Beschluss vom Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht (12. Kammer) - 12 B 53/19

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 7.500 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin begehrt, vorläufig den Weiterbetrieb einer Spielhalle zu dulden.

2

Die Antragstellerin betreibt zwei nebeneinanderliegende Spielhallen, deren Räumlichkeiten sie auf Grundlage eines zunächst befristeten, im Mai 2012 um 15 Jahre bis zum 31.12.2027 verlängerten Pachtvertrags nutzt. Der Pachtzins beträgt monatlich 9.000 €. Der Geschäftsführer der Antragstellerin und der Verpächterin sind personenidentisch.

3

Ursprünglich bestanden für beide Spielhallen gewerberechtliche Erlaubnisse. Mit Schreiben vom 28.09.2017 informierte die Antragsgegnerin die Antragstellerin über eine Änderung des Spielhallengesetzes in Schleswig-Holstein, nach der der Betrieb von Spielhallen mit einer sogenannten Doppelkonzession – zwei Spielhallen im örtlichen Verbund – nur noch bis zum 08.02.2018 erlaubt sei.

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Aus diesem Grund stellte die Antragstellerin am 29.01.2018 einen Härtefallantrag. Sie begründete das Vorliegen eines Härtefalls unter Vorlage des Pachtvertrages mit den stehenden Kosten des Betriebes, die nach Schließung einer der beiden Spielhallen nicht mehr zu erwirtschaften seien. Eine anderweitige Nutzung der Räume würde vom Verpächter nicht gestattet. Daraufhin teilte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 12.02.2018 mit, dass bis zu einer rechtsmittelfähigen Entscheidung über den Antrag die beiden Spielhallen ohne Anerkennung von Rechtsfolgen weiterbetrieben werden könnten.

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Mit Bescheid vom 22.05.2019 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag ab und erläuterte, dass die Schließung kraft Gesetzes sofort zu erfolgen habe. Sie forderte die Antragstellerin unter Fristsetzung auf mitzuteilen, welche Halle geschlossen würde. Zur Begründung trug sie vor, dass die vorgebrachten Gründe der Wirtschaftlichkeit sowie die vorgelegten Unterlagen für eine weitere Genehmigung der Spielhallen nicht ausreicht. Die vorgelegten Unternehmenszahlen enthielten keinerlei Investitionen. Der beigefügte Pachtvertrag beinhalte keine Regelungen zur vorzeitigen Kündigung und ihrer Folgen, wie Schadensersatz- oder andere Strafzahlungen. Es würden auch keine konkreten Angaben zur Prüfung alternativer Nutzungen der Räumlichkeiten gemacht wie durch eine Gaststätte oder eine Spielhalle mit reinen Unterhaltungsspielen. Abgesehen davon müsse aufgrund der langjährig geführten Diskussion zur Bekämpfung von Spielsucht immer mit einer Änderung der Rechtslage gerechnet werden. Eine derart langfristige Laufzeit des Pachtvertrages ohne Regelungen zur außerordentlichen Kündigung und der Möglichkeit einer Umnutzung seien daher als riskantes, unternehmerisches Verhalten zu bewerten und nicht schutzwürdig.

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Hiergegen legte die Antragstellerin am 29.05.2019 Widerspruch ein und führte aus, dass die Einbeziehung der Folgen vorsätzlichen Vertragsbruches in einem Pachtvertrag unüblich sei und das Gesetz die Folgen regele. Eine Änderung der Nutzung hin zu einer Spielhalle mit reinen Unterhaltungsspielen sei nicht lukrativ. Eine Nutzung der Räumlichkeiten in Form einer Gaststätte scheide aufgrund der in diesem Fall notwendigen Investitionen aus. Abgesehen davon seien entsprechende Änderungen der Nutzung vom Pachtvertrag nicht umfasst und würden vom Verpächter nicht genehmigt werden. Sie habe zum Zeitpunkt der Verlängerung des Pachtvertrages auf die damalige Rechtslage vertrauen dürfen, da diese klar und eindeutig gewesen sei. Es habe keinen Hinweis darauf gegeben, dass der Gesetzgeber, nachdem er dem Glücksspielvertrag nicht beigetreten, kurze Zeit später nach einem Regierungswechsel das Gesetz in wesentlichen Punkten ändern würde. Abgesehen davon habe die Antragsgegnerin die Anweisung des Wirtschaftsministeriums für die Bearbeitung von Härtefallanträgen vom 24.09.2015 (Bl. 38 ff. Gerichtsakte) nicht ausreichend gewürdigt. Diese verweise explizit auf die wirtschaftlichen Auswirkungen langfristiger Miet/Pachtverhältnisse. Nach Prognose ihres Steuerberaters sei zu erwarten, dass der Weiterbetrieb nur einer Spielstätte zu einem Umsatzrückgang von 40-50% führe. Da sich nicht alle Kosten in gleichem Maße reduzieren ließen, wie die Raumkosten, ein Großteil der Personalkosten sowie Verwaltungskosten, sei mit einem voraussichtlichen Verlust in nicht unerheblicher Höhe zu rechnen. Eine wirtschaftliche Fortführung des Unternehmens wäre nicht gegeben. Außerdem ergebe sich seit dem 11.11.2018 die Verpflichtung, nur noch Geldspielgeräte der technischen Richtlinie 5 (TR 5) aufzustellen, was zu notwendig gewordenen Neuinvestitionen und Umsatzeinbußen durch abgewandelte Konstruktion der neuen Spielautomaten führe und einen zusätzlichen Härtefall bedeute.

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Mit Schreiben vom 15.07.2019 erwiderte die Antragsgegnerin, dass es an nachgewiesenen Bemühungen einer Kündigung fehle. Zudem wäre auch eine Änderungskündigung mit dem Ziel der Umnutzung anzudenken gewesen. Die angeführten Investitionen in neue TR 5- konforme Spielgeräte seien nicht zu berücksichtigen, da sie nach dem Stichtag (09.02.18) getätigt worden seien.

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Nach erneuter Aufforderung, eine der Spielhallen bis zum 16.08.2019 zu schließen, hat die Antragstellerin am 14.08.2019 einen Antrag auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt.

9

Zur Begründung trägt sie ergänzend vor, eine Kündigung des Pachtvertrages führe zur Kündigung aller Flächen, das heiße auch der Räumlichkeit der anderen Spielhalle. Zudem würden andere vergleichbare Härtefallanträge im Land praktisch ausnahmslos positiv beschieden.

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Die Antragstellerin beantragt,

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im Wege der einstweiligen Anordnung der Antragsgegnerin aufzugeben, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den von ihr – der Antragstellerin – gestellten Härtefallantrag den Weiterbetrieb der Spielhalle 2, (von der Fußgängerzone aus betrachtet Halle rechts) A-Straße, A-Stadt zu dulden.

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Die Antragsgegnerin beantragt,

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den Antrag abzulehnen.

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Sie trägt ergänzend vor, dass ein fehlendes außerordentliches Kündigungsrecht kein Grund für die Annahme eines Härtefalls darstelle. Nach § 6 des Pachtvertrages habe ein ordentliches Kündigungsrecht bestanden. Die Antragstellerin habe sich jedoch in keiner Weise bemüht, die absehbaren Auswirkungen der Rechtsänderungen abzumildern, und könne sich deshalb nicht auf Vertrauensschutz berufen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Antragsgegnerin Bezug genommen.

II.

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Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.

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Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO (Verwaltungsgerichtsordnung) sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung notwendig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden (Regelungsanordnung). § 123 Abs. 1 VwGO setzt daher sowohl einen Anordnungsgrund, das heißt ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes in Form der Gefährdung eines eigenen Individualinteresses, als auch einen Anordnungsanspruch voraus, das heißt, die bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage hinreichende Aussicht auf Erfolg in der Hauptsache. Der Antragsteller hat die hierzu notwendigen Tatsachen gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO (Zivilprozessordnung) glaubhaft zu machen.

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Die Antragstellerin hat bereits keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Es ist nach hier gebotener, aber auch hinreichender, summarischer Prüfung nicht ersichtlich, dass ihr mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Anspruch auf den Weiterbetrieb der streitgegenständlichen Spielhalle, sprich auf die Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis, zusteht.

19

Die Antragstellerin kann insbesondere keinen härtefallbedingten Anspruch auf Weiterbetrieb aus § 11 Abs. 3 SpielhG (Gesetz zur Errichtung und zum Betrieb von Spielhallen, in der Fassung vom 11.06.2014 – Spielhallengesetz Schleswig-Holstein) ableiten. Gemäß § 11 Abs. 3 SpielhG kann die für die Erlaubniserteilung zuständige Behörde zur Vermeidung unbilliger Härten im Ausnahmefall nach Ablauf des in § 11 Abs. 2 SpielhG bestimmten Zeitraums mit besonderer Begründung die Erlaubnis für einen angemessenen Zeitraum auf Antrag verlängern. Ein unbilliger Härtefall ist vorliegend in nicht zu beanstandender Weise verneint worden.

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Hintergrund des § 11 Abs. 3 SpielhG ist der Beitritt Schleswig-Holsteins zum ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag mit Wirkung vom 09.02.2013. Mit daraufhin erfolgter Änderung des § 3 Abs. 1 S. 2 SpielhG mit Gesetz vom 11.06.2014 (GVOBl. S. 101) wurde ein Verbot der Mehrfachkonzessionen in das Gesetz aufgenommen. Zur Vermeidung unbilliger Härten galt allerdings der Betrieb solcher Spielhallen weiterhin – befristet bis zum 09.02.2018 – als erlaubt, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der neuen Rechtslage den Spielbetrieb aufgenommen hatten und erlaubt waren, aber die Voraussetzungen des neuen § 3 Abs.1 SpielhG nicht erfüllen, weil sie sich in einem baulichen Verbund mit mindestens einer weiteren Spielhalle befinden (Mehrfachkonzession). Ein darüberhinausgehender Weiterbetrieb ist einzig im Rahmen eines härtefallbedingten Weiterbetriebs gemäß § 11 Abs. 3 SpielhG möglich.

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Mit dem unbestimmten Rechtsbegriff der unbilligen Härte sollen atypische, vom Gesetzgeber nicht ausreichend berücksichtigte, besonders gelagerte Fallkonstellationen, die ansonsten zu einer nicht intendierten Härte führen würden, einer die widerstreitenden Interessen abwägenden Einzelfallentscheidung zugeführt werden können (BVerwG, Beschluss vom 04.09.2012 – 5 B 8.12 – Juris Rn. 8). Härten, die der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Tatbestands bewusst in Kauf genommen hat und die dem Gesetzeszweck entsprechen, können keinen Härtefall begründen, da sonst die vom Gesetzgeber beabsichtigte Folge – hier eine Verringerung von Anzahl und Dichte der Spielhallen – in der Regel nicht eintreten würde (OVG Bautzen, Beschluss vom 22.08.2017 – 3 B 189/17 – Juris Rn. 15). Deshalb sind an die Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzung der "unbilligen Härte" hohe Anforderungen zu stellen (VGH Kassel, Beschluss vom 12.06.2018 – 8 B 1903/17 – Juris Rn. 36 f.).

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Ausweislich der Gesetzesbegründung zum Entwurf der Landesregierung (Gesetzesentwurf der Landesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung und zum Betrieb von Spielhallen, LT-SH Drucksache 18/918, S. 14) kommen Härtefälle

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„beispielsweise für Unternehmen in Betracht, die im Vertrauen auf die Rechtslage ab dem 27.04.2012 erhebliche Investitionen in den Spielhallenbetrieb getätigt haben, die in der Übergangszeit nicht ohne Existenzgefährdung amortisiert oder rückgängig gemacht werden können. Dafür kommen insbesondere Spielhallenbetriebe in Frage, die in einem baulichen Verbund mit einer weiteren Spielhalle (Doppelkonzession) erlaubt wurden. Spätestens mit Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrages in Schleswig-Holstein am 09.02.2013 konnte ein entsprechend schützenswertes Vertrauen nicht mehr begründet werden.“

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Die Antragstellerin hat einen Härtefall in Form schützenswerten Vertrauens i.S.d. § 11 Abs. 3 SpielhG nicht glaubhaft gemacht.

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Sie führt lediglich Umstände an, die allesamt eine gewöhnliche Folge der absehbaren Notwendigkeit des Rückbaus unter Geltung des neuen Glücksspielrechts sind. Die vorgetragenen Gründe können aus Sicht der Kammer keinen außergewöhnlichen Härtefall begründen, der einen – auch im Vergleich zu ihren Konkurrentinnen – ausnahmsweisen Weiterbetrieb über die von allen Spielhallenbetreiberinnen zu beachtende Frist des 09.02.2018 hinaus erforderlich erscheinen lassen. Insoweit verweist die Kammer zunächst auf die zutreffenden Ausführungen der Antragsgegnerin.

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Soweit die Antragstellerin auf die Unwirtschaftlichkeit des Weiterbetriebes nur einer Spielhalle abstellt, weist die Kammer, wie in früherer Rechtsprechung (Beschluss vom 17.07.2018 – 12 B 20/18), darauf hin, dass Sinn und Zweck der Härtefallregelung nicht die Abwendung wirtschaftlicher Schwierigkeiten jeder Art ist, sondern ausweislich der Gesetzesbegründung zu § 11 Abs. 3 SpielhG der Schutz solchen Vertrauens bezweckt wird, den eine Betreiberin in schützenswerter Weise in den Fortbestand bereits getätigter Investitionen gesetzt hat. Soweit die Antragstellerin darauf hinweist, dass die Ablehnung eines härtefallbedingten Weiterbetriebs ihre Insolvenz zur Folge haben könnte, so ist dies zunächst einmal ein von § 11 Abs. 2 S. 1 SpielhG grundsätzlich im Kauf genommenes und verfassungsrechtlich nicht zu beanstandendes Resultat. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes verleiht weder im Hinblick auf die vorherige Rechtslage noch auf die vorhandenen Betriebserlaubnisse gemäß § 33i GewO ein uneingeschränktes Recht auf Amortisierung getätigter Investitionen. Für die gesetzliche Regelung ergibt sich dies schon daraus, dass grundsätzlich nicht darauf vertraut werden kann, dass eine günstige Rechtslage unverändert bleibt (BVerfG, Beschluss vom 07.03.2017 – 1 BvR 1314/12 – Juris Rn. 189). Der Landesgesetzgeber ist auch nicht auf eine Regelung zu verweisen, die Spielhallenbetreibern in jedem Fall eine verlustfreie Abwicklung ihrer zu schließenden Spielhallen ermöglicht (BVerfG, Beschluss vom 07.03.2017 – 1 BvR 1314/12 – Juris Rn. 193).

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Vor diesem Hintergrund stimmt die Kammer der Antragsgegnerin im Hinblick auf die Bewertung des langfristig abgeschlossenen Pachtvertrags und eine etwaige Bindung der Antragstellerin als unternehmerisches Risiko zu und lehnt einen darauf basierenden Vertrauenstatbestand ab.

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Die Problematik, dass Betreiber von Spielhallen langfristige Verträge geschlossen haben, ist bereits bei Festlegung der Übergangsfrist berücksichtigt worden. Ihnen ist die Möglichkeit eröffnet worden, Dispositionen zur Reduzierung bzw. Vermeidung von wirtschaftlichen Einbußen zu treffen (vgl. VG Lüneburg, Urteil 10.05.2017 – 5 A 104/16 – Juris Rn. 42).

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Zudem musste die Antragstellerin entgegen ihres Einwands aufgrund der langjährig geführten Diskussionen zur Bekämpfung von Spielsucht latent mit einer Gesetzesänderung rechnen. Das Vertrauen auf die damals zum Zeitpunkt der Vertragsverlängerung bestehende günstige Rechtslage ist nicht schutzwürdig.

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Insbesondere kann die Antragstellerin eine unbillige Härte nicht daraus ableiten, kein Recht zur außerordentlichen Kündigung zu haben. Es wäre ihr zumutbar gewesen, nicht nur eine außerordentliche (§ 543 BGB), sondern auch eine ordentliche Kündigung (§ 6 Pachtvertrag) des Pachtvertrages auszusprechen und diese für den Fall, dass der Verpächter die außerordentliche Kündigung nicht akzeptiert, gerichtlich durchzusetzen (BVerfG, Beschluss vom 07.03.2017 – 1 BVR 1314/12 – Juris, Rn. 194; OVG Lüneburg, Beschluss vom 11.12.2017 – 11 ME 458/17 – Juris Rn. 35).

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Anhaltspunkte dafür, dass eine gerichtliche Auseinandersetzung von vornherein aussichtslos gewesen wäre, liegen ebenso wenig vor, wie belegbare Bemühungen der Antragstellerin, mit dem Verpächter eine praktikable Lösung – Kündigung nur einer Spielhalle – zu finden, zumal vorliegend die bestehende Personenidentität zwischen dem Geschäftsführer der Verpächterin und dem Geschäftsführer der Antragstellerin, als Pächterin, zu berücksichtigen ist. Es steht für die Kammer daher außer Frage, dass es der Antragstellerin jedenfalls faktisch möglich gewesen wäre, bereits im Vorfeld auf eine Anpassung des Pachtvertrags hinzuwirken und so eine unbillige Härte zu vermeiden. Abgesehen davon sind dem Pachtvertrag keine besonderen Schadensersatzverpflichtungen oder Vertragsstrafen zu entnehmen und auch nicht vorgetragen worden.

32

Auch darüber hinaus sind keine Bemühungen der Antragstellerin ersichtlich, die den Ausschlag für einen Vertrauenstatbestand geben könnten.

33

Auf Vertrauensschutz kann sich derjenige nicht berufen, der es in Kenntnis kommender Änderungen in der Zulässigkeit des Betriebs einer Spielhalle unterlässt, Maßnahmen zu ergreifen, die mögliche wirtschaftliche Auswirkungen der geänderten Rechtslage abzumildern geeignet sind. Nur wenn trotz aller Anstrengungen die wirtschaftliche Existenz weiterhin konkret bedroht bleibt, kommt unter Umständen die Annahme eines Härtefalls in Betracht (vgl. VG Gießen, Beschluss vom 31.01.2018 – 4 L 9843/17.GI – Juris Rn. 39; VG Lüneburg, Urteil vom 10.05.2017 – 5 A 104/16 – Juris Rn. 53).

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Derartige Anstrengungen sind vorliegend nicht glaubhaft gemacht. Die Antragstellerin hat nicht dargelegt, dass sie sich ernsthaft um eine praktikable Lösung bemüht hat und diese in keiner Weise möglich war. Ihre Ausführungen beschränken sich lediglich auf Behauptungen zur fehlenden Möglichkeit und Wirtschaftlichkeit einer Umnutzung. Sie hatte seit spätestens September 2017 Kenntnis von der Änderung der Rechtslage im Jahr 2014 und der im Zuge dessen auslaufenden Erlaubnis ihrer Spielhalle, so dass ausreichend Zeit war, sich nachweisbar um eine Lösung zu bemühen.

35

Ebenso wie die stehenden Kosten durch das langfristige Pachtverhältnis vermag der Verweis auf möglicherweise hohe Kosten für Umbaumaßnahmen einen Härtefall nicht zu begründen. Es handelt sich insoweit ebenfalls stets um absehbare und grundsätzlich mit den Veränderungen der glücksspielrechtlichen Vorgaben einhergehende Folgen, denn es war gerade erklärtes Ziel der Reform des Glücksspielrechts, das Verbot von Spielhallen mit Mehrfachkonzessionen umzusetzen (LT-SH Drucksache 18/918, S. 2). Die diesbezüglichen Ausführungen beschränken sich auf pauschales Vorbringen und sind zu keinem Zeitpunkt durch aussagekräftige Unterlagen ergänzt worden.

36

Auch die von der Antragstellerin vorgebrachten Neuinvestitionen im Rahmen der TR 5-Umstellung führen zu keinem anderen Ergebnis. Ein Härtefall kann von vorneherein nicht aufgrund von Investitionen begründet sein, welche der Spielhallenbetreiber nach dem in § 11 Abs. 2 Satz 1 SpielhG genannten Stichtag getätigt hat. Spätestens ab diesem Zeitpunkt bestand kein schützenswertes Vertrauen mehr (vgl. VGH Kassel, Beschluss vom 12.06.2018 – 8 B 1903/17 – Juris Rn. 38). Die Antragstellerin erhielt spätestens im September 2017 durch das Informationsschreiben Kenntnis von der Rechtsänderung und den Folgen.

37

Im Ergebnis ergibt sich nach Auffassung der Kammer auch kein abweichendes Ergebnis aus dem Vorbringen der Antragstellerin zum Anweisungsschreiben des Wirtschaftsministeriums. Dieses verweist im Rahmen der zu prüfenden Punkte nur insofern auf die Laufzeiten langfristiger Verträge, als diese relevant werden können, wenn sie nachweislich nicht oder nur mit erheblichen Schadensersatzverpflichtungen vorzeitig kündbar sind. Entsprechendes wurde von der Antragsgegnerin geprüft und zutreffend aufgrund fehlenden Nachweises abgelehnt.

38

Soweit die Antragstellerin ergänzend vorträgt, dass ihrer Kenntnis nach in vergleichbaren Fällen eine Härtefallgenehmigung erteilt worden sei, vermag die Kammer hierin keine Verletzung des Gleichheitssatzes zu erkennen. Der Vortrag erfolgt unsubstantiiert. Die Antragstellerin hat weder Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass es sich in der Tat um vergleichbare Fälle handelt noch sonstige Tatsachen benannt. Ob und inwiefern nach Würdigung des Vortrags der Antragsgegnerin eine Vergleichbarkeit anzunehmen wäre, kann letztendlich dahinstehen, da selbst eine Vergleichbarkeit der Sachverhalte vorausgesetzt, die Antragstellerin keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht hat (BVerwG, Urteil vom 26.02.1993 – 8 C 20.92 – Juris Rn. 14), sondern sich die Genehmigung des härtefallbedingten Weiterbetriebs in vermeintlich vergleichbaren Fällen auf Basis der im hiesigen Verfahren vorliegenden Tatsachen als rechtswidrig erweisen würde. Selbst wenn die Vergleichbarkeit also unterstellt würde, würde hieraus kein – einen Anordnungsanspruch stützender – Anspruch auf härtefallbedingten Weiterbetrieb folgen.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

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Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG, wobei für die Erteilung der Spielhallenerlaubnis 15.000 € zugrunde gelegt werden; dieser Betrag ist für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren (Ziffern 54.2.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013).


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