Beschluss vom Verwaltungsgericht Köln - 15 L 1318/22
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Der Wert des Streitgegenstands wird auf die Wertstufe bis 25.000 Euro festgesetzt.
1
Gründe
2Der Antrag,
3der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO aufzugeben, den regulär mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze zum 01.10.2022 beginnenden Ruhestand der Antragstellerin bis zum 01.01.2023 hinauszuschieben,
4hat keinen Erfolg.
5Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann eine einstweilige Anordnung auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis getroffen werden, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt in beiden Fällen voraus, dass der zu Grunde liegende materielle Anspruch (Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) glaubhaft gemacht sind (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. §§ 294, 920 Abs. 2 ZPO).
6Ausgehend davon ist der Antrag unbegründet. Die Antragstellerin hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Der von ihr geltend gemachte Anspruch, ihren mit Ende des Monats September 2022 kraft der Regelungen in § 51 Abs. 1 und 2 Bundesbeamtengesetz (BBG) wegen Erreichens der Altersgrenze erfolgenden Eintritt in den Ruhestand hinauszuschieben, steht ihr offenkundig nicht zu. Nach § 53 Abs. 1 BBG kann der Eintritt in den Ruhestand auf Antrag der Beamtin zwar bis zu drei Jahre hinausgeschoben werden. Ein solcher Antrag ist nach § 53 Abs. 1 Satz 2 BBG jedoch spätestens sechs Monate vor dem Eintritt in den Ruhestand zu stellen. Diese Antragsfrist hat die Antragstellerin – unstreitig – nicht eingehalten. Das, was sie zur Begründung ihrer Rechtsauffassung vorträgt, diese Fristversäumnis könne ihr nicht entgegengehalten werden, greift insgesamt nicht durch.
7Ohne tatsächliche Grundlage ist zunächst die Behauptung der Antragstellerin, die Antragsgegnerin habe die Umstände geschaffen, die zu der Verfristung geführt haben. Insofern macht die Antragstellerin geltend, ihr im Zuge einer In-sich-Beurlaubung im Jahr 2016 abgeschlossener Arbeitsvertrag habe eine Laufzeit bis zum 26. April 2026 und damit über das Erreichen der beamtenrechtlichen Regelaltersgrenze hinaus. Inwiefern die Antragsgegnerin damit Umstände geschaffen haben soll, die zu der Verfristung geführt haben, erschließt sich schon deswegen nicht, weil der Antragstellerin nach ihren Angaben in dem Verlängerungsantrag vom 20. Juni 2022 bereits bei Abschluss des Arbeitsvertrags und auch in der Folgezeit bewusst war, dass die Vertragslaufzeit über den Zeitpunkt des Erreichens der Regelaltersgrenze hinaus geht. Dies ist nach ihren Angaben in Gesprächen mit Vorgesetzten auch „[s]pätestens ab dem Jahr 2021 […] immer wieder thematisiert worden“. Ein schutzwürdiges Vertrauen auf eine zeitliche Parallelität von Vertragslaufzeit und Erreichen der Regelaltersgrenze, das sie von einer rechtzeitigen Antragstellung hätte abhalten können, bestand bei der Antragstellerin demgemäß nicht. Hinzu kommt, dass das Arbeitsverhältnis nach § 6 des Arbeitsvertrags mit dem Ende der In-sich-Beurlaubung endet. Der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses hing also erkennbar vom Fortbestand des Beamtenverhältnisses ab, nicht umgekehrt. Vor diesem Hintergrund greift auch der weitere Einwand der Antragstellerin nicht durch, ihr sei erstmalig in einem Personalgespräch am 14. Juni 2022 bewusstgemacht worden, dass die In-sich-Beurlaubung enden werde. Der Antragstellerin war stets bekannt, wann sie infolge des Erreichens der Regelaltersgrenze in den Ruhestand eintreten würde. Schon deswegen bedurfte es keines früheren Hinweises der Antragsgegnerin.
8Ungeachtet all dessen hätte im Übrigen auch ein etwaiges Vertrauen der Antragstellerin auf einen Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses über den Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand mit Erreichen der beamtenrechtlichen Regelaltersgrenze hinaus nicht dazu führen können, dass in ihrem Fall die gesetzliche Antragsfrist des § 53 Abs. 1 Satz 2 BBG unbeachtlich wäre.
9Ohne Erfolg macht die Antragstellerin zudem geltend, die Antragsgegnerin habe sich „aus freien Stücken“ der gesetzlich eingeräumten Möglichkeit begeben, sich auf die Antragsfrist zu berufen, indem sie den Verlängerungsantrag mit dem Ausgangsbescheid vom 7. Juli 2022 auf der Grundlage einer inhaltlichen Prüfung abgelehnt und sich erstmalig im Widerspruchsbescheid auf eine Verfristung berufen habe. § 53 Abs. 1 Satz 2 BBG solle der Personalverwaltung Zeit zu einer inhaltlichen Prüfung des Antrags verschaffen, welche hier möglich gewesen sei.
10Das greift, worauf die Antragsgegnerin zu Recht hinweist, schon deswegen nicht durch, weil die maßgebliche behördliche Entscheidung der Ausgangsbescheid in jener Gestalt ist, die er durch den Widerspruchsbescheids erhalten hat (vgl. § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Abgesehen davon trifft es auch nicht zu, dass § 53 Abs. 1 Satz 2 BBG eine Prüffrist normiert. Vielmehr dient die Norm der Planungssicherheit des Dienstherrn.
11Beck’scher Online-Kommentar zum Beamtenrecht Bund, § 53 BBG, Rn. 11, mit weiteren Nachweisen.
12Dieser soll durch eine frühzeitige Antragstellung in die Lage versetzt werden, rechtzeitig personalwirtschaftliche Maßnahmen planen und umsetzen zu können und entsprechende Dispositionen zu treffen. Dass dieses gesetzgeberische Ziel hier verfehlt würde, wenn man die Frist des § 53 Abs. 1 Satz 2 BBG für unbeachtlich hielte, zeigt sich auch an dem Umstand, dass die von der Antragstellerin wahrgenommene Stelle bereits am 20. Juni 2022 ausgeschrieben worden ist; ihr Verlängerungsantrag ging indes erst tags darauf (per E-Mail) ein.
13Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
14Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 4 Gerichtskostengesetz unter Zugrundelegung des Endgrundgehalts in der Besoldungsgruppe A 9 im Jahr 2022. Von einer Reduzierung des Streitwerts wegen des nur vorläufigen Charakters des Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sieht das Gericht im Hinblick darauf ab, dass das Begehren der Antragstellerin auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet ist.
15Rechtsmittelbelehrung
16Gegen Ziffer 1 dieses Beschlusses kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, Beschwerde eingelegt werden.
17Die Beschwerdefrist wird auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist schriftlich bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, eingeht.
18Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht schriftlich einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen.
19Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) wird hingewiesen.
20Im Beschwerdeverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen; dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
21Gegen Ziffer 2 dieses Beschlusses kann innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, Beschwerde eingelegt werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
22Die Beschwerde ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, einzulegen.
23Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
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Referenzen
- § 53 Abs. 1 Satz 2 BBG 3x (nicht zugeordnet)
- § 53 BBG 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 123 4x
- § 53 Abs. 1 Satz 2 BBG 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 154 1x
- VwGO § 79 1x
- ZPO § 920 Arrestgesuch 1x
- ZPO § 294 Glaubhaftmachung 1x