Beschluss vom Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht (11. Kammer) - 11 B 181/19

Tenor

Die Anträge auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes werden abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 5.000,- € festgesetzt.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

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Die Anträge,

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festzustellen, dass die Klage zum Az. 11 A 280/19 aufschiebende Wirkung hat,

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hilfsweise die aufschiebende Wirkung anzuordnen,

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sind unzulässig, da ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO nicht statthaft ist. § 80 VwGO setzt tatbestandlich einen Verwaltungsakt voraus, der belastende Wirkung zeigt (vgl. Gersdorf in Posser/Wolf, BeckOK VwGO, Stand: 01.10.2019, § 80 Rn. 8 m.w.N.). Hieran fehlt es vorliegend. Der Kläger wendet sich nicht gegen einen ihn belastenden Verwaltungsakt. Er hat im Verfahren 11 A 280/19 Feststellungsanträge i. S. des § 43 VwGO gestellt. Der Kläger erstrebt, zumindest vorläufig von einer Abschiebung verschont zu werden. Da hier kein Fall des § 81 Abs. 3 und Abs. 4 AufenthG vorliegt, kann einstweiliger Rechtsschutz allein in einem Verfahren nach § 123 VwGO gewährt werden.

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Der Antrag,

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hilfsweise gemäß § 123 VwGO dem Antragsgegner die Abschiebung des Antragstellers nach Armenien zu untersagen,

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ist zulässig, er ist jedoch nicht begründet.

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Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. § 123 Abs. 1 VwGO setzt daher sowohl ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) als auch einen sicherungsfähigen Anspruch (Anordnungsanspruch) voraus. Die tatsächlichen Voraussetzungen für die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) und das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) sind glaubhaft zu machen, § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO. Maßgeblich sind dabei die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.

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Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO nicht glaubhaft gemacht.

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Dass der Antragsgegner davon ausgeht, der Antragsteller heiße xxx, macht eine Abschiebung nicht rechtswidrig. Der Antragsgegner vollstreckt den bestandskräftigen Bescheid vom 05.04.2012, mit welchem der Antragsteller unter dem von ihm genutzten Namen A. zur Ausreise aufgefordert und ihm die Abschiebung angedroht wurde. Da der Antragsteller auch in diesem gerichtlichen Verfahren angibt, er heiße A., ist nicht zweifelhaft, welche Person Gegenstand des Bescheides vom 05.04.2012 ist und gegen wen dieser Bescheid vollstreckt werden soll.

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Der Antragsgegner ist auch nicht aufgrund des Wiederaufnahmeantrages des Antragstellers an einer Abschiebung gehindert. Der Antragsteller hat einen Wiederaufnahmeantrag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gestellt, beschränkt auf das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Hierbei handelt es sich um einen sog. Folgeschutzantrag, nicht um einen Folgeantrag i. S. des § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG, da der Antragsteller nicht erneut einen Asylantrag i. S. des § 13 AsylG gestellt hat. § 71 Abs. 5 Satz 2 AsylG, nach dem die Abschiebung erst nach einer Mitteilung des Bundesamtes, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG nicht vorliegen, vollzogen werden darf, es sei denn, der Ausländer soll in den sicheren Drittstaat abgeschoben werden, findet nach Wortlaut und Systematik direkt keine Anwendung. Gegen eine analoge Anwendung von § 71 Abs. 5 Satz 2 AsylG auf Folgeschutzanträge (so VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.05.2017 – 11 S 2493/16 – juris) spricht, dass eine planwidrige Regelungslücke, die durch das Gericht geschlossen werden müsste, nicht erkennbar ist. Das Gericht nimmt insoweit zur weiteren Begründung Bezug auf die zutreffenden Gründe des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 11.09.2017 (– 18 B 1033/17 – juris). Gegen die Annahme einer planwidrigen Regelungslücke spricht zudem, dass der Gesetzgeber keine Änderung des § 71 Abs. 5 Satz 2 AsylG vorgenommen hat, obwohl es nach Ergehen des genannten Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zu wiederholten Änderungen des Asylgesetzes kam.

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Weitere Gesichtspunkte, die zum Erfolg des Antrages führen könnten, sind nicht ersichtlich. Sie ergeben sich insbesondere nicht aus dem Behandlungsbericht des Zentrums für Integrative Psychiatrie (Tagesklinik JVA A-Stadt) vom 06.12.2019. Dieser Bericht verhält sich nicht zu der Frage der Reisefähigkeit des Antragstellers, sodass die gesetzliche Vermutung des § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen, nicht widerlegt ist.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 GKG.

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Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war abzulehnen, da dem Antrag in der Sache aus den vorstehenden Gründen die vorausgesetzten Erfolgsaussichten fehlten.


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