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| Der Kläger wendet sich gegen die Aberkennung seines Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts. |
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| Die Klägerin beruht auf einem am 06.06.1894 vereinbarten Zusammenschluss Pforzheimer Schmuck-Fabrikanten zum „Creditoren-Verein der Gold- und Silberwarenindustrie“. |
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| Art. 3 des Gründungsstatuts lautete: |
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| 1. Seine Mitglieder durch Beschaffung und Zusammenfassung tunlichst zuverlässiger Auskünfte über die kreditnehmenden Kunden aller Länder zu orientieren und vor möglichem Schaden zu behüten. |
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| 2. Bei Zahlungseinstellungen oder Zahlungsschwierigkeiten von Kreditnehmern die Ansprüche seiner dabei beteiligten Mitglieder zu wahren. |
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| 3. Abstellung von Schäden und Missbräuchen innerhalb der Branche. |
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| Art. 10 des Gründungsstatus bestimmte, dass die Erlangung der Körperschaftsrechte „in thunlichster Kürze anzustreben“ sei. |
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| Der Großherzog von Baden hatte bereits am 01.08.1807 das Zweite Konstitutionsedikts betreffend die Verfassung der Gemeinden, Körperschaften und Staatsanstalten (Regierungsblatt des Großherzogtums Baden, S. 125 <129 f.>; im Folgenden: Zweites Konstitutionsedikt) erlassen. Ziffer 9 des Zweiten Konstitutionsedikts bestimmte: |
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| Die Landesherrliche Verordnung vom 17.11.1883 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Großherzogtum Baden vom 30.11.1883, S. 324 f.; im Folgenden: Landesherrliche Verordnung) enthält unter Bezug auf Ziffer 9 des Zweiten Konstitutionsedikts weitere Bestimmungen für die Verleihung der Körperschaftsrechte: |
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| Einen ersten Antrag des Klägers auf Erteilung der Körperschaftsrechte im Oktober 1895 lehnte das Badische Innenministerium ab. Das Innenministerium erklärte, dass die Körperschaftsrechte nur solchen Vereinigungen verliehen werden könnten, die öffentliche Zwecke verfolgten. Insoweit sei zumindest erforderlich, dass der maßgebende Passus der Statuten über die „Gemeinnützigkeit“ stärker den öffentlichen Zweck zum Ausdruck bringe. |
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| Der Kläger wies in einer erneuten Eingabe an das Badische Innenministerium vom 24.02.1896 darauf hin, dass der größte Teil der Fabrikanten aus dem Arbeiterstand hervorgegangen sei und dass daher bei vielen der notwendige Grad an kaufmännischer Routine fehle. Insoweit solle der Creditoren-Verein Abhilfe schaffen. Der Verband sei ein Organ, das die Interessen der Branche wahrnehmen und das insbesondere den Fabrikanten die nötige Hilfe und Belehrung erteilen könne. Er diene auch der Beseitigung von Missständen in der Branche. Der Kläger änderte zudem entsprechend seine Statuten, welche nach seinem Vortrag sodann im Wesentlichen den von ihm nachfolgend beschlossenen Satzungen entsprochen haben sollen, und beantragte erneut die Verleihung des Körperschaftsstatus. |
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| Der Großherzog von Baden verlieh dem Kläger mit Edikt vom 04.06.1897 die Körperschaftsrechte. Die Urkunde hatte folgenden Wortlaut: |
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| „Seine königliche Hoheit der Großherzog haben aller höchster Staatsministerial-Entschließung auf den Unterthänigsten Vortrag des Ministeriums des Inneren vom 25.05.1897 Nr. 8547 gnädigst geruht, dem Creditorenverein für die Gold-, Silberwaren- und Uhrenindustrie aufgrund der vorgelegten Satzungen die Körperschaftsrechte zu verleihen.“ |
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| Der Kläger betrieb über die folgenden Jahrzehnte bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung eine Wirtschaftsauskunftei für seine Mitglieder und bot ihnen Inkassodienstleistungen an. Er verfügt ferner über eine Erlaubnis zur Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten, welche erstmals durch Bescheid des Präsidenten des Landgerichts Karlsruhe vom 30.01.1961 erteilt wurde. |
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| Der Beklagte ging in den vergangenen Jahrzehnten (vgl. Schreiben des Wirtschaftsministeriums an das Regierungspräsidium Nordbaden vom 23.08.1965, Bescheinigung des Ministeriums für Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr Baden-Württemberg vom 22.05.1978, Schreiben des Ministeriums für Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr Baden-Württemberg an die Stadt Horn vom 17.03.1986, interne Vermerke des Wirtschaftsministeriums vom 19.10.1998 [Referat 32] sowie vom 26.11.1998 [Referat 13]) davon aus, dass dem Kläger der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts nach dem Zweiten Konstitutionsedikt vom 14.07.1807 zukomme. Er nahm ihm vorgelegte Bilanzen zur Kenntnis und befand über die Genehmigung von Satzungsänderungen des Klägers. Eine in den 1980er Jahren diskutierte gesetzliche Regelung zur Statusänderung der sogenannten „Alt-Körperschaften“ wurde seitens des Beklagten nicht weiterverfolgt. |
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| Die zuletzt durch den Beklagten genehmigte Satzung des Klägers vom 13.11.2000 bestimmt unter anderem (Hervorhebungen nur hier): |
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| 1. Name und Sitz des Verbandes |
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| (1) Der Verband führt den Namen Creditoren-Verein Pforzheim Internationaler branchenbezogener Gläubigerschutzverband. |
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| Durch Edikt des Großherzogs von Baden vom 4. Juni 1897 sind dem Verband Körperschaftsrechte verliehen worden. Er ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. |
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| *Der Creditoren-Verein nimmt keine öffentlichen Verwaltungsaufgaben wahr und besitzt keine Hoheitsgewalt. |
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| (2) Der Verband hat seinen Sitz in Pforzheim. |
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| (1) Der Verband kann unter seinem Namen Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, vor Gericht klagen und verklagt werden. |
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| (2) Für alle Verbindlichkeiten des Verbandes haftet nur das Verbandsvermögen. |
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| 2. Aufgaben des Verbandes |
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| (1) Die vom Verband betreuten Branchen ergeben sich aus § 5 der Satzung. |
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| (2) Die Tätigkeit des Verbandes ist auf die Vertretung der Interessen seiner Mitglieder auf dem Gebiet des Gläubigerschutzes gerichtet. Hierbei soll er auf die Einhaltung ehrbarer Geschäftsbräuche achten und Missständen innerhalb der von ihm betreuten Branchen entgegentreten. |
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| (3) Diese Aufgaben erfüllt der Verband insbesondere, indem er |
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| 1. eine Auskunftei unterhält und auf Anforderung Kreditauskünfte über als Abnehmer in Betracht kommende Personen und Firmen im In- und Ausland erteilt sowie sonstige Dienstleistungen auf dem Gebiet des Auskunftswesens anbietet. Die vorgenannten Leistungen kann der Verband für seine Mitglieder auch durch Dritte erbringen lassen. |
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| 2. im außergerichtlichen und gerichtlichen Mahnverfahren sowie in der Zwangsvollstreckung die Interessen seiner Mitglieder vertritt und bei streitigen Fällen des Forderungseinzuges auf Wunsch des Mitgliedes die Korrespondenz mit dem mit gerichtlichen Maßnahmen beauftragten Rechtsanwalt führt, soweit eine gütliche Einigung nicht möglich ist. |
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| Leistungen gemäß § 3 (3) Ziff. 2 kann der Verband auch für Auftraggeber von solchen ausländischen Gläubigerschutzorganisationen erbringen, die ihrerseits die Interessen der Verbandsmitglieder bei Insolvenzen und Forderungseinzügen wahrnehmen. |
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| 3. bei durch Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit bedingten Zahlungsschwierigkeiten von Schuldnern die Interessen seiner Mitglieder vertritt. Bei Insolvenzverfahren übernimmt der Verband die Anmeldung der Forderungen seiner Mitglieder und macht Sonderrechte geltend bzw. beauftragt im Namen seiner Mitglieder geeignet erscheinende Rechtsanwälte oder Korrespondenzunternehmen hiermit, wenn die Durchführung solcher Maßnahmen durch den Verband selbst - z. B. bei Auslandsinsolvenzen - unzulässig oder untunlich ist. |
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| In den Fällen des § 3 (3) Ziff. 3 kann der Verband ausnahmsweise auch Nichtmitglieder mit Gläubigereigenschaft vertreten, wenn dies im Interesse ebenfalls als Gläubiger beteiligter Mitglieder erforderlich erscheint (z. B. zur Herbeiführung einheitlicher Regelungen mit dem Schuldner oder mit Gläubigerbanken als Inhaber konkurrierender Sicherheiten). |
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| Leistungen gemäß § 3 (3) Ziffer 3 kann der Verband auch für Auftraggeber von solchen ausländischen Gläubigerschutzorganisationen erbringen, die ihrerseits die Interessen, der Verbandsmitglieder bei Insolvenzen und Forderungseinzügen wahrnehmen. |
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| 4. die Interessen: seiner Mitglieder auf dem Gebiete des Versicherungswesens vertritt und fördert. |
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| 5. eine beratende und auf Förderung und Besserung der wirtschaftlichen Belange und gemeinsamen Standesinteressen abzielende Tätigkeit entwickelt und |
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| 6. durch Herausgabe von Mitteilungen die Mitglieder über bemerkenswerte Vorkommnisse und über die Tätigkeit des Verbandes fortlaufend unterrichtet und über Rechtsfragen informiert; die den Geschäftskreis der Mitglieder betreffen. |
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| (4) Der Verband verfolgt keine wirtschaftlichen Zwecke. Ein auf Gewinn gerichteter Geschäftsbetrieb ist ausgeschlossen. |
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| (5) In Ansehung von Abs. 3, Ziff. 2 u. 3 vertritt der Verband nur die Interessen der Mitglieder mit Gläubigereigenschaft. |
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| (6) Der Creditoren-Verein Pforzheim wurde gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Rechtsdienstleistungsgesetz vom 12.12.2007 für den Sachbereich Inkassodienstleistungen am 04.03.2011 registriert. |
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| 3. Erwerb der Mitgliedschaft |
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| (1) Mitglied kann jede natürliche oder juristische Person oder handelsrechtliche Gesellschaft werden, die Lieferungen und/oder Leistungen im Bereich des Schmuck-, Silberwaren- und Uhrengewerbes, der Optik sowie artverwandter Wirtschaftszweige oder im Bereich nach § 5 (2) neu aufgenommener Branchen erbringt. Für den Einzelhandel ist jeweils eine Mitgliedschaft ausgeschlossen. |
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| (2) Durch Beschluss des Vorstands kann der Verband seinen Tätigkeitsbereich auf weitere Branchen ausdehnen, wobei hinsichtlich der jeweiligen Branche eine möglichst weitgehende Erfassung der als Mitglieder in Betracht kommenden Personen und Gesellschaften angestrebt werden soll. Einer nachträglichen Aufführung dieser weiteren Branchen in der Satzung bedarf es nicht. |
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| (3) Mitglied werden können auch Versicherungen und Kreditinstitute, deren Dienstleistungsangebot für die vom Verband betreuten Gewerbe gemäß § 5 (1) von besonderer Bedeutung ist oder die Verbandsmitglieder in nicht nur unerheblicher Zahl zu ihrem Kundenkreis zählen. |
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| (4) Das Aufnahmegesuch ist schriftlich zu stellen. Über die Aufnahme entscheidet der Vorstand. Ein Anspruch auf Aufnahme besteht nicht. |
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| (5) Eine einmalige beitragsfreie Probemitgliedschaft von bis längstens 4 Monaten ist pro Interessent möglich. Ein Anspruch hierauf besteht nicht. Während der Probemitgliedschaft besteht kein Teilnahmerecht an der Mitgliederversammlung. Über die Ausgestaltung der Probemitgliedschaft im einzelnen entscheidet der Vorstand. |
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| (1) Die Auflösung des Verbandes kann nur aufgrund eines Beschlusses der Mitgliederversammlung erfolgen. Ein dahingehender Antrag ist schriftlich zu begründen. Die Begründung ist der Ladung nach § 19 (1) beizufügen. Der Antrag muss durch mindestens 1/4 der Mitglieder durch Unterzeichnung gebilligt werden, soweit er nicht vom Vorstand gestellt wird. |
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| Vor der Abstimmung ist den Teilnehmern der Mitgliederversammlung eine schriftliche Stellungnahme des Vorstandes vorzulegen. |
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| (2) Zu einem Beschluss über die Auflösung des Verbandes ist die Anwesenheit von mindestens zwei Drittel der in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Mitglieder und eine Stimmenmehrheit von drei Viertel der abgegebenen gültigen Stimmen erforderlich. Enthaltungen bleiben außer Betracht Bei Versammlungen und Beschlüssen über die Auflösung des Verbandes ist die Vertretung eines abwesenden Mitglieds durch ein anwesendes Mitglied unzulässig. |
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| (3) Ist die Auflösung des Verbandes endgültig beschlossen worden, so ist der Vorstand von diesem Zeitpunkt an Liquidator des Verbandes. |
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| Der Liquidationserlös ist der Stadt Pforzheim mit der Bestimmung zu übergeben, dass er so lange verzinslich angelegt wird, bis sich wieder ein Verband mit gleichen oder ähnlichen Zwecken gebildet hat, dem der Erlös samt Zinsen auszufolgen ist, sobald der neue Verband ein Jahr besteht und mindestens 200 Mitglieder zählt. |
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| (4) Bildet sich innerhalb von 10 Jahren vom Auflösungsbeschluss an kein gleicher oder ähnlicher Verband, so geht der Liquidationserlös samt Zinsen an die bestehenden Kunstgewerbevereine der Städte Pforzheim, Idar-Oberstein, Hanau und Schwäbisch Gmünd über. Die Höhe der Anteile richtet sich nach der Zahl der zum Zeitpunkt des Auflösungsbeschlusses in den vier Städten vorhanden gewesenen Mitglieder des Verbandes. |
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| Jede Änderung der Satzung und die Auflösung des Verbandes bedürfen der Genehmigung Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg. Stuttgart, dessen Aufsicht der Verband untersteht. |
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| Die vorliegende in der Mitgliederversammlung vom 13.11.2000 beschlossene geänderte Satzung wurde durch Erlass des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg Nr, 1-0521.1-5/7 vom 15.02.2001 genehmigt. |
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| Der Beklagte hörte den Kläger mit Anwaltsschreiben vom 08.10.2019 zur beabsichtigten Aberkennung des Körperschaftsstatus an. Der Kläger kündigte daraufhin seine Selbstauflösung an, regte eine einvernehmliche Lösung an und verwies in einem nachfolgenden Gespräch zwischen den Beteiligten am 19.11.2019 auf seinen Vertrauens- und Bestandsschutz. |
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| Der Beklagte erkannte dem Kläger mit Bescheid vom 19.12.2019, diesem zugestellt am 24.12.2019, den durch Edikt des Großherzogs von Baden vom 04.06.1897 verliehenen Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Wirkung für die Zukunft ab und hob eine Bescheinigung des Ministeriums für Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr Baden-Württemberg über den Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts vom 22.05.1978 auf. |
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| Zur Begründung verwies der Beklagte darauf, dass offengelassen werde, ob als Rechtsgrundlage für die Feststellung der Aberkennung des Status der Körperschaft des öffentlichen Rechts die Organisationsgewalt des Staates oder eine – analoge – Anwendung der Bestimmungen der §§ 48, 49 VwVfG heranzuziehen sei. Unter Berücksichtigung seines – des Beklagten – Ermessenspielraums sei nach §§ 48, 49 VwVfG der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts abzuerkennen. Ausschlaggebend sei, dass dem Kläger nur formell der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zukomme. Darüber hinaus bestünden erhebliche Zweifel, ob im Zeitpunkt des Edikts vom 04.06.1897 die Voraussetzungen für eine auch nur formelle Begründung des Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts vorgelegen hätten. Nach der zugrunde liegenden Landesherrlichen Verordnung vom 17.11.1883 sei vorausgesetzt, dass die Vereinigung unter Berücksichtigung ihres Status öffentliche Zwecke verfolge. Solche öffentlichen Zwecke, die einem Staatszweck gemäß Ziffer 9 des Zweiten Konstitutionsedikts vom 14.07.1807 entsprächen, lägen aber voraussichtlich nicht vor. Der Kläger sei von Beginn an eine Vereinigung, welche für ihre Mitglieder die Interessen der jeweiligen Branche wahrnehme und die satzungsmäßigen Aufgaben verwirkliche. Diese seien im Bereich des Privatrechts angesiedelt und ließen eine öffentliche, gar einem Staatszweck dienliche Aufgabenstellung nicht erkennen. Mit Rücksicht darauf und die im Übrigen einzustellenden Interessen des Klägers am fortgeltenden Bestand eines Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts sei die Aberkennung dieses Status auch in Ansehung der §§ 48, 49 VwVfG rechtmäßig. Vorsorglich sei auch die Bescheinigung des Wirtschaftsministeriums vom 22.05.1978 zur Beseitigung des damit geschaffenen Rechtsscheins aufzuheben. |
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| Die Mitgliederversammlung des Klägers beschloss am 19.10.2020 die Änderung der Satzung. Mit der Satzungsänderung wurde das nach § 23 der Satzung notwendige Quorum für seine Liquidation auf 3/4 der in einer Mitgliederversammlung abgegebenen Stimmen herabgesetzt. Die (verweigerte) Genehmigung dieser Satzungsänderung durch den Beklagten ist Gegenstand eines vom Kläger parallel betriebenen Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe (Az. 2 K 5255/20). |
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| Die Mitgliederversammlung des Klägers beschloss am 24.01.2022 die Einstellung seines laufenden Betriebs zum 31.03.2022 sowie seine aufschiebend bedingte Liquidation. Der am 24.01.2022 gefasste Liquidationsbeschluss erfolgte einstimmig bei Anwesenheit von 26 der insgesamt 172 Mitglieder des Klägers. Die aufschiebend bedingte Liquidation knüpft an die Genehmigung der Satzungsänderung vom 19.10.2020 durch das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg bzw. die verwaltungsgerichtliche Feststellung der fehlenden Genehmigungsbedürftigkeit der Satzungsänderung an. |
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| Der Kläger hat bereits am 17.01.2020 beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 19.12.2019 erhoben. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, dass die Klage entgegen der Auffassung des Beklagten zulässig sei. Insbesondere sei er klagebefugt nach § 42 Abs. 2 VwGO, da seine Rechtsverletzung, als Adressat des streitgegenständlichen Bescheids, zumindest denkbar und nicht von vornherein ausgeschlossen sei. Aus der Verleihung der Körperschaftsrechte durch das Edikt von 1897 ergebe sich unmittelbar seine Rechtsfähigkeit. |
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| Die Klage sei auch begründet. Die Aberkennung des Körperschaftsstatus sei rechtswidrig. Die Aberkennung könne nicht durch einen bloßen Verwaltungsakt bewirkt werden. Das Edikt des Großherzogs sei ein konstituierender Akt des Regenten selbst gewesen, dem somit Erlass- oder Gesetzescharakter zukomme und der damit normative Wirkung habe. Die Entziehung des Status der Körperschaft des öffentlichen Rechts könne somit nur durch einen vergleichbaren Rechtsakt durch Gesetz oder auf der Grundlage eines Gesetzes erfolgen. Diese Rechtsauffassung habe auch der Beklagte über viele Jahre vertreten. Die Aufhebungsentscheidung sei auch in der Sache nicht rechtmäßig. Der konkrete Tätigkeitsbereich des Creditoren-Vereins habe sich bezogen auf die Wahrnehmung öffentlicher oder gar hoheitlicher Aufgaben nicht geändert. Seine Tätigkeit als internationaler, branchenbezogener Gläubigerschutzverband und die damit verbundene Vertretung der Interessen seiner Mitglieder auf dem Gebiet des Gläubigerschutzes beträfen noch immer übergeordnete Interessen des Gemeinwohls. Nach § 3 Abs. 4 der Satzung verfolge der Creditoren-Verein keine wirtschaftlichen Zwecke; ein auf Gewinn ausgerichteter Geschäftsbetrieb sei ausgeschlossen. Der Creditoren-Verein habe von Anfang an keine öffentlichen Verwaltungsaufgaben wahrgenommen und keine Hoheitsgewalt besessen. Das werde in der Satzung vom 13.11.2000 ausdrücklich klargestellt. Damit handele es sich bei ihm um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts im formellen Sinn. Dies führe jedoch nicht zu der vom Beklagten behaupteten Rechtswidrigkeit. Nach § 4 Satz 2 des Gesetzes zur Bereinigung des baden-württembergischen Landesrechts vom 12.02.1980 (GBl. S. 98; im Folgenden: Rechtsbereinigungsgesetz) gelte die Verleihung der Körperschaftsrechte auch fort. Es lägen auch keine Gründe für die Notwendigkeit der Aberkennung der Körperschaftsrechte vor. Er habe ohne Beanstandungen über 120 Jahre als staatlich anerkannte rechtsfähige Organisation agiert. Jedenfalls hätte der Beklagte im Sinne von § 4 Satz 2 Rechtsbereinigungsgesetz sicherstellen müssen, dass er seine konstitutiv verliehene Rechtsfähigkeit behalte. Ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung sei eine Umwandlung in eine GmbH oder Aktiengesellschaft nicht möglich. Zudem bestehe auf Seiten des Creditoren-Vereins Vertrauensschutz, da sein Status von dem Beklagten in den Jahren 1965, 1976 und 1978 ausdrücklich bestätigt worden sei. Hilfsweise sei jedenfalls eine Abwicklungsfrist von mindestens zwei Jahren zu gewähren. |
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| Der Darstellung seiner geschäftlichen Aktivitäten durch den Beklagten werde widersprochen. Die in der Klageerwiderung genannte ... GmbH sei zum Zwecke der Beitreibung fremder Forderungen für die Mitglieder des Creditoren-Vereins gegründet worden und bereits im Jahr 2016/2017 verkauft worden. Die ... GmbH (ursprünglich ...) befinde sich seit längerem in Liquidation und sei nicht mehr geschäftlich aktiv. An der von dem Beklagten erwähnten ... GmbH sei er nie beteiligt gewesen. Bei dem Hinweis auf die Rechtsanwaltskanzlei ... auf seiner Homepage handele es sich ersichtlich um den Hinweis auf eine externe Kanzlei. Es werde zwar der Begriff „Joint Venture“ verwendet, anschließend aber auf die Kanzlei als Korrespondenzpartner verwiesen. Die Geschäftsräume des Creditoren-Vereins und die Kanzleiräume befänden sich zwar im selben Gebäude, seien jedoch räumlich getrennt. Er – der Kläger – habe keinen auf Gewinn ausgerichteten Geschäftsbetrieb geführt, sondern sei stets nur im Rahmen seiner satzungsmäßigen Zwecke und im Interesse seiner Mitglieder tätig gewesen. Für diese Tätigkeit habe zeitweise ein hoher Aufwand mit entsprechendem Personal betrieben werden müssen, der nicht allein über Mitgliederbeiträge, sondern auch über Gebühren für einzelne Auskünfte und Tätigkeiten habe finanziert werden müssen. Die (Aus-)Lagerung von Teilen dieser Tätigkeit in eine zu 100 % ihm gehörende GmbH sei sachdienlich und zur Minimierung seiner Haftung notwendig und geboten gewesen. Das gleiche gelte im Hinblick auf den angeblich zu engen Kontakt zu der Rechtsanwaltskanzlei .... Hervorzuheben sei, dass der Beklagte umfassend von den Tätigkeiten und dem Tätigkeitsumfang des Vereins Kenntnis gehabt habe – insbesondere zu den „Hoch-Zeiten“ bis in die 1980er/1990er Jahre hinein. Erst nachdem der Tätigkeitsumfang des Klägers massiv reduziert worden sei, meine der Beklagte nun, sich auf diese Tätigkeiten stützen zu können. Sämtliche angeführten Argumente seien abstrakter Natur, ein konkretes Fehlverhalten sei dem Creditoren-Verein bislang nicht vorgeworfen worden. |
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| Selbst in Anlehnung an die Vorgaben für Rücknahme- und Widerrufsentscheidungen nach den §§ 48, 49 LVwVfG bedeute dies vorliegend, dass zumindest geänderte tatsächliche oder rechtliche Umstände vorliegen müssten, die es geboten erscheinen ließen, den Körperschaftsstatus zu entziehen. Es müssten sachliche Gründe für ein Einschreiten vorliegen. Die Entscheidung dürfe nicht willkürlich sein. Die Entscheidung stehe zudem im Ermessen der Behörde und dürfte nicht unverhältnismäßig sein. Die rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen für die betroffene Körperschaft und deren Mitglieder seien ebenfalls zu berücksichtigen. Gegebenenfalls seien Übergangsfristen einzuräumen. Dies habe der Beklagte nicht hinreichend berücksichtigt. Die Konsequenzen der Entziehung seien nicht in den Blick genommen worden. Der Creditoren-Verein habe von Anfang an Aufgaben wahrgenommen, welche im öffentlichen Interesse lägen. Dies habe für die Zuerkennung des Körperschaftsstatus ausgereicht. |
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| den Bescheid des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg vom 19.12.2019 aufzuheben. |
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| Die Klage sei bereits unzulässig, da dem Kläger die notwendige Klagebefugnis fehle. Er sei kein Träger subjektiv-öffentlicher Rechte. Die Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts erschöpfe sich in der „Institutionalisierungswirkung“. Der Körperschaftsstatus des Klägers beschränke sich auf dessen Begründung im formellen Sinn. Ihm komme privatrechtliche Rechtsfähigkeit zu; zivilrechtlich sei vom Vorliegen eines sogenannten Vorvereins auszugehen. |
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| Rechtsgrundlage der Aberkennung des Körperschaftsstatus sei die Organisationsgewalt des Staates. Die Aberkennung könne durch Verwaltungsakt erfolgen, da die Gründung des Klägers nicht durch Gesetz erfolgt sei. Hierbei seien die Bestimmungen der §§ 48 ff. VwVfG analog anzuwenden. Das Edikt des Großherzogs vom 04.06.1897 sei rechtswidrig gewesen. Der Zweck der Gesellschaft sei nicht zugleich „Theil des Staatszwecks“ im Sinne des Zweiten Konstitutionsedikts vom 14.07.1807 gewesen. Die Gesellschaft habe keine öffentliche Zwecke im Sinne der Landesherrlichen Verordnung vom 17.11.1883 verfolgt. Jedenfalls verfolge sie solche Zwecke spätestens seit Gründung der ...-GmbH und der ...-Gesellschaft ... nicht mehr. Vielmehr sei der Kläger ein gewerblich betriebenes Inkassounternehmen, das sich weltweit auf dem Gebiet des Forderungsmanagements gerichtlich und außergerichtlich betätige. Jedenfalls rechtfertigten die Aktivitäten des Creditoren-Vereins den Widerruf des Körperschaftsstatus analog § 49 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG. Entscheidend sei, dass sich der Creditoren-Verein aufgrund seiner Beteiligung an Kapitalgesellschaften und durch die enge Verbindung mit der Kanzlei ... („joint venture“) zu einem gewerblichen Unternehmen entwickelt habe, das im Gegensatz zum öffentlichen Zweck gemäß der staatlichen Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts, aber auch zu dem eigenen Statut stehe, wonach der Verband keine wirtschaftlichen Zwecke verfolge. Hinzu komme, dass der Kläger seine Stellung als Körperschaft des öffentlichen Rechts genutzt habe, um eine Erlaubnis zur Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten einzuholen. Die erteilte Erlaubnis nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz begegne erheblichen Bedenken, da das Behördenprivileg nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 Rechtsdienstleistungsgesetz hier keine Anwendung finden könne. Es handele sich dabei nicht um eine eigene Zuständigkeitsnorm, sondern setze diese gemäß dem übrigen öffentlichen Recht voraus. Eine Gefährdung öffentlicher Interessen liege vor, da der Kläger durch sein Auftreten als Vereinigung, welche durch § 8 Abs. 1 Nr. 2 Rechtsdienstleistungsgesetz privilegiert sei, unmittelbar öffentliche Interessen im Bereich der Rechtsverfolgung beeinträchtige. |
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| Dem Gericht liegen die Verwaltungsakten des Beklagten vor. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf diese sowie auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze verwiesen. |
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| Die Klage ist zulässig und begründet. |
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| I. Die Klage ist hinsichtlich der in Ziffer 1 des Bescheids vom 19.12.2019 ausgesprochenen Aberkennung des Körperschaftsstatus zulässig. |
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| 1. Sie ist als Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO statthaft. Mit Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids vom 19.12.2019 hat der Beklagte dem Kläger die Eigenschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts aberkannt. Diese Entscheidung ist als Verwaltungsakt auf die Setzung von Rechtsfolgen – konkret den Verlust der Körperschaftsrechte des Klägers – gerichtet; sie erzeugt nicht lediglich einen entsprechenden Rechtsschein. |
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| 2. Der Kläger ist beteiligtenfähig (§ 61 VwGO). Dies gilt unabhängig von der Frage, welche Organisationsform dem Kläger nach Entzug der Körperschaftsrechte zukommt. Der Kläger hat zwar mit der Wirksamkeit der angefochtenen Verfügung (§ 41 Abs. 1, Abs. 3, § 43 Abs. 1 LVwVfG) seine Eigenschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts verloren. Der hiergegen erhobenen Klage kommt aber aufschiebende Wirkung zu (§ 80 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Deswegen dürfen an diese Rechtsänderung noch keine dem Kläger nachteiligen Folgen geknüpft werden. Insbesondere ist im Rechtsstreit um die Beteiligtenfähigkeit derjenige, dessen Beteiligungsfähigkeit fraglich ist, als beteiligtenfähig anzusehen (vgl. zur Aberkennung des Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts gegenüber einer Religionsgemeinschaft VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 20.06.2008 - 1 S 1940/07 -, VBlBW 2008, 480 = juris Rn. 19 sowie die Rechtsfähigkeit des Klägers bei noch nicht rechtskräftiger Aberkennung ihres Körperschaftsstatus bejahend: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 07.12.2020 - 11 W 11/20 (Wx) -, BA S. 9 ff.). |
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| 3. Der Kläger ist auch klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO). Er ist durch den Entzug der Körperschaftsrechte in seiner Rechtsstellung betroffen. Es ist nicht nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen, dass er dadurch auch in seinen Rechten verletzt ist. Mehr ist für die Bejahung der Klagebefugnis nicht zu verlangen (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 20.06.2008 - 1 S 1940/07 -, VBlBW 2008, 480 = juris Rn. 20). Soweit der Bevollmächtigte des Beklagten in der mündlichen Verhandlung darauf verwiesen hat, dass dem Kläger die Klagebefugnis fehle, weil es sich bei der „Aberkennung“ des Status um eine „bloße Aberkennung und nicht mehr“ handele, diese wie schon die Anerkennung nur deklaratorischer Natur sei und subjektive Rechte des Klägers nicht berühre, vermag das Gericht dieser Rechtsauffassung nicht zu folgen. Die „Verleihung“ der Körperschaftsrechte durch das großherzogliche Edikt vom 04.06.1897 weist schon ihrem Wortlaut nach über die bloße deklaratorische Anerkennung eines – nach Auffassung des Beklagten schon vorhandenen – Rechtsstatus hinaus. Die „Verleihung“ begründete als landesherrliche „Bestätigung“ gemäß Ziffer 9 des Zweiten Konstitutionsedikts ausdrücklich das Recht der „Untheilbarkeit“ und „Persönlichkeit“ und verlieh damit entgegen der Auffassung des Beklagten gerade konstitutiv – insoweit vergleichbar mit § 22 BGB – eine Rechtsstellung, die insbesondere die Eigenschaft der juristischen Persönlichkeit und damit die Rechtsfähigkeit beinhaltet (vgl. Schenkel, Das Staatsrecht des Großherzogthums Baden, in: Handbuch des Öffentlichen Rechts, Dritter Band: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches und der Deutschen Staaten. II, Freiburg u. Tübingen 1894, § 56, S. 45). Denn auch der öffentlich-rechtlichen Körperschaft allein ist deren Rechtsfähigkeit nicht immanent (vgl. Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht, Band II, 7. Aufl. 2010, § 85 Rn. 18 und 23). Diese Rechtsstellung sollte durch die Aberkennung des Körperschaftstatus beseitigt werden. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist mit der Verleihung der oben beschriebenen Rechtsstellung an die Klägerin auch die Begründung eines subjektiven (Abwehr-)Rechts gegenüber dem Beklagten bzw. seiner Rechtsvorgänger verbunden. Ein solches ergibt sich bereits aus Ziffer 9 des Zweiten Konstitutionsedikts, wonach das Recht zur Auflösung der Körperschaft an die Voraussetzung geknüpft ist, dass ihr Zweck durch Ausartung oder Veränderung der Umstände mit dem Staatszweck im Gegenstoß verfällt (vgl. auch von Bargen, Körperschaften, Anstalten und Stiftungen im Rechtssystem des Großherzogtums Baden, 1971, S. 34). Dieses (eingeschränkte) Auflösungsrecht korrespondiert mit einem entsprechenden subjektiven Recht der betroffenen Körperschaften zur Abwehr weitergehender, unrechtmäßiger staatlicher Beeinträchtigungen der ihnen verliehenen Rechtsstellung, denn die Begrenzung des Auflösungsrechts dient mittelbar auch dem Schutz der Rechte der Mitglieder des Verbands. Bei den betroffenen Körperschaften handelt es sich – auch nach Auffassung des Beklagten – gerade nicht um rein staatliche Ausgliederungen, sondern um die rechtliche Verselbstständigung eines zuvor erfolgten Zusammenschlusses mehrerer Bürger. Die An- und Aberkennung des Körperschaftsstatus auf Grundlage des Zweiten Konstitutionsedikts bewegt sich damit nicht im Raum bloßer staatlicher Binnenorganisation, sondern berührt immer auch die „staatsbürgerlichen“ Rechte der Mitglieder und ihres in die Körperschaft eingebrachten Vermögens (vgl. auch Ziffer 9 a.E. des Zweiten Konstitutionsedikts). Für die Klagebefugnis mit Blick auf die Rechtsstellung des Klägers spricht schließlich, dass sich die Verleihung des Körperschaftsstatus im Kern allein auf die Zuerkennung der Rechtspersönlichkeit beschränkte. Dem Kläger wurde indessen nicht – wie mit der Bildung von Körperschaften des öffentlichen Rechts in der Regel verbunden, aber gerade im Hinblick auf sogenannte Formalkörperschaften nicht zwingend erforderlich (vgl. Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht, Band II, 7. Aufl. 2010, § 85 Rn. 13) – die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben im Sinne von originär staatlicher Verwaltungstätigkeit und die Ausübung hoheitlicher Befugnisse übertragen (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 3 der Satzung des Klägers). Er wurde daher nicht als rechtsfähige Verwaltungsorganisationseinheit Teil der mittelbaren öffentlichen Staatsverwaltung. Bei Körperschaften des öffentlichen Rechts, die als mittelbarer Teil der Staatsverwaltung mit der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben beauftragt sind und denen insoweit hoheitliche Befugnisse verliehen wurden, mag bei Entziehung der zugewiesenen öffentlichen Aufgaben im Rahmen der staatlichen Organisationsgewalt (vgl. hierzu Wolff/Bachof/Stober/Kluth, a.a.O., § 81) die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO zweifelhaft sein. Eine solche Konstellation liegt hier jedoch gerade nicht vor. |
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| II. Die Klage ist, soweit sie sich gegen Ziffer 1 des Bescheids vom 19.12.2019 wendet, auch begründet. Die Aberkennung des durch Edikt des Großherzogs von Baden vom 04.06.1897 verliehenen Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts ist rechtswidrig und verletzt den Kläger dadurch in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). |
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| 1. Der Kläger ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, da das Zweite Konstitutionsedikt ihn ausdrücklich als „Staatsgesellschaft“ einordnet, er aufgrund staatlichen Organisationsakts den Körperschaftsstatus und die damit verbundene Rechtsfähigkeit erlangt hat sowie unmittelbarer staatlicher Aufsicht unterliegt (vgl. Ziffer 9 des Zweiten Konstitutionsedikts vom 01.08.1807 sowie ausführlich von Bargen, a.a.O., S. 31 ff., 75 f. und S. 117 ff.; Dorner, Das badische Ausführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 1902, S. 30 f.; Rechnungshof Baden-Württemberg, Denkschrift 1971, S. 32 ff.; LT-Drucks. 6/7980, S. 142 [Begründung zu § 58 LWaldG] sowie Schreiben des Wirtschaftsministeriums an das Regierungspräsidium Nordbaden vom 23.08.1965 und Bestätigung des Wirtschaftsministeriums vom 22.05.1978). Der bisherige Status als (formelle) Körperschaft des öffentlichen Rechts wird auch von den Beteiligten nicht in Abrede gestellt. |
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| 2. Der Kläger hat diese Rechtsstellung auch nicht durch im Wandel der Zeiten erfolgte verfassungsrechtliche oder gesetzliche Änderungen verloren. |
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| a) Der Körperschaftsstatus des Klägers wird durch die dem Verleihungsakt zugrundeliegende Rechtsgrundlage sowie sein eigenes Statusrecht geprägt. Rechtsgrundlage des Verleihungsakts ist Ziffer 9 des Zweiten Konstitutionsedikts i.V.m. der Landesherrlichen Verordnung vom 17.11.1883 (vgl. Walz, Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden, Tübingen 1909, § 62, S. 200). Hierbei handelt es sich nach § 4 Satz 1 und § 5 Abs. 4 Rechtsbereinigungsgesetz um weiterhin anwendbares Recht (zur grundsätzlichen Fortgeltung überkommenen badischen Landesrechts vgl. § 65 der Badischen Verfassung vom 21. März 1919, Art. 127 Verfassung des Landes Baden vom 19. Mai 1947 und Art. 94 Abs. 3 Landesverfassung Baden-Württemberg; ebenso auch Vermerk des Beklagten vom 26.11.1998 über die fortdauernde Rechtsaufsicht des Beklagten). Hiervon ist auch der Gesetzgeber des Rechtsbereinigungsgesetzes ausgegangen, welches in seiner Anlage bzw. nachfolgenden Verordnungen ausdrücklich Gesetze und Verordnungen aus dem 19. Jahrhundert als fortgeltendes Recht benennt (vgl. beispielsweise Anlage zum Rechtsbereinigungsgesetz Nr. 932 sowie für das Verordnungsrecht, Gesetzblatt Baden-Württemberg 1980, S. 137 f.). |
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| b) Eine Auflösung des Klägers gemäß § 49 AGBGB Baden-Württemberg ist nicht erfolgt. Danach hatte sich ein privatrechtlicher Verein, der vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches durch staatliche Verleihung Rechtsfähigkeit erlangt hatte und dessen Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet war, bis zum 31. Dezember 1977 eine Verfassung zu geben, die den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprach, und seine Eintragung beim Vereinsregister zu beantragen. Anderenfalls verlor der Verein seine Rechtsfähigkeit. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 49 AGBGB sind hier jedoch nicht erfüllt, da der Zweck des Klägers im Schwerpunkt auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet war und weiterhin ist. Der Kläger nimmt im Schwerpunkt das Forderungsmanagement seiner Mitglieder wahr und bietet Wirtschaftsinformationen an. Er übernimmt damit Aufgaben aus dem Geschäftsbetrieb seiner Mitglieder und stellt sich als sogenannter genossenschaftlicher Verein dar (vgl. BGH, Beschl. v. 14.07.1966 - II ZB 2/66 -, NJW 1966, 2007; Segna, in: BECKOGK, BGB, Stand: 1.10.2021, § 21 Rn. 112; Leuschner, in: Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl. 2021, § 22 Rn. 69 ff.). Hieran ändert auch § 4 Abs. 4 der Satzung des Klägers, wonach der Verband keine wirtschaftlichen Zwecke verfolge und ein auf Gewinn gerichteter Geschäftsbetrieb ausgeschlossen sei, nichts. Die nach den in § 3 der Satzung festgelegten Zwecken verfolgten Aufgaben stellen sich als ausgelagerte wirtschaftliche Tätigkeit für die Mitglieder des Verbands dar. Dadurch erhält auch der Kläger die Prägung als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb. |
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| c) Eine Verleihung von Vereinsrechten nach § 22 BGB und damit die Umwandlung in einen wirtschaftlichen Verein im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches ist ebenfalls nicht erfolgt. Hierfür hätte es – auch nach Art. 4 Abs. 1 Badisches AGBGB – eines staatlichen Verleihungsakts bedurft (vgl. auch Rechnungshof Baden-Württemberg, Denkschrift 1971, S. 37 f.; LT-Drucks. 6/7980, S. 142). |
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| 3. Die Aberkennung des Körperschaftsstatus erfolgte zu Unrecht. |
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| a) Rechtsgrundlage für die ausgesprochene Aberkennung des Körperschaftsstatus ist Ziffer 9 des Zweiten Konstitutionsedikts. Danach besteht ein staatliches Auflösungsrecht für Körperschaften „für jene Fälle, wo ihr Zweck durch Ausartung oder Veränderung der Umstände mit dem Staatszweck im Gegenstoß verfällt“ (vgl. hierzu Walz, Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden, Tübingen 1909, § 62, S. 200). |
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| aa) Die vom Beklagten als „Aberkennung“ bezeichnete Entscheidung stellt sich als Auflösung der Körperschaft im Sinne von Ziffer 9 des Zweiten Konstitutionsedikts dar. Denn der Kläger sollte mit der „Aberkennung“ seinen Rechtsstatus als Körperschaft des öffentlichen Rechts verlieren und damit als Körperschaft des öffentlichen Rechts und juristische Person nicht mehr existieren. Soweit der Beklagte wohl meint, dass der Kläger nach der Aberkennung des Körperschaftsstatus als Vorverein zu qualifizieren sei, rechtfertigt dies keine andere Betrachtung, da der Vorverein gerade keine juristische Person mehr ist, sondern bloße Gesamthandsgemeinschaft (vgl. Knof, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, 5. Aufl. 2021, § 13 Rn. 15 m.w.N.). |
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| bb) Entgegen der Auffassung des Klägers bedarf es für die staatliche Auflösung der Körperschaft keiner (weitergehenden) gesetzlichen Regelung. Sie ist actus contrarius zu der Verleihung des Körperschaftsstatus durch das großherzogliche Edikt vom 04.06.1897. Dieses wiederum ist ein einzelfallbezogener Exekutivakt und damit als Verwaltungsakt im Sinne von § 35 LVwVfG einzustufen. Dementsprechend ermöglicht auch Ziffer 9 des Zweiten Konstitutionsedikts die Auflösung einer Körperschaft im Wege einer Einzelfallentscheidung der Exekutive – mithin durch Verwaltungsakt (siehe hierzu Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Allgemeiner Teil, 10. Aufl. 1973, § 25 II. 2., S. 493). |
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| b) Die Voraussetzungen für die Aberkennung des Körperschaftsstatus sind nicht erfüllt. Insoweit kann dahingestellt bleiben, ob sich der Beklagte gegenüber der spezialgesetzlichen Regelung zur Auflösung einer „Staatsgesellschaft“ nach Ziffer 9 des Zweiten Konstitutionsedikts auch allgemein auf seine staatliche Organisationsgewalt in Verbindung mit aus den §§ 48, 49 VwVfG abgeleiteten Rechtsgrundsätzen zur Aberkennung des Körperschaftsstatus berufen kann. Denn weder die tatbestandlichen Voraussetzungen des Auflösungsrechts nach Ziffer 9 des Zweiten Konstitutionsedikts noch die tatbestandlichen Voraussetzungen der §§ 48, 49 VwVfG, welche der Beklagte in Verbindung mit der „allgemeinen staatlichen Organisationsgewalt“ in Anwendung bringen will, liegen vor (dazu unter aa). Unabhängig von der heranzuziehenden Rechtsgrundlage erweist sich die ausgesprochene Aberkennung des Körperschaftstatus jedenfalls als ermessensfehlerhaft (dazu unter bb). |
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| aa) Das Gericht folgt der von dem Beklagten vertretenen Rechtsauffassung, dass bereits die Verleihung der Körperschaftsrechte im Jahr 1897 rechtswidrig gewesen sei, nicht. Ebenfalls liegt die geltend gemachte Veränderung der Umstände, welche zur Rücknahme- bzw. Widerrufsbefugnis des Beklagten geführt haben soll, nicht vor. |
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| (1) Im maßgeblichen Zeitpunkt der Aberkennung des Körperschaftsstatus entsprach die satzungsmäßige Tätigkeit des Klägers im Wesentlichen den bereits im Jahr 1897 bestimmten Satzungszwecken. Soweit der Beklagte geltend macht, diese Zwecke hätte bereits im Jahr 1897 keinem öffentlichen Zweck entsprochen, verkennt er zum einen, dass die beabsichtigte Unterstützung (kleinerer) Handwerksbetriebe bei ihrem Forderungsmanagement als staatliche Wirtschaftsförderung (auch) im öffentlichen Interesse liegt. Dass der Kläger daneben private Interessen seiner Mitglieder befriedigt, ist für die Einordnung als Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht entscheidend (vgl. Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht, Band II, 7. Aufl. 2010; § 85 Rn. 12; insoweit ebenso Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Allgemeiner Teil,10. Aufl. 1973, § 25 II. 2. S. 490). Dementsprechend wurde die Gründung des Creditoren-Vereins durch die Handelskammer ausdrücklich begrüßt (vgl. Festschrift zum 100-jährigem Bestehen des Creditoren-Vereins, S. 9 f. [Bl. 255 d.A.]). Im Übrigen stellt die Bekämpfung von Missständen in der betroffenen Branche – im Sinne einer freiwilligen Selbstkontrolle der Branche – ebenfalls einen (auch) öffentlichen Zweck dar (vgl. § 3 Abs. 2 Satzung 2010). Dies gilt jedenfalls vor dem Hintergrund der fehlenden Möglichkeit zur Gründung einer privatrechtlichen (rechtsfähigen) Körperschaft im Großherzogtum Baden und des entsprechend weit verstandenen Tatbestandsmerkmals „öffentlicher Zweck“ nach Ziffer 9 des Zweiten Konstitutionsedikts (vgl. von Bargen, a.a.O., S. 71 ff.). |
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| (2) Soweit der Beklagte auf die vermeintlich satzungswidrige Betätigung des Klägers über private Gesellschaften sowie ein „Joint Venture“ mit einer Rechtsanwaltskanzlei verweist, lassen sich hieraus im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids keine veränderten Umstände – sei es im Sinne der Ziffer 9 des Zweiten Konstitutionsedikts oder der §§ 48 und 49 LVwVfG – oder eine satzungswidrige Tätigkeit ableiten. Der Kläger hat schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar dargelegt, dass der Betrieb der fraglichen Gesellschaften allein im Rahmen der satzungsmäßigen Zwecke erfolgt sei und diese Gesellschaften im Übrigen bereits zum Zeitpunkt des Erlasses des Aberkennungsbescheides liquidiert gewesen seien. Dem ist der Beklagte nicht entgegengetreten. Soweit der Kläger im Rahmen seiner Satzungszwecke eine (Alt-)Erlaubnis zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen erhalten hat, ist ebenfalls nicht ersichtlich, wie dies zu einer maßgeblichen Veränderung der Umstände geführt haben soll, welche die Aberkennung des Körperschaftsstatus auf Grundlage von § 48 Abs. 1, § 49 Abs. 2 Nr. 3 LVwVfG rechtfertigen könnte. Dementsprechend ist der Beklagte während des Geschäftsbetriebs der fraglichen Gesellschaften trotz entsprechender Hinweise eines konkurrierenden Unternehmens auch nicht gegen den Kläger eingeschritten (vgl. Schreiben des Beklagten vom 14.12.2004 an die Creditreform Pforzheim KG). Überhaupt sind keine Maßnahmen im Rahmen der dem Beklagten zustehenden Aufsicht (vgl. hierzu Walz, Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden, Tübingen 1909, § 62, S. 200) ersichtlich oder vorgetragen, schon gar nicht, dass der Kläger etwaigen Beanstandungen nicht nachgekommen wäre. |
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| (3) Nach vorstehenden Ausführungen fehlt es auch an einer Ausartung oder Veränderung der Umstände, durch welche der vom Kläger verfolgte Zweck in „Gegenstoß“ zum Staatszweck im Sinne von Ziffer 9 des Zweiten Konstitutionsedikts geraten sein könnte. |
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| bb) Sowohl die Aberkennung des Körperschaftsstatus auf Grundlage von Ziffer 9 des Zweiten Konstitutionsedikts als auch – wie der Beklagte meint – die Aberkennung auf Grundlage der „allgemeinen staatlichen Organisationsgewalt“ i.V.m. §§ 48, 49 LVwVfG sind zudem in das Ermessen des Beklagten gestellte Entscheidungen. Die zwingend vorgeschriebene Aberkennung selbst eines vermeintlich rechtswidrig erteilten bzw. in Ansehung veränderter Umstände rechtswidrig gewordenen Status des Klägers lässt sich insbesondere Ziffer 9 des Zweiten Konstitutionsedikts nicht entnehmen. Dort wird allein ein Recht zur Auflösung nicht jedoch eine entsprechende Pflicht bei einem „im Gegenstoß“ zum Staatszweck geratenen Zweck der Körperschaft statuiert. Erst recht bedarf es bei einer – entsprechenden – Anwendung der Bestimmungen über die Aufhebung von Verwaltungsakten nach den §§ 48 und 49 LVwVfG einer Ermessensentscheidung. Unabhängig von vorstehenden Ausführungen zum Fehlen der Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 48, 49 LVwVfG bzw. Ziffer 9 des Zweiten Konstitutionsedikts erweist sich die Aberkennung des Körperschaftsstatus danach als ermessensfehlerhaft, weil sie sich im Hinblick auf die beabsichtigte Auflösung des Klägers als unverhältnismäßig darstellt. |
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| (1) Der Beklagte muss bei Aberkennung des Körperschaftstatus des Klägers den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren und einen angemessenen Ausgleich zwischen dem öffentlichen Interesse an Formenklarheit im Rechtsverkehr und Rechtsicherheit im Hinblick auf Haftung und Rechtsaufsicht durch den Beklagten sowie dem Interesse der Körperschaft am Fortbestand ihres Körperschaftsstatus und der damit verbundenen Rechtsfähigkeit herstellen. Dies ergibt sich aus dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Rechtsstaatsprinzip in Verbindung mit der dem Kläger durch die Verleihung des Körperschaftsstatus eingeräumten subjektiven Rechtsposition sowie den durch die Statusänderung betroffenen Rechten seiner Mitglieder. |
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| (2) Nach Maßgabe dessen erscheint es bereits zweifelhaft, ob die von dem Beklagten verfügte Aberkennung erforderlich ist, um die von ihm wohl angestrebte Rechtssicherheit im Hinblick auf Haftung, Rechtsaufsicht und Auftreten des Klägers im Rechtsverkehr zu erreichen (vgl. dazu auch interner Vermerk des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau vom 07.02.2019, S. 9 und 02.02.2018, S. 5). Ein milderes, gleich wirksames Mittel könnte hier die beabsichtigte Selbstauflösung des Klägers darstellen, die ebenfalls von der Genehmigung des Beklagten abhängig ist oder die Umwandlung der Rechtsform des Klägers über eine staatliche Verleihung gemäß § 22 BGB. Im Ergebnis kann dies jedoch offenbleiben, da sich die Aberkennung des Körperschaftsstatus im Hinblick auf die damit verbundene Beeinträchtigung des Klägers jedenfalls als unangemessen und damit als ermessensfehlerhaft erweist. |
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| (3) Dem Verhältnismäßigkeitsgebot im engeren Sinne (Angemessenheit) genügt die Aberkennung des Körperschaftstatus, wenn der mit ihr verfolgte Zweck und die zu erwartende Zweckerreichung nicht außer Verhältnis zu der Schwere der Beeinträchtigung steht (vgl. allgemein: BVerfG, Beschl. v. 27.05.2020 - 1 BvR 1873/13 -, BVerfGE 155, 119 = juris Rn. 128). Diese Anforderungen sind hier nicht erfüllt. |
|
| (a) Dem von dem Beklagten verfolgten – im Grundsatz legitimen – Interesse an der Beseitigung des von der Tätigkeit des Klägers im Rechtsverkehr ausgehenden Rechtscheins hoheitlicher Befugnisse bzw. besonderer Vertrauenswürdigkeit sowie etwaiger Haftungsrisiken kommt nur ein geringes Gewicht zu. |
|
| Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Beklagte den Status des Klägers über 65 Jahre bzw. unter Einbeziehung der Rechtsvorgänger des Beklagten über 120 Jahre nicht beanstandet und im Gegenteil von einer gesetzlichen Umwandlung von Alt-Körperschaften bewusst abgesehen hat (vgl. interner Vermerk des Wirtschaftsministeriums vom 26.11.1998 [Referat 13], S. 1 sowie die im Landesrecht getroffenen Sonderregelung des § 58 LWaldG [hierzu LT-Drucks. 6/7980, S. 142]). Hinzu kommt, dass der konkrete Anlass des Einschreitens nunmehr eine im Jahr 2017 zur Genehmigung vorgelegte und anschließend zurückgezogene Satzungsänderung war. Die mit einer Erweiterung des satzungsmäßigen Betätigungsfelds des Klägers möglicherweise verbundenen Gefahren sind damit gerade nicht eingetreten. In diesem Zusammenhang hat sich zudem bereits die für Satzungsänderungen bestehende Genehmigungspflicht (vgl. § 3 Landesherrliche Verordnung) als wirksames Kontrollinstrument erwiesen. Eine konkrete vom Kläger ausgehende Gefährdung ist auch sonst nicht ersichtlich oder vorgetragen. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall, wie den Einschätzungen des Beklagten vor Beauftragung der externen Begutachtung durch seinen späteren Prozessbevollmächtigten in einem internen Vermerk des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau vom 07.02.2019 (vgl. dort S. 4) zu entnehmen ist. Dies gilt auch für den von dem Beklagten befürchteten Rechtsschein. Hier hätte der Beklagte zudem im Wege der Rechtsaufsicht darauf hinwirken können, dass der Kläger seine Firmierung ändert (vgl. z.B. den Badischen Blindenverein, der im Rechtsverkehr als Verein mit Körperschaftsrechten auftritt). Es kann dabei dahinstehen, ob der Kläger zur Erfüllung seiner Satzungszwecke in der Vergangenheit auch die von dem Beklagten beanstandeten Gesellschaften des Privatrechts einsetzen durfte. Hiergegen hätte der Beklagte, falls er dies als beanstandungswürdig angesehen hätte, jedenfalls im Wege der Rechtsaufsicht einschreiten können. Dies ist nicht geschehen. Der im Rahmen des Aberkennungsverfahrens erhobene Vorwurf, die Erlaubnis zur Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten sei rechtswidrig, bleibt im Ungefähren und wirkt mit Blick auf die durch Bescheid des Präsidenten des Landgerichts Karlsruhe vom 30.01.1961 erteilte Erlaubnis vorgeschoben. Insbesondere hat der Beklagte auch insoweit keinerlei Aufsichtsmaßnahmen ergriffen. Weiter relativiert wird das Interesse des Beklagten an der Aberkennung des Körperschaftstatus durch die bereits im Rahmen der Anhörung des Klägers angekündigte beabsichtigte Selbstauflösung und die nunmehr tatsächlich beschlossene Einstellung des Geschäftsbetriebs zum 31.03.2022. Eine haftungsrechtliche Inanspruchnahme des Beklagten ist danach gerade nicht mehr zu befürchten. Der Beklagte ist schließlich zwar davon ausgegangen, dass es zur Auflösung des Klägers einer staatlichen Aberkennungsentscheidung bedürfe, dabei hat er jedoch verkannt, dass die Landesherrliche Verordnung vom 17.11.1883 in § 1 Satz 1 Buchst. h) ausdrücklich auf ein Selbstauflösungsrecht der Körperschaften Bezug nimmt, welches in § 23 Abs. 1 Satzung des Klägers verankert wurde, und insoweit ebenso wie für die Änderung der Satzung einen entsprechenden Genehmigungsvorbehalt statuiert. Ferner stellt nach dem vorstehend Ausgeführten allein die Absicht, sich einer Aufsicht zu entledigen, keine tragfähige Ermessenserwägung dar. |
|
| (b) Diesen als gering zu bewertenden öffentlichen Interessen steht ein gewichtiges und die dargestellten öffentlichen Interessen deutlich überwiegendes Interesse des Klägers an einer geordneten Abwicklung seines bislang von dem Beklagten nicht beanstandeten Geschäftsbetriebs und der über Jahrzehnte im Rechtsverkehr gewachsenen Geschäftsbeziehungen gegenüber. Die mit der einseitigen Aberkennung des Rechtsstatus verbundene Rechtsunsicherheit trägt diesen Interessen nicht einmal im Ansatz Rechnung, insbesondere verkennt der Beklagte die sich aufdrängenden Fragen über die rechtliche und wirtschaftliche Zukunft des Klägers nach der Aberkennung des Körperschaftsstatus. |
|
| III. Soweit der Beklagte mit Ziffer 2 des Bescheids vom 19.12.2019 die Aufhebung der Bescheinigung vom 22.05.1978 über den Status des Klägers als Körperschaft des öffentlichen Rechts verfügt hat, ist die Klage ebenfalls zulässig und begründet. |
|
| Der Beklagte hat mit der förmlichen Aufhebung der Bescheinigung vom 22.05.1978 – als actus contrarius zu diesem die Rechtslage feststellenden Verwaltungsakt – den Rechtsschein gesetzt, dass der Kläger keine der Rechtsaufsicht der Beklagten unterliegende Körperschaft des öffentlichen Rechts sei. Dies erweist sich nach vorstehenden Ausführungen als rechtswidrig. Der Kläger ist dadurch auch in seinen Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), da er damit rechnen muss, dass aufgrund der Aufhebung der erteilten Bescheinigung seine (fortbestehende) Rechtsfähigkeit als Körperschaft des öffentlichen Rechts im Privatrechtsverkehr in Abrede gestellt wird. |
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| Von der Erklärung der vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten wird abgesehen (§ 167 Abs. 2 VwGO). |
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| Die Klage ist zulässig und begründet. |
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| I. Die Klage ist hinsichtlich der in Ziffer 1 des Bescheids vom 19.12.2019 ausgesprochenen Aberkennung des Körperschaftsstatus zulässig. |
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| 1. Sie ist als Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO statthaft. Mit Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids vom 19.12.2019 hat der Beklagte dem Kläger die Eigenschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts aberkannt. Diese Entscheidung ist als Verwaltungsakt auf die Setzung von Rechtsfolgen – konkret den Verlust der Körperschaftsrechte des Klägers – gerichtet; sie erzeugt nicht lediglich einen entsprechenden Rechtsschein. |
|
| 2. Der Kläger ist beteiligtenfähig (§ 61 VwGO). Dies gilt unabhängig von der Frage, welche Organisationsform dem Kläger nach Entzug der Körperschaftsrechte zukommt. Der Kläger hat zwar mit der Wirksamkeit der angefochtenen Verfügung (§ 41 Abs. 1, Abs. 3, § 43 Abs. 1 LVwVfG) seine Eigenschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts verloren. Der hiergegen erhobenen Klage kommt aber aufschiebende Wirkung zu (§ 80 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Deswegen dürfen an diese Rechtsänderung noch keine dem Kläger nachteiligen Folgen geknüpft werden. Insbesondere ist im Rechtsstreit um die Beteiligtenfähigkeit derjenige, dessen Beteiligungsfähigkeit fraglich ist, als beteiligtenfähig anzusehen (vgl. zur Aberkennung des Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts gegenüber einer Religionsgemeinschaft VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 20.06.2008 - 1 S 1940/07 -, VBlBW 2008, 480 = juris Rn. 19 sowie die Rechtsfähigkeit des Klägers bei noch nicht rechtskräftiger Aberkennung ihres Körperschaftsstatus bejahend: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 07.12.2020 - 11 W 11/20 (Wx) -, BA S. 9 ff.). |
|
| 3. Der Kläger ist auch klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO). Er ist durch den Entzug der Körperschaftsrechte in seiner Rechtsstellung betroffen. Es ist nicht nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen, dass er dadurch auch in seinen Rechten verletzt ist. Mehr ist für die Bejahung der Klagebefugnis nicht zu verlangen (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 20.06.2008 - 1 S 1940/07 -, VBlBW 2008, 480 = juris Rn. 20). Soweit der Bevollmächtigte des Beklagten in der mündlichen Verhandlung darauf verwiesen hat, dass dem Kläger die Klagebefugnis fehle, weil es sich bei der „Aberkennung“ des Status um eine „bloße Aberkennung und nicht mehr“ handele, diese wie schon die Anerkennung nur deklaratorischer Natur sei und subjektive Rechte des Klägers nicht berühre, vermag das Gericht dieser Rechtsauffassung nicht zu folgen. Die „Verleihung“ der Körperschaftsrechte durch das großherzogliche Edikt vom 04.06.1897 weist schon ihrem Wortlaut nach über die bloße deklaratorische Anerkennung eines – nach Auffassung des Beklagten schon vorhandenen – Rechtsstatus hinaus. Die „Verleihung“ begründete als landesherrliche „Bestätigung“ gemäß Ziffer 9 des Zweiten Konstitutionsedikts ausdrücklich das Recht der „Untheilbarkeit“ und „Persönlichkeit“ und verlieh damit entgegen der Auffassung des Beklagten gerade konstitutiv – insoweit vergleichbar mit § 22 BGB – eine Rechtsstellung, die insbesondere die Eigenschaft der juristischen Persönlichkeit und damit die Rechtsfähigkeit beinhaltet (vgl. Schenkel, Das Staatsrecht des Großherzogthums Baden, in: Handbuch des Öffentlichen Rechts, Dritter Band: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches und der Deutschen Staaten. II, Freiburg u. Tübingen 1894, § 56, S. 45). Denn auch der öffentlich-rechtlichen Körperschaft allein ist deren Rechtsfähigkeit nicht immanent (vgl. Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht, Band II, 7. Aufl. 2010, § 85 Rn. 18 und 23). Diese Rechtsstellung sollte durch die Aberkennung des Körperschaftstatus beseitigt werden. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist mit der Verleihung der oben beschriebenen Rechtsstellung an die Klägerin auch die Begründung eines subjektiven (Abwehr-)Rechts gegenüber dem Beklagten bzw. seiner Rechtsvorgänger verbunden. Ein solches ergibt sich bereits aus Ziffer 9 des Zweiten Konstitutionsedikts, wonach das Recht zur Auflösung der Körperschaft an die Voraussetzung geknüpft ist, dass ihr Zweck durch Ausartung oder Veränderung der Umstände mit dem Staatszweck im Gegenstoß verfällt (vgl. auch von Bargen, Körperschaften, Anstalten und Stiftungen im Rechtssystem des Großherzogtums Baden, 1971, S. 34). Dieses (eingeschränkte) Auflösungsrecht korrespondiert mit einem entsprechenden subjektiven Recht der betroffenen Körperschaften zur Abwehr weitergehender, unrechtmäßiger staatlicher Beeinträchtigungen der ihnen verliehenen Rechtsstellung, denn die Begrenzung des Auflösungsrechts dient mittelbar auch dem Schutz der Rechte der Mitglieder des Verbands. Bei den betroffenen Körperschaften handelt es sich – auch nach Auffassung des Beklagten – gerade nicht um rein staatliche Ausgliederungen, sondern um die rechtliche Verselbstständigung eines zuvor erfolgten Zusammenschlusses mehrerer Bürger. Die An- und Aberkennung des Körperschaftsstatus auf Grundlage des Zweiten Konstitutionsedikts bewegt sich damit nicht im Raum bloßer staatlicher Binnenorganisation, sondern berührt immer auch die „staatsbürgerlichen“ Rechte der Mitglieder und ihres in die Körperschaft eingebrachten Vermögens (vgl. auch Ziffer 9 a.E. des Zweiten Konstitutionsedikts). Für die Klagebefugnis mit Blick auf die Rechtsstellung des Klägers spricht schließlich, dass sich die Verleihung des Körperschaftsstatus im Kern allein auf die Zuerkennung der Rechtspersönlichkeit beschränkte. Dem Kläger wurde indessen nicht – wie mit der Bildung von Körperschaften des öffentlichen Rechts in der Regel verbunden, aber gerade im Hinblick auf sogenannte Formalkörperschaften nicht zwingend erforderlich (vgl. Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht, Band II, 7. Aufl. 2010, § 85 Rn. 13) – die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben im Sinne von originär staatlicher Verwaltungstätigkeit und die Ausübung hoheitlicher Befugnisse übertragen (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 3 der Satzung des Klägers). Er wurde daher nicht als rechtsfähige Verwaltungsorganisationseinheit Teil der mittelbaren öffentlichen Staatsverwaltung. Bei Körperschaften des öffentlichen Rechts, die als mittelbarer Teil der Staatsverwaltung mit der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben beauftragt sind und denen insoweit hoheitliche Befugnisse verliehen wurden, mag bei Entziehung der zugewiesenen öffentlichen Aufgaben im Rahmen der staatlichen Organisationsgewalt (vgl. hierzu Wolff/Bachof/Stober/Kluth, a.a.O., § 81) die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO zweifelhaft sein. Eine solche Konstellation liegt hier jedoch gerade nicht vor. |
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| II. Die Klage ist, soweit sie sich gegen Ziffer 1 des Bescheids vom 19.12.2019 wendet, auch begründet. Die Aberkennung des durch Edikt des Großherzogs von Baden vom 04.06.1897 verliehenen Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts ist rechtswidrig und verletzt den Kläger dadurch in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). |
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| 1. Der Kläger ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, da das Zweite Konstitutionsedikt ihn ausdrücklich als „Staatsgesellschaft“ einordnet, er aufgrund staatlichen Organisationsakts den Körperschaftsstatus und die damit verbundene Rechtsfähigkeit erlangt hat sowie unmittelbarer staatlicher Aufsicht unterliegt (vgl. Ziffer 9 des Zweiten Konstitutionsedikts vom 01.08.1807 sowie ausführlich von Bargen, a.a.O., S. 31 ff., 75 f. und S. 117 ff.; Dorner, Das badische Ausführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 1902, S. 30 f.; Rechnungshof Baden-Württemberg, Denkschrift 1971, S. 32 ff.; LT-Drucks. 6/7980, S. 142 [Begründung zu § 58 LWaldG] sowie Schreiben des Wirtschaftsministeriums an das Regierungspräsidium Nordbaden vom 23.08.1965 und Bestätigung des Wirtschaftsministeriums vom 22.05.1978). Der bisherige Status als (formelle) Körperschaft des öffentlichen Rechts wird auch von den Beteiligten nicht in Abrede gestellt. |
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| 2. Der Kläger hat diese Rechtsstellung auch nicht durch im Wandel der Zeiten erfolgte verfassungsrechtliche oder gesetzliche Änderungen verloren. |
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| a) Der Körperschaftsstatus des Klägers wird durch die dem Verleihungsakt zugrundeliegende Rechtsgrundlage sowie sein eigenes Statusrecht geprägt. Rechtsgrundlage des Verleihungsakts ist Ziffer 9 des Zweiten Konstitutionsedikts i.V.m. der Landesherrlichen Verordnung vom 17.11.1883 (vgl. Walz, Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden, Tübingen 1909, § 62, S. 200). Hierbei handelt es sich nach § 4 Satz 1 und § 5 Abs. 4 Rechtsbereinigungsgesetz um weiterhin anwendbares Recht (zur grundsätzlichen Fortgeltung überkommenen badischen Landesrechts vgl. § 65 der Badischen Verfassung vom 21. März 1919, Art. 127 Verfassung des Landes Baden vom 19. Mai 1947 und Art. 94 Abs. 3 Landesverfassung Baden-Württemberg; ebenso auch Vermerk des Beklagten vom 26.11.1998 über die fortdauernde Rechtsaufsicht des Beklagten). Hiervon ist auch der Gesetzgeber des Rechtsbereinigungsgesetzes ausgegangen, welches in seiner Anlage bzw. nachfolgenden Verordnungen ausdrücklich Gesetze und Verordnungen aus dem 19. Jahrhundert als fortgeltendes Recht benennt (vgl. beispielsweise Anlage zum Rechtsbereinigungsgesetz Nr. 932 sowie für das Verordnungsrecht, Gesetzblatt Baden-Württemberg 1980, S. 137 f.). |
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| b) Eine Auflösung des Klägers gemäß § 49 AGBGB Baden-Württemberg ist nicht erfolgt. Danach hatte sich ein privatrechtlicher Verein, der vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches durch staatliche Verleihung Rechtsfähigkeit erlangt hatte und dessen Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet war, bis zum 31. Dezember 1977 eine Verfassung zu geben, die den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprach, und seine Eintragung beim Vereinsregister zu beantragen. Anderenfalls verlor der Verein seine Rechtsfähigkeit. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 49 AGBGB sind hier jedoch nicht erfüllt, da der Zweck des Klägers im Schwerpunkt auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet war und weiterhin ist. Der Kläger nimmt im Schwerpunkt das Forderungsmanagement seiner Mitglieder wahr und bietet Wirtschaftsinformationen an. Er übernimmt damit Aufgaben aus dem Geschäftsbetrieb seiner Mitglieder und stellt sich als sogenannter genossenschaftlicher Verein dar (vgl. BGH, Beschl. v. 14.07.1966 - II ZB 2/66 -, NJW 1966, 2007; Segna, in: BECKOGK, BGB, Stand: 1.10.2021, § 21 Rn. 112; Leuschner, in: Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl. 2021, § 22 Rn. 69 ff.). Hieran ändert auch § 4 Abs. 4 der Satzung des Klägers, wonach der Verband keine wirtschaftlichen Zwecke verfolge und ein auf Gewinn gerichteter Geschäftsbetrieb ausgeschlossen sei, nichts. Die nach den in § 3 der Satzung festgelegten Zwecken verfolgten Aufgaben stellen sich als ausgelagerte wirtschaftliche Tätigkeit für die Mitglieder des Verbands dar. Dadurch erhält auch der Kläger die Prägung als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb. |
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| c) Eine Verleihung von Vereinsrechten nach § 22 BGB und damit die Umwandlung in einen wirtschaftlichen Verein im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches ist ebenfalls nicht erfolgt. Hierfür hätte es – auch nach Art. 4 Abs. 1 Badisches AGBGB – eines staatlichen Verleihungsakts bedurft (vgl. auch Rechnungshof Baden-Württemberg, Denkschrift 1971, S. 37 f.; LT-Drucks. 6/7980, S. 142). |
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| 3. Die Aberkennung des Körperschaftsstatus erfolgte zu Unrecht. |
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| a) Rechtsgrundlage für die ausgesprochene Aberkennung des Körperschaftsstatus ist Ziffer 9 des Zweiten Konstitutionsedikts. Danach besteht ein staatliches Auflösungsrecht für Körperschaften „für jene Fälle, wo ihr Zweck durch Ausartung oder Veränderung der Umstände mit dem Staatszweck im Gegenstoß verfällt“ (vgl. hierzu Walz, Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden, Tübingen 1909, § 62, S. 200). |
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| aa) Die vom Beklagten als „Aberkennung“ bezeichnete Entscheidung stellt sich als Auflösung der Körperschaft im Sinne von Ziffer 9 des Zweiten Konstitutionsedikts dar. Denn der Kläger sollte mit der „Aberkennung“ seinen Rechtsstatus als Körperschaft des öffentlichen Rechts verlieren und damit als Körperschaft des öffentlichen Rechts und juristische Person nicht mehr existieren. Soweit der Beklagte wohl meint, dass der Kläger nach der Aberkennung des Körperschaftsstatus als Vorverein zu qualifizieren sei, rechtfertigt dies keine andere Betrachtung, da der Vorverein gerade keine juristische Person mehr ist, sondern bloße Gesamthandsgemeinschaft (vgl. Knof, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, 5. Aufl. 2021, § 13 Rn. 15 m.w.N.). |
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| bb) Entgegen der Auffassung des Klägers bedarf es für die staatliche Auflösung der Körperschaft keiner (weitergehenden) gesetzlichen Regelung. Sie ist actus contrarius zu der Verleihung des Körperschaftsstatus durch das großherzogliche Edikt vom 04.06.1897. Dieses wiederum ist ein einzelfallbezogener Exekutivakt und damit als Verwaltungsakt im Sinne von § 35 LVwVfG einzustufen. Dementsprechend ermöglicht auch Ziffer 9 des Zweiten Konstitutionsedikts die Auflösung einer Körperschaft im Wege einer Einzelfallentscheidung der Exekutive – mithin durch Verwaltungsakt (siehe hierzu Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Allgemeiner Teil, 10. Aufl. 1973, § 25 II. 2., S. 493). |
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| b) Die Voraussetzungen für die Aberkennung des Körperschaftsstatus sind nicht erfüllt. Insoweit kann dahingestellt bleiben, ob sich der Beklagte gegenüber der spezialgesetzlichen Regelung zur Auflösung einer „Staatsgesellschaft“ nach Ziffer 9 des Zweiten Konstitutionsedikts auch allgemein auf seine staatliche Organisationsgewalt in Verbindung mit aus den §§ 48, 49 VwVfG abgeleiteten Rechtsgrundsätzen zur Aberkennung des Körperschaftsstatus berufen kann. Denn weder die tatbestandlichen Voraussetzungen des Auflösungsrechts nach Ziffer 9 des Zweiten Konstitutionsedikts noch die tatbestandlichen Voraussetzungen der §§ 48, 49 VwVfG, welche der Beklagte in Verbindung mit der „allgemeinen staatlichen Organisationsgewalt“ in Anwendung bringen will, liegen vor (dazu unter aa). Unabhängig von der heranzuziehenden Rechtsgrundlage erweist sich die ausgesprochene Aberkennung des Körperschaftstatus jedenfalls als ermessensfehlerhaft (dazu unter bb). |
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| aa) Das Gericht folgt der von dem Beklagten vertretenen Rechtsauffassung, dass bereits die Verleihung der Körperschaftsrechte im Jahr 1897 rechtswidrig gewesen sei, nicht. Ebenfalls liegt die geltend gemachte Veränderung der Umstände, welche zur Rücknahme- bzw. Widerrufsbefugnis des Beklagten geführt haben soll, nicht vor. |
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| (1) Im maßgeblichen Zeitpunkt der Aberkennung des Körperschaftsstatus entsprach die satzungsmäßige Tätigkeit des Klägers im Wesentlichen den bereits im Jahr 1897 bestimmten Satzungszwecken. Soweit der Beklagte geltend macht, diese Zwecke hätte bereits im Jahr 1897 keinem öffentlichen Zweck entsprochen, verkennt er zum einen, dass die beabsichtigte Unterstützung (kleinerer) Handwerksbetriebe bei ihrem Forderungsmanagement als staatliche Wirtschaftsförderung (auch) im öffentlichen Interesse liegt. Dass der Kläger daneben private Interessen seiner Mitglieder befriedigt, ist für die Einordnung als Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht entscheidend (vgl. Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht, Band II, 7. Aufl. 2010; § 85 Rn. 12; insoweit ebenso Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Allgemeiner Teil,10. Aufl. 1973, § 25 II. 2. S. 490). Dementsprechend wurde die Gründung des Creditoren-Vereins durch die Handelskammer ausdrücklich begrüßt (vgl. Festschrift zum 100-jährigem Bestehen des Creditoren-Vereins, S. 9 f. [Bl. 255 d.A.]). Im Übrigen stellt die Bekämpfung von Missständen in der betroffenen Branche – im Sinne einer freiwilligen Selbstkontrolle der Branche – ebenfalls einen (auch) öffentlichen Zweck dar (vgl. § 3 Abs. 2 Satzung 2010). Dies gilt jedenfalls vor dem Hintergrund der fehlenden Möglichkeit zur Gründung einer privatrechtlichen (rechtsfähigen) Körperschaft im Großherzogtum Baden und des entsprechend weit verstandenen Tatbestandsmerkmals „öffentlicher Zweck“ nach Ziffer 9 des Zweiten Konstitutionsedikts (vgl. von Bargen, a.a.O., S. 71 ff.). |
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| (2) Soweit der Beklagte auf die vermeintlich satzungswidrige Betätigung des Klägers über private Gesellschaften sowie ein „Joint Venture“ mit einer Rechtsanwaltskanzlei verweist, lassen sich hieraus im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids keine veränderten Umstände – sei es im Sinne der Ziffer 9 des Zweiten Konstitutionsedikts oder der §§ 48 und 49 LVwVfG – oder eine satzungswidrige Tätigkeit ableiten. Der Kläger hat schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar dargelegt, dass der Betrieb der fraglichen Gesellschaften allein im Rahmen der satzungsmäßigen Zwecke erfolgt sei und diese Gesellschaften im Übrigen bereits zum Zeitpunkt des Erlasses des Aberkennungsbescheides liquidiert gewesen seien. Dem ist der Beklagte nicht entgegengetreten. Soweit der Kläger im Rahmen seiner Satzungszwecke eine (Alt-)Erlaubnis zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen erhalten hat, ist ebenfalls nicht ersichtlich, wie dies zu einer maßgeblichen Veränderung der Umstände geführt haben soll, welche die Aberkennung des Körperschaftsstatus auf Grundlage von § 48 Abs. 1, § 49 Abs. 2 Nr. 3 LVwVfG rechtfertigen könnte. Dementsprechend ist der Beklagte während des Geschäftsbetriebs der fraglichen Gesellschaften trotz entsprechender Hinweise eines konkurrierenden Unternehmens auch nicht gegen den Kläger eingeschritten (vgl. Schreiben des Beklagten vom 14.12.2004 an die Creditreform Pforzheim KG). Überhaupt sind keine Maßnahmen im Rahmen der dem Beklagten zustehenden Aufsicht (vgl. hierzu Walz, Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden, Tübingen 1909, § 62, S. 200) ersichtlich oder vorgetragen, schon gar nicht, dass der Kläger etwaigen Beanstandungen nicht nachgekommen wäre. |
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| (3) Nach vorstehenden Ausführungen fehlt es auch an einer Ausartung oder Veränderung der Umstände, durch welche der vom Kläger verfolgte Zweck in „Gegenstoß“ zum Staatszweck im Sinne von Ziffer 9 des Zweiten Konstitutionsedikts geraten sein könnte. |
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| bb) Sowohl die Aberkennung des Körperschaftsstatus auf Grundlage von Ziffer 9 des Zweiten Konstitutionsedikts als auch – wie der Beklagte meint – die Aberkennung auf Grundlage der „allgemeinen staatlichen Organisationsgewalt“ i.V.m. §§ 48, 49 LVwVfG sind zudem in das Ermessen des Beklagten gestellte Entscheidungen. Die zwingend vorgeschriebene Aberkennung selbst eines vermeintlich rechtswidrig erteilten bzw. in Ansehung veränderter Umstände rechtswidrig gewordenen Status des Klägers lässt sich insbesondere Ziffer 9 des Zweiten Konstitutionsedikts nicht entnehmen. Dort wird allein ein Recht zur Auflösung nicht jedoch eine entsprechende Pflicht bei einem „im Gegenstoß“ zum Staatszweck geratenen Zweck der Körperschaft statuiert. Erst recht bedarf es bei einer – entsprechenden – Anwendung der Bestimmungen über die Aufhebung von Verwaltungsakten nach den §§ 48 und 49 LVwVfG einer Ermessensentscheidung. Unabhängig von vorstehenden Ausführungen zum Fehlen der Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 48, 49 LVwVfG bzw. Ziffer 9 des Zweiten Konstitutionsedikts erweist sich die Aberkennung des Körperschaftsstatus danach als ermessensfehlerhaft, weil sie sich im Hinblick auf die beabsichtigte Auflösung des Klägers als unverhältnismäßig darstellt. |
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| (1) Der Beklagte muss bei Aberkennung des Körperschaftstatus des Klägers den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren und einen angemessenen Ausgleich zwischen dem öffentlichen Interesse an Formenklarheit im Rechtsverkehr und Rechtsicherheit im Hinblick auf Haftung und Rechtsaufsicht durch den Beklagten sowie dem Interesse der Körperschaft am Fortbestand ihres Körperschaftsstatus und der damit verbundenen Rechtsfähigkeit herstellen. Dies ergibt sich aus dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Rechtsstaatsprinzip in Verbindung mit der dem Kläger durch die Verleihung des Körperschaftsstatus eingeräumten subjektiven Rechtsposition sowie den durch die Statusänderung betroffenen Rechten seiner Mitglieder. |
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| (2) Nach Maßgabe dessen erscheint es bereits zweifelhaft, ob die von dem Beklagten verfügte Aberkennung erforderlich ist, um die von ihm wohl angestrebte Rechtssicherheit im Hinblick auf Haftung, Rechtsaufsicht und Auftreten des Klägers im Rechtsverkehr zu erreichen (vgl. dazu auch interner Vermerk des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau vom 07.02.2019, S. 9 und 02.02.2018, S. 5). Ein milderes, gleich wirksames Mittel könnte hier die beabsichtigte Selbstauflösung des Klägers darstellen, die ebenfalls von der Genehmigung des Beklagten abhängig ist oder die Umwandlung der Rechtsform des Klägers über eine staatliche Verleihung gemäß § 22 BGB. Im Ergebnis kann dies jedoch offenbleiben, da sich die Aberkennung des Körperschaftsstatus im Hinblick auf die damit verbundene Beeinträchtigung des Klägers jedenfalls als unangemessen und damit als ermessensfehlerhaft erweist. |
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| (3) Dem Verhältnismäßigkeitsgebot im engeren Sinne (Angemessenheit) genügt die Aberkennung des Körperschaftstatus, wenn der mit ihr verfolgte Zweck und die zu erwartende Zweckerreichung nicht außer Verhältnis zu der Schwere der Beeinträchtigung steht (vgl. allgemein: BVerfG, Beschl. v. 27.05.2020 - 1 BvR 1873/13 -, BVerfGE 155, 119 = juris Rn. 128). Diese Anforderungen sind hier nicht erfüllt. |
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| (a) Dem von dem Beklagten verfolgten – im Grundsatz legitimen – Interesse an der Beseitigung des von der Tätigkeit des Klägers im Rechtsverkehr ausgehenden Rechtscheins hoheitlicher Befugnisse bzw. besonderer Vertrauenswürdigkeit sowie etwaiger Haftungsrisiken kommt nur ein geringes Gewicht zu. |
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| Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Beklagte den Status des Klägers über 65 Jahre bzw. unter Einbeziehung der Rechtsvorgänger des Beklagten über 120 Jahre nicht beanstandet und im Gegenteil von einer gesetzlichen Umwandlung von Alt-Körperschaften bewusst abgesehen hat (vgl. interner Vermerk des Wirtschaftsministeriums vom 26.11.1998 [Referat 13], S. 1 sowie die im Landesrecht getroffenen Sonderregelung des § 58 LWaldG [hierzu LT-Drucks. 6/7980, S. 142]). Hinzu kommt, dass der konkrete Anlass des Einschreitens nunmehr eine im Jahr 2017 zur Genehmigung vorgelegte und anschließend zurückgezogene Satzungsänderung war. Die mit einer Erweiterung des satzungsmäßigen Betätigungsfelds des Klägers möglicherweise verbundenen Gefahren sind damit gerade nicht eingetreten. In diesem Zusammenhang hat sich zudem bereits die für Satzungsänderungen bestehende Genehmigungspflicht (vgl. § 3 Landesherrliche Verordnung) als wirksames Kontrollinstrument erwiesen. Eine konkrete vom Kläger ausgehende Gefährdung ist auch sonst nicht ersichtlich oder vorgetragen. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall, wie den Einschätzungen des Beklagten vor Beauftragung der externen Begutachtung durch seinen späteren Prozessbevollmächtigten in einem internen Vermerk des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau vom 07.02.2019 (vgl. dort S. 4) zu entnehmen ist. Dies gilt auch für den von dem Beklagten befürchteten Rechtsschein. Hier hätte der Beklagte zudem im Wege der Rechtsaufsicht darauf hinwirken können, dass der Kläger seine Firmierung ändert (vgl. z.B. den Badischen Blindenverein, der im Rechtsverkehr als Verein mit Körperschaftsrechten auftritt). Es kann dabei dahinstehen, ob der Kläger zur Erfüllung seiner Satzungszwecke in der Vergangenheit auch die von dem Beklagten beanstandeten Gesellschaften des Privatrechts einsetzen durfte. Hiergegen hätte der Beklagte, falls er dies als beanstandungswürdig angesehen hätte, jedenfalls im Wege der Rechtsaufsicht einschreiten können. Dies ist nicht geschehen. Der im Rahmen des Aberkennungsverfahrens erhobene Vorwurf, die Erlaubnis zur Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten sei rechtswidrig, bleibt im Ungefähren und wirkt mit Blick auf die durch Bescheid des Präsidenten des Landgerichts Karlsruhe vom 30.01.1961 erteilte Erlaubnis vorgeschoben. Insbesondere hat der Beklagte auch insoweit keinerlei Aufsichtsmaßnahmen ergriffen. Weiter relativiert wird das Interesse des Beklagten an der Aberkennung des Körperschaftstatus durch die bereits im Rahmen der Anhörung des Klägers angekündigte beabsichtigte Selbstauflösung und die nunmehr tatsächlich beschlossene Einstellung des Geschäftsbetriebs zum 31.03.2022. Eine haftungsrechtliche Inanspruchnahme des Beklagten ist danach gerade nicht mehr zu befürchten. Der Beklagte ist schließlich zwar davon ausgegangen, dass es zur Auflösung des Klägers einer staatlichen Aberkennungsentscheidung bedürfe, dabei hat er jedoch verkannt, dass die Landesherrliche Verordnung vom 17.11.1883 in § 1 Satz 1 Buchst. h) ausdrücklich auf ein Selbstauflösungsrecht der Körperschaften Bezug nimmt, welches in § 23 Abs. 1 Satzung des Klägers verankert wurde, und insoweit ebenso wie für die Änderung der Satzung einen entsprechenden Genehmigungsvorbehalt statuiert. Ferner stellt nach dem vorstehend Ausgeführten allein die Absicht, sich einer Aufsicht zu entledigen, keine tragfähige Ermessenserwägung dar. |
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| (b) Diesen als gering zu bewertenden öffentlichen Interessen steht ein gewichtiges und die dargestellten öffentlichen Interessen deutlich überwiegendes Interesse des Klägers an einer geordneten Abwicklung seines bislang von dem Beklagten nicht beanstandeten Geschäftsbetriebs und der über Jahrzehnte im Rechtsverkehr gewachsenen Geschäftsbeziehungen gegenüber. Die mit der einseitigen Aberkennung des Rechtsstatus verbundene Rechtsunsicherheit trägt diesen Interessen nicht einmal im Ansatz Rechnung, insbesondere verkennt der Beklagte die sich aufdrängenden Fragen über die rechtliche und wirtschaftliche Zukunft des Klägers nach der Aberkennung des Körperschaftsstatus. |
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| III. Soweit der Beklagte mit Ziffer 2 des Bescheids vom 19.12.2019 die Aufhebung der Bescheinigung vom 22.05.1978 über den Status des Klägers als Körperschaft des öffentlichen Rechts verfügt hat, ist die Klage ebenfalls zulässig und begründet. |
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| Der Beklagte hat mit der förmlichen Aufhebung der Bescheinigung vom 22.05.1978 – als actus contrarius zu diesem die Rechtslage feststellenden Verwaltungsakt – den Rechtsschein gesetzt, dass der Kläger keine der Rechtsaufsicht der Beklagten unterliegende Körperschaft des öffentlichen Rechts sei. Dies erweist sich nach vorstehenden Ausführungen als rechtswidrig. Der Kläger ist dadurch auch in seinen Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), da er damit rechnen muss, dass aufgrund der Aufhebung der erteilten Bescheinigung seine (fortbestehende) Rechtsfähigkeit als Körperschaft des öffentlichen Rechts im Privatrechtsverkehr in Abrede gestellt wird. |
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| Von der Erklärung der vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten wird abgesehen (§ 167 Abs. 2 VwGO). |
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