Urteil vom Verwaltungsgericht Köln - 7 K 2569/20
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand
2Die Klägerin ist am 00.00.0000 in C. , Oblast Tula in Russland geboren und Ärztin von Beruf. Seit dem 25.11.2017 ist sie mit dem deutschen Staatsangehörigen H. I. (geb. 00.00.0000) verheiratet. Die Eheschließung erfolgte in Kolding/Dänemark. Ihr Vater ist nach den Antragsangaben der am 00.00.0000 geborene Herr X. G. , ihre Mutter die am 00.00.0000 geborene O. G1. , geb. U. . Die Ehe der Eltern ist seit 1985 geschieden. Als Großvater väterlicherseits ist der am 00.00.0000 geborene und am 00.00.1994 verstorbene Herr K. F. angegeben. Dieser sei mit deutscher Nationalität geführt worden.
3Die Klägerin reiste am 03.03.2018 aus Dänemark nach Deutschland ein. Mit Datum vom 05.08.2018 beantragte die Klägerin beim Bundesverwaltungsamt (BVA) die Erteilung eines Aufnahmebescheides nach dem Bundesvertriebenengesetz (BVFG). Sie sei deutsche Volkszugehörige. In ihrem ersten Inlandspass sei die russische Nationalität eingetragen gewesen. Im Elternhaus habe sie von Beginn an Deutsch wie Russisch gesprochen. Die deutsche Sprache sei ihr vom Vater und vom Großvater vermittelt worden. Sie verstehe auf Deutsch fast alles. Die Sprachfertigkeiten reichten für ein einfaches Gespräch auf Deutsch aus. Die Klägerin legte ein Sprachzertifikat A 1 vom 09.10.2017 vor. Über ein Sprachzertifikat B 1 verfüge sie nicht. In Beiblättern „Ergänzende Angaben“ schilderte die Klägerin das Schicksal ihrer Familie in der Kriegs- und Nachkriegszeit, die mit der Ausreise aus der Ost-Ukraine (Lahansk) verbundenen Schwierigkeiten und die Unmöglichkeit einer Rückkehr in das Kriegsgebiet.
4Mit Bescheid vom 06.02.2019 lehnte das BVA den Aufnahmeantrag ab. Zwar liege wegen der Eheschließung mit einem deutschen Staatsangehörigen ein Härtegrund im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG vor. Die Klägerin erfülle aber nicht die sonstigen Voraussetzungen der Aufnahme. Die Abstammung von einem deutschen Volkszugehörigen sei nicht belegt. In der Geburtsurkunde des Vaters sei der Großvater nicht eingetragen. Außerdem seien die eingereichten Kopien der Urkunden nicht beweisgeeignet. Zudem erfülle die Klägerin die sprachlichen Voraussetzungen nicht, da im Herkunftsgebiet nur ein Zertifikat A 1 erworben worden sei. Die Fähigkeit, ein einfaches Gespräch auf Deutsch im Zeitpunkt der Einreise führen zu können, sei nicht belegt. Schließlich liege in Gestalt des russischen Passeintrages im ersten Inlandspass ein Gegenbekenntnis vor, von dem die Klägerin nicht abgerückt sei.
5Mit Widerspruchsbescheid vom 28.04.2020 wies das BVA den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Zur Begründung wiederholte die Behörde die Begründung des Ablehnungsbescheides.
6Die Klägerin hat am 27.05.2020 Klage erhoben.
7Sie rügt Verfahrensmängel. Insbesondere sei über den Widerspruch entschieden worden, obwohl sie zuvor auf die mit der Unterlagenbeschaffung aus Luhansk verbundenen Risiken hingewiesen habe. Schon die späte Antragstellung in Deutschland sei auf die zähen Vorgänge um die Beschaffung der Unterlagen zurückzuführen.
8Die „sonstigen Voraussetzungen“ im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG lägen vor. Die Eintragung des Vaters mit russischer Nationalität in der Geburtsurkunde sei falsch und darauf zurückzuführen, dass der Vater entgegen seinem Willen im Militärpass mit russischer Nationalität vermerkt worden sei. Auch der Großvater väterlicherseits sei deutscher Volkszugehörigkeit gewesen. Dies treffe auch auf dessen Eltern, die Urgroßeltern der Klägerin, zu. Diese seien Wolgadeutsche und Repressionen ausgesetzt gewesen. Der Vater sei 1948 auf dem Höhepunkt der stalinistischen Diktatur geboren worden. Es habe gegolten, seine deutsche Abstammung unbedingt geheim zu halten. Deshalb sei in der Geburtsurkunde des Vaters keine Nationalität des Großvaters eingetragen worden. Dies beruhe auf einer Entscheidung der seinerzeit erst 16-jährigen Großmutter. Schließlich habe sie - die Klägerin- im Zeitpunkt der Einreise über ausreichende deutsche Sprachfertigkeiten verfügt. Ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum lasse sich in ihrem Engagement für die Gräberfürsorge deutscher Zwangsumgesiedelter und Kriegsgefangener erkennen. Deutsch sei ihr durch den Vater und insbesondere durch die Familie des Großvaters vermittelt worden. Aufgrund der Kriegsereignisse sei es ihr nicht möglich gewesen, ihre Sprachfertigkeiten in Luhansk nachzuweisen. Hinreichende Sprachkenntnisse bewiesen jedoch die Prüfungen in Kiew und später in Deutschland. Den 10-monatigen C 1-Fachkurs „Deutsch für Mediziner“ habe sie im Dezember 2019 abgeschlossen.
9Die Klägerin beantragt,
10die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des BVA vom 06.02.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.04.2020 zu verpflichten, ihr einen Aufnahmebescheid nach dem BVFG zu erteilen.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Sie betont, dass die Fähigkeit, ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen können, im Zeitpunkt der Begründung des ständigen Aufenthalts in Deutschland gegeben sein müsse. Auch fehle es an einem Bekenntnis zum deutschen Volkstum bis zu diesem Zeitpunkt. Auf Fragen der Abstammung komme es daher nicht an.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des BVA verwiesen.
15E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
16Die Klage ist nicht begründet.
17Der Bescheid des BVA vom 06.02.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.04.2020 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 BVFG. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheides nach dem BVFG.
18Der Ablehnungsbescheid leidet nicht an einem Anhörungsmangel. Die Klägerin hatte hinreichend Gelegenheit, alle aus ihrer Sicht entscheidungserheblichen Unterlagen vorzulegen. Selbst wenn diese Möglichkeit im Verwaltungsverfahren nicht bestanden haben sollte, erfolgte eine Heilung des möglichen Verfahrensfehlers im gerichtlichen Verfahren, § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG.
19Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig. Rechtsgrundlage für die Erteilung eines Aufnahmebescheides sind die §§ 26 und 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG in der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts maßgeblichen Fassung der VO vom 19.06.2020 (BGBl. I S. 1328). Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG wird der Aufnahmebescheid auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen. Spätaussiedler kann nur ein deutscher Volkszugehöriger sein, § 4 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 2 BVFG.
20Deutscher Volkszugehöriger ist nach § 6 Abs. 1 BVFG nur, wer sich im Herkunftsgebiet zum deutschen Volkstum bekannt hat, sofern dieses Bekenntnis durch bestimmte Merkmale wie Abstammung, Sprache, Erziehung, Kultur bestätigt wird. Wer – wie die Klägerin – nach der 31.12.1923 geboren ist, muss von einem deutschen Staatsangehörigen oder deutschen Volkszugehörigen abstammen und sich bis zum Verlassen der Aussiedlungsgebiete durch eine entsprechende Nationalitätenerklärung oder auf andere Weise zum deutschen Volkstum bekannt oder nach dem Recht des Herkunftsstaates zur deutschen Nationalität gehört haben. Das Bekenntnis auf andere Weise kann regelmäßig durch den Nachweis ausreichender deutscher Sprachkenntnisse entsprechend dem Niveau B 1 des gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen oder durch den Nachweis familiär vermittelter Deutschkenntnisse erbracht werden (§ 6 Abs. 2 Sätze 1 und 2 BVFG).
21Über diesen Sprachstand verfügte die Klägerin im maßgeblichen Zeitpunkt des Verlassens er Aussiedlungsgebiete im Jahre 2017 nicht. Diesbezüglich liegt lediglich ein Sprachzertifikat A 1 vor. Ein Rückschluss von den heutigen Sprachfertigkeiten auf diejenigen im maßgeblichen Zeitpunkt ist nicht möglich, da sich auf die Einreise nach Deutschland im März 2018 eine mehrmonatige Lernphase anschloss.
22Zudem genügen Sprachkenntnisse allein zum Beleg eines Volkstumsbekenntnisses hier nicht, weil die Klägerin mit der Eintragung der russischen Nationalität in ihrem ersten Inlandspass ein wirksames Bekenntnis zu einem anderen Volkstum abgegeben hat. Es trifft zwar zu, dass nach § 6 Abs. 2 Satz 2 BVFG ein Volkstumsbekenntnis durch den Nachweis von Deutschkenntnissen erbracht werden kann. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der das erkennende Gericht folgt, gilt dies jedoch nur dann, wenn der Aufnahmebewerber kein ausdrückliches Bekenntnis zu einem anderen Volkstum abgegeben hat. Liegt aber ein Gegenbekenntnis vor, bedarf es eines glaubhaften Abrückens hiervon. Die bloße Aneignung von Sprachfertigkeiten reicht hierzu nicht.
23BVerwG, Urteil vom 26.01.2021 - 1 C 5.20 -, juris Rn. 21.
24Zur Begründung führt das Bundesverwaltungsgericht aus:
25„...In der Angabe einer anderen als der deutschen Volkszugehörigkeit gegenüber amtlichen Stellen liegt grundsätzlich ein die deutsche Volkszugehörigkeit ausschließendes Gegenbekenntnis zu einem fremden Volkstum (BVerwG, Urteil vom 29. August 1995 - 9 C 391.94 – BVerwGE 99, 133 <140 f.> zu § 6 BVFG 1993 m.w.N.). Dies hat zur Folge, dass objektive Merkmale und Beweisanzeichen, aus denen an sich ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum gefolgert werden könnte, ihre Wirkung verlieren. Hat sich jemand vor amtlichen Stellen ausdrücklich zu einer anderen Nationalität als der deutschen erklärt, schließt dies grundsätzlich aus, gleichzeitig ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum „auf andere Weise“ anzunehmen (BVerwG, Urteil vom 29. August 1995 - 9 C 391.94 – BVerwGE 99, 133 <144> zu § 6 BVFG 1993 m.w.N.).
26...Nach § 6 Abs. 2 BVFG 2013 bedarf es - anders als nach der mit dem Spätaussiedlerstatusgesetz vom 30. August 2001 (BGBl. I S. 2266) zwischenzeitlich eingeführten Rechtslage - keines durchgängigen Bekenntnisses (mehr). Entscheidend ist allein, ob im Zeitpunkt des Verlassens des Vertreibungsgebiets ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum vorliegt. Damit ist es - in gleicher Weise wie bei einem bis zum Beginn der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen abzulegenden Bekenntnis zum deutschen Volkstum - möglich, von einer in früherer Zeit abgegebenen Erklärung zu einer nichtdeutschen Nationalität bis zum maßgebenden Zeitpunkt durch Hinwendung zum deutschen Volkstum abzurücken (BVerwG, Urteil vom 29. August 1995 - 9 C 391.94 – BVerwGE 99, 133 <146> zu § 6 BVFG 1993 m.w.N.). Um eine frühere Erklärung zu einer nichtdeutschen Nationalität rückgängig zu machen, reicht es aber nicht aus, wenn eine Lebensführung, die ohne das Gegenbekenntnis die Annahme der deutschen Volkszugehörigkeit aufgrund schlüssigen Gesamtverhaltens gerechtfertigt hätte, lediglich beibehalten wurde. Vielmehr bedarf es eines darüber hinausgehenden positiven Verhaltens, aus dem sich eindeutig der Wille ergibt, nur dem deutschen Volk und keinem anderen Volkstum anzugehören (BVerwG, Urteil vom 29. August 1995 - 9 C 391.94 – BVerwGE 99, 133 <146> zu § 6 BVFG 1993 m.w.N.).
27Auf diese zu § 6 BVFG 1993 ergangene Rechtsprechung kann bei der Anwendung von § 6 BVFG 2013, der das zwischenzeitliche Erfordernis eines durchgängigen (positiven) Bekenntnisses zum deutschen Volkstum nicht mehr enthält, zurückgegriffen werden. Der Gesetzgeber hat mit dem 10. BVFG-Änderungsgesetz vom 6. September 2013 (BGBl. I S. 3554) die Anforderungen an die deutsche Volkszugehörigkeit zwar abgesenkt, hält im Grundsatz aber weiterhin daran fest, dass der Bewerber vor dem Verlassen der Aussiedlungsgebiete ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum abgegeben und dieses im Vorhandensein gewisser Deutschkenntnisse eine Bestätigung gefunden haben muss. Auch wenn nach aktuellem Recht ein Bekenntnis auf andere Weise durch das Erlernen der deutschen Sprache und den Nachweis von Deutschkenntnissen auf dem Niveau B 1 des GER erbracht werden kann, gilt dies nur dann, wenn nicht zugleich Anhaltspunkte dafür vorliegen, die gegen eine Zuwendung zu deutschen Volkstum sprechen. Nach den Gesetzesmaterialien beruht § 6 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 BVFG auf der Erkenntnis, dass sich eine deutschstämmige Person auch durch das Erlernen der deutschen Sprache außerhalb der Familie mit ihrer Sprache und Kultur auseinandersetzen und zu ihrem Deutschsein bekennen kann und insbesondere die jüngere Generation der Spätaussiedlerbewerber, der die früher bestehende Möglichkeit zur Abgabe von Nationalitätenerklärungen in Inlandspässen oder anderen amtlichen Dokumenten in einigen Nachfolgestaaten der Sowjetunion wie der Russischen Föderation und der Ukraine seit 1998 verwehrt ist, eine Chance erhalten sollte, ihre Zugehörigkeit zur deutschen Volksgruppe zu bekunden (BT-Drs. 17/13937 S. 5 f.). Den Gesetzesmaterialien ist indes nicht zu entnehmen, dass diese Erleichterung auch dann gelten soll, wenn aufgrund eines bei Ausstellung des ersten Inlandspasses abgegebenen Gegenbekenntnisses Zweifel an einer inneren Hinwendung zum deutschen Volkstum und deren Erkennbarkeit für die äußere Umgebung bestehen.
28Auch wenn mit der Neuregelung des § 6 BVFG im Allgemeinen beim Nachweis entsprechender Deutschkenntnisse ohne weitere Prüfung vermutet wird, dass dahinter subjektiv ein entsprechender Wille und das Bewusstsein stehen, ausschließlich dem deutschen Volk als national geprägter Kulturgemeinschaft anzugehören, und der Betroffene im Aussiedlungsgebiet als deutscher Volkszugehöriger wahrgenommen wurde, gilt dies nicht schlechthin, sondern nur dann, wenn keine Anhaltspunkte vorliegen, die gegen eine tatsächliche innere Hinwendung zum deutschen Volkstum sprechen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das innere Bewusstsein, einem bestimmten Volkstum anzugehören, in der Regel mit der Bekenntnisfähigkeit abgeschlossen ist. Um gleichwohl einem trotz Ablegung eines Bekenntnisses zu einem bestimmten Volkstum ergriffenen Verhalten einen Bekenntnischarakter für ein anderes Volkstum beimessen zu können, bedarf es daher weiterer äußerer Tatsachen, die einen Bewusstseinswandel erkennen lassen (BVerwG, Urteil vom 23. März 2000 - 5 C 25.99 - Buchholz 412.3 § 6 BVFG Nr. 92 S. 2). Damit sind bei einem ausdrücklichen Gegenbekenntnis zu einem nichtdeutschen Volkstum auch weiterhin besondere Anforderungen an die Ernsthaftigkeit eines späteren Bekenntniswandels und dessen äußere Erkennbarkeit zu stellen. Dies gilt insbesondere dann, wenn das neue Bekenntnis - wie hier - noch nicht einmal ausdrücklich gegenüber staatlichen Stellen erklärt wird, sondern lediglich von einem bestimmten- bei isolierter Betrachtung bekenntnisneutralen - Verhalten (hier: dem außerfamiliären Erwerb von Deutschkenntnissen auf dem Niveau B 1 des GER) auf ein Bekenntnis auf andere Weise geschlossen werden soll.“
29Das Bekenntnis zum russischen Volkstum ist auch nicht etwa deshalb unbeachtlich, weil der Klägerin die Eintragung der deutschen Nationalität mit Blick auf etwaige staatliche Repressionen unzumutbar gewesen wäre. Der Zeitpunkt der Ausstellung des ersten Inlandspasses der Klägerin fällt in das Jahr 1993 und damit in eine Phase weitgehender Liberalisierungen in Russland. Volkstumsbedingte Nachteile allein durch die Eintragung einer nicht-russischen Nationalität in amtlichen Dokumenten sind schon für die Zeit davor seit der Überwindung des Stalinismus nicht mehr belegt. Entsprechend Angaben in der mündlichen Verhandlung sind auch unsubstantiiert geblieben. Angesichts der Zeitumstände ist auch die Behauptung, der Klägerin sei bei der Eintragung einer anderen als der russischen Nationalität der Weg ins Studium verschlossen gewesen, nicht nachvollziehbar.
30Angesichts dessen kann offen bleiben, ob die Abstammung von deutschen Volkszugehörigen hinreichend belegt ist.
31Liegen damit die Voraussetzungen deutscher Volkszugehörigkeit nicht vor, kommt die Erteilung eines Aufnahmebescheides nicht in Betracht.
32Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
33Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11 und 711 ZPO.
34Rechtsmittelbelehrung
35Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
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1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
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2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
- 39
3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
- 40
4. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
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5. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, schriftlich zu beantragen. Der Antrag auf Zulassung der Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
43Statt in Schriftform kann die Einlegung des Antrags auf Zulassung der Berufung auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
44Die Gründe, aus denen die Berufung zugelassen werden soll, sind innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils darzulegen. Die Begründung ist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
45Vor dem Oberverwaltungsgericht und bei Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird, muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
46Die Antragsschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
47Beschluss
48Der Wert des Streitgegenstandes wird auf
495.000,00 Euro
50festgesetzt.
51Gründe
52Der festgesetzte Streitwert entspricht dem gesetzlichen Auffangstreitwert (§ 52 Abs. 2 GKG).
53Rechtsmittelbelehrung
54Gegen diesen Beschluss kann schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, Beschwerde bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln eingelegt werden.
55Statt in Schriftform kann die Einlegung der Beschwerde auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
56Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
57Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
58Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
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Referenzen
- BVFG § 26 Aufnahmebescheid 1x
- BVFG § 27 Anspruch 4x
- ZPO § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung 1x
- ZPO § 711 Abwendungsbefugnis 1x
- BVFG § 6 Volkszugehörigkeit 13x
- VwGO § 167 1x
- VwGO § 55a 1x
- § 113 Abs. 5 Satz 1 BVFG 1x (nicht zugeordnet)
- VwVfG § 45 Heilung von Verfahrens- und Formfehlern 1x
- VwGO § 154 1x
- § 52 Abs. 2 GKG 1x (nicht zugeordnet)