Entscheidung vom Verwaltungsgericht Sigmaringen - A 13 K 6550/17

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen den Bescheid der Beklagten vom 02.08.2017, mit welchem sein Asylantrag als unzulässig abgelehnt, Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG im Hinblick auf Dänemark versagt, die Abschiebung nach Dänemark angeordnet und das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf drei Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet wurde.
Der Kläger, eigenen Angaben zufolge irakischer Staatsbürger arabischer Volks- und muslimisch-sunnitischer Religionszugehörigkeit, reiste am 01.04.2017 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 03.05.2017 einen Asylantrag.
Nach den Erkenntnissen des Bundesamts (EURODAC-Treffer) lagen Anhaltspunkte für die Zuständigkeit Dänemarks nach der Dublin III-VO vor. Am 03.06.2017 richtete das Bundesamt ein Übernahmeersuchen nach der Dublin III-VO an Dänemark. Die dänischen Behörden erklärt mit Schreiben vom 07.06.2017 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. b) Dublin III-VO und ihre Wiederaufnahmebereitschaft hinsichtlich des Klägers.
Mit Bescheid vom 02.08.2017 lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab, versagte die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG, ordnete die Abschiebung nach Dänemark an und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf drei Monate ab dem Tag der Abschiebung.
Zur Begründung führte es aus, dass der Asylantrag gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG unzulässig sei, da Dänemark aufgrund des dort bereits gestellten Asylantrags gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. b Dublin III-VO für die Behandlung des Asylantrags zuständig sei. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Dänemark führten nicht zu der Annahme, dass bei Abschiebung des Klägers dorthin diesem eine Verletzung in Art. 3 EMRK drohe. Der klägerische Vortrag, dass man ihn in Dänemark in den Irak abschiebe, seine Familie jedoch komplett aus Syrien sei und er im Irak niemanden kenne, ändere hieran nichts. Denn es lägen keine Gründe zur Annahme systemischer Mängel im dänischen Asylverfahren vor und das Gesundheitssystem in Dänemark entspreche europäischen und internationalen Standards. Die psychischen Probleme des Klägers könnten in Dänemark ebenfalls behandelt werden. Gleiches gelte auch für die damit verbundene Magersucht. Es drohe dem Kläger demnach keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach 60 Abs. 7 AufenthG führen würde. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich. Die Abschiebungsanordnung beruhe auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG. Entferntere familiäre Verwandtschaftsverhältnisse des Klägers in Deutschland führten nicht zu einer Verkürzung der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 4 AufenthG.
Der Kläger hat am 18.08.2017 die vorliegende Klage erhoben und einen Eilantrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO (A 1 K 6551/17) gestellt.
Zur Begründung macht er geltend, dass sein Gesundheitszustand seiner Rücküberstellung nach Dänemark entgegenstehe. Hinzu komme, dass durch die Rückführung nach Dänemark die Abschiebung in den Irak drohe. Eine solche sei für den Kläger mit erheblichen Gefahren verbunden. Mit Schriftsatz vom 27.12.2018 hat er noch ausgeführt, dass sich das Klageverfahren durch seine zwischenzeitlich erfolgte Rücküberstellung nach Dänemark nicht erledigt habe. Es werde daran festgehalten, dass der Bescheid ursprünglich bereits rechtswidrig gewesen sei. Da eine Überprüfung der Richtigkeit des Bescheids bislang nicht erfolgt sei, könne auch durch den vorzeitigen Vollzug keine Erledigungswirkung eingetreten sein. Mit Schriftsatz vom 06.05.2021 hat der Kläger noch mitgeteilt, dass richtig sei, dass zwischenzeitlich ein Bescheid erlassen worden sei, in dem ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG festgestellt wurde. Die ursprüngliche Rückführung nach Dänemark sei aber rechtswidrig gewesen. Daher bestehe nach wie vor ein Rechtsschutzinteresse dahingehend, dass festgestellt werde, dass der Bescheid ihn in seinen Rechten verletzt (hat).
Der Kläger beantragt (zuletzt, sachdienlich ausgelegt),
Ziff. 1 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 02.08.2017 aufzuheben und festzustellen, dass Ziff. 3 desselben Bescheids rechtswidrig war sowie die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, ihm subsidiären Schutz zuzuerkennen, höchst hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, Abschiebungsverbote gem. § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG festzustellen.
10 
Die Beklagte beantragt,
11 
die Klage abzuweisen.
12 
Zur Begründung bezieht sie sich auf die angefochtene Entscheidung. Mit Schriftsatz vom 21.11.2018 hat sie noch geltend gemacht, dass das vorliegende Verfahren durch die erfolgte Überstellung sein Ende gefunden habe, da der streitgegenständliche Bescheid vollzogen worden sei.
13 
Mit Beschluss vom 16.03.2018 hat die Kammer den Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. Mit Beschluss vom 16.03.2018 hat der seinerzeit zur Entscheidung berufene Einzelrichter den Eilantrag im Verfahren A 1 K 6551/17 abgelehnt.
14 
Am 27.07.2018 hat das Bundesamt mitgeteilt, dass der Kläger an diesem Tag im Rahmen des Dublin-Verfahrens erfolgreich nach Dänemark überstellt wurde.
15 
Am 28.08.2018 hat der Kläger einen weiteren Eilantrag (A 1 K 4941/18) beim Verwaltungsgericht nach § 80 Abs. 7 VwGO gestellt mit dem Antrag, den Beschluss vom 16.03.2018 (A 1 K 6551/17) aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der vorliegenden Klage wiederherzustellen.
16 
Mit Beschluss vom 11.09.2018 hat der seinerzeit zur Entscheidung berufene Einzelrichter im Verfahren A 1 K 4941/18 den Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO abgelehnt.
17 
Am 28.09.2018 hat der Kläger über seine Prozessbevollmächtigte mitteilen lassen, dass er erneut nach Deutschland eingereist ist, aber keinen neuen Asylantrag gestellt habe, da ein solcher angesichts des noch nicht rechtskräftigen Abschlusses des vorliegenden Verfahrens nicht zulässig sei.
18 
Am 22.10.2018 hat das Bundesamt einen weiteren Bescheid erlassen und in diesem die Abschiebung (des Klägers) nach Dänemark angeordnet sowie das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 24 Monate ab dem Tage der Abschiebung befristet.
19 
Hiergegen hat der Kläger am 31.10.2018 Klage erhoben (A 1 K 6452/18). Mit Prozesserklärung vom 25.03.2019 hat das Bundesamt diesen Bescheid wieder aufgehoben, nachdem zwischenzeitlich die Überstellungsfrist abgelaufen war. Das diesbezügliche Klageverfahren wurde mit Beschluss vom 09.05.2019 eingestellt.
20 
Mit Aktenvermerk und Verfügung vom 27.03.2019 hat das Bundesamt den Kläger in das nationale Verfahren überführt, weil die Überstellungsfrist zwischenzeitlich abgelaufen und eine Überstellung nach Dänemark endgültig gescheitert sei.
21 
Mit Bescheid vom 03.03.2020 wurde der Asylantrag des Klägers auf der Grundlage von § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG als unzulässig abgelehnt und – angesichts seiner gesundheitlichen Probleme – ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG (im Hinblick auf den Irak) festgestellt.
22 
Dem Gericht haben die Behördenakten des Bundesamts (hinsichtlich des Dublin Verfahrens sowie des nationalen Asylverfahrens) vorgelegen. Auf diese sowie auf die im gerichtlichen Verfahren gewechselten Schriftsätze sowie die Akten der weiteren Gerichtsverfahren A 1 K 6551/17, A1 K 6452/18 und A 1 K 4941/18 wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
23 
Nach Übertragung des Rechtsstreits entscheidet der Berichterstatter als Einzelrichter anstelle der Kammer, § 76 Abs. 1 AsylG.
24 
Über die Klage konnte durch Gerichtsbescheid entschieden werden, da die Beteiligten hierzu zuvor angehört worden bzw. ihr Einverständnis erklärt haben, der Sachverhalt geklärt ist und die Sach- und Rechtslage keine besonderen Schwierigkeiten aufweist, § 84 Abs. 1 Satz 1, 2 VwGO.
25 
Die Klage ist zum jetzt maßgeblichen Zeitpunkt (§ 77 Abs. 1 Satz 1, 2. HS AsylG) unzulässig.
1.
26 
Die gegen die Unzulässigkeitsentscheidung in Ziff. 1 des Bescheids gerichtete Anfechtungsklage ist unzulässig, da dem Kläger insoweit das Rechtsschutzbedürfnis fehlt.
a)
27 
Anders als das Bundesamt meint, hat sich die Unzulässigkeitsentscheidung in Ziff. 1 des streitgegenständlichen Bescheids zwar nicht bereits durch die Rücküberstellung des Klägers nach Dänemark erledigt (wie hier Bergmann/Dienelt/Bergmann, 13. Aufl. 2020, AsylG § 29 Rn. 22, 48 mit zutreffendem Hinweis auf EuGH, Urteil vom 25.01.2018 - C-360/16 - Hasan - NVwZ 2018, 560; falsch bzw. jedenfalls ungenau BeckOK AuslR/Pietzsch, 29. Ed. 1.4.2021, AsylG § 34a Rn. 29; zutreffend nur in Bezug auf die Unzulässigkeitsentscheidung GK-AsylG-Funke-Kaiser, § 34a Rn. 68). Denn die Unzulässigkeitsentscheidung hinderte (weiterhin) die Durchführung eines nationalen Verfahrens. Von ihr geht mithin weiterhin eine Regelungswirkung für die Zukunft aus.
28 
Zwischenzeitlich ist die Überstellungsfrist aber abgelaufen, weshalb das Bundesamt mit Aktenvermerk und Verfügung vom 27.03.2019 den Kläger in das nationale Verfahren überführt hat. Dessen ungeachtet hat das Bundesamt die streitgegenständliche Unzulässigkeitsentscheidung weder im Bescheid vom 22.10.2018, noch in einer Prozesserklärung gegenüber dem Gericht oder im Bescheid vom 03.03.2020 formal aufgehoben, so dass von ihm nach wie vor Rechtswirkungen ausgehen. Es stellt sich mithin nach wie vor als tauglicher Klagegegenstand dar.
b)
29 
Allerdings fehlt dem Kläger im Hinblick auf diesen Streitgegenstand das erforderliche Rechtschutzbedürfnis. Denn das Bundesamt hat mit Bescheid vom 03.03.2020 eine – auf § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG gestützte – erneute Unzulässigkeitsentscheidung getroffen, welche zwischenzeitlich bestandskräftig geworden ist. Diese zweite Unzulässigkeitsentscheidung hat die hier streitgegenständliche Unzulässigkeitsentscheidung zeitlich wie rechtlich überholt. Mit der vorliegend begehrten Aufhebung der ersten, hier streitgegenständlichen Unzulässigkeitsentscheidung könnte der Kläger daher keine Verbesserung seiner Rechtsposition (mehr) erreichen.
30 
Dies ergibt sich auch aus folgender Kontrollerwägung: Würde dem Klageantrag hinsichtlich Ziff. 1 des streitgegenständlichen Bescheids entsprochen und die erste Unzulässigkeitsentscheidung mithin aufgehoben, wäre der Kläger dessen ungeachtet gezwungen, einen neuen Asylantrag zu stellen, da sein erster (und bisher einziger) Asylantrag zwischenzeitlich mit Bescheid vom 03.03.2020 bestandskräftig (als unzulässig) abgelehnt wurde. Diese Bestandskraft steht in jedem Fall, d.h. ungeachtet des Ausgangs des vorliegenden Verfahrens, einer Durchführung eines weiteren Asylverfahrens entgegen und würde etwaig einen Asylfolgeantrag erforderlich machen.
2.
31 
Demgegenüber hat sich die Abschiebungsanordnung in Ziff. 3 des streitgegenständlichen Bescheids durch die Abschiebung des Klägers nach Dänemark zwischenzeitlich tatsächlich erledigt. Von dieser gehen keine Rechtswirkungen mehr aus (wie hier Bergmann/Dienelt/Bergmann, 13. Aufl. 2020, AsylG § 29 Rn. 48). Unzutreffend ist die vielfach geteilte Annahme der Gegenauffassung, aus § 71 Abs. 5 Satz 1 AsylG ergebe sich, dass die Abschiebungsanordnung weiterhin Grundlage für eine erneute Abschiebung sein könne. Ein solcher Regelungsgehalt ist § 71 Abs. 5 Satz 1 AsylG bei korrekter Auslegung nicht zu entnehmen: § 71 Abs. 5 Satz 1 AsylG nimmt undifferenziert gleichermaßen die Abschiebungsandrohung (welche sich durch die tatsächliche Abschiebung nicht erledigt) sowie die Abschiebungsanordnung in den Blick. Im Hinblick auf die Abschiebungsanordnung geht der Regelungsgehalt von § 71 Abs. 5 Satz 1 AsylG richtigerweise aber nur dahin, dass es einer solchen nur dann nicht (erneut) bedarf, wenn die erste nicht bereits vollzogen wurde. § 71 Abs. 5 Satz 1 AsylG ist daher kein stichhaltiges Argument für die These, die Abschiebungsanordnung sei durch die tatsächlich erfolgte Abschiebung nicht erledigt (a. A. die wohl h. M., vgl. etwa Huber/Mantel AufenthG/Broscheit, 3. Aufl. 2021, AsylG § 34a Rn. 20; BeckOK AuslR/Pietzsch, 29. Ed. 1.4.2021, AsylG § 34a Rn. 29; GK-AsylG-Funke-Kaiser, § 34a Rn. 68; allerdings etwaige Folgeprobleme aus der vertretenen Rechtsauffassung erkennend ders., § 71 Rn. 319; OVG NRW, Urteil vom 22.09.2016 - 13 A 2448/15.A - BeckRS 2016, 52566 Rn. 20).
32 
Auch das weiter angeführte Argument, die Aufhebung der Abschiebungsanordnung sei nach dem Vollzug der Abschiebung auch nicht etwa sinnlos, sondern könne vielmehr bei einer rechtswidrigen Abschiebung einen Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch auslösen (OVG NRW, Urteil vom 22.09.2016 - 13 A 2448/15.A - juris Rn. 28; dem zustimmend Huber/Mantel AufenthG/Broscheit, 3. Aufl. 2021, AsylG § 34a Rn. 20), greift nicht durch. Denn das auf die Beseitigung der Vollzugsfolgen gerichtete Begehren ist rein tatsächlicher Art und erfordert nicht die Aufhebung der diesen Vollzug tragenden Grundverfügung. Ist diese – wovon auszugehen ist – bereits im materiellen Sinne erledigt, bedarf es ihrer formalen Aufhebung nicht mehr; andernfalls würde von der gewünschten Folge auf den begründungsbedürftigen, aber nicht begründbaren Grund geschlossen. Denn angesichts des Umstands, dass eine erneute tatsächliche Abschiebung nicht abermals auf dieselbe Abschiebungsanordnung gestützt werden kann (vgl. Bergmann/Dienelt/Bergmann, 13. Aufl. 2020, AsylG § 29 Rn. 48; dies lässt sich unschwer auch aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Hasan ableiten, wonach es für eine erneute Überstellung des illegal während des anhängigen Hauptsacheverfahrens wieder in die Bundesrepublik Deutschland eingereisten Ausländers eines erneuten (Wieder)-Aufnahmeverfahrens einschließlich erneuter Abschiebungsanordnung bedarf, vgl. EuGH, Urteil vom 25.01.2018 - C-360/16 - Bundesrepublik Deutschland/Aziz Hasan - NVwZ 2018, 560) gehen von dieser auch nicht im Sinne einer Titelfunktion weitergehende Rechtswirkungen mehr aus. Maßgeblich für das Auslösen eines Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruchs ist allein, dass die (tatsächliche) Abschiebung (tatsächlich) rechtswidrig war. Dass dies der Fall ist, ist inzident im Rahmen der Prüfung des (Vollzugs-)Folgenbeseitigungsanspruchs festzustellen. Hierfür bedarf es der Aufhebung der (als rechtswidrig erachteten) Abschiebungsanordnung als Grundlage der tatsächlichen Abschiebung mangels Titelfunktion derselben ersichtlich nicht.
33 
Auch die auf Art. 29 Abs. 3 Dublin III-VO gestützte Argumentation, wonach die Überstellung im Falle ihrer nachträglich erkannten Rechtswidrigkeit unverzüglich rückgängig zu machen ist (vgl. erneut Huber/Mantel AufenthG/Broscheit, 3. Aufl. 2021, AsylG § 34a Rn. 20), verfängt als Begründung der fortdauernden Gültigkeit der Abschiebungsanordnung nicht. Denn auch hierbei handelt es sich allein um die Rückgängigmachung von Vollzugsfolgen, für die die Wirksamkeit der Grundverfügung keine Rolle spielt (dies ebenfalls anerkennend BeckOK AuslR/Pietzsch, 29. Ed. 1.4.2021, AsylG § 34a Rn. 29 unter Bezugnahme auf die bereits zitierte, für die vorliegend vertretene Rechtsauffassung ins Feld geführte Entscheidung des EuGH in der Rs. Hasan).
34 
Schließlich ergibt sich nichts Anderes aus dem Vorlageverfahren des Bundesverwaltungsgerichts an den Europäischen Gerichtshof in der bereits zitierten Rechtssache Hasan (BVerwG, Beschluss vom 27.04.2016 - 1 C 22.15 - juris). Denn die diesbezügliche Vorlagefragen betrafen einzig und allein die Frage der Zuständigkeitsabgrenzung zwischen ersuchende und (bislang) zuständigen Mitgliedstaat und damit die Unzulässigkeitsentscheidung in Ziff. 1 des Bescheids, welche sich (siehe oben) fraglos nicht durch die tatsächliche Abschiebung erledigt (unzutreffend daher die Instrumentalisierung für die eigene Rechtsauffassung BeckOK AuslR/Pietzsch, 29. Ed. 1.4.2021, AsylG § 34a Rn. 29; ebenso OVG NRW, Urteil vom 22.09.2016 - 13 A 2448/15.A - BeckRS 2016, 52566 Rn. 18).
35 
Nach alledem gibt es kein sachliches/stichhaltiges Argument dafür, warum die Abschiebungsanordnung im Falle der tatsächlichen Durchführung der Abschiebung weiterhin Bestand haben soll. Eine in die Zukunft gerichtete Steuerungsfunktion der Abschiebungsanordnung besteht nicht (vgl. hierzu als Kriterium für die (Nicht-)Erledigung durch Erfüllung bzw. Vollzug Schoch/Schneider VwVfG/Goldhammer, VwVfG § 43 Rn. 126; diese unter den Gesichtspunkt der „Zweckerreichung“ fassendNK-VwVfG/Anna Leisner-Egensperger, 2. Aufl. 2019, VwVfG § 43 Rn. 68).
36 
Nach alledem ist die Abschiebungsanordnung in Ziff. 3 des streitgegenständlichen Bescheids erledigt. Sie ist damit nicht mehr tauglicher Gegenstand einer Anfechtungsklage. Folgerichtig hat der Kläger seinen ursprünglich gestellten Anfechtungsantrag – bei sachdienlicher Auslegung – dahingehend umgestellt, dass er nunmehr die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Abschiebungsanordnung zum Zeitpunkt ihrer Erledigung begehrt. Eine Klageänderung i. S. d. § 91 VwGO ist hierin nicht zu sehen, sondern vielmehr ein Fall des § 173 VwGO i. V. m. § 263 Nr. 2 bzw. 3 ZPO (vgl. Kopp/Schenke/Schenke, VwGO, § 91 Rn. 9). Selbst wenn man dies anders sehen wollte, wäre die Klageänderung jedenfalls sachdienlich i. S. d. § 91 VwGO.
37 
Der insoweit gem. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaften Fortsetzungsfeststellungsklage fehlt es allerdings am erforderlichen Fortsetzungsfeststellungsinteresse.
38 
Allein das klägerseitig geltend gemachte Interesse daran, die Rechtswidrigkeit der Abschiebung festgestellt zu wissen, genügt hierfür nicht. Vielmehr bedarf es eines spezifischen Interesses, welches die besonders legitimationsbedürftige Entscheidung über einen erledigten, mithin abgeschlossenen Lebenssachverhalt rechtfertigt. Ein solches berechtigtes Interesse kann etwa in einer als ehrverletzend angesehenen Abschiebung erblickt werden (so jedenfalls Bergmann/Dienelt/Bergmann, 13. Aufl. 2020, AsylG § 29 Rn. 48), ferner bei konkret drohender Wiederholungsgefahr. Letztere droht angesichts der Überführung des Klägers in das nationale Verfahren aber nicht mehr. In der Abschiebung vermag das Gericht auch keinen tiefgreifenden, sich regelmäßig sofort erledigenden Grundrechtseingriff zu erblicken, der unter dem Gesichtspunkt des effektiven Rechtschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) ein berechtigtes Fortsetzungsfeststellungsinteresse vermitteln würde/könnte. Denn gegen die drohende Abschiebung steht mit dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO i. V. m. § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylG hinreichender Rechtschutz zur Verfügung, welchen der Kläger auch in Anspruch genommen hat.
3.
39 
Ziff. 2 des streitgegenständlichen Bescheids kann vom Kläger ebenfalls nicht mehr mit Erfolg angegriffen werden. Zwar gilt grundsätzlich, dass eine negative Feststellung zu Abschiebungsverboten im Falle der Aufhebung der Unzulässigkeitsentscheidung ebenfalls aufzuheben ist, da sie verfrüht ergangen ist (so für die (auf den vorliegenden Fall insoweit übertragbare) Konstellation des § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG BVerwG, Urteil vom 14.12.2016 - 1 C 4.16 - BVerwGE 157, 18 - juris Rn. 21).
40 
Vorliegend ist die Unzulässigkeitsentscheidung aber – mangels Rechtsschutzbedürfnis, s. o. – nicht formal aufzuheben. Selbiges gilt – wenngleich aus anderen Gründen – für die Versagung nationaler Abschiebungsverbote. Denn angesichts der Unmöglichkeit der Abschiebung des Klägers nach Dänemark droht diesem eine solche dorthin ersichtlich nicht mehr. Auch das Bundesamts berühmt sich nicht der Möglichkeit, den Kläger noch nach Dänemark abschieben zu können. Von der angegriffenen Feststellung geht somit für den Kläger keine negative Rechtswirkung mehr aus. Angesichts dessen kommt auch nicht die – an sich statthafte (vgl. VG Sigmaringen, Beschluss vom 14.12.2020 - A 13 K 1269/18 - juris Rn. 21) – hilfsweise beantragte positive Feststellung eines solchen Abschiebungsverbots (mehr) in Betracht.
4.
41 
Die über die Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheids hinaus beantragten übrigen Verpflichtungsanträge sind ebenfalls unzulässig, da unstatthaft (vgl. erneut VG Sigmaringen, Beschluss vom 14.12.2020 - A 13 K 1269/18 - juris Rn. 21 unter Verweis auf BVerwG, Urteil vom 27.10.2015 - 1 C 32.14 - BVerwGE 153, 162Rn. 13 ff.; BVerwG, Urteil vom 09.08.2016 - 1 C 6/16 - BVerwGE 156, 9-19 Rn. 9; ferner Urteil vom 20.05.2020 - 1 C 34/19 - juris Ls. 1). Dabei geht das Gericht bei sachdienlicher Auslegung der Klageanträge bzw. klägerischen Schriftsätze davon aus, dass diese mit der Klageschrift angekündigten Anträge bis zuletzt geltend gemacht werden/wurden. Denn eine Klagerücknahme ist insofern weder explizit noch indirekt im Kontext der anderen prozessualen Äußerungen der Klägerseite erfolgt.
5.
42 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG. Klarstellend merkt das Gericht an, dass auch im Falle beiderseitiger Erledigterklärungen keine dem Kläger günstigere Kostenentscheidung hätte getroffen werden können. Denn im Rahmen der in diesem Fall anzustellenden Ermessensentscheidung hätte das Gericht zu berücksichtigen, dass der Kläger nach Ablehnung des Eilantrags im Verfahren A 1 K 6551/17 vollziehbar ausreisepflichtig war, dieser Ausreisepflicht aber nicht freiwillig nachgekommen ist, die Beklagte vielmehr die Abschiebungsanordnung vollstrecken musste. Das im weiteren Verlauf mit Bescheid vom 03.03.2020 zugunsten des Klägers festgestellte Abschiebungsverbot gem. § 60 Abs. 5 AufenthG vermag hieran nichts zu ändern, da es sich inhaltlich auf den Irak (und nicht auf Dänemark) bezieht und ohnehin nicht zum Zeitpunkt der Asylantragstellung zurückwirkt.

Gründe

 
23 
Nach Übertragung des Rechtsstreits entscheidet der Berichterstatter als Einzelrichter anstelle der Kammer, § 76 Abs. 1 AsylG.
24 
Über die Klage konnte durch Gerichtsbescheid entschieden werden, da die Beteiligten hierzu zuvor angehört worden bzw. ihr Einverständnis erklärt haben, der Sachverhalt geklärt ist und die Sach- und Rechtslage keine besonderen Schwierigkeiten aufweist, § 84 Abs. 1 Satz 1, 2 VwGO.
25 
Die Klage ist zum jetzt maßgeblichen Zeitpunkt (§ 77 Abs. 1 Satz 1, 2. HS AsylG) unzulässig.
1.
26 
Die gegen die Unzulässigkeitsentscheidung in Ziff. 1 des Bescheids gerichtete Anfechtungsklage ist unzulässig, da dem Kläger insoweit das Rechtsschutzbedürfnis fehlt.
a)
27 
Anders als das Bundesamt meint, hat sich die Unzulässigkeitsentscheidung in Ziff. 1 des streitgegenständlichen Bescheids zwar nicht bereits durch die Rücküberstellung des Klägers nach Dänemark erledigt (wie hier Bergmann/Dienelt/Bergmann, 13. Aufl. 2020, AsylG § 29 Rn. 22, 48 mit zutreffendem Hinweis auf EuGH, Urteil vom 25.01.2018 - C-360/16 - Hasan - NVwZ 2018, 560; falsch bzw. jedenfalls ungenau BeckOK AuslR/Pietzsch, 29. Ed. 1.4.2021, AsylG § 34a Rn. 29; zutreffend nur in Bezug auf die Unzulässigkeitsentscheidung GK-AsylG-Funke-Kaiser, § 34a Rn. 68). Denn die Unzulässigkeitsentscheidung hinderte (weiterhin) die Durchführung eines nationalen Verfahrens. Von ihr geht mithin weiterhin eine Regelungswirkung für die Zukunft aus.
28 
Zwischenzeitlich ist die Überstellungsfrist aber abgelaufen, weshalb das Bundesamt mit Aktenvermerk und Verfügung vom 27.03.2019 den Kläger in das nationale Verfahren überführt hat. Dessen ungeachtet hat das Bundesamt die streitgegenständliche Unzulässigkeitsentscheidung weder im Bescheid vom 22.10.2018, noch in einer Prozesserklärung gegenüber dem Gericht oder im Bescheid vom 03.03.2020 formal aufgehoben, so dass von ihm nach wie vor Rechtswirkungen ausgehen. Es stellt sich mithin nach wie vor als tauglicher Klagegegenstand dar.
b)
29 
Allerdings fehlt dem Kläger im Hinblick auf diesen Streitgegenstand das erforderliche Rechtschutzbedürfnis. Denn das Bundesamt hat mit Bescheid vom 03.03.2020 eine – auf § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG gestützte – erneute Unzulässigkeitsentscheidung getroffen, welche zwischenzeitlich bestandskräftig geworden ist. Diese zweite Unzulässigkeitsentscheidung hat die hier streitgegenständliche Unzulässigkeitsentscheidung zeitlich wie rechtlich überholt. Mit der vorliegend begehrten Aufhebung der ersten, hier streitgegenständlichen Unzulässigkeitsentscheidung könnte der Kläger daher keine Verbesserung seiner Rechtsposition (mehr) erreichen.
30 
Dies ergibt sich auch aus folgender Kontrollerwägung: Würde dem Klageantrag hinsichtlich Ziff. 1 des streitgegenständlichen Bescheids entsprochen und die erste Unzulässigkeitsentscheidung mithin aufgehoben, wäre der Kläger dessen ungeachtet gezwungen, einen neuen Asylantrag zu stellen, da sein erster (und bisher einziger) Asylantrag zwischenzeitlich mit Bescheid vom 03.03.2020 bestandskräftig (als unzulässig) abgelehnt wurde. Diese Bestandskraft steht in jedem Fall, d.h. ungeachtet des Ausgangs des vorliegenden Verfahrens, einer Durchführung eines weiteren Asylverfahrens entgegen und würde etwaig einen Asylfolgeantrag erforderlich machen.
2.
31 
Demgegenüber hat sich die Abschiebungsanordnung in Ziff. 3 des streitgegenständlichen Bescheids durch die Abschiebung des Klägers nach Dänemark zwischenzeitlich tatsächlich erledigt. Von dieser gehen keine Rechtswirkungen mehr aus (wie hier Bergmann/Dienelt/Bergmann, 13. Aufl. 2020, AsylG § 29 Rn. 48). Unzutreffend ist die vielfach geteilte Annahme der Gegenauffassung, aus § 71 Abs. 5 Satz 1 AsylG ergebe sich, dass die Abschiebungsanordnung weiterhin Grundlage für eine erneute Abschiebung sein könne. Ein solcher Regelungsgehalt ist § 71 Abs. 5 Satz 1 AsylG bei korrekter Auslegung nicht zu entnehmen: § 71 Abs. 5 Satz 1 AsylG nimmt undifferenziert gleichermaßen die Abschiebungsandrohung (welche sich durch die tatsächliche Abschiebung nicht erledigt) sowie die Abschiebungsanordnung in den Blick. Im Hinblick auf die Abschiebungsanordnung geht der Regelungsgehalt von § 71 Abs. 5 Satz 1 AsylG richtigerweise aber nur dahin, dass es einer solchen nur dann nicht (erneut) bedarf, wenn die erste nicht bereits vollzogen wurde. § 71 Abs. 5 Satz 1 AsylG ist daher kein stichhaltiges Argument für die These, die Abschiebungsanordnung sei durch die tatsächlich erfolgte Abschiebung nicht erledigt (a. A. die wohl h. M., vgl. etwa Huber/Mantel AufenthG/Broscheit, 3. Aufl. 2021, AsylG § 34a Rn. 20; BeckOK AuslR/Pietzsch, 29. Ed. 1.4.2021, AsylG § 34a Rn. 29; GK-AsylG-Funke-Kaiser, § 34a Rn. 68; allerdings etwaige Folgeprobleme aus der vertretenen Rechtsauffassung erkennend ders., § 71 Rn. 319; OVG NRW, Urteil vom 22.09.2016 - 13 A 2448/15.A - BeckRS 2016, 52566 Rn. 20).
32 
Auch das weiter angeführte Argument, die Aufhebung der Abschiebungsanordnung sei nach dem Vollzug der Abschiebung auch nicht etwa sinnlos, sondern könne vielmehr bei einer rechtswidrigen Abschiebung einen Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch auslösen (OVG NRW, Urteil vom 22.09.2016 - 13 A 2448/15.A - juris Rn. 28; dem zustimmend Huber/Mantel AufenthG/Broscheit, 3. Aufl. 2021, AsylG § 34a Rn. 20), greift nicht durch. Denn das auf die Beseitigung der Vollzugsfolgen gerichtete Begehren ist rein tatsächlicher Art und erfordert nicht die Aufhebung der diesen Vollzug tragenden Grundverfügung. Ist diese – wovon auszugehen ist – bereits im materiellen Sinne erledigt, bedarf es ihrer formalen Aufhebung nicht mehr; andernfalls würde von der gewünschten Folge auf den begründungsbedürftigen, aber nicht begründbaren Grund geschlossen. Denn angesichts des Umstands, dass eine erneute tatsächliche Abschiebung nicht abermals auf dieselbe Abschiebungsanordnung gestützt werden kann (vgl. Bergmann/Dienelt/Bergmann, 13. Aufl. 2020, AsylG § 29 Rn. 48; dies lässt sich unschwer auch aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Hasan ableiten, wonach es für eine erneute Überstellung des illegal während des anhängigen Hauptsacheverfahrens wieder in die Bundesrepublik Deutschland eingereisten Ausländers eines erneuten (Wieder)-Aufnahmeverfahrens einschließlich erneuter Abschiebungsanordnung bedarf, vgl. EuGH, Urteil vom 25.01.2018 - C-360/16 - Bundesrepublik Deutschland/Aziz Hasan - NVwZ 2018, 560) gehen von dieser auch nicht im Sinne einer Titelfunktion weitergehende Rechtswirkungen mehr aus. Maßgeblich für das Auslösen eines Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruchs ist allein, dass die (tatsächliche) Abschiebung (tatsächlich) rechtswidrig war. Dass dies der Fall ist, ist inzident im Rahmen der Prüfung des (Vollzugs-)Folgenbeseitigungsanspruchs festzustellen. Hierfür bedarf es der Aufhebung der (als rechtswidrig erachteten) Abschiebungsanordnung als Grundlage der tatsächlichen Abschiebung mangels Titelfunktion derselben ersichtlich nicht.
33 
Auch die auf Art. 29 Abs. 3 Dublin III-VO gestützte Argumentation, wonach die Überstellung im Falle ihrer nachträglich erkannten Rechtswidrigkeit unverzüglich rückgängig zu machen ist (vgl. erneut Huber/Mantel AufenthG/Broscheit, 3. Aufl. 2021, AsylG § 34a Rn. 20), verfängt als Begründung der fortdauernden Gültigkeit der Abschiebungsanordnung nicht. Denn auch hierbei handelt es sich allein um die Rückgängigmachung von Vollzugsfolgen, für die die Wirksamkeit der Grundverfügung keine Rolle spielt (dies ebenfalls anerkennend BeckOK AuslR/Pietzsch, 29. Ed. 1.4.2021, AsylG § 34a Rn. 29 unter Bezugnahme auf die bereits zitierte, für die vorliegend vertretene Rechtsauffassung ins Feld geführte Entscheidung des EuGH in der Rs. Hasan).
34 
Schließlich ergibt sich nichts Anderes aus dem Vorlageverfahren des Bundesverwaltungsgerichts an den Europäischen Gerichtshof in der bereits zitierten Rechtssache Hasan (BVerwG, Beschluss vom 27.04.2016 - 1 C 22.15 - juris). Denn die diesbezügliche Vorlagefragen betrafen einzig und allein die Frage der Zuständigkeitsabgrenzung zwischen ersuchende und (bislang) zuständigen Mitgliedstaat und damit die Unzulässigkeitsentscheidung in Ziff. 1 des Bescheids, welche sich (siehe oben) fraglos nicht durch die tatsächliche Abschiebung erledigt (unzutreffend daher die Instrumentalisierung für die eigene Rechtsauffassung BeckOK AuslR/Pietzsch, 29. Ed. 1.4.2021, AsylG § 34a Rn. 29; ebenso OVG NRW, Urteil vom 22.09.2016 - 13 A 2448/15.A - BeckRS 2016, 52566 Rn. 18).
35 
Nach alledem gibt es kein sachliches/stichhaltiges Argument dafür, warum die Abschiebungsanordnung im Falle der tatsächlichen Durchführung der Abschiebung weiterhin Bestand haben soll. Eine in die Zukunft gerichtete Steuerungsfunktion der Abschiebungsanordnung besteht nicht (vgl. hierzu als Kriterium für die (Nicht-)Erledigung durch Erfüllung bzw. Vollzug Schoch/Schneider VwVfG/Goldhammer, VwVfG § 43 Rn. 126; diese unter den Gesichtspunkt der „Zweckerreichung“ fassendNK-VwVfG/Anna Leisner-Egensperger, 2. Aufl. 2019, VwVfG § 43 Rn. 68).
36 
Nach alledem ist die Abschiebungsanordnung in Ziff. 3 des streitgegenständlichen Bescheids erledigt. Sie ist damit nicht mehr tauglicher Gegenstand einer Anfechtungsklage. Folgerichtig hat der Kläger seinen ursprünglich gestellten Anfechtungsantrag – bei sachdienlicher Auslegung – dahingehend umgestellt, dass er nunmehr die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Abschiebungsanordnung zum Zeitpunkt ihrer Erledigung begehrt. Eine Klageänderung i. S. d. § 91 VwGO ist hierin nicht zu sehen, sondern vielmehr ein Fall des § 173 VwGO i. V. m. § 263 Nr. 2 bzw. 3 ZPO (vgl. Kopp/Schenke/Schenke, VwGO, § 91 Rn. 9). Selbst wenn man dies anders sehen wollte, wäre die Klageänderung jedenfalls sachdienlich i. S. d. § 91 VwGO.
37 
Der insoweit gem. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaften Fortsetzungsfeststellungsklage fehlt es allerdings am erforderlichen Fortsetzungsfeststellungsinteresse.
38 
Allein das klägerseitig geltend gemachte Interesse daran, die Rechtswidrigkeit der Abschiebung festgestellt zu wissen, genügt hierfür nicht. Vielmehr bedarf es eines spezifischen Interesses, welches die besonders legitimationsbedürftige Entscheidung über einen erledigten, mithin abgeschlossenen Lebenssachverhalt rechtfertigt. Ein solches berechtigtes Interesse kann etwa in einer als ehrverletzend angesehenen Abschiebung erblickt werden (so jedenfalls Bergmann/Dienelt/Bergmann, 13. Aufl. 2020, AsylG § 29 Rn. 48), ferner bei konkret drohender Wiederholungsgefahr. Letztere droht angesichts der Überführung des Klägers in das nationale Verfahren aber nicht mehr. In der Abschiebung vermag das Gericht auch keinen tiefgreifenden, sich regelmäßig sofort erledigenden Grundrechtseingriff zu erblicken, der unter dem Gesichtspunkt des effektiven Rechtschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) ein berechtigtes Fortsetzungsfeststellungsinteresse vermitteln würde/könnte. Denn gegen die drohende Abschiebung steht mit dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO i. V. m. § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylG hinreichender Rechtschutz zur Verfügung, welchen der Kläger auch in Anspruch genommen hat.
3.
39 
Ziff. 2 des streitgegenständlichen Bescheids kann vom Kläger ebenfalls nicht mehr mit Erfolg angegriffen werden. Zwar gilt grundsätzlich, dass eine negative Feststellung zu Abschiebungsverboten im Falle der Aufhebung der Unzulässigkeitsentscheidung ebenfalls aufzuheben ist, da sie verfrüht ergangen ist (so für die (auf den vorliegenden Fall insoweit übertragbare) Konstellation des § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG BVerwG, Urteil vom 14.12.2016 - 1 C 4.16 - BVerwGE 157, 18 - juris Rn. 21).
40 
Vorliegend ist die Unzulässigkeitsentscheidung aber – mangels Rechtsschutzbedürfnis, s. o. – nicht formal aufzuheben. Selbiges gilt – wenngleich aus anderen Gründen – für die Versagung nationaler Abschiebungsverbote. Denn angesichts der Unmöglichkeit der Abschiebung des Klägers nach Dänemark droht diesem eine solche dorthin ersichtlich nicht mehr. Auch das Bundesamts berühmt sich nicht der Möglichkeit, den Kläger noch nach Dänemark abschieben zu können. Von der angegriffenen Feststellung geht somit für den Kläger keine negative Rechtswirkung mehr aus. Angesichts dessen kommt auch nicht die – an sich statthafte (vgl. VG Sigmaringen, Beschluss vom 14.12.2020 - A 13 K 1269/18 - juris Rn. 21) – hilfsweise beantragte positive Feststellung eines solchen Abschiebungsverbots (mehr) in Betracht.
4.
41 
Die über die Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheids hinaus beantragten übrigen Verpflichtungsanträge sind ebenfalls unzulässig, da unstatthaft (vgl. erneut VG Sigmaringen, Beschluss vom 14.12.2020 - A 13 K 1269/18 - juris Rn. 21 unter Verweis auf BVerwG, Urteil vom 27.10.2015 - 1 C 32.14 - BVerwGE 153, 162Rn. 13 ff.; BVerwG, Urteil vom 09.08.2016 - 1 C 6/16 - BVerwGE 156, 9-19 Rn. 9; ferner Urteil vom 20.05.2020 - 1 C 34/19 - juris Ls. 1). Dabei geht das Gericht bei sachdienlicher Auslegung der Klageanträge bzw. klägerischen Schriftsätze davon aus, dass diese mit der Klageschrift angekündigten Anträge bis zuletzt geltend gemacht werden/wurden. Denn eine Klagerücknahme ist insofern weder explizit noch indirekt im Kontext der anderen prozessualen Äußerungen der Klägerseite erfolgt.
5.
42 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG. Klarstellend merkt das Gericht an, dass auch im Falle beiderseitiger Erledigterklärungen keine dem Kläger günstigere Kostenentscheidung hätte getroffen werden können. Denn im Rahmen der in diesem Fall anzustellenden Ermessensentscheidung hätte das Gericht zu berücksichtigen, dass der Kläger nach Ablehnung des Eilantrags im Verfahren A 1 K 6551/17 vollziehbar ausreisepflichtig war, dieser Ausreisepflicht aber nicht freiwillig nachgekommen ist, die Beklagte vielmehr die Abschiebungsanordnung vollstrecken musste. Das im weiteren Verlauf mit Bescheid vom 03.03.2020 zugunsten des Klägers festgestellte Abschiebungsverbot gem. § 60 Abs. 5 AufenthG vermag hieran nichts zu ändern, da es sich inhaltlich auf den Irak (und nicht auf Dänemark) bezieht und ohnehin nicht zum Zeitpunkt der Asylantragstellung zurückwirkt.

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