Beschluss vom Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht (12. Kammer) - 12 B 33/22

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 17.222,22 € festgesetzt.

Gründe

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Der am 25.05.2022 gestellte und am 29.08.2022 geänderte Antrag des Antragstellers,

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dem Antragsgegner aufzugeben, die bisher haushalterisch freigehaltene Stelle im ..., belegt mit einer Amtszulage A 13 Z, weiter freizuhalten, bis über seinen Widerspruch bestandskräftig entschieden ist,

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bleibt ohne Erfolg.

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Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.

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Nach der Bestimmung des § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Satz 1). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen, nötig erscheint (Satz 2). Gemäß den §§ 123 Abs. 3 VwGO, 920 Abs. 2 ZPO hat der Antragsteller sowohl die Eilbedürftigkeit der gewährten gerichtlichen Regelung (Anordnungsgrund) als auch seine materielle Anspruchsberechtigung (Anordnungsanspruch) glaubhaft zu machen.

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Dem Antragsteller steht ein Anordnungsgrund zur Seite. Unabhängig davon, dass die ausgewählten Konkurrenten des Antragstellers bereits befördert wurden, besteht die besondere Eilbedürftigkeit für den Antragsteller darin, dass der Antragsgegner die Freihaltung einer A 13 Z-Stelle nur bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens zugesichert hat. Der Antragsgegner könnte die begehrte Stelle daher nach Erlass eines etwaigen zurückweisenden Widerspruchsbescheides mit einem anderen Beamten besetzen. Diese Ernennung könnte mit Blick auf den Grundsatz der Ämterstabilität (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 09.07.2007 – 2 BvR 206/07 –, juris Rn 13; OVG Schleswig, Beschluss vom 02.09.2016 – 2 MB 21/16 –, juris Rn. 9) nicht mehr rückgängig gemacht werden.

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Der Antragsteller hat jedoch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Ein Anordnungsanspruch ist in beamtenrechtlichen Konkurrentenverfahren glaubhaft gemacht, wenn der unterlegene Bewerber darlegt, dass die Auswahlentscheidung fehlerhaft war und seine Aussichten, bei erneuter Auswahlentscheidung ausgewählt zu werden, zumindest offen sind, seine Auswahl mithin möglich erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.09.2002 – BvR 857/02 –, juris Rn. 83; BVerwG, Beschluss vom 20.01.2004 – 2 VR 3.03 –, juris Rn.8; OVG Schleswig, Beschluss vom 28.04.2017 – 2 MB 5/17 –, n.v.). Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) gewährt ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Dementsprechend hat jeder Bewerber Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über sein Beförderungsbegehren (sog. Bewerbungsverfahrensanspruch). Dem Grundsatz der Bestenauslese entspricht es dabei, zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender Bewerber in erster Linie auf unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen und als vorrangiges Auswahlkriterium auf die aktuellen dienstlichen Beurteilungen abzustellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.02.2003 – 2 C 16.02 –, juris Rn. 12; BVerfG, Beschluss vom 04.10.2012 – 2 BvR 1120/12 –, juris Rn. 12). Maßgeblich ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil, welches anhand einer Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte gebildet wurde (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.12.2015 – 2 BvR 1958/13 –, juris Rn. 58, Kammerbeschlüsse vom 14.10.2012 – 2 BvR 1120/12 –, juris Rn. 12 und vom 09.08.2016 – 2 BvR 1287/16 –, juris Rn. 79).

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Die durch den Antragsgegner durchgeführte Stellenanhebung mehrerer Stellen stellt eine Beförderung dar (1.). Die Auswahlentscheidung des Antragsgegners was indessen nicht fehlerhaft (2.).

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1. Die vom Antragsgegner durchgeführte Stellenanhebung mehrerer Stellen führt zur Beförderung des betreffenden Stelleninhabers und zu einem höherwertigen Statusamt, denn die Verleihung eines anderen Amtes mit anderem Grundgehalt (§ 8 Abs. 1 Nr. 3 BeamtStG) bedarf der Ernennung. Folglich sind die für die Konkurrenz um eine Beförderungsstelle geltenden Grundsätze anzuwenden. Die Auswahl ist deshalb entsprechend dem Verfassungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG insbesondere nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen. Kommen mehrere Bewerber in Betracht, muss der am besten Geeignete ausfindig gemacht werden (VGH München, Beschluss vom 09.01.2012 – 3 CE 11.1690 –, juris Rn. 27 m.w.N.).

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Diese Grundsätze gelten auch für die Ämter mit einer Amtszulage, da es sich dabei um statusrechtlich verschiedene Ämter handelt (BVerwG, Beschluss vom 16.04.2007 – 2 B 25.07 –, juris Rn. 4). Wenn der Antragsgegner also bestehende Stellen der Besoldungsgruppe A 13 mit einer Amtszulage nach Anlage 1 Fußnote 13 SHBesG ausstattet, muss er sich dabei an die verfassungsgemäßen Grundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG halten und seine Auswahlentscheidung nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vornehmen.

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2. Der Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers ist nicht verletzt worden.

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Der Antragsgegner durfte seiner Auswahlentscheidung zweierlei Voraussetzungen zugrunde legen: Der auszuwählende Beamte muss auf einen Dienstposten innehaben, der mit A 13 Z bewertet wird und er muss außerdem selbst der Besoldungsgruppe A 13 angehören.

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Die Dienstpostenbewertung des Antragsgegners kam zum Ergebnis, dass elf Dienstposten mit A 13 Z bewertet werden können. Der Dienstherr handelt bei der Erstellung von Aufgabenbeschreibungen und Dienstpostenbewertungen im Rahmen seiner Organisationsgewalt. Die Zuordnung der Dienstposten zu einem statusrechtlichen Amt einer bestimmten Besoldungsgruppe unterliegt im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben des Besoldungs- und des Haushaltsrechts dabei seiner organisatorischen Gestaltungsfreiheit (vgl. nur: BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2016 – 2 A 2.14 –, juris Rn. 19 m.w.N.). Infolgedessen schloss der Antragsgegner diejenigen Stelleninhaber aus der Auswahlentscheidung aus, die sich noch in der Besoldungsgruppe A 12 befanden oder die bereits eine Zulage nach A 13 erhielten.

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Erst im zweiten Schritt nahm der Antragsgegner einen Vergleich der restlichen Stelleninhaber nach dem Prinzip der Bestenauslese vor.

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Da der Antragsteller schon nicht die erste Voraussetzung für die Stellenanhebung erfüllt, konnte er in der engeren Auswahl keine Berücksichtigung finden. Er ist seit dem 01.09.2019 zu 100% freigestellt und im Personalrat tätig. Zuvor war er vom 05.05.2015 bis zum 31.08.2019 zu 50% freigestellt. Als 100% freigestellter Beamter hat der Antragsteller derzeit keinen Dienstposten inne. Vor seiner Freistellung war er Inhaber des Dienstpostens VII .... Dieser Dienstposten ist aktuell mit einem Tarifbeschäftigten besetzt und daher nicht bewertet. Aus Sicht des Antragsgegners ist der Dienstposten zum aktuellen Zeitpunkt mit A 9/A 11 bzw. A 12/A 13 zu bewerten. Die Bewertung mit A 13 Z ist hingegen ausgeschlossen, weil auf dem Dienstposten keine besonders herausgehobenen Aufgaben wahrgenommen werden. Eine Bewertung mit A 13 Z ist auf anderen Dienstposten erfolgt, wenn sich dort folgende Anforderungen ergaben: Auswirkungen/Bedeutung der auf dem Dienstposten getroffenen Entscheidungen für das Ressort/Land; politisch brisantes Thema und/oder landespolitisch besonderes wichtige Aufgabe; besonders hervorgehobenes Expertenwissen.

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Dem Antragsteller hat auch keinen subjektiven Anspruch darauf, dass sein ehemalig wahrgenommener Dienstposten eine höhere Bewertung durch den Antragsgegner erfährt. Die Dienstpostenbewertung betrifft nämlich keine Rechte des Beamten (BVerwG, Urteil vom 28.11.1991 – 2 C 7.89 –, juris Rn. 19 m.w.N.). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz käme nur dann in Betracht, wenn sich die Bewertung des Dienstpostens als Missbrauch der organisatorischen Gestaltungsfreiheit des Antragsgegners darstellen würde (BVerwG, Urteil vom 28.11.1991 – 2 C 7.89 –, juris Rn. 20 m.w.N.). Dafür sind vorliegend jedoch keine Anhaltspunkte gegeben, da der Antragsgegner die von ihm gestellten Anforderungen an einen Dienstposten mit der Bewertung von A 13 Z nachvollziehbar dargelegt hat.

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Der Antragsteller ist auch nicht aufgrund des einfachgesetzlichen Benachteiligungsverbotes aus § 36 Abs. 6 Satz 1 MBG so zu behandeln, als hätte er einen mit A 13 Z bewerteten Dienstposten inne. Danach dürfen Freistellungen nicht zu einer Beeinträchtigung des beruflichen Werdeganges führen. Um den hypothetischen beruflichen Werdegang in der Zeit der Freistellung möglichst realitätsnah darzustellen, wurde dieser durch den Antragsgegner fiktiv fortgeschrieben. Die fiktive Fortschreibung fingiert dabei eine im Beurteilungszeitraum tatsächlich nicht erbrachte Dienstleistung und unterstellt zugleich eine Fortentwicklung der Leistungen des Beamten entsprechend dem durchschnittlichen beruflichen Werdegang einer Gruppe vergleichbarer Beamter (BVerwG, Urteil vom 16.12.2010 – 2 C 11.09 –, juris Rn. 9).

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Es bestehen keine rechtlichen Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der fiktiven Nachzeichnung des Antragsgegners. Entscheidet sich der Dienstherr für die fiktive Nachzeichnung durch Bildung einer Vergleichsgruppe, muss er sicherstellen, dass sowohl die generellen Kriterien für die Gruppenbildung als auch deren personelle Zusammensetzung im Einzelfall dem gesetzlichen Benachteiligungsverbot Rechnung tragen. Von der Zusammensetzung der konkreten Vergleichsgruppe hängt entscheidend ab, wie groß die Chancen des freigestellten Personalratsmitglieds sind, aufgrund der Vergleichsbetrachtung mit den anderen Gruppenmitgliedern befördert zu werden. Daher darf der Dienstherr die Vergleichsgruppe nicht so zusammenstellen, dass eine Beförderung des freigestellten Personalratsmitglieds unabhängig von dem durchschnittlichen beruflichen Werdegang der anderen Gruppenmitglieder ausgeschlossen ist (BVerwG, Beschluss vom 30.06.2014 – 2 B 11.14 –, juris Rn. 15). Diesen Maßstäben wird der Antragsgegner gerecht. Er hat eine Vergleichsgruppe aus sämtlichen Beschäftigten in seinem Bereich gebildet, die – genau wie der Antragsteller – im Jahr 2018 eine Regelbeurteilung erhalten haben, die mit der Gesamtnote 4 bewertet wurde und die zum Zeitpunkt der Beurteilung der Besoldungsgruppe A 13 angehörten. Die Vergleichsgruppe erfasst fünf Beschäftigte und stellt damit eine hinreichende Größe dar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.12.2014 – 1 WB 6.13 –, juris Rn. 40). Aus der Referenzgruppe wird zum gegenwärtigen Zeitpunkt einer von fünf Personen eine Amtszulage gewährt. Es erscheint vor diesem Hintergrund nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Antragsteller ebenfalls (als Ausnahme vom Regelfall) bei hypothetischem Verlauf seines Werdeganges ein höheres Statusamt nach A 13 Z bekleiden würde. Dies gilt umso mehr unter Berücksichtigung der gesetzlichen Wertung der Fußnote 13 der Anlage 1 Besoldungsgruppe A 13 SHBesG, wonach für Beamtinnen und Beamte mit dem ersten Einstiegsamt der Laufbahngruppe 2 für Funktionen, die sich von denen der Besoldungsgruppe A 13 abheben, nach Maßgabe sachgerechter Bewertung bis zu 20% der ausgebrachten Stellen der Besoldungsgruppe A 13 mit einer Amtszulage ausgestattet werden können. Daraus folgt, dass eine Amtszulage auf Ausnahmefälle begrenzt sein soll. Es kann anhand der Entwicklung der Beamten der Vergleichsgruppe also nicht davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung einen mit A 13 Z bewerteten Dienstposten bekleidet hätte.

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Es liegen auch keine besonderen Umstände vor, die ausnahmeweise dazu führen, dass der Antragsteller besser als seine Vergleichsgruppe behandelt werden müsste. Solche Umstände hat der Antragsteller schon nicht geltend gemacht. Soweit er darauf verweist, dass er bei mindestens zwei in der Vergangenheit ausgeschriebenen Stellen mit der Bewertung A 13 Z obsiegt hätte, kann er damit nicht durchdringen. Dem Antragsteller stand es frei, sich auf die ausgeschriebenen Stellen zu bewerben, was er jedoch unterlassen hat. Er hat auch nicht vorgetragen, dass ihm die ausgeschriebenen Stellen aufgrund seiner Stellung im Personalrat nicht übertragen worden seien. Nur so ließe sich eine Benachteiligung des Antragstellers herleiten (vgl. BAG, Urteil vom 27.06.2001 – 7 AZR 496/99 –, juris Rn. 31). Hat er sich jedoch nur nicht beworben, weil er kein Interesse an der Ausübung der jeweiligen Stelle hatte, kann nicht im Rahmen der fiktiven Nachzeichnung angenommen werden, dass er die Auswahlverfahren für sich entschieden hätte. Dies würde zu einer rechtswidrigen Besserstellung des Antragstellers im Vergleich zu nicht freigestellten Beschäftigten führen.

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Der Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers wurde auch nicht dadurch verletzt, dass die Auswahlentscheidung getroffen wurde, bevor seine fiktive Nachzeichnung erfolgt ist. Die Auswahlentscheidung ist am 04.05.2022 getroffen und daraufhin in das Mitbestimmungsverfahren übergeleitet worden. Die fiktive Laufbahnfortschreibung des Antragstellers datiert auf den 23.05.2022. Der Antragsgegner versicherte dem Antragsteller aber bereits im Laufe des Auswahlverfahrens, dass er ihm eine A 13 Z-Stelle freihalten werde, damit die Verletzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs notfalls gerichtlich überprüft werden könne. Es bestand daher keine Notwendigkeit dafür, das laufende Auswahlverfahren zu verzögern. Dem Anspruch des Antragstellers auf Zugang zu öffentlichen Ämtern aus Art. 33 Abs. 2 GG drohte keine Verletzung.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

22

Der Wert des Streitgegenstandes beträgt gemäß §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2, Abs. 6 Satz 4 i.V.m. Satz 1 Nr. 1 GKG ein Viertel der Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge des angestrebten Amtes mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen (vgl.

23

OVG Schleswig, Beschluss vom 21.10.2019 – 2 MB 3/19 –, juris Rn. 90 m.w.N.).


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