I.
Die Antragsteller wenden sich gegen eine für das Nachbargrundstück erteilte Baugenehmigung (Neubau von drei Mehrfamilienhäusern mit je fünf Wohnungen und Tiefgarage).
Die Baugenehmigung bezieht sich auf FlNr. 2145/4, Gem. Z. (i.F.: Vorhabengrundstück). Die Antragsteller sind Miteigentümer des nördlich angrenzenden Grundstücks FlNr. 2144/31, Gem. Z. Beide Grundstücke liegen im unbeplanten Innenbereich und am Wegegrundstück FlNr. 2144/33, Gem. Z. (i.F.: C.-Straße), dessen Miteigentümer ebenfalls – u.a. – die Antragsteller sind. Das Vorhabengrundstück grenzt im Übrigen im Süden an die W.-Straße.
Mit Bauantrag vom 21. September 2017 und mit Änderungsantrag vom 19. Dezember 2017 beantragte die Beigeladene die streitgegenständliche Baugenehmigung.
Das beteiligte städtische Tiefbauamt nahm zum Bauantrag (Bl. 39 d. Behördenakts – i.F.: BA –) und zum Änderungsantrag Stellung (Bl. 66 d. BA). Die Zufahrt zu den oberirdischen Stellplätzen erfolge demnach über einen Privatweg (C.-Straße). Die C.-Straße sei ein beschränkt-öffentlicher Weg (Eigentümerweg). Bei den Behördenakten finden sich eine – die jetzige C.-Straße betreffende – Widmung vom 27. Juli 1971 (Bl. 90 d. BA), eine entsprechende Eintragungsverfügung für das Bestandsverzeichnis (Bl. 91 d. BA) und einen Antrag vom 13. Februar 1973 der damals anliegenden Eigentümer, dass die Antragsgegnerin die C.-Straße als Eigentümerweg widmen und in das Bestandsverzeichnis aufnehmen möge. Die C.-Straße werde demnach in unwiderruflicher Weise dem öffentlichen Verkehr zur Verfügung gestellt, Widmungsbeschränkung sei keine aufzunehmen.
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 15. Februar 2018, Az. 03466-2017-10, erteilte die Beklagte die Baugenehmigung.
Der Bevollmächtigte des Antragstellers hat mit Schriftsatz vom 16. März 2018 für die Antragsteller Anfechtungsklage gegen die Baugenehmigung erhoben (M 9 K 18.1317); parallel führt er für einen weiteren Kläger ein separates Klageverfahren (M 9 K 18.1316).
Vorliegend beantragt er für die hiesigen Antragsteller,
die aufschiebende Wirkung der Klage vom 16. März 2018 anzuordnen.
Von der Sicherung der Erschließung könne vorliegend keine Rede sein. Das Vorhaben werde – von der an der W.-Straße liegenden Tiefgaragenzufahrt abgesehen – über die C.-Straße erschlossen. Das gelte zweifellos auch für die Erreichbarkeit für Fußgänger, die an der W.-Straße keinen Zugang zum Grundstück vorfänden, sowie für die Verlegung von Kanälen, für die Müllabfuhr und für die sonstigen Anschlüsse. Die C.-Straße sei keine öffentliche Straße, es fehle an der entsprechenden Widmung. Insoweit betreffe die Baugenehmigung auch unmittelbar das Miteigentum der Antragsteller an der C.-Straße, als sie feststelle, dass die Bewohner und Besucher der neu zu errichtenden Gebäude diese nutzen dürften.
Auf die Antragserwiderung und die Stellungnahme des Beigeladenen hin wurde im Klageverfahren M 9 K 18.1317 unter dem 18. Mai 2018 ergänzend vorgetragen, dass die Kopie einer Eintragungsverfügung nach dem Dafürhalten des Bevollmächtigten nicht ausreiche. Es müssten aussagekräftigere Unterlagen wie die Ausfertigung einer Widmungsverfügung vorgelegt werden, um die Widmung der C.-Straße dokumentieren zu können.
Nachdem der Bevollmächtigte in allen Verfahren Akteneinsicht genommen und nochmals eine 4-Wochen-Frist für eine weitere Stellungnahme erhalten hatte, führte er im Klageverfahren M 9 K 18.1316 unter dem 15. Juni 2018 aus, dass selbst dann, wenn von einer erfolgten Widmung und einer Zustimmung auszugehen wäre, konstatiert werden müsse, dass zur damaligen Zeit lediglich sechs Wohnhäuser an die C.-Straße angegrenzt hätten. Das jetzige Vorhaben führe aufgrund seiner Dimensionen offensichtlich zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage der Zustimmungserklärung.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die C.-Straße sei, wie die Fachstellungnahme des Tiefbauamtes bestätige, ein beschränkt-öffentlicher Weg (Eigentümerweg). Die Erschließung zum Vorhabengrundstück sei damit ausreichend gesichert.
Die Beigeladene beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die C.-Straße sei öffentlich als Eigentümerstraße ohne Beschränkungen gewidmet. Damit liege eine gesicherte Erschließung vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die Gerichtssowie die beigezogene Behördenakte.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
Nach § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 212a Abs. 1 BauGB ganz oder teilweise anordnen. Es trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung dahingehend, ob das öffentliche und das private Vollzugsinteresse der Bauherrin oder das Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiegt. Die vorzunehmende Interessenabwägung orientiert sich maßgeblich an den summarisch zu prüfenden Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs.
Die Drittanfechtungsklage wird erfolglos bleiben. Die streitgegenständliche Baugenehmigung verletzt die Antragsteller nach summarischer Prüfung nicht in subjektiv-öffentlichen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Die Anfechtungsklage eines Dritten gegen eine Baugenehmigung kann nur dann Erfolg haben, wenn die Baugenehmigung Vorschriften verletzt, die dem Schutz des Dritten zu dienen bestimmt sind. Dementsprechend findet im vorliegenden gerichtlichen Verfahren keine umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle statt. Die Prüfung beschränkt sich vielmehr darauf, ob durch die angefochtene Baugenehmigung drittschützende Vorschriften, die dem Nachbarn einen Abwehranspruch gegen das Vorhaben vermitteln und die im Baugenehmigungsverfahren prüfungsgegenständlich sind, verletzt sind (VG München, B.v. 26.10.2017 – M 9 S 17.3585 – juris).
Eine derartige Verletzung drittschützender Vorschriften ist nicht ersichtlich. Insbesondere ist nicht die Entstehung eines Notwegerechts zu befürchten.
Der Ausnahmefall, dass eine Baugenehmigung wegen des Fehlens einer Erschließung des Vorhabengrundstücks dadurch in ein durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschütztes Eigentumsrecht des Nachbarn eingreift, dass sie gleichsam im Wege einer „Automatik“ eine unmittelbare Verschlechterung seiner Rechte bewirkt und effektiver Rechtsschutz vor den Zivilgerichten nicht (mehr) erreicht werden kann, weil die Baugenehmigung (zuvor) in Bestandskraft erwächst und damit auch für die Zivilgerichte bindende Wirkung entfaltet (VG München, U.v. 23.11.2016 – M 9 K 15.4601 – juris m.w.N.), ist vorliegend nicht gegeben.
1. Es besteht eine i.S.d. § 34 BauGB gesicherte Erschließung über die W.-Straße.
In wegemäßiger Hinsicht umfasst das bauplanungsrechtliche Erfordernis der gesicherten Erschließung regelmäßig (nur) den hinreichenden Anschluss des Grundstücks – nicht: aller baulichen Anlage(n) – an das öffentliche Straßennetz; das bedeutet, dass die Erschließung i.S.d. § 34 BauGB gesichert bzw. vorhanden ist, wenn sie bis an die Grundstücksgrenze heranreicht (vgl. nur Battis u.a., BauGB, Stand: 13. Aufl. 2016, § 30 Rn. 24; BVerwG, U.v. 3.5.1988 – 4 C 54/85 – juris). Das Vorhabengrundstück liegt neben der C.-Straße auch an der W.-Straße, einer Staatsstraße. Insofern ist die Erschließung gesichert. Dies gilt unabhängig davon, dass neben der Tiefgaragenzufahrt von der W.-Straße her einzelne oberflächliche Stellplätze und Garagen bei der gegenwärtigen Planung nur über die C.-Straße angefahren werden können. Welche Anforderungen das bauordnungsrechtliche Erfordernis einer gesicherten Erschließung, Art. 4 BayBO, eventuell an das Bauvorhaben stellt, ist bei einer nach Art. 59 Satz 1 BayBO im vereinfachten Verfahren erlassenen Baugenehmigung irrelevant.
2. Unabhängig davon und selbstständig tragend besteht eine i.S.d. § 34 BauGB gesicherte Erschließung weiter auch über die C.-Straße.
Dies folgt aus der Widmung zur sonstigen öffentlichen Straße (Eigentümerweg), Art. 6 Abs. 1, Abs. 3, Art. 53 Nr. 3 BayStrWG. Die Erschließung über einen Eigentümerweg ist für das Erfordernis einer gesicherten Erschließung i.S.d. § 34 BauGB ohne weiteres ausreichend (vgl. BayVGH, B.v. 22.8.2016 – 2 CS 16.737 – juris; B.v. 26.2.2008 – 14 ZB 07.149 – juris).
Die Widmung ist auch wirksam.
Voraussetzung ist nach Art. 6 Abs. 3 BayStrWG, dass der Eigentümer und ein sonst zur Nutzung dinglich Berechtigter der Widmung zugestimmt haben.
Dabei kann auf die Zustimmung vom 13. Februar 1973 abgestellt werden. Die C.-Straße wurde mit dieser Erklärung von den damaligen Miteigentümern – die teils auch heute noch Miteigentum halten, vgl. auch Bl. 6f. d. BA – ausdrücklich und unwiderruflich dem öffentlichen Verkehr zur Verfügung gestellt (Bl. 92 d. BA). Den Umstand, dass die Erklärung vom 13. Februar 1973 der Widmung nachfolgte, können die Antragsteller nicht fruchtbar machen: Auch die nachträgliche Zustimmung (Genehmigung) ist ausreichend, vgl. nur § 184 Abs. 1 BGB.
Es wäre auch dann von einer gesicherten Erschließung auszugehen, wenn man es für erforderlich hielte, dass die Widmung der C.-Straße – der Zustimmung der Miteigentümer nachfolgend – neu vorgenommen werden müsste: Es entspricht der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass die Erschließungsmaßnahmen, die im Einzelfall erforderlich sind, nicht schon bei Vorlage des Genehmigungsantrags oder, wenn sich ein gerichtliches Verfahren anschließt, bis zu dessen Abschluss verwirklicht sein müssen; gesichert ist die Erschließung, wenn damit gerechnet werden kann, dass sie bis zur Herstellung des Bauwerks (spätestens bis zur Gebrauchsabnahme) funktionsfähig angelegt ist, und wenn ferner damit zu rechnen ist, dass sie auf Dauer zur Verfügung stehen wird (vgl. nur BVerwG, U.v. 20.5.2010 – 4 C 7.09 – juris m.w.N.). Dies ist hier der Fall. Die Zustimmung ist unwiderruflich, weswegen die Widmung von der Antragsgegnerin jederzeit neu vorgenommen werden kann. Eine Lösung von der Zustimmung im Wege des § 313 BGB und/oder des Art. 60 BayVwVfG kommt nicht in Betracht. Davon abgesehen, dass die Ausführung des Vorhabens keinen Wegfall der Geschäftsgrundlage bewirkt – die Bebauung des Vorhabengrundstücks als letzte Baulücke ist keine „schwerwiegende Veränderung“ der Umstände, die zur Abgabe der Erklärung geführt haben –, ist die Zustimmung zur Widmung eine dem öffentlichen Recht angehörende, das Grundstück belastende öffentlich-rechtliche Verfügung (Zeitler u.a., BayStrWG, Stand: 28. EL Januar 2018, Art. 6 Rn. 19) und damit ein einseitiges Rechtsgeschäft; als solche(s) unterliegt sie – unabhängig von den inhaltlichen Voraussetzungen – schon aus Gründen der Rechtssicherheit nicht der (analogen) Anwendung des § 313 BGB bzw. des Art. 60 BayVwVfG (vgl. VG München, U.v. 22.8.2014 – M 2 K 14.81 – juris; für Gestaltungsrechte BeckOGK, BGB, Stand: 1.6.2018, § 313 Rn. 42ff.). Sollte der Vortrag zum Wegfall der Geschäftsgrundlage dahingehend zu verstehen sein, dass die Zustimmung von den Rechtsnachfolgern nunmehr widerrufen werden soll, so ist darauf hinzuweisen, dass die Widerrufbarkeit der ausdrücklich unwiderruflich ausgestalteten Zustimmung als öffentlich-rechtlicher Verfügung mit Zugang der Erklärung weggefallen ist (vgl. eindeutig BayVGH, B.v. 21.2.1989 – 8 B 87.00100 – NVwZ 1990, 280; VG München, U.v. 22.8.2014 – M 2 K 14.81 – juris). Schließlich kann der Widerruf der Zustimmungserklärung nur von allen Miteigentümern gemeinsam erklärt werden (BayVGH, B.v. 20.7.2010 – 8 ZB 10.1109 – juris); auch daran fehlt es vorliegend.
Unabhängig von alledem ist davon auszugehen, dass sowohl die erforderliche Zustimmung als auch die Widmung jedenfalls aufgrund des Art. 67 Abs. 4 BayStrWG als erteilt bzw. als verfügt gelten, da die Eintragung im Bestandsverzeichnis nach Jahresfrist, § 58 Abs. 2 VwGO (dazu Zeitler, BayStrWG, Stand: 28. EL Januar 2018, Art. 67 Rn. 39), unanfechtbar geworden ist (vgl. BayVGH, B.v. 15.3.2017 – 8 ZB 15.1610 – juris). Für die Anlage der Bestandsverzeichnisse – vorliegend am 14. Dezember 1971 (Bl. 91 d. BA: „I. Anlaß: Anlegung der Bestandsverzeichnisse“) – wurde die mit Inkrafttreten des BayStrWG im Jahr 1958 (vgl. Art. 72 BayStrWG) anlaufende 3-Jahres-Frist des Art. 67 Abs. 3 Satz 1 BayStrWG auf 30 Jahre ausgedehnt, sie lief mithin bis zum 31. August 1988 (vgl. BayVGH, U.v. 30.4.1985 – 8 B 84 A.1244 – BayVBl 1985, 532).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Beigeladene hat sich durch Stellung eines Antrags in ein Kostenrisiko begeben, weswegen es der Billigkeit entspricht, ihre außergerichtlichen Kosten den Antragstellern aufzubürden. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Ziff. 9.7.1, 1.5 Streitwertkatalog.