Urteil vom Verwaltungsgericht Magdeburg (8. Kammer) - 8 A 372/17

Tatbestand

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Die Klägerin wendet sich gegen die Nichtanrechnung ihrer in der Deutschen Demokratischen Republik aufgrund des Studiums an der Fachschule für Staatswissenschaft „Edwin Hoernle“ absolvierten Erfahrungszeiten nach § 26 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 Landesbesoldungsgesetz Sachsen-Anhalt (LBesG LSA) bei der Berechnung der Höchstgrenze aufgrund des Zusammentreffens von Versorgungsbezügen und Renten gemäß § 55 Abs. 2 S. 1 Nr.1 Buchstabe b) Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG).

2

Nach einer Beschäftigung in der Staatsverwaltung der DDR als Pionierleiterin der POS B-Stadt vom 15.09.1970 bis 15.08.1973 schloss sich eine Tätigkeit als Sachbearbeiterin beim VEB Textilpflege N… vom 11.03.1974 bis 11.12.1975 an. Nach mehreren Wechseln begann die Klägerin ab dem 05.09.1978 bis zum 31.01.1986 eine Tätigkeit als Sachbearbeiterin beim Rat des Stadtbezirks C-Stadt Nord und bis zum 30.04.1987 im Rat des Stadtbezirks C-Stadt Südost als Personalsachbearbeiterin. Schließlich wechselte sie ab dem 01.05.1987 als Sachbearbeiterin in dem Rat des Bezirks C-Stadt. Mit Übernahme aus dieser Tätigkeit zum 31.12.1990 war die Klägerin ab dem 01.01.1991 als Ausschussassistentin beim Landtag von S…tätig. Während der Tätigkeit für den Rat des Stadtbezirks nahm die Klägerin ein Fernstudium an der Fachschule für Staatswissenschaften „Edwin Hoernle“ in Weimar auf und schloss dies erfolgreich ab.

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Der Freistaat Thüringen stellte mit Urkunde vom 09.11.2000 die Gleichwertigkeit dieses Studiumabschlusses mit dem Titel einer Dipl. Verwaltungswirtin (FH) fest.

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Mit Eintritt in den Ruhestand blieben die Zeiten des Studiums der Klägerin an der Fachhochschule „Edwin Hoernle“ sowie die davor liegenden Zeiten wegen Systemnähe zur ehemaligen DDR laut Bescheid des Beklagten vom 16.01.2017 bei der Höchstgrenzenberechnung beim Zusammentreffen von Versorgungsbezügen und Renten unberücksichtigt. Nach der tatsächlichen Berechnung des Beklagten wirkte sich dies aber auf den tatsächlichen Zahlbetrag derzeit nicht aus.

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Nach ihrer Rückkehr aus Spanien legte sie unter dem 05.04.2017 Widerspruch ein, welchen der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.07.2017 als unzulässig und unbegründet zurückwies.

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Mit der fristgerecht erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter, ist insbesondere der Auffassung, dass die staatliche bundesdeutsche Anerkennung ihres Abschlusses die Nichtanerkennung der diesbezüglichen Zeiten im Versorgungsrecht ausschließe und beantragt,

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den Beklagten unter insoweitiger Aufhebung des streitbefangenen Bescheides vom 16.01.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.07.2017 zu verpflichten, bei der Berechnung der Versorgungsbezüge der Klägerin keinen Abzug hinsichtlich der Höchstgrenzenberechnung vorzunehmen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen

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und hält die Klage wegen des verspätet eingelegten Widerspruchs bereits für unzulässig. Darüber hinaus verteidigt er die in den Bescheiden vorgenommene rechtliche Bewertung der Sach- und Rechtslage.

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Wegen des weiteren Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Gerichts.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig. Auf eine Verfristung des Widerspruchs der Klägerin kommt es nicht an. Denn der Beklagte hat den Widerspruch der Klägerin nicht nur als unzulässig sondern auch als unbegründet abgelehnt und ist somit in eine sachlich-materille Rechtsprüfung eingetreten, woran auch das Verwaltungsgericht gebunden ist (vgl. nur: BVerwG, Urteil v. 20.06.1988, 6 C 24.87; juris). Obgleich sich nach der Berechnung des Beklagten augenblicklich bei der Gesamtversorgung kein Kürzungsbetrag ergibt, ist die Klägerin durch den streitgegenständlichen Bescheid als feststellender Dauerverwaltungsakt mit dem Ausschluss ihrer in der DDR absolvierten Arbeitszeiten beschwert. Denn bei späteren Rentenanpassungen ist eine spätere tatsächliche Kürzung nicht ausgeschlossen.

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Die Klage ist unbegründet. Der streitbefangene Bescheid des Beklagten vom 16.01.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.07.2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Neuberechnung ihrer Versorgungsbezüge unter Berücksichtigung ihrer in der DDR ausgeübten beruflichen Tätigkeiten als Beschäftigungszeiten.

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Das Zusammentreffen von Versorgungsbezügen mit einer gesetzlichen Rente beurteilt sich gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 BesVersEG LSA nach § 55 BeamtVG in der zum Zeitpunkt des Eintritts der Klägerin in den Ruhestand geltenden Fassung. Gemäß § 55 Abs. 1 S. 1 BeamtVG i.V.m. § 7 Abs. 1 S. 1 BesVersEG LSA werden Versorgungsbezüge neben Renten nur bis zum Erreichen der in Abs. 2 bezeichneten Höchstgrenze gezahlt. Der vorliegend maßgebliche § 12a BeamtVG in Verbindung mit § 7 Abs. 1 S. 3 BesVersEG LSA verweist insoweit auf nicht zu berücksichtigende, d. h. nicht ruhegehaltfähige Zeiten nach § 26 des Landesbesoldungsgesetzes. Nicht ruhegehaltfähig sind gemäß § 26 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 LBesG LSA u.a. dann widerlegbar vermutet, wenn die Beamtin oder der Beamte Absolventin oder Absolvent der Akademie für Staats- und Rechtswissenschaften oder einer vergleichbaren Bildungseinrichtung war.

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Die Klägerin ist als Absolventin der Fachschule "Edwin Hoernle" in Weimar Absolventin einer der Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft vergleichbaren Bildungseinrichtung i. S. d. § 26 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 LBesG LSA.

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Zur Vergleichbarkeit dieser Bildungseinrichtung mit der Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft führt das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 20. Mai 1999 – 6 AZR 610/97 – (juris) zu der im Arbeitsrecht geltenden identischen Bestimmung nach der Übergangsvorschrift zu Nr. 4 c.dd zu § 19 BAT-O aus:

17

"An der Akademie für Staat und Recht wurden Staatsfunktionäre ausgebildet und leitende Kader der Staatsorgane qualifiziert. Das "Statut der Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft der DDR" (Beschluß des Ministerrats vom 31. Januar 1985, GBl. - DDR I S 73) enthält dazu folgende Bestimmungen:

"§ 1

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(1) Die Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft der DDR (nachstehend Akademie genannt) ist eine wissenschaftliche Bildungs- und Forschungseinrichtung des sozialistischen Staates.

19

(2) Die Akademie ist verantwortlich für die Hochschulausbildung von Staatsfunktionären und die Qualifizierung leitender Kader der Staats-organe. Entsprechend den Erfordernissen der weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft erfüllt sie Forschungsaufgaben zur Weiterentwicklung der sozialistischen Staats- und Rechtsordnung sowie zur Erhöhung der Qualität und Effektivität der Tätigkeit der Staatsorgane. …

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(3) Die Akademie untersteht dem Ministerrat.

21

(4) Grundlage der Tätigkeit der Akademie sind das Programm und die Beschlüsse der Partei der Arbeiterklasse, die Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik sowie die Gesetze und anderen Rechtsvorschriften, die Lehr- und Forschungsarbeit erfolgt in Durchführung der vom Ministerrat festgelegten Aufgaben.

22

(5) Die Akademie arbeitet bei der Lösung ihrer Aufgaben eng mit den zuständigen Staatsorganen, den wissenschaftlichen Institutionen der DDR und der sozialistischen Bruderländer zusammen. Bei der Lösung von Forschungsaufgaben und der Überführung ihrer Ergebnisse in die Praxis organisiert sie eine enge Zusammenarbeit mit erfahrenen Staats- und Wirtschaftsfunktionären.

...

§ 2

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(1) Die Akademie hat die Aus- und Weiterbildung von Staatsfunktionären auf hohem politischem Niveau im Interesse der ständigen klassenmäßigen Stärkung des sozialistischen Staatsapparates zu gewährleisten. Die Bildung und Erziehung an der Akademie dienen der Erhöhung der marxistisch-leninistischen Kenntnisse der Leiter und Mitarbeiter der Staatsorgane und der Entwicklung ihrer politischen und fachlichen Fähigkeit, schöpferisch die Politik der SED im Interesse der Arbeiterklasse und ihrer Verbündeten zur weiteren Festigung der Arbeiter- und Bauernmacht und ständigen Erhöhung ihres internationalen Ansehens zu verwirklichen. …

24

(2) Die Akademie bildet Staatsfunktionäre für örtliche und zentrale Staatsorgane im Direkt- und Fernstudium aus. Für die Effektivität des staatswissenschaftlichen Studiums ist eine hohe Qualität der Ausbildung im Marxismus-Leninismus und die ökonomische Durchdringung der juristischen Vorlesungen durchzusetzen.

25

(3) Die Weiterbildung erfolgt durch zyklische Weiterbildung leitender Kader örtlicher und zentraler Staatsorgane. (...) Es ist zu gewährleisten, daß in den Vorträgen der leitenden Kader und Wissenschaftler die Strategie der SED gründlich erläutert und die fortgeschrittenen Erfahrungen der staatlichen Arbeit anschaulich vermittelt werden. …

26

(4) Die Akademie unterstützt die Qualifizierung der Abgeordneten so-wie die marxistisch-leninistische Weiterbildung der Leiter und Mitarbeiter des Staatsapparates. Entsprechend den Festlegungen der zuständigen Staatsorgane hat sie die dazu erforderlichen Materialien auszuarbeiten und den zentralen sowie den örtlichen Staatsorganen recht-zeitig zur Verfügung zu stellen.

...

27

(6) Die Akademie unterstützt die Fachschule für Staatswissenschaften "Edwin Hoernle", Weimar, bei der Gewährleistung eines hohen wissenschaftlichen Niveaus der Fachschulausbildung. ..."

28

An der Akademie für Staat und Recht wurden u.a. die Fächer marxistisch-leninistische Philosophie, insbesondere dialektischer und historischer Materialismus, marxistisch-leninistische politische Ökonomie, Kulturpolitik, Ästhetik sowie Grundfragen der internationalen Beziehungen und der sozialistischen Außenpolitik, marxistisch-leninistische Staats- und Rechtstheorie, Staatsrecht, Gerichtsverfassungs- und Staatsanwaltschaftsrecht, Verwaltungsrecht sowie staatliche Leitung und Bewußtseinsbildung gelehrt. Die Teilnehmer der Ausbildung an der Akademie für Staat und Recht erhielten also eine intensive ideologische Schulung zur Vorbereitung auf ihre (künftige) Leitungsfunktion im sozialistischen Staatswesen bzw. zur weiteren Qualifizierung, sofern sie bereits leitende Kader waren.

29

Auch an der Fachschule für Staatswissenschaft "Edwin Hoernle" wurden Kader des Staatsapparates im Direktstudium und im organisierten Selbst-studium in ideologischer Hinsicht für ihre Tätigkeit im Staatswesen der DDR ausgebildet. Dies ergibt sich aus der Broschüre "Fachschulberufe Teil 4, 1981" von Herbert Thur. Dort heißt es u. a.:

30

"An der Fachschule für Staatswissenschaft "Edwin Hoernle" in Weimar wird die staats- und rechtswissenschaftliche Fachschulausbildung für Kader des Staatsapparates im Direktstudium und im organisierten Selbststudium durchgeführt.

31

Die staats- und rechtswissenschaftliche Ausbildung vermittelt umfassende Grundkenntnisse auf dem Gebiet des Marxismus-Leninismus, der Staats- und Rechtstheorie, des Staats- und Verwaltungsrechts, der Wirtschaftspolitik und Volkswirtschaftsplanung, Territorialökonomie und -planung, zu ausgewählten Problemen des Wirtschafts-, Arbeits-, Agrar-, Familien-, und Zivilrechts, zu pädagogisch-psychologischen Grundfragen der staatlichen Leitung sowie der wissenschaftlichen Organisation der staatlichen Leitung.

32

Lehrgebiete: Marxismus-Leninismus, Deutsch/Kulturpolitik, Russisch, Sport, marxistisch-leninistische Theorie des Staats und des Rechts, Staatsrecht der DDR, Verwaltungsrecht der DDR, Wirtschaftsrecht, ausgewählte Probleme aus dem Arbeits-, Agrar-, Boden-, Familien- und Zivilrecht, Wirtschafts- und Volkswirtschaftsplanung, Territorial-ökonomie und -planung, wissenschaftliche Organisation der sozialistischen staatlichen Leitung, pädagogisch-psychologische Grundfragen der staatlichen Leitung.

33

Das Direktstudium beträgt drei Jahre. Die Studiendauer im organisierten Selbststudium ist fünf Jahre.

34

Anforderungen: Abgeschlossene Berufsausbildung und Berufspraxis, Nachweis aktiver gesellschaftlicher Tätigkeiten.

35

Zum Direktstudium ist grundsätzlich eine Delegierung durch die zentralen Staatsorgane bzw. die Räte der Bezirke erforderlich. Es werden vor allem junge Kader aus der Arbeiterklasse und der Klasse der Genossenschaftsbauern zugelassen.

36

An der staats- und rechtswissenschaftlichen Ausbildung im organisierten Selbststudium können ohne Unterbrechung der Arbeit vor allem Staatsfunktionäre, Kader aus gesellschaftlichen Organisationen und der Volkswirtschaft sowie Abgeordnete der Volksvertretungen teil-nehmen. Die Teilnahme am organisierten Selbststudium wird durch Bewerbung und Zulassung an der Betriebsakademie eines Rates des Bezirkes, des Magistrats der Hauptstadt der DDR oder eines Rates des Kreises begründet."

37

Daraus ergeben sich wesentliche Gemeinsamkeiten der Fachschule für Staatswissenschaft "Edwin Hoernle" und der Akademie für Staat und Recht hinsichtlich der Zugangsvoraussetzungen, der Lehrinhalte und des Ausbildungsziels. Das Ausbildungsziel bestand in beiden Einrichtungen in der Aus- und Weiterbildung von Staatsfunktionären und Kadern des Staatsapparats im Direkt- und Fernstudium für ihre Tätigkeit im Staatswesen und in der sozialistischen Gesellschaft der DDR. Der Teilnehmerkreis war vergleichbar. An der Akademie für Staat und Recht wurden Staatsfunktionäre und leitende Kader der Staatsorgane bzw. Leiter und Mitarbeiter der Staatsorgane sowie Abgeordnete aus- und weitergebildet, an der staats- und rechtswissenschaftlichen Ausbildung im organisierten Selbststudium an der Fachschule für Staatswissenschaft "Edwin Hoernle", das die Klägerin absolviert hat, nahmen vor allem Staatsfunktionäre, Kader aus gesellschaftlichen Organisationen und der Volkswirtschaft sowie Abgeordnete der Volksvertretungen teil. Die Teilnahme am organisierten Selbststudium setzte voraus, daß der Bewerber durch den Rat eines Bezirkes oder eines Kreises oder des Magistrats der Hauptstadt der DDR zugelassen worden war. Insbesondere bei den Lehrinhalten fanden sich weitgehende Übereinstimmungen. An beiden Einrichtungen wurden im wesentlichen Fächer der sozialistischen Staats-, Gesellschafts- und Wirtschaftslehre unterrichtet. Dadurch sollte den Teilnehmern beider Ausbildungen das ideologische Rüstzeug für ihre (künftige) Tätigkeit im Staatswesen der DDR vermittelt werden. Im Hinblick darauf ist unerheblich, daß an der Akademie für Staat und Recht, wie auch das Landesarbeitsgericht festgestellt hat, das wissenschaftliche Niveau höher war als an der Fachschule für Staatswissenschaft "Edwin Hoernle". Entscheidend für die Vergleichbarkeit im Tarifsinn ist, daß an beiden Einrichtungen eine intensive ideologische Schulung, insbesondere in den Fächern dialektischer und historischer Materialismus, marxistisch-leninistische Ökonomie sowie im Bereich Staat und Recht stattfand. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist ebenfalls unerheblich, daß die Studenten der Akademie für Staat und Recht für höhere Positionen im sozialistischen Staatswesen ausgebildet wurden als die Absolventen der Fachschule für Staatswissenschaft "Edwin Hoernle". Die Auffassung des Berufungsgerichts läßt sich insbesondere nicht aus einem Vergleich mit dem Vermutungstatbestand in Nr. 4 Buchst. c Doppelbuchst. bb der Übergangsvorschriften herleiten. Gerade daraus, daß dort ausdrücklich an bestimmte hierarchische Ebenen angeknüpft wird, in der hier maßgeblichen Nr. 4 Buchst. c Doppelbuchst. dd der Übergangsvorschriften jedoch nicht, ergibt sich, daß hier Inhalt und Ziel der Ausbildung die Vermutung der Systemnähe begründen. Deshalb ist entscheidend, daß die Absolventen der Fachschule für Staatswissenschaft "Edwin Hoernle" - ebenso wie die Studenten der Akademie für Staat und Recht - für ihre Tätigkeit im Staatswesen der DDR in ideologischer Hinsicht eingehend geschult und auf das System "eingeschworen" wurden. Für die Identifikation mit dem System der DDR, die für das Tarifmerkmal der "besonderen persönlichen Systemnähe" kennzeichnend ist, ist nicht von ausschlaggebender Bedeutung, daß die Ausbildung nicht auf einen Einsatz in den obersten Ebenen der Staatshierarchie abzielte. Eine besondere persönliche Identifizierung mit dem Staatsapparat, auf die Systeme wie das der ehemaligen DDR angewiesen sind, wurde grundsätzlich auf allen Hierarchieebenen erwartet. Dazu diente die Ausbildung an der Fachschule für Staatswissenschaft "Edwin Hoernle" ebenso wie diejenige an der Akademie für Staat und Recht."

38

Diesen umfangreichen Ausführungen zur Vergleichbarkeit der Stellung eines Absolventen der Fachschule für Staatswissenschaft "Edwin Hoernle" im Vergleich zu einem Absolventen der Akademie für Staats- und Rechtswissenschaften hatte sich die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts C-Stadt bereits mehrfach angeschlossen (vgl. VG Magdeburg, Urteil vom 18.12.2007, 5 A 206/07; juris; Urteil vom 12.11.2013, 5 A 234/12 MD; n.v.; Urteil vom 15.08.2017, 5 A 744/14, n.v.; bestätigt durch OVG LSA, Beschluss vom 15. 12.2017, 1 L 148/17; juris; Beschluss vom 22.09.2014, 1 L 137/13 n.v.). Dem schließt sich auch die nunmehr zuständige Kammer an.

39

Soweit die Klägerin meint, die Einordnung der Fachschule für Staatswissenschaft "Edwin Hoernle" als "vergleichbare Bildungseinrichtung" sei mit der in anderen Fällen erfolgten Anerkennung dieses Abschlusses als gleichwertig i.S.d. Art. 37 Abs. 1 des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands vom 31.08.1990 (EinigVtr) obsolet, schließt sich das Gericht dieser Auffassung nicht an. Denn beide Regelungen erfassen unterschiedliche Sachverhalte. Während es bei der Anerkennung von Abschlüssen darum geht, systembedingte Wettbewerbsnachteile für das weitere Berufsleben aufgrund der Wiedervereinigung zu vermeiden (vgl. hierzu VG Potsdam, Urteil vom 18.05.2010, 3 K 803/06; juris), ist Gegenstand der hier maßgeblichen Höchstgrenzenberechnung, welche Zeiten aus Sicht des Dienstherrn unter Berücksichtigung des Grades der Verstrickung in das System der ehemaligen DDR als ruhegehaltsfähig anerkannt werden sollen. Das erstgenannte Regelungsziel ist zukunftsbezogen, das letztgenannte – hier maßgebliche – Regelungsziel beleuchtet die frühere berufliche Tätigkeit.

40

Nach Art. 37 Abs. 1 des EinigVtr werden selbst Abschlüsse als "Diplom-Staatswissenschaftler" an der Akademie für Staats- und Rechtswissenschaften als mit einem westdeutschen Abschluss gleichwertig angesehen (vgl. hierzu VG Potsdam, Urteil vom 18.05.2010, 3 K 803/06; juris). Wollte man hieraus Schlüsse für die Auslegung des § 26 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 LBesG LSA ziehen, würde dessen Anwendungsbereich vollständig leerlaufen. Denn in diesem Fall wäre selbst ein Abschluss an der einzigen vom Gesetzgeber ausdrücklich als Regelbeispiel genannten Bildungseinrichtung kein Grund für einen Ausschluss der Anerkennung von Erfahrungszeiten. Auch hieraus ergibt sich, dass aus der Anerkennung von Abschlüssen kein Rückschluss auf die Berücksichtigung von Erfahrungszeiten gezogen werden kann.

41

Weiterhin hat das Bundesverwaltungsgericht bei der Anerkennung von Berufs- und Hochschulabschlüssen bereits im Jahr 1997 entschieden, dass im Rahmen des Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EinigVtr die Feststellung der Gleichwertigkeit nicht dadurch ausgeschlossen werde, dass der auf den Abschluss hinführende Studiengang "in besonderer Weise auf das gesellschaftliche und wirtschaftliche System der DDR bezogen" war (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.12.1997, 6 C 7.97; juris). Damit war spätestens seit dieser Entscheidung klar, dass eine unterschiedliche Behandlung der Anerkennung von Abschlüsse einerseits und der Berücksichtigung von Erfahrungszeiten im Rahmen der Höchstgrenzenberechnung andererseits besteht. Dennoch hat der Landesgesetzgeber die Regelung des § 26 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 LBesG LSA – ebenso wie der Bundesgesetzgeber die identische Regelung des § 30 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 BBesG – unberührt gelassen. Dass eine Änderung dieser Regelungen nicht erfolgt ist belegt den Willen des Gesetzgebers, die beiden Bereiche unterschiedlich zu behandeln. Der sachliche Grund für die differenzierte Betrachtungsweise ergibt sich aus der dargestellten unterschiedlichen Zielrichtung beider Rechtsinstitute (vgl. dazu: OVG LSA, Beschluss vom 22.09.2014, 1 L 137/13 n.v.).

42

Unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen wird auch nachvollziehbar, warum Absolventen der Fachschule für Staatswissenschaft „Edwin-Hoernle“ in Weimar auf Grundlage eines Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 24. April 1998 mit dem Titel "Diplomverwaltungswirt/FH" nachdiplomiert worden sind (vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Maritta Böttcher und der Fraktion der PDS, BTDrucks. 14/574 vom 17.03.99. S. 1). Für die hier interessierende Auslegungsfrage des Vorliegens einer "vergleichbaren Bildungseinrichtung" ist dieser Umstand aber nicht entscheidend.

43

Da die Klägerin im Ergebnis Absolventin einer der Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft vergleichbaren Bildungseinrichtung i. S. d. § 26 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 LBesG LSA ist, wird gemäß § 26 Abs. 2 Sätze 1 und 2 LBesG LSA widerlegbar gesetzlich vermutet, dass der Klägerin ihre Tätigkeiten vor und nach dem bemakelten Abschluss nicht anerkannt werden. Dabei ist nicht erforderlich, dass die aus dem bemakelten Bildungsabschluss abgeleitete besondere persönliche Systemnähe alleinige Ursache für die Übertragung der Tätigkeit war. Vielmehr ist eine Mitursächlichkeit für die Karriere des Beamten ausreichend (vgl. BAG, Urteil vom 20.05.1999, a. a. O.; BAG, Urteil vom 30. Mai 1996, 6 AZR 632/95; BAGE 83, 149-161; VG Magdeburg, jeweils a.a.O.). Dies ist vorliegend anzunehmen. Denn die Klägerin wechselte zumindest nach dem Studium von der Tätigkeit im Rat des Stadtbezirks C-Stadt in den Rat des Bezirkes C-Stadt. Somit war sie stetig mit staatlichen Aufgaben betraut. Im Übrigen macht die Klägerin auch keine diesbezüglichen Ausführungen zur Wiederlegung der Vermutung.

44

Die Nichtberücksichtigung aller vor dem Abschluss an der Fachschule für Staatswissenschaft „Edwin Hoernle“ und der damit verbundenen Tätigkeitsübertragung liegenden Zeiten ergibt sich aus § 26 Abs. 2 S. 1 letzter HS LBesG LSA. Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Regelung bestehen nicht (vgl. zu den übertragbaren Erwägungen im Rahmen des Ausschlusses von Vordienstzeiten nach § 30 Abs. 1 S. 2 BBesG; BVerfG, Beschluss vom 04. 04.2001, 2 BvL 7/98, BVerfGE 103, 310-332).

45

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Der Streitwert ist in Höhe des Regelwertes nach § 52 Abs. 2 GKG festzusetzen. Denn – wie eingangs bemerkt – ist derzeit keine konkrete beitragsmäßige Kürzung vorgenommen worden, wonach sich der Streitwert bemessen könnte.


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