Beschluss vom Verwaltungsgericht Stuttgart - 2 K 6115/16

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird auf 15.000 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die der Beigeladenen vom Antragsgegner erteilte Baugenehmigung vom 08.09.2016 für „Umbau und Nutzungsänderung des bestehenden Büro- und Fertigungsgebäudes in eine Einrichtung für soziale Zwecke (Gemeinschaftsunterkunft), Neubau von Sozial- und Büroräumen mit Garage (befristet auf 10 Jahre“ in der H-Straße 6, Flst-Nr. .../6, auf der Gemarkung L. Der Antragsteller ist Eigentümer des sich nördlich anschließenden Grundstücks O-Straße 16, Flst-Nr. .../7, auf dem er eine im Jahr 1989 genehmigte Schlosserei betreibt. Als Betriebsinhaber wohnt er zudem auf dem Grundstück. Auf dem Baugrundstück ist bislang ein Büro- und Fertigungsgebäude errichtet. Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Gewerbegebiet O-Straße - 4. Änderung des Bebauungsplans N.“ der Gemeinde L: vom 12.02.1985 (im Folgenden: Bebauungsplan „Gewerbegebiet O-Straße“). Dieser setzt für beide Grundstücke u.a. ein „Gewerbegebiet beschränkt - es sind nur Gewerbebetriebe zulässig, die das Wohnen nicht wesentlich stören" fest und lässt alle Ausnahmen nach § 8 Abs. 3 BauNVO (1977) zu.
Die Beigeladene beantragte beim Landratsamt im Juni 2016 die Genehmigung des Vorhabens, das bestehende Büro- und Fertigungsgebäudes umzubauen und es künftig als Unterkunft für Flüchtlinge zu nutzen, sowie den Neubau dazugehöriger Sozial- und Büroräumen mit Garage. Mit Schreiben vom 11.07.2016 erhob der Antragsteller Einwendungen gegen das geplante Vorhaben, insbesondere zur Unwirksamkeit des Bebauungsplanes und dazu, dass das geplante Vorhaben gegenüber seinem Betrieb deswegen rücksichtslos sei, da dieser eine Genehmigung zur Abstrahlung ganz erheblichen Lärms besitze.
Mit Bescheid vom 08.09.2016 erteilte das Landratsamt der Beigeladenen die beantragte Genehmigung unter Gewährung einer - nicht näher bezeichneten - Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes zur Art der baulichen Nutzung. Mit Schreiben selben Datums wies es die Einwendungen des Antragstellers zurück und führte dabei unter anderem aus, der Bebauungsplan sei rechtmäßig und die Voraussetzungen zur Erteilung einer Befreiung für das Vorhaben nach § 246 Abs. 10 BauGB lägen vor, „da die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Belange mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. … Der Betrieb … ist bereits durch das auf der gegenüberliegenden Seite liegende Allgemeine Wohngebiet deutlich eingeschränkt und darf bereits aus Rücksicht auf den Gebietscharakter in der Umgebung weniger Emissionen erzeugen, als auf Grund der Lage in einem uneingeschränkten Gewerbegebiet möglich wäre. Aus diesem Grund wird der Betrieb durch die Unterkunft nicht weiter eingeschränkt als bisher“.
Mit Schreiben vom 19.09.2016 erhob der Antragsteller Widerspruch.
Am 28.09.2016 hat er beim Verwaltungsgericht beantragt, dessen aufschiebende Wirkung anzuordnen. Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend, der Bebauungsplan sei wegen eines Verstoßes gegen den Typenzwang der Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung unwirksam. Deswegen und wegen fehlender Berücksichtigung der konkret genehmigten Lärmsituation sei das Befreiungsermessen nach § 246 Abs. 10 BauGB fehlerhaft ausgeübt worden. Zudem sei die Baugenehmigung zu unbestimmt.
II.
Der Antrag des Antragstellers ist gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 212a Abs. 1 BauGB, §§ 80 Abs. 5, 80a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 VwGO statthaft und auch sonst zulässig.
Er ist jedoch unbegründet. Das Interesse des Antragstellers, von der Schaffung vollendeter Tatsachen vor Abschluss des Widerspruchsverfahrens und eines eventuell folgenden Klageverfahrens verschont zu bleiben, überwiegt nicht das Interesse der Beigeladenen an der umgehenden Durchführung des Bauvorhabens. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO ermächtigt das Gericht nur dann zur Aufhebung eines Verwaltungsakts (wie hier einer Baugenehmigung), wenn er rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt. Daraus folgt für den gegen die Erteilung einer Baugenehmigung gerichteten Eilantrag eines Nachbarn zweierlei: Das Gericht kann die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs des Nachbarn nur anordnen, wenn die Baugenehmigung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit gegen von der Baurechtsbehörde zu prüfende Vorschriften (§ 58 Abs. 1 Satz 1 LBO) verstößt, die gerade dem Schutz dieses Nachbarn dienen sollen und von ihm fristgerecht geltend gemacht worden sind (§ 55 Abs. 2 Satz 2 LBO). Ob die Baugenehmigung gegen sonstige Vorschriften verstößt, ist schon nicht zu prüfen.
Nach diesen Maßgaben lässt sich bei der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung eine rechtzeitig gerügte Verletzung der Rechte des Antragstellers durch die angefochtene Baugenehmigung nicht hinreichend erkennen. Denn mit hoher Wahrscheinlichkeit leidet diese nicht an mangelnder Bestimmtheit zu seinen Lasten (1.) und verletzt weder seinen Gebietserhaltungsanspruch noch ist sie ihm gegenüber rücksichtslos (2.).
1. Die mangelnde Bestimmtheit einer Baugenehmigung (§ 37 LVwVfG) kann ein Angrenzer im Einwendungsverfahren nicht rügen, weil sie ihm noch nicht vorliegt, so dass er mit dieser Rüge in keinem Fall nach § 55 Abs. 2 Satz 2 LBO ausgeschlossen sein kann. Die Baugenehmigung ist aber nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs als antragsbedürftiger Verwaltungsakt nach Inhalt und Umfang bestimmt auch durch den Bauantrag und die mit ihm einzureichenden Bauvorlagen, sofern die Baugenehmigung selbst keine entsprechenden Maßgaben enthält (Urt. v. 25.10.2002 - 5 S 1706/01 - juris u.v. 09.02.1993 - 5 S 1650/92 - BRS 55 Nr. 193). Dabei ist es im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot des § 37 Abs. 1 LVwVfG ausreichend, wenn sich der Regelungsgehalt der Baugenehmigung aus den gesamten Umständen, insbesondere nach dem Bauantrag und den vorgelegten Bauvorlagen, im Wege einer an den Grundsätzen von Treu und Glauben orientierten Auslegung ermitteln lässt. Das ist hier der Fall, da die Baubeschreibung (Anlage 6 der Bauvorlagen) etwa die maximale Belegungszahl benennt.
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2. Dem Antragsteller steht gegen das Bauvorhaben der Beigeladenen kein Abwehrrecht auf Grund seines Gebietserhaltungsanspruchs zu; sie erweist sich auch nicht als ihm gegenüber rücksichtlos.
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Der “Gebietserhaltungs”- oder “Gebietsbewahrungsanspruch” gibt den Eigentümern von Grundstücken in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiet (§ 1 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 BauNVO) das Recht, sich gegen hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht zulässige Vorhaben zur Wehr zu setzen. Seine Verletzung kann ein Nachbar daher unter Berufung auf seinen Gebietserhaltungsanspruch rügen, ohne unzumutbare Auswirkungen geltend machen zu müssen (BVerwG, Beschl. v. 27.08.2013 - 4 B 39.13 - BauR 2013, 2011; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 23.06.2016 - 5 S 634/16 - BauR 2016, 1738). Das Vorhaben der Beigeladenen verletzt aber den Gebietserhaltungsanspruch des Antragstellers voraussichtlich nicht, weil es im wirksam festgesetzten eingeschränkten Gewerbegebiet (dazu a) durch die rechtmäßig erteilte Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB (dazu b) zulässig ist.
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a) Die planungsrechtliche Beurteilung der zulässigen Art der baulichen Nutzung des Vorhabens der Beigeladenen richtet sich hier nach § 29 Abs. 1, § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. dem Bebauungsplan „Gewerbegebiet O-Straße“ vom 12.02.1985. In Nr. 1.1 seines Textteils setzt er ein „Gewerbegebiet beschränkt - es sind nur Gewerbebetriebe zulässig, die das Wohnen nicht wesentlich stören" fest und lässt alle Ausnahmen nach § 8 Abs. 3 BauNVO (1977) zu.
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aa) Entgegen der Ansicht des Antragstellers ist diese Festsetzung zur Art der baulichen Nutzung nicht unwirksam. Sie verstößt mitnichten gegen den „Typenzwang“, d.h. das Verbot für den kommunalen Satzungsgeber, beliebige Festsetzungen zu erfinden (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 16.09.1993 - 4 C 28.91 - BVerwGE 94, 151). Er muss sich stattdessen im Rahmen der bundesrechtlichen Vorgaben durch das Baugesetzbuch und die Baunutzungsverordnung halten. Das hat die Gemeinde L. bei der Festsetzung von Nr. 1.1. des Textteils aber auch getan. Denn sie hat von der Ermächtigung des § 1 Abs. 5 BauNVO Gebrauch gemacht und die in § 8 BauNVO vorgesehene Regelform eines Gewerbegebiets eingeschränkt, ohne die allgemeine Zweckbestimmung eines Gewerbegebiet (§ 8 Abs. 1 BauNVO) in unzulässiger Weise aufzugeben (vgl. zur Zulässigkeit einer solchen Festsetzung bereits BVerwG, Beschl. v. 15.04.1987 - 4 B 71.87 - NVwZ 1987, 970).
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bb) Auch die Rügen von Verfahrensmängeln des Bebauungsplans durch die Antragstellerin im Parallelverfahren greifen nicht durch.
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In einem somit wirksam festgesetzten (eingeschränkten) Gewerbegebiet sind allerdings Flüchtlingsunterkünfte als soziale Einrichtung mit wohnähnlichem Charakter weder regelmäßig noch - nach überwiegender Auffassung - ausnahmsweise zulässig. An Letzterem mag in einem eingeschränkten Gewerbegebiet bereits zu zweifeln sein.
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b) Das Landratsamt hat der herrschenden Auffassung, wonach Flüchtlingsunterkünften in einem Gewerbegebiet auch als Ausnahme nicht zugelassen sind, aber durch Erteilung einer auf die erst im Jahr 2014 in das Gesetz eingefügten Bestimmung des § 246 Abs. 10 BauGB gestützten Befreiung Rechnung getragen, was nicht zu beanstanden sein dürfte. Nach dieser Bestimmung kann in Gewerbegebieten für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende bis Dezember 31.12.2019 von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist; das Einvernehmen der Gemeinde ist erforderlich.
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An der Verfassungskonformität dieser Norm hat die Kammer - schon auf Grund ihrer Befristung - keine durchgreifenden Zweifel. Sie ist auch, soweit ersichtlich, bislang von keinem Gericht in Frage gestellt worden, insbesondere auch nicht vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm liegen mit hoher Wahrscheinlichkeit vor (aa). In einem solchen Fall ist das Befreiungsermessen reduziert (bb).
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aa) Wie dargelegt, besteht für das Baugrundstück die wirksame Festsetzung eines Gewerbegebiets mit der ausnahmsweisen Zulässigkeit sozialer Einrichtungen. Die Gemeinde hat ihr Einvernehmen - trotz Äußerung erheblicher Bedenken - erteilt. Auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen dürfte das Vorhaben der Beigeladenen mit öffentlichen Belangen vereinbar sein.
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(1) Im Gegensatz zur allgemeinen Befreiungsvorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB ist für die Prüfung der Zulässigkeit der Befreiung nach § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB die Frage, ob das Vorhaben gegen die Grundzüge der Planung verstößt, nicht Prüfungsgegenstand; gerade von diesem Erfordernis soll befreit werden (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 11.03.2015 - 8 S 492/15 - VBlBW 2015, 521).
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(2) Das Vorhaben der Beigeladenen verstößt voraussichtlich auch nicht gegen das im Merkmal der „Würdigung nachbarlicher Interessen“ enthaltene Gebot der Rücksichtname gegenüber dem Antragsteller. Das Gebot der Rücksichtnahme ist zwar unter anderem auf die wechselseitige Vermeidung oder Minderung von Immissionskonflikten angelegt. Bei einem zu bestehender Bebauung hinzutretenden Vorhaben sind daher nicht nur die von diesem hervorgerufenen Immissionen zu prüfen, sondern es ist ebenso zu untersuchen, welchen Immissionen es seinerseits von einer vorhandenen Anlage ausgesetzt ist (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO, der einen allgemeinen Rechtsgrundsatz enthält). Das hat vor allem zu gelten, wenn - wie hier - eine immissionssensible Bebauung an einen bestehenden bestandsgeschützten emittierenden Gewerbebetrieb "heranrückt" (vgl. BVerwG, Beschl. v. 05.03.1984 - 4 B 171.83 - NVwZ 1984, 646; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 28.01.1992 - 3 S 2474/91 - juris). Ein an einen bestehenden bestandsgeschützten Gewerbebetrieb heranrückendes Vorhaben kann "rücksichtslos" sein, wenn seine Zulassung geeignet ist, erstmalige oder weitergehende immissionsschutzrechtliche Auflagen von gewissem Gewicht für den bestehenden Gewerbebetrieb auszulösen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.11.1985 - 4 B 202.85 - NVwZ 1984, 646; stattgebender Beschluss der Kammer vom 17.11.2016 - 2 K 7147/16 - in einem anderen Verfahren gegen das Landratsamt Esslingen). Das lässt sich hier jedoch nicht ausreichend erkennen.
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Nach der Rechtsprechung des fünften Senats des Verwaltungsgerichtshofs besitzt eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber, die auf Grund der Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB in einem Gewerbegebiet zulässig ist und dort zugelassen wird, nur den Schutzgrad einer dort nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Wohnung für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter (VGH Bad-Württ., Beschl. v. 11.10.2016 - 5 S 605/16 - BauR 2017, 79, juris Rn. 33; so auch VG Ansbach, Urt. v. 29.06.2016 - AN 9 K 15.01348 - juris).
22 
Für eine in einem eingeschränkten Gewerbegebiet zugelassene Unterkunft dürfte zwar gelten, dass sie immerhin den in dieser Gewerbegebietsform geltenden „Schutzgrad“, d.h. die Einhaltung der für ein Mischgebiet geltenden Richtwerte, fordern kann (vgl. zur Geltung der Richtwerte für ein Mischgebiet in einem eingeschränkten Gewerbegebiet VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 22.10.2015 - 10 S 1773/15 - VBlBW 2016, 192; Beschl. v. 15.04.2014 - 8 S 2239/13 - NVwZ-RR 2014, 632). Doch auch dann hat der Antragsteller keine weitergehenden Beschränkungen als bisher zu befürchten.
23 
Er geht zwar davon aus (vgl. Seite 5 seiner Antragsschrift), ihm sei baurechtlich das Einwirken auf andere Grundstücke mit bis zu 85 dB(A) gestattet worden. Dies ist entweder ein fundamentaler Irrtum oder eine befremdliche Täuschung des Antragstellers. Denn die in Nr. 2 der Auflagen zu seiner Baugenehmigung vom 15.11.1989 genannten Beurteilungspegel betreffen lediglich die Werte zum Schutz seiner Arbeitnehmer innerhalb ihrer Arbeitsräume. Zutreffender Weise hat die Baurechtsbehörde in Nr. 3 der Auflagen zur Baugenehmigung des Antragstellers die Einwirkung durch den Antragsteller auf andere Grundstücke im eingeschränkten Gewerbegebiet auf die Immissionsrichtwerte für Mischgebiete begrenzt. Der Antragsteller verkennt also seine schon bislang bestehenden erheblichen Immissionsbeschränkungen. Dass eine in der Nachbarschaft umgenutzte/errichtete Flüchtlingsunterkunft geringere Lärmimmissionen als die für ein Mischgebiet geltenden Richtwerte verlangen könnte, ganz ungeachtet dessen, wie ihre Fenster ausgerichtet sind, ist in keiner Weise ersichtlich. Letztlich nimmt das auch der Antragsteller an, da er viel Mühe darauf verwendet, die Unwirksamkeit des Bebauungsplans herauszustellen, was unnötig wäre, wenn die Flüchtlingsunterkunft ein höheres Schutzniveau als das eines Mischgebiets beanspruchen könnte.
24 
bb) Liegen somit die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Befreiungserteilung aller Voraussicht nach vor, ist das Befreiungsermessen des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB auf Null reduziert (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 11.03.2015 - 8 S 492/15 - juris Rn. 20) und kommt es daher auf die - in der Tat erschreckend defizitären - Ausführungen des Landratsamts nicht an (die Baugenehmigung benennt die Befreiungsnorm nicht, die Begründung in der Zurückweisung der Nachbareinwendungen stellt fälschlich auf das nahe Wohngebiet ab, eine Erwiderung wurde verweigert …).
III.
25 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Es entsprach nicht der Billigkeit, dem Antragsteller die außergerichtliche Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, denn diese hat mangels Antragstellung kein Kostenrisiko auf sich genommen (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).
26 
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (15.000 EUR). Eine Reduzierung nach Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs scheidet aus, da sich der Antragsteller nicht nur gegen die Umnutzung des vorhandenen Gebäudes gewendet hat, sondern auch die Errichtung der zusätzlichen suspendieren wollte, so dass eine weitgehende Vorwegnahme der Hauptsache eingetreten wäre.

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