Laufbahn im mittleren Justizdienst des beklagten Landes nicht denjenigen Bewerbern vorbehalten, die bereits zuvor in der Justiz privatrechtlich tätig waren. Vielmehr konnten auch zum damaligen Zeitpunkt beispielsweise Bewerber zum Vorbereitungsdienst zugelassen werden, die erfolgreich eine Ausbildung zum Rechtsanwaltsfachangestellten bei einem Rechtsanwalt absolviert hatten. Dass es beim Beklagten eine Verwaltungspraxis dahingehend gab, dass die Einstellung in den Vorbereitungsdienst von einer privatrechtlichen Vortätigkeit bei einem öffentlichen oder privaten Arbeitgeber abhängig gemacht wurde, ist von der Klägerin nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich.
43 
Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass ein funktioneller Zusammenhang auch dann anzunehmen sei, wenn der Vorbereitungsdienst wegen der Vordienstzeit verkürzt wurde (vgl. OVG Lüneburg, a.a.O. m.w.N.). Dies kann hier dahinstehen, denn vorliegend hat die Klägerin einen zweijährigen Vorbereitungsdienst abgeleistet. Dies entsprach den damaligen Vorgaben (vgl. § 153 Abs. 2 S. 1 GVG in der Fassung vom 19.12.1979), so dass keine Verkürzung des Vorbereitungsdienstes aufgrund der Vortätigkeit stattgefunden hat.
2.
44 
Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, sie im Wege des Schadensersatzes durch Zahlung eines monatlichen Differenzbetrages so zu stellen, als stünden ihr Versorgungsbezüge auch unter Berücksichtigung der Zeiten ihrer Ausbildung sowie ihrer Angestelltentätigkeit zu.
a)
45 
Der von der Klägerin hilfsweise geltend gemachte beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch findet seine Rechtsgrundlage im Beamtenverhältnis und begründet einen unmittelbar gegen den Dienstherrn gerichteten Ersatzanspruch für Schäden, die aus einer Verletzung der aus dem Beamtenverhältnis folgenden Pflichten – etwa der Fürsorgepflicht aus § 45 BeamtStG – entstehen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.08.2019 – 1 A 2231/16 –, juris Rn. 42 m.w.N.; VG Schleswig, Urteil vom 01.11.2018 – 12 A 224/17 –, beck online Rn. 30).
46 
Die Geltendmachung eines solchen Schadensersatzanspruchs wird nicht durch § 2 Abs. 1 und 2 LBeamtVG ausgeschlossen.
47 
Nach § 2 Abs. 1 LBeamtVG wird die Versorgung der Beamten durch Gesetz geregelt. Gemäß § 2 Abs. 2 S. 1 LBeamtVG sind Zusicherungen, Vereinbarungen und Vergleiche, die dem Beamten eine höhere als die ihm gesetzlich zustehende Versorgung verschaffen sollen, unwirksam. § 2 LBeamtVG verfolgt den Zweck, eine strenge Gesetzesbindung der beamtenrechtlichen Versorgung durchzusetzen, indem die Höhe des Primäranspruchs auf Versorgungsleistungen auf das gesetzlich zulässige Maß beschränkt wird (vgl. VGH Kassel, Beschluss vom 02.04.2015 – 1 A 2036/13 –, NVwZ-RR 2015, 779 ff, 781). Der hier in Rede stehende Schadensersatzanspruch betrifft jedoch nicht den Primäranspruch auf Versorgung, sondern einen haftungsrechtlichen Sekundäranspruch (VGH Kassel, a.a.O.). Die Klägerin begehrt im Wege des Schadensersatzes so gestellt zu werden, als ob ihren Versorgungsbezügen ab dem Eintritt in den Ruhestand ein höherer Ruhegehaltssatz zugrunde zu legen wäre. Diesen haftungsrechtlichen Sekundäranspruch schließt § 2 LBeamtVG nicht aus (vgl. VGH Kassel, a.a.O.; VG Saarlouis, Urteil vom 03.09.2019 – 2 K 959/17 –, beck online Rn. 49). Die Klägerin macht keinen Anspruch aus der – möglicherweise nach § 2 Abs. 2 S. 1 LBeamtVG unwirksamen – Versorgungsauskunft selbst geltend, sondern aus der Verletzung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn durch die Erteilung dieser falschen Auskunft. Die Gewährung von Schadensersatz führt nicht zu Versorgungsansprüchen in gesetzlich nicht vorgesehener Höhe, sondern zum Ausgleich eines Vermögensschadens, der dem Beamten durch die Verletzung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn entstanden ist (VG Schleswig, a.a.O., beck online Rn. 37).
b)
48 
Bezüglich der Ausbildungszeit der Klägerin fehlt es an einer Pflichtverletzung des Beklagten, da es keine Versorgungsauskunft gegeben hatte, in der diese Zeit zu Unrecht als ruhegehaltsfähig berücksichtigt worden wäre.
49 
Hinsichtlich des Zeitraums der Angestelltentätigkeit der Klägerin hat der Beklagte hingegen durch die Erteilung einer falschen Versorgungsauskunft die ihm obliegende Fürsorgepflicht schuldhaft verletzt.
50 
Sowohl die unter dem 25.03.2013 erteilte Versorgungsauskunft als auch die turnusmäßige Auskunft des LBV vom 18.01.2017 führten jeweils zu Unrecht den Zeitraum der Angestelltentätigkeit der Klägerin im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst mit 7 Jahren und 190 Tagen als ruhegehaltsfähige Dienstzeit auf. Dadurch ergab sich fälschlicherweise ein höherer Ruhegehaltssatz für die zu erwartenden Versorgungsleistungen der Klägerin.
51 
Soweit sich der Beklagte darauf beruft, dass die turnusgemäße Versorgungsauskunft maschinell ohne Überprüfung erstellt worden sei und daraus kein Anspruch hergeleitet werden könne, lässt dies jedenfalls die schuldhafte Pflichtverletzung durch Erteilung der unzutreffenden Auskunft nicht entfallen. Vielmehr ist dies im Rahmen der Prüfung des schutzwürdigen Vertrauens der Klägerin zu beachten (dazu nachfolgend unter d).
c)
52 
Der Klägerin ist durch die Pflichtverletzung des Beklagten ein Schaden entstanden.
53 
Dieser Schaden ist der Höhe nach nicht auf das sog. negative Interesse, also auf diejenige Versorgung beschränkt, die die Klägerin bei richtiger Auskunftserteilung erhalten hätte. Im vorliegenden Fall würde diese Beschränkung den Anspruch vollständig entfallen lassen, da die Klägerin bei zutreffender Auskunftserteilung nicht mehr als das nunmehr festgesetzte Ruhegehalt bekommen hätte. Eine solche Beschränkung scheitert jedoch daran, dass die Klägerin – nach ihren Angaben, denen der Beklagte nicht entgegengetreten ist – bei Erteilung einer zutreffenden Auskunft gerade nicht ihre Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand beantragt hätte und die streitgegenständliche Minderung der Versorgungsbezüge somit nicht eingetreten wäre (vgl. VG Saarlouis, a.a.O., beck online Rn. 51). Die Entscheidung der Klägerin über den Eintritt in den vorzeitigen Ruhestand beinhaltet eine Vermögensdisposition in Form des Verzichts auf höhere Versorgungsbezüge (VGH Kassel, a.a.O., S. 781). Da diese Entscheidung durch die unrichtige Mitteilung der höheren monatlichen Versorgungsbezüge motiviert worden ist, ist ein Vermögensschaden durch geringere Versorgungsbezüge adäquat kausal verursacht worden (vgl. VGH Kassel, a.a.O). Die Höhe des Schadensersatzes umfasst die Differenz zwischen den festgesetzten Versorgungsbezügen und dem Betrag, auf den der Geschädigte nach Erteilung der Auskunft vertrauen durfte (VGH Kassel, a.a.O).
d)
54 
Es kann vorliegend dahinstehen, ob der Schadensersatzanspruch daran scheitert, dass die Klägerin nicht auf die Richtigkeit der unzutreffenden Auskünfte vom 25.03.2013 und vom 18.01.2017 vertrauen durfte (aa), da jedenfalls aufgrund des Mitverschuldens der Klägerin der Anspruch auf Null zu mindern ist (bb).
aa)
55 
Bei der Versorgungsauskunft vom 25.03.2013 handelte es sich zwar – wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung klargestellt hat – um eine Auskunft, die sie im Hinblick auf die zeitliche Planung ihres Ruhestands aktiv eingefordert hatte. Sie wollte im Jahr 2013 wissen, mit welchen Bezügen sie im Falle einer Ruhestandsversetzung zum 30.04.2018 rechnen könne. Aufgrund dieser Auskunft hat die Klägerin ihren Angaben zufolge ihren Ruhestand jedoch nicht geplant, da die seinerzeit aufgeführte Höhe der Versorgungsbezüge ihr nicht ausreichend erschien.
56 
Die Auskunft vom 18.01.2017, die von der Klägerin als ursächlich für ihre Antragstellung auf Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand angesehen wird, war ausdrücklich als „turnusmäßige Auskunft“ gekennzeichnet und bezog sich nach ihrem Wortlaut auf das Ruhegehalt bei Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze oder bei Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit.
57 
Während bei Versorgungsauskünften, die vom Beamten erkennbar im Hinblick auf eine ins Auge gefasste Versetzung in den Ruhestand erbeten werden, grundsätzlich von einem schutzwürdigen Vertrauen des zukünftigen Versorgungsempfängers ausgegangen wird (vgl. VG Schleswig, a.a.O., beck online Rn. 44), kann bei einer turnusmäßigen Auskunft nicht ohne Weiteres unterstellt werden, dass auf die Richtigkeit der darin enthaltenen Angaben dergestalt vertraut werden dürfe, dass weitgehende Vermögensdispositionen im Sinne eines Antrags auf vorzeitige Versetzung in den Ruhestand getätigt werden dürften. Dies folgt unter anderem aus der Regelung in § 49 Abs. 10 BeamtVG. Danach hat die zuständige Dienstbehörde dem Beamten auf schriftlichen Antrag eine Auskunft zum Anspruch auf Versorgungsbezüge nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Antragstellung zu erteilen (§ 49 Abs. 10 S. 1 BeamtVG). Die Auskunft steht unter dem Vorbehalt künftiger Sach- und Rechtsänderungen sowie der Richtigkeit und Vollständigkeit der zugrundeliegenden Daten (§ 49 Abs. 10 S. 2 BeamtVG). Aus dieser Vorschrift ergibt sich, dass bei einer schriftlich angeforderten Versorgungsauskunft lediglich insoweit kein schutzwürdiges Vertrauen des Beamten bestehen kann, als sich die Sach- und Rechtslage ändern könnte oder die der Auskunft zugrundeliegenden Daten unrichtig oder unvollständig sind. Wendet hingegen die Behörde auf einer korrekten und vollständigen Datengrundlage bei der Erstellung der schriftlich angeforderten Auskunft das bestehende Recht falsch an, so kann der Beamte grundsätzlich auf die Richtigkeit dieser Auskunft vertrauen. Die maschinell erstellte turnusmäßige Auskunft vom 18.01.2017, auf die die Klägerin ihren Entschluss zur Beantragung des vorzeitigen Ruhestands stützte, enthielt jedoch den ausdrücklichen Hinweis, dass daraus weder ein Anspruch auf Ruhegehalt noch rechtlich zulässige Tatbestände für den Ruhestandseintritt und die möglichen Zeitpunkte hierfür abgeleitet werden könnten. Die von der Klägerin schriftlich gemäß § 49 Abs. 10 BeamtVG angeforderte – im Ergebnis korrekt erteilte – Auskunft des LBV vom 13.03.2018 enthielt demgegenüber keine vergleichbaren Einschränkungen.
58 
Dass die Klägerin vorliegend selbst nicht vollumfänglich auf die Richtigkeit der turnusmäßigen Auskunft vom 18.01.2017 vertraut hatte, ergibt sich daraus, dass sie – vor Stellung ihres Antrags auf Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand – mit Schreiben vom 19.02.2018 eine Auskunft über ihre zum 01.10.2018 oder zum 01.11.2018 bestehende Versorgungsanwartschaft beim LBV anforderte.
bb)
59 
Der Anspruch auf Schadensersatz ist jedenfalls wegen des Mitverschuldens der Klägerin auf Null zu mindern (vgl. dazu VG Schleswig a.a.O., beck online Rn. 55; VGH München, Beschluss vom 13.04.2018 – 3 ZB 16.2393 –, beck online).
60 
Zwar ist es – entgegen der Darstellung des Beklagten – nicht so, dass die Klägerin es unterlassen hätte, nach Erhalt der angeforderten Versorgungsauskunft vom 13.03.2018 durch Gebrauch eines in Betracht kommenden Rechtsmittels den Schaden abzuwenden. Soweit der Beklagte ausführt, dass eine Anfrage beim LBV geeignet gewesen wäre, den Widerspruch zwischen den Auskünften aus den Jahren 2017 und 2018 aufzuklären, ist zu beachten, dass die Klägerin unter dem 24.03.2018 eine solche Anfrage an das LBV gerichtet hatte, in der sie unter anderem um Überprüfung der Berücksichtigung ihrer Ausbildung und ihrer Tätigkeit als Justizangestellte bat. Es ist allerdings nicht nachvollziehbar, weshalb die Klägerin vor Antragstellung auf Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand die von ihr selbst am 19.02.2018 angeforderte Versorgungsauskunft nicht abwartete. Sie hätte zudem nach Erhalt der Auskunft vom 13.03.2018 über die Bitte um Überprüfung hinaus weitere Maßnahmen ergreifen müssen, um den Schaden, der zwischenzeitlich mit ihrer Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand eingetreten ist, noch abzuwenden.
61 
Auch im Beamtenrecht tritt nach dem in § 839 Abs. 3 BGB enthaltenen Rechtsgedanken eine Ersatzpflicht für rechtswidriges staatliches Handeln dann nicht ein, wenn es der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden abzuwenden (OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O. Rn. 49; VG Schleswig, a.a.O., beck online Rn. 53; VG Saarlouis, a.a.O., beck online Rn. 53). In einem solchen Fall kommt auch keine „quotale Kürzung nach der jeweiligen Mitverschuldensquote“ in Betracht, wenn der geschädigte Beamte es ohne hinreichenden Grund unterlassen hat, Maßnahmen zur Abwendung des Schadens zu ergreifen (vgl. VGH München, a.a.O.). Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben soll nur derjenige Schadensersatz erhalten, der sich in gehörigem und ihm zumutbaren Maß für seine eigenen Belange eingesetzt und damit den Schaden abzuwenden versucht hat (OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.).
62 
Die Klägerin hat dadurch, dass sie nach Erhalt der Versorgungsauskunft vom 13.03.2018 an ihrem Antrag auf Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand festhielt, zumindest fahrlässig gegen ihre Pflicht zur Abwehr des Schadens verstoßen.
63 
In den zitierten Urteilen des VGH Kassel und des VG Saarlouis, in denen den Beamten jeweils Schadensersatzansprüche zuerkannt wurden, ging es um Sachverhalte, in denen erst die Festsetzung der konkreten Ruhegehälter Zweifel an der Richtigkeit der zuvor erteilten Versorgungsauskünfte aufkommen ließ. In beiden Fällen waren zu dem Zeitpunkt, zu dem die Beamten Kenntnis von den geringeren Versorgungsbezügen erhielten, die Versetzungen in den Ruhestand als statusverändernde Verwaltungsakte bereits vollzogen und konnten nicht mehr rückgängig gemacht werden (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 30.04.2014 – 2 C 65.11 –, NVwZ-RR 2014, 653 ff). Eine solche Fallkonstellation ist vorliegend nicht gegeben.
64 
Die Klägerin hatte spätestens am 24.03.2018 – beim Verfassen ihres Schreibens an das LBV – Kenntnis von der Versorgungsauskunft, die unter dem 13.03.2018 erteilt worden war. Spätestens mit dieser Kenntniserlangung durfte sie nicht mehr auf die Richtigkeit der früheren Auskünfte vertrauen. Das Vertrauen ist nicht mehr schutzwürdig, wenn zwar eine behördliche Erklärung darauf abzielt und auch grundsätzlich (objektiv) geeignet ist, als Vertrauensgrundlage für eine Vermögensdisposition zu dienen, der Empfänger aber selbst erkennt oder es sich ihm aufdrängen muss, dass das behördliche Handeln rechtswidrig oder aus anderen Gründen nicht geeignet ist, die mit hierauf aufbauenden wirtschaftlichen Dispositionen verbundenen Risiken wesentlich zu begrenzen (vgl. zum Anspruch aus § 839 BGB: BGH, Urteil vom 16.01.1997 – III ZR 117/95 –, juris Rn. 70). Die Klägerin hatte zwar nach Erhalt der abweichenden Versorgungsauskunft vom 13.03.2018 keine Kenntnis darüber, welche der sich widersprechenden Auskünfte rechtlich zutreffend die Anrechnung ihrer Vordienstzeiten erfasste. Aufgrund des Umstands, dass zwei widersprüchliche Auskünfte zu dieser Frage vorlagen, hätte sich ihr jedoch aufdrängen müssen, dass wirtschaftliche Dispositionen, die sie auf der Grundlage der Auskunft vom 18.01.2017 getätigt hatte, mit erheblichen Risiken für den Fall verbunden waren, dass sich die spätere Auskunft vom 13.03.2018 als zutreffend erweisen würde. Zum Zeitpunkt ihrer Kenntniserlangung – dies war spätestens am 24.03.2018 – wäre es noch möglich gewesen, den Antrag auf Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand zurückzunehmen und dadurch den Vermögensschaden abzuwenden.
65 
Zwar ist davon auszugehen, dass ein für die Versetzung in den Ruhestand maßgebender Antrag nur bis zum Ergehen, also bis zur Bekanntgabe des den Status bestimmenden Verwaltungsakts vom Betroffenen zurückgenommen werden kann (Hug in: BeckOK Beamtenrecht Baden-Württemberg, § 40 LBG Rn. 41 m.w.N.). Die Bekanntgabe der Versetzung der Klägerin in den Ruhestand erfolgte allerdings erst mit Übergabe der entsprechenden Urkunde und der schriftlichen Empfangsbestätigung der Klägerin am 03.07.2018. Die Klägerin hat selbst angegeben, nach Erhalt der neuen Versorgungsauskunft vom 13.03.2018 aufgrund der widersprüchlichen Auskünfte Zweifel gehabt zu haben. Sie hatte diese Zweifel ihren Angaben zufolge zwar lediglich in Bezug auf die Richtigkeit der für sie ungünstigen Auskunft vom 13.03.2018, weshalb sie ihren Antrag auf Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand nicht zurückgenommen habe. Die Tatsache, dass widersprüchliche Angaben zur Ruhegehaltsfähigkeit ihrer Vordienstzeiten vorlagen, ist jedoch so zu werten, dass ab der Kenntniserlangung von der abweichenden neueren Auskunft das Vertrauen in die Richtigkeit der turnusmäßigen Auskunft vom 18.01.2017 nicht mehr als schutzwürdig angesehen werden kann (dazu bereits vorstehend). Dadurch stellt das Festhalten an dem Antrag auf Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand eine zumindest fahrlässige Sorgfaltspflichtverletzung dar, welche jedenfalls mitursächlich für die Entstehung des streitgegenständlichen Schadens gewesen ist.
66 
Dem steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin von Mitte März 2018 bis August 2018 arbeitsunfähig erkrankt war.
67 
Wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung dargelegt hat, sei sie davon ausgegangen, ihre Arbeitsfähigkeit könne dauerhaft nicht wiederhergestellt werden. Sie habe deshalb ihren Antrag auf Versetzung in den Ruhestand nicht zurückgenommen. Dieser Umstand lässt jedoch den Verstoß gegen ihre Pflicht zur Schadensabwendung nicht entfallen. Denn die Klägerin hat nicht nachgewiesen, dass tatsächlich eine dauerhafte Arbeitsunfähigkeit eingetreten ist. Sie hat vielmehr dargelegt, sie sei zwischen Mitte März 2018 und August 2018 arbeitsunfähig erkrankt gewesen, habe aber sodann im September 2018 – vor Eintritt in den Ruhestand – Resturlaub in Anspruch genommen. Die Inanspruchnahme von Urlaub setzt grundsätzlich eine Arbeitsfähigkeit voraus. In der Personalakte der Klägerin finden sich Hinweise darauf, dass sie für ihre seit dem 16.03.2018 bestehende Arbeitsunfähigkeit einfache ärztliche Bescheinigungen bzw. Folgebescheinigungen vorgelegt hat, die jeweils bis zu einem (voraussichtlichen) Termin der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit befristet waren. Ein ärztliches Attest dahingehend, dass mit einer Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit der Klägerin in absehbarer Zeit nicht gerechnet werden könne, ist in ihrer Personalakte nicht enthalten. Das ihr angebotene Gespräch über eine mögliche Wiedereingliederung hat sie abgelehnt. Wie vorstehend ausgeführt, durfte sie spätestens mit Kenntnis der Versorgungsauskunft vom 13.03.2018 nicht mehr auf die Richtigkeit der Auskunft vom 18.01.2017 vertrauen und es wäre ihr bis zum Erhalt der Ruhestandsurkunde möglich gewesen, ihren Antrag auf Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand zurückzunehmen. Die Ruhestandsurkunde wurde der Klägerin am 03.07.2018 ausgehändigt. Die Klägerin hat nicht geltend gemacht, dass sie im Zeitraum zwischen dem 24.03.2018 (dem spätesten Zeitpunkt ihrer Kenntnis von der Versorgungsauskunft vom 13.03.2018) und dem 03.07.2018 sicher sein konnte, es werde keine erneute Arbeitsfähigkeit eintreten. Auch für das Gericht sind keine entsprechenden Anhaltspunkte ersichtlich.
68 
Unabhängig davon wäre die Kausalität der falschen Versorgungsauskunft für den Schadenseintritt unterbrochen worden, wenn die Klägerin nicht aufgrund ihres (nach Erhalt der Versorgungsauskunft vom 13.03.2018 nicht mehr schutzwürdigen) Vertrauens in die falsche Auskunft vom 18.01.2017, sondern wegen der Annahme einer dauerhaften Arbeits- bzw. Dienstunfähigkeit an ihrem Antrag auf Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand festgehalten hätte. Hinsichtlich der haftungsausfüllenden Kausalität zwischen der behördlichen Pflichtverletzung und dem geltend gemachten Schaden ist darauf abzustellen, welchen Verlauf die Dinge bei pflichtgemäßem Verhalten der Behörde genommen hätten und wie dann die Vermögenslage des Betroffenen wäre (vgl. BGH, a.a.O. Rn. 86). Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, sie selbst habe nicht mehr mit einer Wiederherstellung ihrer Dienstfähigkeit gerechnet und aus diesem Grunde an ihrem Antrag auf Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand festgehalten, wird dadurch die haftungsausfüllende Kausalität unterbrochen. Denn selbst wenn das LBV der Klägerin unter dem 18.01.2017 eine zutreffende Auskunft (ohne Anrechnung ihrer Vordienstzeit im Angestelltenverhältnis) erteilt hätte, wäre nicht die Auskunft, sondern die seit Mitte März 2018 bestehende Dienstunfähigkeit der Klägerin für sie Anlass gewesen, vorzeitig in den Ruhestand zu treten. Die Vermögenslage hinsichtlich der geringeren Versorgungsbezüge wäre dann identisch.
69 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
70 
B E S C H L U S S
71 
Der Streitwert wird gemäß § 42 Abs. 1 S. 1 GKG auf 18.624,60 Euro festgesetzt. Wenn um die Höhe des Anspruchs auf wiederkehrende Leistungen aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis gestritten wird, ist der dreifache Jahresbetrag der begehrten Erhöhung maßgeblich (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 06.02.2019 – 4 S 861/18 –, juris Rn. 42; Beschluss vom 10.12.2019 – 4 S 472/19 –, juris Rn. 55).
72 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
I.
24 
Die Klage ist sowohl hinsichtlich des Hauptantrags als auch in Bezug auf den hilfsweise geltend gemachten Schadensersatzanspruch zulässig.
25 
Für den Hilfsantrag auf Schadensersatz ist - ebenso wie für den Hauptantrag - der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch, der als Rechtsinstitut in der Rechtsprechung anerkannt ist (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.08.2019 – 1 A 2231/16 –, juris Rn. 42 m.w.N.; VG Schleswig, Urteil vom 01.11.2018 - 12 A 224/17 -, beck online Rn. 30 m.w.N.), ist im Verwaltungsrechtsweg geltend zu machen (BVerwG, Urteil vom 09.06.1983 – 2 C 34.80 –, juris Rn. 13 m.w.N.; VG Saarlouis, Urteil vom 03.09.2019 - 2 K 959/17 -, beck online Rn. 40; Kopp/Schenke, VwGO, § 40 Rn. 74).
26 
Die Zulässigkeit des Hilfsantrags scheitert nicht an einer fehlenden Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs im Rahmen des Vorverfahrens.
27 
Die Klägerin hat in ihrem Widerspruchsschreiben vom 13.07.2018 nicht ausdrücklich erklärt, sie wolle hilfsweise einen Anspruch auf Schadensersatz geltend machen. Wie sie in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt hat, hat sie den Schadensersatzanspruch erstmals in Klageverfahren geltend machen wollen, nachdem sie dazu entsprechend recherchiert hatte.
28 
Dennoch kann vorliegend auf das Vorverfahren bezüglich des hilfsweise geltend gemachten Schadensersatzanspruchs ausnahmsweise verzichtet werden. Über die gesetzlichen Regelungen hinaus ist ein Vorverfahren aus Gründen der Prozessökonomie entbehrlich, wenn den Zwecken des Vorverfahrens bereits Rechnung getragen ist oder sie nicht mehr erreicht werden können (BVerwG, Urteil vom 04.08.1993 – 11 C 15.92 –, juris Rn. 14). Der Zweck des Vorverfahrens ist erfüllt, wenn die Widerspruchsbehörde selbst am Verfahren beteiligt ist und nach einer Sachprüfung zum Ausdruck bringt, sie würde einen (künftigen) Widerspruch zurückweisen (VGH Mannheim, Urteil vom 30.11.2018 - 5 S 854/17 -, NVwZ-RR 2019, 669 ff., 670). Dies ist hier der Fall. Das LBV als Widerspruchsbehörde ist zugleich Vertreter des Beklagten im gerichtlichen Verfahren und hat in seiner Klageerwiderung zum Ausdruck gebracht, dass der Klägerin kein Schadensersatzanspruch zustehe.
29 
Zudem ist zu beachten, dass der Beklagte sich im Rahmen des Widerspruchsverfahrens bereits inhaltlich mit einem möglichen Anspruch aufgrund des Vertrauens der Klägerin in eine erteilte Auskunft befasst und das Bestehen eines solchen Anspruchs im Ergebnis verneint hatte. Die Klägerin hatte sich in ihrer Widerspruchsbegründung darauf berufen, dass die von ihr beanspruchten Vordienstzeiten in der Versorgungsauskunft vom 18.01.2017 berücksichtigt worden seien und dass diese Auskunft Anlass für ihren Antrag auf Versetzung in den Ruhestand gewesen sei. Der Beklagte hatte in seinem Widerspruchsbescheid darauf abgestellt, dass die turnusmäßige Versorgungsauskunft vom 18.01.2017 maschinell ohne Überprüfung erstellt worden sei und daraus kein Anspruch auf die Höhe des Ruhegehalts abgeleitet werden könne. Zudem hatte der Beklagte im Widerspruchsbescheid ausgeführt, dass die Klägerin mit Schreiben vom 13.03.2018 eine korrigierte Versorgungsauskunft erhalten habe, bei der die von ihr geforderte Vordienstzeit im Angestelltenverhältnis nicht mehr als ruhegehaltsfähige Dienstzeit aufgeführt worden sei. Deshalb habe für die Klägerin die Möglichkeit bestanden, aufgrund der korrigierten Auskunft einen bereits gestellten Antrag auf Versetzung in den Ruhestand zu ändern. Somit sind der Umstand, dass die Klägerin sich auf ihr Vertrauen in die Richtigkeit der Angaben aus der Versorgungsauskunft vom 18.01.2017 berufen hat, sowie die Frage, ob sich daraus Ansprüche gegen den Beklagten ergeben können, Gegenstand des Vorverfahrens gewesen.
30 
Die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens vor Erhebung der Klage ist daher vorliegend in Bezug auf den hilfsweise geltend gemachten Schadensersatzanspruch entbehrlich.
II.
31 
Die Verpflichtungsklage ist sowohl in Bezug auf den Haupt- als auch auf den Hilfsantrag unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Neufestsetzung ihrer Versorgungsbezüge unter zusätzlicher Berücksichtigung der Zeiträume ihrer Ausbildung zur Justizangestellten (1.a) und ihrer Tätigkeit als Justizangestellte im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst (1.b). Der Versorgungsfestsetzungsbescheid des Beklagten vom 09.07.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.11.2018, der diese Zeiträume nicht als ruhegehaltsfähige Vordienstzeit anerkannt hat, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO). Auch die Ablehnung der Gewährung von Schadensersatz an die Klägerin durch den Beklagten (2) ist rechtmäßig und verletzt diese nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).
1.
a)
32 
Die Ausbildung der Klägerin zur Justizangestellten im Zeitraum vom 01.09.1970 bis zum 22.02.1972 ist nicht als ruhegehaltsfähige Vordienstzeit anzuerkennen.
33 
Entgegen der Darstellung der Klägerin war dieser Zeitraum weder in der turnusmäßigen Versorgungsauskunft vom 18.01.2017 noch in der früheren Auskunft vom 25.03.2013 als ruhegehaltsfähig berücksichtigt worden. In der Versorgungsauskunft vom 18.01.2017 wurde dieser Zeitraum zwar aufgeführt, als berücksichtigungsfähig wurden dort am Ende der entsprechenden Zeile jedoch „0“ Jahre und „0“ Tage vermerkt. Die frühere Auskunft vom 25.03.2013 enthielt über die Ausbildungszeit keinerlei Angaben.
34 
Zeiten im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst sollen nach § 10 S. 1 Nr. 1 BeamtVG als ruhegehaltsfähig berücksichtigt werden, sofern es sich dabei um für die Laufbahn des Beamten förderliche Tätigkeiten handelt und diese zu seiner Ernennung geführt haben. Vorliegend kann dahinstehen, ob die Ausbildung der Klägerin zur Justizangestellten eine für ihre Beamtenlaufbahn förderliche Tätigkeit darstellt bzw. ob sie zu ihrer Ernennung geführt hat. Denn aus Ziffer 10.0.1.5 BeamtVGVwV ergibt sich, dass die Beschäftigung als Auszubildende oder Auszubildender, in einem Lehrverhältnis, Volontärverhältnis oder sonstigen Ausbildungsverhältnis nicht von § 10 BeamtVG erfasst wird. Zudem ist die Berücksichtigung von Ausbildungszeiten speziell in § 12 BeamtVG geregelt. Nach § 12 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 kann die verbrachte Mindestzeit der außer der allgemeinen Schulbildung vorgeschriebenen Ausbildung (Fachschul-, Hochschul- und praktische Ausbildung, Vorbereitungsdienst, übliche Prüfungszeit) als ruhegehaltsfähige Dienstzeit berücksichtigt werden. Gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 BeamtVG steht jedoch die Ausbildung, welche die allgemeine Schulbildung ersetzt, der Schulbildung gleich. Nach der Laufbahnverordnung für den mittleren Justizdienst ist ein Realschulabschluss oder ein gleichwertiger Bildungsstand erforderlich. Die Klägerin, die lediglich einen Hauptschulabschluss erworben hatte, konnte die Voraussetzungen für die Einstellung in den mittleren Justizdienst nur aufgrund ihrer Ausbildung zur Justizangestellten erfüllen. Diese Ausbildung ersetzte demnach die für die Laufbahn der Klägerin vorgeschriebene allgemeine Schulbildung, so dass eine Berücksichtigung als ruhegehaltsfähige Dienstzeit insoweit ausscheidet.
b)
35 
Auch die Angestelltentätigkeit der Klägerin im Zeitraum vom 23.02.1973 bis zum 31.08.1980 kann weder gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 LBeamtVG (aa) noch nach § 10 S. 1 Nr. 1 BeamtVG (bb) als ruhegehaltsfähig berücksichtigt werden.
aa)
36 
Zwar sieht § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 LBeamtVG die Berücksichtigung von Zeiten im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherren in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang vor der Berufung in das Beamtenverhältnis vor, sofern es sich um eine hauptberufliche Tätigkeit handelt und der Beamte durch diese Tätigkeit Fachkenntnisse erworben hat, die für die Wahrnehmung des späteren Amtes förderlich sind. Allerdings ist in § 106 Abs. 5 S. 1 LBeamtVG geregelt, dass bei Beamten, die aus einem Beamtenverhältnis in den Ruhestand treten, welches bereits am 31.12.2010 bestanden hat, hinsichtlich der Bestimmung der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit grundsätzlich die Vorschriften des BeamtVG in der bis zum 31.08.2006 geltenden Fassung neben den §§ 24 Abs. 1, 2 und 26 des LBeamtVG Anwendung finden. Lediglich für die Berücksichtigung von Hochschulausbildungszeiten sind die §§ 23 Abs. 6, 101 LBeamtVG anzuwenden. Im Fall der Klägerin, die aus einem Beamtenverhältnis in den Ruhestand getreten ist, welches bereits am 31.12.2010 bestanden hat, ist demnach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 LBeamtVG nicht anwendbar.
bb)
37 
Die Berücksichtigung der Angestelltentätigkeit gemäß § 10 S. 1 Nr. 1 BeamtVG scheitert daran, dass diese Tätigkeit nicht zur Ernennung der Klägerin geführt hat.
38 
Es ist zwar nachweislich so, dass die Tätigkeit der Klägerin als Justizangestellte für ihre spätere Beamtenlaufbahn förderlich war. In der Personalakte findet sich ein Schreiben des Präsidenten des Amtsgerichts Karlsruhe an die Verwaltungsabteilung des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 08.12.1980, in welchem zu den Leistungen der Klägerin während des Vorbereitungsdienstes Stellung genommen wird. Darin wird ausgeführt: „Der Anwärterin kommt ihre frühere Ausbildung als Justizangestelltenlehrling und ihre Tätigkeit als Justizangestellte sehr zu gut“. Nach Ableistung des Vorbereitungsdienstes wurde die Probezeit der Klägerin aufgrund der guten Ergebnisse in der Laufbahnprüfung sowie aufgrund ihrer Bewährung verkürzt.
39 
Selbst wenn sich eine Vortätigkeit als förderlich erwiesen hat, weil diese Tätigkeit nach Abschluss des Vorbereitungsdienstes und der Ernennung zur Beamtin auf Probe zu einer Abkürzung der Probezeit geführt hat, lässt dies die Notwendigkeit einer Kausalität dieser Vortätigkeit für die Übernahme in das Beamtenverhältnis jedoch nicht entfallen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 28.01.2008 – 4 S 444/06 –, juris Rn. 27). Die Förderlichkeit der Tätigkeit für die spätere Beamtenlaufbahn ist zwar ein gesetzliches Merkmal des § 10 S. 1 BeamtVG, allerdings kommt diesem Merkmal kaum eigenständige Bedeutung zu, da es in aller Regel von dem weiteren normativen Erfordernis umfasst wird, wonach die Tätigkeit zu der Ernennung geführt haben muss. Es müssen sowohl eine Kausalität als auch ein innerer funktioneller Zusammenhang zwischen der Ernennung und der Vordienstzeit gegeben sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.03.2002 – 2 C 4.01 –, juris Rn. 14).
40 
Unter Ernennung im Sinne des § 10 BeamtVG ist die Ernennung zu verstehen, durch die ein Beamtenverhältnis auf Probe begründet wird. Erst in einem solchen Beamtenverhältnis nimmt der Beamte dienstliche Aufgaben wahr, für deren Erledigung ihm die Kenntnisse und Erfahrungen zugutekommen, die er durch die vordienstliche Tätigkeit erworben hat. Die Ernennung zum Beamtenanwärter unter Berufung in ein Beamtenverhältnis auf Widerruf wird – anders als die Klägerin annimmt – von § 10 BeamtVG nicht erfasst, weil dieses Beamtenverhältnis seit jeher der Ausbildung in einem Vorbereitungsdienst dient (OVG Lüneburg, Urteil vom 20.03.2012 – 5 LB 198/10 –, beck online).
41 
Für die Ernennung der Klägerin zur Justizassistentin z. A. unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe mit Wirkung zum 04.11.1982 war nicht ihre Tätigkeit als Justizangestellte ursächlich, sondern die erfolgreiche Ableistung des Vorbereitungsdienstes und das Bestehen der Laufbahnprüfung.
42 
Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die für eine Laufbahn erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse im Vorbereitungsdienst erworben und durch die Laufbahnprüfung nachgewiesen werden. Kenntnisse und Erfahrungen, die vor Beginn des Vorbereitungsdienstes erworben wurden, treten dann regelmäßig in den Hintergrund und stehen nicht im erforderlichen funktionellen Zusammenhang zu dem maßgeblichen Beamtendienst (OVG Lüneburg, a.a.O. m.w.N.). Anders kann dies in den Fällen sein, in denen die Vortätigkeit gewissermaßen eine Bedingung für den Eintritt in den Vorbereitungsdienst gewesen ist, beispielsweise dann, wenn der Vorbereitungsdienst vornehmlich Angehörigen des öffentlichen Dienstes offensteht, die als Angestellte über bestimmte Vorerfahrungen verfügen bzw. wenn eine entsprechende Verwaltungspraxis beim Dienstherrn besteht, die Einstellung in den Vorbereitungsdienst von einer privatrechtlichen Vortätigkeit bei einem öffentlichen oder privaten Arbeitgeber abhängig zu machen (OVG Lüneburg, a.a.O.). Wie die Klägerin selbst ausführt, war der Vorbereitungsdienst für die Laufbahn im mittleren Justizdienst des beklagten Landes nicht denjenigen Bewerbern vorbehalten, die bereits zuvor in der Justiz privatrechtlich tätig waren. Vielmehr konnten auch zum damaligen Zeitpunkt beispielsweise Bewerber zum Vorbereitungsdienst zugelassen werden, die erfolgreich eine Ausbildung zum Rechtsanwaltsfachangestellten bei einem Rechtsanwalt absolviert hatten. Dass es beim Beklagten eine Verwaltungspraxis dahingehend gab, dass die Einstellung in den Vorbereitungsdienst von einer privatrechtlichen Vortätigkeit bei einem öffentlichen oder privaten Arbeitgeber abhängig gemacht wurde, ist von der Klägerin nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich.
43 
Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass ein funktioneller Zusammenhang auch dann anzunehmen sei, wenn der Vorbereitungsdienst wegen der Vordienstzeit verkürzt wurde (vgl. OVG Lüneburg, a.a.O. m.w.N.). Dies kann hier dahinstehen, denn vorliegend hat die Klägerin einen zweijährigen Vorbereitungsdienst abgeleistet. Dies entsprach den damaligen Vorgaben (vgl. § 153 Abs. 2 S. 1 GVG in der Fassung vom 19.12.1979), so dass keine Verkürzung des Vorbereitungsdienstes aufgrund der Vortätigkeit stattgefunden hat.
2.
44 
Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, sie im Wege des Schadensersatzes durch Zahlung eines monatlichen Differenzbetrages so zu stellen, als stünden ihr Versorgungsbezüge auch unter Berücksichtigung der Zeiten ihrer Ausbildung sowie ihrer Angestelltentätigkeit zu.
a)
45 
Der von der Klägerin hilfsweise geltend gemachte beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch findet seine Rechtsgrundlage im Beamtenverhältnis und begründet einen unmittelbar gegen den Dienstherrn gerichteten Ersatzanspruch für Schäden, die aus einer Verletzung der aus dem Beamtenverhältnis folgenden Pflichten – etwa der Fürsorgepflicht aus § 45 BeamtStG – entstehen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.08.2019 – 1 A 2231/16 –, juris Rn. 42 m.w.N.; VG Schleswig, Urteil vom 01.11.2018 – 12 A 224/17 –, beck online Rn. 30).
46 
Die Geltendmachung eines solchen Schadensersatzanspruchs wird nicht durch § 2 Abs. 1 und 2 LBeamtVG ausgeschlossen.
47 
Nach § 2 Abs. 1 LBeamtVG wird die Versorgung der Beamten durch Gesetz geregelt. Gemäß § 2 Abs. 2 S. 1 LBeamtVG sind Zusicherungen, Vereinbarungen und Vergleiche, die dem Beamten eine höhere als die ihm gesetzlich zustehende Versorgung verschaffen sollen, unwirksam. § 2 LBeamtVG verfolgt den Zweck, eine strenge Gesetzesbindung der beamtenrechtlichen Versorgung durchzusetzen, indem die Höhe des Primäranspruchs auf Versorgungsleistungen auf das gesetzlich zulässige Maß beschränkt wird (vgl. VGH Kassel, Beschluss vom 02.04.2015 – 1 A 2036/13 –, NVwZ-RR 2015, 779 ff, 781). Der hier in Rede stehende Schadensersatzanspruch betrifft jedoch nicht den Primäranspruch auf Versorgung, sondern einen haftungsrechtlichen Sekundäranspruch (VGH Kassel, a.a.O.). Die Klägerin begehrt im Wege des Schadensersatzes so gestellt zu werden, als ob ihren Versorgungsbezügen ab dem Eintritt in den Ruhestand ein höherer Ruhegehaltssatz zugrunde zu legen wäre. Diesen haftungsrechtlichen Sekundäranspruch schließt § 2 LBeamtVG nicht aus (vgl. VGH Kassel, a.a.O.; VG Saarlouis, Urteil vom 03.09.2019 – 2 K 959/17 –, beck online Rn. 49). Die Klägerin macht keinen Anspruch aus der – möglicherweise nach § 2 Abs. 2 S. 1 LBeamtVG unwirksamen – Versorgungsauskunft selbst geltend, sondern aus der Verletzung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn durch die Erteilung dieser falschen Auskunft. Die Gewährung von Schadensersatz führt nicht zu Versorgungsansprüchen in gesetzlich nicht vorgesehener Höhe, sondern zum Ausgleich eines Vermögensschadens, der dem Beamten durch die Verletzung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn entstanden ist (VG Schleswig, a.a.O., beck online Rn. 37).
b)
48 
Bezüglich der Ausbildungszeit der Klägerin fehlt es an einer Pflichtverletzung des Beklagten, da es keine Versorgungsauskunft gegeben hatte, in der diese Zeit zu Unrecht als ruhegehaltsfähig berücksichtigt worden wäre.
49 
Hinsichtlich des Zeitraums der Angestelltentätigkeit der Klägerin hat der Beklagte hingegen durch die Erteilung einer falschen Versorgungsauskunft die ihm obliegende Fürsorgepflicht schuldhaft verletzt.
50 
Sowohl die unter dem 25.03.2013 erteilte Versorgungsauskunft als auch die turnusmäßige Auskunft des LBV vom 18.01.2017 führten jeweils zu Unrecht den Zeitraum der Angestelltentätigkeit der Klägerin im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst mit 7 Jahren und 190 Tagen als ruhegehaltsfähige Dienstzeit auf. Dadurch ergab sich fälschlicherweise ein höherer Ruhegehaltssatz für die zu erwartenden Versorgungsleistungen der Klägerin.
51 
Soweit sich der Beklagte darauf beruft, dass die turnusgemäße Versorgungsauskunft maschinell ohne Überprüfung erstellt worden sei und daraus kein Anspruch hergeleitet werden könne, lässt dies jedenfalls die schuldhafte Pflichtverletzung durch Erteilung der unzutreffenden Auskunft nicht entfallen. Vielmehr ist dies im Rahmen der Prüfung des schutzwürdigen Vertrauens der Klägerin zu beachten (dazu nachfolgend unter d).
c)
52 
Der Klägerin ist durch die Pflichtverletzung des Beklagten ein Schaden entstanden.
53 
Dieser Schaden ist der Höhe nach nicht auf das sog. negative Interesse, also auf diejenige Versorgung beschränkt, die die Klägerin bei richtiger Auskunftserteilung erhalten hätte. Im vorliegenden Fall würde diese Beschränkung den Anspruch vollständig entfallen lassen, da die Klägerin bei zutreffender Auskunftserteilung nicht mehr als das nunmehr festgesetzte Ruhegehalt bekommen hätte. Eine solche Beschränkung scheitert jedoch daran, dass die Klägerin – nach ihren Angaben, denen der Beklagte nicht entgegengetreten ist – bei Erteilung einer zutreffenden Auskunft gerade nicht ihre Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand beantragt hätte und die streitgegenständliche Minderung der Versorgungsbezüge somit nicht eingetreten wäre (vgl. VG Saarlouis, a.a.O., beck online Rn. 51). Die Entscheidung der Klägerin über den Eintritt in den vorzeitigen Ruhestand beinhaltet eine Vermögensdisposition in Form des Verzichts auf höhere Versorgungsbezüge (VGH Kassel, a.a.O., S. 781). Da diese Entscheidung durch die unrichtige Mitteilung der höheren monatlichen Versorgungsbezüge motiviert worden ist, ist ein Vermögensschaden durch geringere Versorgungsbezüge adäquat kausal verursacht worden (vgl. VGH Kassel, a.a.O). Die Höhe des Schadensersatzes umfasst die Differenz zwischen den festgesetzten Versorgungsbezügen und dem Betrag, auf den der Geschädigte nach Erteilung der Auskunft vertrauen durfte (VGH Kassel, a.a.O).
d)
54 
Es kann vorliegend dahinstehen, ob der Schadensersatzanspruch daran scheitert, dass die Klägerin nicht auf die Richtigkeit der unzutreffenden Auskünfte vom 25.03.2013 und vom 18.01.2017 vertrauen durfte (aa), da jedenfalls aufgrund des Mitverschuldens der Klägerin der Anspruch auf Null zu mindern ist (bb).
aa)
55 
Bei der Versorgungsauskunft vom 25.03.2013 handelte es sich zwar – wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung klargestellt hat – um eine Auskunft, die sie im Hinblick auf die zeitliche Planung ihres Ruhestands aktiv eingefordert hatte. Sie wollte im Jahr 2013 wissen, mit welchen Bezügen sie im Falle einer Ruhestandsversetzung zum 30.04.2018 rechnen könne. Aufgrund dieser Auskunft hat die Klägerin ihren Angaben zufolge ihren Ruhestand jedoch nicht geplant, da die seinerzeit aufgeführte Höhe der Versorgungsbezüge ihr nicht ausreichend erschien.
56 
Die Auskunft vom 18.01.2017, die von der Klägerin als ursächlich für ihre Antragstellung auf Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand angesehen wird, war ausdrücklich als „turnusmäßige Auskunft“ gekennzeichnet und bezog sich nach ihrem Wortlaut auf das Ruhegehalt bei Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze oder bei Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit.
57 
Während bei Versorgungsauskünften, die vom Beamten erkennbar im Hinblick auf eine ins Auge gefasste Versetzung in den Ruhestand erbeten werden, grundsätzlich von einem schutzwürdigen Vertrauen des zukünftigen Versorgungsempfängers ausgegangen wird (vgl. VG Schleswig, a.a.O., beck online Rn. 44), kann bei einer turnusmäßigen Auskunft nicht ohne Weiteres unterstellt werden, dass auf die Richtigkeit der darin enthaltenen Angaben dergestalt vertraut werden dürfe, dass weitgehende Vermögensdispositionen im Sinne eines Antrags auf vorzeitige Versetzung in den Ruhestand getätigt werden dürften. Dies folgt unter anderem aus der Regelung in § 49 Abs. 10 BeamtVG. Danach hat die zuständige Dienstbehörde dem Beamten auf schriftlichen Antrag eine Auskunft zum Anspruch auf Versorgungsbezüge nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Antragstellung zu erteilen (§ 49 Abs. 10 S. 1 BeamtVG). Die Auskunft steht unter dem Vorbehalt künftiger Sach- und Rechtsänderungen sowie der Richtigkeit und Vollständigkeit der zugrundeliegenden Daten (§ 49 Abs. 10 S. 2 BeamtVG). Aus dieser Vorschrift ergibt sich, dass bei einer schriftlich angeforderten Versorgungsauskunft lediglich insoweit kein schutzwürdiges Vertrauen des Beamten bestehen kann, als sich die Sach- und Rechtslage ändern könnte oder die der Auskunft zugrundeliegenden Daten unrichtig oder unvollständig sind. Wendet hingegen die Behörde auf einer korrekten und vollständigen Datengrundlage bei der Erstellung der schriftlich angeforderten Auskunft das bestehende Recht falsch an, so kann der Beamte grundsätzlich auf die Richtigkeit dieser Auskunft vertrauen. Die maschinell erstellte turnusmäßige Auskunft vom 18.01.2017, auf die die Klägerin ihren Entschluss zur Beantragung des vorzeitigen Ruhestands stützte, enthielt jedoch den ausdrücklichen Hinweis, dass daraus weder ein Anspruch auf Ruhegehalt noch rechtlich zulässige Tatbestände für den Ruhestandseintritt und die möglichen Zeitpunkte hierfür abgeleitet werden könnten. Die von der Klägerin schriftlich gemäß § 49 Abs. 10 BeamtVG angeforderte – im Ergebnis korrekt erteilte – Auskunft des LBV vom 13.03.2018 enthielt demgegenüber keine vergleichbaren Einschränkungen.
58 
Dass die Klägerin vorliegend selbst nicht vollumfänglich auf die Richtigkeit der turnusmäßigen Auskunft vom 18.01.2017 vertraut hatte, ergibt sich daraus, dass sie – vor Stellung ihres Antrags auf Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand – mit Schreiben vom 19.02.2018 eine Auskunft über ihre zum 01.10.2018 oder zum 01.11.2018 bestehende Versorgungsanwartschaft beim LBV anforderte.
bb)
59 
Der Anspruch auf Schadensersatz ist jedenfalls wegen des Mitverschuldens der Klägerin auf Null zu mindern (vgl. dazu VG Schleswig a.a.O., beck online Rn. 55; VGH München, Beschluss vom 13.04.2018 – 3 ZB 16.2393 –, beck online).
60 
Zwar ist es – entgegen der Darstellung des Beklagten – nicht so, dass die Klägerin es unterlassen hätte, nach Erhalt der angeforderten Versorgungsauskunft vom 13.03.2018 durch Gebrauch eines in Betracht kommenden Rechtsmittels den Schaden abzuwenden. Soweit der Beklagte ausführt, dass eine Anfrage beim LBV geeignet gewesen wäre, den Widerspruch zwischen den Auskünften aus den Jahren 2017 und 2018 aufzuklären, ist zu beachten, dass die Klägerin unter dem 24.03.2018 eine solche Anfrage an das LBV gerichtet hatte, in der sie unter anderem um Überprüfung der Berücksichtigung ihrer Ausbildung und ihrer Tätigkeit als Justizangestellte bat. Es ist allerdings nicht nachvollziehbar, weshalb die Klägerin vor Antragstellung auf Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand die von ihr selbst am 19.02.2018 angeforderte Versorgungsauskunft nicht abwartete. Sie hätte zudem nach Erhalt der Auskunft vom 13.03.2018 über die Bitte um Überprüfung hinaus weitere Maßnahmen ergreifen müssen, um den Schaden, der zwischenzeitlich mit ihrer Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand eingetreten ist, noch abzuwenden.
61 
Auch im Beamtenrecht tritt nach dem in § 839 Abs. 3 BGB enthaltenen Rechtsgedanken eine Ersatzpflicht für rechtswidriges staatliches Handeln dann nicht ein, wenn es der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden abzuwenden (OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O. Rn. 49; VG Schleswig, a.a.O., beck online Rn. 53; VG Saarlouis, a.a.O., beck online Rn. 53). In einem solchen Fall kommt auch keine „quotale Kürzung nach der jeweiligen Mitverschuldensquote“ in Betracht, wenn der geschädigte Beamte es ohne hinreichenden Grund unterlassen hat, Maßnahmen zur Abwendung des Schadens zu ergreifen (vgl. VGH München, a.a.O.). Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben soll nur derjenige Schadensersatz erhalten, der sich in gehörigem und ihm zumutbaren Maß für seine eigenen Belange eingesetzt und damit den Schaden abzuwenden versucht hat (OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.).
62 
Die Klägerin hat dadurch, dass sie nach Erhalt der Versorgungsauskunft vom 13.03.2018 an ihrem Antrag auf Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand festhielt, zumindest fahrlässig gegen ihre Pflicht zur Abwehr des Schadens verstoßen.
63 
In den zitierten Urteilen des VGH Kassel und des VG Saarlouis, in denen den Beamten jeweils Schadensersatzansprüche zuerkannt wurden, ging es um Sachverhalte, in denen erst die Festsetzung der konkreten Ruhegehälter Zweifel an der Richtigkeit der zuvor erteilten Versorgungsauskünfte aufkommen ließ. In beiden Fällen waren zu dem Zeitpunkt, zu dem die Beamten Kenntnis von den geringeren Versorgungsbezügen erhielten, die Versetzungen in den Ruhestand als statusverändernde Verwaltungsakte bereits vollzogen und konnten nicht mehr rückgängig gemacht werden (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 30.04.2014 – 2 C 65.11 –, NVwZ-RR 2014, 653 ff). Eine solche Fallkonstellation ist vorliegend nicht gegeben.
64 
Die Klägerin hatte spätestens am 24.03.2018 – beim Verfassen ihres Schreibens an das LBV – Kenntnis von der Versorgungsauskunft, die unter dem 13.03.2018 erteilt worden war. Spätestens mit dieser Kenntniserlangung durfte sie nicht mehr auf die Richtigkeit der früheren Auskünfte vertrauen. Das Vertrauen ist nicht mehr schutzwürdig, wenn zwar eine behördliche Erklärung darauf abzielt und auch grundsätzlich (objektiv) geeignet ist, als Vertrauensgrundlage für eine Vermögensdisposition zu dienen, der Empfänger aber selbst erkennt oder es sich ihm aufdrängen muss, dass das behördliche Handeln rechtswidrig oder aus anderen Gründen nicht geeignet ist, die mit hierauf aufbauenden wirtschaftlichen Dispositionen verbundenen Risiken wesentlich zu begrenzen (vgl. zum Anspruch aus § 839 BGB: BGH, Urteil vom 16.01.1997 – III ZR 117/95 –, juris Rn. 70). Die Klägerin hatte zwar nach Erhalt der abweichenden Versorgungsauskunft vom 13.03.2018 keine Kenntnis darüber, welche der sich widersprechenden Auskünfte rechtlich zutreffend die Anrechnung ihrer Vordienstzeiten erfasste. Aufgrund des Umstands, dass zwei widersprüchliche Auskünfte zu dieser Frage vorlagen, hätte sich ihr jedoch aufdrängen müssen, dass wirtschaftliche Dispositionen, die sie auf der Grundlage der Auskunft vom 18.01.2017 getätigt hatte, mit erheblichen Risiken für den Fall verbunden waren, dass sich die spätere Auskunft vom 13.03.2018 als zutreffend erweisen würde. Zum Zeitpunkt ihrer Kenntniserlangung – dies war spätestens am 24.03.2018 – wäre es noch möglich gewesen, den Antrag auf Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand zurückzunehmen und dadurch den Vermögensschaden abzuwenden.
65 
Zwar ist davon auszugehen, dass ein für die Versetzung in den Ruhestand maßgebender Antrag nur bis zum Ergehen, also bis zur Bekanntgabe des den Status bestimmenden Verwaltungsakts vom Betroffenen zurückgenommen werden kann (Hug in: BeckOK Beamtenrecht Baden-Württemberg, § 40 LBG Rn. 41 m.w.N.). Die Bekanntgabe der Versetzung der Klägerin in den Ruhestand erfolgte allerdings erst mit Übergabe der entsprechenden Urkunde und der schriftlichen Empfangsbestätigung der Klägerin am 03.07.2018. Die Klägerin hat selbst angegeben, nach Erhalt der neuen Versorgungsauskunft vom 13.03.2018 aufgrund der widersprüchlichen Auskünfte Zweifel gehabt zu haben. Sie hatte diese Zweifel ihren Angaben zufolge zwar lediglich in Bezug auf die Richtigkeit der für sie ungünstigen Auskunft vom 13.03.2018, weshalb sie ihren Antrag auf Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand nicht zurückgenommen habe. Die Tatsache, dass widersprüchliche Angaben zur Ruhegehaltsfähigkeit ihrer Vordienstzeiten vorlagen, ist jedoch so zu werten, dass ab der Kenntniserlangung von der abweichenden neueren Auskunft das Vertrauen in die Richtigkeit der turnusmäßigen Auskunft vom 18.01.2017 nicht mehr als schutzwürdig angesehen werden kann (dazu bereits vorstehend). Dadurch stellt das Festhalten an dem Antrag auf Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand eine zumindest fahrlässige Sorgfaltspflichtverletzung dar, welche jedenfalls mitursächlich für die Entstehung des streitgegenständlichen Schadens gewesen ist.
66 
Dem steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin von Mitte März 2018 bis August 2018 arbeitsunfähig erkrankt war.
67 
Wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung dargelegt hat, sei sie davon ausgegangen, ihre Arbeitsfähigkeit könne dauerhaft nicht wiederhergestellt werden. Sie habe deshalb ihren Antrag auf Versetzung in den Ruhestand nicht zurückgenommen. Dieser Umstand lässt jedoch den Verstoß gegen ihre Pflicht zur Schadensabwendung nicht entfallen. Denn die Klägerin hat nicht nachgewiesen, dass tatsächlich eine dauerhafte Arbeitsunfähigkeit eingetreten ist. Sie hat vielmehr dargelegt, sie sei zwischen Mitte März 2018 und August 2018 arbeitsunfähig erkrankt gewesen, habe aber sodann im September 2018 – vor Eintritt in den Ruhestand – Resturlaub in Anspruch genommen. Die Inanspruchnahme von Urlaub setzt grundsätzlich eine Arbeitsfähigkeit voraus. In der Personalakte der Klägerin finden sich Hinweise darauf, dass sie für ihre seit dem 16.03.2018 bestehende Arbeitsunfähigkeit einfache ärztliche Bescheinigungen bzw. Folgebescheinigungen vorgelegt hat, die jeweils bis zu einem (voraussichtlichen) Termin der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit befristet waren. Ein ärztliches Attest dahingehend, dass mit einer Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit der Klägerin in absehbarer Zeit nicht gerechnet werden könne, ist in ihrer Personalakte nicht enthalten. Das ihr angebotene Gespräch über eine mögliche Wiedereingliederung hat sie abgelehnt. Wie vorstehend ausgeführt, durfte sie spätestens mit Kenntnis der Versorgungsauskunft vom 13.03.2018 nicht mehr auf die Richtigkeit der Auskunft vom 18.01.2017 vertrauen und es wäre ihr bis zum Erhalt der Ruhestandsurkunde möglich gewesen, ihren Antrag auf Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand zurückzunehmen. Die Ruhestandsurkunde wurde der Klägerin am 03.07.2018 ausgehändigt. Die Klägerin hat nicht geltend gemacht, dass sie im Zeitraum zwischen dem 24.03.2018 (dem spätesten Zeitpunkt ihrer Kenntnis von der Versorgungsauskunft vom 13.03.2018) und dem 03.07.2018 sicher sein konnte, es werde keine erneute Arbeitsfähigkeit eintreten. Auch für das Gericht sind keine entsprechenden Anhaltspunkte ersichtlich.
68 
Unabhängig davon wäre die Kausalität der falschen Versorgungsauskunft für den Schadenseintritt unterbrochen worden, wenn die Klägerin nicht aufgrund ihres (nach Erhalt der Versorgungsauskunft vom 13.03.2018 nicht mehr schutzwürdigen) Vertrauens in die falsche Auskunft vom 18.01.2017, sondern wegen der Annahme einer dauerhaften Arbeits- bzw. Dienstunfähigkeit an ihrem Antrag auf Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand festgehalten hätte. Hinsichtlich der haftungsausfüllenden Kausalität zwischen der behördlichen Pflichtverletzung und dem geltend gemachten Schaden ist darauf abzustellen, welchen Verlauf die Dinge bei pflichtgemäßem Verhalten der Behörde genommen hätten und wie dann die Vermögenslage des Betroffenen wäre (vgl. BGH, a.a.O. Rn. 86). Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, sie selbst habe nicht mehr mit einer Wiederherstellung ihrer Dienstfähigkeit gerechnet und aus diesem Grunde an ihrem Antrag auf Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand festgehalten, wird dadurch die haftungsausfüllende Kausalität unterbrochen. Denn selbst wenn das LBV der Klägerin unter dem 18.01.2017 eine zutreffende Auskunft (ohne Anrechnung ihrer Vordienstzeit im Angestelltenverhältnis) erteilt hätte, wäre nicht die Auskunft, sondern die seit Mitte März 2018 bestehende Dienstunfähigkeit der Klägerin für sie Anlass gewesen, vorzeitig in den Ruhestand zu treten. Die Vermögenslage hinsichtlich der geringeren Versorgungsbezüge wäre dann identisch.
69 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
70 
B E S C H L U S S
71 
Der Streitwert wird gemäß § 42 Abs. 1 S. 1 GKG auf 18.624,60 Euro festgesetzt. Wenn um die Höhe des Anspruchs auf wiederkehrende Leistungen aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis gestritten wird, ist der dreifache Jahresbetrag der begehrten Erhöhung maßgeblich (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 06.02.2019 – 4 S 861/18 –, juris Rn. 42; Beschluss vom 10.12.2019 – 4 S 472/19 –, juris Rn. 55).
72 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

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