Urteil vom Verwaltungsgericht Stuttgart - 2 K 3572/02

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Klägerin ist zur Hälfte Eigentümerin des Flurstücks Nr. ...
Das Grundstück liegt auf der Gemarkung der Beklagten und im Abrechnungsgebiet „... “ zur Heranziehung zu einem Erschließungsbeitrag. Es liegt innerhalb der ehemaligen - Anfang des Jahrhunderts gegründeten und im Jahre 1958 aufgelösten - früheren Heimstättengenossenschaft „...“. Das Gelände stellt einen Teilbereich des heutigen Wohngebietes auf der ... dar. Die ..., an die das Grundstück angrenzt, bildete eine äußere im Eigentum der Stadt stehende Straße, die das Gelände der früheren Kolonie mit drei weiteren Straßen umgab. Des weiteren gab es innere Straßen, die das Gelände der früheren Kolonie durchzogen und im Eigentum der Genossenschaft standen. Nach den von den bürgerlichen Kollegien der Stadtgemeinde ... am 13.10.1908/09.03.1909 genehmigten Baulinien und Visieren nach Maßgabe des Plans des Tiefbauamtes vom 25.09.1908/13.02.1909 sollte das an die Heimstätte zu veräußernde Gebiet u. a. von der äußeren Straße ... und weiteren inneren Straßen erschlossen werden. Der Normalprofilplan sah für die ... eine gesamte Breite von 11,15m mit einem Gehweg von 1,40m, der Fahrbahn mit 7,50m und einem breiteren Gehweg von 2,25m vor. Am 01.03.1910 stellte die Ortsbaumeisterstelle der Stadtgemeinde ... in einem Schreiben an das Königliche Oberamt fest, dass es an einer ortsbauplanmäßigen Herstellung der Straßen und der Herstellung von befestigten Zufahrten zu den Straßen in der Heimstättenkolonie fehle. Das Königliche Oberamt erließ am 21.03.1910 Bauvorschriften für die Herstellung und Unterhaltung der Privatstraßen in der Heimstättenkolonie ..., die von den bürgerlichen Kollegien der Stadt ... mit Beschlüssen vom 12.04.1910 und 27.06.1910 genehmigt wurden. Nach Teil A der Bauvorschriften wurde für die die Kolonie umgebenden Feldwege, u. a. für die ..., bestimmt, dass es sich hier teils um Feldwege, teils um Ortsstraßen handle, die auf gemeinschaftliche Kosten zu verbessern seien. Soweit diese Außenstraßen nun ausgebaut seien und weiterhin ausgebaut würden, müsse nach der Bauordnung Art. 13 Abs. 4 Anm. 3 die Breite der Straßenchaussierung mindestens drei Meter betragen. Das Kandelpflaster könne vorläufig in Wegfall kommen, bis sich ein Bedürfnis hierfür herausstelle. Dagegen müsse ein erhöhter Gehweg entsprechend dem genehmigten Normalprofil ausgeführt werden... An den Kosten der Chaussierung und deren Unterhaltung beteilige sich die Stadt zu zwei Dritteln... Am 16.08.1910 führte das Königliche Oberamt aus, ein öffentliches Bedürfnis zur Anlage sei bei den inneren Straßen und auch bei den die Kolonie umgebenden „Feldwegen“ nicht gegeben. Es handle sich deswegen um Privatstraßen im Sinne des Art. 14 der Bauordnung. Es empfahl, die Rechtsverhältnisse für diese Straßen vertraglich zu regeln. Mit Vertrag vom 27.08.1910 verblieb das Areal u. a. für die ... im Eigentum der Stadt. Sie wurde als Privatstraße nach Art. 14 der Bauordnung eingestuft, die genau nach den von den bürgerlichen Kollegien am 12.04. und 27.06.1910 beschlossenen Vorschriften und den weiteren Vorschriften, die das Tiefbauamt im Ganzen oder im Einzelnen bei der Bauausführung noch erteilen werde, angelegt werden solle. Die Genossenschaft habe für die Erfüllung aller ihrer Verbindlichkeiten aus diesem Vertrag insbesondere für die vorschriftsmäßige und rechtzeitige Herstellung der Privatstraßen Kaution zu leisten. Nach Fertigstellung der Privatstraßen sollte die Stadt die Unterhaltungslast für die Straßenkörper übernehmen.
In den Folgejahren leistete die Heimstättengenossenschaft an die Stadt ... für die Anlage von Straßenteilstücken anlässlich von bestimmten Baugesuchen Sicherheitsleistungen.
Am 18.10.1922 beschloss der Gemeinderat der Stadtgemeinde ..., die im Privateigentum der Genossenschaft stehenden Straßen und Wege in der Kolonie durch die Stadt zu übernehmen und die Heimstättengenossenschaft von der Unterhaltungspflicht zu entbinden. Mit Schreiben vom 06.06.1923 teilte das städtische Tiefbauamt der Heimstättengenossenschaft mit, die ... zwischen ... und ... werde teilweise stadtbauplanmäßig hergestellt. Die Anliegerbeiträge würden nach den bestehenden Bestimmungen erhoben.
Am 18.01.1937 trat die Heimstättengenossenschaft die noch in ihrem Eigentum befindlichen inneren und äußeren Straßen und Wege an die Beklagte unentgeltlich ab, nachdem ein entsprechendes Angebot seitens der Heimstättengenossenschaft vom 17.06.1935 gemacht worden war. Darin vertrat die Genossenschaft den Standpunkt, sie habe sowohl für die äußeren, als auch für die inneren Straßen die Anliegerbeitragspflichten erfüllt. Im Abtretungsvertrag unter Ziffer 7 wurde jedoch geregelt, dass es hinsichtlich der Anlegung und Unterhaltung der Gehwege bei den gesetzlichen Bestimmungen verbleibe, nach denen die Anlieger verpflichtet seien, die Gehwege anzulegen und zu unterhalten (§ 113ff der ... Ordnungsbausatzung vom Jahr 1930). Unter Ziffer 8 wurde u. a. weiter vereinbart, es sei Sache der Stadt, künftig festzustellen, ob ein Bedürfnis für den weiteren Ausbau der Straßen vorliege. Unter Ziffer 12 heißt es, wegen der künftigen Anliegerbeitragspflicht der Eigentümer der an die abgetretenen Wege anstoßenden Grundstücke, die oder deren Vorgänger damals Beiträge unter Einzahlung auf das Sparkonto bei der Kreissparkasse (Ziffer 8) hinterlegt hätten, werde bestimmt, dass die Stadt eine allgemeine Befreiung dieser Anlieger an den inneren und äußeren Straßen von Anliegerbeiträgen nicht anerkenne. Bei künftigen Neubauten, Ein- oder Umbauten müssten grundsätzlich die Anliegerbeiträge nach Maßgabe der nach dem Anliegerbeitragsgesetz zur Anwendung kommenden Ortsbausatzung bezahlt werden...
Im Jahre 1958 wurde die Heimstättengenossenschaft liquidiert. Sie übertrug u. a. das Vermögen von 33.107,50 DM auf die Beklagte mit der Erklärung, sie erwarte, dass dieses Geld zur Verbesserung der Wege auf der ... verwendet werde, wie dies vom Stadtrechtsrat bereits zugesagt worden sei.
Nach § 4 des Vertrages zwischen der Stadtgemeinde ... und der Heimstättengenossenschaft vom 18.11.1908 hatte die Stadt einen etwaigen Überschuss der Genossenschaft „zur Befriedigung der Wohnbedürfnisse minderbemittelter Volksklassen“ zu verwenden.
Auf der Grundlage einer Bebauungsplanung aus den Jahren 1978/1995 nahm die Beklagte ab 1996 Erschließungsarbeiten an den Straßen der ehemaligen Heimstättenkolonie, u. a. auch an der ... im hier relevanten Bereich zwischen ... und ... (früher: Waldackerweg), vor. Mit Bescheiden vom 30.05.1996 zog die Beklagte die Klägerin und weitere Anlieger hierfür zu Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag in Höhe von 50 % des zu erwartenden Beitrags heran, und zwar auf der Grundlage einer seiner Zeit gültigen Erschließungsbeitragssatzung. Dagegen beantragten die Adressaten einstweiligen Rechtsschutz, der vom Verwaltungsgericht Stuttgart mit Beschlüssen vom 15.04.1997 - (7 K 2983/96 bis 7 K 2992/96) abgelehnt wurde. Die Beschwerde dagegen wurde vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg mit Beschlüssen vom 18.08.1997 ( u. a. 2 S 1524/97) zurückgewiesen. Auf den Inhalt der Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Stuttgart und des VGH Bad.-Württ. wird Bezug genommen. Die Klagen der Klägerin und der anderen Anlieger gegen die Vorausleistungsbescheide hatten Erfolg. Mit Urteilen vom 10.02.1999 (7 K 194 - 206/98) hob das Verwaltungsgericht Stuttgart die Bescheide der Beklagten vom 30.05.1996 und die Widerspruchsbescheide der Beklagten vom 20.10.1997 auf mit der Begründung, die angefochtenen Beitragsbescheide beruhten auf einer nicht wirksamen Erschließungsbeitragssatzung. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wurde vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg mit Beschlüssen vom 04.10.2000 (2 S 802 - 811/99) abgelehnt.
Die Beklagte zog die Klägerin mit Bescheid vom 10.04.2001 nach Änderung der Erschließungsbeitragssatzung vom 13.01.2001 für die inzwischen abgerechnete Erschließungsanlage „...“ zu einem Erschließungsbeitrag in Höhe von 24079,84 DM heran.
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Der Widerspruch der Klägerin wurde von der Beklagten durch Widerspruchsbescheid vom 12.07.2002 zurückgewiesen.
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Am 09.08.2002 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie trägt im Wesentlichen unter eingehender Befassung mit den Rechtsverhältnissen der ... zu Zeiten der früheren Heimstättengenossenschaft „...“ und unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen in den Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes - 7 K 2983 bis 2992/96 - und vor dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 2 S 1524/97 - sowie ihre Ausführungen im Hauptsacheverfahren 7 K 197/98 vor, die ... sei eine bedingungs-, d. h. vorschriftsmäßig angelegte Privatstraße des alten württembergischen Landesrechts, die im Rechtssinne bereits entstanden sei und eine vorhandene Erschließungsanlage im Sinne von § 242 Abs. 1 BauGB , für die eine Beitragspflicht nicht mehr entstehen könne. Das Überleitungsrecht der §§ 133 Abs. 4, 180 Abs. 2 BBauG und § 242 Abs. 1 BauGB unterscheide bei Erschließungsanlagen, die vor dem 30.10.1960 hergestellt worden seien, danach, ob für eine solche Anlage eine Beitragspflicht schon entstanden, aber noch nicht geltend gemacht worden sei (§ 180 Abs. 1 BBauG) oder noch nicht entstanden sei, wozu der Fall des § 133 Abs. 4 BBauG gehöre. Ergänzend zu § 133 Abs. 4 BBauG stelle § 180 Abs. 2 BBauG klar, dass die Gemeinden nicht ermächtigt seien, nach dem BBauG/BauGB einen Beitrag für eine Erschließungsanlage zu erheben, wenn eine Beitragspflicht für diese nach dem bisherigen Recht nicht entstehen konnte. Wenn das alte Recht keine Beitragserhebung vorgesehen habe, dann habe das heutige Erschließungsrecht das zu akzeptieren. Unerheblich sei es, ob die Anlieger einer württembergischen Privatstraße mit Straßenkostenbeiträgen hätten rechnen müssen. Denn sie seien es gewesen, die die Straße vorschriftsmäßig herzustellen hatten und die nach der gesetzlichen Grundentscheidung auch die Kosten von vornherein selbst hätten tragen müssen, wenn nicht die Städte und Gemeinden einen Anteil übernommen hätten. Während die Ortsstraßen durch die Gemeinden hergestellt worden seien, seien die Privatstraßen auf Kosten der Antragsteller angelegt worden, es sei denn - wie hier - es seien ausdifferenzierte Regelungen über die Kostentragung getroffen worden.
12 
Im Vertrag vom 27.08.1910 seien die Bauvorschriften, und nicht mehr der Ortsbauplan, zum Vertragsgegenstand gemacht worden. Die Bauvorschriften hätten bestimmt, dass die Stadt zwei Drittel des Aufwandes zu tragen hatte. Dies sei eine Änderung zu der bis dahin vorgesehenen völligen Freistellung der Stadt nach § 7 Abs. 1 des Vertrages vom 18.11.1908 gewesen.
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Es müsse unterschieden werden zwischen Privatstraßen nach heutigem Verständnis, die sich auf Unternehmerstraßen oder auf die auf privatem Grund verlaufenden Erschließungsanlagen bezögen. Mit dem Begriff der württembergischen Privatstraße hätten diese  nichts zu tun. Diese unterschieden sich von den Ortsstraßen des alten Württembergischen Landesrechts allein dadurch, dass sie durch ein öffentliches Bedürfnis nicht gefordert worden seien. Das Gesetz habe ausschließlich die Frage geregelt, unter welchen Voraussetzungen einem Antrag der Grundeigentümer auf Gestattung der Privatstraße stattzugeben gewesen sei. Dies sei dann der Fall gewesen, wenn die Straßen vorschriftsmäßig angelegt und unterhalten worden seien. Mit den Eigentumsverhältnissen am Straßengrund habe dies nichts zu tun gehabt. Es treffe auch nicht zu, dass württembergische Privatstraßen, die nicht auf Antrag der Grundeigentümer von den Gemeindekollegien in den Ortsbauplan aufgenommen worden seien, erschließungsrechtlich regelmäßig Provisorien gewesen seien, da sie jederzeit durch private Absprachen Änderungen hätten erfahren können. Denn die Privatstraßen württembergischen Landesrechts seien unter der Herrschaft der Württembergischen Bauordnung an ihre vorschriftsmäßige Anlage geknüpft gewesen. Sie hätten - hier aufgrund besonderer Zuständigkeitsregelungen -  der Kontrolle des Königlichen Oberamtes unterstanden. Die Bauvorschriften des Königlichen Oberamtes, genehmigt durch die bürgerlichen Kollegien der Stadtgemeinde ..., und der öffentlich rechtliche Vertrag vom 27.08.1910 seien alles andere als ein der Beliebigkeit anheim gestelltes, jeder Zeit wieder abänderbares Vertragswerk gewesen. Es komme auch nicht darauf an, dass in den 30iger Jahren bei der Beklagten geänderte Auffassungen über die Qualität der Erschließungsanlagen zutage getreten seien. Subjektive Vorstellungen seien grundsätzlich ohne Belang. Es komme allein auf den objektiven (d. h. hier: vorschriftsmäßigen) Ausbauzustand an.
14 
Schließlich treffe die Gemeinde die materielle Beweislast, dass die ... erstmalig von ihr hergestellt worden sei. Für die württembergischen Privatstraßen komme es hinsichtlich der Fertigstellung nur auf ihre vorschriftsmäßige Anlage an. Sie sei der Auffassung, dass die ... den Bauvorschriften entsprochen habe.
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Das bei der Liquidation der Genossenschaft im Jahre 1958 auf die Stadt ... übertragene Vermögen in Höhe von 33.107,50 DM sei als Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag anzurechnen und hochzurechnen. Ob das von der Genossenschaft seiner Zeit eingezahlte Vermögen als zweckgebundene Kosten eingestellt worden sei, spiele keine Rolle. Die Hochrechnung ergebe sich aus den Bestimmungen des Vertrages vom 18.01.1937, wonach das Risiko von Geldentwertungen nicht den Anliegerbeitragspflichtigen treffen sollte. Auch das unentgeltlich an die Beklagte durch den Straßenlandabtretungsvertrag von 1937 übertragene Eigentum an den dort näher bezeichneten Parzellen sei in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen und anzurechnen. Auch die fiktiven Kosten für den Grunderwerb seien hochzurechnen und einzustellen. Darüber hinaus müsse berücksichtigt werden, dass die Anlieger der einseitig bebauten ... durch die Überwälzung des vollen Aufwandes überbelastet seien. Das gelte auch für die gesamten Kosten der Kanalisation.
16 
Die Beklagte habe die ... in ihrem Bestand durch einen Bebauungsplan nach dem Württ. AufbauG 1948 legitimiert und zwar durch Bebauungsplan vom 09.05.1956, rechtsverbindlich seit dem 06.10.1956. Darin sei die ... als Verkehrsfläche in ihrem Bestand festgesetzt worden. Maßangaben hinsichtlich Breite und Höhe seien nach § 8 Abs. 2 S. 1 AufbauG nicht erforderlich gewesen. § 103 Abs. 1 OBS habe die einschlägige Merkmalsregelung für die Herstellung der Erschließungsanlage enthalten, wonach ein Straßenkörper, Befestigung der Fahrbahn und eine Kandel erforderlich gewesen sein. Diesen Merkmalen habe die ... entsprochen.
17 
Die Beitragsschuld sei entweder nach § 180 Abs. 1 BBauG oder nach § 133 Abs. 4 BBauG entstanden und verjährt. Spätestens sei sie aber nach den Bauarbeiten in den 70er Jahren entstanden und verjährt.
18 
Die Klägerin beantragt,
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den Erschließungsbeitragsbescheid der Beklagten vom 10.04.2001 und ihren Widerspruchsbescheid vom 12.07.2002 aufzuheben.
20 
Die Beklagte beantragt,
21 
die Klage abzuweisen.
22 
Zur Begründung trägt sie vor, der jetzige, bebauungsplanmäßige Ausbau der ... sei nach § 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Nr. 2 BauGB i. V. mit der Erschließungsbeitragssatzung abrechnungsfähig. Die ... sei keine „vorhandene Erschließungsanlage“ im Sinne von § 242 BauGB. Es reiche nicht aus, dass sie als Privatstraße vorschriftsmäßig hergestellt worden sei. Der vorschriftsmäßige Ausbau einer Privatstraße sei lediglich ein Mindestkriterium gewesen, das habe erfüllt sein müssen, um darauf einen öffentlichen Verkehr zuzulassen. Ein Einfluss auf das Beitragsrecht sei nicht damit verbunden, denn der Ortsbauplan sei dadurch nicht außer Kraft gesetzt worden. Die Privatstraßen hätten der privaten Disposition unterlegen und hätten keine öffentlich rechtliche Rechtsposition für die Anlieger geboten. Nach Überführung der Privatstraße zu einer öffentlichen Straße habe die ... zwangsläufig die Qualität einer „nicht ortsbauplanmäßig ausgebauten Straße“ erhalten. Dass es sich im konkreten Fall um ein Provisorium gehandelt habe, zeige sich insbesondere darin, dass z. B. nach den Bauvorschriften das Kandelpflaster vorläufig in Wegfall kommen durfte, bis sich ein Bedürfnis hierfür herausgestellt hätte. Die Regelungen im Reichsheimstättengesetz hätten den Sinn gehabt, die Siedler zumindest vorläufig von Kosten und z. B. auch von Straßenbeiträgen zu entlasten. Deshalb sei es zugelassen gewesen, sogenannte Privatstraßen als Provisorium zu schaffen, welche zunächst die Verkehrsbedürfnisse der Siedler erfüllten. Die Gemeinde habe das Recht gehabt, in späterer Zeit das Bedürfnis für eine öffentliche Straße anzunehmen, ohne darauf verwiesen werden zu können, die bestehenden Privatstraßen seien bereits endgültig im Sinne der Gemeinde hergestellt. Dies ergebe sich deutlich aus dem Vertrag vom 18.01.1937, wonach die Stadt ... ausdrücklich darauf hingewiesen habe, dass die Straßen auf der ... bisher nicht planmäßig ausgebaut gewesen seien und dass bei einem planmäßigen Ausbau Anliegerbeiträge fällig werden würden. Frühere Zahlungen der Siedler zur Anlegung von Straßen an die Genossenschaft oder der Genossenschaft an die Stadt ... seien beitragsrechtlich irrelevant. Diese Geldmittel hätten zur Herstellung der Provisorien gedient. Auch das bei der Liquidation der Genossenschaft auf die Stadt ... übertragene Vermögen könne nicht als Vorauszahlung nach § 133 Abs. 2 BauGB auf den Erschließungsbeitrag angesehen werden, weil es nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Herstellung der Erschließungsanlage stehe. Es liege auch keine anderweitige Deckung im Sinne des § 129 Abs. 1 S. 1 BauGB vor; der Vermögensübergang sei aufgrund der Regelung von § 4 des Vertrages vom 18.11.1908 erfolgt, wonach die Stadt einen etwaigen Überschuss der Genossenschaft „zur Befriedigung der Wohnbedürfnisse minderbemittelter Volksklassen“ zu verwenden gehabt habe. Auch die unentgeltliche Straßenplatzabtretung im Vertrag vom 18.01.1937 führe nicht zu einem Anrechnungstatbestand. Die Gemeinde habe das Straßenland unentgeltlich übernommen, und damit sei kein Aufwand entstanden, so dass die umlegungsfähigen Erschließungskosten entsprechend niedriger gewesen seien. Dies führe zu einer Minderung der Beitragslast des einzelnen Eigentümers. Auch die Zahlungen, die die Genossenschaft an die Stadt ... weitergeleitet habe, seien zur Abgeltung der Baumaßnahmen des Städtischen Tiefbauamtes für die Herstellung der damaligen Privatstraßen verwendet worden und hätte damit der Begleichung einer Werkvertragsforderung gedient.
23 
Es könne dahin stehen, ob die ... durch den Bebauungsplan vom 20.10.1956 im Rechtssinn festgesetzt worden sei. Jedenfalls habe sie in ihrem Ausbauzustand niemals den Planfestsetzungen entsprochen. Auch komme dem Erklärungswillen des Straßenbaulastträgers Indizwirkung zu.
24 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Behördenakten der Beklagten und auf die Gerichtsakten sowie die Akten der Verfahren des Verwaltungsgerichts Stuttgart 7 K 197/98 und 7 K 2989/96 und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg - 2 S 805/99 - und - 2 S 1524/97 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
25 
Das Gericht entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne weitere mündliche Verhandlung (vgl. § 101 Abs. 2 VwGO).
26 
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Erschließungsbeitragsbescheid der Beklagten vom 10.04.2001 und der Widerspruchsbescheid vom 12.07.2002 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Denn sie ist zu Recht nach den §§ 131 Abs. 1 S. 1; 133 Abs. 1 S. 1 BauGB und der Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten vom 13.01.2001, gegen deren Rechtmäßigkeit Bedenken weder vorgetragen noch ersichtlich sind, zum Erschließungsbeitrag für die Erschließungsanlage „...“ in der im angefochtenen Bescheid festgesetzten Höhe herangezogen worden.
27 
Der Beitragspflicht steht nicht entgegen, dass die ... - wie die Klägerin meint - eine vor Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes am 30.06.1961 vorhandene Straße ist, für die nach § 242 Abs. 1 BauGB kein Beitrag mehr erhoben werden kann. Die Frage, ob eine Erschließungsanlage bei Inkrafttreten des BBauG bereits vorhanden war, beantwortet sich nach den vormaligen landesrechtlichen (oder ortsrechtlichen) Vorschriften (vgl. BVerwG, Urteile v. 13.08.1976 und 21.09.1979, Buchholz 406.11, § 132 BBauG Nr. 21 und Nr. 28; ständige Rechtssprechung des VGH Bad.-Württ., vgl. Urteile v. 26.10.1995, - 2 S 120/93 -; v. 04.08.1987, - 2 S 72/95 -, BWGZ 1987, 903). Im ehemals württembergischen Landesteil, zu dem auch das Gebiet der Beklagten gehörte, konnte seit Inkrafttreten der neuen allgemeinen Bauordnung vom 06.10.1872 (RegBl. S. 305) bzw. der Novelle der Bauordnung vom 28.07.1910 (RegBl. S. 333) sowie dem Aufbaugesetz vom 18.08.1948 (RegBl. S. 127) - AufbauG - eine Ortsstraße im Rechtssinne, d. h. eine zum Anbau bestimmte oder dem Anbau dienende öffentliche Straße, nur noch auf Grund und nach Maßgabe eines Ortsbauplans oder eines nach § 7 AufbauG erlassenen Bebauungsplans entstehen, weil die Gemeinden neue Ortsstraßen nur nach den Vorschriften dieser Gesetze, d. h. nur nach Maßgabe verbindlicher Pläne herstellen durften (ständige Rechtssprechung des VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.09.1993 - 2 S 1934/91 -). War ein Ortsbau- oder Bebauungsplan vorhanden, so musste der plangemäße Ausbau als „Erschließungsanlage“ hinzukommen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.02.1993 - 2 S 696/91 -).
28 
Diese Voraussetzungen sind bei der ... nicht erfüllt. Bei ihrer Anlage handelte es sich um eine württembergische Privatstraße, für die ein öffentliches Bedürfnis nicht bestand. Zwar kann es sich bei den vorhandenen Erschließungsanlagen im Sinne von § 242 Abs. 1 BauGB grundsätzlich auch um Privatstraßen handeln. Die ... ist aber nicht bereits als Privatstraße im Rechtssinne endgültig hergestellt worden. Der Verwaltungsgerichthof Baden-Württemberg hat dazu in dem Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes über die Vorausleistungsbescheide (B. v. 18.08.1997 - 2 S 1518/97 -) folgendes ausgeführt:
29 
„Daß Privatstraßen als solche zu den Erschließungsanlagen gehören können, ist in der Rechtsprechung anerkannt (dazu BVerwG, Urteil vom 11.12.1987, BVerwGE 78, 321 und Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 4. Aufl., § 5 Rdnrn. 4ff.). Ob eine Erschließungsanlage im genannten Zeitpunkt vorhanden oder endgültig hergestellt war, beantwortet sich nach den vormaligen landes- und ortsrechtlichen Vorschriften (s. dazu die Nachweise aus der Rechtsprechung des Senats bei Buhl, VBlBW 1984, 269ff.). Für den früheren württembergischen Landesteil, in dessen Gebiet die Antragsgegnerin liegt, enthielt Art. 23 Abs. 1 der württembergischen Bauordnung vom 28.7.1910 (RegBl. S. 333) eine diese Erschließungsanlagen betreffende Regelung. Nach dieser Bestimmung finden dann, wenn von den Gemeindekollegien die Aufnahme von Straßen, deren Anlage durch ein öffentliches Interesse nicht erfordert wird (Privatstraßen), in den Ortsbauplan auf Antrag der Grundeigentümer beschlossen wird, die Bestimmungen der Art. 8 bis 11, 15 Abs. 1, Art. 19 Abs. 2, Art. 20, 21 und Art. 22 Abs. 1 entsprechende Anwendung. Die Antragsteller haben diese Straßen vorschriftsmäßig anzulegen und zu unterhalten, auch die Kosten der an öffentlichen Straßen und ihren Einrichtungen erforderlichen Änderungen zu tragen. Wegen der Übernahme oder des Ersatzes der Kosten der geordneten Unterhaltung der Straßen und ihres nötigen Zubehörs einschließlich der Beleuchtung kann Sicherheit verlangt werden. Wie der Wortlaut des Art. 23 Abs. 1 der Bauordnung verdeutlicht, sind dort nur solche Privatstraßen angesprochen, die planerisch Aufnahme in einen Ortsbauplan gefunden haben. Nur von daher dürfte es Sinn geben, bei solchen Straßen, für die ein öffentliches Bedürfnis nicht bestehen konnte, eine entsprechende Anwendung von Bestimmungen festzulegen, die auf die in Ortsbauplänen ausgewiesenen öffentlichen Straßen Anwendung finden. Daß es daneben auch noch weitere Arten von Privatstraßen gab, liegt in der Natur der Sache (zu den Unternehmerstraßen im weiteren Sinne Germershausen/Seydel, Wegerecht und Wegeverwaltung, 4. Aufl., S. 484). Geht man davon aus, daß die genannte Bauordnung eine Regelung für Privatstraßen, die nicht den Anforderungen des Art. 23 der Bauordnung oder späterer gesetzlicher Regelung entsprechen, nicht enthält, so spricht einiges für die Annahme, daß solche Privatstraßen erschließungsrechtlich schon dem Grunde nach regelmäßig Provisorien waren und geblieben sind, da sie jederzeit durch private Absprachen Änderungen erfahren konnten.“
30 
Diese Ausführungen macht sich die erkennende Kammer zu eigen. Die ... ist zwar als Privatstraße in den Ortsbauplan vom 13.10.1908/09.03.1909 aufgenommen worden. Es ist aber unter den Beteiligten unstreitig, dass sie nicht plangemäß ausgeführt wurde, sondern lediglich nach den vom Ortsbauplan abweichenden Bauvorschriften des Königlichen Oberamts vom 21.03.1910 und dem öffentlich rechtlichen Vertrag vom 27.08.1910 hergestellt worden ist.
31 
Die Klägerin vertritt den Standpunkt, dass die ... mit Erfüllung dieser Vorgaben planungsrechtlich nicht mehr lediglich ein Provisorium war, sondern „vorschriftsmäßig“ angelegt war im Sinne von § 23 Abs. 1 württembergische Bauordnung. Dieser Auffassung kann sich die Kammer ebenso wenig anschließen wie der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in seinem Beschluss vom 18.08.1997 (a. a. O.). Dabei lässt sie die Vorfrage ebenfalls offen, ob der Regelung des § 23 Abs. 1 württembergische Bauordnung genüge getan würde, wenn die Gemeinde außerhalb eines Ortsbauplans konkrete „Vorschriften“ für den Bau einer Privatstraße erlassen hat und diese bei der Herstellung beachtet wurden. Denn die „Vorschriften“ selbst ergeben im vorliegenden Fall, dass u. a. die ... lediglich provisorisch für die Zeit hergestellt werden sollte, bis sich ein Bedürfnis für eine endgültige Herstellung ergeben würde. Nach den Bauvorschriften für die Herstellung und Unterhaltung der Privatstraßen in der Heimstätten-Kolonie „...“ gemäß Erlass des königlichen Oberamts vom 21.03.1910, die von den bürgerlichen Kollegien mit Beschluss vom 12.04.1910 genehmigt wurden, wurde für die zu der Zeit die Kolonie umgebenden Feldwege, u. a. die ... als Zufahrtsstraße zur Kolonie, bestimmt, dass sie auf gemeinschaftliche Kosten zu verbessern waren. Soweit diese Außenstraßen nun angebaut seien und weiterhin angebaut würden, müsse nach Bauordnung Art. 13 Abs. 4 Anm. 3 die Breite der Straßenchaussierung mindestens drei Meter betragen. Das Kandelpflaster könne vorläufig in Wegfall kommen, bis sich ein Bedürfnis hierfür herausstelle. Dagegen müsse ein erhöhter Gehweg entsprechend dem genehmigten Normalprofil ausgeführt werden. Damit tritt klar zutage, dass es sich bei der Herstellung u. a. der ... um eine vorläufige Maßnahme handeln sollte. Die Motivation für diese Neuregelung, die wesentlich unter den Forderungen blieb, die im Ortsbauplan vom 13.10.1908/19.03.1909 gestellt worden waren, wird aus dem folgenden Satz der Bauvorschriften deutlich: „Um den Kostenaufwand zu einem Minimum zu gestalten, wird die Straße nur in einer Breite von drei Metern chaussiert und sind die Randsteine für die Gehwege aus den Vorlagsteinen auszusuchen nach folgendem Profil: ...“. Dem Siedlungsgedanken Rechnung tragend sollte den Siedlern ein möglichst kostengünstiges Bauen ermöglicht werden, was mit Privatstraßen möglich erschien, die ausschließlich den Bedürfnissen der Siedler entsprachen. Ein endgültiger Zustand einer gemeindlichen Anbaustraße war danach nicht vorgesehen.
32 
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die ... auch nicht in der Folgezeit vor Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes in dem jeweiligen Zustand bebauungsplanmäßig festgesetzt und damit „legitimiert“ worden. Hierfür kommen von vornherein die Bebauungspläne vom 14.05.1913 und 06.05.1930 nicht in Betracht, da der erst genannte Plan ein anderes Plangebiet betrifft und der zweite lediglich die Gebietsarten festsetzt. Der Bebauungsplan „...“, genehmigt vom Regierungspräsidium Nordwürttemberg am 06.10.1956, trifft dagegen Festsetzungen für das Gebiet der ... in dem hier maßgeblichen Bereich. Die ... wurde jedoch in diesem Bebauungsplan nicht rechtsverbindlich beplant. Gemäß dem hier maßgeblichen § 8 Abs. 2 AufbauG mussten die Bebauungspläne in Lageplänen außer der Darstellung des bestehenden Zustandes, wie der Straßen, Wege und Plätze, usw. u. a. enthalten: b) die Grenzen und Eigenschaften der künftigen und öffentlichen Straßen, Wege und Plätze, einschließlich der Plätze für das Abstellen von Fahrzeugen (Parkplätze) sowie deren Höhenlage, etc.. Zu Unrecht schließt die Klägerin aus dem ersten Halbsatz dieser Vorschrift, dass die Darstellung des bestehenden Zustandes die Legitimation der dargestellten Objekte zur Folge hat. Vielmehr richtet sich die planerische Festsetzung gemäß dem Durchführungserlass zum Aufbaugesetz vom 29.10.1948 zu §§ 7 und 9 AufbauG hinsichtlich der zeichnerischen Darstellung der Bebauungspläne nach den unverändert  fortgeltenden Vorschriften der Vollzugsverfügung zur Bauordnung vom 10.05.1911 in der Fassung vom 05.09.1930 (RegBl. S. 286). Gemäß § 4 Abs. 1 der Vollzugsverfügung zur Bauordnung ist für die Feststellung eines neuen oder die Abänderung oder Aufhebung eines bestehenden Ortsbauplans, einer Baulinie oder Höhenlage, ein Lageplan anzufertigen, in dem der bestehende, der aufzuhebende sowie der neue Zustand klar und bestimmt dargestellt ist. Um von einer planerischen Festsetzung bezüglich der ... abweichend von dem Ortsbauplan vom 25.09.1908/13.02.1909 ausgehen zu können, hätte es deshalb der Darstellung der durch Ortsbauplan festgesetzten ... und des neuen Zustands bedurft. Dabei wären die Vorschriften des § 5 der Vollzugsverfügung anzuwenden gewesen, wonach die aufzuhebenden Straßengrenzen in gelben einfachen Linien und die neu festzustellenden in roten einfachen Linien darzustellen gewesen wären. Dies trifft auf die Darstellung der ... nicht zu. Sie ist ebenso wie alle tatsächlich vorhandenen Verkehrswege in durchgehend gelber Farbe aufgenommen und unterscheidet sich damit z. B. auch nicht von dem Feldweg Nr. ..., der mit Sicherheit nicht festgesetzt, bzw. „legitimiert“ werden sollte.
33 
Der unstreitig hinter den verbindlichen Festsetzungen des Ortsbauplans vom 13.10.1908/09.03.1909 zurückbleibende Ausbau der ... ist bezogen auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesbaugesetzes nicht als „geringfügige Abweichung“ unschädlich. Dem steht schon entgegen, dass weder die neue allgemeine Bauordnung von 1872 noch die Bauordnung von 1910 eine den Minderausbau unter bestimmten Voraussetzungen zulassende Vorschrift gekannt haben, insoweit mithin durchaus strenger waren als das Bundesbaugesetz bzw. das Baugesetzbuch. Vielmehr könnten allenfalls solche Abweichungen von der im Plan festgesetzten Straßenbreite unschädlich sein, die so geringfügig sind, dass sie praktisch vernachlässigbar sind, weil sie die - nach dem Plan vorausgesetzte und in einem etwa vorhandenen Ausbauprogramm zum Ausdruck gekommene - Erschließungsfunktion nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.09.1993 - 2 S 3019/91 -). Eine derart unschädliche Abweichung hat der Verwaltungsgerichtshof schon bei einem Zurückbleiben des tatsächlichen Ausbaus auf einer kurzen Strecke um 0,50 Meter gegenüber der festgesetzten Straßenbreite verneint (Urt. v. 30.09.1982 - 2 S 2419/81 -). Nach diesen Maßgaben kann auch im vorliegenden Fall von einer unschädlichen Planabweichung nicht die Rede sein.
34 
Die fehlende Übereinstimmung der ausgebauten ... mit den Festsetzungen des Bebauungsplans hatte sonach auch nach dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes zunächst die Folge, dass sie gemäß § 125 Abs. 1 S. 2 BBauG noch nicht rechtmäßig und damit auch noch nicht „endgültig hergestellt“ war (§ 133 Abs. 2 BBauG). Es kann dahin gestellt bleiben, ob die wegen Minderausbaus noch nicht endgültig hergestellte Straße später durch Inkrafttreten der Vorschrift des § 125 Abs. 1a Nr. 1 BBauG am 01.08.1979 oder bis zu der der Beitragserhebung zugrunde liegenden Neuplanung durch Bebauungsplanung in den Jahren 1978/1995 die rechtliche Qualität eines fertig gestellten Erschließungsabschnitts erhalten hat. § 125 Abs. 1a BBauG ist zwar nach § 183e BBauG auch auf Bebauungspläne anzuwenden, die vor dem 01.08.1979 rechtsverbindlich geworden sind, und gilt auch für Erschließungsanlagen, die vor dem 01.08.1979 hergestellt worden sind (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.02.1993 - 2 S 696/91 -). Die Erschließungsbeitragspflicht war nämlich beim Inkrafttreten dieser Vorschrift am 01.08.1979 schon deshalb nicht entstanden, weil die Beklagte zu diesem Zeitpunkt keine gültige Erschließungsbeitragssatzung als weitere Voraussetzung des Entstehens der Beitragspflicht hatte. Denn die Vorgängersatzungen der Erschließungsbeitragssatzung vom 13.01.2001 enthielten alle im Hinblick auf die Regelung über Artzuschläge nichtige Verteilungsregelungen, wie sie vom Verwaltungsgericht Stuttgart im Urteil vom 10.02.1999 - 7 K 197/98 - und vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in seinem Beschluss über die Nichtzulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart - 2 S 805/99 - beanstandet wurden. Anzumerken ist lediglich, dass es zweifelhaft ist, ob der planunterschreitende Ausbau der ... alle Voraussetzungen des § 125 Abs. 1a BBauG erfüllte. Insbesondere ist problematisch, ob der Minderausbau mit den Grundzügen der Planung vereinbar im Hinblick darauf war, dass die Planunterschreitung, gemessen an der Erschließungsfunktion der Straße, unbedeutend war.
35 
Die von der Klägerin gegen die Höhe der Erschließungsbeiträge vorgetragenen Bedenken greifen nicht durch.
36 
Soweit sie rügt, dass frühere Geldleistungen der Siedler an die Genossenschaft zum Ausbau der Straßen auf der ... nicht auf die Erschließungsbeiträge angerechnet worden sind, teilt die Kammer die Auffassung der Beklagten, dass diese Geldmittel dazu dienten, die damaligen Straßen und Wege als Provisorien herzustellen, und nicht etwa Beiträge zu einer planmäßigen und daher endgültigen Herstellung einer Erschließungsanlage waren. Ebenso wenig kann das bei der Liquidation der Genossenschaft im Jahre 1958 auf die Beklagte übertragene Vermögen von 33.107,50 DM als Vorausleistung im Sinne von § 133 Abs. 3 BauGB auf den Erschließungsbeitrag angerechnet werden. Nach § 4 des Vertrages zwischen der Stadtgemeinde ... und der Heimstättengenossenschaft vom 18.11.1908 hatte die Stadt einen etwaigen Überschuss der Genossenschaft „zur Befriedigung der Wohnbedürfnisse minderbemittelter Volksklassen“ zu verwenden. Diese Zweckbindung galt fort und ist ersichtlich auch nicht durch den Abtretungsvertrag vom 18.01.1937 zwischen der Heimstättengenossenschaft und der Stadtgemeinde ... aufgehoben worden. Wegen der Zweckbindung des Liquidationsrestvermögens liegt insoweit auch keine anderweitige Deckung im Sinne des § 129 Abs. 1 S. 1 BauGB vor.
37 
Die unentgeltliche Abtretung der Straßenplätze vom 18.01.1937 (die ... stand im Übrigen bereits vorher im Eigentum der Stadt ...) kann sich ebenfalls nicht senkend auf den Erschließungsbeitrag auswirken, weil dadurch bereits der Erschließungsaufwand niedriger war und somit den Anliegern ohnehin zugute kam.
38 
Zutreffend hat die Beklagte auch die gesamten Herstellungskosten der ... in den beitragsfähigen Erschließungsaufwand eingestellt. Zwar ist die ... nur einseitig zum Anbau bestimmt, weil die östlich von ihr liegenden Grundstücke dem Außenbereich angehören. Richtig ist zwar, dass eine Straße, die lediglich einseitig zum Anbau bestimmt ist, von Fall zu Fall nur in ihrer den bebaubaren Grundstücken zugewandten Hälfte den Begriff der beitragsfähigen Erschließungsanlage im Sinne des § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB erfüllen kann, und dass das zur Konsequenz haben kann, dass dann ausschließlich die auf diese Hälfte entfallenden Kosten als Kosten für ihre erstmalige Herstellung im Sinne des § 128 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BauGB anzusehen und auf die Grundstücke der anbaubaren Straßenseite zu verteilen sind (BVerwG, Urt. v. 31.01.1992 - 8 C 31.90 -, BVerwG 89, 362 [365]). Der damit angesprochene sogenannte Halbteilungsgrundsatz ist jedoch nicht anwendbar in Konstellationen, in denen die Gemeinde - wie hier - die Anlegung der Straße auf eine für die hinreichende Erschließung der Grundstücke an der zum Anbau bestimmten Seite „unerlässliche“ Breite beschränkt hat (BVerwG, Urt. v. 30.05.1997 - 8 C 6/96 -, ZMR 1997, 546ff.). Die Beklagte hat unter Beachtung des zu erwartenden Begegnungsverkehrs die ... mit einer Breite von 5,80 bis 7,80 Metern, einschließlich eines zwischen 1,40 und 1,50 Meter breiten Gehwegs nur an der anbaubaren Straßenseite, auf das unbedingt Notwendige begrenzt.
39 
Die Klage ist daher in vollem Umfang abzuweisen.
40 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Gründe

 
25 
Das Gericht entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne weitere mündliche Verhandlung (vgl. § 101 Abs. 2 VwGO).
26 
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Erschließungsbeitragsbescheid der Beklagten vom 10.04.2001 und der Widerspruchsbescheid vom 12.07.2002 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Denn sie ist zu Recht nach den §§ 131 Abs. 1 S. 1; 133 Abs. 1 S. 1 BauGB und der Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten vom 13.01.2001, gegen deren Rechtmäßigkeit Bedenken weder vorgetragen noch ersichtlich sind, zum Erschließungsbeitrag für die Erschließungsanlage „...“ in der im angefochtenen Bescheid festgesetzten Höhe herangezogen worden.
27 
Der Beitragspflicht steht nicht entgegen, dass die ... - wie die Klägerin meint - eine vor Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes am 30.06.1961 vorhandene Straße ist, für die nach § 242 Abs. 1 BauGB kein Beitrag mehr erhoben werden kann. Die Frage, ob eine Erschließungsanlage bei Inkrafttreten des BBauG bereits vorhanden war, beantwortet sich nach den vormaligen landesrechtlichen (oder ortsrechtlichen) Vorschriften (vgl. BVerwG, Urteile v. 13.08.1976 und 21.09.1979, Buchholz 406.11, § 132 BBauG Nr. 21 und Nr. 28; ständige Rechtssprechung des VGH Bad.-Württ., vgl. Urteile v. 26.10.1995, - 2 S 120/93 -; v. 04.08.1987, - 2 S 72/95 -, BWGZ 1987, 903). Im ehemals württembergischen Landesteil, zu dem auch das Gebiet der Beklagten gehörte, konnte seit Inkrafttreten der neuen allgemeinen Bauordnung vom 06.10.1872 (RegBl. S. 305) bzw. der Novelle der Bauordnung vom 28.07.1910 (RegBl. S. 333) sowie dem Aufbaugesetz vom 18.08.1948 (RegBl. S. 127) - AufbauG - eine Ortsstraße im Rechtssinne, d. h. eine zum Anbau bestimmte oder dem Anbau dienende öffentliche Straße, nur noch auf Grund und nach Maßgabe eines Ortsbauplans oder eines nach § 7 AufbauG erlassenen Bebauungsplans entstehen, weil die Gemeinden neue Ortsstraßen nur nach den Vorschriften dieser Gesetze, d. h. nur nach Maßgabe verbindlicher Pläne herstellen durften (ständige Rechtssprechung des VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.09.1993 - 2 S 1934/91 -). War ein Ortsbau- oder Bebauungsplan vorhanden, so musste der plangemäße Ausbau als „Erschließungsanlage“ hinzukommen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.02.1993 - 2 S 696/91 -).
28 
Diese Voraussetzungen sind bei der ... nicht erfüllt. Bei ihrer Anlage handelte es sich um eine württembergische Privatstraße, für die ein öffentliches Bedürfnis nicht bestand. Zwar kann es sich bei den vorhandenen Erschließungsanlagen im Sinne von § 242 Abs. 1 BauGB grundsätzlich auch um Privatstraßen handeln. Die ... ist aber nicht bereits als Privatstraße im Rechtssinne endgültig hergestellt worden. Der Verwaltungsgerichthof Baden-Württemberg hat dazu in dem Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes über die Vorausleistungsbescheide (B. v. 18.08.1997 - 2 S 1518/97 -) folgendes ausgeführt:
29 
„Daß Privatstraßen als solche zu den Erschließungsanlagen gehören können, ist in der Rechtsprechung anerkannt (dazu BVerwG, Urteil vom 11.12.1987, BVerwGE 78, 321 und Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 4. Aufl., § 5 Rdnrn. 4ff.). Ob eine Erschließungsanlage im genannten Zeitpunkt vorhanden oder endgültig hergestellt war, beantwortet sich nach den vormaligen landes- und ortsrechtlichen Vorschriften (s. dazu die Nachweise aus der Rechtsprechung des Senats bei Buhl, VBlBW 1984, 269ff.). Für den früheren württembergischen Landesteil, in dessen Gebiet die Antragsgegnerin liegt, enthielt Art. 23 Abs. 1 der württembergischen Bauordnung vom 28.7.1910 (RegBl. S. 333) eine diese Erschließungsanlagen betreffende Regelung. Nach dieser Bestimmung finden dann, wenn von den Gemeindekollegien die Aufnahme von Straßen, deren Anlage durch ein öffentliches Interesse nicht erfordert wird (Privatstraßen), in den Ortsbauplan auf Antrag der Grundeigentümer beschlossen wird, die Bestimmungen der Art. 8 bis 11, 15 Abs. 1, Art. 19 Abs. 2, Art. 20, 21 und Art. 22 Abs. 1 entsprechende Anwendung. Die Antragsteller haben diese Straßen vorschriftsmäßig anzulegen und zu unterhalten, auch die Kosten der an öffentlichen Straßen und ihren Einrichtungen erforderlichen Änderungen zu tragen. Wegen der Übernahme oder des Ersatzes der Kosten der geordneten Unterhaltung der Straßen und ihres nötigen Zubehörs einschließlich der Beleuchtung kann Sicherheit verlangt werden. Wie der Wortlaut des Art. 23 Abs. 1 der Bauordnung verdeutlicht, sind dort nur solche Privatstraßen angesprochen, die planerisch Aufnahme in einen Ortsbauplan gefunden haben. Nur von daher dürfte es Sinn geben, bei solchen Straßen, für die ein öffentliches Bedürfnis nicht bestehen konnte, eine entsprechende Anwendung von Bestimmungen festzulegen, die auf die in Ortsbauplänen ausgewiesenen öffentlichen Straßen Anwendung finden. Daß es daneben auch noch weitere Arten von Privatstraßen gab, liegt in der Natur der Sache (zu den Unternehmerstraßen im weiteren Sinne Germershausen/Seydel, Wegerecht und Wegeverwaltung, 4. Aufl., S. 484). Geht man davon aus, daß die genannte Bauordnung eine Regelung für Privatstraßen, die nicht den Anforderungen des Art. 23 der Bauordnung oder späterer gesetzlicher Regelung entsprechen, nicht enthält, so spricht einiges für die Annahme, daß solche Privatstraßen erschließungsrechtlich schon dem Grunde nach regelmäßig Provisorien waren und geblieben sind, da sie jederzeit durch private Absprachen Änderungen erfahren konnten.“
30 
Diese Ausführungen macht sich die erkennende Kammer zu eigen. Die ... ist zwar als Privatstraße in den Ortsbauplan vom 13.10.1908/09.03.1909 aufgenommen worden. Es ist aber unter den Beteiligten unstreitig, dass sie nicht plangemäß ausgeführt wurde, sondern lediglich nach den vom Ortsbauplan abweichenden Bauvorschriften des Königlichen Oberamts vom 21.03.1910 und dem öffentlich rechtlichen Vertrag vom 27.08.1910 hergestellt worden ist.
31 
Die Klägerin vertritt den Standpunkt, dass die ... mit Erfüllung dieser Vorgaben planungsrechtlich nicht mehr lediglich ein Provisorium war, sondern „vorschriftsmäßig“ angelegt war im Sinne von § 23 Abs. 1 württembergische Bauordnung. Dieser Auffassung kann sich die Kammer ebenso wenig anschließen wie der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in seinem Beschluss vom 18.08.1997 (a. a. O.). Dabei lässt sie die Vorfrage ebenfalls offen, ob der Regelung des § 23 Abs. 1 württembergische Bauordnung genüge getan würde, wenn die Gemeinde außerhalb eines Ortsbauplans konkrete „Vorschriften“ für den Bau einer Privatstraße erlassen hat und diese bei der Herstellung beachtet wurden. Denn die „Vorschriften“ selbst ergeben im vorliegenden Fall, dass u. a. die ... lediglich provisorisch für die Zeit hergestellt werden sollte, bis sich ein Bedürfnis für eine endgültige Herstellung ergeben würde. Nach den Bauvorschriften für die Herstellung und Unterhaltung der Privatstraßen in der Heimstätten-Kolonie „...“ gemäß Erlass des königlichen Oberamts vom 21.03.1910, die von den bürgerlichen Kollegien mit Beschluss vom 12.04.1910 genehmigt wurden, wurde für die zu der Zeit die Kolonie umgebenden Feldwege, u. a. die ... als Zufahrtsstraße zur Kolonie, bestimmt, dass sie auf gemeinschaftliche Kosten zu verbessern waren. Soweit diese Außenstraßen nun angebaut seien und weiterhin angebaut würden, müsse nach Bauordnung Art. 13 Abs. 4 Anm. 3 die Breite der Straßenchaussierung mindestens drei Meter betragen. Das Kandelpflaster könne vorläufig in Wegfall kommen, bis sich ein Bedürfnis hierfür herausstelle. Dagegen müsse ein erhöhter Gehweg entsprechend dem genehmigten Normalprofil ausgeführt werden. Damit tritt klar zutage, dass es sich bei der Herstellung u. a. der ... um eine vorläufige Maßnahme handeln sollte. Die Motivation für diese Neuregelung, die wesentlich unter den Forderungen blieb, die im Ortsbauplan vom 13.10.1908/19.03.1909 gestellt worden waren, wird aus dem folgenden Satz der Bauvorschriften deutlich: „Um den Kostenaufwand zu einem Minimum zu gestalten, wird die Straße nur in einer Breite von drei Metern chaussiert und sind die Randsteine für die Gehwege aus den Vorlagsteinen auszusuchen nach folgendem Profil: ...“. Dem Siedlungsgedanken Rechnung tragend sollte den Siedlern ein möglichst kostengünstiges Bauen ermöglicht werden, was mit Privatstraßen möglich erschien, die ausschließlich den Bedürfnissen der Siedler entsprachen. Ein endgültiger Zustand einer gemeindlichen Anbaustraße war danach nicht vorgesehen.
32 
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die ... auch nicht in der Folgezeit vor Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes in dem jeweiligen Zustand bebauungsplanmäßig festgesetzt und damit „legitimiert“ worden. Hierfür kommen von vornherein die Bebauungspläne vom 14.05.1913 und 06.05.1930 nicht in Betracht, da der erst genannte Plan ein anderes Plangebiet betrifft und der zweite lediglich die Gebietsarten festsetzt. Der Bebauungsplan „...“, genehmigt vom Regierungspräsidium Nordwürttemberg am 06.10.1956, trifft dagegen Festsetzungen für das Gebiet der ... in dem hier maßgeblichen Bereich. Die ... wurde jedoch in diesem Bebauungsplan nicht rechtsverbindlich beplant. Gemäß dem hier maßgeblichen § 8 Abs. 2 AufbauG mussten die Bebauungspläne in Lageplänen außer der Darstellung des bestehenden Zustandes, wie der Straßen, Wege und Plätze, usw. u. a. enthalten: b) die Grenzen und Eigenschaften der künftigen und öffentlichen Straßen, Wege und Plätze, einschließlich der Plätze für das Abstellen von Fahrzeugen (Parkplätze) sowie deren Höhenlage, etc.. Zu Unrecht schließt die Klägerin aus dem ersten Halbsatz dieser Vorschrift, dass die Darstellung des bestehenden Zustandes die Legitimation der dargestellten Objekte zur Folge hat. Vielmehr richtet sich die planerische Festsetzung gemäß dem Durchführungserlass zum Aufbaugesetz vom 29.10.1948 zu §§ 7 und 9 AufbauG hinsichtlich der zeichnerischen Darstellung der Bebauungspläne nach den unverändert  fortgeltenden Vorschriften der Vollzugsverfügung zur Bauordnung vom 10.05.1911 in der Fassung vom 05.09.1930 (RegBl. S. 286). Gemäß § 4 Abs. 1 der Vollzugsverfügung zur Bauordnung ist für die Feststellung eines neuen oder die Abänderung oder Aufhebung eines bestehenden Ortsbauplans, einer Baulinie oder Höhenlage, ein Lageplan anzufertigen, in dem der bestehende, der aufzuhebende sowie der neue Zustand klar und bestimmt dargestellt ist. Um von einer planerischen Festsetzung bezüglich der ... abweichend von dem Ortsbauplan vom 25.09.1908/13.02.1909 ausgehen zu können, hätte es deshalb der Darstellung der durch Ortsbauplan festgesetzten ... und des neuen Zustands bedurft. Dabei wären die Vorschriften des § 5 der Vollzugsverfügung anzuwenden gewesen, wonach die aufzuhebenden Straßengrenzen in gelben einfachen Linien und die neu festzustellenden in roten einfachen Linien darzustellen gewesen wären. Dies trifft auf die Darstellung der ... nicht zu. Sie ist ebenso wie alle tatsächlich vorhandenen Verkehrswege in durchgehend gelber Farbe aufgenommen und unterscheidet sich damit z. B. auch nicht von dem Feldweg Nr. ..., der mit Sicherheit nicht festgesetzt, bzw. „legitimiert“ werden sollte.
33 
Der unstreitig hinter den verbindlichen Festsetzungen des Ortsbauplans vom 13.10.1908/09.03.1909 zurückbleibende Ausbau der ... ist bezogen auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesbaugesetzes nicht als „geringfügige Abweichung“ unschädlich. Dem steht schon entgegen, dass weder die neue allgemeine Bauordnung von 1872 noch die Bauordnung von 1910 eine den Minderausbau unter bestimmten Voraussetzungen zulassende Vorschrift gekannt haben, insoweit mithin durchaus strenger waren als das Bundesbaugesetz bzw. das Baugesetzbuch. Vielmehr könnten allenfalls solche Abweichungen von der im Plan festgesetzten Straßenbreite unschädlich sein, die so geringfügig sind, dass sie praktisch vernachlässigbar sind, weil sie die - nach dem Plan vorausgesetzte und in einem etwa vorhandenen Ausbauprogramm zum Ausdruck gekommene - Erschließungsfunktion nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.09.1993 - 2 S 3019/91 -). Eine derart unschädliche Abweichung hat der Verwaltungsgerichtshof schon bei einem Zurückbleiben des tatsächlichen Ausbaus auf einer kurzen Strecke um 0,50 Meter gegenüber der festgesetzten Straßenbreite verneint (Urt. v. 30.09.1982 - 2 S 2419/81 -). Nach diesen Maßgaben kann auch im vorliegenden Fall von einer unschädlichen Planabweichung nicht die Rede sein.
34 
Die fehlende Übereinstimmung der ausgebauten ... mit den Festsetzungen des Bebauungsplans hatte sonach auch nach dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes zunächst die Folge, dass sie gemäß § 125 Abs. 1 S. 2 BBauG noch nicht rechtmäßig und damit auch noch nicht „endgültig hergestellt“ war (§ 133 Abs. 2 BBauG). Es kann dahin gestellt bleiben, ob die wegen Minderausbaus noch nicht endgültig hergestellte Straße später durch Inkrafttreten der Vorschrift des § 125 Abs. 1a Nr. 1 BBauG am 01.08.1979 oder bis zu der der Beitragserhebung zugrunde liegenden Neuplanung durch Bebauungsplanung in den Jahren 1978/1995 die rechtliche Qualität eines fertig gestellten Erschließungsabschnitts erhalten hat. § 125 Abs. 1a BBauG ist zwar nach § 183e BBauG auch auf Bebauungspläne anzuwenden, die vor dem 01.08.1979 rechtsverbindlich geworden sind, und gilt auch für Erschließungsanlagen, die vor dem 01.08.1979 hergestellt worden sind (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.02.1993 - 2 S 696/91 -). Die Erschließungsbeitragspflicht war nämlich beim Inkrafttreten dieser Vorschrift am 01.08.1979 schon deshalb nicht entstanden, weil die Beklagte zu diesem Zeitpunkt keine gültige Erschließungsbeitragssatzung als weitere Voraussetzung des Entstehens der Beitragspflicht hatte. Denn die Vorgängersatzungen der Erschließungsbeitragssatzung vom 13.01.2001 enthielten alle im Hinblick auf die Regelung über Artzuschläge nichtige Verteilungsregelungen, wie sie vom Verwaltungsgericht Stuttgart im Urteil vom 10.02.1999 - 7 K 197/98 - und vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in seinem Beschluss über die Nichtzulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart - 2 S 805/99 - beanstandet wurden. Anzumerken ist lediglich, dass es zweifelhaft ist, ob der planunterschreitende Ausbau der ... alle Voraussetzungen des § 125 Abs. 1a BBauG erfüllte. Insbesondere ist problematisch, ob der Minderausbau mit den Grundzügen der Planung vereinbar im Hinblick darauf war, dass die Planunterschreitung, gemessen an der Erschließungsfunktion der Straße, unbedeutend war.
35 
Die von der Klägerin gegen die Höhe der Erschließungsbeiträge vorgetragenen Bedenken greifen nicht durch.
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Soweit sie rügt, dass frühere Geldleistungen der Siedler an die Genossenschaft zum Ausbau der Straßen auf der ... nicht auf die Erschließungsbeiträge angerechnet worden sind, teilt die Kammer die Auffassung der Beklagten, dass diese Geldmittel dazu dienten, die damaligen Straßen und Wege als Provisorien herzustellen, und nicht etwa Beiträge zu einer planmäßigen und daher endgültigen Herstellung einer Erschließungsanlage waren. Ebenso wenig kann das bei der Liquidation der Genossenschaft im Jahre 1958 auf die Beklagte übertragene Vermögen von 33.107,50 DM als Vorausleistung im Sinne von § 133 Abs. 3 BauGB auf den Erschließungsbeitrag angerechnet werden. Nach § 4 des Vertrages zwischen der Stadtgemeinde ... und der Heimstättengenossenschaft vom 18.11.1908 hatte die Stadt einen etwaigen Überschuss der Genossenschaft „zur Befriedigung der Wohnbedürfnisse minderbemittelter Volksklassen“ zu verwenden. Diese Zweckbindung galt fort und ist ersichtlich auch nicht durch den Abtretungsvertrag vom 18.01.1937 zwischen der Heimstättengenossenschaft und der Stadtgemeinde ... aufgehoben worden. Wegen der Zweckbindung des Liquidationsrestvermögens liegt insoweit auch keine anderweitige Deckung im Sinne des § 129 Abs. 1 S. 1 BauGB vor.
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Die unentgeltliche Abtretung der Straßenplätze vom 18.01.1937 (die ... stand im Übrigen bereits vorher im Eigentum der Stadt ...) kann sich ebenfalls nicht senkend auf den Erschließungsbeitrag auswirken, weil dadurch bereits der Erschließungsaufwand niedriger war und somit den Anliegern ohnehin zugute kam.
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Zutreffend hat die Beklagte auch die gesamten Herstellungskosten der ... in den beitragsfähigen Erschließungsaufwand eingestellt. Zwar ist die ... nur einseitig zum Anbau bestimmt, weil die östlich von ihr liegenden Grundstücke dem Außenbereich angehören. Richtig ist zwar, dass eine Straße, die lediglich einseitig zum Anbau bestimmt ist, von Fall zu Fall nur in ihrer den bebaubaren Grundstücken zugewandten Hälfte den Begriff der beitragsfähigen Erschließungsanlage im Sinne des § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB erfüllen kann, und dass das zur Konsequenz haben kann, dass dann ausschließlich die auf diese Hälfte entfallenden Kosten als Kosten für ihre erstmalige Herstellung im Sinne des § 128 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BauGB anzusehen und auf die Grundstücke der anbaubaren Straßenseite zu verteilen sind (BVerwG, Urt. v. 31.01.1992 - 8 C 31.90 -, BVerwG 89, 362 [365]). Der damit angesprochene sogenannte Halbteilungsgrundsatz ist jedoch nicht anwendbar in Konstellationen, in denen die Gemeinde - wie hier - die Anlegung der Straße auf eine für die hinreichende Erschließung der Grundstücke an der zum Anbau bestimmten Seite „unerlässliche“ Breite beschränkt hat (BVerwG, Urt. v. 30.05.1997 - 8 C 6/96 -, ZMR 1997, 546ff.). Die Beklagte hat unter Beachtung des zu erwartenden Begegnungsverkehrs die ... mit einer Breite von 5,80 bis 7,80 Metern, einschließlich eines zwischen 1,40 und 1,50 Meter breiten Gehwegs nur an der anbaubaren Straßenseite, auf das unbedingt Notwendige begrenzt.
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Die Klage ist daher in vollem Umfang abzuweisen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

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