Urteil vom Verwaltungsgericht Koblenz (2. Kammer) - 2 K 598/20.KO

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Festsetzung seiner Versorgungsbezüge.

2

Er ist Ruhestandsbeamter (Postoberamtsrat A13 vz) der Beklagten. Im Dezember 2012 wurde seitens der Beklagten die Möglichkeit geschaffen, auf Antrag ein sogenanntes Lebensarbeitszeitkonto unter anderem für Beamte einzurichten. Bei Einsparung von mindestens 1000 Stunden auf dem Lebensarbeitszeitkonto könne ein Antrag auf Altersteilzeit gestellt werden. Von dieser Möglichkeit machte der Kläger Gebrauch. Auf seinen Antrag wurde ihm durch Schreiben der Beklagten vom 18. November 2016 mitgeteilt, dass für ihn antragsgemäß für die Zeit vom 1. Januar 2017 bis 31. Dezember 2017 eine Teilzeitbeschäftigung mit einer Arbeitszeit von 50 % der regelmäßigen Wochenarbeitszeit bei entsprechend gekürzten Bezügen bewilligt worden sei. Die Differenz in Höhe von 19,25 Stunden zwischen seiner verminderten Wochenarbeitszeit und der tatsächlich von ihm geleisteten Wochenarbeitszeit werde seinem Lebensarbeitszeitkonto für die Dauer der bewilligten Teilzeitbeschäftigung gutgeschrieben. Diese Maßnahme wurde mit Schreiben vom 14. September 2017 bzw. 21. November 2018 jeweils um ein Jahr, mithin bis zum 31. Dezember 2019 verlängert. In dem vom Kläger unterschriebenen Antrag heißt es weiter wie folgt:

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„Die Anträge sind verbindlich. Mir ist bekannt, dass ich die Anträge nicht mehr zurücknehmen kann, nachdem sie bewilligt worden sind. Die Anträge gelten jeweils über den bewilligten Zeitraum hinaus für weitere zwölf Monate, wenn nicht spätestens zwei Monate vor Ablauf der Frist schriftlich etwas anderes erklärt wird. Über eine etwaige Verlängerung wird nach entsprechender Prüfung eine neue Bewilligung erteilt.“

4

Des Weiteren wurde dem Kläger im Zusammenhang mit der Antragstellung ein Merkblatt der Deutschen Post AG zur „Langfristigen Teilzeitbeschäftigung“ ausgehändigt. Darin heißt es unter anderem, dass Zeiten einer Teilzeitbeschäftigung in Bezug auf die beamtenrechtliche Versorgung arbeitsanteilig als ruhegehaltfähige Dienstzeit (§ 6 Abs. 1 Satz 3, 1.HS Beamtenversorgungsgesetz – BeamtVG -) rechnen.

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Im Jahr 2019 beantragte der Kläger sodann bei der Beklagten gemäß § 4 Abs. 2 des Gesetzes zur Verbesserung der personellen Struktur beim Bundeseisenbahnvermögen und in den Postnachfolgeunternehmen - BEDBPStrukturG - den „Engagierten Ruhestand“ mit Vollendung des 55. Lebensjahres. Diesem Antrag wurde stattgegeben, so dass der Kläger sich seit dem 1. Januar 2020 im sogenannten „Engagierten Ruhestand“ befindet. Da er den Freistellungszeitraum nunmehr nicht mehr in Anspruch nehmen konnte, wurde ihm das verbleibende Zeitguthaben auf der Grundlage des § 9 Abs. 2, S. 4 Post-Arbeitszeitverordnung - Post-AZV - abgegolten.

6

Mit dem vorliegend streitgegenständlichen Bescheid vom 13. Januar 2020 setzte die Beklagte die Versorgungsbezüge des Klägers fest. Darin wurde die von ihm zurückgelegte Zeit im aktiven Dienst vom 1. Januar 2017 bis 31. August 2019 lediglich als Teilzeit zu 50 % berücksichtigt.

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Dagegen hat der Kläger mit Schreiben vom 17. Februar 2020 Widerspruch eingelegt. Die Zeit vom 1. Januar 2017 bis 31. August 2019 sei bei der Berechnung des Ruhegehaltssatzes zu Unrecht nur zur Hälfte berücksichtigt worden. Dies sei rechtswidrig, weil er zu dieser Zeit voll gearbeitet habe. Das Lebensarbeitszeitkonto müsse insoweit rückabgewickelt werden, weil es zur Altersteilzeit nicht mehr gekommen sei. Außerdem habe er in der Zeit vom 1. Oktober 1981 bis 28. Februar 1982 eine Hochschulausbildung durchgeführt. Auch diese Zeit müsse hier Berücksichtigung finden.

8

Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Juni 2020 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Nach § 6 Abs. 1 BeamtVG i.V.m. der Anweisung der Zentrale der Deutschen Post AG 991/354 vom 29. Dezember 2015- Punkt 16 ergebe sich, dass Zeiten der Teilzeitbeschäftigung zwecks Einsparung von Arbeitszeitguthaben nur zu dem Teil ruhegehaltfähig seien, der dem Verhältnis der ermäßigten zur regelmäßigen Arbeitszeit entspreche. Demnach sei der Zeitraum 1. Januar 2017 bis 31. August 2019 mit 50 % zutreffend berücksichtigt worden. Die Anerkennung der Hochschulausbildung beurteile sich nach § 12 Beamtenversorgungsgesetz. Danach könne die verbrachte Mindestzeit der außer der allgemeinen Schulbildung vorgeschriebenen Ausbildung als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt werden. Das Studium des Klägers sei aber keine vorgeschriebene Ausbildung für seine Einstellung als Anwärter des gehobenen nichttechnischen Dienstes gewesen. Die hierfür erforderliche Hochschul- bzw. Fachhochschulreife habe er bereits 1980 erworben. Außerdem habe er die Hochschule ohne Abschluss verlassen.

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Dagegen hat der Kläger am 10. Juli 2020 Klage erhoben, mit der er sein Begehren in Bezug auf die volle Anerkennung des Zeitraumes 1. Januar 2017 bis 31. August 2019 weiterverfolgt. Er habe gemäß § 6 Abs. 1 BeamtVG Anspruch auf Berücksichtigung der vollen Dienstzeit, die er im fraglichen Zeitraum unstreitig geleistet habe. Aus diesem Grund könne hier auch nicht vom Vorliegen einer Teilzeitbeschäftigung ausgegangen werden. Die Möglichkeit von der Regelung des sogenannten „Engagierten Ruhestandes“ Gebrauch zu machen, habe die Beklagte erst im Jahr 2019 erstmalig den Beamtinnen und Beamten angeboten. Im Zuge dessen habe er sich letztlich dafür entschieden, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen. Aus diesem Grund sei es nicht mehr möglich gewesen, die angesparte Arbeitszeit im Rahmen der Altersteilzeit wirksam werden zu lassen. Für derartige Leistungsstörungen existiere derzeit zwar keine ausdrückliche Regelung, jedoch müsse unter dem Gesichtspunkt des Fürsorgeprinzips und nach Treu und Glauben das Lebensarbeitszeitkonto rückabgewickelt werden. Denn die Störfallregelung in § 9 Abs. 2 Satz 4 und 5 Post-AZV sei zu einem Zeitpunkt ergangen, als die Möglichkeit des „Engagierten Ruhestandes“ noch nicht bestanden habe. Die Regelung sei daher insoweit nicht abschließend. Für die Verpflichtung zur Rückabwicklung des Lebensarbeitszeitkontos spreche auch der Umstand, dass bereits eine Abgeltung der angesparten Zeit seitens der Beklagten vorgenommen worden sei. Dabei könne es aber nicht sein Bewenden haben, vielmehr sei auch die Rückabwicklung des Lebensarbeitszeitkontos von dieser Regelung erfasst. Die Beklagte könne sich nicht auf die Bestandskraft der Bewilligung der Teilzeitbeschäftigung berufen. Denn mit der Gewährung des „Engagierten Ruhestandes“ sei inzident das Lebensarbeitszeitkonto und dessen Bewilligung aufgehoben worden. Insoweit handele es sich um einen Widerruf auf der Grundlage des § 49 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG. Der Bestand des Lebensarbeitszeitkontos mache neben der Gewährung des „Engagierten Ruhestandes“ keinen Sinn mehr. Weiter sei zu berücksichtigen, dass die Möglichkeit des „Engagierten Ruhestandes“ seitens der Beklagten angeboten worden sei. Die Beibehaltung der Teilzeitbeschäftigung im Rahmen der Berechnung der Versorgungsansprüche wirke sich demnach einseitig zulasten des Klägers aus.

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Der Kläger beantragt,

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die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 13. Januar 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Juni 2020 zu verpflichten, die Versorgungsbezüge des Klägers neu zu berechnen und dabei die von ihm in Vollzeit erbrachte Dienstzeit im Zeitraum vom 1. Januar 2017 bis 31. August 2019 vollständig zu berücksichtigen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie tritt der Klage entgegen und hält die von ihr vorgenommene Berechnung für zutreffend. Der Berücksichtigung des in Rede stehenden Zeitraums als Vollarbeitszeit stehe entgegen, dass dem Kläger mit den Bescheiden vom 18. November 2016, 14. September 2017 und 21. November 2018 auf seinen Antrag bestandskräftig Teilzeit bewilligt worden sei. Mit der Gewährung des „Engagierten Ruhestandes“ auf seinen Antrag sei das Lebensarbeitszeitkonto des Klägers zwar gegenstandslos geworden, was aber nichts an der Tatsache ändere, dass dieser Zeitraum nach wie vor als Teilzeitbeschäftigung zu qualifizieren sei. Auch in der finanziellen Abgeltung dieses Zeitraums sei kein Widerruf der Bewilligungsbescheide zu sehen. Denn die Abgeltungsregelung des § 9 Abs. 2 Satz 4 Post-AZV verlange keine bestimmten Gründe dafür, weshalb die Freistellung nicht mehr möglich gewesen sei. Aus diesem Grund bestehe hier auch keine Regelungslücke. Vielmehr seien Fälle wie der vorliegende von dieser Abgeltungsregelung erfasst. Hieraus könne indes nicht abgeleitet werden, dass damit auch eine Auflösung des Lebensarbeitszeitkontos einhergehe. Dafür gebe die Regelung nichts her. Selbst wenn man hier die Regelung des § 49 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG anwenden wollte, nutze dies dem Kläger nichts. Denn danach sei ein Widerruf nur für die Zukunft möglich, nicht aber für die Vergangenheit. Die genannten Bescheide regelten mit Teilzeit und Gutschrift auf dem Lebensarbeitszeitkonto nur die aktive Zeit des Klägers als Beamter. Die Teilzeit entfalte nur als Reflex Tatbestandswirkung für die ruhegehaltfähige Dienstzeit. Dieser Regelungsgehalt der Bescheide liege in der Vergangenheit. Ab dem Ruhestand könnten sie keine unmittelbare Wirksamkeit mehr entfalten, weil es im Ruhestand von vornherein weder Teilzeit noch Lebensarbeitszeitkonto geben könne. Beide Instrumentarien stünden in engem Zusammenhang mit der Verpflichtung zur Dienstleistung, die nur den aktiven Beamten treffe. Hinzu komme, dass der Kläger die Entscheidung für den „Engagierten Ruhestand“ in Kenntnis dieser Umstände getroffen habe. Dies sei ihm im Zusammenhang mit der Antragstellung mehrfach mitgeteilt worden, sodass hier auch aus Fürsorgegesichtspunkten oder aus Treu und Glauben kein Anlass für eine abweichende Entscheidung bestehe. Dass er aufgrund des „Engagierten Ruhestandes“ zur Ruhe gesetzt worden sei, sei allein seine Entscheidung, nicht diejenige des Dienstherrn gewesen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten (3 Hefte) Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist nicht begründet.

17

Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Neuberechnung seiner Versorgungsbezüge unter Anrechnung der von ihm im Zeitraum 1. Januar 2017 bis 31. August 2019 erbrachten Dienstzeit als Vollzeittätigkeit nicht zu. Der Bescheid der Beklagten vom 13. Januar 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Juni 2020 erweist sich vielmehr insoweit als rechtmäßig, als die Beklagte den genannten Zeitraum bei der Berechnung des Ruhegehaltssatzes des Klägers als Teilzeitbeschäftigung zu 50 % berücksichtigt hat (vergl. § 113 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –).

18

Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG ist grundsätzlich die Dienstzeit ruhegehaltfähig, die der Beamte vom Tage seiner ersten Berufung in das Beamtenverhältnis an im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn im Beamtenverhältnis zurückgelegt hat. Nach § 6 Abs. 1 Satz 3 1. Halbsatz BeamtVG sind Zeiten einer Teilzeitbeschäftigung nur zu dem Teil ruhegehaltfähig, der dem Verhältnis der ermäßigten zur regelmäßigen Arbeitszeit entspricht. Davon ausgehend hat die Beklagte zu Recht die hier interessierende Dienstzeit des Klägers als Teilzeitbeschäftigung qualifiziert. Dies folgt aus dem Umstand, dass die Beklagte dem Kläger antragsgemäß für diesen Zeitraum unter anderem Teilzeitbeschäftigung mit einer Arbeitszeit von 50 % bei entsprechender Besoldung bewilligt hatte. Den zugrundeliegenden Schreiben vom 18. November 2016, 14. September 2017 und 21. November 2018 ist insoweit die Rechtsqualität von Verwaltungsakten im Sinne des § 35 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG – beizumessen. Denn mit ihnen wurde gegenüber dem Kläger rechtsverbindlich neben der Bewilligung der Teilzeit nebst entsprechender Besoldung des Weiteren geregelt, dass die übrigen 50 % seiner Arbeitsleistung auf seinem Lebensarbeitszeitkonto gutgeschrieben werden. Dem steht nicht entgegen, dass die genannten Schreiben nicht in Bescheidform ergangen und nicht mit entsprechenden Rechtsmittelbelehrungen versehen sind. Denn dies wirkt sich nicht auf die Rechtsqualität der Maßnahme, sondern in erster Linie lediglich auf deren Anfechtbarkeit aus. Hierzu bestimmen die §§ 70 Abs. 2, 58 Abs. 2 VwGO, dass für die Einlegung eines Widerspruchs bei – wie hier – unterbliebener Rechtsbehelfsbelehrung an die Stelle der einmonatigen Widerspruchsfrist des § 70 Abs. 1 VwGO die Jahresfrist der §§ 70 Abs. 2, 58 Abs. 2 VwGO tritt. Diese Frist ist vorliegend in allen drei Fällen abgelaufen, ohne dass der Kläger dagegen Widerspruch eingelegt hätte, sodass diese Regelungen in Bestandskraft erwachsen sind. Hierüber besteht unter den Beteiligten auch kein Streit.

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Hat der Kläger demnach die streitgegenständliche Dienstzeit im Modus eines Teilzeitbeschäftigten durchlaufen, so kann er nicht mit Erfolg geltend machen, die dazu getroffenen Regelungen seien im Zuge des ihm im Jahr 2019 bewilligten „Engagierten Ruhestandes“ ab dem 1. September 2019 rückwirkend aufgehoben worden bzw. ihm stehe auch jetzt noch vor diesem Hintergrund ein Anspruch auf Aufhebung und Rückabwicklung seines Lebensarbeitszeitkontos zu.

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Dass die genannten Bescheide im Zuge der Bewilligung des „Engagierten Ruhestandes“ auch für die Vergangenheit ausdrücklich aufgehoben worden wären, macht der Kläger selbst nicht geltend.

21

Entgegen der von ihm vertretenen Rechtsauffassung kann eine konkludente Aufhebung dieser Regelungen für die Vergangenheit nicht in dem ihm zugute gekommenen Abgeltungsanspruch im Sinne des § 9 Abs. 4 Satz 2 Post-AZV gesehen werden. Nach dieser Regelung ist das verbleibende Zeitguthaben abzugelten, wenn die Freistellung bis zum Eintritt in den Ruhestand nicht möglich ist oder ein Freistellungszeitraum vorzeitig endet. Nach dem Wortlaut und Sinn und Zweck der Vorschrift handelt es sich allein um eine Abgeltungsregelung für die Fälle, in denen die auf dem Lebensarbeitszeitkonto angesparten Zeiten nicht mehr seitens des Beamten realisiert werden können. Dies betrifft im weiteren Sinne den Rechtsbereich der Besoldung, nicht hingegen jenen der Versorgung. Dementsprechend lassen sich daraus keine Schlussfolgerungen dazu herleiten, wie derartige nachträglich abgegoltene Dienstzeiten versorgungsrechtlich zu behandeln sind. Mit Blick auf den sowohl im Besoldungsrecht als auch im Versorgungsrecht geltenden Grundsatz der strengen Gesetzesakzessorietät (vgl. § 2 BBesG; § 3 BeamtVG) kommt somit eine analoge Anwendung des § 9 Abs. 2 Satz 4 Post-AZV, mit dem Ziel, die in Rede stehenden Dienstzeiten versorgungswirksam werden zu lassen, nicht in Betracht.

22

Diesem Befund steht auch nicht der Einwand des Klägers entgegen, demzufolge die Regelungen betreffend den „Engagierten Ruhestand“ erst im Jahr 2019 geschaffen worden seien, während die Regelung des § 9 Abs. 4 Satz 2 Post-AZV bereits zu einem früheren Zeitpunkt erlassen worden sei, mithin diese Regelung auch auf die Rückabwicklung des Lebensarbeitszeitkontos zu erstrecken sei. Auch diese Umstände ändern nämlich nichts an der Tatsache, dass sich der Regelungsinhalt des § 9 Abs. 4 Satz 2 Post-AZV in seiner Eigenschaft als Störfallregelung allein auf die Abgeltung eines nicht realisierten/realisierbaren Freistellungszeitraumes und damit auf Besoldungsanteile bezieht. Eine versorgungsrechtliche Regelung ist darin gerade nicht enthalten. Aus diesen Gründen kann daher in der Abgeltung der nicht realisierten Freistellungsphase im Falle des Klägers keine konkludente Rücknahme der Teilzeitbewilligung in Verbindung mit der Einrichtung des Lebensarbeitszeitkontos erblickt werden.

23

Des Weiteren dringt er auch nicht mit seinem Argument durch, ihm stehe ein Anspruch auf Aufhebung der Bewilligungsbescheide und Rückabwicklung des Lebensarbeitszeitkontos nach § 49 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG zu. In diesem Zusammenhang hat bereits die Beklagte zu Recht darauf verwiesen, dass nach dieser Regelung der Widerruf eines rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsaktes nur für die Zukunft möglich ist. Eine rückwirkende Aufhebung der Teilzeitbewilligung für den hier in Rede stehenden Zeitraum 1. Januar 2017 bis 31. August 2019 ist demnach auf der Grundlage der genannten Vorschrift nicht möglich.

24

Zuletzt gebieten auch der beamtenrechtliche Fürsorgegrundsatz und der Grundsatz von Treu und Glauben, der auch im Beamtenrecht Gültigkeit beansprucht, keine abweichende Regelung zugunsten des Klägers. Der beamtenrechtliche Fürsorgegrundsatz könnte nur dann zum Tragen kommen, wenn vorliegend zumindest eine Situation geschaffen wäre, bei der eine amtsangemessene Versorgung für den Kläger und seine Familie nicht mehr in ausreichendem Maße gewährt wäre. Davon kann aber angesichts der im Raum stehenden ca. 173,00 € Minderversorgung pro Monat bei einer Versorgung nach Besoldungsgruppe A 13 nicht ausgegangen werden. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es sich hier um ein vom Kläger selbst gewähltes Modell eines vorgezogenen Altersruhestandes handelt. Bei der Inanspruchnahme derartiger Modelle kommt es regelmäßig zu Abschlägen bei den Versorgungsansprüchen. Ebenso wenig ist die Berufung der Beklagten auf die Bestandskraft der Bewilligungsbescheide aus den Jahren 2016, 2017 und 2018 als treuwidrig einzustufen. Vielmehr ist dem Kläger insoweit mit Blick auf die ihm im Zusammenhang mit der Antragstellung erteilten und zum Teil sogar von ihm unterschriebenen Hinweise auf derartige etwaige versorgungsrechtliche Konsequenzen entgegenzuhalten, dass er sich zunächst bewusst für das Modell des Lebensarbeitszeitkontos entschieden und dann ca. zweieinhalb Jahre später aus freien Stücken dieses Modell aufgegeben und zu dem Modell des „Engagierten Ruhestandes“ gewechselt ist. Daraus resultierende finanzielle Einbußen sind demnach durch von ihm in Kenntnis des Risikos negativer Auswirkungen auf seine Versorgungsansprüche in eigener Verantwortung getroffene Entscheidungen verursacht und nicht der Risikosphäre oder dem sonstigen Zurechnungsbereich des Dienstherrn zuzuordnen.

25

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

26

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO.

27

Die Berufung war gemäß §§ 124 a Abs. 1,124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Die hier aufgeworfenen Rechtsfragen sind obergerichtlich und höchstrichterlich noch nicht geklärt und haben Bedeutung über den vorliegenden Fall hinaus, weil nach Aussage des Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung im dortigen Geschäftsbereich weitere vergleichbare Fälle vorliegen.

Beschluss

28

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 4.153,68 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).

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