Urteil vom Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht (3. Kammer) - 3 A 249/03

Tenor

Die Klage wird auf Kosten der Klägerin abgewiesen.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Tatbestand

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Die Klägerin begehrt die Änderung des Beschlusses der Beklagten hinsichtlich der Festsetzung der Benutzungsentgelte im Rettungsdienst.

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Die Klägerin ist Trägerin des Rettungsdienstes nach § 6 Abs. 2 Rettungsdienstgesetz Schleswig-Holstein (RDG SH) für den Bereich der Stadt Neumünster.

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Nach § 8 a Abs. 1 RDG SH vereinbart sie mit den gesetzlichen Krankenkassen oder deren Verbänden und dem Landesausschuss Schleswig-Holstein des Verbandes der Privaten Krankenversicherung Benutzungsentgelte für die Leistungen des Rettungsdienstes. Zwischen der Klägerin und den Beigeladen kam es im Rahmen der Verhandlungen über die Benutzungsentgelte für das Jahr 2003 in mehreren Verhandlungen zu keiner Einigung, so dass gemäß § 8 b Abs. 3 RDG SH die Beklagte (A.) angerufen wurde. In der Sitzung der Beklagten am 11. August 2003 schlossen die Parteien (die Klägerin und die Beigeladenen) über 4 streitige Punkte einen Vergleich auf Widerruf. In Ziff. 4 dieses Vergleiches wurde u. a. geregelt: „Zeile 53 des KLN-A 1 gilt mit 65.000,00 € als geeinigt.“ Die Klägerin widerrief diesen Vergleich mit der Begründung, sie sei nunmehr in der Lage die „Kosten der inneren Leistungsverrechnung“ detailliert darzustellen. In einer Besprechung zwischen der Klägerin und der Beigeladenen am 21.08.2003 stellte die Klägerin dar, dass alle ursprünglich strittigen Punkte, wie von der Schiedsstelle vorgeschlagen, akzeptiert würden - mit Ausnahme der in dem Widerrufsvergleich festgesetzten in die Entgeltberechnung einbezogenen Gemeinkosten/Overheadkosten (Zeile 53 des KLN). Diese seien mit einem Betrag in Höhe von 189.300,00 € einzubeziehen. Diese Kosten seien nach Maßgabe des „Leitfadens zur Kostenermittlung“ der kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung und den darin vorgeschlagenen „Schlüsseln“ berechnet worden. Die Beigeladenen stellten in der Besprechung fest, dass die Herleitung und Kalkulation der inneren Leistungsverrechnung ausreichend erläutert worden seien, jedoch sähen sie das Prinzip einer sparsamen und wirtschaftlichen Betriebsführung nicht gewahrt, so dass die Kosten nicht in der vorgeschlagenen Höhe in die Entgeltberechnung eingezogen werden könnten. Daraufhin erließ die Beklagte unter dem 25.08.2003 den Beschluss, in dem unter Punkt 4 die Zeile 53 des KLN-A 1 auf 65.000,00 € festgesetzt wird. Zur Begründung wird ausgeführt, dass, soweit die Antragstellerin Verwaltungskosten von 189.300,00 € geltend mache, diese unter dem Gesichtspunkt der sparsamen und wirtschaftlichen Betriebsführung des Rettungsdienstes nicht zugebilligt werden könnten. Die Antragstellerin habe den Verteilungsschlüssel für die von ihr sogenannten Overheadkosten nicht überzeugend nachvollziehbar für die Schiedsstelle darlegen können. Dies gelte insbesondere für den Schlüssel der Umlegung allgemeiner Verwaltungskosten auf den Rettungsdienst im Verhältnis zu anderen Aufgaben der Verwaltung, die von diesen Stellen wahrzunehmen seien. Die Antragstellerin müsse sich auch messen lassen an den Overheadkosten anderer Rettungsdienstträger, die bei einem mehrfachen des Gesamtvolumens wesentlich niedrigere Verwaltungskosten geltend machten. Hinzu komme, dass die Verwaltungskosten gegenüber dem Vorjahr (KLN vom 13.05.2003) mit einem Mehrbetrag von ca. 300 % geltend gemacht würden. Die Schiedsstelle könne sich insoweit des Eindruckes nicht erwehren, dass der allgemeine Verwaltungshaushalt zu Lasten des Kostenträgers des Rettungsdienstes saniert werden solle. Dies möge verständlich sein, sei aber mit § 8 a RDG SH nicht zu vereinbaren. Die Schiedsstelle könne der Antragstellerin daher lediglich Verwaltungskosten in Höhe des Vorjahres mit einer angemessenen Steigerung wegen der Gehaltsanpassungen zubilligen. Die Kosten in Zeile 8 KLN-A 1 habe die Schiedsstelle entsprechend dem Antrag der Stadt Neumünster auf 143.447,54 € festgesetzt. Hierbei handele es sich um Kosten für das Verwaltungspersonal, welches direkt beim Fachdienst Feuerwehr, Rettungsdienst und Katastrophenschutz für den Bereich Rettungsdienst eingesetzt werde.

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Die Klägerin hat am 24.09.2003 gegen den Beschluss Klage erhoben.

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Sie macht geltend, dass die für das Gesetz zur Änderung des Rettungsdienstgesetzes Schleswig-Holstein vom 06. November 2001 in Art. 2 geregelten Voraussetzungen für das in Kraft treten des Änderungsgesetzes nicht erfüllt seien, so dass die Vorschriften des § 8, 8 a und 8 b RDG SH nicht wirksam seien.

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Gehe man jedoch von einem wirksamen Beschluss der Beklagten aus, so sei dieser hinsichtlich der Festsetzung der Zeile 53 des KLN rechtswidrig. Der für die Gemeinkosten/Overheadkosten, der auf den Bereich Rettungsdienst falle, veranschlagte Betrag in Höhe von 189.300,00 € ergebe sich in allen Einzelheiten aus dem Kosten- und Leistungsnachweis für das Jahr 2003. Dass im Rahmen der Kalkulation der Benutzungsentgelte für das Jahr 2003 für die Gemeinkosten/Overheadkosten ein Betrag in Ansatz gebracht werde, der fast dreimal so hoch ausgefallen sei, wie die zu Beginn der mit den Kostenträgern geführten Verhandlungen genannte Summe beruhe allein darauf, dass sie, die Klägerin, jene Kosten - bedingt durch eine neue Verwaltungsstruktur und unter Berücksichtigung eines veränderten Kostenbewusstseins - erstmals aufgrund einer detaillierten Kostenermittlung nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten ermittelt habe. Dies vermöge jedoch den nunmehr geltend gemachten Betrag in Höhe von 189.300,00 € weder dem Grunde noch der Höhe nach in Frage zu stellen, da die entsprechenden Gemeinkosten nun einmal angefallen und bei der Bemessung der Benutzungsentgelte folglich auch zu berücksichtigen seien.

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Die Klägerin beantragt,

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1. den Beschluss der Beklagten vom 25.08.2003 - Az. Schiedsstelle - insoweit aufzuheben, als damit für die „Kosten der Verbände“ in der Zeile 53 der Anlage 1 des Kosten- und Leistungsnachweises der Klägerin der Betrag von 65.000,00 € festgesetzt wurde,

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2. die Beklagte zu verpflichten, ihren Schiedsspruch dahingehend zu ändern, dass unter Zugrundelegung des Betrages von 189.300,00 € für die Gemeinkosten/Overheadkosten in der Zeile 53 der Anlage A 1 des Kosten- und Leistungsnachweises der Klägerin für das Jahr 2003 („Kosten der Verbände“) festgesetzt wird,

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hilfsweise,

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die Beklagte zu verpflichten, ihren Schiedsspruch dahingehend zu ändern, dass der in der Zeile 53 der Anlage A 1 des Kosten- und Leistungsnachweises der Klägerin („Kosten der Verbände“) einzusetzende Betrag für die Gemeinkosten/Overheadkosten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts festgelegt und unter Zugrundelegung jenes Betrages für das Jahr 2003 die Pauschalentgelte je Einsatz sowie die Entgelte je Kilometer für den Rettungstransport, den Krankentransport und für das Notarzteinsatzfahrzeug neu festgesetzt werden.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie macht geltend, dass die beigeladenen Krankenkassen/Verbände zu Recht darauf hingewiesen hätten, dass die Kosten der Verwaltung gemäß Ziff. 8 KLN (Antrag der Kläger auf Festsetzung in Höhe von 143.447,54 €) und Ziff. 53 (sogenannte Overheadkosten) zusammen zu sehen seien und eine Festsetzung auf insgesamt 138.000,00 € vorzunehmen sei. Dies ergebe sich nach einer bundesweit angewandten Berechnungsmethode zur Verwaltungskostenberechnung, nach der sich ein Personalbedarf für die Klägerin von 3,21 Kräften ergebe. Unter Zugrundlegung dieses Gesichtspunktes sei ihre, der Beklagten, Festsetzung, in der nämlich die Kosten KLN-A 1 Ziff. 8 in Höhe von 143.447,54 € und die Kosten KLN A 1 Ziff. 53 in Höhe von 65.000,00 € festgesetzt worden seien, also insgesamt Verwaltungskosten in Höhe von 208.447,54 €, völlig überhöht. Die Klägerin habe nicht ansatzweise deutlich gemacht, warum die Beigeladenen die verlangten Kosten unter dem Gesichtspunkt einer sparsamen und wirtschaftlichen Betriebsführung erstatten sollten. Bereits die zugesprochenen (direkten) Kosten der Verwaltung für den Rettungsdienst erschienen im Vergleich zu anderen Rettungsträgern hoch. Die Klägerin habe gegenüber dem Jahr 2002 schlicht und einfach die „Philosophie ihres Rechnungswesen“ geändert, sie habe jedoch nicht deutlich machen können, in welchem Umfang die allgemeine Verwaltung tatsächlich für den Rettungsdienst notwendig arbeite. Zu Recht weise die Klägerin allerdings darauf hin, dass sie, die Beklagte, ohne weitere ausführliche Begründung den Betrag von 65.000,00 € als Overheadkosten zugebilligt habe. Dies sei geschehen in der Hoffnung, dass zwischen den Parteien ein Wille zum Konsens vorhanden sei. Von Rechts wegen hätten die Overheadkosten mangels Schlüssigkeit vollständig gestrichen werden müssen.

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Die Beigeladenen haben keinen Sachantrag gestellt.

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Sie machen geltend, dass die Beklagte mit Festsetzung der 143447,54 Euro in Zeile 8 KLN-A1 bereits einen erheblich höheren Betrag zugebilligt habe, als nach einer bundesweit angewandten Berechnungsmethode zur Ermittlung der Kosten des Verwaltungspersonals gerechtfertigt sei. Darüberhinaus könnten keinesfalls - zumal fiktiv berechnete- Personalkosten der städtischen Verwaltung in Ansatz gebracht werden.

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Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Schriftsätze der Parteien und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten, die der Kammer vorgelegen haben, verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Gemäß § 40 Abs. 1 VwGO ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben, da es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art handelt und die Streitigkeit nicht durch Bundesgesetz einem Gericht ausdrücklich zugewiesen ist.

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Eine gesetzliche Rechtswegzuweisung ergibt sich allerdings nicht schon aus § 8 b Abs. 3 Satz 3 RDG SH, der bezüglich der Entscheidungen der Schiedsstelle den Verwaltungsrechtsweg als gegeben erklärt. Angesichts des Umstandes, dass der Bund mit Erlass der VwGO von seiner Kompetenz gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG Gebrauch gemacht und das Verfahren der Verwaltungsgerichtsbarkeit erschöpfend geregelt hat, ist Voraussetzung für eine konstitutive Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges durch ein Landesgesetz, dass die VwGO selbst oder ein anderes Gesetz die Länder dazu ermächtigt (Kopp/Schenke § 40 VwGO Rn. 8; § 1 VwGO Rn. 8 f.). § 40 Abs. 1 Satz 2 VwGO sieht jedoch nur die landesrechtliche Befugnis zur Regelung abdrängender Verweisungen im Hinblick auf öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts vor. Ein befugnisbegründendes Bundesgesetz ist nicht ersichtlich. Bei § 8 b Abs. 3 RDG SH kann es sich daher lediglich um eine deklaratorische Verweisung auf § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO handeln.

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Aufgrund der abdrängenden Zuweisungsnorm des § 51 Abs. 1 Nr. 5 SGG (in der im Zeitpunkt der Klageerhebung geltenden Fassung, vgl. § 17 Abs. 1 S. 1 GVG) ist nicht der Rechtsweg zur Sozialgerichtsbarkeit eröffnet. Gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 5 SGG a. F. entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit „in sonstigen Angelegenheiten der Sozialversicherung“. Die Anwendbarkeit der Norm setzt voraus, dass es sich um eine sozialversicherungsrechtliche Angelegenheit handelt. Dies ist nach Auffassung des erkennenden Gerichts jedoch nicht der Fall. Allerdings enthält § 133 SGB V eine ausdrückliche Regelung über die Entgelte für die Inanspruchnahme von Leistungen des Rettungsdienstes. Diese Regelung steht gemäß § 133 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz, unter dem ausdrücklichen Vorbehalt anderweitiger landesrechtlicher und kommunalrechtlicher Bestimmungen (vgl. hierzu BVerwGE 101, 177). Von diesem Vorbehalt hat der Schleswig-Holsteinische Gesetzgeber Gebrauch gemacht und in § 8 a RDG SH nähere Grundsätze über die Höhe der Benutzungsentgelte aufgestellt. Danach vereinbaren die Kreise und kreisfreien Städte mit den Kostenträgern Benutzungsentgelte für die Leistungen des Rettungsdienstes unter Wahrung der sich aus dem RDG SH und den aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen sich ergebenden Anforderungen an die Aufgabenerfüllung sowie der allgemein gültigen, rettungsdienstlichen und präklinisch-medizinischen Standards (§ 8 a Abs. 1 RDG SH). Die Benutzungsentgelte sind ferner nach § 8 a Abs. 3 RDG SH so zu bemessen, dass sie auf der Grundlage einer sparsamen und wirtschaftlichen Betriebsführung die Gesamtkosten des Rettungsdienstes unter Berücksichtigung des gesamten Einsatzspektrums decken. Hieraus ist der Schluss zu ziehen, dass die wesentlichen Streit entscheidenden Normen dem RDG SH zu entnehmen sind und die Vorschrift des § 133 Abs. 1 (i. V. m. § 71 Abs. 1 bis 3 SGB V) nicht zur Anwendung kommt. Ebenso hat der VGH München (Beschluss vom 11.07.2001, 25 C 00.1271; Beschluss vom 28.02.2005, 21 C 04.3343) für die dem § 8 a RDG SH vergleichbare Kostenregelung des Art. 24 BayRDG entschieden, obwohl diese sogar die Beachtung des § 133 Abs. 1 S. 2 SGB V in der jeweils geltenden Fassung anordnet (vgl. Gerichtsbescheid der Kammer vom 31.08.2006, Az. 3 A 254/05).

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Die Klage ist jedoch unbegründet.

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Der Beschluss der Beklagten vom 25.08.2003 ist rechtmäßig.

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Insbesondere die Festsetzung der in das festzulegende Benutzungsentgelt einfließenden „Overheadkosten“ in Höhe von 65.000,00 € ist rechtlich nicht zu beanstanden.

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Ausgangspunkt der rechtlichen Beurteilung ist § 8 a Rettungsdienstgesetz Schleswig-Holstein ( RDG).

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Soweit die Klägerin die Wirksamkeit des Inkrafttretens dieser gesetzlichen Regelung in Frage stellt, sind diese Bedenken von dem Gericht nicht nachzuvollziehen. Mit dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Notfallregelung und den Krankentransport vom 06.11.2001 (GVOBl.S-H, S. 180) wurde unter Art. 2 Abs. 4 bestimmt, dass die Änderungen des § 8 zum Zeitpunkt des erstmaligen Abschlusses der Vereinbarungen über Benutzungsentgelte oder der Entscheidungen der Schiedsstelle nach § 8 b RDG in Kraft treten. Diese Übergangsstimmung bedeutet, dass sämtliche Träger entweder eine Vereinbarung mit den Kostenträgern getroffen haben oder eine Entscheidung der Schiedsstelle erfolgt sein musste, damit die Änderung in § 8 RDG in Kraft treten konnten. §§ 8 a RDG und 8 b RDG sind gemäß Art. 2 Abs. 1 des Änderungsgesetzes vom 06. November 2001 jedoch am Tage nach seiner Verkündung in Kraft getreten. Andernfalls hätte es auch an einer Rechtsgrundlage für eine Vereinbarung der Kostenträger (§ 8 a) oder der Entscheidung der Schiedsstelle (§ 8 b) als Grundlage für das in Krafttreten der Änderung in § 8 RDG gemäß Art. 2 Abs. 4 Änderungsgesetz gefehlt. Schließlich hat die Klägerin selbst die Schiedsstelle angerufen und ist von ihrem rechtmäßigen Bestehen ausgegangen.

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Gemäß § 8 a Abs. 3 RDG sind die Benutzungsentgelte so zu bemessen, dass sie auf der Grundlage einer bedarfsgerechten und leistungsfähigen Organisation sowie einer sparsamen und wirtschaftlichen Betriebsführung die Gesamtkosten des Rettungsdienstes unter Berücksichtigung des gesamten Einsatzspektrums decken. Diese Benutzungsentgelte werden gemäß § 8 a Abs. 1 RDG von den Kreisen und kreisfreien Städten mit den gesetzlichen Krankenkassen oder deren Verbänden oder dem Landesausschuss Schleswig-Holstein des Verbandes der Privaten Krankenversicherung vereinbart. Soweit, wie vorliegend, eine Vereinbarung nicht zustande kommt, ist die Anrufung der Schiedsstelle gemäß § 8 b RDG vorgesehen, die in diesem Fall die Benutzungsentgelte festsetzt.

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Da bei Scheitern der Verhandlungen unter den Beteiligten die Entscheidung der Schiedsstelle an die Stelle einer vertraglichen Vereinbarung tritt, hat diese sich an die in § 8 a Abs. 3 RDG festgelegten Kriterien für die Bemessung der Benutzungsentgelte zu halten. Diese sind mit einer sparsamen und wirtschaftlichen Betriebsführung auf der Grundlage einer bedarfsgerechten und leistungsfähigen Organisation, die die Gesamtkosten des Rettungsdienstes unter Berücksichtigung des gesamten Einsatzspektrums decken, beschrieben. Da es sich bei den so definierten Bemessungsgrundlagen für die Festsetzung für die Benutzungsentgelte um sehr globale Kriterien handelt, geht das Gesetz ersichtlich davon aus, dass der Schiedsstelle bei ihrer Entscheidung über die Festsetzung von Benutzungsentgelten ein weiter Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum zusteht (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 07.11.2003, 14 S 730/03 in Juris). Diese Annahme ergibt sich aus dem Wesen der Schiedsstellenentscheidung als Schlichtungsmaßnahme eines weisungsfreien, mit Vertretern der Interessen der betroffenen Gruppen besetzten Gremiums (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 01.12.1998 - 5 C 17.97 -, BVerwGE 108, 47 f, (52)). Diese vom Gesetz der Schiedsstelle zugetraute Kompetenz gebietet es, die gerichtliche Überprüfung auf die der Schiedsstelle gesetzten rechtlichen Vorgaben zu beschränken und ihr für ihre Bewertungen und Beurteilungen im Rahmen der unbestimmten Rechtsbegriffe (insbesondere Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit, Leistungsfähigkeit, leistungsgerechtes Entgelt) einen Spielraum, eine Einschätzungsprärogative zu belassen (vgl. BVerwG a.a.O.,BVerwG,Urt. Vom 18.03.2004, 3C 23/03, in Juris). Dies bedeutet, dass sich die Überprüfung der Entgeltfestsetzung der Schiedsstelle darauf zu beschränken hat, ob diese die widerstreitenden Interessen der Vertragsparteien richtig ermittelt, alle für die Abwägung erforderlichen tatsächlichen Erkenntnisse gewonnen und die Abwägung frei von Einseitigkeit in einem den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden fairen und willkürfreien Verfahren vorgenommen hat (vgl. VGH Baden-Württemberg a.a.O. m.w.N.).

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Nach diesen Grundsätzen hält sich die Entscheidung der Beklagten vom 25.08.2003 im Rahmen des ihr zustehenden Beurteilungsspielraumes und ist rechtlich nicht zu beanstanden.

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Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Festsetzung der Zeile 53 der KLN-A 1 auf 189.300,00 €. Es ist nicht relevant, ob die von der Klägerin geltend gemachten Overheadkosten tatsächlich in dieser Höhe entstanden sind. Für die Bemessung des Benutzungsentgeltes sind nicht alle tatsächlich entstandenen Kosten maßgebend. Ziel der Neuregelung im Rettungsdienstgesetz sowohl vom 29. November 1991 (GVOBl. SH S. 579) als auch in der Form des Änderungsgesetzes vom 06. November 2001 (GVOBl. SH S. 180 f) war es insoweit, das bisher geltende Selbstkostendeckungsprinzip durch eine Stärkung des Vereinbarungsprinzips zu ersetzen. Während das Rettungsdienstgesetz vom 24.03.1975 das Kommunalabgabengesetz (KAG) für uneingeschränkt anwendbar erklärte, mit der Folge, dass die Träger berechtigt waren, kostendeckende Gebühren zu erheben - d. h., der gesamte Betriebs-, Geschäfts- und Finanzaufwand war durch Benutzungsgebühren zu decken - führte die durch Änderungsgesetz 2001 erfolgte Regelung, dass Benutzungsentgelte und nicht Gebühren festzusetzen sind, dazu, dass das zuvor geltende Selbstkostendeckungsprinzip durch ein Vereinbarungsprinzip ersetzt wurde. Bemessungsgrundlage für das Benutzungsentgelt sind ausschließlich gemäß § 8 a Abs. 3 RDG 1991 eine bedarfsgerechte und leistungsfähige Organisation sowie die Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Betriebsführung. Unter Zugrundelegung dieser Kriterien hat die Beklagte die widerstreitenden Interessen der Vertragsparteien zutreffend ermittelt. Auf der einen Seite hat sie die - vertretbare- Position der Beigeladenen berücksichtigt, die dargelegt haben, dass nach einer bundesweit angewandten Berechnungsmethode zur Ermittlung der Kosten des Verwaltungspersonals ( sog. „Forplan“) für die Klägerin von einem Personalbedarf im Bereich des Rettungsdienstes von 3,21 Kräften auszugehen sei, so dass Personalkosten in Höhe von insgesamt 138.000,00 € zuzubilligen seien. In diesen Kosten sehen die Beigeladenen bereits die Verwaltungspersonalkosten Bereich Rettungsdienst, Zeile 8 KLN, die dort von der Klägerin mit 143.447,54 € beziffert werden, als miterfasst. Dementsprechend beantragten die Beigeladenen, die sich mit einer Anerkennung der Verwaltungspersonalkosten in der von der Klägerin beantragten Höhe einverstanden erklärten (obwohl diese die von ihnen ermittelten 138000,00 € übersteigen), darüber hinaus überhaupt keine weiteren Verwaltungskosten für den Bereich Rettungsdienst mehr anzuerkennen.

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Auf der anderen Seite bestritt die Beklagte nicht, dass der Klägerin die Gesamtkosten/Overheadkosten in der von ihr vorgetragenen Summe tatsächlich entstanden sind, jedoch stellte sie zu Recht fest, dass nicht dargelegt worden sei, dass der durch den von ihr zugrunde gelegten Umrechnungsschlüssel auf den Bereich Rettungsdienst entfallende Betrag auch tatsächlich einer sparsamen und wirtschaftlichen Betriebsführung entsprach. Dies vermochte die Klägerin nicht darzulegen. Sie berief sich vielmehr auf bestehende „Verwaltungsstrukturen“, die diesen Aufwand erforderten und nicht zeitnah effizienter zu gestalten seien. Darüber hinaus trug sie zu dem Einwand der Beklagten, dass diese Kosten gegenüber dem Jahr 2002 sich verdreifacht hätten vor, dass für das Jahr 2003 erstmals eine anteilige Umlegung der Steuerungs- und Serviceleistungen auf den Bereich Rettungsdienst erfolgt sei, dies sei die Jahre davor unterblieben. Dies ist zu Recht von der Beklagten nicht als tragfähige Begründung für die Wirtschaftlichkeit einer Steigerung der geltend gemachten Verwaltungskosten gegenüber dem Vorjahr mit einem Mehrbetrag von 300 % angesehen worden.

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Wenn die Beklage darüber hinaus berücksichtigt, dass andere Rettungsträger bei einem höheren Gesamtvolumen wesentlich niedrigere Overheadkosten geltend machen, so ist die festgesetzte Summe von 65.000,00 € nicht zu beanstanden. Dass sich dieser Betrag nicht als das Ergebnis einer konkreten „Rechnung“ ergibt, folgt aus der Aufgabe der Schiedsstelle, die sich auf eine Streit schlichtende Funktion beschränkt. Dies bedeutet, dass der von ihr vorliegend angenommene Betrag sich an dieser Aufgabe zu bemessen hat. Zu Recht trägt die Beklagte diesbezüglich vor, diesen Betrag gewählt zu haben in der Annahme, dass dieser den Interessen beider Parteien nahe komme und sachgerecht unter dem Gesichtspunkt der Sicherung und Stabilisierung eines funktionierenden Rettungsdienstsystems sei.

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Nach alledem ist das Gericht überzeugt, dass die Beklagte die widerstreitenden Interessen der Vertragsparteien zutreffend ermittelt und alle für die Abwägung erforderlichen tatsächlichen Erkenntnisse gewonnen und die Abwägung frei von Einseitigkeit vorgenommen hat.

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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs.3 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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