Urteil vom Verwaltungsgericht Magdeburg (1. Kammer) - 1 A 246/08
Tatbestand
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Der Kläger begehrt die Feststellung, ihm stehe vor der Durchführung von militärischen Tiefflügen über ein Vogelschutzgebiet ein Beteiligungsrecht zu.
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Er ist anerkannter Naturschutzverband im Land Sachsen-Anhalt. Zu seinen satzungsmäßigen Aufgaben gehören der Naturschutz und die Landschaftspflege. Die Beklagte nutzt den Luftraum Colbitz-Letzlinger-Heide zur Durchführung von militärischen Tiefübungsflügen. Derartige Übungsflüge führte sie im betreffenden Luftraum u. a. vom 16. bis zum 18.04.2008 durch. Die Colbitz-Letzlinger-Heide ist ein Vogelschutzgebiet, in dem sich in den Monaten März bis Juli zahlreiche Brutvögel unterschiedlicher Art aufhalten. Um die Übungsflüge zu unterbinden, hat der Kläger das erkennende Gericht im April 2008 unter dem Aktenzeichen 1 B 122/08 MD um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ersucht. Mit Beschluss vom 21.04.2008 hat das Gericht den Eilantrag des Klägers abgelehnt. Auf die Beschwerde des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt mit Beschluss vom gleichen Tage (Az. 2 M 94/08) der Beklagten im Wege einer einstweiligen Anordnung die Fortsetzung der begonnen Tornado – Tiefflüge untersagt, weil die Beklagte den Kläger an der Entscheidung, die Übungsflüge durchzuführen, nicht beteiligt hat.
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Weil die Beklagte trotz des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts der Auffassung ist, dem Kläger stünde ein solches Beteiligungsrecht nicht zu, hat der Kläger am 28.07.2008 Klage beim Verwaltungsgericht Magdeburg erhoben. Zur Klagebegründung trägt er vor: Die Klage sei als Feststellungsklage zulässig. Der Kläger habe ein berechtigtes Feststellungsinteresse, weil wegen der von der Beklagten vertretenen Rechtsauffassung Wiederholungsgefahr bestünde. Der Kläger sei an der Entscheidung, Tiefflüge durchzuführen, unabhängig davon zu beteiligen, ob hierfür die Durchführung eines Verwaltungsverfahrens erforderlich sei. Das Beteiligungsrecht beruhe auch auf Bundesrecht und sei nicht auf Verfahren von Landesbehörden beschränkt. Die Durchführung militärischer Tiefübungsflüge über dem Vogelschutzgebiet Colbitz-Letzlinger-Heide sei ein unzulässiges Projekt, das die dort befindlichen und besonders geschützten Brutvögel mehr als nur geringfügig beeinträchtige. Die unterlassene Abweichungsentscheidung vom dem grundsätzlichen Verbot, Tiefflüge über dem Vogelschutzgebiet durchzuführen eröffne ein Beteiligungsrecht des Klägers. Die einschlägigen luftverkehrsrechtlichen Vorschriften befreiten die Beklagte nicht von einer Beteiligung des Klägers. Die Vorschriften hätten bezogen auf die naturschutzrechtlich erforderliche Befreiung keine Konzentrationswirkung. Die Colbitz-Letzlinger-Heide sei kein bestätigtes Tieffluggebiet der Bundeswehr. Es habe keine generelle Vorprüfung stattgefunden, dass dort solche Flüge zulässig seien. Wegen seines Mitwirkungsrechts stehe dem Kläger auch ein Verbandsklagerecht gegen den Beklagten zu. Weil es für die Colbitz-Letzlinger-Heide keine wirksame Schutzgebietsverordnung gäbe, unterliege das Gebiet nicht dem Schutz der FFH – Richtlinie, sondern dem strengen Schutzregime der Vogelschutzrichtlinie, wonach sämtliche Beeinträchtigungen, die sich auf Vögel auswirken könnten, als rechtlich unzulässig anzusehen seien. Militärische Übungsflüge würden bis zu einer Höhe von 30 m über Grund durchgeführt werden. Sie seien mit erheblichen Lärmbeeinträchtigungen verbunden und könnten die im Überfluggebiet befindlichen Vögel beeinträchtigen. Tiefflüge während den Brutzeiten der Vögel seien nicht erforderlich, weil es sich nicht um Flüge zur Vorbereitung eines Einsatzes handele. Die Beklagte habe überhaupt nicht geprüft, ob die Flüge außerhalb der Brutzeiten stattfinden könnten. Sie habe das Problem nicht zur Kenntnis genommen. Der verteidigungspolitische Spielraum bei der Entscheidung, Tiefflüge durchzuführen, sei nicht unbegrenzt. Die Entscheidung sei daraufhin überprüfbar, ob die zuständige Stelle der Bundeswehr von einem richtigen Sachverhalt ausgegangen sei und sich von sachgerechten Erwägungen habe leiten lassen.
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Der Kläger beantragt sinngemäß,
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festzustellen, die Beklagte sei verpflichtet, vor der Durchführung von militärischen Tiefübungsflügen (unter der Flughöhe von 600 m) über dem Vogelschutzgebiet Colbitz-Letzlinger-Heide dem Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Klageerwiderung trägt sie vor: Ein Beteiligungsrecht bestünde nur gegenüber Maßnahmen von Landesbehörden, nicht aber gegen solche des Bundes. Bei der Durchführung von Tiefflügen handele es sich um kein Projekt im naturschutzrechtlichen Sinne, weil von schnell fliegenden Strahlflugzeugen hinsichtlich der im Tieffluggebiet betroffenen Vögel nur eine geringfügige Störwirkung ausgehe. Militärische Tiefflüge mit strahlgetriebenen Kampfflugzeugen und Propellerflugzeugen seien grundsätzlich nur bis zu einer Höhe von 300 m und nur in Ausnahmefällen bis zu einer Mindesthöhe von 150 m und auf besonderen Liegenschaften bis zu einer Höhe von 30 m zulässig. Schon deshalb sei eine mit dem Tiefflug verbundene Störwirkung äußerst unwahrscheinlich. Vor der Durchführung militärischer Tiefflüge finde grundsätzlich kein Verwaltungsverfahren statt. Vielmehr sei es der Bundeswehr erlaubt, ohne einer zusätzlichen Ausnahmegenehmigung die vorgeschriebene Mindestflughöhe zu unterschreiten, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgabe zwingend erforderlich sei. Diese Entscheidung der Bundeswehr zur Unterschreitung der Mindestflughöhe habe mithin Konzentrationswirkung im Sinne einer abschließenden Regelung der Zulässigkeit militärischer Tiefflüge. Die Durchführung der Tiefflüge erfolge i. d. R. auf der Grundlage eines militärischen Einzelbefehls. Die Durchführung eines Beteiligungsverfahrens sei praktisch kaum durchführbar, ohne den militärischen Tiefflugbetrieb, der zur Gewährleistung der Verteidigungsbereitschaft erforderlich sei, zu gefährden.
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Zur Beeinträchtigung geschützter Vogelarten durch Tiefflugübungen auf dem Truppenübungsplatz Altmark hat die Beklagte eine naturschutzfachliche Stellungnahme des Amtes für Geoinformationswesen der Bundeswehr vom Dezember 2008 vorgelegt. Hinsichtlich der darin enthaltenen Feststellungen und Bewertungen wird auf Bl. 137 bis 142 d. GA. verwiesen. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger über den Aufenthalt und die wesentliche Beeinträchtigung der in den Anträgen näher bezeichneten Vögel in der Colbitz-Letzlinger-Heide durch militärische Tiefflugübungen Beweisanträge gestellt, die das Gericht in der mündlichen Verhandlung abgelehnt hat.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens und diejenige mit dem Aktenzeichen 1 B 122/08 MD und den von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgang zur Anordnung der im April 2008 durchgeführten Tiefflüge verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe
I.
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1. Für die Entscheidung über das Begehren des Klägers ist gemäß § 52 Nr. 1 VwGO das Verwaltungsgericht Magdeburg örtlich zuständig. Denn die Streitigkeit bezieht sich auf ein ortsgebundenes Rechtsverhältnis. Die Beteiligten streiten um das Recht des Klägers, vor der Durchführung von Tiefflugübungen über die Colbitz-Letzlinger-Heide Stellung zu nehmen. Die Festlegung von Flugrouten bezieht sich auf eine bestimmte Örtlichkeit (vgl. zu den Abflugrouten von einem bestimmten Flughafen: Bay.VGH, U. v. 12.04.1994 – 20 A 93.40022 -, zitiert nach juris, 2. Leitsatz). Die Beteiligung an der Entscheidung über die Tiefflugroute betrifft demzufolge ein ortsgebundenes Rechtsverhältnis. Die von den Tiefflügen betroffene Örtlichkeit liegt im Bezirk des Verwaltungsgerichts A-Stadt.
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2. Die Klage ist als allgemeine Feststellungsklage i. S. v. § 43 Abs. 1 VwGO zulässig. Durch den Streit über ein Beteiligungsrecht an der Entscheidung über die Durchführung von Tiefflügen ist zwischen den Beteiligten ein Rechtsverhältnis entstanden, das Gegenstand einer Feststellungsklage sein kann. Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an der von ihm begehrten Feststellung. Ihm droht die Gefahr, vor künftigen Entscheidungen über die Durchführung weiterer Tiefflüge wiederum nicht beteiligt zu werden. Denn die Beklagte ist der Auffassung, dass dem Kläger ein Beteiligungsrecht an derartigen Entscheidungen nicht zustünde.
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Der Kläger kann nicht unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität der Feststellungsklage ( § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO ) auf die Möglichkeit verwiesen werden, im Wege der Leistungs-(Unterlassungs-)klage die künftige Durchführung von Tiefflügen über das Vogelschutzgebiet Colbitz-Letzlinger-Heide ohne seine vorherige Beteiligung an der Entscheidung über den Einsatzbefehl zu unterbinden.
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Die Vorschrift des § 43 Abs. 2 VwGO , derzufolge die Feststellung eines Rechtsverhältnisses nicht begehrt werden kann, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können, ist ihrem Zweck entsprechend einschränkend auszulegen und anzuwenden. Wo eine Umgehung der für Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen geltenden Bestimmungen über Fristen und Vorverfahren nicht droht, steht § 43 Abs. 2 VwGO der Feststellungsklage ebenso wenig entgegen wie in Fällen, in denen diese den effektiveren Rechtsschutz bietet. Kann die zwischen den Beteiligten streitige Frage sachgerecht und ihrem Rechtsschutzinteresse voll Rechnung tragend durch Feststellungsurteil geklärt werden, verbietet es sich, den Kläger auf eine Gestaltungs- oder Leistungsklage zu verweisen, in deren Rahmen das Rechtsverhältnis, an dessen selbständiger Feststellung er ein berechtigtes Interesse hat, einerseits nur Vorfrage wäre, andererseits die weiteren Elemente des geltend zu machenden Anspruchs nur untergeordnete Bedeutung hätten (BVerwG, U. v. 29.04.1997 – 1 C 2.95 -, zitiert nach juris, Rdnr. 24 f. m. w. N.). So liegt es hier. Eine Umgehung der besonderen Vorschriften über die Fristen und die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens (§§ 68 ff. VwGO) kann durch den Feststellungsantrag des Klägers nicht drohen. Denn diese Vorschriften würden auch für eine Leistungsklage nicht gelten.
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3. Die Klage ist hingegen unbegründet. Denn der Kläger hat weder nach den §§ 56 Abs. 4 Nr. 4 NatSchG LSA, 60 Abs. 2 Nr. BNatSchG a. F. noch nach § 63 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG n. F. einen Anspruch vor der Entscheidung der Beklagten, über dem Gebiet Colbitz-Letzlinger-Heide Tiefflüge durchzuführen, auf Einräumung einer Gelegenheit zur Stellungnahme.
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Rechtsgrundlage für die Entscheidung über die Durchführung militärischer Tiefflüge durch die Bundeswehr und die Truppen der NATO-Verbündeten ist § 30 Abs. 1 LuftVG. Nach Satz 1 dieser Bestimmung dürfen außer dem Bundesgrenzschutz und der Polizei auch die Bundeswehr und die aufgrund völkerrechtlicher Verträge in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen von den Vorschriften der §§ 1 bis 32 b LuftVG - ausgenommen die §§ 12 , 13 und 15 bis 19 LuftVG - und den zu seiner Durchführung erlassenen Vorschriften abweichen, soweit dies zur Erfüllung ihrer besonderen Aufgaben unter Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung erforderlich ist. Gemäß § 30 Abs. 1 Satz 3 LuftVG darf von den Vorschriften über das Verhalten im Luftraum nur abgewichen werden, soweit dies zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben zwingend notwendig ist. Zu den zur Durchführung des Luftverkehrsgesetzes erlassenen Vorschriften im Sinne des § 30 Abs. 1 Satz 1 LuftVG gehört auch die Luftverkehrsordnung. § 6 LuftVO enthält Bestimmungen über die Sicherheitsmindesthöhe. Darunter ist gemäß Abs. 1 Satz 2 dieser Bestimmung die Höhe zu verstehen, bei der weder eine unnötige Lärmbelästigung im Sinne von § 1 Abs. 2 LuftVO noch im Falle einer Notlandung eine unnötige Gefährdung von Personen und Sachen zu befürchten ist. Die Sicherheitsmindesthöhe beträgt über Städten, anderen dicht besiedelten Gebieten, Industrieanlagen, Menschenansammlungen, Unglücksorten und Katastrophengebieten mindestens 300 m über dem höchsten Hindernis in einem Umkreis von 600 m, in allen übrigen Fällen 150 m über Grund oder Wasser. Sie darf - von dem in § 6 Abs. 1 Satz 3 LuftVO geregelten Sonderfall der Segelflugzeuge und Ballone abgesehen - gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 LuftVO nur unterschritten werden, soweit es bei Start und Landung notwendig ist (BVerwG, U. v. 14.12.1994 – 11 C 18.93 -, zitiert nach juris, Rdnr. 22).
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Ob von der Sicherheitsmindesthöhe des § 6 Abs. 1 LuftVO abgewichen werden darf, ist nach § 30 Abs. 1 Satz 3 LuftVG zu beurteilen. Denn der die Sicherheitsmindesthöhe regelnde § 6 LuftVO ist eine Vorschrift über das Verhalten im Luftraum im Sinne des § 30 Abs. 1 Satz 3 LuftVG ; er gebietet den Luftverkehrsteilnehmern ein bestimmtes Verhalten, nämlich die Einhaltung gewisser Flughöhen. An dieser Einordnung des § 6 LuftVO kann dessen Zweck, der auf die Vermeidung von unnötigen Lärmbelästigungen und von Gefahren bei Notlandungen gerichtet ist, nichts ändern (BVerwG, U. v. 14.12.1994 –a. a. O. Rdnr. 23 m. w. N.).
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Nach § 30 Abs. 1 Satz 3 LuftVG darf von den Vorschriften über das Verhalten im Luftraum - und damit auch von § 6 LuftVO - nur abgewichen werden, soweit dies zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben zwingend notwendig ist. Tiefflüge dienen dem Verteidigungsauftrag der Bundeswehr und sind damit hoheitlicher Natur. Ob sie zwingend notwendig sind, ist verwaltungsgerichtlich nur begrenzt nachprüfbar. Mit Art. 87 a Abs. 1 Satz 1 GG , wonach der Bund Streitkräfte zur Verteidigung aufstellt, hat der Verfassungsgeber nämlich zugleich eine Grundentscheidung für die militärische Landesverteidigung getroffen. Welche Maßnahmen zur Konkretisierung dieses Verfassungsauftrags erforderlich sind, haben nach der gewaltenteilenden Verfassungsordnung des Grundgesetzes der Gesetzgeber und die für das Verteidigungswesen zuständigen Organe des Bundes zu entscheiden. Dabei handeln sie weitgehend nach politischen Erwägungen und in eigener Verantwortung. Der dem Bundesminister der Verteidigung bei der Entscheidung, was zur Erfüllung der hoheitlichen Verteidigungsaufgaben der Bundeswehr zwingend notwendig ist, zustehende verteidigungspolitische Beurteilungsspielraum kann im Hinblick auf die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG freilich nicht unbegrenzt sein. Die Verwaltungsgerichte haben die Zulassung militärischer Tiefflüge nur darauf zu prüfen, ob der Bundesminister der Verteidigung von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist, den durch § 30 Abs. 1 Satz 3 LuftVG bestimmten Rahmen erkannt, sich von sachgerechten Erwägungen hat leiten lassen und ob er die zivilen Interessen einschließlich der Lärmschutzinteressen in die gebotene Abwägung eingestellt und nicht unverhältnismäßig zurückgesetzt hat (vgl. BVerwG, U. v. 14.12.1994 – a. a. O., Rdnr. 24 m. w. N.).
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Im Rahmen dieser Beurteilungsentscheidung der Bundeswehr sieht die Vorschrift des § 30 Abs. 1 Satz 3 LuftVG keine Beteiligung eines auf bundes- oder landesrechtlicher Grundlage anerkannten Naturschutzverbandes vor. Vielmehr ist die Vorschrift von ihrem Sinn und Zweck darauf angelegt, dass die Bundeswehr selbständig die rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen einer Durchführung von Tiefflügen zu prüfen hat. Zu dieser Prüfung gehört auch die Berücksichtigung naturschutzrechtlicher Belange einschließlich der Rücksichtnahme auf Brutvögel. Die Bundeswehr wird bei künftigen Entscheidungen, Tiefflüge durchzuführen, auch gehalten sein, diese Belange zu prüfen und bei der Planung der Tiefflüge zu berücksichtigen. Ausweislich der Erklärungen der Bundeswehr in der mündlichen Verhandlung verfügt sie über das hierzu erforderliche Fachpersonal und ist deshalb zur Überzeugung des Gerichts auch in der Lage, mögliche Beeinträchtigungen von Vögeln im Überfluggebiet selbständig zu prüfen. Zur effektiven Wahrnehmung ihres Verteidigungsauftrages sieht das Gesetz eine Genehmigung der zuständigen Luftfahrtbehörde als entbehrlich an. Wenn schon die Erlaubnis im Interesse der Aufgabenwahrnehmung der Bundeswehr entbehrlich sein soll, muss dies erst für die Beteiligung eines Dritten gelten. In zahlreichen Fällen wird die Beteiligung eines Dritten, an der Entscheidung Tiefflüge durchzuführen schon rein tatsächlich nicht oder nur unter erschwerten Bedingen möglich sein. Die Bundeswehr kann kurzfristig die Durchführung von Tiefflügen als notwendig ansehen. In Extremfällen muss es sogar dem verantwortlichen Flugzeugführer möglich sein, ohne militärischen Befehl seines Vorgesetzten situationsbedingt zu entscheiden, ob ein Tiefflug durchgeführt wird, wenn sich hierzu eine zwingende Notwendigkeit während eines Fluges ergibt. Hierbei hat dann der verantwortliche Flugzeugführer die Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 Satz 3 LuftVG zu beachten (Hofmann/Grabherr, Luftverkehrsgesetz, Kommentar, Stand: November 2007, § 30, Rdnr. 12). In einem solchen Fall ist schon aus rein tatsächlichen Gründen weder die vorherige Einholung der Erlaubnis durch die zuständige Luftfahrtbehörde noch die Beteiligung eines Dritten an der Entscheidung möglich.
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Für diese Auslegung des § 30 Abs. 1 Satz 3 LuftVG spricht auch der systematische Zusammenhang der Vorschrift. Dem Luftverkehrsgesetz ist die Beteiligung von anerkannten Naturschutzverbänden nicht unbekannt. Für Planfeststellungsverfahren sieht § 10 LuftVG ausdrücklich die Beteiligung von anerkannten Naturschutzverbänden vor. Hätte der Gesetzgeber auch bei der Entscheidung über die Durchführung von militärischen Tiefflügen die Beteiligung eines Naturschutzvereines gewollt, so hätte es aus der Sicht des Gesetzgebers doch nahegelegen, auch in § 30 LuftVG ein wie auch immer geartetes Beteiligungsverfahren vorzusehen. Weil aber die Erwähnung eines Beteiligungsrechts in der Vorschrift gänzlich fehlt, spricht das System der Regelungen des Luftverkehrsgesetzes gegen ein Beteiligungsrecht von Naturschutzverbänden an der Entscheidung der Bundeswehr, Tiefflüge durchzuführen.
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Ausgehend von diesem Gesetzesverständnis ist der Vorschrift des § 30 Abs. 1 LuftVG bezogen auf die Prüfung der Beachtung naturschutzrechtlicher Belange Konzentrationswirkung beizumessen. Eine zusätzliche naturschutzrechtliche Befreiung i. S. v. § 56 Abs. 4 Nr. 5 NatSchG LSA bzw. § 63 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG n. F. von Verboten und Geboten zum Schutz eines Schutzgebietes durch die zuständige Naturschutzbehörde ist vor der Durchführung militärischer Tiefflüge auf der Grundlage des § 30 Abs. 1 Satz 3 LuftVG nicht erforderlich. Wird die Befreiung durch eine andere behördliche Gestattung – wie § 30 Abs. 1 Satz 3 LuftVG ersetzt, entfällt die Beteiligung des Naturschutzverbandes. Die naturschutzrechtliche Befreiung wird in der Regel in der Form eines Verwaltungsaktes erteilt. Sie kann auch in einer anderen, den Verwaltungsakt ersetzenden Rechtsform, erteilt werden. Dies kann z. B. in der Form eines verwaltungsrechtlichen Vertrages i. S. v. § 54 VwVfG geschehen (vgl. Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, Kommentar, 2. Aufl. 2003, § 30, Rdnr. 9). Die Entscheidung, militärische Tiefflüge durchzuführen, ist aber kein Verwaltungsakt i. S. v. § 35 VwVfG, sondern ein Realakt. Sie ist eine innerdienstliche Weisung, der nach ihrem objektiven Sinngehalt ein nach außen gerichteter Regelungswille fehlt (vgl. BVerwG, U. v. 14.12.1994 – a. a. O., Rdnr. 17). Mit diesem Realakt soll nicht die Notwendigkeit einer naturschutzrechtlichen Befreiung bewusst umgangen werden. Vielmehr wählt die Beklagte mit der innerdienstlichen Anordnung die vom Gesetzgeber für die Durchführung militärischer Tiefflüge gestattete Rechtsform.
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Hierfür sprich auch, dass weder die Durchführung von Tiefflügen noch die Festlegung von Tiefflugzonen eines Verwaltungsverfahrens i. S. v. § 9 VwVfG bedarf. Es gibt keine Rechtsnorm, die hierfür ein solches Verfahren vorschreiben würde. § 6 Abs. 3 LuftVO , an den in diesem Zusammenhang gedacht werden könnte, ist für militärische Tiefflüge nicht einschlägig. "Flüge zu besonderen Zwecken" im Sinne dieser Bestimmung sind nämlich z.B. Vermessungsflüge, Flüge zur Schädlingsbekämpfung und Bildflüge, nicht aber militärische Tiefflüge. Außerdem dispensiert § 30 Abs. 1 Satz 3 LuftVG die Bundeswehr und die NATO-Truppen unter den dort genannten Voraussetzungen unmittelbar von der Pflicht zur Beachtung des § 6 Abs. 1 LuftVO , so dass es einer (zusätzlichen) Ausnahmegenehmigung nach § 6 Abs. 3 LuftVO - sofern man militärische Tiefflüge dem Anwendungsbereich dieser Vorschrift überhaupt unterwirft - nicht bedarf. Ein besonderes Verwaltungsverfahren ist auch nicht etwa aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit geboten: Die Durchführung von Tiefflügen beruht auf jederzeit änderbaren innerdienstlichen militärischen Weisungen. Die betroffenen Bürger und Gemeinden haben die Möglichkeit, diese Weisungen z.B. im Wege der Unterlassungsklage einer gerichtlichen Prüfung zuzuführen. Dabei können sie sich auf ihre Rechte aus § 6 Abs. 1 LuftVO , Art. 2 Abs. 2, Art. 14 und Art. 28 Abs. 2 GG berufen. Ihr Rechtsschutz wird demnach nicht verkürzt (vgl. BVerwG, U. v. 14.12.1994 – a. a. O., Rdnr. 29). Mithin spricht gegen ein aus § 56 Abs. 4 Nr. 5 NatSchG LSA bzw. § 63 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG n. F. resultierendes Beteiligungsrecht des Klägers an der Entscheidung der Beklagten auf der Grundlage des § 30 Abs. 1 Satz 3 LuftVG, dass kein Verfahren stattfindet, an dem ein Dritter, sei es eine Gemeinde oder ein anerkannter Naturschutzverband beteiligt werden kann.
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Auch aus § 64 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG n. F., wonach ein anerkannter Naturschutzverband, ohne in eigenen Rechten verletzt zu sein, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen Entscheidungen einlegen kann, die u. a. Bestimmungen des BNatSchG oder den Naturschutzgesetzen der Länder widersprechen, folgt kein Beteiligungsrecht des Klägers an Entscheidungen der Beklagten, auf der Grundlage des § 30 Abs. 1 Satz 3 LuftVG Tiefflüge durchzuführen. Denn die Mitwirkungsrechte eines solchen Verbandes sind in § 63 BNatSchG n. F. geregelt und das Verbandsklagerecht in § 64 Abs. 1 BNatSchG n. F. setzt die Betroffenheit eines Mitwirkungsrechts ausdrücklich voraus.
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Selbst wenn der Entscheidung auf Grundlage des § 30 Abs. 1 Satz 3 LuftVG hinsichtlich der naturschutzrechtlichen Belange keine Konzentrationswirkung beigemessen werden könnte, stünde dem Kläger gegen die Beklagte kein Beteiligungsrecht nach § 56 Abs. 4 Nr. 5 NatSchG LSA bzw. § 63 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG n. F. zu. Denn dann wäre die Bundeswehr gehalten, vor der Durchführung militärischer Tiefflüge bei der zuständigen Naturschutzbehörde eine Befreiung zu beantragen und in dem dann sich hieran anschließenden Genehmigungsverfahren wäre ggf. der Kläger zu beteiligen. Ein solches Beteiligungsrecht wäre dann aber nicht gegen den Rechtsträger der Bundeswehr, sondern gegen die zuständige Naturschutzbehörde zu richten.
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Die vom Kläger erhobenen Einwände, der Beklagte habe vor Durchführung der Tiefflüge im April 2008 die mögliche Beeinträchtigung des Vogelschutzgebietes Colbitz-Letzlinger-Heide nicht gesehen und geprüft, sind vorliegend nicht entscheidungserheblich. Ein derartiger Rechtsfehler hätte lediglich die materielle Rechtswidrigkeit der im April 2008 durchgeführten Tiefflüge zur Folge. Ein Beteiligungsrecht des Klägers kann mit einem derartigen Rechtsfehler aber nicht begründet werden.
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Den in der mündlichen Verhandlung gestellten Anträgen des Klägers über den Aufenthalt und die wesentliche Beeinträchtigung der in den Anträgen näher bezeichneten Vögel in der Colbitz-Letzlinger-Heide durch militärische Tiefflugübungen ist nicht nachzugehen.
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Denn dem Gericht liegt mit der naturschutzfachlichen Bewertung der Beeinträchtigung geschützter Vogelarten auf dem Truppenübungsplatz Altmark des Amtes für Geoinformationswesen der Bundeswehr vom Dezember 2008 eine ausreichende Tatsachengrundlage zur Bewertung der Sachlage vor. Die Stellungnahme enthält ausreichende Feststellungen zum Aufenthalt von Vögeln im Gebiet Colbitz-Letzlinger-Heide und eine ausreichende Bewertung der Beeinträchtigung der Vögel durch Überflüge von Luftfahrtzeugen, insbesondere zur Brutzeit. Hieraus ergibt sich, dass von Übungsflügen unterhalb von 150 m in den Monaten März bis Juli erhebliche Beeinträchtigungen der Vögel ausgehen können. In diesen Monaten in Flughöhen von 150 m bis 600 m und in den übrigen Monaten von 30 m bis 600 m sind der Stellungnahme zufolge mögliche Störungen zu vernachlässigen. Über einer Flughöhe von 600 m sind Beeinträchtigungen nicht zu befürchten. Die Feststellungen und Bewertungen der Stellungnahme vom Dezember 2008 sind nachvollziehbar. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die von dem Kläger begehrten Beweiserhebungen durch Sachverständigengutachten zu einem anderen Ergebnis kommen könnten. Die Einholung eines Gutachtens ist nur geboten, wenn das oder die vorliegenden Gutachten Mängel aufweisen, die sich zu Sachverhaltsfeststellungen als ungeeignet, zumindest aber nicht tragfähig erscheinen lassen. Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor.
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Darüber hinaus sind die vom Kläger unter Beweis gestellten Tatsachen nicht entscheidungserheblich, weil nach der Rechtsauffassung des Gerichts, im Rahmen der Entscheidung der Beklagten, auf der Grundlage des § 30 Abs. 1 Satz 3 LuftVG militärische Tiefflüge durchzuführen, unabhängig von einer möglichen erheblichen Beeinträchtigung der im Überfluggebiet Colbitz-Letzlinger-Heide befindlichen Vögel dem Kläger – wie bereits ausgeführt - kein Beteiligungsrecht zusteht.
II.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Die Streitwertentscheidung hat ihre rechtliche Grundlage in §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 2 GKG. Es ist der Auffangstreitwert zugrunde zu legen, weil nicht erkennbar ist, welche konkrete Bedeutung die Rechtsverfolgung für die Klägerin hat.
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Die Berufung ist gemäß §§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 VwGO zuzulassen. Denn das Urteil des erkennenden Gerichts weicht von dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 21.04.2008 – 2 M 94/08 ab, in welchem dem Kläger an der Entscheidung über die Durchführung von militärischen Tiefflügen ein Beteiligungsrecht zugebilligt wird, und beruht auf dieser Abweichung (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO). Darüber hinaus hat die Rechtssache auch grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Denn die Frage, ob ein anerkannter Naturschutzverband an der Entscheidung, militärische Tiefflüge durchzuführen, ist bislang in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts noch nicht geklärt.
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