Beschluss vom Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht (12. Kammer) - 12 B 9/18
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 10.496,76 € festgesetzt.
Gründe
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Der Antrag des Antragstellers,
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der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, die in der Stellenausschreibung Nr. B750422GB–2017–00002344–I ausgeschriebene Stelle mit dem Beigeladenen zu besetzen, solange nicht bestandskräftig über seinen – des Antragstellers – Widerspruch gegen die ihm mitgeteilte Auswahlentscheidung entschieden worden ist,
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hat keinen Erfolg.
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Nach der Vorschrift des § 123 Abs. 1 S. 1 VwGO kann eine einstweilige Anordnung zur Sicherung eines Rechts eines Antragstellers erlassen werden, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung dieses Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Hierbei sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO, §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO das Bestehenden eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen.
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Zwar liegt ein Anordnungsgrund vor; denn die Antragsgegnerin beabsichtigt, die streitgegenständliche Stelle dem Beigeladenen zu übertragen, ohne dass diese Übertragung im Hinblick auf den im Beamtenrecht geltenden Grundsatz der Ämterstabilität rückgängig gemacht werden könnte.
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Der Antragsteller hat jedoch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Die Entscheidung der Antragsgegnerin, ihn im Rahmen der Beförderungsrunde für eine Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 9 BBesG mit Amtszulage (A 9 mZ) nicht zu berücksichtigen, verletzt den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers nicht.
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Nach der Rechtsprechung folgt aus Art. 33 Abs. 2 GG ein Bewerbungsverfahrensanspruch, der dem Bewerber um ein öffentliches Amt ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung – nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung – in die Bewerberauswahl gibt; die Bewerbung darf nur aus Gründen abgelehnt werden, die durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.08.2005 – 2 C 37.04 – Juris Rn. 18 f).
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Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist dann gerechtfertigt, wenn die Verletzung des Rechts auf fehlerfreie Entscheidung über das Begehren des Antragstellers glaubhaft gemacht worden ist und die Möglichkeit besteht, dass die noch zu treffende rechtmäßige Auswahlentscheidung zur Besetzung der Stelle mit dem Antragsteller führen kann. Ist die getroffene Auswahlentscheidung fehlerhaft, kann die Verweigerung vorläufigen Rechtsschutzes nur dann in Betracht kommen, wenn im Sinne einer „offensichtlichen Chancenlosigkeit“ von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Wiederholung des Stellenbesetzungsverfahrens unter Vermeidung der Rechtsverletzung zu einer günstigeren Entscheidung für den Antragsteller führen kann (vgl. etwa OVG Münster, Beschluss vom 14.03.2016 – 1 B 1512/15 – Juris Rn. 19).
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Ausgehend von diesen Grundsätzen kann eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Antragstellers nicht festgestellt werden.
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Es kann zunächst dahinstehen, ob der Antragsteller ausweislich seiner letzten dienstlichen Beurteilung besser qualifiziert ist als der Beigeladene oder dieser einen evtl. Vorsprung deshalb ausgleichen kann, weil er seine letzte dienstliche Beurteilung in einem statushöheren Amt erhalten hat (und ihm im Ergebnis möglicherweise sogar ein Eignungsvorsprung zu attestieren ist).
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Hier spricht nämlich Überwiegendes dafür, dass sich die Stellenausschreibung (nur) an Bewerber richtet, die die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen für die Übertragung der Stelle eines Hauptbrandmeisters mit Amtszulage bereits erfüllen oder jedenfalls nach einer erfolgreichen Bewährungs- bzw. Erprobungszeit erfüllen können. Nach dem Inhalt der Stellenausschreibung ist nicht nur der Dienstposten, sondern das genannte Beförderungsamt selbst Gegenstand der Ausschreibung. Sie impliziert, dass dem erfolgreichen Bewerber das Amt bei Vorliegen der Beförderungsvoraussetzungen übertragen werden kann bzw. übertragen wird. Dies wird auch aus dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 25. Oktober 2017 deutlich, mit der sie nicht nur die Umsetzung des Beigeladenen, sondern auch ihre Absicht, ihm das in der Ausschreibung bezeichnete Amt mit höherem Endgrundgehalt ohne Änderung der Amtsbezeichnung zu übertragen, kundtut. Dass die Stelle eines Hauptbrandmeisters mit Amtszulage - wie es beim Antragsteller der Fall wäre - erst mit erheblicher zeitlicher Verzögerung besetzt werden soll, ist der Ausschreitung hingegen nicht zu entnehmen. Ein solches Vorgehen wäre – jedenfalls ohne Durchführung eines weiteren Auswahlverfahrens mit unter Umständen anderem Bewerberkreis – auch nicht rechtmäßig.
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Eine Beförderung des Antragstellers in ein Amt der Besoldungsgruppe A 9 mit Amtszulage setzt wegen des Verbots der Sprungbeförderung (vgl. § 22 Abs. 4 BBG) zunächst – ggf. nach einer Bewerbung in einer Erprobung – seine Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 9 BBesO und sodann den Ablauf der nach § 22 Abs. 4 Nr. 2 b bestimmten Wartezeit seit der letzten Beförderung sowie eine Bewährung in einer Erprobung für das weitere Beförderungsamt voraus (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 31.10.2009 – 6 B 1235/09 – Juris, Rn. 4).
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Eine Entscheidung, dem Antragsteller die Stelle zu übertragen, um ihn anschließend (ggf. nach einer erfolgreichen Erprobung) in ein Amt der Besoldungsgruppe A 9 BBesO und (erst) später nach Ablauf der Wartezeit in ein solches der Besoldungsgruppe A 9 mit Amtszulage zu befördern, wäre damit nicht zu vereinbaren. Auch wenn die Vorverlagerung der Auslese für Beförderungsämter auf die Auswahl unter den Bewerbern um den Beförderungsdienstposten als solche zwar keinen Bedenken begegnen mag, setzt sie aber einen engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Zuweisung des Beförderungsdienstpostens und der am Ende stehenden Beförderung voraus (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.02.2009 – 2 A 7.06 – Juris Rn. 20 und Beschluss vom 20.06.2013 – 2 VR 1.13 – Juris, Rn. 13).
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Die hier streitige Stellenbesetzung stellt auch eine Beförderung im Sinne des § 22 BBG dar. Bei der Besetzung eines nach Besoldungsgruppe A 9 mit Amtszulage bewerteten Dienstpostens handelt es sich um eine beförderungsgleiche Maßnahme. Denn Ämter gleicher Besoldungsgruppe mit und ohne Amtszulage stellen statusrechtlich zwei verschiedene Ämter dar. Um das (höhere) Amt zu erlangen, bedarf es auch zumindest eines ernennungsähnlichen Verwaltungsaktes (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.04.2007 – 2 B 25/07 – Juris Rn. 4).
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Die Rechtmäßigkeit der Entscheidung über die Vergabe einer Amtszulage beurteilt sich daher nach denselben Voraussetzungen wie sonstige Beförderungsentscheidungen einschließlich der Vorgaben des § 22 Abs. 4 Nr. 2 b BBG.
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Eine Auswahl des Antragstellers im vorliegenden Verfahren liefe auf eine „doppelte Beförderung“ auf der Grundlage allein einer Dienstpostenbesetzung ohne weiteres Auswahlverfahren hinaus und wäre deshalb nicht haltbar.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 3, 162 Abs. 3 VwGO.
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Der Wert des Streitgegenstandes ist gemäß §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1, Abs. 6 S. 1 Nr. 1, S. 4 GKG iVm Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs festgesetzt worden.
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Referenzen
- 6 B 1235/09 1x (nicht zugeordnet)
- 2 B 25/07 1x (nicht zugeordnet)
- § 22 Abs. 4 Nr. 2 b BBG 1x (nicht zugeordnet)
- Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 1 B 1512/15 1x
- VwGO § 154 1x
- VwGO § 123 2x
- § 22 BBG 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 3 1x
- §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1, Abs. 6 S. 1 Nr. 1, S. 4 GKG 2x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 162 1x
- ZPO § 920 Arrestgesuch 1x
- § 22 Abs. 4 BBG 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 294 Glaubhaftmachung 1x