Urteil vom Verwaltungsgericht Koblenz (2. Kammer) - 2 K 490/19.KO

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

1

&7623 Der Kläger begehrt Einsicht in das im Strafverfahren 2050 Js 23386/14-9 Kls StA Koblenz/LG Koblenz erstattete Gutachten vom 21. Januar 2016 des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle sowie in die diesbezüglichen Abrechnungsunterlagen. In dem zuvor genannten Strafverfahren wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz erging ein bereits rechtskräftiges Urteil. Auch die Vollstreckung ist zwischenzeitlich abgeschlossen.

2

Zu dem Antrag des Klägers vom 13. August 2018 auf Zugang zu den zuvor genannten Informationen führte der Beklagte mit Schreiben vom 20. August 2018 aus, er vermöge diesem nicht zu entsprechen. Der Anspruch ergebe sich weder aus dem Landestransparenzgesetz – LTranspG – noch aus der Strafprozessordnung – StPO –.

3

Ergänzend brachte der Kläger vor, der Aktenauszug werde seit dem Abschluss des Verfahrens nur noch verwaltet. Das Landestransparenzgesetz sei daher anwendbar. Dies entspreche der Meinung des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Rheinland-Pfalz sowie der Beauftragten aller übrigen Länder.

4

Mit Bescheid vom 10. September 2018 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Der Anwendungsbereich des Landestransparenzgesetzes sei nicht eröffnet. Bei Ermittlungs- und Strafverfahren sowie den darin ergangenen Gutachten handele es sich nicht um eine Angelegenheit der öffentlichen Verwaltung im Sinne des § 3 Abs. 4 LTranspG. Auch nach dem Abschluss sei ein Strafverfahren als Rechtssache und nicht als Verwaltungsangelegenheit einzuordnen. Strafakten und die darin verarbeiteten Daten seien für künftige Strafverfahren bzw. zur Vorgangsverwaltung solange aufzubewahren, wie die Regelungen in den bundeseinheitlich geltenden Aufbewahrungsbestimmungen es zulassen. Somit seien für die Akteneinsicht ausschließlich die Regelungen der Strafprozessordnung anwendbar.

5

Hiergegen erhob der Kläger am 8. Oktober 2018 Widerspruch.

6

Überdies erweiterte er seinen Antrag mit Schreiben vom 14. Oktober 2018. Er begehrt zusätzlich Einsicht in das Protokoll der Hauptverhandlung, soweit der Sachverständige zu dem Gutachten vom 21. Januar 2016 vernommen wurde.

7

Mit Widerspruchsbescheid vom 27. März 2019, dem Kläger zugestellt am 2. April 2019, wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Die zeitweise Aufbewahrung von Ermittlungs- und Strafakten diene ausschließlich Dokumentationszwecken im Falle der nachträglichen Anfechtung von Entscheidungen, der Möglichkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens, der Verwaltung des Akteninhalts im Rahmen der Strafvollstreckung sowie der Verwendung für andere Verfahren. Diese Auffassung stehe im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 1. März 2019 – 7 C 23.17–), die das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes im Falle eines abgeschlossenen Ermittlungsverfahrens des Generalbundesanwalts für nicht anwendbar erachtet habe. Überdies seien nach dem Bundesgerichtshof (Beschluss vom 12. Januar 2001 – 2 Ars 355/00 –) zu den Angelegenheiten der Strafrechtspflege nicht nur Tätigkeiten zu rechnen, die sich als Strafverfolgung im engeren Sinne darstellten. Erfasst seien auch die damit in Zusammenhang stehenden allgemeinen und besonderen Tätigkeiten der Justizbehörden zur Ermöglichung und geordneten Strafverfolgung und Strafvollstreckung, wie die Verwaltung der in den verschiedenen Stadien des Strafverfahrens anfallenden Akten und damit auch die Gewährung von Einsicht in diese Akten oder die Fertigung von Ablichtungen und Abschriften. Zudem bestehe mit den §§ 475, 477, 478 StPO eine abschließende Regelung des Bundes für die Erteilung von Auskünften und Akteneinsicht nach rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens. Schließlich sei im Hinblick auf die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 Grundgesetz – GG – i.V.m. Art. 72 Abs. 1 GG kein Raum für landesrechtliche Regelungen, die das Strafverfahren betreffen.

8

Mit seiner am 2. Mai 2019 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Die Staatsanwaltschaft nehme in Bezug auf die beantragte Auskunft Aufgaben der öffentlichen Verwaltung im Sinne des § 3 Abs. 4 LTranspG wahr. Die zuvor genannte Vorschrift schütze den Entscheidungsprozess der Staatsanwaltschaft in einem noch laufenden Verfahren. Vorliegend sei das Strafverfahren jedoch bereits rechtskräftig abgeschlossen. Überdies träten die Normen des Landestransparenzgesetzes neben die Vorschriften der Strafprozessordnung.

9

Der Kläger beantragt,

10

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 10. September 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2019 zu verpflichten, ihm Zugang zu dem Gutachten des Sachverständigen A., erstattet im Strafverfahren 2050 Js 23386/16, sowie den diesbezüglichen Abrechnungsunterlagen und dem Protokoll der Hauptverhandlung, soweit der Sachverständige zu dem von ihm erstatteten Gutachten vernommen wurde, zu gewähren.

11

Der Beklagte beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Ergänzend trägt er vor, die Vorschriften der Strafprozessordnung schlössen Auskunfts- und Einsichtsrechte nach dem Landestransparenzgesetz gemäß dessen § 2 Abs. 3 aus. Überdies stehe der Anwendbarkeit § 3 Abs. 4 LTranspG entgegen. Strafsachen seien schon deshalb keine Aufgaben der öffentlichen Verwaltung, weil sämtliche Akteninhalte das Ergebnis von Tätigkeiten der an dem Verfahren beteiligten Stellen auf Grundlage der Strafprozessordnung seien. Andernfalls würde die Ausschlussnorm leerlaufen. Diese Betrachtung finde auch in Nr. 4 Abs. 3 der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 14. Januar 2016 (Organisation und Dienstbetrieb der Staatsanwaltschaft) eine Stütze, wonach Justizverwaltungsaufgaben durch den Behördenleiter bearbeitet werden. Die Behörde führe in diesen Angelegenheiten die Bezeichnung des Behördenleiters. Daher trete die hiesige Behörde in Angelegenheiten der allgemeinen Verwaltung als „Leitender Oberstaatsanwalt Koblenz“ auf. Überdies habe der Landesgesetzgeber in der Begründung des Gesetzentwurfs zum Landestransparenzgesetz hervorgehoben, dass eine allgemeine Verwaltungstätigkeit u.a. der Strafverfolgungs- und Strafvollstreckungsbehörden nur ausnahmsweise vorliegen werde. Einer Ausweitung des Transparenzgebotes auf die Akten abgeschlossener Strafverfahren stünde auch der Vorrang des Bundesrechts nach Art. 31 GG entgegen.

14

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungs- und Widerspruchskaten des Beklagten (ein Heft) Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

15

&7624 Die zulässige Verpflichtungsklage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Ablehnungsbescheid vom 10. September 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –. Ein Anspruch auf Zugang zu den begehrten Informationen steht ihm nicht zu.

16

Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs ist § 2 Abs. 2 Satz 1 LTranspG. Danach haben u.a. natürliche Personen einen Anspruch auf Zugang zu Informationen, der durch Antrag gemäß § 11 LTranspG geltend zu machen ist. Einen solchen Antrag hat der Kläger bei dem Leitenden Oberstaatsanwalt gestellt.

17

Der Anwendbarkeit des Landestransparenzgesetzes stehen jedoch die Vorschriften des § 2 Abs. 3 und § 3 Abs. 4 des Gesetzes entgegen.

18

Nach § 2 Abs. 3 LTranspG gehen Rechtsvorschriften, die den Zugang zu Informationen, die Auskunftserteilung, die Übermittlung oder die Gewährung von Akteneinsicht regeln mit Ausnahme des § 29 des Verwaltungsverfahrensgesetzes den Bestimmungen des Landestransparenzgesetzes vor. Nach Sinn und Zweck der Regelung sollen nur solche Spezialgesetze Vorrang vor den Regelungen des Landestransparenzgesetzes haben, die einen sachlich identischen Regelungsgehalt haben. Neben der Informationsgewährung muss die Norm also typischerweise und nicht bloß im Einzelfall den Zugang zu Informationen regeln (vgl. VG Mainz, Urteil vom 13. Juli 2017 – 1 K 125/16.MZ –, juris, Rn. 55). Dies ist bei den Vorschriften der Strafprozessordnung zum Akteneinsichtsrecht der Fall. Die §§ 474 ff. StPO regeln die Voraussetzungen, unter denen im Strafverfahren einer Privatperson Auskünfte aus Verfahrensakten erteilt oder Akteneinsicht gewährt werden darf. Diese Vorschriften bilden die erforderliche gesetzliche Grundlage für den mit der Akteneinsicht verbundenen Eingriff in das Recht des Beschuldigten auf informationelle Selbstbestimmung. Sie enthalten für die Gewährung von Akteneinsicht an Privatpersonen spezielle Vorschriften, die sowohl dem Schutz der Rechte des Beschuldigten als auch der Sicherung der Zwecke des Strafverfahrens dienen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 18. März 2009 – 2 BvR 8/08 –, juris, Rn. 17 und 20). § 475 StPO betrifft laufende sowie abgeschlossene Verfahren (vgl. BT-Drs. 14/1484, S. 26) und somit auch das dem streitgegenständlichen Auskunftsgesuch zugrundeliegende abgeschlossene Verfahren.

19

Überdies ergibt sich aus dem Gesetzesentwurf zum Informationsfreiheitsgesetz sowie der zu diesem Gesetz ergangenen Rechtsprechung, dass die Vorschriften der Strafprozessordnung das Informationsfreiheitsgesetz – IFG – verdrängen (vgl. BGH, Beschluss vom 5. April 2006 – 5 StR 589/05 –, juris, Rn. 2 sowie BT-Drs. 15/4493 S. 12). Für das Verhältnis von Landestransparenzgesetz und Strafprozessordnung kann nichts anderes gelten, weil die nahezu wortgleichen Regelungen des § 1 Abs. 3 IFG und des § 2 Abs. 3 LTranspG insoweit vergleichbar sind.

20

Schließlich fehlt dem Landesgesetzgeber die Gesetzgebungskompetenz zur Regelung der Akteneinsicht in Straf- und Ermittlungsakten. Nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG steht die konkurrierende Gesetzgebung für das gerichtliche Verfahren dem Bund zu. Dazu gehört auch das abschließend kodifizierte strafprozessuale Ermittlungsverfahren. Eine Erweiterung der im Ermittlungs- oder strafgerichtlichen Verfahren bestehenden Akteneinsichtsrechte durch Landesgesetz ist mangels eines ausdrücklichen Vorbehaltes gesperrt (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 24. April 2013 – 1 L 140/10 –, juris, Rn. 31 m.w.N.).

21

Selbst wenn die Vorschriften der Strafprozessordnung keine Spezialregelungen im Sinne des § 2 Abs. 3 LTranspG wären, so wäre das Landestransparenzgesetz dennoch nicht anwendbar. Nach § 3 Abs. 4 LTranspG gilt das Gesetz u.a. für die Strafverfolgungs- und Strafvollstreckungsbehörden nur soweit sie Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen. Bei der Staatsanwaltschaft handelt es sich sowohl um eine Strafverfolgungs- als auch um eine Strafvollstreckungsbehörde. Demnach kommt es entscheidend darauf an, ob sich die konkrete Tätigkeit bei einer funktionalen Betrachtung als Wahrnehmung einer im öffentlichen Recht wurzelnden Verwaltungsaufgabe darstellt. Dabei ist der transparenzpflichtige Bereich der öffentlichen Verwaltung anhand materieller Kriterien negativ von den anderen Staatsgewalten abzugrenzen (vgl. VG Mainz, Urteil vom 29. November 2017 – 4 K 147/17.MZ –, juris, Rn. 17 m.w.N.; nachfolgend: OVG RP, Beschluss vom 27. Juni 2019 – 10 A 10053/18 –, juris, Rn. 4).

22

Zwar ist die Staatsanwaltschaft unter dem Blickwinkel der Gewaltenteilung Teil der Exekutive. Wenn sie als Organ der Rechtspflege tätig wird, nimmt sie aber eine andere Staatsfunktion als die der Verwaltung wahr und übt insoweit keine Verwaltungstätigkeit im materiellen Sinne aus. Durch ihre vorbereitende Tätigkeit gemeinsam mit den Gerichten erfüllt die Staatsanwaltschaft die Aufgabe der Justizgewährung auf dem Gebiet der Strafrechtspflege. Diese Zuordnung findet ihren Ausdruck einfachrechtlich etwa in § 141 Gerichtsverfassungsgesetz, wonach bei jedem Gericht eine Staatsanwaltschaft bestehen soll. Die Staatsanwaltschaften sind, ohne selbst Gerichte zu sein, organisatorisch aus der Verwaltung herausgelöst und bei den Gerichten mit der Aufgabe errichtet, sich an gerichtlichen Verfahren zu beteiligen und diese zu fördern (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2019 – 7 C 23.17 –, juris, Rn. 16 m.w.N.)

23

Dem Landestransparenzgesetz selbst lässt sich nicht entnehmen, wann die Staatsanwaltschaft Aufgaben im Bereich der Strafrechtspflege wahrnimmt. Aus der Begründung des Gesetzesentwurfes der Landesregierung zum Landestransparenzgesetz (LT-Drucks. 16/5173, S.35) folgt indes, dass Gerichte, Strafverfolgungs- und Strafvollstreckungsbehörden nur ausnahmsweise Verwaltungstätigkeit oder Aufgaben der Justizverwaltung ausüben. Zudem gehören nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. April 1988 – 3 C 65.85 –, juris, Rn. 41) zum Gebiet der "Strafrechtspflege" außer der Strafverfolgung selbst, d.h. der Durchführung von Strafverfahren sowie der Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen, auch die damit im Zusammenhang stehenden Maßnahmen zur Ermöglichung und geordneten Durchführung der Strafverfolgungs- und Strafvollstreckungstätigkeit (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 24. April 2013 – 1 L 140/10 –, juris, Rn. 24).

24

Für die Beurteilung ist im vorliegenden Fall nicht in erster Linie auf den Akt des Aufbewahrens der Ermittlungs- und Strafakten abzustellen, sondern vielmehr auf deren Inhalt. Entscheidend ist, ob die begehrten Informationen die Kerntätigkeit der Staatsanwaltschaft als Strafverfolgungs- oder Strafvollstreckungsbehörde betreffen. Informationen, die die Kerntätigkeit der Staatsanwaltschaft betreffen und dort in Akten vorhanden sind, sind nicht vom Anspruch auf Zugang zu Informationen erfasst (vgl. Schwartmann in BeckOK Informations- und Medienrecht, Gersdorf/Paal, 26. Edition, Stand: 1. Februar 2019, § 6 IFG NRW Rn. 15). Dies ist bei den von dem Kläger begehrten Informationen der Fall. Denn sämtliche Akteninhalte geben, wie der Beklagte zutreffend ausgeführt hat, das Ergebnis von Tätigkeit der an dem Verfahren beteiligten Stellen auf Grundlage der Strafprozessordnung wieder. Folglich sind die im Rahmen der Strafrechtspflege angelegten Aktenbestandteile inklusive dem erstatteten Gutachten des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle dem Anwendungsbereich des Landestransparenzgesetzes entzogen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2019 – 7 C 23.17 –, juris, Rn. 17). Die Bewertung des Akteninhalts ändert sich nach dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens bzw. nach dem Abschluss des Vollstreckungsverfahrens nicht.

25

Für die Einordnung als Maßnahme der Strafrechtspflege spricht zudem, dass nur Strafverfolgungsbehörden in der Lage sind, eine sachgemäße Entscheidung über Akteneinsicht oder Aktenüberlassung zu treffen. Denn nur sie können auf Grund ihrer Befassung mit dem Verfahren eine Abwägung der entscheidungserheblichen Gesichtspunkte vornehmen. Derartige Überlegungen und Entscheidungen berühren bei noch nicht abgeschlossenen Ermittlungsverfahren den Kernbereich der Strafrechtspflege und können allgemeinem Verwaltungshandeln nicht gleichgestellt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Januar 2001 – 2 ARs 355/00 –, BGHSt 46, 261-266, Rn. 11). Etwas anderes kann auch nicht ab dem Zeitpunkt gelten, indem das Verfahren abgeschlossen ist. Dies lässt sich zum einen dem Umstand entnehmen, dass die speziellen Vorschriften der Strafprozessordnung auch für den Zeitraum nach Abschluss des Verfahrens gelten (vgl. BT-Drs. 14/1484, S. 26). Zum anderen ergibt sich aus der abdrängenden Sonderzuweisung des § 480 Abs. 3 i.V.m. § 162 StPO, dass auch der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, dass die ordentlichen Gerichte der Thematik näherstehen als die Gerichte der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit. Der Schwerpunkt des Handelns ist daher in der Rechtspflege und nicht der Verwaltung zu sehen.

26

Schließlich ist sogar die Aufbewahrung der Ermittlungs- und Strafakten als Maßnahme der Staatsanwaltschaft auf dem Gebiet der Strafrechtspflege einzuordnen. Die Aufbewahrung gehört nach dem Sachzusammenhang noch zu den durchgeführten Ermittlungsmaßnahmen. Sie ist eine Nachwirkung der eingeleiteten Strafverfolgungsmaßnahmen und damit Teil der staatsanwaltschaftlichen Tätigkeit auf dem Gebiet der Strafrechtspflege (vgl. OVG RP, Beschluss vom 12. Oktober 1993 – 11 E 11692/93 –, juris, Rn. 7 und 9).

27

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 154 Abs. 1 VwGO.

28

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO.

29

Gründe, die Berufung zuzulassen (§§ 124, 124a VwGO), liegen nicht vor.

Beschluss

30

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt Einsicht in das im Strafverfahren 2050 Js 23386/14-9 Kls StA Koblenz/LG Koblenz erstattete Gutachten vom 21. Januar 2016 des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle sowie in die diesbezüglichen Abrechnungsunterlagen. In dem zuvor genannten Strafverfahren wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz erging ein bereits rechtskräftiges Urteil. Auch die Vollstreckung ist zwischenzeitlich abgeschlossen.

2

Zu dem Antrag des Klägers vom 13. August 2018 auf Zugang zu den zuvor genannten Informationen führte der Beklagte mit Schreiben vom 20. August 2018 aus, er vermöge diesem nicht zu entsprechen. Der Anspruch ergebe sich weder aus dem Landestransparenzgesetz – LTranspG – noch aus der Strafprozessordnung – StPO –.

3

Ergänzend brachte der Kläger vor, der Aktenauszug werde seit dem Abschluss des Verfahrens nur noch verwaltet. Das Landestransparenzgesetz sei daher anwendbar. Dies entspreche der Meinung des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Rheinland-Pfalz sowie der Beauftragten aller übrigen Länder.

4

Mit Bescheid vom 10. September 2018 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Der Anwendungsbereich des Landestransparenzgesetzes sei nicht eröffnet. Bei Ermittlungs- und Strafverfahren sowie den darin ergangenen Gutachten handele es sich nicht um eine Angelegenheit der öffentlichen Verwaltung im Sinne des § 3 Abs. 4 LTranspG. Auch nach dem Abschluss sei ein Strafverfahren als Rechtssache und nicht als Verwaltungsangelegenheit einzuordnen. Strafakten und die darin verarbeiteten Daten seien für künftige Strafverfahren bzw. zur Vorgangsverwaltung solange aufzubewahren, wie die Regelungen in den bundeseinheitlich geltenden Aufbewahrungsbestimmungen es zulassen. Somit seien für die Akteneinsicht ausschließlich die Regelungen der Strafprozessordnung anwendbar.

5

Hiergegen erhob der Kläger am 8. Oktober 2018 Widerspruch.

6

Überdies erweiterte er seinen Antrag mit Schreiben vom 14. Oktober 2018. Er begehrt zusätzlich Einsicht in das Protokoll der Hauptverhandlung, soweit der Sachverständige zu dem Gutachten vom 21. Januar 2016 vernommen wurde.

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Mit Widerspruchsbescheid vom 27. März 2019, dem Kläger zugestellt am 2. April 2019, wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Die zeitweise Aufbewahrung von Ermittlungs- und Strafakten diene ausschließlich Dokumentationszwecken im Falle der nachträglichen Anfechtung von Entscheidungen, der Möglichkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens, der Verwaltung des Akteninhalts im Rahmen der Strafvollstreckung sowie der Verwendung für andere Verfahren. Diese Auffassung stehe im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 1. März 2019 – 7 C 23.17–), die das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes im Falle eines abgeschlossenen Ermittlungsverfahrens des Generalbundesanwalts für nicht anwendbar erachtet habe. Überdies seien nach dem Bundesgerichtshof (Beschluss vom 12. Januar 2001 – 2 Ars 355/00 –) zu den Angelegenheiten der Strafrechtspflege nicht nur Tätigkeiten zu rechnen, die sich als Strafverfolgung im engeren Sinne darstellten. Erfasst seien auch die damit in Zusammenhang stehenden allgemeinen und besonderen Tätigkeiten der Justizbehörden zur Ermöglichung und geordneten Strafverfolgung und Strafvollstreckung, wie die Verwaltung der in den verschiedenen Stadien des Strafverfahrens anfallenden Akten und damit auch die Gewährung von Einsicht in diese Akten oder die Fertigung von Ablichtungen und Abschriften. Zudem bestehe mit den §§ 475, 477, 478 StPO eine abschließende Regelung des Bundes für die Erteilung von Auskünften und Akteneinsicht nach rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens. Schließlich sei im Hinblick auf die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 Grundgesetz – GG – i.V.m. Art. 72 Abs. 1 GG kein Raum für landesrechtliche Regelungen, die das Strafverfahren betreffen.

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Mit seiner am 2. Mai 2019 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Die Staatsanwaltschaft nehme in Bezug auf die beantragte Auskunft Aufgaben der öffentlichen Verwaltung im Sinne des § 3 Abs. 4 LTranspG wahr. Die zuvor genannte Vorschrift schütze den Entscheidungsprozess der Staatsanwaltschaft in einem noch laufenden Verfahren. Vorliegend sei das Strafverfahren jedoch bereits rechtskräftig abgeschlossen. Überdies träten die Normen des Landestransparenzgesetzes neben die Vorschriften der Strafprozessordnung.

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Der Kläger beantragt,

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den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 10. September 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2019 zu verpflichten, ihm Zugang zu dem Gutachten des Sachverständigen A., erstattet im Strafverfahren 2050 Js 23386/16, sowie den diesbezüglichen Abrechnungsunterlagen und dem Protokoll der Hauptverhandlung, soweit der Sachverständige zu dem von ihm erstatteten Gutachten vernommen wurde, zu gewähren.

11

Der Beklagte beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Ergänzend trägt er vor, die Vorschriften der Strafprozessordnung schlössen Auskunfts- und Einsichtsrechte nach dem Landestransparenzgesetz gemäß dessen § 2 Abs. 3 aus. Überdies stehe der Anwendbarkeit § 3 Abs. 4 LTranspG entgegen. Strafsachen seien schon deshalb keine Aufgaben der öffentlichen Verwaltung, weil sämtliche Akteninhalte das Ergebnis von Tätigkeiten der an dem Verfahren beteiligten Stellen auf Grundlage der Strafprozessordnung seien. Andernfalls würde die Ausschlussnorm leerlaufen. Diese Betrachtung finde auch in Nr. 4 Abs. 3 der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 14. Januar 2016 (Organisation und Dienstbetrieb der Staatsanwaltschaft) eine Stütze, wonach Justizverwaltungsaufgaben durch den Behördenleiter bearbeitet werden. Die Behörde führe in diesen Angelegenheiten die Bezeichnung des Behördenleiters. Daher trete die hiesige Behörde in Angelegenheiten der allgemeinen Verwaltung als „Leitender Oberstaatsanwalt Koblenz“ auf. Überdies habe der Landesgesetzgeber in der Begründung des Gesetzentwurfs zum Landestransparenzgesetz hervorgehoben, dass eine allgemeine Verwaltungstätigkeit u.a. der Strafverfolgungs- und Strafvollstreckungsbehörden nur ausnahmsweise vorliegen werde. Einer Ausweitung des Transparenzgebotes auf die Akten abgeschlossener Strafverfahren stünde auch der Vorrang des Bundesrechts nach Art. 31 GG entgegen.

14

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungs- und Widerspruchskaten des Beklagten (ein Heft) Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

15

Die zulässige Verpflichtungsklage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Ablehnungsbescheid vom 10. September 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –. Ein Anspruch auf Zugang zu den begehrten Informationen steht ihm nicht zu.

16

Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs ist § 2 Abs. 2 Satz 1 LTranspG. Danach haben u.a. natürliche Personen einen Anspruch auf Zugang zu Informationen, der durch Antrag gemäß § 11 LTranspG geltend zu machen ist. Einen solchen Antrag hat der Kläger bei dem Leitenden Oberstaatsanwalt gestellt.

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Der Anwendbarkeit des Landestransparenzgesetzes stehen jedoch die Vorschriften des § 2 Abs. 3 und § 3 Abs. 4 des Gesetzes entgegen.

18

Nach § 2 Abs. 3 LTranspG gehen Rechtsvorschriften, die den Zugang zu Informationen, die Auskunftserteilung, die Übermittlung oder die Gewährung von Akteneinsicht regeln mit Ausnahme des § 29 des Verwaltungsverfahrensgesetzes den Bestimmungen des Landestransparenzgesetzes vor. Nach Sinn und Zweck der Regelung sollen nur solche Spezialgesetze Vorrang vor den Regelungen des Landestransparenzgesetzes haben, die einen sachlich identischen Regelungsgehalt haben. Neben der Informationsgewährung muss die Norm also typischerweise und nicht bloß im Einzelfall den Zugang zu Informationen regeln (vgl. VG Mainz, Urteil vom 13. Juli 2017 – 1 K 125/16.MZ –, juris, Rn. 55). Dies ist bei den Vorschriften der Strafprozessordnung zum Akteneinsichtsrecht der Fall. Die §§ 474 ff. StPO regeln die Voraussetzungen, unter denen im Strafverfahren einer Privatperson Auskünfte aus Verfahrensakten erteilt oder Akteneinsicht gewährt werden darf. Diese Vorschriften bilden die erforderliche gesetzliche Grundlage für den mit der Akteneinsicht verbundenen Eingriff in das Recht des Beschuldigten auf informationelle Selbstbestimmung. Sie enthalten für die Gewährung von Akteneinsicht an Privatpersonen spezielle Vorschriften, die sowohl dem Schutz der Rechte des Beschuldigten als auch der Sicherung der Zwecke des Strafverfahrens dienen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 18. März 2009 – 2 BvR 8/08 –, juris, Rn. 17 und 20). § 475 StPO betrifft laufende sowie abgeschlossene Verfahren (vgl. BT-Drs. 14/1484, S. 26) und somit auch das dem streitgegenständlichen Auskunftsgesuch zugrundeliegende abgeschlossene Verfahren.

19

Überdies ergibt sich aus dem Gesetzesentwurf zum Informationsfreiheitsgesetz sowie der zu diesem Gesetz ergangenen Rechtsprechung, dass die Vorschriften der Strafprozessordnung das Informationsfreiheitsgesetz – IFG – verdrängen (vgl. BGH, Beschluss vom 5. April 2006 – 5 StR 589/05 –, juris, Rn. 2 sowie BT-Drs. 15/4493 S. 12). Für das Verhältnis von Landestransparenzgesetz und Strafprozessordnung kann nichts anderes gelten, weil die nahezu wortgleichen Regelungen des § 1 Abs. 3 IFG und des § 2 Abs. 3 LTranspG insoweit vergleichbar sind.

20

Schließlich fehlt dem Landesgesetzgeber die Gesetzgebungskompetenz zur Regelung der Akteneinsicht in Straf- und Ermittlungsakten. Nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG steht die konkurrierende Gesetzgebung für das gerichtliche Verfahren dem Bund zu. Dazu gehört auch das abschließend kodifizierte strafprozessuale Ermittlungsverfahren. Eine Erweiterung der im Ermittlungs- oder strafgerichtlichen Verfahren bestehenden Akteneinsichtsrechte durch Landesgesetz ist mangels eines ausdrücklichen Vorbehaltes gesperrt (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 24. April 2013 – 1 L 140/10 –, juris, Rn. 31 m.w.N.).

21

Selbst wenn die Vorschriften der Strafprozessordnung keine Spezialregelungen im Sinne des § 2 Abs. 3 LTranspG wären, so wäre das Landestransparenzgesetz dennoch nicht anwendbar. Nach § 3 Abs. 4 LTranspG gilt das Gesetz u.a. für die Strafverfolgungs- und Strafvollstreckungsbehörden nur soweit sie Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen. Bei der Staatsanwaltschaft handelt es sich sowohl um eine Strafverfolgungs- als auch um eine Strafvollstreckungsbehörde. Demnach kommt es entscheidend darauf an, ob sich die konkrete Tätigkeit bei einer funktionalen Betrachtung als Wahrnehmung einer im öffentlichen Recht wurzelnden Verwaltungsaufgabe darstellt. Dabei ist der transparenzpflichtige Bereich der öffentlichen Verwaltung anhand materieller Kriterien negativ von den anderen Staatsgewalten abzugrenzen (vgl. VG Mainz, Urteil vom 29. November 2017 – 4 K 147/17.MZ –, juris, Rn. 17 m.w.N.; nachfolgend: OVG RP, Beschluss vom 27. Juni 2019 – 10 A 10053/18 –, juris, Rn. 4).

22

Zwar ist die Staatsanwaltschaft unter dem Blickwinkel der Gewaltenteilung Teil der Exekutive. Wenn sie als Organ der Rechtspflege tätig wird, nimmt sie aber eine andere Staatsfunktion als die der Verwaltung wahr und übt insoweit keine Verwaltungstätigkeit im materiellen Sinne aus. Durch ihre vorbereitende Tätigkeit gemeinsam mit den Gerichten erfüllt die Staatsanwaltschaft die Aufgabe der Justizgewährung auf dem Gebiet der Strafrechtspflege. Diese Zuordnung findet ihren Ausdruck einfachrechtlich etwa in § 141 Gerichtsverfassungsgesetz, wonach bei jedem Gericht eine Staatsanwaltschaft bestehen soll. Die Staatsanwaltschaften sind, ohne selbst Gerichte zu sein, organisatorisch aus der Verwaltung herausgelöst und bei den Gerichten mit der Aufgabe errichtet, sich an gerichtlichen Verfahren zu beteiligen und diese zu fördern (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2019 – 7 C 23.17 –, juris, Rn. 16 m.w.N.)

23

Dem Landestransparenzgesetz selbst lässt sich nicht entnehmen, wann die Staatsanwaltschaft Aufgaben im Bereich der Strafrechtspflege wahrnimmt. Aus der Begründung des Gesetzesentwurfes der Landesregierung zum Landestransparenzgesetz (LT-Drucks. 16/5173, S.35) folgt indes, dass Gerichte, Strafverfolgungs- und Strafvollstreckungsbehörden nur ausnahmsweise Verwaltungstätigkeit oder Aufgaben der Justizverwaltung ausüben. Zudem gehören nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. April 1988 – 3 C 65.85 –, juris, Rn. 41) zum Gebiet der "Strafrechtspflege" außer der Strafverfolgung selbst, d.h. der Durchführung von Strafverfahren sowie der Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen, auch die damit im Zusammenhang stehenden Maßnahmen zur Ermöglichung und geordneten Durchführung der Strafverfolgungs- und Strafvollstreckungstätigkeit (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 24. April 2013 – 1 L 140/10 –, juris, Rn. 24).

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Für die Beurteilung ist im vorliegenden Fall nicht in erster Linie auf den Akt des Aufbewahrens der Ermittlungs- und Strafakten abzustellen, sondern vielmehr auf deren Inhalt. Entscheidend ist, ob die begehrten Informationen die Kerntätigkeit der Staatsanwaltschaft als Strafverfolgungs- oder Strafvollstreckungsbehörde betreffen. Informationen, die die Kerntätigkeit der Staatsanwaltschaft betreffen und dort in Akten vorhanden sind, sind nicht vom Anspruch auf Zugang zu Informationen erfasst (vgl. Schwartmann in BeckOK Informations- und Medienrecht, Gersdorf/Paal, 26. Edition, Stand: 1. Februar 2019, § 6 IFG NRW Rn. 15). Dies ist bei den von dem Kläger begehrten Informationen der Fall. Denn sämtliche Akteninhalte geben, wie der Beklagte zutreffend ausgeführt hat, das Ergebnis von Tätigkeit der an dem Verfahren beteiligten Stellen auf Grundlage der Strafprozessordnung wieder. Folglich sind die im Rahmen der Strafrechtspflege angelegten Aktenbestandteile inklusive dem erstatteten Gutachten des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle dem Anwendungsbereich des Landestransparenzgesetzes entzogen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2019 – 7 C 23.17 –, juris, Rn. 17). Die Bewertung des Akteninhalts ändert sich nach dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens bzw. nach dem Abschluss des Vollstreckungsverfahrens nicht.

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Für die Einordnung als Maßnahme der Strafrechtspflege spricht zudem, dass nur Strafverfolgungsbehörden in der Lage sind, eine sachgemäße Entscheidung über Akteneinsicht oder Aktenüberlassung zu treffen. Denn nur sie können auf Grund ihrer Befassung mit dem Verfahren eine Abwägung der entscheidungserheblichen Gesichtspunkte vornehmen. Derartige Überlegungen und Entscheidungen berühren bei noch nicht abgeschlossenen Ermittlungsverfahren den Kernbereich der Strafrechtspflege und können allgemeinem Verwaltungshandeln nicht gleichgestellt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Januar 2001 – 2 ARs 355/00 –, BGHSt 46, 261-266, Rn. 11). Etwas anderes kann auch nicht ab dem Zeitpunkt gelten, indem das Verfahren abgeschlossen ist. Dies lässt sich zum einen dem Umstand entnehmen, dass die speziellen Vorschriften der Strafprozessordnung auch für den Zeitraum nach Abschluss des Verfahrens gelten (vgl. BT-Drs. 14/1484, S. 26). Zum anderen ergibt sich aus der abdrängenden Sonderzuweisung des § 480 Abs. 3 i.V.m. § 162 StPO, dass auch der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, dass die ordentlichen Gerichte der Thematik näherstehen als die Gerichte der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit. Der Schwerpunkt des Handelns ist daher in der Rechtspflege und nicht der Verwaltung zu sehen.

26

Schließlich ist sogar die Aufbewahrung der Ermittlungs- und Strafakten als Maßnahme der Staatsanwaltschaft auf dem Gebiet der Strafrechtspflege einzuordnen. Die Aufbewahrung gehört nach dem Sachzusammenhang noch zu den durchgeführten Ermittlungsmaßnahmen. Sie ist eine Nachwirkung der eingeleiteten Strafverfolgungsmaßnahmen und damit Teil der staatsanwaltschaftlichen Tätigkeit auf dem Gebiet der Strafrechtspflege (vgl. OVG RP, Beschluss vom 12. Oktober 1993 – 11 E 11692/93 –, juris, Rn. 7 und 9).

27

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 154 Abs. 1 VwGO.

28

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO.

29

Gründe, die Berufung zuzulassen (§§ 124, 124a VwGO), liegen nicht vor.

Beschluss

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Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).

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