Der Kläger begehrt mit seiner Disziplinarklage die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis.
1. Der am … Oktober 1960 geborene Beklagte absolvierte nach dem Besuch der Staatlichen Realschule in R. von 1977 bis 1980 eine Berufsausbildung zum Energieanlagenelektroniker. Anschließend besuchte er die Berufsoberschule in K.und erwarb er dort am 30. Juni 1983 die fachgebundene Hochschulreife. Von 1984 bis 1991 studierte er Bergbau, Maschinenbau und Elektrotechnik an der … Technischen Hochschule …, von 1993 bis 1996 absolvierte er ein Aufbaustudium Umweltschutztechnik an der Technischen … … Nach Tätigkeiten in der Privatwirtschaft und der Erwachsenenbildung meldete er sich im April 2003 arbeitssuchend. Das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus stellte ihn sodann im Angestelltenverhältnis auf Zeit in den Staatlichen Realschuldienst ein und wies ihn mit Schreiben vom 1. September 2003 für die Nachqualifizierung zur Ausbildung der Staatlichen Realschule A. zu. Mit Zeugnis vom 11. September 2005 vergab es aufgrund der Gesamtnoten von Diplom und Nachqualifizierung (4,16) die fiktive Gesamtprüfungsnote befriedigend (2,98) und stellte die Befähigung des Beklagten für das Lehramt an Realschulen mit den Fächern Mathematik und Physik fest.
Mit Wirkung vom 12. September 2005 wurde der Beklagte unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Realschullehrer zur Anstellung ernannt. Mit Wirkung vom 12. September 2008 wurde er unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Realschullehrer ernannt. Er trägt die Amtsbezeichnung Studienrat im Realschuldienst (A 13). Nach Tätigkeiten an Staatlichen Realschulen in I., B. und S. war der Beklagte seit 1. August 2013 an der …-Realschule in M. tätig. In der Beurteilung 2010 erhielt er das Gesamtergebnis „Leistung, die die Anforderungen im Wesentlichen erfüllt - WE“, in der Beurteilung 2014 das Gesamtergebnis „Leistung, die Mängel aufweist - MA“. Am 9. August 2018 wurde er vorläufig des Dienstes enthoben, seine monatlichen Dienstbezüge sind seit 4. Oktober 2018 um 50% gekürzt.
Der Beklagte ist ledig und hat eine volljährige Tochter. Er ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 50%.
2. Das Amtsgericht München verurteilte den Beklagten mit Urteil vom 16. November 2017, rechtskräftig seit 24. November 2017, wegen gefährlicher Körperverletzung im Amt zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten und setzte deren Vollstreckung zur Bewährung aus. Der Verurteilung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Beklagte ist Physiklehrer an der …-Realschule in M. Er führte am 12. Januar 2017 gegen 12:30 Uhr in der Schulklasse 9 ein Experiment zur Entstehung von Blitzeis durch. Dieses Experiment hatte er an diesem Tag bereits bei zwei anderen Schulklassen problemlos durchgeführt. Er wollte die Schüler „fesseln“ und hatte sich ein etwas spannenderes Experiment überlegt.
Der Beklagte veranlasste bei diesem Experiment den geschädigten Schüler D.L., geb. am 26. November 2000, seine Hand in einen Eimer mit Schnee zu stecken, wobei der Schnee mit Kochsalz vermischt wurde und sich hierdurch sehr schnell abkühlte. Der Beklagte stellte hierbei dem Schüler die Benotung mit der Note 1 in Aussicht, wenn er das Experiment über die gesamte Zeit durchhalte. Obwohl der Beklagte bei den beiden ersten Versuchen eine Zeit von lediglich vier Minuten angesetzt hatte, erhöhte er die Versuchsdauer bei dem Geschädigten ohne nachvollziehbare Begründung auf acht Minuten. Der Geschädigte ließ in der Folgezeit seine Hand tatsächlich für acht Minuten in dem eiskalten Gemisch, weil er die Note 1 haben wollte. Über die mögliche Gefährlichkeit des Versuchs hatte der Beklagte zu den anwesenden Schülern nichts gesagt. Er hatte das Experiment - bis auf diesen Tag - noch nie durchgeführt. Über die möglichen Gesundheitsrisiken setzte er sich gedankenlos hinweg und erhöhte die Versuchsdauer einfach auf acht Minuten, wobei er zu dem Geschädigten noch sagte, dass dieser es als „Top-Skote“ (der Geschädigte hat einen schottischen Vater) doch schaffen werde über die gesamte Distanz. Der Beklagte nahm daher mögliche Verletzungen des Geschädigten jedenfalls billigend in Kauf.
Am Ende des Experiments zog der Geschädigte seine Hand aus dem Eisgemisch und spürte diese nicht mehr. Er konnte die Finger nicht mehr bewegen. Er erlitt im nachfolgenden Zeitraum wegen des „Erwärmens“ der Hand Schmerzen sowie Erfrierungen 2. Grades an drei Fingern. Der Geschädigte war für zwei Wochen vom Unterricht befreit. Er befand sich eine Woche lang jeden Tag in ärztlicher Behandlung. Einer der drei Finger ist immer noch taub, nach Auskunft der Ärzte dürfte es sich aber dennoch um keinen bleibenden Schaden handeln, sondern es ist mit einer vollständigen Gesundung zu rechnen.
Der Strafakte lässt sich entnehmen, dass der Beklagte Schmerzensgeld in Höhe von 2500 € an den Geschädigten und nach einer Auflage im Bewährungsbeschluss 5000 € an den Verein Jugend- und Familienhilfen e.V. bezahlt hat.
3. Das Bayerische Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst informierte die Landesanwaltschaft Bayern - Disziplinarbehörde - mit Schreiben vom 20. Januar 2017 über den der vorstehenden strafrechtlichen Verurteilung zugrunde liegenden Sachverhalt und bat um Einleitung eines Disziplinarverfahrens. Mit Verfügung vom 21. Februar 2017 leitete die Landesanwaltschaft Bayern ein Disziplinarverfahren gegen den Beklagten ein. Mit Schreiben vom 13. März 2017 erstellte die …-Realschule ein Persönlichkeitsbild von ihm. Die Landesanwaltschaft Bayern informierte die Schwerbehindertenvertretung mit Schreiben vom 24. März 2017 über die Einleitung des Disziplinarverfahrens. Mit Verfügung vom 28. März 2017 setzte sie das Disziplinarverfahren bis zum Abschluss des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens aus, mit Verfügung vom 12. Januar 2018 setzte sie das Disziplinarverfahren fort. Der Bevollmächtigte des Beklagten bestellte sich mit Schriftsatz vom 30. Januar 2018. Die Staatsanwaltschaft München I übermittelte mit Schreiben vom 2. Februar 2018 eine Abschrift des Urteils des Amtsgerichts München vom 16. November 2017. Das Bayerische Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst teilte mit E-Mail vom 23. April 2018 mit, dass es beim Persönlichkeitsbild keinen Aktualisierungsbedarf gebe und der Beklagte weiterhin im Eingangsamt tätig sei. Mit Verfügung vom 12. Juni 2018 stellte die Landesanwaltschaft Bayern das Ergebnis der Ermittlungen zur abschließenden Anhörung dar. Mit Schreiben vom selben Tag gab sie der Schwerbehindertenvertretung Gelegenheit zur Stellungnahme. Der Beklagte erhielt in allen Verfahrensschritten Akteneinsicht und Gelegenheit zur Äußerung; am 13. März 2018 wurde er persönlich angehört.
4. Die Landesanwaltschaft erhob am 30. Juli 2018 Disziplinarklage zum Verwaltungsgericht München mit dem Antrag,
den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.
Sie trug zur Begründung vor, die tatsächlichen Feststellungen aus dem Urteil des Amtsgerichts München vom 16. November 2017 seien bindend. Der Beklagte habe während seiner Dienstausübung und damit innerdienstlich eine Dienstpflichtverletzung begangen. Durch die gefährliche Körperverletzung im Amt durch Unterlassen habe er gegen seine Pflicht zur Achtung der Gesetze (§ 33 Abs. 1 Satz 3 Beamtenstatusgesetz - BeamtStG - i.V.m. §§ 340 Abs. 1, Abs. 3, 224 Abs. 1 Nr. 2, 13 Strafgesetzbuch - StGB) und seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG) verstoßen. Er habe vorsätzlich gehandelt.
Der Strafrahmen, der einen Orientierungsrahmen bilde, betrage Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Bei Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren könne das strafbare Verhalten bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führen. Hier habe das Amtsgericht München den Beklagten zu zehn Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Auch wenn die konkrete Strafzumessung bei innerdienstlichen Dienstvergehen keine indizielle Bedeutung habe, sei § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG in den Blick zu nehmen, nach dem ein zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilter Beamter kraft Gesetzes aus dem Beamtenverhältnis ausscheide. Für die disziplinarische Ahndung sei damit der Orientierungsrahmen bis zur Höchstmaßnahme eröffnet.
Zu Lasten des Beklagten sei zu werten, dass er eine erhebliche Verletzung der Hand des Schülers mit Langzeitfolgen verursacht, den Schüler durch Inaussichtstellen der Note 1 zur Teilnahme an dem Experiment motiviert, vorab keine Informationen zu dem Experiment eingeholt, dessen Dauer willkürlich auf acht Minuten erhöht habe und ihm - wie das Strafgericht ausgeführt habe - „Komplettversagen durch das unmittelbare Handeln im Klassenzimmer nach der Tat“ vorzuwerfen sei. Zu Gunsten des Beklagten sei zu berücksichtigen, dass er nicht vorbelastet sei, sein Verhalten bedauere und die Körperverletzung im Amt durch Unterlassen verwirklicht habe. Das von der Schule übermittelte Persönlichkeitsbild enthalte sowohl positive als auch negative Aspekte. In einer Gesamtschau unter Abwägung aller be- und entlastenden Umstände sei die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis angezeigt und nicht unverhältnismäßig.
Der Beklagte beantragte,
auf eine mildere Disziplinarmaßnahme als die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu erkennen.
Er trug vor, der Verweis in der Disziplinarklage auf die strafrechtliche Verurteilung gehe fehl, weil eine präjudizielle Bindung an strafrechtliche Bemessungserwägungen bei innerdienstlichen Vergehen gerade nicht erfolge. Die ausgeurteilte Strafe von zehn Monaten liege am unteren Rand des strafrechtlich zur Verfügung stehenden Rahmens. Ein endgültiger Vertrauensverlust könne nicht festgestellt werden. Er sei davon ausgegangen, dass ein körperlicher Schaden bei dem Schüler nicht eintreten und dieser das Experiment abbrechen werde, bevor er Schaden nehme. Er habe die Verweildauer der Hand in dem Eis gedankenlos auf acht Minuten erhöht, nachdem auch die beiden vorangegangenen Versuche mit vier Minuten Dauer gut gegangen seien. Die Intention für das Experiment sei gewesen, das Interesse der Schüler zu fesseln. Er sei davon ausgegangen, dass die männliche Haut anders aufgebaut sei als die weibliche. Das Strafverfahren dürfte Mahnung genug an ihn sein, seine Pflichten künftig zu beachten. Auf die zulasten des Beklagten angestellten Überlegungen der Disziplinarbehörde sei zu erwidern, dass der Schüler das Experiment abbrechen hätte können und das fehlende Einholen von Informationen ausschlaggebend für die Annahme eines dolus eventualis sei. Zudem sei er mit der gesamten Situation überfordert gewesen, was zu dem unzureichenden Verhalten am Ende der Schulstunde geführt habe. Er habe dennoch mit dem Schüler auf das Eintreffen der Rettungskräfte gewartet und sei aus Sorge um diesen von der Schule zum Krankenhaus gelaufen. Er bedauere den Vorfall aufrichtig.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Disziplinarakte, die Personalakte, die beigezogene Akte des Strafverfahrens (455 Js 128328/17) und die Gerichtsakte Bezug genommen.
Gegen den Beklagten wird auf die Disziplinarmaßnahme der Kürzung der Dienstbezüge in Höhe von 1/10 für die Dauer von 48 Monaten erkannt (Art. 9 BayDG).
1. Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Fehler auf, insbesondere erhielt der Beklagte in allen Verfahrensschritten die Gelegenheit zur Äußerung und wurde die Schwerbehindertenvertretung ordnungsgemäß beteiligt (§ 178 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch - SGB IX).
2. Das Gericht legt dem Beklagten den Sachverhalt aus dem Urteil des Amtsgerichts München vom 16. November 2017 zur Last. Danach hat er am 12. Januar 2017 in der 9. Klasse ein Experiment zur Entstehung von Blitzeis durchgeführt und den Schüler D.L. unter Inaussichtstellung der Note 1 veranlasst, seine Hand in einen Eimer mit Schnee und Kochsalz zu stecken und für acht Minuten dort zu belassen, wodurch der Schüler Schmerzen und Erfrierungen 2. Grades an drei Fingern erlitt. Der Beklagte gesteht den Sachverhalt vollumfänglich ein.
3. Durch die zur Last gelegte Tat hat er innerdienstlich ein Dienstvergehen begangen, weil er die ihm obliegenden Pflichten verletzt hat; betroffen ist sind die Pflicht zur Achtung der Gesetze (§ 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG i.V.m. §§ 340 Abs. 1, Abs. 3, 224 Abs. 1 Nr. 2, 13 StGB) und die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG). Der Beklagte handelte dabei vorsätzlich und zwar mit bedingtem Vorsatz (dolus eventualis); er hat die Körperverletzung bei dem betroffenen Schüler nicht beabsichtigt und nicht sicher gewusst, dass es zur Erfüllung des Tatbestandes kommen wird, aber die Gefahr insoweit zumindest erkannt und in Kauf genommen (vgl. Joecks/Kulhanek in Münchener Kommentar, StGB, 4. Aufl. 2020, § 16 Rn. 31 f.).
4. Das festgestellte Dienstvergehen wiegt schwer. Dennoch kommt das Gericht im Hinblick auf die konkreten Umstände der Tat und die zugunsten des Beklagten sprechenden Umstände zu dem Ergebnis, dass nicht die von der Landesanwaltschaft beantragte Entfernung aus dem Beamtenverhältnis auszusprechen ist, sondern eine Kürzung der Dienstbezüge in Höhe von 1/10 für die Dauer von 48 Monaten die angemessene Disziplinarmaßnahme darstellt.
4.1. Die Landesanwaltschaft hat in der Disziplinarklage zutreffend ausgeführt, dass für die disziplinarische Ahndung der vorgeworfenen Tat der Orientierungsrahmen bis zur Höchstmaßnahme eröffnet ist. Auf die entsprechenden Ausführungen wird verwiesen (Art. 3 BayDG i.V.m. § 117 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).
4.2. Ungeachtet des Orientierungsrahmens bis zur Höchstmaßnahme führen die konkreten Umstände der Tat und die zugunsten des Beklagten zu berücksichtigenden Milderungsgründe dazu, dass eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nicht angezeigt ist.
4.2.1. Der dem Beklagten vorgeworfene Sachverhalt besteht aus einer Einzeltat als singuläres Ereignis. Über das vorgeworfene Experiment und den defizitären Umgang mit dessen Folgen am Ende der Schulstunde hinaus hat sich der Beklagte nichts zu Schulden kommen lassen. Den Kern der Vorwerfbarkeit bilden damit die vier Minuten, um die er das bereits zuvor zwei Mal für jeweils vier Minuten durchgeführte Experiment auf acht Minuten verlängert hat. Diese sehr kurze Zeitspanne hat letztlich zu einer Körperverletzung bei dem geschädigten Schüler geführt und begründet damit die Dienstpflichtverletzung. Damit ist dem Beklagten der Milderungsgrund des persönlichkeitsfremden Augenblicksversagens zugute zu halten und davon auszugehen, dass sich eine Wiederholung dieser oder einer vergleichbaren Tat in Ansehung seiner Persönlichkeit ausschließen lässt.
4.2.2. Hinzu kommt, dass die vorgeworfene Tat im Hinblick auf ihren Charakter und ihr Erscheinungsbild nicht mit sonstigen Taten zu vergleichen ist, die regelmäßig zu einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führen. Üblicherweise stellen schwere Vorsatzstraftaten wie etwa Diebstahl, Betrug, Untreue, Unterschlagung oder Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung inklusive Verbreitung, Erwerb und Besitz von kinder- und jugendpornographischen Schriften die Anlasstaten für eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis dar. Für diese Taten ist üblicherweise Vorsatz in Form von direktem Vorsatz (dolus directus 2. Grades) erforderlich, bei dem der Täter bei der Tatbegehung sicher weiß, dass sein Verhalten die Merkmale eines Straftatbestandes erfüllen wird (vgl. Joecks/Kulhanek in Münchener Kommentar, StGB, 4. Aufl. 2020, § 16 Rn. 26 ff.). Das dem Beklagten allein vorgeworfene, im Rahmen des Physikunterrichts durchgeführte Experiment, das aufgrund seiner Nachlässigkeit und Pflichtvergessenheit völlig aus dem Ruder gelaufen ist, ist von seinem Charakter und seinem Erscheinungsbild her nicht mit den vorgenannten Taten vergleichbar. Überdies lag der damit begangenen gefährlichen Körperverletzung „lediglich“ dolus eventualis zugrunde, der hinsichtlich der Vorwerfbarkeit als weniger gravierend einzustufen ist als der bei den anderen Taten üblicherweise erforderliche dolus directus mindestens 2. Grades.
4.2.3. Daneben spricht eine Vielzahl weiterer Umstände zugunsten des Beklagten.
Er ist straf- und disziplinarrechtlich nicht vorbelastet.
Er hat - abgesehen von der kurzen Zeitspanne nach Beendigung des Experiments bis zum Ende der Unterrichtsstunde - ein anerkennenswertes Nachtatverhalten gezeigt. So hat er den geschädigten Schüler im Krankenhaus besucht und sich bei diesem und seiner Mutter entschuldigt. Er hat sich im Strafverfahren geständig gezeigt. Außerdem hat er eine Schmerzensgeldzahlung an den Geschädigten und eine Ausgleichszahlung an einen gemeinnützigen Verein in jeweils beträchtlicher Höhe geleistet. Im Straf- und im Disziplinarverfahren hat er mehrfach sein aufrichtiges Bedauern über den Vorfall zum Ausdruck gebracht.
Der Beklagte ist überdies durch das Strafverfahren und die lange Dauer des Disziplinarverfahrens von mehr als fünf Jahren sehr belastet.
4.3. Da wegen der vorgenannten Umstände eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nicht in Betracht kommt, war gegen den Beklagten auf die nächstniedrigere Disziplinarmaßnahme zu erkennen. Eine Zurückstufung ist hier nicht möglich, weil er sich noch im Eingangsamt befindet (vgl. Art. 10 Abs. 1 Satz 1 BayDG). Zulässig ist damit die Kürzung der Dienstbezüge, die bei dem Beklagten als Beamten im Eingangsamt nach Art. 9 Abs. 1 Satz 3 BayDG für einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren ausgesprochen werden kann. Unter Berücksichtigung der zu seinen Gunsten sprechenden Umstände erachtet das Gericht hier eine Kürzungsdauer für 48 Monate als angemessen.
Der Kürzungsbruchteil in Höhe von 1/10 ergibt sich aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. März 2001 (1 D 29.00 - juris Ls. und Rn. 20).
5. Der Disziplinarmaßnahme der Kürzung der Dienstbezüge steht nicht die Vorschrift des Art. 15 Abs. 1 Nr. 2 BayDG entgegen. Danach darf eine Kürzung der Dienstbezüge neben einer Strafe nur dann ausgesprochen werden, wenn dies zusätzlich erforderlich ist, um den Beamten zur Pflichterfüllung anzuhalten oder das Ansehen des Berufsbeamtentums zu wahren. In Anbetracht der erheblichen negativen Außenwirkung bei Bekanntwerden des durchgeführten Experiments und dessen gesamter Umstände sieht das Gericht hier die zweite Alternative der Vorschrift als erfüllt an.
6. Auch ein Disziplinarmaßnahmeverbot wegen Zeitablaufs besteht nicht. Nach Art. 16 Abs. 2 BayDG darf eine Kürzung der Dienstbezüge nicht mehr ausgesprochen werden, wenn seit der Vollendung des Dienstvergehens (hier am 12.1.2017) mehr als drei Jahre vergangen sind. Dabei ist die Frist jedoch nach Art. 16 Abs. 5 Satz 1 BayDG für die Dauer des gerichtlichen Disziplinarverfahrens gehemmt, so dass die Zeit ab Klageerhebung am 30. Juli 2018 nicht einzurechnen ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayDG. Da gegen den Beklagten im Verfahren der Disziplinarklage auf eine Disziplinarmaßnahme erkannt wurde, trägt er die Kosten des Verfahrens.