Urteil vom Verwaltungsgericht Karlsruhe - 14 K 964/21

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen die straßenverkehrsrechtliche Anordnung einer Fahrradstraße.
Sie wohnen in der Mannheimer Innenstadt im Bereich G3/H3 bis G7/H7, einem ca. 500 Meter langen, grob in Ost-West-Richtung verlaufenden Straßenabschnitt. Die Fahrbahn in diesem Straßenabschnitt war lange Zeit nur in Richtung Westen befahrbar (Einbahnstraßenbeschilderung [Verkehrszeichen 220 und 267]). Unter diesen Bedingungen waren bei einer Zählung im Bereich G7/H7 am 20./21.05.2014 über einen werktäglichen Zeitraum von 6 bis 22 Uhr 733 Radfahrende (einschließlich einbahnstraßenwidriger Nutzung), 1.123 Kraftfahrzeuge (Verhältnis von einem Radfahrenden zu 1,64 Kraftfahrzeugen) und 3.078 Fußgänger festgestellt worden. Für Radfahrende war die Fahrbahn im Herbst 2016 auch in die Gegenrichtung freigegeben worden (Zusatzzeichen 1022-10). Unter diesen Bedingungen wurden bei einer Zählung ebenfalls im Bereich G7/H7 am 04./05.06.2019 in einem identischen Zeitraum 906 Radfahrende, 1.159 Kraftfahrzeuge (Verhältnis von einem Radfahrenden zu 1,28 Kraftfahrzeugen) und 3.194 Fußgänger festgestellt.
Bereits am 09.04.2019 hatte der Mannheimer Gemeinderat die Vorlage V029/2019 beschlossen, die - in Umsetzung einer übergreifenden Planung unter dem Stichwort „Verbesserung im Radwegenetz“ (vgl. V343/2017) - u.a. im Bereich G3/H3 bis G7/H7 die Ausweisung einer Fahrradstraße unter Zulassung des Kraftverkehrs entsprechend der früheren Einbahnstraßenregelung vorsah. Hierauf ordnete die Verkehrsbehörde am 06.08.2020 durch Stempelung und Signatur eines Verkehrszeichenplans die Einrichtung einer Fahrradstraße in dem betreffenden Straßenabschnitt an und verfügte hierzu die Neuanbringung des Verkehrszeichen 244.1 (Beginn einer Fahrradstraße) unter Beifügung des Zusatzzeichens „KFZ frei“ an den Zufahrten zu dem Abschnitt sowie des Verkehrszeichens 244.2 (Ende einer Fahrradstraße) an den Ausfahrten aus diesem. Gleichzeitig wurde die bestehende Einbahnstraßenbeschilderung (Verkehrszeichen 220 und 267) mit einer Ausnahme für Radfahrende (Zusatzzeichen 1022-10) aufrechterhalten (und lediglich teilweise erneuert) und eine Vorfahrtberechtigung an den vier Kreuzungen (neu) angeordnet (Verkehrszeichen 301 und 205). Ferner wurde auf dem südlichen Gehweg - im Wesentlichen unter teilweiser Aufrechterhaltung der bestehenden Parkbeschilderung - die Errichtung von Fahrradbügeln und Pollern (am Rande des Gehwegs in Richtung der Fahrbahn) verfügt. Auf dem Abschnitt vor dem von den Klägern bewohnten Haus wurde in diesem Zusammenhang auch eine eingeschränkte Halteverbotsbeschilderung (Verkehrszeichen 286) mit dem Zusatzzeichen „auf dem Seitenstreifen“ (1052-39) und dem weiteren Zusatzzeichen „Bewohner mit Parkausweis Nr. frei“ - die die Kläger der Sache nach wohl zum Parken berechtigte - entfernt. Die Anzahl an Parkständen wurde damit - unter Erhöhung der Stellplätze für Fahrräder von 6 auf 104 und Berücksichtigung von Außenbestuhlung im Rahmen von gastronomischer Sondernutzung – von ursprünglich 130 um ca. 85 reduziert.
Bis zum 10.11.2020 wurde die verkehrsrechtliche Anordnung vom 06.08.2020 baulich umgesetzt (u.a. durch Änderung der Beschilderung und Markierung durch den Eigenbetrieb Stadtraumservice).
Die Kläger erhoben mit Schreiben vom 05.11.2020 Widerspruch „gegen die Einrichtung einer Fahrradstraße in G 3/H 3 bis G 7/H 7, angeordnet mit dem Verkehrszeichen 244 (Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO)“ und beantragten Akteneinsicht. Am 17.03.2021 ließen sie, nachdem die Beklagte auf ihren Widerspruch und ihr Akteneinsichtsgesuch nicht reagiert hatte, die vorliegende Klage erheben. Der - daraufhin eingesehenen - Akte sei nicht zu entnehmen, wann wer wie die verkehrsbehördliche Anordnung getroffen habe. Weiter sei die der Anordnung zu Grunde liegende Verkehrszählung aus 2014 obsolet, weil sich der Verkehrsfluss in Richtung Ludwigshafen wegen des „Abrisses der Hochstraße“ seitdem erheblich geändert habe. Insgesamt sei die Einrichtung einer Fahrradstraße politisch motiviert. Die verkehrsbehördliche Anordnung verstoße zudem gegen § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO. Sie sei hier nicht aufgrund besonderer Umstände zum Schutz der Radfahrer zwingend erforderlich. Auch von der Verkehrsbehörde der Beklagten seien im Verfahren Einwände hinsichtlich der Fahrbahnbreite erhoben worden. So sei die Fahrbahn hier mit 4 Metern - vor dem Anwesen der Kläger betrage sie gar nur 3,82 Meter - zu eng für eine Fahrradstraße, auf der Radfahrende nebeneinander fahren dürften, insbesondere, wenn gleichzeitig Kraftverkehr zugelassen werde. Ferner seien keine Ladezonen vorgesehen und die Anzahl an Kraftfahrzeugstellplätzen durch Fahrradbügel, Poller und sog. Parklets erheblich reduziert worden, so dass - ggf. ordnungswidrig - auf der Straße angehalten werden müsse. Eine besondere Gefährdung ergebe sich auch daraus, dass die Ausfahrt einer Polizeiwache zwischen H4 und H3 liege, von wo sämtliche Polizeieinsätze zwingend nach rechts in die Fahrradstraße einbiegen müssten, sodass die Radfahrenden dort gefährdet würden. Für sie, die Kläger, als Fußgänger liege eine besondere Belastung darin, dass Radfahrende, die aus beiden Richtungen kommen könnten und zudem zunehmend elektrifiziert führen, nicht hörbar seien. Problematisch sei, wie die Kläger erstmals mit Schriftsatz vom 11.05.2022 vortragen lassen, insoweit auch, dass die Straße entgegen den sonstigen Regelungen in den Quadraten zu einer Vorfahrtstraße erklärt worden sei. Die Kläger sind schließlich insbesondere dem Vorbringen der Beklagten entgegengetreten, es sei dieser um den Schutz der Fußgänger gegangen. Dies ergebe sich daraus, dass der Parkplatzbereich bereits zuvor teils an Restaurants zur Außenbestuhlung vergeben worden sei. Hieran sei - unter Hinnahme der Einschränkungen für den Fußgängerverkehr - festgehalten worden.
Sie beantragen,
die verkehrsbehördliche Anordnung der Beklagten vom 06.08.2020 aufzuheben, soweit darin im Bereich G3/H 3 bis G7/H7 mit dem Verkehrszeichen 244 eine Fahrradstraße angeordnet worden ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Sie hält die Klage für unbegründet. Die Voraussetzungen für die verkehrsbehördliche Anordnung einer Fahrradstraße gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 9 Satz 1 StVO lägen vor. Die erforderliche konkrete Gefahr für die Sicherheit und Ordnung des Verkehrs sei aufgrund der Gesamtumstände insbesondere aufgrund des durch Messungen in den Jahren 2014 und 2019 belegten und sich voraussichtlich fortsetzenden Trends einer stetig steigenden Fahrradfrequenz gegeben. Auf den Schutz dieser Radfahrenden ziele die Einrichtung der Fahrradstraße ab. Andererseits zeigten die Verkehrserhebungen auch eine erhebliche Bedeutung des Fußverkehrs, die im Rahmen einer Neubewertung des Straßenraums unabhängig von der Anordnung der Fahrradstraße zur Einrichtung breiterer Gehwegflächen, gesichert durch Poller u. ä., geführt habe. Teils habe die faktisch zur Verfügung stehende Gehwegbreite infolge des zuvor üblichen Parkens halb auf dem Gehweg lediglich zwischen 1,60 und 1,80 Metern betragen; dies sei gemessen an der Regelbreite von 2,50 Meter, die bei der hier festzustellenden Bedeutung des Fußverkehrs noch zu verbreitern sei, deutlich zu schmal gewesen. Nunmehr betrage die Gehwegbreite in diesem Bereich in der Regel 3,50 Meter. Der Wegfall von 83 bis 85 Parkständen werde zudem dadurch kompensiert, dass im Bereich der westlichen Unterstadt ca. 1.200 Parkmöglichkeiten im öffentlichen Straßenraum, 900 Stellplätze in Parkgaragen und zusätzlich 1.500 private Stellplätze vorhanden seien. Auch sei die verkehrsbehördliche Anordnung zwingend erforderlich gewesen, weil die allgemeinen und besonderen Verhaltensregeln der Straßenverkehrsordnung für einen sicheren und geordneten Verkehrsablauf nicht ausreichten, um die mit der Anordnung bezweckten Wirkungen zu erreichen. Sie sei hierzu auch geeignet, weil sie die sich bereits abzeichnende Bündelung des Radverkehrs auf dem Straßenabschnitt auch in Zukunft zusätzlich stärken werde. So entstehe durch die Bündelung auf einer Anliegerstraße eine zentrale Radverkehrsachse. Mit einer Zunahme des motorisierten Verkehrs sei entgegen dem Vorbringen der Kläger auch nicht infolge der Hochstraßensperrung zu rechnen, weil eine direkte Fahrbeziehung zwischen der Innenstadt und Ludwigshafen nicht bestehe - die Ausfahrt aus dem Straßenabschnitt auf die Ringstraße erfolge in Richtung Osten, so dass für die Weiterfahrt in das westlich gelegene Ludwigshafen die Fahrtrichtung mittels U-Turn geändert werden müsse. Durch die Bündelung des Radverkehrs, die Beschilderungen und die farblichen Markierungen auf der Straße werde die Aufmerksamkeit der Autofahrenden in besonderer Weise auf den Radverkehr gelenkt. Während der entgegenkommende Radverkehr zuvor nur mittels einer Befreiung der Radfahrer vom Einfahrtverbot zugelassen worden sei, was naturgemäß mit einem großen Gefahrenpotential einhergehe, müsse der motorisierte Individualverkehr nunmehr stets mit entgegenkommendem Fahrradverkehr rechnen. Soweit Verkehrswege für eine Fahrradstraße eine hinreichende Fahrbahnbreite aufweisen müssten, sei die gesamte Überplanung des Straßenraums zu berücksichtigen, nach dem vielfach über die gesamte Länge der Fahrradstraße verteilt Ausweichstellen geschaffen worden seien, indem das die Fahrbahn einengende Parken auf dem angrenzenden Gehweg nachhaltig unterbunden worden sei. Auch sei die Anordnung frei von Ermessensfehlern. Es seien keine Gründe ersichtlich, weshalb hier trotz Vorliegens einer Gefahr für den Radverkehr von der Anordnung hätte abgesehen werden können.
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Eine zuletzt auf Veranlassung der Kammer durchgeführte und vorgelegte Zählung im Bereich G7/H7 am 10./11.05.2022 über einen werktäglichen Zeitraum von 6 bis 22 Uhr hat 899 Radfahrende, 937 Kraftfahrzeuge (Verhältnis von einem Radfahrenden zu 1,04 Kraftfahrzeugen) und 3.097 Fußgänger ergeben.
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Der Kammer hat die Akte der Beklagten (2 Bände) vorgelegen. Sie hat in der mündlichen Verhandlung den Straßenabschnitt G3/H3 bis G7/H7 und die nähere Umgebung in Augenschein genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akte, das Sitzungsprotokoll und die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
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Die Klage ist nur insoweit gegen die straßenverkehrsrechtliche Anordnung der Beklagten vom 06.08.2020 gerichtet, als darin im Bereich G3/H3 bis G7/H7 mit dem Verkehrszeichen 244 eine Fahrradstraße angeordnet worden ist. Damit ist sie gleichzeitig auch gegen die mit der Fahrradstraßenanordnung untrennbar verbundene Anordnung „KFZ frei“ gerichtet (vgl. hierzu nur VG Hannover, Urteil vom 17.07.2019 - 7 A 7457/17 - juris Rn. 46 m. w. N.), nicht aber gegen weitere in der Anordnung etwaig eingeschlossene Regelungsgegenstände, namentlich die Vorgaben zu (Anwohner-)Parkplätzen.
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Mit diesem Gegenstand ist die Klage als Anfechtungsklage statthaft und auch sonst zulässig (I.), aber nicht begründet (II.).
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I. Die Klage ist als Anfechtungsklage statthaft und auch sonst zulässig.
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1. Sie hat mit der verkehrsrechtlichen Anordnung einer Fahrradstraße unter Zulassung des Kraftfahrzeugverkehrs vom 06.08.2020 einen Verwaltungsakt (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) in Gestalt einer Allgemeinverfügung (§ 35 Satz 2 LVwVfG) zum Gegenstand (vgl. ständige Rechtsprechung seit BVerwG, Urteil vom 09.06.1967 - VII C 18.66 - juris; vgl. ferner BVerwG, Urteil vom 25.01.1995 - 11 C 29.93 - NJW 1995, 1977; Urteil vom 27.01.1993 - 11 C 35.92 - BVerwGE 92, 32, jeweils mit weiteren Nachweisen; vgl. ferner VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16.12.2009 - 1 S 3263/08 - BeckRS 2010, 45756). Die Anordnung ist entgegen der von den Klägern geäußerten Zweifel den vorgelegten Akten in Gestalt eines gestempelten und unterzeichneten Verkehrszeichenplans zu entnehmen.
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2. Die Kläger sind auch klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO). Dies ist dann der Fall, wenn das Klagevorbringen es zumindest als möglich erscheinen lässt, dass die angefochtene Maßnahme die Kläger in eigenen Rechten verletzt (vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 21.01.1993 - 4 B 206.92 - juris Rn. 7 m.w.N.). Verkehrsteilnehmer, die - wie die Kläger als Anwohner der von der Anordnung betroffenen Straße - von Verkehrsbeschränkungen wie Fahrradstraßen (ausdrücklich für Fahrradstraßen § 45 Abs. 9 Satz 3, Satz 4 Nr. 2 StVO) betroffen sind, können insoweit einwenden, die rechtssatzmäßigen Voraussetzungen der angeordneten Beschränkung seien nicht gegeben. Was die behördliche Ermessensausübung betrifft, können sie indessen nur verlangen, dass ihre eigenen Interessen ohne Rechtsfehler abgewogen werden mit den Interessen der Allgemeinheit und anderer Betroffener, die für die Einführung der Verkehrsbeschränkung sprechen. Abwägungserheblich sind dabei allerdings nur sog. qualifizierte Interessen, die über das Interesse jedes Verkehrsteilnehmers hinausgehen, in seiner Freiheit möglichst wenig beschränkt zu werden (BVerwG, Urteile vom 23.09.2010 - 3 C 32.09 - DAR 2011, 39 und vom 03.06.1982 - 7 C 9.80 - juris Rn. 14 m. w. N.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.06.2016 - 5 S 515/14 - juris Rn. 54 m. w. N.). Dagegen unterliegt der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht, ob die Straßenverkehrsbehörde ihrer rechtlichen Verpflichtung zu einer umfassenden Abwägung aller erheblichen öffentlichen und privaten Belange nachgekommen ist (BVerwG, Urteil vom 23.09.2010 - 3 C 37.09 - NJW 2011, 246, 250).
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3. Die Klage ist weiter abweichend von § 68 VwGO (auch ohne Durchführung eines Vorverfahrens) zulässig, weil über den gemäß §§ 70 Abs. 2, 58 Abs. 2 VwGO rechtzeitig erhobenen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.09.2010 - 3 C 37.09 - NJW 2011, 246 Rn. 14 ff.) Widerspruch ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist.
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II. Die Klage ist aber unbegründet. Die straßenverkehrsrechtliche Anordnung der Beklagten vom 06.08.2020 ist, soweit darin im Bereich G3/H3 bis G7/H7 mit dem Verkehrszeichen 244 eine Fahrradstraße angeordnet und diese für den Kraftfahrzeugverkehr freigegeben worden ist, rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.09.2017 - 3 B 50.16 - juris Rn. 8; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.06.2016 - 5 S 515/14 - juris Rn. 36, jeweils m. w. N.) sind die tatbestandlichen Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage (1.) gegeben (2.) und liegen keine der Klage zum Erfolg verhelfenden Ermessensfehler vor (3.).
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1. Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche verkehrsrechtliche Anordnung, vor deren Erlass durch die zuständige Stelle (§ 44 Abs. 1 Satz 1 StVO, §§ 1, 3 Abs. 1 Nr. 1 StVOZustG, § 15 Abs. 1 Nr. 2 VwG) eine Anhörung gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 4 LVwVfG nicht erforderlich war, ist § 45 Abs. 1 Satz 1, Abs. 9 StVO.
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Gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO können die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Nach § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO sind Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen nur dort anzuordnen, wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist. Nach § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO dürfen Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs nur angeordnet werden, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt. Nach § 45 Abs. 9 Satz 4 Nr. 2 StVO ist allerdings im Falle der Anordnung einer Fahrradstraße die Anwendung von Satz 3 - nicht hingegen von Satz 1 (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.09.2017 - 3 B 50.16 - juris Rn. 7; anders noch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.06.2016 - 5 S 515/14 - juris Rn. 52) - ausgeschlossen.
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2. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage sind hier erfüllt, wie sich für die Kammer insbesondere aus den vorlegten Akten, den zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätzen sowie den im Rahmen der mündlichen Verhandlung und des Augenscheins gewonnenen Erkenntnissen ergibt.
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a) Die im Sinne von § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO verkehrsbeschränkende Anordnung einer Fahrradstraße unter Zulassung von Kraftfahrzeugverkehr ist aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs erfolgt.
24 
Der Erlass einer verkehrsregelnden Anordnung setzt eine konkrete Gefahr für die Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs voraus. Das Schutzgut der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs umfasst unter anderem die Grundrechte. Zur Annahme einer derartigen Gefahrenlage bedarf es aber nicht des Nachweises, dass jederzeit während der Aufstellung des Verkehrszeichens mit einem Schadenseintritt zu rechnen ist; es genügt, dass irgendwann in überschaubarer Zukunft mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Schadensfälle eintreten können. Dies beurteilt sich danach, ob die konkrete Situation an einer bestimmten Stelle oder Strecke einer Straße die Befürchtung nahelegt, dass - möglicherweise durch Zusammentreffen mehrerer gefahrenträchtiger Umstände - die zu bekämpfende Gefahrenlage eintritt (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.1979 - 7 C 46.78 - juris Rn. 18 ff.; ferner VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.06.2016 - 5 S 515/14 - juris Rn. 39 m. w. N.).
25 
Eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ergibt sich vorliegend aus den spezifischen örtlichen Gegebenheiten, die die Annahme einer besonderen Unfallträchtigkeit und daraus folgend einer konkreten Bedrohung für Leib, Leben und Eigentum der Verkehrsteilnehmer stützen. Die Kammer teilt die von den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend zum Ausdruck gebrachte Überzeugung, dass der Straßenabschnitt eine unter mehreren bedeutsamen Achsen für den Verkehr im westlichen Teil der Mannheimer Innenstadt ist. Insoweit dient der Straßenabschnitt in erheblichem Umfang dem Durchgangsverkehr. Er endet östlich kurz vor dem zentralen Marktplatz (der von dort durch eine an eine kreuzende Straße anschließende kurze Spielstraße erschossen wird). Dieser ist ebenso wie die ihn umgebenden Straßenzüge gesäumt von an Endverbraucher gerichteten gewerblichen Nutzungen; von ihm aus erschließen Straßen die nördlich, östlich und südlich anliegenden Stadtteile, unter anderem die Bereiche um die Universität und den Mannheimer Hauptbahnhof. Westlich führt der Straßenabschnitt bis an den mehrspurigen Luisenring, der die Innenstadt umgibt, und auf dessen anderer, über eine Ampel zu erreichender Seite sich ein von den Beteiligten übereinstimmend als Ausgehviertel bezeichneter, studentisch geprägter Stadtteil anschließt. Südlich und nördlich verlaufen im Anschluss an jeweils überwiegend bebaute Straßenabschnitte parallele Straßen mit ähnlichen Funktionen. Der Straßenabschnitt und seine unmittelbare Umgebung rufen zudem selbst in nennenswertem Umfang (sog. Quell- und Ziel-)Verkehr hervor. Denn auf ihm befinden sich insbesondere in den Obergeschossen eine substantielle Zahl an Wohnungen, eine innerstädtische Polizeiwache und insbesondere in den Erdgeschossen zahlreiche gewerbliche Einrichtungen, etwa ein Kino, Restaurants und Kneipen, Bäckereien und nach Angaben der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung wenigstens ein überörtlich, international gar bekanntes Brautmodegeschäft. Diese Bedeutung des Straßenabschnitts für den Durchgangs- sowie den Quell- und Zielverkehr wird auch durch die im Rahmen der Verkehrszählungen aus den Jahren 2014, 2019 und zuletzt insbesondere 2022 festgestellte Frequentierung des Straßenabschnitts bestätigt, indem diese ein hohes Aufkommen an Radfahrenden ebenso wie an Kraftfahrzeugen und Fußgängern belegen; auch relativ ist das Aufkommen an Radfahrenden mit zuletzt knapp 50 % vergleichsweise hoch, mit weiterhin steigender Tendenz. In Bezug auf den Kraftfahrverkehr haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung ebenfalls übereinstimmend angegeben, sei eine der parallel verlaufenden Straßen allerdings um ein Vielfaches mehr belastet. Mit Verkehrsunfällen, dies stellt letztlich auch der Kläger nicht in Abrede, sondern bestätigt es vielmehr unter Bezugnahme auf die konkrete eigene Wahrnehmung von Unfallgeschehen, ist angesichts dieser Bedeutung des Straßenabschnitts hier jedenfalls deshalb jederzeit zu rechnen, weil die zusätzlich vierfach von in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Straßen gekreuzte Fahrbahn des Straßenabschnitts - abhängig vom Bezugspunkt am Rand der Fahrbahn - zwischen 370 und 400 Zentimetern eine - gemessen auch an einer allgemein zulässigen Breite von Kraftfahrzeugen von 2,55 m (vgl. § 32 Abs. 1 Nr. 1 StVZO) - eher geringe Breite aufweist und die Sichtverhältnisse auf dem gesamten Abschnitt durch überwiegend geschlossene, mehrgeschossige Bebauung, Verkehrszeichen, Begrünung, Stadtmöblierung und haltende und parkende Fahrzeuge ganz erheblich eingeschränkt sind.
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b) Die Anordnung einer Fahrradstraße mit Zulassung des Kraftverkehrs ist auf Grund der besonderen Umstände auch „zwingend erforderlich“ im Sinne des § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO.
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Dies ist dann der Fall, wenn die allgemeinen und besonderen Verhaltensregeln der Straßenverkehrsordnung für einen sicheren und geordneten Verkehrsablauf nicht ausreichen. Mangels Erforderlichkeit im Sinne von § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO scheidet eine Anordnung (stets aber auch) nur dort aus, wo die mit der Anordnung bezweckten Wirkungen aufgrund der allgemeinen und besonderen Verhaltensregeln der Verordnung ohnehin erreicht würden (BVerwG, Beschluss vom 01.09.2017 - 3 B 50.16 - juris Rn. 7; Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 12.07.2021 - 6 D 18/121 - juris Rn. 5; VG Leipzig, Urteil vom 13.10.2021 - 1 K 1108/20 - juris Rn. 32; zur früheren Rechtslage vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.06.2016 - 5 S 515/14 - juris Rn. 52). Die Vorschrift soll damit dazu beitragen, die Zahl der Verkehrsschilder insgesamt zu minimieren und den Verhaltensregeln der Straßenverkehrsordnung wieder stärker zur Geltung zu verhelfen (Prinzip der Subsidiarität verkehrsregelnder Maßnahmen, vgl. zu diesem König in Hentschel/u.a., Straßenverkehrsrecht, 46. Aufl., StVO § 45 Rn. 49b; Steiner in MüKo StVR, 1. Auf., § 45 StVO Rn. 74; VG Leipzig, Urteil vom 13.10.2021 - 1 K 1108/20 - juris Rn. 32).
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Die hiernach maßgeblichen Voraussetzungen sind erfüllt. Die mit der Anordnung einer Fahrradstraße bezweckten Wirkungen werden nicht bereits aufgrund anderer Verkehrsregelungen der Straßenverkehrsordnung erreicht. Die Anordnung zielt darauf ab (vgl. dazu Nummer 23 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO), dass für den Fahrverkehr eine Höchstgeschwindigkeitsgrenze von 30 km/h und ein besonderes Gefährdungs- und Behinderungsverbot gilt, dass der Kraftfahrzeugverkehr, wenn nötig, die Geschwindigkeit weiter verringern muss und dass Radfahrern das Nebeneinanderfahren erlaubt ist. Diese Wirkungen gehen über die allgemeinen Schutzregelungen der Straßenverkehrsordnung, insbesondere §§ 1 Abs. 1, 5 Abs. 4 Satz 2 StVO, ebenso hinaus wie über besondere Regelungen wie etwa die Tempo 30-Zone (so auch VG Leipzig, Urteil vom 13.10.2012 - 1 K 1108/20 - juris Rn. 33). Die Anordnung einer Fahrradstraße, die auch nach der ursprünglichen Konzeption des Normgebers wesentlich vom Anliegen der Förderung des Radverkehrs getragen (vgl. Begr. Zur ÄndVO v. 07.08.1997, VkBl. 97, 689) und auch im konkreten Fall, wie von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar dargelegt, im Bemühen um eine Verbesserung des Radwegenetzes (vgl. Beschluss des Gemeinderats vom 09.04.2019, V029/2019) ergangen ist, zielt, ohne dass es hierauf insoweit entscheidungserheblich ankäme, im Sinne einer gefahrenabwehrbezogenen Verkehrssteuerungsfunktion zusätzlich auch auf eine Verschiebung der Verkehrslasten durch eine Bündelungswirkung für Radfahrende und einer Verdrängungswirkung für Kraftfahrzeuge ab. Hiernach sollen, ohne dass dies in vergleichbarer Weise durch anderweitige Verkehrsregeln erreicht werden könnte, Gefahren gerade nicht nur auf der Fahrradstraße selbst, sondern übergreifend auch in Neben- und Parallelstraßen reduziert werden.
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Ein darüberhinausgehendes Erfordernis auf der Linie des Einwands der Kläger, dass die Fahrradstraße insbesondere wegen der geringen Fahrbahnbreite keinen angemessenen Ausgleich der verschiedenen Verkehrsinteressen bewirke, nach dem sich die verkehrsrechtliche Anordnung als sachgerecht und zweckmäßig erweisen muss, es sich bei ihr um die zur Gefahrenabwehr unbedingt erforderliche und allein in Betracht kommende Maßnahme handeln muss (vgl. zuletzt VG Hannover, Urteil vom 17.07.2019 - 7 A 7457/17 - juris Rn. 67; und Urteil vom 13.08.2021 - 7 A 5667/19 - juris Rn. 56, jeweils m. w. N.), lässt sich § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO demgegenüber nach Überzeugung der Kammer nicht entnehmen. Diese Bestimmung ist darauf gerichtet, die allgemeinen Verhaltensvorschriften im Straßenverkehr aufzuwerten und die „Subsidiarität der Verkehrszeichenanordnung“ zu verdeutlichen (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.06.2016 - 5 S 515/14 - juris Rn. 52, unter Bezugnahme auf ÄndVO v. 07.08.1997, VkBL. 1997, 690); sie zielt indessen nicht auch darüber hinaus auf eine weitere Einschränkung des straßenverkehrsbehördlichen Ermessens im Sinne einer gleichsam in den Tatbestand vorverlagerten Verhältnismäßigkeitsprüfung ab. Die in einem restriktiveren Verständnis des Tatbestandsmerkmals zum Ausdruck kommende Vorstellung von „allein in Betracht kommenden Maßnahmen“ trägt schon nicht hinreichend der gerade bei Fahrradstraßen in besonderer Weise zum Ausdruck kommenden normgeberischen Zielsetzung Rechnung, den Straßenverkehrsbehörden bei der Beschränkung des Verkehrs auch die in der beschriebenen Weise gefahrenabwehrbezogene Verkehrssteuerungsfunktion zukommen zu lassen. Denn eine solche bedingt angesichts der Vielschichtigkeit zu berücksichtigender Gesichtspunkte ein breites Ermessen. Darüber hinaus verlören bei einer derartigen Anreicherung der „zwingenden Notwendigkeit“ auch § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO sowie die vom Normgeber in § 45 Abs. 9 Satz 4 StVO vorgesehenen Privilegierungen letztlich ihre Bedeutung.
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Denn wenn schon Absatz 9 Satz 1 die Sachgerechtigkeit, Zweckmäßigkeit und unbedingte Erforderlichkeit im genannten Sinne verlangen würde, dann bliebe für die Prüfung der Frage kaum Raum, ob eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der relevanten Rechtsgüter (insbesondere: Leben und Gesundheit von Verkehrsteilnehmern sowie öffentliches und privates Sacheigentum) erheblich übersteigt (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 05.04.2001 - 3 C 23.00 - juris Rn. 23, 26 f.). Diese Regelung, die für den Bereich des fließenden Verkehrs ersichtlich erhöhte Anforderungen an Beschränkungen stellt, verdeutlicht insoweit vielmehr, dass die der allgemeineren Regelung in Satz 1 zu entnehmenden Anforderungen nicht überspannt werden dürfen. Entsprechend hat auch das Bundesverwaltungsgericht die Frage, ob die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs durch weniger weitgehende Anordnungen gewährleistet werden kann, in der Vergangenheit dem - (allein) als Grenze des Ermessens zu prüfenden - Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zugeordnet (vgl. Urteil vom 05.04.2001 - 3 C 23.00 - juris Rn. 22 m. w. N.).
31 
Selbst wenn man das Merkmal der „zwingenden Erforderlichkeit“ derart anreichern wollte, wäre es hier aber erfüllt. Insbesondere hat die Kammer keinerlei Zweifel daran, dass hier die Anordnung einer Fahrradstraße geeignet ist, einen sicheren und geordneten Verkehrsablauf zu ermöglichen. Gefahrenszenarien für den Begegnungsverkehr, wonach Autofahrer von Radfahrenden eingekesselt zu werden drohen (vgl. dazu VG Hannover, Urteil vom 17.07.2019 - 7 A 7457/17 - juris Rn. 71), lassen sich ohne Weiteres unter Anwendung der allgemeinen, selbstverständlich auch für Radfahrende Geltung beanspruchenden Regeln, insbesondere des Gebots der Rücksichtnahme (§ 1 Abs. 1 StVO) lösen (vgl. hierzu nur Koehl, SVR 2019, 340, 341 m.w.N.).
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3. Schließlich liegen auch keine die qualifizierten Interessen der Kläger verletzende Ermessensfehler vor.
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Die Ausübung des durch § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO vermittelten straßenverkehrsbehördlichen Ermessens (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.06.2016 - 5 S 515/14 - juris Rn. 54; BayVGH, Urteil vom 05.06.2018 - 11 B 17.1503 - juris Rn. 46) ist nur eingeschränkt zu überprüfen. Das Gericht prüft insoweit gemäß § 114 Satz 1 VwGO lediglich, ob die straßenverkehrsrechtliche Anordnung deshalb rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist. Die Verwaltungsbehörde kann dabei ihre Ermessenserwägungen gemäß § 114 Satz 2 VwGO auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen. Ein solcher, die qualifizierten Interessen der Kläger verletzender Ermessensfehler ist nicht gegeben.
34 
a) Die angegriffene verkehrsrechtliche Anordnung leidet nicht an einem Ermessensausfall, so dass qualifizierte Interessen der Kläger überhaupt keine Berücksichtigung gefunden haben könnten. Zwar fehlt es an einer Fixierung der Ermessenserwägungen in der verkehrsrechtlichen Anordnung, was am Maßstab von § 39 LVwVfG keinen eigenen (formellen) Fehler begründet, weil es sich bei Verkehrsschildern nicht um einen schriftlichen Verwaltungsakt im Sinne von § 39 Abs. 1 LVwVfG handelt (Schuler-Harms in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, 1. EL 2021, § 39 Rn. 97; Weiß in Mann/u.a., Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Aufl. 2019, § 39 Rn. 62). Für die maßgeblichen Ermessenserwägungen ist deshalb auf die im Verwaltungsverfahren verschriftlichten Überlegungen und die Stellungnahmen der Beklagten im gerichtlichen Verfahren abzustellen. Danach aber war der Verkehrsbehörde der Beklagten ihr Entscheidungsspielraum ersichtlich bewusst. So macht sie in ihrem Schriftsatz vom 05.11.2021 u.a. ausdrücklich geltend, ermessensfehlerfrei gehandelt zu haben. Auch in der Sache hat sie sowohl in dem der verkehrsrechtlichen Anordnung vorangegangenen Verwaltungsverfahren als auch in dem genannten Schriftsatz zu erkennen gegeben, bei ihrer Entscheidung um einen Ausgleich der Interessen der verschiedenen Verkehrsteilnehmer - darunter auch die Fußgänger und die Autofahrer, gerade auch jene mit Halte- und Parkinteresse - bemüht gewesen zu sein. Soweit die Kläger mit ihrem Vorbringen, es handele sich - wohl wegen der Aufhängung im Gemeinderat - um eine politische Entscheidung, in Abrede stellen sollten, dass seitens der Verkehrsbehörde überhaupt eine Ermessensentscheidung stattgefunden hat, träfe dieser Einwand insoweit jedenfalls nicht zu.
35 
b) Die verkehrsrechtliche Anordnung leidet ferner auch nicht deshalb unter einem Ermessensfehler, weil qualifizierte Interessen der Kläger nicht ihrem Gewicht entsprechend in diese eingestellt worden wären.
36 
aa) Ein die qualifizierten Interessen der Kläger berührender Verstoß gegen die ermessenslenkenden (vgl. OVG Niedersachsen, Beschluss vom 05.12.2003 - 12 LA 467/03 - juris Rn. 14 m. w. N.) Vorgaben der VwV-StVO vom 26.01.2001 in der im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.09.2017 - 3 B 50.16 - juris Rn. 8; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.06.2016 - 5 S 515/14 - juris Rn. 36, jeweils m. w. N.) hier zugrunde zu legenden (Neu-)Fassung vom 08.11.2021 (BAnz AT 15.11.2021 B1) liegt nicht vor.
37 
Der VwV-StVO lassen sich schon keine Vorgaben entnehmen, die gerade Interessen der Kläger schützen würden. Diese beschreibt lediglich allgemein Rahmenbedingungen, unter denen Fahrradstraßen eingerichtet werden können, indem sie dafür etwa insbesondere eine hohe Fahrradverkehrsdichte, eine hohe Netzbedeutung für den Radverkehr oder eine untergeordnete Bedeutung für den Kraftfahrzeugverkehr voraussetzt. Dass diese oder die weiteren Vorgaben der VwV-StVO gerade die Interessen der Kläger zu schützen bestimmt sind, ist aber weder geltend gemacht noch sonst zu erkennen.
38 
Ohne dass es hierauf ankäme, begegnet die streitgegenständliche Anordnung der Fahrradstraße am Maßstab der aktuellen Fassung der - für sich genommen nicht zu beanstandenden - VwV-StVO aber auch sonst keinen Bedenken. Insbesondere sind die Grundvoraussetzungen für die Einrichtung einer Fahrradstraße erfüllt, weil sowohl absolut wie auch relativ im Vergleich insbesondere zu motorisiertem Verkehr von einer hohen Fahrradverkehrsdichte ausgegangen werden kann. Auch von einer Netzrelevanz des Straßenabschnitts für den Radverkehr kann vor dem Hintergrund übergreifender städtischer Planungen ausgegangen werden. Schließlich kann auch weiterhin, entsprechend den bereits in der Straßenverkehrsordnung selbst angelegten (vgl. Begründung zur ÄndVO vom 07.08.1997 VkBl. 97, 689) Vorgaben der VwV-StVO vom 26.01.2001 in der Vorgängerfassung vom 22.05.2017 (BAnz AT 29.05.2017 B8) auch davon ausgegangen werden, dass der Radverkehr die vorherrschende Verkehrsart ist oder dies alsbald zu erwarten ist. Dies ergibt sich aus den Zählungen aus den Jahren 2014, 2019 und 2022, die tragfähig eine Tendenz zur stetigen Zunahme erkennen lassen, so dass der Radverkehr sich mit dem Kraftfahrverkehr zwischenzeitlich etwa die Waage hält und er diesen in absehbarer Zeit überwiegen wird. Die Aussagekraft dieser Zählungen wird auch dadurch gestärkt, dass diese stets zur in etwa gleichen Jahreszeit in den Monaten Mai/Juni durchgeführt worden sind. Sie wird, anders als die Kläger meinen, nicht (entscheidend) dadurch geschwächt, dass die Zählungen stets zu einer für den Radverkehr tendenziell eher günstigen Jahreszeit durchgeführt worden sind. Denn maßgebend ist die hinreichend belegte Tendenz, nicht die ganz konkreten Zahlen und Verhältnisse. Abgesehen davon unterliegt auch der Kraftfahrverkehr erheblichen Schwankungen, etwa mit Blick auf die Witterungsverhältnisse, Wochentage und Ferienzeiten. Auch dass die Aussagekraft der Zählungen deshalb geschwächt wäre, weil sich die Verkehrsflüsse durch bauliche Maßnahmen in anderen Stadtgebieten in relevantem Umfang geändert hätten, haben die Kläger nicht hinreichend substantiiert geltend gemacht. Insoweit haben sie ausdrücklich schon nur die Verkehrszählung aus dem Jahr 2014 als „obsolet“ bezeichnet. Im Übrigen legen sie weder die zeitlichen noch die inhaltlichen Hintergründe ihrer Mutmaßung im Einzelnen dar. Sie berücksichtigen nicht, dass ggf. schon die Zählung aus dem Jahr 2019, jedenfalls aber die Zählung aus dem Jahr 2022 Verschiebungen bereits widerspiegeln müsste. Schließlich haben sie auch den überzeugenden Einwand der Beklagten nicht ansatzweise entkräftet, dass der Straßenabschnitt für den motorisierten Verkehr in Richtung Ludwigshafen deshalb besonders unattraktiv sei, weil die Ausfahrt in Richtung Nordosten zu einem U-Turn auf einer stark befahrenen Straße zwinge.
39 
bb) Auch sonst müssen die Kläger keine Belastungen hinnehmen, die in der Abwägung die von der Beklagten verfolgten Ziele relativieren könnten.
40 
Die Kläger werden durch die streitige Verkehrsbeschränkung nur in geringem Umfang belastet. Sie bewegen sich nach ihren eigenen Angaben vorrangig zu Fuß. Die Errichtung von Fahrradbügeln und Pollern zur Trennung von Fahrbahn und Bürgersteig, mit der wegen der geringen Fahrbahnbreite auch Ausweichflächen für Radfahrer geschaffen werden sollten, trägt gerade im Bereich vor dem von den Klägern bewohnten Haus zu einer erheblichen Aufwertung des Gehwegraums bei. Diese für die Kläger insoweit günstige Wirkung hat die Beklagte entgegen der von den Klägern unter Kohärenzgesichtspunkten geäußerten Zweifeln auch bezweckt. Dies wird insbesondere nicht durchgreifend dadurch in Frage gestellt, dass in dem von den Klägern bewohnten Straßenteilabschnitt auf der südlichen Straßenseite den Gehweg verengende Parklets zugelassen worden sind. Denn eine solche Außenbestuhlung ist vor nur vier von insgesamt ca. 17 Gebäuden zugelassen worden. Hinzu kommt, dass sich die Beklagte nach den Angaben ihrer Vertreterinnen in der mündlichen Verhandlung mittelfristige Flexibilität dadurch bewahrt hat, dass sie die entsprechenden Sondernutzungserlaubnisse stets von vornherein nur zeitlich befristet erteilt hat.
41 
Aber auch soweit die Kläger als Autofahrer am Verkehr teilnähmen, wären sie nur in geringem Umfang belastet. Weil der Kraftfahrverkehr ausnahmslos zugelassen worden ist, die Fahrradstraße vollständig innerhalb einer Tempo 30-Zone liegt und die Radfahrenden schon nach allgemeinen Verkehrsregeln eher nicht gefährdet werden sollten, lässt sich den in Nummer 23 der Anlage 2 zu § 41 StVO für Fahrradstraßen normierten Modifikationen der allgemeinen Vorschriften über die Fahrbahnbenutzung kaum ein beschränkender Gehalt entnehmen. Durch die - ausgehend von einer Breite von Personenkraftwagen von bis zu 2,50 m (vgl. § 32 Abs. 1 Nr. 5 StVZO) und der Befreiung der Radfahrenden vom Rechtsfahrgebot - geringe Fahrbahnbreite bewirkte Konflikte sind ohne Weiteres auf Grundlage der - selbstverständlich auch für die Radfahrenden Geltung beanspruchenden - allgemeinen Regeln, insbesondere des Rücksichtnahmegebots (§ 1 Abs. 1 StVO) zu lösen.
42 
Auch eine spürbare Erhöhung der Gefährdung der Kläger als Fußgänger oder Autofahrer ist nicht festzustellen. Soweit die Kläger geltend machen, beim fußläufigen Kreuzen der Straße nunmehr ihren Blick in alle Richtungen lenken zu müssen, sind sie nicht spezifisch belastet, war dies schon zuvor der Fall und ist ihnen dies auch weiterhin zuzumuten. Aus der geringen Fahrbahnbreite von ca. vier Metern resultierende Gefahren bei der Begegnung von Kraftfahrzeugen und Radfahrenden belasten die Kläger ebenfalls nicht spezifisch und werden ferner durch die mittels Poller und Fahrradbügel gesicherten Ausweichflächen deutlich relativiert. Auch die Polizeieinsätze, die von der im Anordnungsbereich befindlichen Polizeiwache starten, begründen keine gerade die Kläger treffende Gefahr. Abgesehen davon sind auch Polizeifahrzeuge an die Straßenverkehrsordnung - hier besonders die Anordnung einer Fahrradstraße - gebunden. Soweit einsatzbedingt straßenverkehrsrechtliche Sonderrechte in Anspruch genommen werden, haben alle anderen Verkehrsteilnehmer diese zu beachten. Dass die tendenziell gehäufte Inanspruchnahme gerade einer Fahrradstraße durch Polizeieinsätze - vor allem im Vergleich zu der gehäuften Inanspruchnahme einer Straße, die keine Fahrradstraße ist - faktisch eine besondere Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer begründen würde, hält die Kammer nicht für naheliegend. Für die Einrichtung einer Fahrradstraße spricht insoweit im Übrigen auch der Umstand, dass Fahrradfahrer regelmäßig schneller ausweichen können als Autofahrer. Auch insoweit erfüllen die von der Beklagten eingerichteten Ausweichflächen ihren Zweck.
43 
Auch die Halte- und Parksituation belastet die Kläger, die nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung über einen privaten Stellplatz im Hof verfügen, nur in geringem Maße. Zwar sind vor Umsetzung der streitgegenständlichen Anordnung zum Halten und Parken zur Verfügung stehende Bereiche nunmehr nicht mehr als solche nutzbar. Dies beruht aber aus von der Beklagten nachvollziehbar dargelegten Gründen schon nicht nur auf der hier streitigen Anordnung einer Fahrradstraße, sondern soll, wie ausgeführt, unabhängig davon auch dem hohen Fußgängeraufkommen und damit gerade auch den Bedürfnissen der Kläger Rechnung tragen. Unabhängig davon stehen gegenüber von dem von den Klägern bewohnten Haus weiterhin Parkplätze am Straßenrand zur Verfügung. Auch im weiteren Umkreis stehen, wie die Beklagte im Verfahren dargelegt hat, zahlreiche weitere Parkmöglichkeiten zur Verfügung. Die zusätzliche Einrichtung von Haltezonen, die gerade dem Bedürfnis nach einer kurzfristigen Halt mit Kraftfahrzeugen Rechnung tragen soll, ist, wie die Beklagtenvertreterinnen in der mündlichen Verhandlung bekundeten, in Planung. Der von den Klägern insoweit eingewandte Zwang zu ordnungswidrigem Verhalten besteht deshalb nicht.
44 
c) Schließlich wird der Ermessensspielraum auch nicht in einer qualifizierte Interessen der Kläger berührenden Weise überschritten. Insoweit werden insbesondere straßenrechtliche Grenzen nicht verletzt. Abgesehen davon, dass das Landesstraßenrecht insoweit nicht dem Schutz der Interessen der Kläger zu dienen bestimmt ist, bedurfte es vor Einrichtung der Fahrradstraße unter Zulassung des Kraftverkehrs keiner Teileinziehung gemäß § 7 Satz 2 LStrG, weil keine Benutzungsarten, Benutzungskreise oder Benutzungszwecke beschränkt werden; die Straße steht dem motorisierten Verkehr vielmehr weiterhin zur Verfügung.
45 
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
46 
IV. Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß § 124a Abs. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO liegen nicht vor.
47 
B E S C H L U S S
48 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG, § 39 Abs. 1 GKG (in Anlehnung an Nr. 46.15 des Streitwertkatalogs 2013) auf 5.000 Euro festgesetzt. Die Kläger bekämpfen die verkehrsrechtliche Anordnung zwar nicht als Rechtsgemeinschaft, weil sie sich nicht auf eine ihnen gemeinschaftlich zustehende Rechtsposition berufen (vgl. Kunze in Posser/Wolff, BeckOK, 60. Edition, § 162 Rn. 10a; vgl. auch Nr. 1.1.3 des Streitwertkatalogs 2013). Dass sie hier als verheiratete Bewohner desselben Gebäudes in jeder Hinsicht übereinstimmend vorgetragen haben, rechtfertigt aus Sicht der Kammer aber eine entsprechende Behandlung.

Gründe

 
13 
Die Klage ist nur insoweit gegen die straßenverkehrsrechtliche Anordnung der Beklagten vom 06.08.2020 gerichtet, als darin im Bereich G3/H3 bis G7/H7 mit dem Verkehrszeichen 244 eine Fahrradstraße angeordnet worden ist. Damit ist sie gleichzeitig auch gegen die mit der Fahrradstraßenanordnung untrennbar verbundene Anordnung „KFZ frei“ gerichtet (vgl. hierzu nur VG Hannover, Urteil vom 17.07.2019 - 7 A 7457/17 - juris Rn. 46 m. w. N.), nicht aber gegen weitere in der Anordnung etwaig eingeschlossene Regelungsgegenstände, namentlich die Vorgaben zu (Anwohner-)Parkplätzen.
14 
Mit diesem Gegenstand ist die Klage als Anfechtungsklage statthaft und auch sonst zulässig (I.), aber nicht begründet (II.).
15 
I. Die Klage ist als Anfechtungsklage statthaft und auch sonst zulässig.
16 
1. Sie hat mit der verkehrsrechtlichen Anordnung einer Fahrradstraße unter Zulassung des Kraftfahrzeugverkehrs vom 06.08.2020 einen Verwaltungsakt (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) in Gestalt einer Allgemeinverfügung (§ 35 Satz 2 LVwVfG) zum Gegenstand (vgl. ständige Rechtsprechung seit BVerwG, Urteil vom 09.06.1967 - VII C 18.66 - juris; vgl. ferner BVerwG, Urteil vom 25.01.1995 - 11 C 29.93 - NJW 1995, 1977; Urteil vom 27.01.1993 - 11 C 35.92 - BVerwGE 92, 32, jeweils mit weiteren Nachweisen; vgl. ferner VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16.12.2009 - 1 S 3263/08 - BeckRS 2010, 45756). Die Anordnung ist entgegen der von den Klägern geäußerten Zweifel den vorgelegten Akten in Gestalt eines gestempelten und unterzeichneten Verkehrszeichenplans zu entnehmen.
17 
2. Die Kläger sind auch klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO). Dies ist dann der Fall, wenn das Klagevorbringen es zumindest als möglich erscheinen lässt, dass die angefochtene Maßnahme die Kläger in eigenen Rechten verletzt (vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 21.01.1993 - 4 B 206.92 - juris Rn. 7 m.w.N.). Verkehrsteilnehmer, die - wie die Kläger als Anwohner der von der Anordnung betroffenen Straße - von Verkehrsbeschränkungen wie Fahrradstraßen (ausdrücklich für Fahrradstraßen § 45 Abs. 9 Satz 3, Satz 4 Nr. 2 StVO) betroffen sind, können insoweit einwenden, die rechtssatzmäßigen Voraussetzungen der angeordneten Beschränkung seien nicht gegeben. Was die behördliche Ermessensausübung betrifft, können sie indessen nur verlangen, dass ihre eigenen Interessen ohne Rechtsfehler abgewogen werden mit den Interessen der Allgemeinheit und anderer Betroffener, die für die Einführung der Verkehrsbeschränkung sprechen. Abwägungserheblich sind dabei allerdings nur sog. qualifizierte Interessen, die über das Interesse jedes Verkehrsteilnehmers hinausgehen, in seiner Freiheit möglichst wenig beschränkt zu werden (BVerwG, Urteile vom 23.09.2010 - 3 C 32.09 - DAR 2011, 39 und vom 03.06.1982 - 7 C 9.80 - juris Rn. 14 m. w. N.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.06.2016 - 5 S 515/14 - juris Rn. 54 m. w. N.). Dagegen unterliegt der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht, ob die Straßenverkehrsbehörde ihrer rechtlichen Verpflichtung zu einer umfassenden Abwägung aller erheblichen öffentlichen und privaten Belange nachgekommen ist (BVerwG, Urteil vom 23.09.2010 - 3 C 37.09 - NJW 2011, 246, 250).
18 
3. Die Klage ist weiter abweichend von § 68 VwGO (auch ohne Durchführung eines Vorverfahrens) zulässig, weil über den gemäß §§ 70 Abs. 2, 58 Abs. 2 VwGO rechtzeitig erhobenen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.09.2010 - 3 C 37.09 - NJW 2011, 246 Rn. 14 ff.) Widerspruch ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist.
19 
II. Die Klage ist aber unbegründet. Die straßenverkehrsrechtliche Anordnung der Beklagten vom 06.08.2020 ist, soweit darin im Bereich G3/H3 bis G7/H7 mit dem Verkehrszeichen 244 eine Fahrradstraße angeordnet und diese für den Kraftfahrzeugverkehr freigegeben worden ist, rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.09.2017 - 3 B 50.16 - juris Rn. 8; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.06.2016 - 5 S 515/14 - juris Rn. 36, jeweils m. w. N.) sind die tatbestandlichen Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage (1.) gegeben (2.) und liegen keine der Klage zum Erfolg verhelfenden Ermessensfehler vor (3.).
20 
1. Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche verkehrsrechtliche Anordnung, vor deren Erlass durch die zuständige Stelle (§ 44 Abs. 1 Satz 1 StVO, §§ 1, 3 Abs. 1 Nr. 1 StVOZustG, § 15 Abs. 1 Nr. 2 VwG) eine Anhörung gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 4 LVwVfG nicht erforderlich war, ist § 45 Abs. 1 Satz 1, Abs. 9 StVO.
21 
Gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO können die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Nach § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO sind Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen nur dort anzuordnen, wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist. Nach § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO dürfen Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs nur angeordnet werden, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt. Nach § 45 Abs. 9 Satz 4 Nr. 2 StVO ist allerdings im Falle der Anordnung einer Fahrradstraße die Anwendung von Satz 3 - nicht hingegen von Satz 1 (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.09.2017 - 3 B 50.16 - juris Rn. 7; anders noch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.06.2016 - 5 S 515/14 - juris Rn. 52) - ausgeschlossen.
22 
2. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage sind hier erfüllt, wie sich für die Kammer insbesondere aus den vorlegten Akten, den zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätzen sowie den im Rahmen der mündlichen Verhandlung und des Augenscheins gewonnenen Erkenntnissen ergibt.
23 
a) Die im Sinne von § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO verkehrsbeschränkende Anordnung einer Fahrradstraße unter Zulassung von Kraftfahrzeugverkehr ist aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs erfolgt.
24 
Der Erlass einer verkehrsregelnden Anordnung setzt eine konkrete Gefahr für die Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs voraus. Das Schutzgut der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs umfasst unter anderem die Grundrechte. Zur Annahme einer derartigen Gefahrenlage bedarf es aber nicht des Nachweises, dass jederzeit während der Aufstellung des Verkehrszeichens mit einem Schadenseintritt zu rechnen ist; es genügt, dass irgendwann in überschaubarer Zukunft mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Schadensfälle eintreten können. Dies beurteilt sich danach, ob die konkrete Situation an einer bestimmten Stelle oder Strecke einer Straße die Befürchtung nahelegt, dass - möglicherweise durch Zusammentreffen mehrerer gefahrenträchtiger Umstände - die zu bekämpfende Gefahrenlage eintritt (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.1979 - 7 C 46.78 - juris Rn. 18 ff.; ferner VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.06.2016 - 5 S 515/14 - juris Rn. 39 m. w. N.).
25 
Eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ergibt sich vorliegend aus den spezifischen örtlichen Gegebenheiten, die die Annahme einer besonderen Unfallträchtigkeit und daraus folgend einer konkreten Bedrohung für Leib, Leben und Eigentum der Verkehrsteilnehmer stützen. Die Kammer teilt die von den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend zum Ausdruck gebrachte Überzeugung, dass der Straßenabschnitt eine unter mehreren bedeutsamen Achsen für den Verkehr im westlichen Teil der Mannheimer Innenstadt ist. Insoweit dient der Straßenabschnitt in erheblichem Umfang dem Durchgangsverkehr. Er endet östlich kurz vor dem zentralen Marktplatz (der von dort durch eine an eine kreuzende Straße anschließende kurze Spielstraße erschossen wird). Dieser ist ebenso wie die ihn umgebenden Straßenzüge gesäumt von an Endverbraucher gerichteten gewerblichen Nutzungen; von ihm aus erschließen Straßen die nördlich, östlich und südlich anliegenden Stadtteile, unter anderem die Bereiche um die Universität und den Mannheimer Hauptbahnhof. Westlich führt der Straßenabschnitt bis an den mehrspurigen Luisenring, der die Innenstadt umgibt, und auf dessen anderer, über eine Ampel zu erreichender Seite sich ein von den Beteiligten übereinstimmend als Ausgehviertel bezeichneter, studentisch geprägter Stadtteil anschließt. Südlich und nördlich verlaufen im Anschluss an jeweils überwiegend bebaute Straßenabschnitte parallele Straßen mit ähnlichen Funktionen. Der Straßenabschnitt und seine unmittelbare Umgebung rufen zudem selbst in nennenswertem Umfang (sog. Quell- und Ziel-)Verkehr hervor. Denn auf ihm befinden sich insbesondere in den Obergeschossen eine substantielle Zahl an Wohnungen, eine innerstädtische Polizeiwache und insbesondere in den Erdgeschossen zahlreiche gewerbliche Einrichtungen, etwa ein Kino, Restaurants und Kneipen, Bäckereien und nach Angaben der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung wenigstens ein überörtlich, international gar bekanntes Brautmodegeschäft. Diese Bedeutung des Straßenabschnitts für den Durchgangs- sowie den Quell- und Zielverkehr wird auch durch die im Rahmen der Verkehrszählungen aus den Jahren 2014, 2019 und zuletzt insbesondere 2022 festgestellte Frequentierung des Straßenabschnitts bestätigt, indem diese ein hohes Aufkommen an Radfahrenden ebenso wie an Kraftfahrzeugen und Fußgängern belegen; auch relativ ist das Aufkommen an Radfahrenden mit zuletzt knapp 50 % vergleichsweise hoch, mit weiterhin steigender Tendenz. In Bezug auf den Kraftfahrverkehr haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung ebenfalls übereinstimmend angegeben, sei eine der parallel verlaufenden Straßen allerdings um ein Vielfaches mehr belastet. Mit Verkehrsunfällen, dies stellt letztlich auch der Kläger nicht in Abrede, sondern bestätigt es vielmehr unter Bezugnahme auf die konkrete eigene Wahrnehmung von Unfallgeschehen, ist angesichts dieser Bedeutung des Straßenabschnitts hier jedenfalls deshalb jederzeit zu rechnen, weil die zusätzlich vierfach von in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Straßen gekreuzte Fahrbahn des Straßenabschnitts - abhängig vom Bezugspunkt am Rand der Fahrbahn - zwischen 370 und 400 Zentimetern eine - gemessen auch an einer allgemein zulässigen Breite von Kraftfahrzeugen von 2,55 m (vgl. § 32 Abs. 1 Nr. 1 StVZO) - eher geringe Breite aufweist und die Sichtverhältnisse auf dem gesamten Abschnitt durch überwiegend geschlossene, mehrgeschossige Bebauung, Verkehrszeichen, Begrünung, Stadtmöblierung und haltende und parkende Fahrzeuge ganz erheblich eingeschränkt sind.
26 
b) Die Anordnung einer Fahrradstraße mit Zulassung des Kraftverkehrs ist auf Grund der besonderen Umstände auch „zwingend erforderlich“ im Sinne des § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO.
27 
Dies ist dann der Fall, wenn die allgemeinen und besonderen Verhaltensregeln der Straßenverkehrsordnung für einen sicheren und geordneten Verkehrsablauf nicht ausreichen. Mangels Erforderlichkeit im Sinne von § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO scheidet eine Anordnung (stets aber auch) nur dort aus, wo die mit der Anordnung bezweckten Wirkungen aufgrund der allgemeinen und besonderen Verhaltensregeln der Verordnung ohnehin erreicht würden (BVerwG, Beschluss vom 01.09.2017 - 3 B 50.16 - juris Rn. 7; Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 12.07.2021 - 6 D 18/121 - juris Rn. 5; VG Leipzig, Urteil vom 13.10.2021 - 1 K 1108/20 - juris Rn. 32; zur früheren Rechtslage vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.06.2016 - 5 S 515/14 - juris Rn. 52). Die Vorschrift soll damit dazu beitragen, die Zahl der Verkehrsschilder insgesamt zu minimieren und den Verhaltensregeln der Straßenverkehrsordnung wieder stärker zur Geltung zu verhelfen (Prinzip der Subsidiarität verkehrsregelnder Maßnahmen, vgl. zu diesem König in Hentschel/u.a., Straßenverkehrsrecht, 46. Aufl., StVO § 45 Rn. 49b; Steiner in MüKo StVR, 1. Auf., § 45 StVO Rn. 74; VG Leipzig, Urteil vom 13.10.2021 - 1 K 1108/20 - juris Rn. 32).
28 
Die hiernach maßgeblichen Voraussetzungen sind erfüllt. Die mit der Anordnung einer Fahrradstraße bezweckten Wirkungen werden nicht bereits aufgrund anderer Verkehrsregelungen der Straßenverkehrsordnung erreicht. Die Anordnung zielt darauf ab (vgl. dazu Nummer 23 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO), dass für den Fahrverkehr eine Höchstgeschwindigkeitsgrenze von 30 km/h und ein besonderes Gefährdungs- und Behinderungsverbot gilt, dass der Kraftfahrzeugverkehr, wenn nötig, die Geschwindigkeit weiter verringern muss und dass Radfahrern das Nebeneinanderfahren erlaubt ist. Diese Wirkungen gehen über die allgemeinen Schutzregelungen der Straßenverkehrsordnung, insbesondere §§ 1 Abs. 1, 5 Abs. 4 Satz 2 StVO, ebenso hinaus wie über besondere Regelungen wie etwa die Tempo 30-Zone (so auch VG Leipzig, Urteil vom 13.10.2012 - 1 K 1108/20 - juris Rn. 33). Die Anordnung einer Fahrradstraße, die auch nach der ursprünglichen Konzeption des Normgebers wesentlich vom Anliegen der Förderung des Radverkehrs getragen (vgl. Begr. Zur ÄndVO v. 07.08.1997, VkBl. 97, 689) und auch im konkreten Fall, wie von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar dargelegt, im Bemühen um eine Verbesserung des Radwegenetzes (vgl. Beschluss des Gemeinderats vom 09.04.2019, V029/2019) ergangen ist, zielt, ohne dass es hierauf insoweit entscheidungserheblich ankäme, im Sinne einer gefahrenabwehrbezogenen Verkehrssteuerungsfunktion zusätzlich auch auf eine Verschiebung der Verkehrslasten durch eine Bündelungswirkung für Radfahrende und einer Verdrängungswirkung für Kraftfahrzeuge ab. Hiernach sollen, ohne dass dies in vergleichbarer Weise durch anderweitige Verkehrsregeln erreicht werden könnte, Gefahren gerade nicht nur auf der Fahrradstraße selbst, sondern übergreifend auch in Neben- und Parallelstraßen reduziert werden.
29 
Ein darüberhinausgehendes Erfordernis auf der Linie des Einwands der Kläger, dass die Fahrradstraße insbesondere wegen der geringen Fahrbahnbreite keinen angemessenen Ausgleich der verschiedenen Verkehrsinteressen bewirke, nach dem sich die verkehrsrechtliche Anordnung als sachgerecht und zweckmäßig erweisen muss, es sich bei ihr um die zur Gefahrenabwehr unbedingt erforderliche und allein in Betracht kommende Maßnahme handeln muss (vgl. zuletzt VG Hannover, Urteil vom 17.07.2019 - 7 A 7457/17 - juris Rn. 67; und Urteil vom 13.08.2021 - 7 A 5667/19 - juris Rn. 56, jeweils m. w. N.), lässt sich § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO demgegenüber nach Überzeugung der Kammer nicht entnehmen. Diese Bestimmung ist darauf gerichtet, die allgemeinen Verhaltensvorschriften im Straßenverkehr aufzuwerten und die „Subsidiarität der Verkehrszeichenanordnung“ zu verdeutlichen (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.06.2016 - 5 S 515/14 - juris Rn. 52, unter Bezugnahme auf ÄndVO v. 07.08.1997, VkBL. 1997, 690); sie zielt indessen nicht auch darüber hinaus auf eine weitere Einschränkung des straßenverkehrsbehördlichen Ermessens im Sinne einer gleichsam in den Tatbestand vorverlagerten Verhältnismäßigkeitsprüfung ab. Die in einem restriktiveren Verständnis des Tatbestandsmerkmals zum Ausdruck kommende Vorstellung von „allein in Betracht kommenden Maßnahmen“ trägt schon nicht hinreichend der gerade bei Fahrradstraßen in besonderer Weise zum Ausdruck kommenden normgeberischen Zielsetzung Rechnung, den Straßenverkehrsbehörden bei der Beschränkung des Verkehrs auch die in der beschriebenen Weise gefahrenabwehrbezogene Verkehrssteuerungsfunktion zukommen zu lassen. Denn eine solche bedingt angesichts der Vielschichtigkeit zu berücksichtigender Gesichtspunkte ein breites Ermessen. Darüber hinaus verlören bei einer derartigen Anreicherung der „zwingenden Notwendigkeit“ auch § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO sowie die vom Normgeber in § 45 Abs. 9 Satz 4 StVO vorgesehenen Privilegierungen letztlich ihre Bedeutung.
30 
Denn wenn schon Absatz 9 Satz 1 die Sachgerechtigkeit, Zweckmäßigkeit und unbedingte Erforderlichkeit im genannten Sinne verlangen würde, dann bliebe für die Prüfung der Frage kaum Raum, ob eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der relevanten Rechtsgüter (insbesondere: Leben und Gesundheit von Verkehrsteilnehmern sowie öffentliches und privates Sacheigentum) erheblich übersteigt (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 05.04.2001 - 3 C 23.00 - juris Rn. 23, 26 f.). Diese Regelung, die für den Bereich des fließenden Verkehrs ersichtlich erhöhte Anforderungen an Beschränkungen stellt, verdeutlicht insoweit vielmehr, dass die der allgemeineren Regelung in Satz 1 zu entnehmenden Anforderungen nicht überspannt werden dürfen. Entsprechend hat auch das Bundesverwaltungsgericht die Frage, ob die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs durch weniger weitgehende Anordnungen gewährleistet werden kann, in der Vergangenheit dem - (allein) als Grenze des Ermessens zu prüfenden - Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zugeordnet (vgl. Urteil vom 05.04.2001 - 3 C 23.00 - juris Rn. 22 m. w. N.).
31 
Selbst wenn man das Merkmal der „zwingenden Erforderlichkeit“ derart anreichern wollte, wäre es hier aber erfüllt. Insbesondere hat die Kammer keinerlei Zweifel daran, dass hier die Anordnung einer Fahrradstraße geeignet ist, einen sicheren und geordneten Verkehrsablauf zu ermöglichen. Gefahrenszenarien für den Begegnungsverkehr, wonach Autofahrer von Radfahrenden eingekesselt zu werden drohen (vgl. dazu VG Hannover, Urteil vom 17.07.2019 - 7 A 7457/17 - juris Rn. 71), lassen sich ohne Weiteres unter Anwendung der allgemeinen, selbstverständlich auch für Radfahrende Geltung beanspruchenden Regeln, insbesondere des Gebots der Rücksichtnahme (§ 1 Abs. 1 StVO) lösen (vgl. hierzu nur Koehl, SVR 2019, 340, 341 m.w.N.).
32 
3. Schließlich liegen auch keine die qualifizierten Interessen der Kläger verletzende Ermessensfehler vor.
33 
Die Ausübung des durch § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO vermittelten straßenverkehrsbehördlichen Ermessens (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.06.2016 - 5 S 515/14 - juris Rn. 54; BayVGH, Urteil vom 05.06.2018 - 11 B 17.1503 - juris Rn. 46) ist nur eingeschränkt zu überprüfen. Das Gericht prüft insoweit gemäß § 114 Satz 1 VwGO lediglich, ob die straßenverkehrsrechtliche Anordnung deshalb rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist. Die Verwaltungsbehörde kann dabei ihre Ermessenserwägungen gemäß § 114 Satz 2 VwGO auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen. Ein solcher, die qualifizierten Interessen der Kläger verletzender Ermessensfehler ist nicht gegeben.
34 
a) Die angegriffene verkehrsrechtliche Anordnung leidet nicht an einem Ermessensausfall, so dass qualifizierte Interessen der Kläger überhaupt keine Berücksichtigung gefunden haben könnten. Zwar fehlt es an einer Fixierung der Ermessenserwägungen in der verkehrsrechtlichen Anordnung, was am Maßstab von § 39 LVwVfG keinen eigenen (formellen) Fehler begründet, weil es sich bei Verkehrsschildern nicht um einen schriftlichen Verwaltungsakt im Sinne von § 39 Abs. 1 LVwVfG handelt (Schuler-Harms in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, 1. EL 2021, § 39 Rn. 97; Weiß in Mann/u.a., Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Aufl. 2019, § 39 Rn. 62). Für die maßgeblichen Ermessenserwägungen ist deshalb auf die im Verwaltungsverfahren verschriftlichten Überlegungen und die Stellungnahmen der Beklagten im gerichtlichen Verfahren abzustellen. Danach aber war der Verkehrsbehörde der Beklagten ihr Entscheidungsspielraum ersichtlich bewusst. So macht sie in ihrem Schriftsatz vom 05.11.2021 u.a. ausdrücklich geltend, ermessensfehlerfrei gehandelt zu haben. Auch in der Sache hat sie sowohl in dem der verkehrsrechtlichen Anordnung vorangegangenen Verwaltungsverfahren als auch in dem genannten Schriftsatz zu erkennen gegeben, bei ihrer Entscheidung um einen Ausgleich der Interessen der verschiedenen Verkehrsteilnehmer - darunter auch die Fußgänger und die Autofahrer, gerade auch jene mit Halte- und Parkinteresse - bemüht gewesen zu sein. Soweit die Kläger mit ihrem Vorbringen, es handele sich - wohl wegen der Aufhängung im Gemeinderat - um eine politische Entscheidung, in Abrede stellen sollten, dass seitens der Verkehrsbehörde überhaupt eine Ermessensentscheidung stattgefunden hat, träfe dieser Einwand insoweit jedenfalls nicht zu.
35 
b) Die verkehrsrechtliche Anordnung leidet ferner auch nicht deshalb unter einem Ermessensfehler, weil qualifizierte Interessen der Kläger nicht ihrem Gewicht entsprechend in diese eingestellt worden wären.
36 
aa) Ein die qualifizierten Interessen der Kläger berührender Verstoß gegen die ermessenslenkenden (vgl. OVG Niedersachsen, Beschluss vom 05.12.2003 - 12 LA 467/03 - juris Rn. 14 m. w. N.) Vorgaben der VwV-StVO vom 26.01.2001 in der im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.09.2017 - 3 B 50.16 - juris Rn. 8; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.06.2016 - 5 S 515/14 - juris Rn. 36, jeweils m. w. N.) hier zugrunde zu legenden (Neu-)Fassung vom 08.11.2021 (BAnz AT 15.11.2021 B1) liegt nicht vor.
37 
Der VwV-StVO lassen sich schon keine Vorgaben entnehmen, die gerade Interessen der Kläger schützen würden. Diese beschreibt lediglich allgemein Rahmenbedingungen, unter denen Fahrradstraßen eingerichtet werden können, indem sie dafür etwa insbesondere eine hohe Fahrradverkehrsdichte, eine hohe Netzbedeutung für den Radverkehr oder eine untergeordnete Bedeutung für den Kraftfahrzeugverkehr voraussetzt. Dass diese oder die weiteren Vorgaben der VwV-StVO gerade die Interessen der Kläger zu schützen bestimmt sind, ist aber weder geltend gemacht noch sonst zu erkennen.
38 
Ohne dass es hierauf ankäme, begegnet die streitgegenständliche Anordnung der Fahrradstraße am Maßstab der aktuellen Fassung der - für sich genommen nicht zu beanstandenden - VwV-StVO aber auch sonst keinen Bedenken. Insbesondere sind die Grundvoraussetzungen für die Einrichtung einer Fahrradstraße erfüllt, weil sowohl absolut wie auch relativ im Vergleich insbesondere zu motorisiertem Verkehr von einer hohen Fahrradverkehrsdichte ausgegangen werden kann. Auch von einer Netzrelevanz des Straßenabschnitts für den Radverkehr kann vor dem Hintergrund übergreifender städtischer Planungen ausgegangen werden. Schließlich kann auch weiterhin, entsprechend den bereits in der Straßenverkehrsordnung selbst angelegten (vgl. Begründung zur ÄndVO vom 07.08.1997 VkBl. 97, 689) Vorgaben der VwV-StVO vom 26.01.2001 in der Vorgängerfassung vom 22.05.2017 (BAnz AT 29.05.2017 B8) auch davon ausgegangen werden, dass der Radverkehr die vorherrschende Verkehrsart ist oder dies alsbald zu erwarten ist. Dies ergibt sich aus den Zählungen aus den Jahren 2014, 2019 und 2022, die tragfähig eine Tendenz zur stetigen Zunahme erkennen lassen, so dass der Radverkehr sich mit dem Kraftfahrverkehr zwischenzeitlich etwa die Waage hält und er diesen in absehbarer Zeit überwiegen wird. Die Aussagekraft dieser Zählungen wird auch dadurch gestärkt, dass diese stets zur in etwa gleichen Jahreszeit in den Monaten Mai/Juni durchgeführt worden sind. Sie wird, anders als die Kläger meinen, nicht (entscheidend) dadurch geschwächt, dass die Zählungen stets zu einer für den Radverkehr tendenziell eher günstigen Jahreszeit durchgeführt worden sind. Denn maßgebend ist die hinreichend belegte Tendenz, nicht die ganz konkreten Zahlen und Verhältnisse. Abgesehen davon unterliegt auch der Kraftfahrverkehr erheblichen Schwankungen, etwa mit Blick auf die Witterungsverhältnisse, Wochentage und Ferienzeiten. Auch dass die Aussagekraft der Zählungen deshalb geschwächt wäre, weil sich die Verkehrsflüsse durch bauliche Maßnahmen in anderen Stadtgebieten in relevantem Umfang geändert hätten, haben die Kläger nicht hinreichend substantiiert geltend gemacht. Insoweit haben sie ausdrücklich schon nur die Verkehrszählung aus dem Jahr 2014 als „obsolet“ bezeichnet. Im Übrigen legen sie weder die zeitlichen noch die inhaltlichen Hintergründe ihrer Mutmaßung im Einzelnen dar. Sie berücksichtigen nicht, dass ggf. schon die Zählung aus dem Jahr 2019, jedenfalls aber die Zählung aus dem Jahr 2022 Verschiebungen bereits widerspiegeln müsste. Schließlich haben sie auch den überzeugenden Einwand der Beklagten nicht ansatzweise entkräftet, dass der Straßenabschnitt für den motorisierten Verkehr in Richtung Ludwigshafen deshalb besonders unattraktiv sei, weil die Ausfahrt in Richtung Nordosten zu einem U-Turn auf einer stark befahrenen Straße zwinge.
39 
bb) Auch sonst müssen die Kläger keine Belastungen hinnehmen, die in der Abwägung die von der Beklagten verfolgten Ziele relativieren könnten.
40 
Die Kläger werden durch die streitige Verkehrsbeschränkung nur in geringem Umfang belastet. Sie bewegen sich nach ihren eigenen Angaben vorrangig zu Fuß. Die Errichtung von Fahrradbügeln und Pollern zur Trennung von Fahrbahn und Bürgersteig, mit der wegen der geringen Fahrbahnbreite auch Ausweichflächen für Radfahrer geschaffen werden sollten, trägt gerade im Bereich vor dem von den Klägern bewohnten Haus zu einer erheblichen Aufwertung des Gehwegraums bei. Diese für die Kläger insoweit günstige Wirkung hat die Beklagte entgegen der von den Klägern unter Kohärenzgesichtspunkten geäußerten Zweifeln auch bezweckt. Dies wird insbesondere nicht durchgreifend dadurch in Frage gestellt, dass in dem von den Klägern bewohnten Straßenteilabschnitt auf der südlichen Straßenseite den Gehweg verengende Parklets zugelassen worden sind. Denn eine solche Außenbestuhlung ist vor nur vier von insgesamt ca. 17 Gebäuden zugelassen worden. Hinzu kommt, dass sich die Beklagte nach den Angaben ihrer Vertreterinnen in der mündlichen Verhandlung mittelfristige Flexibilität dadurch bewahrt hat, dass sie die entsprechenden Sondernutzungserlaubnisse stets von vornherein nur zeitlich befristet erteilt hat.
41 
Aber auch soweit die Kläger als Autofahrer am Verkehr teilnähmen, wären sie nur in geringem Umfang belastet. Weil der Kraftfahrverkehr ausnahmslos zugelassen worden ist, die Fahrradstraße vollständig innerhalb einer Tempo 30-Zone liegt und die Radfahrenden schon nach allgemeinen Verkehrsregeln eher nicht gefährdet werden sollten, lässt sich den in Nummer 23 der Anlage 2 zu § 41 StVO für Fahrradstraßen normierten Modifikationen der allgemeinen Vorschriften über die Fahrbahnbenutzung kaum ein beschränkender Gehalt entnehmen. Durch die - ausgehend von einer Breite von Personenkraftwagen von bis zu 2,50 m (vgl. § 32 Abs. 1 Nr. 5 StVZO) und der Befreiung der Radfahrenden vom Rechtsfahrgebot - geringe Fahrbahnbreite bewirkte Konflikte sind ohne Weiteres auf Grundlage der - selbstverständlich auch für die Radfahrenden Geltung beanspruchenden - allgemeinen Regeln, insbesondere des Rücksichtnahmegebots (§ 1 Abs. 1 StVO) zu lösen.
42 
Auch eine spürbare Erhöhung der Gefährdung der Kläger als Fußgänger oder Autofahrer ist nicht festzustellen. Soweit die Kläger geltend machen, beim fußläufigen Kreuzen der Straße nunmehr ihren Blick in alle Richtungen lenken zu müssen, sind sie nicht spezifisch belastet, war dies schon zuvor der Fall und ist ihnen dies auch weiterhin zuzumuten. Aus der geringen Fahrbahnbreite von ca. vier Metern resultierende Gefahren bei der Begegnung von Kraftfahrzeugen und Radfahrenden belasten die Kläger ebenfalls nicht spezifisch und werden ferner durch die mittels Poller und Fahrradbügel gesicherten Ausweichflächen deutlich relativiert. Auch die Polizeieinsätze, die von der im Anordnungsbereich befindlichen Polizeiwache starten, begründen keine gerade die Kläger treffende Gefahr. Abgesehen davon sind auch Polizeifahrzeuge an die Straßenverkehrsordnung - hier besonders die Anordnung einer Fahrradstraße - gebunden. Soweit einsatzbedingt straßenverkehrsrechtliche Sonderrechte in Anspruch genommen werden, haben alle anderen Verkehrsteilnehmer diese zu beachten. Dass die tendenziell gehäufte Inanspruchnahme gerade einer Fahrradstraße durch Polizeieinsätze - vor allem im Vergleich zu der gehäuften Inanspruchnahme einer Straße, die keine Fahrradstraße ist - faktisch eine besondere Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer begründen würde, hält die Kammer nicht für naheliegend. Für die Einrichtung einer Fahrradstraße spricht insoweit im Übrigen auch der Umstand, dass Fahrradfahrer regelmäßig schneller ausweichen können als Autofahrer. Auch insoweit erfüllen die von der Beklagten eingerichteten Ausweichflächen ihren Zweck.
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Auch die Halte- und Parksituation belastet die Kläger, die nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung über einen privaten Stellplatz im Hof verfügen, nur in geringem Maße. Zwar sind vor Umsetzung der streitgegenständlichen Anordnung zum Halten und Parken zur Verfügung stehende Bereiche nunmehr nicht mehr als solche nutzbar. Dies beruht aber aus von der Beklagten nachvollziehbar dargelegten Gründen schon nicht nur auf der hier streitigen Anordnung einer Fahrradstraße, sondern soll, wie ausgeführt, unabhängig davon auch dem hohen Fußgängeraufkommen und damit gerade auch den Bedürfnissen der Kläger Rechnung tragen. Unabhängig davon stehen gegenüber von dem von den Klägern bewohnten Haus weiterhin Parkplätze am Straßenrand zur Verfügung. Auch im weiteren Umkreis stehen, wie die Beklagte im Verfahren dargelegt hat, zahlreiche weitere Parkmöglichkeiten zur Verfügung. Die zusätzliche Einrichtung von Haltezonen, die gerade dem Bedürfnis nach einer kurzfristigen Halt mit Kraftfahrzeugen Rechnung tragen soll, ist, wie die Beklagtenvertreterinnen in der mündlichen Verhandlung bekundeten, in Planung. Der von den Klägern insoweit eingewandte Zwang zu ordnungswidrigem Verhalten besteht deshalb nicht.
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c) Schließlich wird der Ermessensspielraum auch nicht in einer qualifizierte Interessen der Kläger berührenden Weise überschritten. Insoweit werden insbesondere straßenrechtliche Grenzen nicht verletzt. Abgesehen davon, dass das Landesstraßenrecht insoweit nicht dem Schutz der Interessen der Kläger zu dienen bestimmt ist, bedurfte es vor Einrichtung der Fahrradstraße unter Zulassung des Kraftverkehrs keiner Teileinziehung gemäß § 7 Satz 2 LStrG, weil keine Benutzungsarten, Benutzungskreise oder Benutzungszwecke beschränkt werden; die Straße steht dem motorisierten Verkehr vielmehr weiterhin zur Verfügung.
45 
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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IV. Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß § 124a Abs. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO liegen nicht vor.
47 
B E S C H L U S S
48 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG, § 39 Abs. 1 GKG (in Anlehnung an Nr. 46.15 des Streitwertkatalogs 2013) auf 5.000 Euro festgesetzt. Die Kläger bekämpfen die verkehrsrechtliche Anordnung zwar nicht als Rechtsgemeinschaft, weil sie sich nicht auf eine ihnen gemeinschaftlich zustehende Rechtsposition berufen (vgl. Kunze in Posser/Wolff, BeckOK, 60. Edition, § 162 Rn. 10a; vgl. auch Nr. 1.1.3 des Streitwertkatalogs 2013). Dass sie hier als verheiratete Bewohner desselben Gebäudes in jeder Hinsicht übereinstimmend vorgetragen haben, rechtfertigt aus Sicht der Kammer aber eine entsprechende Behandlung.

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