Urteil vom Verwaltungsgericht Lüneburg (1. Kammer) - 1 A 105/16

Tatbestand

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Die Klägerin begehrt die Verpflichtung der Beklagten, ihr Zahlungsansprüche nach der Basisprämienregelung zuzuweisen und für das Antragsjahr 2015 eine Basisprämie, eine Umverteilungsprämie, eine Greeningprämie und eine Junglandwirteprämie nach der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 zu gewähren.

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Sie ist eine seit dem 1. Juli 2012 bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts aus den Eheleuten F. G. und H. G.. Der Gesellschaft liegt der Gesellschaftsvertrag vom 19. Juni 2012 (Bl. 48 der Beiakte 1) zugrunde. Zweck der Gesellschaft ist das gemeinsame Betreiben der Offenstallanlage I.. Im Zuge der Gründung der Gesellschaft brachte die Gesellschafterin ihr bisheriges landwirtschaftliches Betriebsvermögen zur Nutzung in die Gesellschaft ein; der Gesellschafter wurde „unentgeltlich“ aufgenommen (Nr. 2.1 des Gesellschaftsvertrages). Unter Nr. 3.1 des Gesellschaftsvertrags ist zunächst geregelt, dass die Gesellschafter die Vertretung und Geschäftsführung der Gesellschaft gemeinsam ausüben. Sodann bestimmt Nr. 3.2 des Gesellschaftsvertrags, dass zur Geschäftsführung und Vertretung jeder Gesellschafter allein befugt ist, wobei für alle Maßnahmen, die über einen Wert von 3.000 EUR hinausgehen, oder das Eingehen von Dauerschuldverhältnissen ein Gesellschafterbeschluss herbeizuführen ist. Nach Nr. 3.3 des Gesellschaftsvertrags können Gesellschafterbeschlüsse nur einstimmig gefasst werden

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Bereits zuvor, und zwar zum 1. Juni 2006, wurde der Gesellschafterin der Klägerin auf deren Antrag eine Registriernummer für Tierhaltung - Betriebsnummer - zugeteilt. Als Betriebsart gab sie Pferdehaltung an. Unter dieser Betriebsnummer meldete sie bei der Datenbank des Herkunftssicherungs- und Informationssystems für Tiere (HIT-Datenbank) zunächst ihre vier eigenen Pferde an. Diese Pferde hielt sie bei fremden Landwirten auf deren Weiden und zahlte hierfür Pensionsgeld. Ab dem Jahr 2008 meldete sie zusätzlich bis zu sechs fremde Pferde in der HIT-Datenbank an. Sie nahm ab Oktober 2010 erste Pachtflächen in ihre eigene Bewirtschaftung, um eine eigene Pensionstierhaltung aufzubauen.

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Die Klägerin bewirtschaftete im Jahr 2014 Weiden zur Größe von 8,69 ha und hielt 13 Pferde. Sie beantragte erstmalig im Mai 2014 eine Betriebs- und Umverteilungsprämie nach der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 auf der Grundlage von 6,3 gekauften und 2,11 gepachteten Zahlungsansprüchen nach der Betriebsprämienregelung. Auf diesen Antrag erhielt die Klägerin eine Betriebsprämie in Höhe von 2.534,93 EUR und eine Umverteilungsprämie in Höhe von 434 EUR. Am 5. Mai 2015 beantragte die Klägerin für angemeldete Flächen (Dauergrünland) zur Größe von 8,74 ha (nach Berichtigung) die Erstzuweisung neuer Zahlungsansprüche nach der Basisprämienregelung aus der nationalen Reserve sowie die Gewährung einer Basisprämie, einer Umverteilungsprämie, einer Greeningprämie und einer Junglandwirteprämie nach der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013. Unter 6.4 des Antrags gab sie ihre Gesellschafterin als Junglandwirtin mit Betriebsleiterfunktion an.

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Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 24. März 2016 den Antrag der Klägerin ab und führte zur Begründung im Wesentlichen an: Die Voraussetzungen für die erstmalige Zuweisung von Zahlungsansprüchen für Junglandwirte aus der nationalen Reserve lägen nicht vor. Die Klägerin habe als juristische Person die Zuweisung der Zahlungsansprüche aus der nationalen Reserve für die Junglandwirtin F. beantragt. Allerdings sei aufgrund der Regelung in Nr. 3.2 des Gesellschaftsvertrags nicht gewährleistet, dass innerhalb der Gesellschaft Entscheidungen zur Betriebsführung, Gewinnen und finanzielles Risiken nicht gegen die Junglandwirtin getroffen werden könnten. Nach dieser Regelung könne jeder Gesellschafter Geschäfte bis zu einem Wert von 3.000 EUR allein tätigen.

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Die Klägerin hat gegen diesen Bescheid am 14. April 2016 Klage erhoben. Zur Begründung ihrer Klage macht sie geltend, dass sie die Voraussetzungen für die Erstzuweisung von Zahlungsansprüchen und damit für die Gewährung der Direktzahlungen erfülle. Im Rahmen der Verwaltungskontrolle sei die Beklagte noch davon ausgegangen, dass ihre Gesellschafterin die Voraussetzungen einer Junglandwirtin erfülle. Bei Antragstellung, die mit Hilfe eines Mitarbeiters der Beklagten erfolgt sei, habe sie den Gesellschaftsvertrag vorgelegt, der zu diesem Zeitpunkt inhaltlich nicht beanstandet worden sei. Auf einen Hinweis der Beklagten - der aber unterblieben sei - hätte der Gesellschaftsvertrag bis zum Ablauf der Antragsfrist am 17. Mai 2015 den nunmehr gestellten Anforderungen entsprechend angepasst werden können. Erst Anfang 2016 hätten sich die zuständigen Behörden darauf verständigt, keinen festen Betrag zu bestimmen, dessen Überschreitung zu der Annahme führe, der Junglandwirt habe keinen hinreichenden Einfluss auf die Gesellschaft, sondern den Einzelfall abhängig von der Betriebsgröße zu entscheiden. Im Übrigen übernehme ihr Gesellschafter keine wesentlichen Aufgaben, insbesondere solche in der Geschäftsführung. Zum anderen habe die Klägerin einen Anspruch auf Erstzuweisung von Zahlungsansprüchen aus Art. 24 Nr. 1 Buchst. b der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013, da sie bereits im Jahr 2013 zum Bezug von Direktzahlungen nach der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 berechtigt gewesen sei. Sie habe lediglich versäumt, einen Antrag zu stellen. Es könne nicht Absicht des EU-Gesetzgebers sein, Betriebe von der Erstzuweisung der Zahlungsansprüche auszuschließen, die es im Jahr 2013 versäumt hätten, einen Agrarförderantrag zu stellen.

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Die Klägerin beantragt,

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die Beklagte zu verpflichten, ihr 8,74 Zahlungsansprüche nach der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 zuzuweisen und für das Antragsjahr 2015 eine Basisprämie in Höhe von 1.634,38 EUR, eine Umverteilungsprämie in Höhe von 437,- EUR, eine Zahlung für dem Klima- und Umweltschutz förderliche Landwirtschaftsmethoden (Greeningprämie) in Höhe von 760,38 EUR und eine Zahlung für Junglandwirte (Junglandwirteprämie) in Höhe von 393,30 EUR zu bewilligen, sowie den Bescheid der Beklagten vom 14. März 2016 aufzuheben, soweit er dem entgegensteht.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie führt zur Begründung im Wesentlichen aus: Die Klägerin erfülle nicht die Voraussetzungen für die Gewährung der Junglandwirteprämie, so dass auch eine Erstzuweisung von Zahlungsansprüchen nach der Basisprämienregelung nicht möglich sei. Die als Junglandwirtin angegebene Gesellschafterin könne bei Entscheidungen, die wertmäßig zum Grundlagengeschäft der Gesellschaft gehörten, überstimmt werden. Dabei spiele die finanzielle Höhe der nicht zustimmungsbedürftigen Entscheidungsmöglichkeiten für den anderen Gesellschafter, den Nicht-Junglandwirt, im Verhältnis zur Größe des Unternehmens eine entscheidende Rolle. Es sei stets eine Betrachtung des Einzelfalls geboten. Der hier zu erwartende Gewinn sei im Vergleich zu den möglichen Entscheidungen des Gesellschafters, die keiner Zustimmung der Gesellschafterin bedürften und zu Lasten der Gesellschaft gingen, viel zu gering. Der Gesellschafter habe nach Nr. 3.2 des Gesellschaftsvertrages sogar die alleinige Geschäftsführungsbefugnis, die alleinige Vertretungsbefugnis und könne Geschäfte bis 3.000 EUR ohne Zustimmung der Junglandwirtin abschließen. Daneben erfülle die Gesellschafterin auch nicht die persönlichen Voraussetzungen einer Junglandwirtin, weil sie sich bereits seit dem 1. Juni 2006 als Pferdehalterin niedergelassen habe. Schließlich sei die Klägerin im Jahr 2013 nicht zum Empfang von EU-Direktzahlungen berechtigt gewesen, weil sie zum einen keinen Antrag auf Gewährung von Direktzahlungen gestellt und zum anderen über keine Zahlungsansprüche nach der Betriebsprämienregelung verfügt habe.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist begründet.

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Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt dadurch die Rechte der Klägerin (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat einen Anspruch auf die Zuweisung von Zahlungsansprüchen und auf Bewilligung der beantragten Direktzahlungen nach der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 für das Antragsjahr 2015.

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1.
Die Klägerin erfüllt die Voraussetzungen für die Zuweisung von Zahlungsansprüchen nach der Basisprämienregelung aus der nationalen Reserve.

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Der Anspruch auf die Zuweisung der Zahlungsansprüche aus der nationalen Reserve ergibt sich aus Art. 30 Abs. 6 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik (ABl. Nr. L 347 S. 608) in der für das Antragsjahr 2015 maßgebliches Fassung der Delegierten Verordnung (EU) 2015/581 der Kommission vom 27. März 2015 (ABl. Nr. L 135 S. 7) - im Folgenden: VO (EU) Nr. 1307/2013 - in Verbindung mit Art. 28 Abs. 1 Unterabs. 1 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 639/2014 der Kommission vom 11. März 2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 (ABl. Nr. L 181 S. 1) in der für das Antragsjahr 2015 maßgeblichen Fassung der Delegierten Verordnung (EU) 2015/1383 der Kommission vom 28. Mai 2015 (ABl. Nr. L 214 S. 1) - im Folgenden: VO (EU) Nr. 639/2013.

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Nach Art. 30 Abs. 6 VO (EU) Nr. 1307/2013 verwenden die Mitgliedstaaten ihre nationale Reserve vorrangig dazu, Junglandwirten und Betriebsinhabern, die eine landwirtschaftliche Tätigkeit aufnehmen, Zahlungsansprüche zuzuweisen. Junglandwirte in diesem Sinne sind Betriebsinhaber, die die Bedingungen des Art. 50 Abs. 2 und gegebenenfalls die des Art. 50 Abs. 3 und 11 der Verordnung erfüllen (Art. 30 Abs. 11 Buchst. a VO (EU) Nr. 1307/2013). Stellt ein Junglandwirt oder ein Betriebsinhaber, der eine landwirtschaftliche Tätigkeit aufnimmt, einen Antrag auf Zahlungsansprüche aus der nationalen Reserve und verfügt er über keinen Zahlungsanspruch, so gilt nach Art. 28 Abs. 1 VO (EU) Nr. 639/2014 für die Zwecke des Art. 30 Abs. 6 VO (EU) Nr. 1307/2013, dass er eine Anzahl an Zahlungsansprüchen erhält, die der Anzahl der beihilfefähigen Hektarfläche entspricht, über die er zu dem letztmöglichen Zeitpunkt für die Antragstellung verfügt (eigene oder gepachtete). „Betriebsinhaber, die eine landwirtschaftliche Tätigkeit aufnehmen“ sind natürliche oder juristische Personen, die in den fünf Jahren vor Aufnahme der landwirtschaftlichen Tätigkeit weder in eigenem Namen und auf eigene Rechnung eine landwirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt haben noch die Kontrolle einer juristischen Person innehatten, die eine landwirtschaftliche Tätigkeit ausübte. Bei juristischen Personen darf/dürfen die natürliche(n) Person(en), die die Kontrolle der juristischen Person innehat/innehatten, in den fünf Jahren vor Aufnahme der landwirtschaftlichen Tätigkeit durch die juristische Person weder im eigenen Namen und auf eigene Rechnung eine landwirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt noch die Kontrolle einer eine landwirtschaftliche Tätigkeit ausübenden juristischen Person innegehabt haben (Art. 30 Abs. 11 Buchst. b VO (EU) Nr. 1307/2013). Die in Bezug genommene Regelung in Art. 50 Abs. 2 der Verordnung bestimmt, dass als „Junglandwirte“ natürliche Personen gelten, die sich erstmals in einem landwirtschaftlichen Betrieb als Betriebsleiter niederlassen oder die sich während der fünf Jahre vor dem im Rahmen der Basisprämienregelung erstmalig gestellten Beihilfeantrag bereits in einem solchen Betrieb niedergelassen haben und im Jahr dieser Antragstellung nicht älter als 40 Jahre sind. Gemäß Art. 30 Abs. 11 Buchst. a, 50 Abs. 11 VO (EU) Nr. 1307/2013 in Verbindung mit Art. 49 Abs. 1 VO (EU) Nr. 639/2014 erhalten juristische Personen, unabhängig von ihrer Rechtsform, einen gleichwertigen Zugang zu der Basisprämienregelung (vgl. Erwägungsgrund 48 VO (EU) Nr. 1307/2013 und Erwägungsgrund 64 VO (EU) Nr. 639/2014). Dies gilt gemäß Art. 50 VO (EU) Nr. 639/2014 entsprechend für eine Vereinigung natürlicher Personen im Sinne des Art. 4 Abs. 1 Buchst. a VO (EU) Nr. 1307/2013.

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Nach Auffassung der Kammer erfüllt die Klägerin diese Voraussetzungen für die Zuweisung von Zahlungsansprüchen. Als Gesellschaft bürgerlichen Rechts und damit als Vereinigung natürlicher Personen hat sie gemäß Art. 50 VO (EU) Nr. 639/2014 unter den Voraussetzungen einer juristischen Person Zugang zur Basisprämienregelung.

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Die Klägerin erfüllt die Voraussetzungen, unter denen einer juristische Person Zahlungsansprüche aus der nationalen Reserve für Junglandwirte zugewiesen werden können. Die Klägerin verfügte im Zeitpunkt ihres Antrags nicht über Zahlungsansprüche nach der Basisprämienregelung. Ihre Gesellschafterin, von der die Klägerin ihre Berechtigung zum Zugang zur Basisprämienregelung für Junglandwirte ableitet, erfüllt die Voraussetzungen einer Junglandwirtin im Sinne des Art. 30 Abs. 6, 50 Abs. 2 VO (EU) Nr. 1307/2013. Sie ließ sich erstmals im Oktober 2010 und damit während der fünf Jahre vor dem im Rahmen der Basisprämienregelung gestellten Beihilfeantrag im Mai 2015 mit ihrer Pensionstierhaltung in einem landwirtschaftlichen Betrieb als Betriebsleiterin nieder. Ferner war sie im maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung in 2015 nicht älter als 40 Jahre. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat die Kammer nicht feststellen können, dass die Gesellschafterin der Klägerin vor Oktober 2010 einen landwirtschaftlichen Betrieb eigenverantwortlich führte. Dem steht nicht entgegen, dass sie sich zum Juni 2006 eine Registrierungsnummer für Tierhalter (Betriebsnummer) zuteilen ließ und zunächst ihre vier eigenen Pferde, später in begrenztem Umfang auch fremde Tiere in der HIT-Datenbank anmeldete. Die Meldung von Tieren in der HIT-Datenbank belegt für sich nicht, dass die Gesellschafterin Inhaberin eines landwirtschaftlichen Betriebs im Sinne des Art. 4 Abs. 1 Buchst. a - c VO (EU) Nr. 1307/2013 war. In diesem Sinne ist unter „Betrieb“ die Gesamtheit der für landwirtschaftliche Tätigkeiten genutzten und vom Betriebsinhaber verwalteten Einheiten zu verstehen (Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung). Eine „landwirtschaftliche Tätigkeit“ umfasst die Erzeugung, die Zucht oder den Anbau landwirtschaftlicher Erzeugnisse, einschließlich der Haltung von Tieren für landwirtschaftliche Zwecke (Art. 4 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung). Nach den Angaben der Klägerin wurden sämtliche bis September 2010 von ihrer Gesellschafterin gemeldeten Tiere in Pensionstierhaltung anderer Landwirte gehalten. Bis dahin verfügte die Gesellschafterin über keine landwirtschaftlichen Nutzflächen. Erst ab Oktober 2010 verfügte diese über Pachtflächen und begann ab diesem Zeitpunkt, eine eigene Pensionstierhaltung aufzubauen. Gegenteiliges lässt sich weder dem Vorbringen der Beklagten entnehmen noch ist solches anderweitig ersichtlich.

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Die in Art. 49 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b VO (EU) Nr. 639/2014 normierten weiteren Voraussetzungen für die Zuweisung von Zahlungsansprüchen aus der nationalen Reserve für Junglandwirte an juristische Personen sind ebenfalls gegeben. Nach dieser Vorschrift muss der Junglandwirt die juristische Person wirksam und langfristig in Bezug auf Entscheidungen zur Betriebsführung, Gewinnen und finanziellen Risiken im ersten Jahr der Antragstellung der juristischen Person im Rahmen der Regelung für Junglandwirte kontrollieren. Sind mehrere natürliche Personen, bei denen es sich nicht ausschließlich um Junglandwirte handelt, am Kapital oder der Betriebsführung beteiligt, so muss der Junglandwirt in der Lage sein, diese wirksame und langfristige Kontrolle allein oder gemeinschaftlich mit anderen Landwirten auszuüben. Diese Bestimmung ist dahin auszulegen, dass Entscheidungen zur Betriebsführung, Gewinnen und finanziellen Risiken nicht gegen den Junglandwirt getroffen und umgesetzt werden dürfen. Insoweit genügt es, wenn andere Mitgesellschafter solche Entscheidungen nicht gegen den Junglandwirt durchsetzen können, etwa weil die Einstimmigkeit der Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist, mithin eine gemeinschaftlichen Kontrolle gegeben ist (vgl. Booth, in: Münchener Anwaltshandbuch Agrarrecht, 2. Aufl. (2016), § 27 Rn. 202). Hingegen ist nicht erforderlich, dass der Junglandwirt die alleinige Kontrolle über die juristische Person innehat und die angeführten Entscheidungen in seinem Sinne (einseitig) durchsetzen kann. Von dem engen Verständnis der Beherrschung der juristischen Person im Fall der Niederlassungsbeihilfe für Junglandwirte im Rahmen der Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch ELER nach Art. 22 Abs. 1 Buchst. a Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 (vgl. hierzu: EuGH, Urt. v. 25.10.2012 - C-592/11 -, juris. Rn. 56) hat sich der Verordnungsgeber durch den Satz 2 des Art. 49 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b VO (EU) Nr. 639/2014 bewusst gelöst und lässt nunmehr eine „gemeinschaftliche Kontrolle“ mit einem anderen Landwirt genügen. Ausreichend ist hiernach, dass der Junglandwirt nicht lediglich eine untergeordnete Rolle in der juristischen Person innehat und zumindest Entscheidungen gegen seinen Willen nicht getroffen werden können.

21

Nach Maßgabe dessen übt die Gesellschafterin der Klägerin als Junglandwirtin wirksam und langfristig die Kontrolle über die Gesellschaft in Bezug auf Entscheidungen zur Betriebsführung, Gewinnen und finanziellen Risiken aus. Nach Nr. 3.1 des Gesellschaftsvertrags üben beide Gesellschafter die Vertretung und Geschäftsführung der Gesellschaft gemeinsam aus. Gesellschafterbeschlüsse können nur einstimmig gefasst werden, so dass gegen den Willen der Junglandwirtin Gesellschafterbeschlüsse nicht gefasst werden können.

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Nach Auffassung der Kammer steht dem die Regelung in Nr. 3.2 des Gesellschaftsvertrags nicht entgegen. Hiernach ist jeder Gesellschafter allein zur Geschäftsführung und Vertretung befugt; für alle Maßnahmen, die über die laufende Geschäftsführung hinausgehen, insbesondere Geschäfte über einen Wert von 3.000 EUR hinaus, oder das Eingehen von Dauerschuldverhältnisse ist ein Gesellschafterbeschluss herbeizuführen. Die für die Gesellschaft wesentlichen Entscheidungen, an welche die Geschäftsführung sowohl bei Personengesellschaften wie auch bei juristischen Personen zwingend gebunden ist, werden auf der Ebene der Gesellschafter getroffen. Diese gesellschaftsvertraglich geregelte gemeinschaftliche Kontrolle kann auch in der Praxis nicht dadurch unterlaufen werden, dass der Mitgesellschafter aufgrund seiner (Mit-)Geschäftsführerstellung - allerdings in nicht begrenzter Anzahl - Geschäfte der laufenden Geschäftsführung bis 3.000,- EUR allein - ohne Zustimmung der Junglandwirtin - schließen kann. Nach Auffassung der Kammer ist nicht entscheidungserheblich, ob die Geschäfte der laufenden Geschäftsführung in diesem Umfang vor dem Hintergrund der Betriebsgröße der Klägerin mehr oder weniger weitreichende Auswirkungen hätten. Die effektive Kontrolle der Gemeinschaft der Gesellschafter - auch im Hinblick auf die finanziellen Risiken der Entscheidungen - wird dadurch gewährleistet, dass die Junglandwirtin Geschäftsführungsentscheidungen ihres Mitgesellschafters aufgrund des § 711 BGB widersprechen kann mit der Folge, dass beanstandete Entscheidungen nicht vollzogen werden dürfen. Dass die Geschäfte des Mitgesellschafters im Außenverhältnis gegenüber der Gesellschaft gleichwohl wirksam bleiben, ist nicht entscheidend. Die Widerspruchsmöglichkeit führt dazu, dass die Junglandwirtin im Innenverhältnis gegenüber ihrem Mitgesellschafter Ausgleichsansprüche hat.

23

Die von der Gesellschafterin der Klägerin ausgeübte Kontrolle ist auch langfristig, da ihr für den Fall der Kündigung der Gesellschaft durch den Mitgesellschafter gemäß Nr. 8.4 des Gesellschaftsvertrags das Recht zur Fortführung zusteht.

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Die weiteren Voraussetzungen für die Zuweisung von Zahlungsansprüchen aus der nationalen Reserve für die von der Klägerin angemeldeten Flächen zur Größe von 8,74 ha sind gegeben. Insoweit hat weder die Beklagte Versagungsgründe dargetan noch sind solche ersichtlich. Insbesondere steht dem Anspruch Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 1 VO (EU) Nr. 1307/2013 nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift werden u.a. Vereinigungen natürlicher Personen keine Direktzahlungen gewährt, die Sport- und Freizeitflächen betreiben. Es ist bereits zweifelhaft, ob es sich bei Flächen, die der Haltung von Pensionstieren dienen, um Sport- oder Freizeitflächen im Sinne dieser Vorschrift handelt. Jedenfalls findet diese Regelung nach Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 3 Buchst. b der Verordnung keine Anwendung, weil die landwirtschaftliche Tätigkeit der Klägerin nicht unwesentlich ist, Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 3 der Verordnung (EU) 639/2014 in Verbindung mit § 7 Abs. 2 Direktzahlungen-Durchführungsverordnung vom 3. November 2014 (BGBl. I S. 1690) in der Fassung der Verordnung vom 8. Mai 2015 - BAnz AT v. 11.5.2015 V1, DirektZahlDurchfV. Nach der zuletzt genannten Vorschrift sind u.a. bei Betriebsinhabern mit Haltung näher bezeichneter Equiden, einschließlich Pensionshaltung solcher Tiere - wie bei der Klägerin -, die ausschließlich aufgrund des Betreibens von dauerhaften Sport- oder Freizeitanlagen für den Gebrauch mit solchen Tieren zum Personenkreis des Art. 9 Abs. 2 VO (EU) Nr. 1307/2013 gehören, nicht unwesentlich, wenn im Zeitraum von Januar bis April des Jahres, für das ein Antrag auf Direktzahlung gestellt wird, im Durchschnitt nicht mehr als drei Großvieheinheiten (GVE) je Hektar der beihilfefähigen landwirtschaftlichen Fläche gehalten werden. Da die Klägerin im Antragsjahr 2015 in den Monaten Januar bis April im Durchschnitt 1 Pferd unter drei Jahren und 13 Pferde älter als drei Jahre hielt, waren ihre Flächen mit 15 GVE besetzt (zur Berechnung vgl. Anlage 2 Zeilen 1 und 2 DirektZahlDurchfV), mithin 1,72 GVE je Hektar beihilfefähiger landwirtschaftlicher Flächen.

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2.
Auf Basis der zuzuweisenden Zahlungsansprüche hat die Klägerin Anspruch auf die von ihr beantragten Direktzahlungen. Rechtsgrundlage für die Gewährung der Basisprämie ist Art. 21 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1307/2013. Der Anspruch auf die Gewährung der Umverteilungsprämie ergibt sich aus Art. 41 der Verordnung in Verbindung mit § 21 DirektZahlDurchfG und der auf Gewährung der Zahlung für dem Klima- und Umweltschutz förderlichen Landbewirtschaftungsmethoden (Greeningprämie) aus Art. 43 der Verordnung in Verbindung mit § 18 Direktzahlungen-Durchführungsgesetz vom 9. Juli 2014 (BGBl. I S. 897) in der Fassung des Gesetzes vom 2. Dezember 2014 (BGBl. I S. 1928). Schließlich kann die Klägerin nach Art. 50 Abs. 1 der Verordnung die Gewährung der Zahlung für Junglandwirte (Junglandwirteprämie) beanspruchen. Hinsichtlich des Anspruchs der Klägerin auf diese Direktzahlungen hat die Beklagte Versagungsgründe nicht dargetan. Solche sind für die Kammer auch nicht ersichtlich. Hinsichtlich der Höhe folgt die Kammer dem Antrag der Klägerin; auch insoweit ist die Beklagte dem nicht entgegengetreten.

26

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.

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Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß § 124 a Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO durch das Verwaltungsgericht liegen nicht vor.

 


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