Urteil vom Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht (11. Kammer) - 11 A 270/20
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% der vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
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Der Kläger begehrt die Ausstellung eines Reiseausweises für Ausländer.
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Der am 10.05.1996 geborene Kläger ist eritreischer Staatsangehöriger und reiste am 29.10.2016 erstmals in die Bundesrepublik Deutschland ein. Er stellte sodann am 21.11.2016 einen Asylantrag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt). Im Rahmen des Asylverfahrens trug der Kläger im Wesentlichen vor, Eritrea am 09.03.2014 verlassen zu haben, um nicht zum Nationaldienst eingezogen zu werden. Er habe Cousins, die zum Nationaldienst eingezogen worden seien, die er danach nicht wiedergesehen habe. Ob sie noch am Leben seien, wisse er nicht. Da der Wehrdienst für ihn keine Lebensperspektive gewesen sei, habe er das Land vorzeitig verlassen. Er sei dann zwei Jahre und acht Monate in Äthiopien geblieben und sodann über den Sudan und Libyen nach Italien und von dort über Frankreich nach Deutschland geflohen. Nach Deutschland habe er gewollt, da er sich eine bessere Bildung und ein besseres Leben erhofft habe. Mit Bescheid vom 28.02.2017 erkannte das Bundesamt ihm den subsidiären Schutzstatus zu. Ohne Darlegung weiterer Details hieß es, es sei davon auszugehen, dass dem Kläger in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylG drohe. Im Übrigen wurde der Asylantrag abgelehnt, da der Kläger nichts zu einer individuellen Verfolgung aufgrund eines asylrelevanten Merkmals vorgetragen habe. Vielmehr habe er sich dem Nationaldienst, welcher unmittelbar bevorgestanden habe, entziehen wollen.
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Ab dem 09.03.2017 erhielt der Kläger sodann eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG, welche verlängert wurde, zuletzt mit Gültigkeit bis zum 13.01.2022.
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Mit Schreiben vom 18.02.2020 beantragte der Kläger bei dem Beklagten die Erteilung eines Reiseausweises für Ausländer, da er eine Auslandsreise beabsichtige. Die Beschaffung eines Nationalpasses sei unzumutbar. Die für die Zuerkennung des subsidiären Schutzes bestehende Lage in Eritrea gehe von einem staatlichen Akteur aus. Mit der Zahlung einer Diasporasteuer und der Abgabe einer Reueerklärung könne der Betroffene zwar seine Gefährdung in Eritrea reduzieren. Mit Vornahme dieser Handlungen komme es aber zu einem Unterschutzstellen unter den eritreischen Staat. Der Betroffene erkläre damit ausdrücklich, sich dem Justizsystem Eritreas zu unterwerfen. Dies sei mit dem Regelungsgehalt des § 72 AsylG vergleichbar, eine flüchtlingsrelevante Verfolgung sei nicht erforderlich. Eine Sippenverfolgung sei ebenfalls nicht ausgeschlossen. Dementsprechend brächte er seine Verwandten in Eritrea in Gefahr, wenn er bei der Botschaft seine Identität offenbare und die erforderlichen Anträge zur Passbeschaffung stelle.
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Mit Bescheid vom 01.07.2020 wurde der Antrag auf Ausstellung eines Reiseausweises für den Kläger abgelehnt. Zur Begründung führte der Beklagte aus, ein Eingriff in die Passhoheit eines anderen Staates in Form der Erteilung eines Reiseausweises komme nur in Ausnahmefällen in Betracht. Dies werde dadurch verdeutlicht, dass sowohl der Nichtbesitz eines Passes als auch die Unmöglichkeit, einen Pass in zumutbarer Weise zu erhalten, von § 5 AufenthV vorausgesetzt würden. Damit werde der Vorrang der Beschaffung ausländischer Reisedokumente betont. Die reine Behauptung, dass eine Reueerklärung zu unterschreiben und eine Aufbausteuer zu entrichten sei, reiche für die Belegung der Unzumutbarkeit nicht aus. Der Kläger habe eindeutig nachzuweisen, dass von ihm persönlich die Unterzeichnung einer Reueerklärung verlangt werde und in welcher Höhe die Aufbausteuer zu entrichten sei. Es sei anhand der aktuellen Erkenntnismittel nicht ersichtlich, dass den in Eritrea lebenden Verwandten des Klägers Verfolgung drohe. Zudem gebe es diverse Beratungsstellen, welche Hilfestellung bei der Passbeschaffung leisten würden. Der Kläger genüge durch die Ausstellung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG als Passersatz auch seiner Ausweispflicht, sodass dafür ein Reiseausweis nicht erforderlich sei.
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Hiergegen legte der Kläger am 03.08.2020 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er u.a. aus, dass mit der persönlichen Vorsprache beim Konsulat zwangsläufig die Offenbarung seiner Identität einhergehe. Er solle also gerade das Verhalten zeigen, das er ablehne, da er den eritreischen Staat als Regime sehe und eine Gefährdung seiner Verwandten befürchte. Eine anonyme Auskunftsanfrage oder Antragstellung sei bereits denklogisch ausgeschlossen. Gleiches gelte für Maßnahmen in Eritrea, bei denen sich seine Verwandten identifizieren müssten. Er sehe seine Verwandten im Heimatland gefährdet, sobald sein Aufenthaltsort und sein Status in Deutschland bekannt werden würden. Zudem sei bei den Anforderungen an den Nachweis über die Unzumutbarkeit zu differenzieren: Je gewichtiger die von dem Ausländer plausibel vorgebrachten Umstände seien, desto geringer seien die Anforderungen an das Vorliegen der daraus resultierenden Unzumutbarkeit. In Fällen, in denen der Ausländer substantiiert Umstände vortrage, aus denen sich ergibt, dass seine Familienangehörigen durch das Bemühen um Ausstellung eines Nationalpasses unmittelbar in Gefahr gerieten, müsse er sich nicht darauf verweisen lassen, sich zunächst mit der Auslandsvertretung seines Herkunftslandes in Verbindung zu setzen, um durch deren Reaktion die behauptete Gefährdung nachzuweisen. Da er illegal ausgereist sei und sich dem Nationaldienst entzogen habe, sei die Befürchtung der Gefährdung seiner Familie nicht aus der Luft gegriffen. Eine Sippenhaft sei inzwischen zwar unwahrscheinlicher als noch vor einigen Jahren, könne aber nicht ausgeschlossen werden. Für subsidiär Schutzberechtigte sei zu prüfen, ob die verfolgungsrechtliche Situation bei einer wertenden Betrachtung im materiellen Kern und vom Ergebnis her mit der eines Flüchtlings vergleichbar sei. Dabei würden insbesondere die Umstände Bedeutung erlangen, aufgrund derer der subsidiäre Schutzstatus zugesprochen worden sei. Zum einen sei der gegenwärtige Maßstab zur Frage politischer Verfolgung als Eritreer, der sich dem Nationaldienst entziehe und das Land illegal verlassen habe, vor dem Hintergrund der neueren EuGH-Rechtsprechung nicht aufrecht zu erhalten. Zum anderen sei entscheidend, ob das Bundesamt bei Zuerkennung des Schutzes lediglich auf die humanitäre Situation abgestellt habe oder auf eine gezielte Bedrohung durch einen bestimmten Verfolgungsakteur. Aufgrund der Zuerkennung des subsidiären Schutzes sei es Ziel Deutschlands, ihn vor dem Zugriff des eritreischen Regimes zu schützen. Deshalb sei eine inhaltliche Nähe zur Flüchtlingseigenschaft feststellbar. Eine Gleichheit sei denklogisch jedoch nicht möglich, andernfalls hätte ihm die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt werden müssen. Auch die Zahlung einer Diasporasteuer sei unzumutbar, jedenfalls aber ein Kriterium, dass in die Gesamtschau zur Begründung der Unzumutbarkeit einzustellen sei. Gegen die Zumutbarkeit spreche, dass die Steuer und deren Höhe verhandelbar seien und die Steuerzahlung in zahlreichen Fällen auch von Sozialhilfeempfängern verlangt werde. Die Erhebung der Steuer basiere damit auf einer willkürlichen Grundlage. Ein Kriterium von besonderem Gewicht sei jedoch die zu unterschreibende Reueerklärung. Anhand der Erkenntnismittel sei zugrunde zu legen, dass die Unterschrift der Reueerklärung Voraussetzung für konsularische Dienstleistungen sei. Eine solche werde insbesondere von illegal ausgereisten Eritreern verlangt. Zwar sei eine solche Reueerklärung nicht per se unzumutbar und einige Eritreer würden die Erklärung nach Abwägung der Vor- und Nachteile freiwillig abgeben. Daraus folge aber nicht, dass allen Eritreern die Abgabe der Reueerklärung zumutbar sei. Soweit ein eritreischer Staatsangehöriger glaubhaft und nachvollziehbar vortrage, dass die Erklärung nicht seinem inneren Willen entspreche, sei dies Ausdruck seines freien Willens und seiner freien Entfaltung seiner Persönlichkeit. Von ihm trotz entgegenstehenden Willens eine solche Erklärung zu verlangen, stelle einen nicht gerechtfertigten Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht dar. An die Darlegung einer der Unterzeichnung entgegenstehende Überzeugung dürften keine überspannten Anforderungen gestellt werden. Dies gelte insbesondere, wenn der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden sei, weil bei einer Rückkehr nach Eritrea eine unmenschliche Bestrafung seitens des Staates drohe. Er selbst bezeichne den eritreischen Staat als Regime und verneine die Existenz von Menschenrechten in Eritrea. Im Falle einer Rückkehr befürchte er, verhaftet, misshandelt und getötet zu werden. Die Rechtsprechung zur sog. Freiwilligkeitserklärung könne nicht herangezogen werden, da den Betroffenen keine Pflicht treffe, einen Willen zur Reue und zur Akzeptanz einer Haftstrafe zu bilden. Er habe einen gebundenen Anspruch auf Ausstellung eines Reiseausweises, da das Ermessen auf Null reduziert sei. Es stünden keine zwingenden Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung entgegen.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 17.11.2020 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Die Unzumutbarkeit ergebe sich nicht aus der Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus. Die Umstände, aus denen sich eine Unzumutbarkeit ergeben könne, seien von Beginn des Verwaltungsverfahrens an nur allgemein und wenig substantiiert vorgetragen worden. Es ergebe sich keine grundsätzlich anzunehmende Unzumutbarkeit aus der Zahlung einer Aufbausteuer oder der Unterzeichnung einer Reueerklärung. Grundsätzlich sei jeder souveräne Staat berechtigt, seine Leistungen mit Gebühren zu belegen, unabhängig davon, wie er sie bezeichne. Die Höhe der Gebühren lege der Staat in eigener Verantwortung fest. Die Bewertung der Höhe und der Titulierung obliege nicht der Ausländerbehörde. Vielmehr müsse in jedem Einzelfall entschieden werden, ob und inwieweit der zur Passbeschaffung verpflichtete Ausländer die Gebührenzahlung leisten könne. Der Internetseite der eritreischen Botschaft sei zu entnehmen, dass sich die Gebührenhöhe für den Reisepass aktuell auf 160 € belaufe, soweit man bereits in Besitz eines Reisepasses sei auf 100 €. Daher sei die Höhe bereits konkret bekannt und im Vergleich zu anderen Ländern nicht unangemessen. Um zu einer abschließenden Aussage der Zumutbarkeit einer Gebührenzahlung zu kommen, mangele es an belastbaren Aussagen und Nachweisen seitens des Klägers. Auch aus der abzugebenden Reueerklärung folge keine Unzumutbarkeit. Es sei zunächst nicht eindeutig geklärt, ob der Kläger eine solche Reueerklärung tatsächlich bei einer Vorsprache beim konsularischen Service der eritreischen Botschaft abgeben müsse und ob der Kläger illegal aus Eritrea ausgereist sei. Da nicht belegt sei, ob der Kläger illegal aus Eritrea ausgereist ist, fehle es bereits an einer zwingenden Voraussetzung für die Erforderlichkeit einer Reueerklärung.
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Der Kläger hat am 10.12.2020 Klage erhoben. Zur Begründung verweist er auf die Widerspruchsbegründung und führt ergänzend aus, dass nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes nunmehr auch bei Wehrdienstentzug ohne die gesetzliche Möglichkeit einer Verweigerung eine politische Verfolgung im Sinne des § 3 AsylG naheliegend sei. Er habe daher auch einen Asylfolgeantrag eingereicht. Zudem sei es aufgrund der aktuellen Kämpfe im äthiopischen Tigray, an denen auch eritreische Truppen teilnehmen würden, realistisch, dass er an kriegerischen Handlungen teilnehmen werden müsse. Inzwischen sei auch sein jüngerer Bruder geflohen, um sich dem Nationaldienst zu entziehen. Seine Familie sei mehrfach von staatlicher Seite kontrolliert worden, um seinen Verbleib aufzuklären. Ihm drohe als Gegner der Regierung eine unverhältnismäßige Bestrafung und Rückkehr ins Militär. Außerdem befürchte er eine Inhaftierung mit unmenschlichen Haftbedingungen. Er lehne die eritreische Regierung völlig ab, da in Eritrea keine ausreichenden Freiheitsrechte gewährt würden. Die gesamte Lebensführung werde vom Staat bestimmt. Es gebe dort keine mit Deutschland vergleichbare Demokratie. Es sei weiterhin fraglich, welche Mitwirkungshandlungen seinerseits erforderlich seien. Wenn der Beklagte verlange, dass er bei der Botschaft vorsprechen oder Verwandte/Bevollmächtigte im Heimatland beauftragen müsse, verkenne er, dass damit genau die Gefahr realisiert werde, die er vermeiden wolle. Er befürchte, durch Offenlegung seines Aufenthaltsortes und seiner illegalen Ausreise Verwandte in Gefahr zu bringen. Es sei von einer Kontrolle der eritreischen Auslandsgemeinde auszugehen. Auch eine Bevollmächtigung einer Person in Eritrea würde die Offenlegung der Identität erfordern und zudem die in Deutschland ausgestellte Vollmacht zur Verwendung in Eritrea durch die eritreische Botschaft beglaubigt werden. Auch in diesem Fall müsse er also einen persönlichen Kontakt zur eritreischen Botschaft herstellen, sodass von einer realen Gefahr auszugehen sei.
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Der Kläger beantragt,
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den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 01.07.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.2020 zu verpflichten, ihm einen Reiseausweis für Ausländer auszustellen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung führt er aus, dass eine Unzumutbarkeit nicht allein aus der eritreischen Staatsangehörigkeit in Kombination mit der Anerkennung als subsidiär Schutzberechtigter folge. Der bisherige Lebenslauf des Klägers lasse nicht auf eine tatsächliche staatliche Verfolgung schließen. Allgemeine Aussagen zur Ablehnung des Staates sowie der Gefährdung von Familienangehörigen könnten angesichts der Auskunftslage nicht zu einer Unzumutbarkeit führen. Dies hätte sonst zur Folge, dass kein eritreischer Staatsangehöriger Bemühungen zur Passerlangung aufnehmen müsste und das individuelle Verfolgungsschicksal nicht zu berücksichtigen wäre. Es seien vom Kläger Bemühungen zur Passerlangung nachzuweisen und darzulegen, ob in seinem Fall überhaupt eine Reueerklärung abzugeben wäre sowie ob und in welcher Höhe Gebühren für seinen Pass zu zahlen seien. Es erscheine zudem keinesfalls sicher, dass verlangte Erklärungen/Gebühren immer abzugeben seien bzw. in nichttragbarer Höhe zu zahlen seien.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die als Verpflichtungsklage zulässige Klage ist unbegründet.
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Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung eines Reiseausweises für Ausländer gemäß § 5 Abs. 1 AufenthV. Der ablehnende Bescheid des Beklagten vom 01.07.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.2020 ist rechtmäßig.
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Nach § 5 Abs. 1 AufenthV kann einem Ausländer, der nachweislich keinen Pass oder Passersatz besitzt und ihn nicht auf zumutbare Weise erlangen kann, nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen ein Reiseausweis für Ausländer ausgestellt werden. Nach § 6 Satz 1 Nr. 1 Var. 1 AufenthV darf ein Reiseausweis für Ausländer im Inland ausgestellt werden, wenn der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt.
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Zunächst einmal besitzt der Kläger nach dem vorliegenden Verwaltungsvorgang keinen Pass oder Passersatz. Auch die Voraussetzung des § 6 Satz 1 Nr. 1 Var. 1 AufenthV ist erfüllt. Dem Kläger wurde nach seiner Anerkennung als subsidiär Schutzberechtigten ein Aufenthaltstitel nach § 25 Abs. 2 AufenthG erteilt und sodann stets verlängert, zuletzt mit Gültigkeit bis zum 13.01.2022.
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Der Kläger kann einen Pass jedoch auf eine ihm zumutbare Weise erlangen.
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Bei der Zumutbarkeit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt und hinsichtlich dessen Anwendung die Behörde keinen Ermessenspielraum besitzt (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 17. Oktober 2018 – 19 ZB 15.428 –, juris Rn. 9; BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2011 – 1 B 1/11 –, juris Rn. 6). Welche konkreten Anforderungen an das Vorliegen der Unzumutbarkeit zu stellen sind, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalles und lässt sich nicht allgemeingültig beantworten (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 18. Januar 2011 – 19 B 10.2157 –, juris Rn. 24, sowie Beschluss vom 13. Juni 2016 – 10 C 16.773 –, juris Rn. 17). Dabei ist es im Hinblick auf den mit der Ausstellung eines Passes regelmäßig verbundenen Eingriff in die Personalhoheit eines anderen Staates grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn die Ausländerbehörde den Ausländer zunächst auf die Möglichkeit der Ausstellung eines Passes durch seinen Herkunftsstaat verweist und die Erteilung eines Reiseausweises erst dann in Betracht zieht, wenn diese Bemühungen nachweislich ohne Erfolg geblieben sind (Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17. Mai 2016 – 18 A 951/15 –, juris Rn. 3 m.w.N.; VG Hannover, Urteil vom 20. Mai 2020 – 12 A 2452/19 –, juris Rn. 23; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 17. Oktober 2018 – 19 ZB 15.428 –, juris Rn. 9).
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Dieser auf eine Einzelfallprüfung abstellende Maßstab gilt auch für Personen mit einem subsidiären Schutzstatus. Die generelle Unzumutbarkeit einer Vorsprache bei der Auslandsvertretung zum Zwecke der Passbeschaffung folgt nicht aus § 72 Abs. 1 Nr. 1 AsylG. Nach § 72 Abs. 1 Nr. 1 AsylG erlischt die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, wenn der Ausländer sich freiwillig durch die Annahme oder Erneuerung eines Nationalpasses dem Schutz des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, unterstellt. § 72 Abs. 1 Nr. 1 AsylG ist auf subsidiär Schutzberechtigte nicht anwendbar (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 17. Oktober 2018 – 19 ZB 15.428 –, juris Rn. 10; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17. Mai 2016 – 18 A 951/15 –, juris Rn. 6; Verwaltungsgericht Hannover, Urteil vom 20. Mai 2020 – 12 A 2452/19 –, juris Rn. 28; Verwaltungsgericht Gießen, Urteil vom 28. Juli 2016 – 6 K 3108/15 –, juris Rn. 18).
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Gemessen an diesen Maßstäben ist im vorliegenden Fall nicht von einer Unzumutbarkeit der Passerlangung i.S.d. § 5 Abs. 1 AufenthV auszugehen.
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1. Eine Unzumutbarkeit ergibt sich nicht aus dem subsidiären Schutzstatus des Klägers.
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Subsidiär Schutzberechtigten ist es grundsätzlich zumutbar, sich bei den Auslandsvertretungen des Herkunftsstaates um die Ausstellung eines Nationalpasses zu bemühen (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17. Mai 2016 – 18 A 951/15 –, juris Rn. 5; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 17. Oktober 2018 – 19 ZB 15.428 –, juris Rn. 6 ff.; VG Gießen, Urteil vom 28.Juli 2016 - 6 K 3108/15.GI -, juris Rn. 17). Ihre Rechtsstellung in Bezug auf die Erlangung von Reisedokumenten ist anders geregelt als die der Flüchtlinge. Anerkannte Flüchtlinge können nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge i. V. m. Art. 25 Abs. 1 der Qualifikationsrichtlinie und § 4 Abs. 1 Nr. 2 AufenthV einen Reiseausweis für Flüchtlinge beanspruchen. Ein entsprechender Anspruch für subsidiär Schutzberechtigte besteht indes nicht (OVG Lüneburg, Urteil vom 18. März 2021 – 8 LB 97/20 –, juris Rn. 32).
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Die Anforderungen an die Unmöglichkeit bzw. Unzumutbarkeit der Passerlangung sind vielmehr unter Berücksichtigung der besonderen Verfolgungs- bzw. Gefährdungssituation der Schutzberechtigten nach den Umständen des Einzelfalles zu stellen. Bei subsidiär Schutzberechtigen ist im jeweiligen Einzelfall zu prüfen, ob ihnen die Vorsprache im Konsulat ihres Herkunftsstaates zwecks Beschaffung eines Nationalpasses zumutbar ist, oder ob ihnen wegen Unzumutbarkeit gerade dieser Handlung durch die Ausländerbehörde ein Reiseausweis für Ausländer auszustellen ist. Im Hinblick auf die Zumutbarkeit ist im Einzelfall zu prüfen, ob die verfolgungsrechtliche Situation bei einer wertenden Betrachtung im materiellen Kern und vom Ergebnis her mit der eines Flüchtlings vergleichbar ist (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 17. Oktober 2018 – 19 ZB 15.428 –, juris Rn. 12 m.w.N.; für syrische Staatsangehörige: VG Köln, Urteil vom 04. Dezember 2019 – 5 K 7317/18 –, juris Rn. 31 ff.). Dabei können die Zustände, die zur Gewährung subsidiären Schutzes geführt haben, auch bei der Prüfung der Zumutbarkeit Bedeutung erlangen (VG Hannover, Urteil vom 20. Mai 2020 – 12 A 2452/19 –, juris Rn. 29). Geht der drohende ernsthafte Schaden auf eine gezielte Bedrohung durch staatliche Behörden zurück, und befürchtet der Betroffene eine Gefährdung seiner im Heimatland lebenden Verwandten, so kann sich auch deshalb eine Passerlangung als unzumutbar bzw. unmöglich erweisen (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 17. Oktober 2018 – 19 ZB 15.428 –, juris Rn. 12 m.w.N.). Bestehen belastbare Anhaltspunkte dafür, dass er seine im Bundesgebiet oder im Herkunftsstaat lebenden Familienangehörigen durch das Bemühen um Ausstellung eines Nationalpasses unmittelbar in Gefahr bringen könnte, kann ebenfalls von einer Unzumutbarkeit der Vorsprache auszugehen sein (VG Hannover, Urteil vom 20. Mai 2020 – 12 A 2452/19 –, juris Rn. 25).
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Vorliegend lässt sich weder aus der Akte des Asylverfahrens, noch aus dem Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge mit Sicherheit feststellen, warum dem Kläger der subsidiäre Schutzstatus gewährt wurde. Aus der Anhörung bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ergibt sich, dass der Kläger aus seinem Heimatland geflohen ist, um dem Wehrdienst zu entgehen und bessere Lebensperspektiven zu erhalten. Er befürchtete bei seiner Rückkehr nach Eritrea seine Verhaftung und Verweisung in ein Gefängnis, in dem schlimme Zustände herrschten. Mittlerweile sind mehr als vier Jahre vergangen, seitdem er aus dem Land geflohen ist. Nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amts wird Dienstflucht nach drei Jahren nicht mehr geahndet, auch wenn Ausnahmen möglich sind (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Eritrea in der Fassung vom 25.01.2021, S. 27). Es ist daher nicht ersichtlich, warum dem Kläger eine Passerlangung bei der Auslandsvertretung seines Herkunftslandes nur aufgrund seines subsidiären Schutzstatus nicht zumutbar sein sollte.
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2. Auch der Vortrag des Klägers, ein Vorsprechen bei der eritreischen Botschaft könne zu Repressalien gegenüber seinen in Eritrea lebenden Familienangehörigen führen, ist nach der aktuellen Erkenntnislage unbegründet.
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Dem Auswärtigen Amt ist kein Fall aus neuerer Zeit bekannt, in dem es zu Sanktionen gegen in Eritrea verbliebene Familienangehörige nur wegen einer unerlaubten Ausreise gekommen wäre. Der eritreische Staat hat jedoch großes Interesse daran, die Auslandseritreer an sich zu binden und unternimmt dazu erhebliche Anstrengungen. Vor diesem Hintergrund erhalten Ausgereiste nach in der Regel drei Jahren Auslandsaufenthalt die Möglichkeit, unbehelligt wieder nach Eritrea zu reisen und dort den sog. Diaspora-Status zu beantragen (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Eritrea in der Fassung vom 25.02.2021, S. 22). Familienmitglieder von Deserteuren oder Dienstverweigerern werden manchmal für einige Wochen oder Monate inhaftiert, um Druck auf die gesuchte Person auszuüben, sich wieder bei ihrer Einheit zu melden. Dies gilt so lange wie die gesuchte Person noch in Eritrea vermutet wird. Wenn die Person das Land verlassen hat, werden die Familienangehörigen üblicherweise entlassen (vgl. Eritrea - Nationaldienst, Ausreise und Rückkehr, EASO, September 2019, S. 46). Die eritreischen Behörden wären angesichts der großen Zahl der Ausgereisten (laut UNHCR in Äthiopien ca. 160.000 als Flüchtlinge registrierte Eritreer, in Sudan 125.000, in Uganda 30.000, in Deutschland ca. 70.000, in Schweden 30.000, in der Schweiz 40.000 usw.) nicht in der Lage, eine solche Verfolgung zu organisieren. Die Regierung kann kein Interesse daran haben, den größten Teil der Bevölkerung zu verfolgen, da inzwischen praktisch jede eritreische Familie Verwandte im Ausland hat (vgl. Auswärtiges Amt a.a.O., S. 23). Während der Sommerferien und zu wichtigen Feiertagen war stets ein großer Zustrom von Auslandseritreern zu beobachten, die in Eritrea ihre Familien besuchen und ihren Urlaub verbringen. Dabei werden zur Einreise nicht nur eritreische und ausländische Pässe, sondern auch im Ausland ausgestellte Flüchtlingsausweise (Convention Travel Dokument) benutzt. Dies wäre nicht denkbar, wenn die Reisenden hier befürchten müssten, von den Behörden verfolgt zu werden oder ihre Familien einer solchen Gefahr auszusetzen (vgl. Auswärtiges Amt, a.a.O., S. 23).
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Vor diesem Hintergrund kann angesichts der verstrichenen Zeit nach der Ausreise nicht davon ausgegangen werden, dass sich für die in Eritrea aufhaltenden Verwandten des Klägers eine Gefahr ergibt, wenn dieser bei der Botschaft einen Pass beantragt. Der Kläger hat auch keine konkreten Tatsachen benannt, die für eine individuelle Gefährdung seiner Familienangehörigen sprechen.
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3. Eine Unzumutbarkeit der Passerlangung folgt auch nicht aus dem Erfordernis der Zahlung einer Aufbausteuer.
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Die Aufbausteuer in Höhe von 2 % wird nach dem Wortlaut der entsprechenden Proklamation nur auf Erwerbseinkommen sowie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erhoben (vgl. Auskunft des Auswärtigen Amtes an Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht vom 14.04.2020). Nach Auskunft der eritreischen Botschaft in Berlin wird die Aufbausteuer von allen im Ausland lebenden, volljährigen eritreischen Staatsangehörigen erhoben; Rentnerinnen und Rentner, Studierende ohne Einkommen und stark erkrankte Personen seien hiervon ausgenommen. Es sind aber Fälle bekannt, in denen ein „Minimalbetrag“ auch von Studenten und Empfängern von Sozialleistungen verlangt wurde. Die Entrichtung der Aufbausteuer wird bei Auslandseritreern und bei Eritreern mit „Diaspora-Status“ im Inland zur Voraussetzung für staatliche Leistungen gemacht, hinzu kommt der soziale Druck innerhalb der eritreischen Gemeinschaft, einen Solidaritätsbeitrag zu leisten. Eritreische Staatsangehörige in Deutschland entrichten die Steuer, wenn sie Dienstleistungen des eritreischen Staates in Anspruch nehmen wollen, etwa die Ausstellung von Pässen oder Personalausweisen oder Amtshandlungen im Zusammenhang mit Erbschaften oder Haus- und Grundbesitz in Eritrea (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Eritrea in der Fassung vom 25.02.2021, S. 26f.).
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Gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 2 und Nr. 4 AufenthV gelten insbesondere die Erfüllung zumutbarer staatbürgerlichen Pflichten und die Zahlung der vom Herkunftsstaat allgemein festgelegten Gebühren für die behördlichen Maßnahmen als zumutbar. Als staatsbürgerliche Pflicht in diesem Sinne ist nach dem ausdrücklichen Willen des Verordnungsgebers beispielsweise die Zahlung von Steuern und Abgaben anzusehen (BR-Drs. 731/04, S. 152). Lediglich auf willkürlicher Grundlage erhobene Gebühren oder die Zahlung von Bestechungsgeldern sollen nicht zumutbar sein (BR-Drs. 731/04, S. 153).
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Unabhängig davon, ob es sich bei der Diaspora-Steuer um eine Gebühr i.S.d. § 5 Abs. 2 Nr. 4 AufenthV oder stattdessen um eine Steuer handelt, ist deren Entrichtung zumutbar. Unzumutbar könnte die Passerlangung allenfalls dann sein, wenn die Höhe der Aufbausteuer derartig ist, dass der Kläger faktisch von der Erlangung des Passes ausgeschlossen oder die Höhe der Aufbausteuer im Fall des Klägers völlig willkürlich festgesetzt wird (vgl. auch VG Wiesbaden, Urteil vom 08.06.2020 – 4 K 2002/19.WI –, juris Rn. 22 ff.). Dies ist hier jedoch nicht ersichtlich.
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4. Auch die zu unterzeichnende Reueerklärung macht die Passerlangung im Falle des Klägers nicht unzumutbar.
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Als Reueformular bzw. Reueerklärung („letter of regret“) wird das von den eritreischen Auslandsvertretungen vorgehaltene Formular „B4/4.2“ („Immigration and Citizenship Services request form“) bezeichnet (Abdruck des eritreischen Originalformulars sowie englischer Übersetzungen bei UN Security Council, Letter dated 11 July 2012 concerning Somalia and Eritrea, 13.07.2012, UN-Doc. S/2012/545 – im Folgenden: UNSC, UN-Doc. S/2012/545 –, S. 62 f., sowie Tilburg University, The 2 % Tax, Appendix). Der auszufüllende Vordruck besteht aus insgesamt 15 Punkten, die Angaben zur Person (Name, Geburtsort/-datum etc.), zur Ausreise aus Eritrea (Ausreisegründe, -ort und -datum), zu Zwischenaufenthalten in anderen Staaten, zum derzeitigen Aufenthalt (aktuelle berufliche Tätigkeit, aktuelle Anschrift) sowie zu den von dem Betroffenen nach Verlassen des Landes erfüllten „nationalen Verpflichtungen“ („national obligations“) umfassen. Mit seiner Unterschrift hat der Erklärende nach dem Wortlaut der als Anlage zu der Studie der Universität T. beigegebenen englischen Übersetzung des Formulars neben der Richtigkeit seiner Angaben abschließend zu bestätigen, dass er bereue, einen Gesetzesverstoß begangen zu haben, indem er seine nationalen Verpflichtungen nicht erfüllt habe, und dass er bereit sei, die dafür gegebenenfalls verhängten angemessenen Maßnahmen zu akzeptieren („that I regret having committed an offence by failing to fulfill my national obligation and that I am willing to accept the appropriate measures when decided“). Die seitens des UN-Sicherheitsrates veröffentlichte Übersetzung unterscheidet sich davon insoweit, als darin nicht auf die Nichterfüllung nationaler Verpflichtungen, sondern auf die Nichtableistung des Nationaldienstes Bezug genommen wird (VG Hannover, Urteil vom 20. Mai 2020 – 12 A 2452/19 –, juris Rn. 34). Bei der dem Auswärtigen Amt bekannten Fassung der Reueerklärung handelt es sich um einen Passus (zwei Sätze), in dem der Erklärende bedauert, seiner nationalen Pflicht nicht nachgekommen zu sein und erklärt, eine eventuell dafür verhängte Strafe zu akzeptieren (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Eritrea in der Fassung vom 25.02.2021, S. 26).
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Inhalt der Reueerklärung ist nach alledem indirekt die Selbstbezichtigung einer Straftat, da der Erklärende sich – zugleich mit dem Ausdruck der Reue – selbst bezichtigt, eine Straftat begangen zu haben, für die er eine Strafe akzeptiert. Eine derartige, gegen den eigenen Willen, abzugebende Selbstbezichtigung einer Straftat, ist mit dem aus Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG folgenden allgemeinen Persönlichkeitsrecht nicht vereinbar.
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Die Achtung und der Schutz der Menschenwürde und der Freiheit sind grundlegende Prinzipien der Verfassungsordnung, die den Menschen als mit der Fähigkeit zu eigenverantwortlicher Lebensgestaltung begabte "Persönlichkeit" ansieht. (BVerfG, Urteil vom 17. August 1956 – 1 BvB 2/51 –, juris Rn. 501). Dem liegt die Vorstellung vom Menschen als einem geistig-sittlichen Wesen zugrunde, das darauf angelegt ist, in Freiheit sich selbst zu bestimmen und sich zu entfalten (BVerfG, Urteil vom 21. Juni 1977 – 1 BvL 14/76 –, juris Rn. 145). Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt als "unbenanntes" Freiheitsrecht Elemente der Persönlichkeit, die nicht Gegenstand der besonderen Freiheitsgarantien des Grundgesetzes sind, diesen aber in ihrer konstituierenden Bedeutung für die Persönlichkeit nicht nachstehen (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2017 – 1 BvR 2019/16 –, juris Rn. 38). Der spezifische Bezug des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu Art. 1 Abs. 1 GG kennzeichnet seinen Schutzgehalt: Bei der Bestimmung von Inhalt und Reichweite des – nicht abschließend umschriebenen – Schutzbereichs des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist zu berücksichtigen, dass die Würde des Menschen unantastbar ist und gegenüber aller staatlichen Gewalt Achtung und Schutz beansprucht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31. Januar 1973 – 2 BvR 454/71 –, juris Rn. 30). Von der Vorstellung ausgehend, dass der Mensch in Freiheit sich selbst bestimmt und entfaltet, umfasst die Garantie der Menschenwürde insbesondere die Wahrung personaler Individualität, Identität und Integrität (BVerfG, Urteil vom 17. Januar 2017 – 2 BvB 1/13 –, juris Rn. 539). Damit ist ein sozialer Wert- und Achtungsanspruch verbunden, der es verbietet, den Menschen zum "bloßen Objekt" staatlichen Handelns zu machen oder ihn einer Behandlung auszusetzen, die seine Subjektqualität prinzipiell in Frage stellt (BVerfG, Urteil vom 17. Januar 2017 – 2 BvB 1/13 –, juris Rn. 539). Die unverlierbare Würde des Menschen als Person besteht hiernach darin, dass er stets als selbstverantwortliche Persönlichkeit anerkannt bleibt. Dieser in der Würde des Menschen wurzelnde Gedanke autonomer Selbstbestimmung wird in den Gewährleistungsgehalten des allgemeinen Persönlichkeitsrechts näher konkretisiert (BVerfG, Urteil vom 26. Februar 2020 – 2 BvR 2347/15 –, juris Rn. 207).
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Das allgemeine Persönlichkeitsrecht beinhaltet den Schutz vor Selbstbezichtigung. Mit ihm und der zu schützenden Würde eines Menschen ist eine Pflicht zur Selbstbelastung nicht vereinbar (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 22. Oktober 1980 – 2 BvR 1172/79, 2 BvR 1238/79 –, juris Rn. 17, vom 13. Januar 1981 – 1 BvR 116/77 –, juris Rn. 18, vom 26. Februar 1997 – 1 BvR 2172/96 –, juris Rn. 82; Hillgruber in Epping/Hillgruber, BeckOK Grundgesetz 47. Edition Stand: 15.05.2021, Art. 1 GG Rn. 37). Der Einzelne soll vom Staat grundsätzlich nicht in eine Konfliktlage gebracht werden, in der er sich selbst strafbarer Handlungen oder ähnlicher Verfehlungen bezichtigen muss (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 1997 – 1 BvR 21171/96 –, juris Rn. 82). Der Schutz gegen Selbstbezichtigungen beschränkt sich nicht auf strafrechtliche und vergleichbare Verfahren (BVerfG, Beschluss vom 13. Januar 1981 – 1 BvR 116/77 –, juris Rn. 19).
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Zwar können zum Schutz gewichtiger Belange Dritter oder der Allgemeinheit auch zur Selbstbelastung führende Aussagen verlangt werden, jedoch nur dann, wenn sie nicht zu Zwecken der Strafverfolgung verwendet werden dürfen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.01.1981 – 1 BvR 116/77 –, juris Rn. 27).
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Nach diesen Maßstäben ist eine Verpflichtung, gegen den eigenen Willen die sog. Reueerklärung zu unterzeichnen, mit dem verfassungsrechtlichen Schutz vor Selbstbezichtigung nicht vereinbar.
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Dabei ist unerheblich, dass sich die rechtliche Position der Betroffenen in Eritrea durch die Unterzeichnung gegebenenfalls nicht verschlechtern würde (vgl. Antwort der Bundesregierung vom 09.05.2018 auf eine kleine Anfrage, BT-Drs. 19/2075, S. 6; VG Hannover, Urteil vom 20. Mai 2020 – 12 A 5005/18 –, juris Rn.42; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Eritrea in der Fassung vom 25.02.2021, S. 27). Denn Gegenstand der Prüfung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist im Kontext von Selbstbezichtigungen nicht, inwiefern sich die rechtliche oder tatsächliche Position durch Abgabe von Erklärungen verändert (VG Hannover, Urteil vom 20. Mai 2020 – 12 A 2452/19 –, juris Rn. 40). Unerheblich ist ebenfalls, ob die Erklärung zutreffend ist oder der Erklärende unwahre Aussagen über seine persönlichen Verhältnisse abgibt. Erforderlich, aber auch ausreichend, ist einzig, dass es sich bei der Reueerklärung um eine Erklärung im Zusammenhang mit der Verfolgung einer strafbaren Handlung handelt, derer sich der Betroffene entgegen seiner eigenen Überzeugung und seinem inneren Willen aufgrund einer staatlichem Handeln zurechenbaren Zwangslage bezichtigt.
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Zwar wird der Kläger durch die Ausländerbehörde nicht zur Abgabe der Erklärung rechtlich verpflichtet, er hätte im Falle einer Verweigerung aber mit dem Nachteil zu leben, keinen Reiseausweis für Ausländer zu erhalten. Der Grundrechtsschutz ist jedoch nicht auf unmittelbar adressierte Eingriffe beschränkt. Auch staatliche Maßnahmen, die eine mittelbare oder faktische Wirkung entfalten, können Grundrechte beeinträchtigen und müssen daher von Verfassungs wegen hinreichend gerechtfertigt sein. Sie können in ihrer Zielsetzung und Wirkung einem normativen und direkten Eingriff gleichkommen und müssen dann wie ein solcher behandelt werden (vgl. BVerfG, Urteil vom 26. Februar 2020 – 2 BvR 2347/15 –, juris Rn. 215; VG Hannover, Urteil vom 20. Mai 2020 – 12 A 5005/18 –, juris Rn. 40). Art. 1 Abs. 1 GG, auf dem auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht beruht, verpflichtet den Staat nach Maßgabe des faktisch und rechtlich Möglichen auch zum Schutz vor Würdeverletzungen von Seiten ausländischer Staatsgewalt (vgl. Kunig/Kotzur in von Münch/Kunig, Grundgesetz, 7. Aufl. 2021, Art. 1 Rn. 49 m.w.N.). Keinesfalls darf der Staat seine Hand zu Verletzungen der Menschenwürde reichen (BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 – 1 BvR 966/09 –, juris Rn. 328).
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Weigert sich der Ausländer, gegenüber der eritreischen Botschaft die verlangte Erklärung, die eine Selbstbezichtigung einer Straftat beinhaltet, abzugeben und wird ihm deshalb ein Reiseausweis vorenthalten, stellt dies einen faktischen bzw. mittelbaren Eingriff dar, der auch unter Berücksichtigung der Passhoheit des eritreischen Staates nicht verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist (VG Hannover, Urteil vom 20. Mai 2020 – 12 A 5005/18 –, juris Rn. 40).
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Die Kammer folgt insoweit nicht den Wertungen der Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht vom 18. März 2021. Soweit das Oberverwaltungsgericht darin die Bedeutung der Reueerklärung zu relativieren versucht (OVG Lüneburg, Urteil vom 18. März 2021 – 8 LB 97/20 –, juris Rn. 58f), vermag sich die Kammer dem nicht anzuschließen. Unklar bleibt bereits, ob das Oberverwaltungsgericht einen Eingriff verneint oder diesen für gerechtfertigt hält. Es führt zwar aus, dass der Schutzbereich berührt sei, verneint eine Grundrechtsverletzung dann aber mit dem Verweis darauf, dass sich aus den weiteren Umständen ergebe, dass Abgabe und Entgegennahme der Erklärung mit einer geringen Ernsthaftigkeitserwartung einhergingen und dass die tatsächlichen Folgen dem Erklärungsinhalt widersprechen. Deswegen sei nicht nur die Belastung durch die Abgabe der Reueerklärung und deren Folgen gering, der Erklärungsinhalt werde auch nicht als kennzeichnend für die Persönlichkeit des Erklärenden verstanden. Soweit damit ein Eingriff in den Schutzbereich verneint werden soll, ist dieser Teil der Entscheidung widersprüchlich. Soweit die fehlende Ernsthaftigkeitserwartung als Rechtfertigung herangezogen werden soll, ist dem entgegenzuhalten, dass sich der Schutz vor Selbstbezichtigungen nicht daran orientiert, ob und welche Konsequenzen aus der Selbstbezichtigung abgeleitet werden, sondern – wie oben ausgeführt – ob sich der Betroffene entgegen seiner eigenen Überzeugung und seinem inneren Willen aufgrund einer staatlichem Handeln zurechenbaren Zwangslage selbst einer Straftat bezichtigt. Im Übrigen hegt die Kammer auch Zweifel daran, dass der eritreische Staat der Reueerklärung keine ernsthafte Bedeutung bemisst. Denn er macht sie jedenfalls erkennbar zur Bedingung für die Inanspruchnahme konsularischer Leistungen. Ob die von dem Oberverwaltungsgericht vorgenommene Aufteilung der Reueerklärung in selbstbelastendes Schuldeingeständnis einerseits und die Erklärung von Reue als solcher andererseits möglich ist, kann aus Sicht der Kammer dahinstehen. Soweit das Oberverwaltungsgericht davon ausgeht, dass angesichts der Vielzahl an eritreischen Staatsangehörigen, die vor den Menschenrechtsverletzungen in ihrem Land fliehen, nicht davon auszugehen sei, dass diese ernsthaft ihre Flucht und Entziehung von Nationaldienst bereuen, mag dies der Ernsthaftigkeit der Reue entgegenstehen. An der grundrechtlichen Wertung des unstreitig vorhandenen Schuldeingeständnisses ändert dies jedoch ebenso wenig wie die Verweis darauf, dass die Unterzeichnung des gesamten Passus eine dem Wortlaut gegenteilige Wirkung habe und das Bestrafungsrisiko senke (OVG Lüneburg, Urteil vom 18. März 2021 – 8 LB 97/20 –, juris Rn. 59). Diesbezüglich ist aus Sicht der Kammer abermals in den Blick zu nehmen, dass der durch das Persönlichkeitsrecht vermittelte Schutz vor Selbstbezichtigung nicht etwaige nachteilige tatsächliche Folgen einer Erklärung abwehren soll, sondern dem Schutz des Geltungsanspruchs der Erklärenden dient, die sich – ungeachtet der Frage, ob sich die Erklärung in ihrer Folge für sie positiv auswirkt – zu einer Erklärung gezwungen sehen, die nicht ihrem tatsächlichen Willen entspricht. Im Übrigen ist anzumerken, dass sich auch Einlassungen von Angeklagten im Strafprozess strafmindernd auswirken können, ohne dass daraus abgeleitet würde, diese positive Wirkung lasse den Eingriffscharakter einer (mittelbar) erzwungenen Selbstbezichtigung entfallen.
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Für die Entscheidung des konkreten Falles kommt es sodann darauf an, ob der Betroffene freiwillig die Reueerklärung abgeben will, denn das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt – außerhalb seines unantastbaren Wesensgehalts, Art. 19 Abs. 4 GG (BVerfG, Beschluss vom 31. Januar 1973 –, juris Rn. 30) – nur vor erzwungenen Selbstbezichtigungen, nicht hingegen vor freiwilligen Schuldeingeständnissen. Kann dem Vorbringen des Klägers entnommen werden, dass er zur Unterzeichnung der Reueerklärung im Rahmen seiner autonomen Selbstbestimmung bereit ist, ist die Klage abzuweisen. Anders stellt es sich dar, wenn sich der Kläger aus Gründen der Wahrung seiner persönlichen Integrität und Werten weigert, die Reueerklärung zu unterzeichnen. Dann kann er einen eritreischen Pass nur auf unzumutbare Weise – nämlich unter Aufgabe seines persönlichen Geltungsanspruchs – erlangen. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 AufenthV sind dann erfüllt.
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Nach diesen Maßstäben ist die Unterzeichnung der Reueerklärung für den Kläger nicht unzumutbar. Zwar trägt er im Rahmen des Vorverfahrens in seiner Widerspruchsbegründung vor, dass er glaubhaft und nachvollziehbar dargelegt habe, die Reueerklärung nicht unterzeichnen zu wollen. Dies ist jedoch nicht der Fall. Der Kläger belässt es bei allgemeinen Formulierungen, bei denen ein Einzelfallbezug gerade nicht erkennbar ist. Weder aus dem Vorbringen in dem Verwaltungsverfahren, noch aus dem Vortrag im gerichtlichen Verfahren lässt sich entnehmen, warum der Kläger die Reueerklärung nicht unterzeichnen möchte und ob die Selbstbezichtigung überhaupt ein Problem für ihn darstellt. Zum Termin der mündlichen Verhandlung ist der Kläger trotz gegenteiliger Ankündigung persönlich nicht erschienen, obwohl er vom Gericht zuvor darauf hingewiesen worden ist, dass seine persönliche Teilnahme durchaus sinnvoll wäre. Eine zielgerichtete Befragung zu seinen persönlichen Beweggründen war dadurch nicht möglich. Der pauschale Hinweis, dass der Kläger die Reueerklärung nicht unterzeichnen wolle, genügt den Anforderungen zur Darlegung der Unzumutbarkeit nicht. Vielmehr muss der Kläger das Gericht überzeugen, dass die Unterzeichnung der Reueerklärung einen Eingriff in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht begründet. Es ist aus dem Vorbringen des Klägers nicht ersichtlich, dass er sich im Falle einer Selbstbezichtigung einer Straftat in eine nicht hinnehmbare Konfliktlage begeben würde, weil er sich zu einer Erklärung gezwungen sieht, die seinem tatsächlichen Willen nicht entspricht. Die Glaubhaftmachung einer daraus folgenden Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts wäre jedoch erforderlich, um einen Eingriff in die Passhoheit eines anderen Staates verfassungsrechtlich zu rechtfertigen. An einer solchen substantiierten Darlegung fehlt es, sodass die Unterzeichnung der Reueerklärung im Fall des Klägers nicht als unzumutbar angesehen werden kann.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Die Berufung ist gemäß §§ 124 Abs. 1, 2 Nr. 3, 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, da die Frage der Zumutbarkeit der Erlangung eines Passes oder eines Passersatzes für eine große Anzahl an eritreischen Staatsangehörigen von besonderer Bedeutung ist und in der bisherigen unter- und obergerichtlichen Rechtsprechung uneinheitlich beurteilt wird.
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Referenzen
- § 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylG 1x (nicht zugeordnet)
- § 3 AsylG 1x (nicht zugeordnet)
- 1 BvR 116/77 3x (nicht zugeordnet)
- 1 BvR 2172/96 1x (nicht zugeordnet)
- 1 BvR 2019/16 1x (nicht zugeordnet)
- 2 BvR 1172/79 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 2 1x
- 5 K 7317/18 1x (nicht zugeordnet)
- § 72 AsylG 1x (nicht zugeordnet)
- 1 BvB 2/51 1x (nicht zugeordnet)
- 2 BvR 454/71 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 154 1x
- AufenthV § 6 Ausstellung des Reiseausweises für Ausländer im Inland 2x
- 12 A 5005/18 3x (nicht zugeordnet)
- 6 K 3108/15 2x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 167 1x
- AufenthV § 5 Allgemeine Voraussetzungen der Ausstellung des Reiseausweises für Ausländer 7x
- 1 BvR 966/09 1x (nicht zugeordnet)
- 2 BvB 1/13 2x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 124 1x
- 4 K 2002/19 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 124a 1x
- ZPO § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung 1x
- 18 A 951/15 3x (nicht zugeordnet)
- 1 B 1/11 1x (nicht zugeordnet)
- 8 LB 97/20 3x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 711 Abwendungsbefugnis 1x
- § 72 Abs. 1 Nr. 1 AsylG 3x (nicht zugeordnet)
- 1 BvL 14/76 1x (nicht zugeordnet)
- AufenthV § 4 Deutsche Passersatzpapiere für Ausländer 1x
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- 12 A 2452/19 6x (nicht zugeordnet)
- 1 BvR 21171/96 1x (nicht zugeordnet)