Urteil vom Verwaltungsgericht Stuttgart - 4 K 3968/05

Tenor

Die Beklagten werden verurteilt, mit dem Kläger für den Budgetzeitraum 2003 über eine Veränderung der Fallzahlen auf der Basis von 744,5 Fällen zu verhandeln und eine Vereinbarung zu schließen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens tragen der Kläger ½, die Beklagten je 1/6.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt Verpflichtung der Beklagten zum Abschluss einer Pflegesatzvereinbarung mit einem erhöhten Gesamtbetrag der Erlöse wegen erhöhter Fallzahlen für das Jahr 2003.
Der Kläger ist ein Zentrum für Psychiatrie, d. h. ein psychiatrisches Fachkrankenhaus.
Mit Schreiben vom 14.01.2003 forderte der Kläger die Beklagten zur Aufnahme von Vorgesprächen für die Pflegesatzverhandlungen für 2003 auf. Dabei forderte der Kläger von den Beklagten eine Budgeterhöhung wegen Fallzahlensteigerung, deren Auswirkung er mit 3.008.847,00 EUR bezifferte. Zur Begründung verwies er darauf, dass im Jahre 2002 mehr Fälle als vereinbart behandelt worden seien und forderte dafür für 2003 die Vereinbarung von 744,5 zusätzlichen Fällen. In den Gesprächen wurde u.a. bezüglich des Bereichs „Ausnahme von der Veränderungsrate Null“ sowie „Budgeterhöhung wegen Fallzahlsteigerungen“ keine Einigung erzielt. Die deswegen angerufene Schiedsstelle zur Festsetzung der Krankenhauspflegesätze für Baden-Württemberg entschied mit Beschluss vom 29.10. und 18.11.2003 über den Gesamtbetrag der Erlöse und die Pflegesätze, ohne die geltend gemachte Erhöhung zu berücksichtigen. Zur Begründung hieß es, nach § 6 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) sei eine Überschreitung des Gesamtbetrags des Vorjahres nur möglich, soweit in der Pflegesatzvereinbarung zwischen den Vertragsparteien vereinbarte Veränderungen der Fallzahlen dies erforderlich machten. Eine derartige Pflegesatzvereinbarung über die Fallzahlen sei nicht schriftlich zustande gekommen. Eine Einigung werde von den Kostenträgern bestritten. Der Gesamtbetrag sei daher durch die Bundespflegesatzverordnung festgeschrieben.
Diese Schiedsstellenentscheidung wurde mit Bescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 04.05.2004 genehmigt. Zur Begründung hieß es, ein Rechtsverstoß sei nicht ersichtlich. Die Schiedsstelle habe zu Recht die Fallzahlensteigerungen bei der Ermittlung der Gesamtbetragsobergrenze unberücksichtigt gelassen, denn eine wirksame Vereinbarung mit den Kostenträgern über die Veränderung der Fallzahlen existiere nicht und die ersatzweise Feststellung durch die Schiedsstelle sei nicht zulässig. Dies ergebe sich aus § 19 Abs. 3 BPflV.
Dagegen erhob der Kläger mit Schriftsatz vom 29.05.2004 Klage vor dem Verwaltungsgericht Sigmaringen (Az.: 4 K 1147/04). Über die Klage ist noch nicht entschieden.
Am 29.12.2004 hat der Kläger vor dem Verwaltungsgericht Sigmaringen Klage gegen die Beklagten erhoben, mit der er Verpflichtung der Beklagten zum Abschluss einer Pflegesatzvereinbarung mit einem durch Veränderung der Fallzahlen um 3.008.847,00 EUR erhöhten Gesamtbetrag der Erlöse begehrt. Zur Begründung führte er aus: Die Verpflichtung zum Abschluss einer Pflegesatzvereinbarung dem Grunde nach ergebe sich aus § 18 Abs. 1 KHG, § 17 Abs. 1 BPflV. Für die psychiatrischen Krankenhäuser und Fachabteilungen seien jährlich Budgetverhandlungen zu führen, wobei der für die Krankenhäuser vereinbarte oder von einer Schiedsstelle festgesetzte Gesamtbetrag auf tagesgleiche Pflegesätze aufgeteilt werde. Nach § 3 BPflV sei ein Budget zu vereinbaren, das gemäß § 13 BPflV in Pflegesätze umgerechnet werde. Weiterhin hätten die Parteien gemäß § 6 BPflV einen Gesamtbetrag der Erlöse zu vereinbaren. Dabei sei nach § 6 Abs. 1 Sätze 3 und 4 BPflV der Grundsatz der Beitragssatzstabilität zu beachten; Maßstab sei die Veränderungsrate der beitragspflichtigen Einnahmen aller Mitglieder der Krankenkassen je Mitglied. Nach § 6 Abs. 1 Satz 4 Ziff. 1 BPflV gelte aber eine Ausnahme für eine mögliche Überschreitung u. a. dann, wenn in der Pflegesatzvereinbarung zwischen den Vertragsparteien vereinbarte Veränderungen der medizinischen Leistungsstruktur oder der Fallzahlen dies erforderlich machten. Die Beklagten bestritten den Eintritt der Fallzahlveränderungen und deren Angemessenheit und medizinische Notwendigkeit nicht, weigerten sich aber, eine Vereinbarung über die Fallzahlsteigerung zu treffen. Der Gesamtbetrag der Erlöse sei auf der Grundlage der allgemeinen Krankenhausleistungen im Rahmen des Versorgungsauftrages des Krankenhauses zu vereinbaren. Dabei sei nach § 12 BPflV das Budget auf der Grundlage der voraussichtlichen Leistungsstruktur und -entwicklung zu vereinbaren. Die Klinik des Klägers sei mit 383 Betten in den Krankenhausplan des Landes Baden-Württemberg aufgenommen.
Der Höhe nach ergäbe sich ein zu vereinbarender Gesamtbetrag von 34.722.265,00 EUR.
Die Anspruchstatbestände seien in vollem Umfang gerichtlich nachprüfbar, Schiedsstelle und Pflegesatzparteien seien weiterhin an die Vorschriften des materiellen Pflegesatzrechtes gebunden. Ein Ermessen, die Sondertatbestände in § 6 Abs. 1 Satz 4 BPflV anzuwenden oder nicht, bestehe nicht. Die Parteien seien stets gehalten, den medizinisch leistungsgerechten Gesamtbetrag zu vereinbaren. Dürften sie nach § 6 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 BPflV eine Fallzahlsteigerung berücksichtigen, so müssten sie dies auch gleichzeitig tun, da sie der Verpflichtung des § 3 BPflV zu genügen hätten. Der Umstand, dass diese Positionen nach § 19 Abs. 3 BPflV nicht mehr schiedsstellenfähig seien, führe nur zum Ausschluss des Schiedsstellenverfahrens, nicht aber zur Veränderung des materiellen Pflegesatzrechtes. Die Krankenhäuser hätten einen grundsätzlichen Anspruch auf leistungsgerechte Vergütung, der durch das Vereinbarungsprinzip hinsichtlich der Fallzahlsteigerungen nicht eingeschränkt sei. Immer sei das Budget auf der Grundlage der voraussichtlichen Leistungsstruktur und -entwicklung des Krankenhauses zu vereinbaren, wobei nach § 3 Abs. 1 Satz 2 BPflV Bemessungsgrundlage die allgemeinen Krankenhausleistungen im Rahmen des Versorgungsauftrages seien. Der Rechtsanspruch bestehe daher nicht nur bei willkürlicher Verweigerung einer Leistungsvereinbarung durch die Pflegesatzparteien. Der Ausschluss des Schiedsstellenverfahrens durch § 19 Abs. 3 BPflV bedeute keinen Ausschluss des Rechtsweges und des Klageverfahrens.
Der Kläger beantragt,
10 
1. die Beklagten zu verpflichten, das Angebot des Klägers auf Abschluss einer Pflegesatzvereinbarung für den Budgetzeitraum 2003 mit einem medizinisch leistungsgerechten Gesamtbetrag in Höhe von 34.722.265,00 EUR ohne Ausgleiche und Berichtigungen und in Höhe von 34.704.911,00 EUR mit Ausgleichen und Berichtigungen anzunehmen und hierbei einer Erhöhung des Gesamtbetrages der Erlöse wegen Veränderung der Fallzahlen in Höhe von 3.008.847,00 EUR zuzustimmen,
11 
2. hilfsweise die Beklagten zu verurteilen, mit dem Kläger für den Budgetzeitraum vom 01.01.2003 bis 31.12.2003 eine Veränderung der Fallzahlen von 744,5 Fällen zu vereinbaren,
12 
3. höchst hilfsweise festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, mit dem Kläger eine Pflegesatzvereinbarung für den Budgetzeitraum 2003 mit der Maßgabe abzuschließen, dass der Gesamtbetrag der Erlöse in Höhe von 3.008.847,00 EUR erhöht wird.
13 
Die Beklagten beantragen,
14 
die Klage abzuweisen.
15 
Zur Begründung tragen sie vor, die Klage sei unzulässig, denn der Gesetzgeber habe die Möglichkeit, im Rahmen des Schiedsstellenverfahrens gerichtlich gegen die Genehmigung vorzugehen, als ausreichend angesehen. Die Geltendmachung von „Mehrfällen“ sei einer gerichtlichen Überprüfung entzogen, denn sie sei nicht in das Schiedsstellenverfahren einbezogen. Es komme allein das in § 12 Abs. 2 BPflV vorgesehene nachträgliche Ausgleichsverfahren in Betracht. Eine unmittelbare gerichtliche Durchsetzung einer bestimmten Pflegesatzvereinbarung widerspräche der in § 18 Abs. 5 KHG vorgesehenen Rechtsschutzmöglichkeit. Es fehle daher ein Rechtsschutzbedürfnis. Inhaltlich hätten sich die Beklagten nicht willkürlich oder aus sachfremden Erwägungen einer Pflegesatzvereinbarung unter Berücksichtigung des § 6 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 BPflV verschlossen. Die vom Kläger behaupteten Mengenausweitungen würden bestritten. Die Fragwürdigkeit der Mehrfälle ergäbe sich schon daraus, dass Patienten in der Psychiatrie mehrfach aufgenommen würden, damit aber nicht jeweils neue Fälle begründeten. Maßgeblicher Parameter sei auch nicht der „Fall“, sondern der Belegungstag, wie sich aus § 4 Abs. 2 Psych-PV ergebe. Die Vergütung erfolge nach tagesgleichen Pflegesätzen. In der klägerischen Einrichtung sei die Verweildauer in den letzten Jahren erheblich um 12,17 Tage bzw. 31,62 % zurückgegangen; dies führe zu erheblichen Einsparungen. Deshalb seien keine Mehrfälle vereinbart worden. Aus § 6 Abs. 1 Satz 4 BPflV ergäbe sich zudem, dass an die „Erforderlichkeit“ strenge Anforderungen zu stellen seien und Mehrkosten und damit auch die Geltendmachung von „mehr Fällen“ primär durch Inanspruchnahme von Wirtschaftlichkeitsreserven oder durch den Abbau von Unwirtschaftlichkeiten zu bestreiten seien. Schon deshalb komme eine Überschreitung der Steigerungsrate nicht in Betracht.
16 
Mit Beschluss vom 22.09.2005 hat das Bundesverwaltungsgericht das Verwaltungsgericht Stuttgart gem. § 53 Abs. 1 Nr. 3 VwGO zum örtlich zuständigen Verwaltungsgericht bestimmt.
17 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Anlagen hierzu verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
I.
18 
Die Klage ist zulässig.
19 
1. Der Verwaltungsrechtsweg ist gegeben (§ 40 Abs. 1 VwGO). Es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art, die nicht einem anderen Gericht durch Gesetz zugewiesen ist. Der Streit geht um eine Teilvereinbarung unter den Pflegesatzparteien im Vorfeld der Budgetvereinbarung und damit um einen koordinationsrechtlichen öffentlich-rechtlichen Vertrag. Der Verwaltungsrechtsweg ist auch nicht, wie die Beklagten meinen, durch Gesetz ausgeschlossen. Nach § 18 Abs. 5 S. 2 KHG ist gegen die Genehmigung von Schiedsstellenfestsetzungen der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Die vom Kläger begehrte Vereinbarung zu § 6 Abs. 1 S. 4 Nr. 1 BPflV unterfällt wegen der Ausschlussregelung in § 19 Abs. 3 BPflV nicht dem Schiedsstellenverfahren. Die Schiedsstelle kann über die Veränderungen der Fallzahlen dem Grunde nach nicht entscheiden; ihre Entscheidung kann daher auch nicht genehmigt werden. Daher hat die Schiedsstelle zur Festsetzung der Krankenhauspflegesätze für Baden-Württemberg ebendies im Beschluss vom 29.10.2003 auch abgelehnt. § 18 Abs. 5 S. 2 KHG besagt nun allerdings nicht, dass gegen die Ablehnung der Vereinbarung keinerlei gerichtlicher Rechtsschutz möglich wäre. Die Bedeutung dieser Vorschrift erschöpft sich darin, festzulegen, dass der Verwaltungsrechtsweg (und nicht der Rechtsweg zu den Sozialgerichten) gegeben ist und dass erst gegen die Genehmigung und nicht schon gegen die Schiedsstellenentscheidung vorgegangen werden kann. Ein Rechtswegausschluss unter Verletzung der Garantie des Art. 19 Abs. 4 GG liegt darin nicht. Einen solchen Ausschluss bedeutet auch der erwähnte Ausschluss der fraglichen Vereinbarung von der Schiedsstellenfähigkeit nach § 19 Abs. 3 BPflV nicht. Dort ist lediglich geregelt, über welche Gegenstände die Schiedsstelle nicht entscheidet. Es existiert keine Norm, durch die die Klagemöglichkeiten in pflegesatzrechtlichen Streitigkeiten auf die Fälle beschränkt werden, in denen eine Schiedsstellenentscheidung genehmigt worden ist; dieser Auffassung sind auch die Literatur (vgl. Dietz/Bofinger, Krankenhausfinanzierungsgesetz, Bundespflegesatzverordnung und Folgerecht, Anmerkung IV. 2.7 zu § 6 BPflV 2000; Tuschen/Quaas, Bundespflegesatzverordnung, 5. Aufl., Erl. zu § 6, S. 223, Zitatstelle vorgelegt vom Kläger) und der VGH Baden-Württemberg (Beschl. v. 05.04.2005 - 9 S 2790/04 - in der Beschwerdeentscheidung zu dem Beschluss der Kammer vom 26.10.2004 - 4 K 3135/04 -).
20 
2. Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage zulässig. Der Kläger begehrt von den Beklagten den Abschluss einer Vereinbarung über die im Jahre 2003 mit Auswirkungen auf die Budgetfestsetzung zu erbringenden Fallzahlen. Er möchte damit die Verurteilung der Beklagten zu einer Leistung erreichen, die nicht den Erlass eines Verwaltungsakts darstellt; es handelt sich um eine allgemeine Leistungsklage. Diese Klage ist zulässig, da der Kläger insbesondere geltend macht, ohne die Vereinbarung höherer Fallzahlen sei ihm die Erwirtschaftung des medizinisch leistungsgerechten Budgets nicht möglich. Er ist damit in entsprechender Anwendung des § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt, denn der Zwang zur Erbringung nicht vergüteter unentgeltlicher Leistungen könnte ihn in seiner Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzen.
21 
3. Auch der Umstand, dass die hier entscheidungserhebliche Frage auch in dem beim Verwaltungsgericht Sigmaringen anhängigen Rechtsstreit (Az.: 4 K 1147/04) eine Rolle spielt, begründet keine Bedenken gegen die Zulässigkeit. Eine Rechtskraftkollision kann schon deshalb nicht auftreten, weil der dortige Beklagte das Land Baden-Württemberg, vertreten durch das Regierungspräsidium Tübingen als Genehmigungsbehörde, ist und nicht die Kostenträger. Im Übrigen ist die vorliegend zu entscheidende Frage, ob die Beklagten zum Abschluss einer Vereinbarung hinsichtlich einer „Ausdeckelung“ verpflichtet sind, vorgreiflich gegenüber der Entscheidung des VG Sigmaringen, da dann, nachdem eine derartige Vereinbarung getroffen worden ist, gegebenenfalls dort eine veränderte Budget- und Pflegesatzberechnung erfolgen müsste.
II.
22 
Die Klage ist nur zum Teil begründet. Mit dem Hauptantrag hat der Kläger keinen Erfolg (1.). Dagegen hat der erste Hilfsantrag weitgehend Erfolg, weil die Beklagten verpflichtet sind, mit dem Kläger über eine Veränderung der Fallzahlen zu verhandeln und eine Vereinbarung abzuschließen (2.).
23 
1. Hauptantrag
24 
Der Kläger stützt seinen Anspruch auf eine Gesamtschau der Vorschriften des Pflegesatzrechtes, insbesondere auf § 3 Abs. 1 Satz 2 und 3 BPflV, wonach Grundlage der Bemessung des Budgets und der Pflegesätze die allgemeinen Krankenhausleistungen im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses sind und wonach das Budget und die Pflegesätze medizinisch leistungsgerecht sein und einem Krankenhaus bei wirtschaftlicher Betriebsführung ermöglichen müssen, den Versorgungsauftrag zu erfüllen. Außerdem wird § 12 Abs. 1 BPflV herangezogen, wonach die Vertragsparteien für den Pflegesatzzeitraum das Budget auf der Grundlage der voraussichtlichen Leistungsstruktur und -entwicklung des Krankenhauses vereinbaren. Das Gericht teilt die Auffassung des Klägers, dass hiermit als Grundsatz für die Budgetbemessung festgelegt ist, dass das Budget bei einer prospektiven Betrachtung in der Lage sein muss, die Kosten des in wirtschaftlicher Weise erfüllten Versorgungsauftrags zu decken. Im Zentrum steht die Wahrung des Grundsatzes der Beitragsstabilität nach § 6 Abs. 1 S. 3 und die Möglichkeit seiner Durchbrechung nach § 6 Abs. 1 S. 4 Ziff. 1 BPflV. Diese Vorschrift lautet: „Der Gesamtbetrag darf den um die maßgebliche Rate veränderten Gesamtbetrag des Vorjahres nur überschreiten, soweit die folgenden Tatbestände dies erforderlich machen: 1. in der Pflegesatzvereinbarung zwischen den Vertragsparteien vereinbarte Veränderungen der medizinischen Leistungsstruktur oder der Fallzahlen (...).“ Wie bereits erwähnt, ist gerade diese Vorschrift durch § 19 Abs. 3 BPflV aus dem Schiedsstellenverfahren herausgenommen, d. h. nicht schiedsstellenfähig. Dies bedeutet aber nur, dass die Schiedsstelle die Vereinbarung über die Veränderungen der medizinischen Leistungsstruktur oder der Fallzahlen nicht ersetzen kann; sind sich die Parteien dagegen über die Leistungsänderungen einig, so sind die daraus sich ergebenden Folgen für die Höhe des Budgets und der Pflegesätze im Rahmen der Gesamtbemessung des Budgets wiederum schiedsstellenfähig. Wegen eines Streits über die Folgekosten kann die Schiedsstelle angerufen werden (vgl. Dietz/Bofinger, a.a.O., Anmerkung IV. 2.5 zu § 6 BPflV 2000). Mit seinem Hauptantrag unterscheidet der Kläger aber nicht danach, was er einerseits wegen fehlender Schiedsstellenfähigkeit bei den Beklagten erreichen will, und was er andererseits in der rechnerischen Auswirkung nur bei der Schiedsstelle und mit Genehmigung des Budgets durch das Regierungspräsidium erreichen kann. Vielmehr begehrt er sogleich die Verurteilung aller Beklagten zu einer endgültigen und umfassenden Vereinbarung auch der konkreten Höhe nach. Das Gericht sieht sich nicht in der Lage, über diese Unterscheidung hinwegzugehen, vielmehr ist nur eine Verurteilung der Beklagten zu Verhandlungen über den „Ausdeckelungstatbestand“ des § 6 Abs. 1 S. 4 Ziff. 1 BPflV möglich. Der Hauptantrag hat damit keinen Erfolg.
25 
2. Erster Hilfsantrag
26 
Dieser Antrag hat weitgehend Erfolg.
27 
a) Der Anspruch des Klägers ergibt sich aus einer Gesamtschau der Vorschriften des § 17 Abs. 2 Sätze 1 und 2 KHG, des dieser Vorschrift weitgehend entsprechenden § 3 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BPflV sowie des § 12 Abs. 1 BPflV. Grundsätzlicher Maßstab für die Budgetbemessung ist danach die Erwirtschaftung des medizinisch leistungsgerechten Budgets bei wirtschaftlicher Betriebsführung und unter Erfüllung des Versorgungsauftrages. Der Grundsatz der Beitragsstabilität (§ 17 Abs. 1 S. 3 KHG und § 6 Abs. 1 Sätze 3 und 4 BPflV) ist dabei zu beachten. Dies führt zu einem Spannungsverhältnis, weil das Budget grundsätzlich immer nur um die Veränderungsrate der beitragspflichtigen Einnahmen aller Mitglieder der Krankenkassen nach oben verändert werden darf, während die Kosten für ein medizinisch leistungsgerechtes Budget deutlich stärker anwachsen können. Diesem Spannungsverhältnis trägt § 6 Abs. 1 S. 4 BPflV mit den dort geregelten „Ausdeckelungstatbeständen“ Rechnung. Eine Überschreitung und damit eine Erhöhung der gesetzlichen Obergrenze ist damit (im Falle der Ziff. 1) möglich, wenn zwischen den Vertragsparteien Veränderungen der medizinischen Leistungsstruktur oder der Fallzahlen vereinbart worden sind. Entgegen der Auffassung der Beklagten steht es diesen aber nicht frei, eine solche Vereinbarung abzuschließen oder nicht. Den Krankenkassen kommt im System des Pflegesatzrechts, das auf dem Vereinbarungsprinzip beruht, eine wichtige Funktion zu; als materielle Träger öffentlicher Verwaltung sind sie an Gesetz und Recht gebunden. Dies bedeutet, dass bei Vorliegen eines Tatbestandes, welcher eine Überschreitung der Obergrenze vorsieht und erlaubt, die Kassen sich einer solchen Vereinbarung nicht entziehen können. Das Wort „dürfen“ in § 6 Abs. 1 Satz 4 BPflV ist vielmehr so zu verstehen, dass - wenn dies die wirtschaftliche Sicherung des Krankenhauses i.S.v. § 1 KHG erfordert - eine derartige Vereinbarung auch abzuschließen ist. Dieser Begriff beinhaltet nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 08.09.2005, - 3 C 41.04 - , zitiert nach juris) keinen irgendwie gearteten Ermessensspielraum der Krankenkassen, der Anhebung zuzustimmen oder auch nicht. Wenn und soweit durch die Ausdeckelungstatbestände Kosten entstehen, haben sie eine Anhebung der Erlösobergrenze zur Folge. Anders wäre dies nur, wenn das medizinisch leistungsgerechte Budget niedriger läge als die mit der Veränderungsrate ermittelte Obergrenze und damit die Erwirtschaftung der durch die höheren Fallzahlen entstehenden Mehrkosten zuließe. Sinn der Ausdeckelungsvorschrift ist es nämlich, bei Sondertatbeständen eine Deckung der unumgänglichen Kosten des Krankenhauses zu erreichen. Dagegen kann es vom Gesetzgeber durch die Festschreibung des Vereinbarungsprinzips auch in diesem Punkt nicht gewollt sein, ein allmähliches Ausbluten des Krankenhauses dadurch herbeizuführen, dass es über Jahre hinweg Leistungen ohne entsprechendes Entgelt anbieten muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.10.2002 - 3 C 38.01 - NVwZ-RR 2003, 510 unter Bezugnahme auf BVerwGE 99, 362 - 3 C 11.94 -). Die Kammer ist daher der Auffassung, dass ein Rechtsanspruch auf Abschluss einer „Leistungsvereinbarung“ nach § 6 Abs. 1 S. 4 Ziff. 1 BPflV immer dann besteht, wenn die Kostenträger eine solche verweigern, ohne dafür plausible Gründe anführen zu können. Ähnlich sehen es auch Dietz/Bofinger (Anmerkung IV. 2.7 zu § 6 BPflV 2000), die sich für eine Willkürkontrolle aussprechen, und der VGH Baden-Württemberg im Beschluss vom 05.04.2005 - 9 S 2790/04 -, der eine entsprechende Anwendung des § 315 BGB in Erwägung zieht.
28 
b) Eine Überschreitung des um die maßgeblichen Rate veränderten Gesamtbetrages des Vorjahres ist auch im Sinne des § 6 Abs. 1 bis 4 Ziff. 1 BPflV erforderlich:
29 
Die mündliche Verhandlung hat ergeben, dass der Kläger ständig steigende Fallzahlen zu verzeichnen hat. Er hat in der mündlichen Verhandlung plausibel erläutert, dass diese zusätzlichen Fälle auch einen zusätzlichen Aufwand, vor allem hinsichtlich Aufnahmeprozedur, Aufnahme- und Entlassungsuntersuchung, in personeller und sächlicher Hinsicht bedingen. Diese Mehrbeträge möchte der Kläger nicht bei unveränderter Budgetobergrenze erbringen. Bestreiten lassen sich diese zusätzlichen Fälle schon deshalb nicht, weil der Kläger zwischenzeitlich die tatsächlichen Fallzahlen des Jahres 2003 vorgelegt hat, die weitaus höher sind (LKA 2003, L 1, Anl. K8).
30 
Die Erforderlichkeit lässt sich auch nicht mit dem Argument in Frage stellen, an anderer Stelle würden - durch Verkürzung der Verweildauer - Einsparungen erzielt, die die Mehrkosten ausglichen. Die Erforderlichkeit in § 6 Abs. 1 S. 4 BPflV bezieht sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 08.09.2005 a.a.O. und ebenso BVerwG, Beschl. v. 01.12.2005 - 3 B 75.05 -) auf die Erfüllung der nachfolgenden Ausdeckelungstatbestände. Allein sie bestimmen die Erforderlichkeit; wenn und soweit dadurch Kosten entstehen, haben sie eine Anhebung der Erlösobergrenze zur Folge. Die Erforderlichkeit entfällt erst dann, wenn durch Einsparungen an anderer Stelle das medizinisch leistungsgerechte Budget die Erlösobergrenze nicht mehr übersteigt. Dafür ist in Ansehung der Kalkulation des Klägers in LKA, K 2 und K 5 nichts ersichtlich, zumal ihm auch in den Vorjahren stets nur die Steigerung in Höhe der Veränderungsrate zugebilligt wurde. Im Übrigen hätten die Beklagten darzulegen, dass die Mehrkosten aus vorhandenen Wirtschaftlichkeitsreserven bestritten werden können (vgl. OVG NRW, B. v. 24.09.2002, 13 A 2341/01, NVwZ-RR 2003, 283).
31 
c) Entgegen der Auffassung der Beklagten sind die Fallzahlen auch ein wichtiger Parameter für die Budgetfestsetzung. Dies kommt zunächst im Wortlaut des § 6 Abs. 1 S. 4 Ziff. 1 BPflV zum Ausdruck. Es ergibt sich aber auch daraus, dass höhere Fallzahlen bei feststehender durchschnittlicher Verweildauer und durch die Krankenhausplanung festgeschriebener Bettenzahl auch zu mehr Berechnungstagen führen, soweit die Maximalbelegung des Krankenhauses nicht erreicht ist. Die mündliche Verhandlung hat ergeben, dass nicht der Auslastungsgrad vereinbart wird, sondern die durchschnittliche Verweildauer und die Fallzahlen. Dies ändert natürlich nichts daran, dass maßgeblich für das Budget und die verursachten Kosten eines Krankenhauses die Berechnungstage sind. Dass eine Vereinbarung von Fallzahlen üblich ist, zeigt beispielhaft das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 29.03.2004 (Az.: 12 K 3688/02 - zitiert nach Juris -).
32 
d) Die Kammer sieht sich allerdings nicht in der Lage, den Beteiligten eine bestimmte zusätzliche Fallzahl vorzugeben, wie es der Kläger möchte. Auch insoweit besteht noch ein Verhandlungsspielraum. So kann es Sonderentwicklungen geben, die dazu führen, dass einzelne Fälle nicht ins Gewicht fallen. Eine gewisse Variabilität zeigt sich auch darin, dass der Kläger nicht alle von ihm tatsächlich zusätzlich behandelten Fälle seiner Forderung zugrunde gelegt hat. Die vom Kläger verlangten Fälle sind daher nur die Basis, auf der die Beteiligten diskutieren können. Erst recht gilt dies für den Anteil der variablen Kosten (üblicherweise 55 %), mit dem die zusätzlichen Fälle bei der Ausdeckelung zu berücksichtigen wären. Insoweit kann daher dem ersten Hilfsantrag des Klägers nicht zur Gänze entsprochen und nur die Verhandlungsgrundlage vorgegeben werden.
33 
3. Über den zweiten Hilfsantrag war damit nicht mehr zu entscheiden.
34 
Auf die Höhe des medizinisch leistungsgerechten Budgets kommt es nach dem oben Angeführten nicht an, da keine Zweifel an der Richtigkeit der hierzu vom Kläger vorgenommenen Kalkulation bestehen. Dem hierzu hilfsweise gestellten Beweisantrag war daher nicht zu entsprechen.
35 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 S. 1 VwGO.
36 
Die Berufung war gemäß § 124 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, da die Frage des Anspruchs auf Abschluss einer Vereinbarung über zusätzliche Fallzahlen grundsätzliche Bedeutung hat.

Gründe

 
I.
18 
Die Klage ist zulässig.
19 
1. Der Verwaltungsrechtsweg ist gegeben (§ 40 Abs. 1 VwGO). Es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art, die nicht einem anderen Gericht durch Gesetz zugewiesen ist. Der Streit geht um eine Teilvereinbarung unter den Pflegesatzparteien im Vorfeld der Budgetvereinbarung und damit um einen koordinationsrechtlichen öffentlich-rechtlichen Vertrag. Der Verwaltungsrechtsweg ist auch nicht, wie die Beklagten meinen, durch Gesetz ausgeschlossen. Nach § 18 Abs. 5 S. 2 KHG ist gegen die Genehmigung von Schiedsstellenfestsetzungen der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Die vom Kläger begehrte Vereinbarung zu § 6 Abs. 1 S. 4 Nr. 1 BPflV unterfällt wegen der Ausschlussregelung in § 19 Abs. 3 BPflV nicht dem Schiedsstellenverfahren. Die Schiedsstelle kann über die Veränderungen der Fallzahlen dem Grunde nach nicht entscheiden; ihre Entscheidung kann daher auch nicht genehmigt werden. Daher hat die Schiedsstelle zur Festsetzung der Krankenhauspflegesätze für Baden-Württemberg ebendies im Beschluss vom 29.10.2003 auch abgelehnt. § 18 Abs. 5 S. 2 KHG besagt nun allerdings nicht, dass gegen die Ablehnung der Vereinbarung keinerlei gerichtlicher Rechtsschutz möglich wäre. Die Bedeutung dieser Vorschrift erschöpft sich darin, festzulegen, dass der Verwaltungsrechtsweg (und nicht der Rechtsweg zu den Sozialgerichten) gegeben ist und dass erst gegen die Genehmigung und nicht schon gegen die Schiedsstellenentscheidung vorgegangen werden kann. Ein Rechtswegausschluss unter Verletzung der Garantie des Art. 19 Abs. 4 GG liegt darin nicht. Einen solchen Ausschluss bedeutet auch der erwähnte Ausschluss der fraglichen Vereinbarung von der Schiedsstellenfähigkeit nach § 19 Abs. 3 BPflV nicht. Dort ist lediglich geregelt, über welche Gegenstände die Schiedsstelle nicht entscheidet. Es existiert keine Norm, durch die die Klagemöglichkeiten in pflegesatzrechtlichen Streitigkeiten auf die Fälle beschränkt werden, in denen eine Schiedsstellenentscheidung genehmigt worden ist; dieser Auffassung sind auch die Literatur (vgl. Dietz/Bofinger, Krankenhausfinanzierungsgesetz, Bundespflegesatzverordnung und Folgerecht, Anmerkung IV. 2.7 zu § 6 BPflV 2000; Tuschen/Quaas, Bundespflegesatzverordnung, 5. Aufl., Erl. zu § 6, S. 223, Zitatstelle vorgelegt vom Kläger) und der VGH Baden-Württemberg (Beschl. v. 05.04.2005 - 9 S 2790/04 - in der Beschwerdeentscheidung zu dem Beschluss der Kammer vom 26.10.2004 - 4 K 3135/04 -).
20 
2. Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage zulässig. Der Kläger begehrt von den Beklagten den Abschluss einer Vereinbarung über die im Jahre 2003 mit Auswirkungen auf die Budgetfestsetzung zu erbringenden Fallzahlen. Er möchte damit die Verurteilung der Beklagten zu einer Leistung erreichen, die nicht den Erlass eines Verwaltungsakts darstellt; es handelt sich um eine allgemeine Leistungsklage. Diese Klage ist zulässig, da der Kläger insbesondere geltend macht, ohne die Vereinbarung höherer Fallzahlen sei ihm die Erwirtschaftung des medizinisch leistungsgerechten Budgets nicht möglich. Er ist damit in entsprechender Anwendung des § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt, denn der Zwang zur Erbringung nicht vergüteter unentgeltlicher Leistungen könnte ihn in seiner Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzen.
21 
3. Auch der Umstand, dass die hier entscheidungserhebliche Frage auch in dem beim Verwaltungsgericht Sigmaringen anhängigen Rechtsstreit (Az.: 4 K 1147/04) eine Rolle spielt, begründet keine Bedenken gegen die Zulässigkeit. Eine Rechtskraftkollision kann schon deshalb nicht auftreten, weil der dortige Beklagte das Land Baden-Württemberg, vertreten durch das Regierungspräsidium Tübingen als Genehmigungsbehörde, ist und nicht die Kostenträger. Im Übrigen ist die vorliegend zu entscheidende Frage, ob die Beklagten zum Abschluss einer Vereinbarung hinsichtlich einer „Ausdeckelung“ verpflichtet sind, vorgreiflich gegenüber der Entscheidung des VG Sigmaringen, da dann, nachdem eine derartige Vereinbarung getroffen worden ist, gegebenenfalls dort eine veränderte Budget- und Pflegesatzberechnung erfolgen müsste.
II.
22 
Die Klage ist nur zum Teil begründet. Mit dem Hauptantrag hat der Kläger keinen Erfolg (1.). Dagegen hat der erste Hilfsantrag weitgehend Erfolg, weil die Beklagten verpflichtet sind, mit dem Kläger über eine Veränderung der Fallzahlen zu verhandeln und eine Vereinbarung abzuschließen (2.).
23 
1. Hauptantrag
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Der Kläger stützt seinen Anspruch auf eine Gesamtschau der Vorschriften des Pflegesatzrechtes, insbesondere auf § 3 Abs. 1 Satz 2 und 3 BPflV, wonach Grundlage der Bemessung des Budgets und der Pflegesätze die allgemeinen Krankenhausleistungen im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses sind und wonach das Budget und die Pflegesätze medizinisch leistungsgerecht sein und einem Krankenhaus bei wirtschaftlicher Betriebsführung ermöglichen müssen, den Versorgungsauftrag zu erfüllen. Außerdem wird § 12 Abs. 1 BPflV herangezogen, wonach die Vertragsparteien für den Pflegesatzzeitraum das Budget auf der Grundlage der voraussichtlichen Leistungsstruktur und -entwicklung des Krankenhauses vereinbaren. Das Gericht teilt die Auffassung des Klägers, dass hiermit als Grundsatz für die Budgetbemessung festgelegt ist, dass das Budget bei einer prospektiven Betrachtung in der Lage sein muss, die Kosten des in wirtschaftlicher Weise erfüllten Versorgungsauftrags zu decken. Im Zentrum steht die Wahrung des Grundsatzes der Beitragsstabilität nach § 6 Abs. 1 S. 3 und die Möglichkeit seiner Durchbrechung nach § 6 Abs. 1 S. 4 Ziff. 1 BPflV. Diese Vorschrift lautet: „Der Gesamtbetrag darf den um die maßgebliche Rate veränderten Gesamtbetrag des Vorjahres nur überschreiten, soweit die folgenden Tatbestände dies erforderlich machen: 1. in der Pflegesatzvereinbarung zwischen den Vertragsparteien vereinbarte Veränderungen der medizinischen Leistungsstruktur oder der Fallzahlen (...).“ Wie bereits erwähnt, ist gerade diese Vorschrift durch § 19 Abs. 3 BPflV aus dem Schiedsstellenverfahren herausgenommen, d. h. nicht schiedsstellenfähig. Dies bedeutet aber nur, dass die Schiedsstelle die Vereinbarung über die Veränderungen der medizinischen Leistungsstruktur oder der Fallzahlen nicht ersetzen kann; sind sich die Parteien dagegen über die Leistungsänderungen einig, so sind die daraus sich ergebenden Folgen für die Höhe des Budgets und der Pflegesätze im Rahmen der Gesamtbemessung des Budgets wiederum schiedsstellenfähig. Wegen eines Streits über die Folgekosten kann die Schiedsstelle angerufen werden (vgl. Dietz/Bofinger, a.a.O., Anmerkung IV. 2.5 zu § 6 BPflV 2000). Mit seinem Hauptantrag unterscheidet der Kläger aber nicht danach, was er einerseits wegen fehlender Schiedsstellenfähigkeit bei den Beklagten erreichen will, und was er andererseits in der rechnerischen Auswirkung nur bei der Schiedsstelle und mit Genehmigung des Budgets durch das Regierungspräsidium erreichen kann. Vielmehr begehrt er sogleich die Verurteilung aller Beklagten zu einer endgültigen und umfassenden Vereinbarung auch der konkreten Höhe nach. Das Gericht sieht sich nicht in der Lage, über diese Unterscheidung hinwegzugehen, vielmehr ist nur eine Verurteilung der Beklagten zu Verhandlungen über den „Ausdeckelungstatbestand“ des § 6 Abs. 1 S. 4 Ziff. 1 BPflV möglich. Der Hauptantrag hat damit keinen Erfolg.
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2. Erster Hilfsantrag
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Dieser Antrag hat weitgehend Erfolg.
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a) Der Anspruch des Klägers ergibt sich aus einer Gesamtschau der Vorschriften des § 17 Abs. 2 Sätze 1 und 2 KHG, des dieser Vorschrift weitgehend entsprechenden § 3 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BPflV sowie des § 12 Abs. 1 BPflV. Grundsätzlicher Maßstab für die Budgetbemessung ist danach die Erwirtschaftung des medizinisch leistungsgerechten Budgets bei wirtschaftlicher Betriebsführung und unter Erfüllung des Versorgungsauftrages. Der Grundsatz der Beitragsstabilität (§ 17 Abs. 1 S. 3 KHG und § 6 Abs. 1 Sätze 3 und 4 BPflV) ist dabei zu beachten. Dies führt zu einem Spannungsverhältnis, weil das Budget grundsätzlich immer nur um die Veränderungsrate der beitragspflichtigen Einnahmen aller Mitglieder der Krankenkassen nach oben verändert werden darf, während die Kosten für ein medizinisch leistungsgerechtes Budget deutlich stärker anwachsen können. Diesem Spannungsverhältnis trägt § 6 Abs. 1 S. 4 BPflV mit den dort geregelten „Ausdeckelungstatbeständen“ Rechnung. Eine Überschreitung und damit eine Erhöhung der gesetzlichen Obergrenze ist damit (im Falle der Ziff. 1) möglich, wenn zwischen den Vertragsparteien Veränderungen der medizinischen Leistungsstruktur oder der Fallzahlen vereinbart worden sind. Entgegen der Auffassung der Beklagten steht es diesen aber nicht frei, eine solche Vereinbarung abzuschließen oder nicht. Den Krankenkassen kommt im System des Pflegesatzrechts, das auf dem Vereinbarungsprinzip beruht, eine wichtige Funktion zu; als materielle Träger öffentlicher Verwaltung sind sie an Gesetz und Recht gebunden. Dies bedeutet, dass bei Vorliegen eines Tatbestandes, welcher eine Überschreitung der Obergrenze vorsieht und erlaubt, die Kassen sich einer solchen Vereinbarung nicht entziehen können. Das Wort „dürfen“ in § 6 Abs. 1 Satz 4 BPflV ist vielmehr so zu verstehen, dass - wenn dies die wirtschaftliche Sicherung des Krankenhauses i.S.v. § 1 KHG erfordert - eine derartige Vereinbarung auch abzuschließen ist. Dieser Begriff beinhaltet nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 08.09.2005, - 3 C 41.04 - , zitiert nach juris) keinen irgendwie gearteten Ermessensspielraum der Krankenkassen, der Anhebung zuzustimmen oder auch nicht. Wenn und soweit durch die Ausdeckelungstatbestände Kosten entstehen, haben sie eine Anhebung der Erlösobergrenze zur Folge. Anders wäre dies nur, wenn das medizinisch leistungsgerechte Budget niedriger läge als die mit der Veränderungsrate ermittelte Obergrenze und damit die Erwirtschaftung der durch die höheren Fallzahlen entstehenden Mehrkosten zuließe. Sinn der Ausdeckelungsvorschrift ist es nämlich, bei Sondertatbeständen eine Deckung der unumgänglichen Kosten des Krankenhauses zu erreichen. Dagegen kann es vom Gesetzgeber durch die Festschreibung des Vereinbarungsprinzips auch in diesem Punkt nicht gewollt sein, ein allmähliches Ausbluten des Krankenhauses dadurch herbeizuführen, dass es über Jahre hinweg Leistungen ohne entsprechendes Entgelt anbieten muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.10.2002 - 3 C 38.01 - NVwZ-RR 2003, 510 unter Bezugnahme auf BVerwGE 99, 362 - 3 C 11.94 -). Die Kammer ist daher der Auffassung, dass ein Rechtsanspruch auf Abschluss einer „Leistungsvereinbarung“ nach § 6 Abs. 1 S. 4 Ziff. 1 BPflV immer dann besteht, wenn die Kostenträger eine solche verweigern, ohne dafür plausible Gründe anführen zu können. Ähnlich sehen es auch Dietz/Bofinger (Anmerkung IV. 2.7 zu § 6 BPflV 2000), die sich für eine Willkürkontrolle aussprechen, und der VGH Baden-Württemberg im Beschluss vom 05.04.2005 - 9 S 2790/04 -, der eine entsprechende Anwendung des § 315 BGB in Erwägung zieht.
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b) Eine Überschreitung des um die maßgeblichen Rate veränderten Gesamtbetrages des Vorjahres ist auch im Sinne des § 6 Abs. 1 bis 4 Ziff. 1 BPflV erforderlich:
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Die mündliche Verhandlung hat ergeben, dass der Kläger ständig steigende Fallzahlen zu verzeichnen hat. Er hat in der mündlichen Verhandlung plausibel erläutert, dass diese zusätzlichen Fälle auch einen zusätzlichen Aufwand, vor allem hinsichtlich Aufnahmeprozedur, Aufnahme- und Entlassungsuntersuchung, in personeller und sächlicher Hinsicht bedingen. Diese Mehrbeträge möchte der Kläger nicht bei unveränderter Budgetobergrenze erbringen. Bestreiten lassen sich diese zusätzlichen Fälle schon deshalb nicht, weil der Kläger zwischenzeitlich die tatsächlichen Fallzahlen des Jahres 2003 vorgelegt hat, die weitaus höher sind (LKA 2003, L 1, Anl. K8).
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Die Erforderlichkeit lässt sich auch nicht mit dem Argument in Frage stellen, an anderer Stelle würden - durch Verkürzung der Verweildauer - Einsparungen erzielt, die die Mehrkosten ausglichen. Die Erforderlichkeit in § 6 Abs. 1 S. 4 BPflV bezieht sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 08.09.2005 a.a.O. und ebenso BVerwG, Beschl. v. 01.12.2005 - 3 B 75.05 -) auf die Erfüllung der nachfolgenden Ausdeckelungstatbestände. Allein sie bestimmen die Erforderlichkeit; wenn und soweit dadurch Kosten entstehen, haben sie eine Anhebung der Erlösobergrenze zur Folge. Die Erforderlichkeit entfällt erst dann, wenn durch Einsparungen an anderer Stelle das medizinisch leistungsgerechte Budget die Erlösobergrenze nicht mehr übersteigt. Dafür ist in Ansehung der Kalkulation des Klägers in LKA, K 2 und K 5 nichts ersichtlich, zumal ihm auch in den Vorjahren stets nur die Steigerung in Höhe der Veränderungsrate zugebilligt wurde. Im Übrigen hätten die Beklagten darzulegen, dass die Mehrkosten aus vorhandenen Wirtschaftlichkeitsreserven bestritten werden können (vgl. OVG NRW, B. v. 24.09.2002, 13 A 2341/01, NVwZ-RR 2003, 283).
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c) Entgegen der Auffassung der Beklagten sind die Fallzahlen auch ein wichtiger Parameter für die Budgetfestsetzung. Dies kommt zunächst im Wortlaut des § 6 Abs. 1 S. 4 Ziff. 1 BPflV zum Ausdruck. Es ergibt sich aber auch daraus, dass höhere Fallzahlen bei feststehender durchschnittlicher Verweildauer und durch die Krankenhausplanung festgeschriebener Bettenzahl auch zu mehr Berechnungstagen führen, soweit die Maximalbelegung des Krankenhauses nicht erreicht ist. Die mündliche Verhandlung hat ergeben, dass nicht der Auslastungsgrad vereinbart wird, sondern die durchschnittliche Verweildauer und die Fallzahlen. Dies ändert natürlich nichts daran, dass maßgeblich für das Budget und die verursachten Kosten eines Krankenhauses die Berechnungstage sind. Dass eine Vereinbarung von Fallzahlen üblich ist, zeigt beispielhaft das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 29.03.2004 (Az.: 12 K 3688/02 - zitiert nach Juris -).
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d) Die Kammer sieht sich allerdings nicht in der Lage, den Beteiligten eine bestimmte zusätzliche Fallzahl vorzugeben, wie es der Kläger möchte. Auch insoweit besteht noch ein Verhandlungsspielraum. So kann es Sonderentwicklungen geben, die dazu führen, dass einzelne Fälle nicht ins Gewicht fallen. Eine gewisse Variabilität zeigt sich auch darin, dass der Kläger nicht alle von ihm tatsächlich zusätzlich behandelten Fälle seiner Forderung zugrunde gelegt hat. Die vom Kläger verlangten Fälle sind daher nur die Basis, auf der die Beteiligten diskutieren können. Erst recht gilt dies für den Anteil der variablen Kosten (üblicherweise 55 %), mit dem die zusätzlichen Fälle bei der Ausdeckelung zu berücksichtigen wären. Insoweit kann daher dem ersten Hilfsantrag des Klägers nicht zur Gänze entsprochen und nur die Verhandlungsgrundlage vorgegeben werden.
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3. Über den zweiten Hilfsantrag war damit nicht mehr zu entscheiden.
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Auf die Höhe des medizinisch leistungsgerechten Budgets kommt es nach dem oben Angeführten nicht an, da keine Zweifel an der Richtigkeit der hierzu vom Kläger vorgenommenen Kalkulation bestehen. Dem hierzu hilfsweise gestellten Beweisantrag war daher nicht zu entsprechen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 S. 1 VwGO.
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Die Berufung war gemäß § 124 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, da die Frage des Anspruchs auf Abschluss einer Vereinbarung über zusätzliche Fallzahlen grundsätzliche Bedeutung hat.

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