Urteil vom Verwaltungsgericht Magdeburg (1. Kammer) - 1 A 46/14
Tatbestand
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Der Kläger begehrt die Erstattung von Verdienstausfall, der ihm im Juni/Juli 2013 wegen seines Einsatzes zur Hochwasserabwehr im Landkreis C-Stadt entstanden ist.
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Der selbstständig tätige Kläger betreibt mit einem Grafikatelier und einem Verlag zwei Gewerbe. Seit April 2013 betreibt der Kläger zusätzlich zu Atelier und Verlag zusammen mit zwei weiteren Gesellschaftern ein Einzelhandelsgeschäft in H-Stadt. Er war während des Elbehochwassers im Jahr 2013 vom 06.06.2013 bis zum 02.07.2013 in der Region H-Stadt/ OT K-Stadt als freiwilliger Helfer im Katastrophenschutz tätig. In dieser Zeit leistete er insgesamt 322 Stunden Hilfe im Katastrophenschutzdienst. Seine Gewerbe konnte er nebenher nicht betreiben, das Geschäft blieb geschlossen.
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Unter der Datumsangabe "27. Juni/ 24. Juli 2013" beantragte der Kläger bei dem Beklagten die Erstattung von Verdienstausfall für insgesamt 322 Stunden. Hierbei legte er einen Stundensatz von 35,00 € netto zugrunde. Weiter trug er in das im Antragsformular für die "Summe der Bruttopersonalkosten" vorgesehene Freifeld als Erstattungssumme 11.270,00 € ein. Dem Antrag beigefügt war eine Bestätigung seines Steuerberaters vom 24.07.2013, wonach der Stundenverrechnungssatz des Klägers sich auf 35,00 € beläuft. Ebenfalls beigefügt waren zwei Bestätigungen vom 27.06.2013 und 03.07.2013 über die Einsatzstunden während des Hochwassers. Auf beiden ist vermerkt: "Mein Stundenverrechnungssatz liegt bei 35,- Euro, ich berechne 30,- Euro". Auf der Bestätigung vom 27.06.2013 findet sich die Angabe von 316 geleisteten Helferstunden (inklusive Samstage), auf der Bestätigung vom 03.07.2013 die Angabe von 56 geleisteten Helferstunden (inklusive Samstage). Beide Bestätigungen sind jeweils vom Kläger und dem Ortsbürgermeister unterzeichnet.
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Daraufhin forderte der Beklagte vom Kläger mit Schreiben vom 22.08.2013 die Mitteilung über seine jährlichen Arbeitsstunden sowie die Vorlage seiner betriebswirtschaftlichen Auswertung der letzten zwölf Monate bzw. seinen Steuerbescheid für 2012 an.
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Mit Schreiben vom 28.08.2013 verwies der Kläger auf ein Telefonat mit dem Landrat, dass er in der Nacht vom 13. zum 14. Juni 2013 geführt habe. In diesem habe der Landrat der Einsatzleitung der Ortschaft K-Stadt gesagt, dass sie alles Mögliche unternehmen sollte, um ihre Ortschaft zu schützen und dass der Landkreis alle entstehenden Kosten übernehme. Darauf beziehe er, der Kläger, die Abrechnung seiner geleisteten Arbeitsstunden ebenfalls.
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Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 10.09.2013 teilte der Kläger mit, er habe bei 5 Arbeitstagen pro Woche und 8 Arbeitsstunden pro Tag jährlich im Durchschnitt 1.768 Arbeitsstunden. Sein Stundenverrechnungssatz liege bei 35,00 Euro. Allerdings habe er in den Jahren 2008 bis einschließlich 2011 ein durchschnittliches Einkommen (Gewinn einschließlich der fixen Kosten) von 72.815,77 Euro gehabt. Daraus ergebe sich ein durchschnittlicher erforderlicher Stundenlohn von 41,19 Euro. Hinsichtlich der in Rede stehenden Erstattung würde der erforderliche Stundenverdienst auf 35,00 Euro beziffert. Multipliziert mit der im Katastrophenschutz geleisteten Anzahl von 322 Helferstunden ergebe sich letztlich der im Antrag errechnete Erstattungsbetrag. Dem Schreiben beigefügt waren die Gewinn- und Verlustrechnungen bzw. Bilanzen der Jahre 2009 und 2011. Daraus ergeben sich Jahresüberschüsse wie Folgt: Für das Jahr 2008 27.808,57 Euro; für das Jahr 2009 26.507,27 Euro; für das Jahr 2010 24.796,06 Euro und für das Jahr 2011 26.037,28 Euro. Unterlagen für das Jahr 2012 reichte der Kläger nicht ein; diese lägen noch nicht vor.
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Mit Bescheid vom 25.09.2013 lehnte der Beklagte die Erstattung des Verdienstausfalls in der beantragten Höhe ab und legte den Erstattungsbetrag auf 2.260,24 Euro fest. Im angegebenen Zeitraum vom 06.06.2013 bis 02.07.2013 seien 19 Arbeitstage à 8 Stunden, folglich 152 Stunden angefallen. Bei selbstständig Tätigen werde zur Ermittlung des Verdienstausfalls der Gewinn ihrer Tätigkeit zugrunde gelegt, wie er sich aus einer mindestens den Anforderungen des § 4 Abs. 3 EStG entsprechenden Berechnung ergebe. Aus den Gewinn- und Verlustrechnungen der Jahre 2009 und 2011 ergebe sich ein Gesamtüberschuss von 105.149,18 Euro und damit durchschnittlich 26.287,30 Euro für die Jahre 2008 bis 2011. Bei 1.768 Jahresarbeitsstunden belaufe sich der durchschnittliche Stundenlohn folglich auf 14,87 Euro. Für die angefallenen 152 Stunden belaufe sich der Erstattungsbetrag somit auf 2.260,24 Euro.
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Unter dem 23.10.2013 legte der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid des Beklagten vom 25.09.2013 ein. Zur Begründung berief er sich im Wesentlichen auf eine Ungleichbehandlung zwischen Arbeitnehmern und Selbstständigen. So werde Arbeitnehmern nicht nur der Nettolohn, sondern auch die Beiträge zur Krankenversicherung und zur Alterssicherung erstattet. Selbstständige müssten aus ihrem Gewinn noch Krankenversicherungsbeiträge und Beiträge zur Alterssicherung entrichten. Es sei nicht ersichtlich, weshalb selbstständig Tätige während ihres Einsatzes im Katastrophenfall finanziell schlechter entschädigt würden, als Arbeitnehmer. Der Verdienstausfall sei mithin um die Beiträge zur Krankenversicherung und zur Alterssicherung während des in Rede stehenden Zeitraumes zu erhöhen. Der Verdienstausfall errechne sich aus dem Umsatz abzüglich variabler und fixer Kosten. Variable Kosten seien nicht zu berücksichtigen, da während des Katastrophenschutzeinsatzes keine Aufträge ausgeführt worden und insoweit für solche Aufträge auch keine variablen Kosten angefallen seien. Unabhängig vom Umsatz seien jedoch fixe Kosten weiter zu zahlen. Es könne nicht richtig sein, dass diese Kosten aus dem Verdienstausfall getragen werden müssten. Solche Kosten würden aus dem Umsatz getragen, den der Kläger aufgrund seines Einsatzes im Katastrophenschutz nicht habe erwirtschaften können. Mithin seien Fixkosten dem Gewinn zuzuschlagen und als Verdienstausfall zu berücksichtigen.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 27.12.2013 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid des Beklagten vom 25.09.2013 zurück. Die fixen Kosten seien in der Gewinn- und Verlustrechnung kostenmindernd berücksichtigt und stellten keinen Verdienstausfall dar. In Gleichbehandlung zur Erstattung an Arbeitgeber erfolge auch dort nur die Erstattung der Bruttolohnkosten. Man gehe davon aus, dass der ermittelte Gewinn (Jahresüberschuss) dem Kläger als "Verdienst" zur Verfügung stehe und er daraus gewöhnlich seine Sozialversicherungsbeiträge entrichte. Somit gehörten diese Beträge nicht zum erstattungsfähigen Verdienstausfall.
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Am .2014 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt er sein bisheriges Vorbringen.
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Der Kläger beantragt,
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den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 25.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.12.2013 zu verpflichten, den Erstattungsbetrag für den durch seinen Einsatz als freiwilliger Helfer im Katastrophenschutz vom 06.06.2013 bis 02.07.2013 entstandenen Verdienstausfall abzüglich der bereits durch den Beklagten gewährten Erstattung auf insgesamt 11.270,00 Euro festzusetzen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Bei der Tätigkeit als Helfer im Katastrophenschutz stehe eine freiwillige Leistung im Sinne des Gemeinwohls im Vordergrund, nicht aber der Erwerb von Rechtsansprüchen gegen die Katastrophenschutzbehörde. "Verdienstausfall" bedeute, dass dem Helfer die Beträge erstattet würden, die er bei seiner eigentlichen Berufstätigkeit nicht erwirtschaften konnte, weil er Helfertätigkeiten ausgeübt habe. Es solle aber nicht eine Bezahlung der Helfertätigkeit erfolgen. Entsprechend sei zu ermitteln, in welchem Umfang der Helfer beruflich tätig gewesen wäre, wenn die Helfertätigkeit unterblieben wäre. Weiterhin bedeute "Verdienstausfall", dass der Reinverdienst zu erstatten sei. Dies sei gemäß § 2 Abs. 2 EStG bei Tätigkeiten aus Gewerbebetrieb und selbstständiger Tätigkeit der Gewinn. Es sei bereits begrifflich nicht möglich, die Betriebsausgaben unter den Gewinn zu subsumieren. Vielmehr stellten diese Mittel zum Zweck dar, mit denen ein Gewinn erwirtschaftet würde. Bei der Ermittlung des Gewinns seien die Betriebsausgaben bereits berücksichtigt. Von daher seien sie auch nicht bei der Berechnung des Verdienstausfalls dem Gewinn zuzurechnen.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte, den von der Beklagten übersandten Verwaltungsvorgang sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist unbegründet.
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Der Bescheid der Beklagten vom 25.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.12.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
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Anspruchsgrundlage für Erstattungsansprüche von Helfern im Katastrophenschutzgesetz, die selbstständig tätig sind, ist § 14 a Abs. 2 Satz 2 KatSG-LSA. Danach wird Helfern, die nicht Arbeitnehmer sind, der Verdienstausfall erstattet. Der Kläger ist als Selbstständiger tätig.
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Der Kläger hat einen konkreten Verdienstausfall nicht dargelegt, sondern begehrt Entschädigung für 322 Arbeitsstunden à 35 €. Diese Stundenzahl entspricht den von ihm als freiwilligem Helfer während seines Einsatzes im Katastrophenschutz vom 06. Juni 2013 bis 02. Juli 2013 geleisteten Stunden. Die begehrten 35 € stellen seinen Stundenverrechnungssatz für geleistete Arbeitsstunden in seiner Tätigkeit als Selbstständiger dar.
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Einen Anspruch auf eine Entschädigung dieses Umfangs für seine Helfertätigkeit hat der Kläger nicht. Gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 KatSG-LSA leisten in den Einheiten und Einrichtungen des Katastrophenschutzes freiwillige Helfer ehrenamtlich Dienst. Ehrenamtliche Tätigkeiten und Dienstleistungen werden unentgeltlich übernommen. In der Folge sollen die von § 14 a KatSG-LSA vorgesehenen Erstattungsansprüche lediglich einen Nachteilsausgleich ermöglichen. Sie sollen unbilligen Nachteilen finanzieller Natur entgegenwirken, die durch den Einsatz der Arbeitskraft eines Erwerbstätigen als Helfer im Katastrophenschutz, also durch eine Tätigkeit, die der Einzelne zugunsten der Allgemeinheit übernimmt, ihm bzw. seinem Arbeitgeber entstehen.
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Die faktische Vergütung einer ehrenamtlichen Tätigkeit ist hiermit jedoch nicht beabsichtigt, sodass einem Helfer für einen Erstattungsanspruch nach § 14 a KatSG-LSA nur dann die volle Anzahl seiner im Katastrophenschutz geleisteten Einsatzstunden angerechnet werden kann, wenn sie tatsächlich der von ihm in dieser Zeit im Rahmen seiner Erwerbstätigkeit unter normalen Umständen geleisteten Arbeitsstundenzahl entsprechen. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 10.09.2013 ließ der Kläger dem Beklagten mitteilen, die Gesamtzahl seiner Jahresarbeitsstunden beliefe sich auf 1.768, wobei 8 Arbeitsstunden pro Tag bei durchschnittlich insgesamt 221 jährlichen Arbeitstagen anzusetzen seien. Pro Woche seien 5 Arbeitstage anzusetzen. Nach dieser Darstellung ist davon auszugehen, dass der Kläger auch während der Zeit seines Einsatzes als Helfer im Katastrophenschutz in der Zeit von Donnerstag, 06.06.2013 bis Dienstag, 02.07.2013 an insgesamt 19 Tagen gearbeitet hätte. Bei einer täglichen Arbeitsstundenzahl von 8 hätte der Kläger im Rahmen seiner Erwerbstätigkeit somit nach eigenem Vortrag insgesamt 152 Stunden gearbeitet. Folglich hätte er auch nur in dieser Zeit überhaupt einen Verdienst erwirtschaften können, sodass auch nur der für diese Zeit zu veranschlagende Verdienstausfall im Rahmen des § 14 a KatSG-LSA erstattungsfähig sein kann. Insoweit ist der Beklagte in seinem Bescheid vom 25.09.2013 auch richtigerweise von 152 anzusetzenden Arbeitsstunden ausgegangen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der – bei Selbstständigen naturgemäß nur erschwert mögliche – Ansatz von Arbeitsstunden nicht ausgehend vom Beklagten, sondern auf Antrag des Klägers hin stattfand. Denn der Kläger selbst hat seinem Erstattungsantrag eine Berechnung nach Arbeitsstunden zugrunde gelegt. Dem ist der Beklagte gefolgt.
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Hinsichtlich der Berechnung der Höhe des zu erstattenden Verdienstausfalls hat der Beklagte auf die den Anforderungen des § 4 Abs. 3 EStG genügende Gewinn- und Verlustrechnung des Klägers abgestellt. Nach dem Vorbringen des Klägers hätte dieser täglich 280 € (35 € x 8 h) eingenommen. Für 19 Arbeitstage ergäben sich damit insgesamt Einnahmen von 5.320 €. Der Kläger hat allerdings nicht dargelegt bzw. entsprechende Nachweise dafür beigebracht, dass er diese Einnahmen aufgrund einer entsprechenden Auftragslage auch tatsächlich gehabt hätte. Folglich konnte der Beklagte nicht ohne weiteres von diesem im Antrag bezeichneten "Idealeinkommen" ausgehen, zumal der vom Kläger bei dem Beklagten gestellte Antrag auf Erstattung des fortgewährten Arbeitsverdienstes für Katastrophenschutz-Hilfskräfte vom 27 Juni/ 24. Juli 2013 den beigefügten Bestätigungen "Einsatzstunden Hochwasser 2013" vom 27. Juni 2013 und 03. Juli 2013 widerspricht. Denn während er im Antrag seinen Stundenlohn auf 35 € netto und die "Summe der Bruttopersonalkosten" auf insgesamt 11.270 € beziffert, beinhalten die – auch vom Kläger unterzeichneten – Bestätigungen vom 27.06.2013 und 03.07.2013 die Erklärung: "Mein Stundenverrechnungssatz liegt bei 35 €, ich berechne 30 €." Hieraus ergäbe sich bei Ansatz von 322 Stunden die Summe von 9.660 €, bei Ansatz von 152 Stunden die Summe von 4.560 €. Weshalb der Kläger im Rahmen der Antragstellung dennoch den höheren Stundenverrechnungssatz veranschlagt hat, ist vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar.
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Das Gericht verkennt nicht, dass die Berechnung des Verdienstausfalles möglicherweise unter Ansatz des Stundenverrechnungssatzes tatsächlich in Höhe von 35 € hätte erfolgen müssen, wenn der Kläger im Rahmen seiner Antragstellung nachgewiesen hätte, dass ihm aufgrund seines Helfereinsatzes Aufträge entgangen sind, bei denen er unter normalen Umständen mit einem Einkommen in der beantragten Höhe hätte rechnen dürfen. Nachdem der Kläger einen konkreten Verdienstausfall jedoch nicht belegt hatte, war der Beklagte gehalten, diesen auf andere Weise zuverlässig zu ermitteln.Weil der Kläger als Selbstständiger gerade kein vertraglich festgelegtes, regelmäßiges und im Wesentlichen gleichbleibendes Einkommen hat, hat der Beklagte entsprechend zu Recht auf die den Anforderungen des § 4 Abs. 3 EStG genügende Gewinn- und Verlustrechnung abgestellt. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass das steuerpflichtige Einkommen eines Selbstständigen anhand aussagekräftiger Unterlagen ermittelt werden kann, die eine plausible Berechnung des Verdienstausfalles ermöglichen.
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Dabei hat der Beklagte tatsächlich – letztlich zugunsten des Klägers – gerade nicht lediglich auf die Bilanz des Jahres 2012 abgestellt, welche ihm zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorlag, sondern die eingereichten Bilanzen der Jahre 2009 bis 2011 berücksichtigt und auf diese Weise einen durchschnittlichen Jahresüberschuss von 26.287,30 € ermittelt. Nach Ansatz der vom Kläger angegebenen Jahresstundenzahl ergab sich ein Stundensatz von 14,87 € pro Stunde (26.287,30 € / 1.768 h). Für die in Ansatz zu bringenden 152 Arbeitsstunden des Klägers ergab sich somit ein Verdienstausfall von insgesamt 2.260,24 €. Doch selbst wenn der Beklagte – in Abweichung vom Antrag des Klägers – nicht auf eine konkrete Arbeitsstundenzahl, sondern auf ein Tageseinkommen des Klägers abgestellt hätte, ergäbe sich die vom Kläger geforderte Erstattungssumme nicht. Nach seinem eigenen Vortrag hätte der Kläger – wie dargestellt – im Zeitraum seiner Helfertätigkeit unter normalen Umständen an 5 Tagen pro Woche und somit insgesamt an 19 Tagen gearbeitet. Bei 221 jährlich verfügbaren Arbeitsstunden ergäbe sich folglich ein Tageseinkommen von 118,94 € (26.287,30 € / 221) und damit letztlich ein Verdienstausfall in Höhe von 2.259,99 € (118,94 € x 19). Ginge man davon aus, dass ein Selbstständiger unabhängig von Sonn- und Feiertagen an grundsätzlich jedem Tag des Jahres arbeiten kann, würde sich dieser Betrag sogar verringern. Denn bei 365 verfügbaren Arbeitstagen im Jahr ergäbe sich ein Verdienstausfall von 1.368, 38 € (26.287,30 € / 365 = 72,02 € x 19).
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Die Berechnung des Beklagten ist auch sonst nicht zu beanstanden. Der Beklagte geht folgerichtig davon aus, dass der "Verdienstausfall" im Sinne des § 14 a Abs. 2 Satz 2 KatSG-LSA dem entgangenen Reinverdienst und somit dem entgangenen Gewinn eines Selbstständigen gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG entspricht. Unter Gewinn ist gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG im Allgemeinen der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen, zu verstehen. Selbstständige können gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen. Zu versteuern ist dann – anders als bei einem Arbeitnehmer – der reine Gewinn. In der Folge rechtfertigt sich auch die – scheinbar – ungleiche Behandlung von Arbeitnehmern und Selbstständigen im Sinne des § 14 a KatSG-LSA. Ungeachtet dessen, dass die Erstattungsansprüche nicht dem Arbeitnehmer, sondern dem privaten Arbeitgeber zugestanden werden, kann der Selbstständige mit Hilfe der Gewinn- und Verlustrechnung sämtliche Betriebsausgaben – und somit auch sämtliche Fixkosten – negativ in Ansatz bringen. Diese Möglichkeit hat ein Arbeitnehmer gerade nicht; vielmehr bemisst sich seine Steuerpflicht nach seinem Gesamtbruttoeinkommen. Entsprechend ist dieses auch für die Erstattungsansprüche des Arbeitgebers anzusetzen. Eine Ungleichbehandlung von privaten Arbeitgebern und Selbstständigen fände somit statt, wenn dem Selbstständigen der Ansatz seiner Fixkosten in doppelter Weise ermöglicht würde – nämlich einmal bei der Ermittlung seines Reingewinns und einmal durch einen anteiligen Ersatz im Rahmen der Erstattung nach § 14 a KatSG-LSA. Fixe Kosten reduzieren den Gewinn des laufenden Geschäftsjahres und sind daher steuerlich zugunsten des Selbstständigen zu berücksichtigen. Abgesehen von der steuerlichen Betrachtung fallen Fixkosten auch dann an, wenn der Selbstständige keinen Auftrag erhalten hat oder sein Gewerbe etwa aufgrund von Urlaub oder Krankenstand nicht betreiben kann. Als unabhängig vom Umsatz entstehende Kosten sind Fixkosten solche, mit denen der laufende Betrieb aufrechterhalten wird. Damit ermöglichen sie gerade den Verdienst, unterfallen diesem jedoch nicht. Denn da sie unabhängig von der konkreten Auftragslage anfallen, können sie nicht verursachungsgerecht auf das jeweilige Herstellungsprodukt umgelegt werden. Der Stundenverrechnungssatz des Klägers vermag insoweit lediglich einen – für den Einzelfall nicht konkretisierbaren – Pauschalbetrag zu beinhalten. Auch aus diesem Grunde können sie bei der Berechnung des Verdienstausfalles keine Beachtung finden. Die konkrete Höhe seiner Fixkosten für das Jahr 2013 bzw. den Zeitraum vom 06.06.2013 bis 02.07.2013 hat der Kläger jedoch ohnehin nicht dargelegt. Dessen ungeachtet hat auch ein Arbeitgeber keinen Anspruch auf die Erstattung fixer Kosten wie etwa der Bereitstellung des Arbeitsplatzes für den Arbeitnehmer und der damit einhergehenden Kosten für Miete, Strom, Heizung, Internetzugang, Telefon etc., denn diese unterfallen allein der Sphäre des Arbeitgebers und sind bei dem nach § 14 a Abs. 1 KatSG-LSA zu erstattenden Arbeitsentgelt eines Arbeitnehmers gerade nicht berücksichtigungsfähig. Auch deshalb ist das Abstellen des Beklagten auf den sich aus der Gewinn- und Verlustrechnung des Klägers ergebenden Gewinn unschädlich. Da letztlich die Fixkosten dem Reingewinn gerade nicht unterfallen können, jedoch nur der Reingewinn den Verdienst im Sinne des § 14 a Abs. 2 Satz 2 KatSG-LSA darstellt, hat der Kläger auch nur einen dahingehenden Erstattungsanspruch.
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Zu beachten ist dabei auch, dass der Kläger den Antrag bei dem Beklagten gerade nicht als privater Arbeitgeber, sondern ausdrücklich nur für sich selbst als selbstständig Tätiger gestellt hat.
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Anders, als der Kläger meint, ist hier auch kein Erwerbsschaden zu ermitteln. Denn ungeachtet der Frage, worin denn überhaupt das fremdverschuldete Schadensereignis liegen soll und ob dem Kläger überhaupt ein Schaden durch entgangene Aufträge entstanden ist, spricht das Gesetz in § 14 a Abs. 2 Satz 2 KatSG-LSA ausdrücklich von Verdienstausfall. Sein Geschäft in H-Stadt hält der Kläger selbst mangels Grundlagen zur Einschätzung des Verdienstausfalles für nicht berücksichtigungsfähig.
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Hinsichtlich der Krankenkassen- und Altersvorsorgebeiträge hat der Kläger bereits keinen Antrag gestellt. Das betreffende Feld im Formular hat er nicht ausgefüllt und allein die Erstattung seines Stundenverrechnungssatzes für insgesamt 322 Einsatzstunden beantragt. In der Folge hat er keine konkreten Kosten dargelegt, die während seiner Zeit als freiwilliger Helfer entstanden sind. Darüber hinaus gibt auch die Formulierung des § 14 a Abs. 2 Satz 2 KatSG-LSA nichts dafür her, dass Beträge zur Sozialversicherung auch dem Selbstständigen zu erstatten sein sollten. Das Gesetz beschränkt den Erstattungsanspruch hier eindeutig auf den Verdienstausfall. Die betreffenden Beiträge sind allerdings gerade aus dem Verdienst zu leisten und können somit auch nicht auf den errechneten Verdienstausfall aufgeschlagen werden. In der Folge ist die Berechnung des Beklagten auch in dieser Hinsicht nicht zu beanstanden.
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Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem angeführten Telefonat des Klägers mit dem Landrat vom 13. bzw. 14. Juni 2013. Hieraus ergibt sich keine Zusicherung des Beklagten auf Erstattung für sämtliche, vom Kläger abgeleisteten, Helferstunden. Insoweit fehlt es bereits an der für eine wirksame Zusicherung gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 VwVfG LSA i. V. m. § 38 Abs. 1 Satz 1 VwVfG erforderlichen Schriftform.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 3 GKG.
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Die Berufung war gem. §§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 124a Abs. 1 VwGO zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzlich Bedeutung hat. Die Ermittlung der Höhe des Verdienstausfalles gemäß § 14a KatSG-LSA ist durch die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt noch nicht geklärt, es ist jedoch mit weiteren , vergleichbaren Verfahren zu rechnen.
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Referenzen
- EStG § 2 Umfang der Besteuerung, Begriffsbestimmungen 2x
- VwGO § 124 1x
- VwGO § 154 1x
- ZPO § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung 1x
- ZPO § 167 Rückwirkung der Zustellung 1x
- VwVfG § 38 Zusicherung 1x
- VwGO § 124a 1x
- ZPO § 711 Abwendungsbefugnis 1x
- § 52 Abs. 3 GKG 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 113 1x
- EStG § 4 Gewinnbegriff im Allgemeinen 5x
- VwVfG § 1 Anwendungsbereich 1x